E&W Dezember 2008 - GEW
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WIRTSCHAFTSPOLITIK<br />
Anm. d. Red.:<br />
*Verbriefungen: Gemeint<br />
ist, handelbare<br />
Wertpapiere aus Kreditforderungen<br />
oder<br />
Eigentumsrechten (z. B.<br />
Leasing-Forderungen)<br />
im weitesten Sinne zu<br />
schaffen.<br />
**Homöopathie basiert<br />
auf dem Ähnlichkeitsprinzip:<br />
„Ähnliches soll<br />
durch Ähnliches geheilt<br />
werden.“ In der Homöopathie<br />
wird die Arzneisubstanz<br />
schrittweise<br />
mit Wasser und Alkohol<br />
verdünnt, sodass der<br />
Ausgangsstoff nicht<br />
mehr nachweisbar ist.<br />
***Subprime-Kredite:<br />
Als Subprime-Markt<br />
wird ein Teil des privatenHypothekendarlehensmarktesbezeichnet,<br />
der überwiegend<br />
aus Kreditnehmern mit<br />
sehr geringer Bonität<br />
besteht.<br />
Geplatzte Illusionen<br />
26 Erziehung und Wissenschaft 12/<strong>2008</strong><br />
Nur koordiniert kann sich Europa aus der Finanzkrise befreien<br />
<strong>2008</strong> schreibt Wirtschaftsgeschichte.<br />
Selten sind innerhalb eines so kurzen<br />
Zeitraums derartig viele zuvor als<br />
eherne Grundsätze geltende Verhaltensweisen<br />
über Bord gegangen wie in<br />
diesem Jahr. Vieles, was vor wenigen<br />
Monaten noch undenkbar schien, wie<br />
die Teilverstaatlichung des Bankensektors<br />
auf beiden Seiten des Atlantiks,<br />
ist nunmehr Realität. Was geschehen<br />
ist, analysiert der Finanzexperte<br />
Gustav A. Horn.<br />
Geschehen ist vor allem der<br />
Zusammenbruch wirtschaftlicher<br />
Illusionen.<br />
Sie bestanden im Kern<br />
darin, dass die Akteure<br />
auf den globalen Finanzmärkten<br />
glaubten, sie könnten durch<br />
geschickte und intelligente Innovationen<br />
von Finanzmarktprodukten auf<br />
Dauer eine höhere Rendite auf ihr Ei-<br />
genkapital erzielen als dies in der Realwirtschaft<br />
langfristig möglich ist. Dabei<br />
hängt der Finanzmarkt unausweichlich<br />
am Tropf der Realwirtschaft. Jeder Finanzmarktkontrakt<br />
vom einfachsten<br />
Kreditgeschäft bis hin zum Handel mit<br />
komplexen Verbriefungen* basiert letztlich<br />
auf einer realwirtschaftlichen Transaktion.<br />
Nur wenn ein Unternehmen,<br />
ein privater Haushalt oder der Staat seine<br />
Geschäfte oder Vorhaben nicht mit<br />
Barmitteln durchführen kann oder will,<br />
wird die Hilfe des Finanzmarktes in Anspruch<br />
genommen. Dies kann als<br />
Schuldner oder als Gläubiger geschehen.<br />
Jeder Gläubiger führt dem Kapitalmarkt<br />
Mittel zu, jeder Schuldner entzieht<br />
sie ihm. Damit sind die dem Kapitalmarkt<br />
zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />
unmittelbar mit der Einkommensentwicklung<br />
der Realwirtschaft<br />
verknüpft. Die Rahmenbedingungen<br />
werden darüber hinaus noch von der allgemeinen<br />
wirtschaftlichen Entwicklung<br />
und der Geldpolitik gestaltet, die über<br />
die Leitzinsen einen maßgeblichen Einfluss<br />
auf die Zinsen, also die Preise auf<br />
den Finanzmärkten, ausübt.<br />
Sind die Renditen auf dem Finanzmarkt<br />
höher als in der Realwirtschaft, wird das<br />
Angebot an Finanzmitteln durch Gläubiger<br />
stärker zunehmen als die Nachfrage<br />
nach ihnen durch Schuldner. Denn<br />
in diesem Fall ist es rentabler, seine Mittel<br />
auf dem Finanzmarkt anzulegen als<br />
realwirtschaftlich zu investieren. Das<br />
bedeutet aber, die Kreditvergabe muss<br />
billiger werden. Somit sinkt die Finanzmarktrendite<br />
in Richtung der realwirtschaftlichen.<br />
Analoges gilt für den umgekehrten<br />
Fall einer niedrigeren Finanzmarktrendite.<br />
Immer wieder sorgt der<br />
Marktmechanismus dafür, dass sich die<br />
Renditen auf beiden Märkten nicht dauerhaft<br />
auseinanderentwickeln. Unter<br />
diesen Umständen sind höhere Renditen<br />
im Einzelfall nur temporär oder aber<br />
mit dem Eingehen höherer Risiken<br />
möglich.<br />
Dieser Zusammenhang geriet aber of-<br />
Illustration: Thomas Plaßmann