Moral, Ethik und Werte - Georg-W. Moeller

84 | development
Handlungsethik: Kann ich
verantworten, was ich tue?
Insgesamt läuft bei den Ethiktrainings
alles auf eine Handlungsethik
hinaus. „Ich muss
verantworten, was ich tue“, erklärt
Ethikverbandspräsident Ulf
Posé. Der Einzelne müsse lernen,
immer wieder zu überprüfen,
ob sein Handeln und seine
Werte übereinstimmen. In diesem
Punkt sieht Posé den großen
Unterschied seiner Seminare zu
Verhaltenstrainings, bei denen
Führungsinstrumente ohne die
Arbeit mit Werten und Grundüberzeugungen
eingeübt werden.
Diese sind seiner Ansicht
nach „Dressurleistungen“. Handeln
und Verhalten unterscheidet
er dadurch, „dass derjenige,
der handelt, immer eine Alternative
weiß zu dem, was er tut.
Und dass er jederzeit bereit ist,
sein Verhalten zu begründen.“
Josef Wieland ergänzt: „Führungskräfte
müssen in moralischer
Hinsicht argumentationsfähig
werden.“ Das bedeutet: Sie
müssen die moralische Dimension
wirtschaftlicher Entscheidungen
erkennen und gegenüber
Mitarbeitern, Geschäfts-
Service
Buchtipps:
A Ulrich Hemel: Wert und Werte. Ethik für Manager – Ein Leitfaden für die Praxis. Hanser, München
2005, ISBN 3-446-22813-6, 24,90 Euro.
Ein viel beachtetes Buch zum Thema Ethik, das an vielen Stellen den Bogen zum täglichen Handeln im
Unternehmen schlägt. Beachtung finden sowohl die großen Entscheidungen wie Werksschließungen oder
Entlassungen als auch wichtige Punkte im täglichen Miteinander.
A Josef Wieland (Hrsg.): Handbuch „Wertemanagement“. Murmann, Hamburg 2004, ISBN
3-938017-06-6, 54 Euro.
In diesem Buch dreht sich alles um Wertemanagementsysteme in Unternehmen. Zahlreiche Vertreter
bekannter Firmen erläutern ihre Vorgehensweise. Sie erklären zum Beispiel, wie sie einen Wertekodex
aufgestellt haben und wie seine Einhaltung im Alltag gesichert wird.
A Stefanie Unger, Kai Hattendorf, Sven H. Korndörffer: Was uns wichtig ist. Eine neue Führungsgeneration
definiert die Unternehmenswerte von morgen. Wiley, Weinheim 2005, 29,90 Euro.
Eines der neuesten Bücher zum Thema Ethik kommt von jungen erfolgreichen Führungskräften, die sich
zur „bewussten Führung“ bekennen. In den verschiedenen Aufsätzen erklären sie ihr Verständnis von
werteorientierter Führung, reden ihren Kollegen in den Führungsetagen der Wirtschaft ins Gewissen und
laden sie zum Dialog ein.
managerSeminare | Heft 98 | Mai 2006
partnern und der Öffentlichkeit artikulieren
können. Was das genau bedeutet, erklärt
Wieland am Beispiel von Josef Ackermann,
dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank,
der Gewinne gleichzeitig mit Entlassungen
bekannt gegeben und damit eine Welle der
Empörung losgetreten hat: „Es kann ja
durchaus betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten
geben, Leute zu entlassen, auch
wenn Gewinne gemacht wurden. Damit
bricht man in Deutschland allerdings einen
moralischen Konsens.“ Das müsse man wissen
und – anders als Ackermann – das eigene
Handeln erklären. Etwa so: „International
gesehen sind wir nur eine mittelmäßige
Bank. Wollen wir uns vor Übernahmen
schützen, brauchen wir eine bestimmte Gewinnrate.“
Eine der herausforderndsten
„Es kann betriebswirtschaftliche
Notwendigkeiten geben, Leute zu
entlassen, auch wenn Gewinne
gemacht wurden. Damit bricht
man allerdings einen moralischen
Konsens.“
Josef Wieland, Professor an der Hochschule für Technik, Wirtschaft
und Gestaltung in Konstanz und Direktor des Konstanz Institut für
Wertemanagement. Kontakt: wieland@htwg-konstanz.de
Aufgaben der Ethikberater ist es also, den scheinbaren
Widerspruch von Ethik und Wirtschaft zu überbrücken.
Viele Experten begrüßen daher auch, dass das unbequeme
Schlagwort Ethik zunehmend aus Seminar- und
Buchtiteln verschwindet und durch „werteorientierte
Führung“ ersetzt wird. Wieland, der bereits seit vielen
Jahren lieber von Wertemanagement als von Ethik
spricht, erklärt: „Jeder denkt bei Ethik an etwas anderes:
Der eine versteht darunter etwas Religiöses, der zweite
etwas Privates und der dritte Kritik an seiner Firma.“
Über Ethikseminare wird daher auch oft negativ geurteilt.
„Da gehen die Loser hin, die mal eine Ruhepause
brauchen und sich über das Unternehmen beschweren
möchten“, gibt Wieland eine verbreitete Haltung wieder.
Der Berater aus Konstanz hält daher den Begriff Wertemanagement
für angemessener: „Das Thema transportiert
denselben Inhalt, ohne die Anfangsschwelle so
hoch zu setzen.“
Andrea Bittelmeyer C
Ansprechpartner:
A Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e. V.
Der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft will laut
seinem Präsidenten Ulf Posé den Unternehmen helfen,
eine Brücke zu schlagen zwischen ökonomischem
und ethischem Handeln. Der Verein steht
den Unternehmen als Ansprechpartner zu Verfügung
und vermittelt zum Beispiel beim unternehmensübergreifenden
Erfahrungsaustausch. www.
ethikverband.de
A Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik
Auch das DNWE verfolgt das Ziel, den Austausch
von Gedanken und Ideen über ethische Fragen des
Wirtschaftens zu fördern und wirtschaftliches Handeln
ethisch zu orientieren. Im Sinne des Netzwerkgedankens
treffen sich Vertreter aus Wissenschaft
und Praxis. www.dnwe.de