Aburdene: Das geht nur mit Vertrauen. Es geht in erster Linie darum, Machtstrukturen zu verändern, <strong>und</strong> die Menschen, die die Arbeit machen, in die Lage zu versetzen, eigene Entscheidungen zu treffen. Ein gutes Beispiel dafür ist die amerikanische Bio-Lebensmittel-Kette Whole Foods, die nicht nur nachhaltige Produkte anbietet, sondern auch bei den Management-Praktiken zu den Vorreitern gehört, indem sie ihre Mitarbeiter auf Basis sich selbst führender Teams stark in Entscheidungsprozesse einbindet. Es ist diese konsistente Haltung, die sowohl die Angebots- als auch die Führungsstrategie eines Unternehmens umfasst, die kennzeichnend ist für einen bewussten Kapitalismus. Natürlich ist es nicht leicht, Kontrolle aufzugeben. Aber wenn man es tut, gewinnt man sehr viel, denn je mehr Eigenverantwortung die Mitarbeiter haben, umso geringer sind die Reibungsverluste. Zeit <strong>und</strong> finanzielle Budgets können dann wesentlich effizienter genutzt werden. Stephen Covey bringt es auf eine sehr einfache Formel: Mit dem Vertrauen wächst die Geschwindigkeit im Unternehmen, <strong>und</strong> die Kosten gehen runter. Unternehmen, in denen kein Vertrauen herrscht, sind nicht nur langsamer, sondern haben aufgr<strong>und</strong> der Reibungsverluste, die mit dem Prinzip der Kontrolle verb<strong>und</strong>en sind, auch höhere Kosten. Eine Studie der amerikanischen Beratungsgesellschaft Watson Wyatt zeigt beispielsweise, dass Unternehmen mit hoher Vertrauensbasis eine fast drei Mal so hohe Performance aufweisen wie diejenigen, die von einer Kultur des Misstrauens geprägt sind. Die Bemühungen, immaterielle Aspekte unter Performancegesichtspunkten zu erfassen, stecken noch in den Kinderschuhen. Das bringt viele Top-Manager in eine Zwickmühle, da sich der Wert unternehmerischer Verantwortung kaum direkt messen lässt. Wie können Führungskräfte mit diesem Zwiespalt umgehen? Aburdene: Es gehört zum Business, dass man Ergebnisse erzielen muss <strong>und</strong> dass diese gemessen werden. Mit dieser Tatsache sollte man Frieden schließen. Es ist nichts falsch daran, nach Schwachstellen zu suchen oder Dinge objektiv überprüfbar zu machen. Meiner Meinung nach brauchen wir auch nicht unbedingt Methoden, um die Wirkung ideeller Verbesserungen in Kennzahlen nachzuvollziehen. Es reicht völlig aus, wenn man die Unternehmensperformance mit herkömmlichen Tools misst, denn, <strong>und</strong> da bin ich sicher: Wenn man sich zu einer werteorientierten <strong>und</strong> nachhaltigen Unternehmensführung entschließt, werden sich die gängigen Performanceindikatoren automatisch verbessern. Bei American Express gab es einmal ein spannendes Projekt, bei dem ein Berater mit einer Gruppe Brokern ein Jahr lang zum Thema Vergebung gearbeitet hat. Es wurde diskutiert, es gab Einzelcoachings, <strong>und</strong> am Ende des Jahres war die Performance der Abteilung um 60 Prozent gestiegen. Das Geheimnis: Wenn man in der Lage ist, zu vergeben, hat man den Kopf frei, um produktiv zu arbeiten. Oder, wie es der Weisheitslehrer Eckhart Tolle ausdrückt, man ist ganz im Jetzt. Das Interview führte Nadja Rosmann. C management | 29 managerSeminare | Heft 124 | Juli 2008
64 | development Besinnung fürs Business MANAGER AUF CHRISTLICHEN PFADEN Was bringt Manager dazu, sich in klösterlicher Abgeschiedenheit Schweigegeboten zu unterwerfen? Warum laufen sich Führungskräfte die Füße auf alten Pilgerpfaden w<strong>und</strong>? Und was haben Management- Coachs in Mönchskutte <strong>und</strong> Priestersoutane ihren weltlichen Kollegen voraus? managerSeminare hat ergründet, was Retreats mit christlichem Akzent für Führungskräfte so faszinierend macht. managerSeminare | Heft 129 | Dezember 2008