E&W Dezember 2008 - GEW
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du schon?“<br />
lerstellen in Deutschland ist unbefristet,<br />
in den USA dagegen hat mehr als jeder<br />
zweite Hochschullehrer einen Dauer-<br />
Vertrag, in Frankreich sind es sogar drei<br />
„Making Excellence“<br />
Unter diesem Motto stand eine Tagung<br />
über Grundlagen, Praxis und<br />
Konsequenzen der Exzellenzinitiative,<br />
die die <strong>GEW</strong> 2007 gemeinsam<br />
mit dem Institut für Hochschulforschung<br />
an der Universität Halle/<br />
Wittenberg durchgeführt hat. Dokumentiert<br />
wird diese Veranstaltung<br />
in einem Sammelband:<br />
Roland Bloch, Andreas Keller, André<br />
Lottmann, Carsten Würmann (Hrsg.):<br />
Making Excellence. Grundlagen,<br />
Praxis und Konsequenzen. <strong>GEW</strong>-<br />
Materialien aus Hochschule und<br />
Forschung, W. Bertelsmann Verlag<br />
Bielefeld <strong>2008</strong>, 19,90 Euro. <strong>GEW</strong>-<br />
Mitglieder können bei diesem Buch<br />
vom Herausgeberrabatt (30 Prozent)<br />
profitieren. Bestellungen bitte an:<br />
christine.sturm@gew.de<br />
Viertel – mit so viel Risiko wie in<br />
Deutschland ist die Karriere sonst nirgendwo<br />
behaftet.<br />
Mehr Dauer-Stellen schaffen<br />
Trotz föderalistischer Streitigkeiten<br />
müssten Bund und Länder zusammenarbeiten<br />
und für mehr Dauer-Stellen in<br />
der Wissenschaft sorgen, fordert deshalb<br />
die <strong>GEW</strong>. Kombiniert mit der gezielten<br />
Förderung von Wissenschaftlerinnen<br />
könnten damit die Nachwuchs-<br />
Strukturen dauerhaft verbessert werden<br />
– was aus Sicht der „Projektgruppe DoktorandInnen“<br />
der <strong>GEW</strong> auch dringend<br />
nötig ist. Denn nicht zuletzt durch den<br />
Bologna-Prozess werde vieles reformiert,<br />
ohne dabei die Interessen derer<br />
zu berücksichtigen, um die es geht: „die<br />
Doktorandinnen und Doktoranden,<br />
über die oft, mit denen aber selten geredet<br />
wird“, wie es in einer Stellungnahme<br />
der Projektgruppe heißt.<br />
Wie unsicher und unklar die Lage für<br />
den Nachwuchs ist, zeigte sich auch<br />
beim KISSWIN-Kongress. Viele der<br />
über 1000 Teilnehmenden hatten gar<br />
nicht den Mut, allzu weit in die berufliche<br />
Zukunft zu blicken: „Das System<br />
der möglichen wissenschaftlichen Karrierewege<br />
ist undurchschaubar”, klagte<br />
etwa Svenja Plöger (28). Sie promoviert<br />
gerade, weiß aber noch nicht, ob ihr<br />
Weg in Richtung Wissenschaft oder Industrie<br />
führt. Und auch Harald Birkholz<br />
aus Rostock ist verunsichert: „Mich<br />
würde der mehrfache Wechsel zwischen<br />
Forschung und Wissenschaft in meinem<br />
Leben reizen”, sagt der 25-jährige Mathematik-Doktorand<br />
– doch er weiß,<br />
dass die Systeme kaum aufeinander abgestimmt<br />
sind.<br />
Konkrete Verbesserungen<br />
Wer solche berufliche Ungewissheit<br />
schon länger ertragen muss, neigt – wen<br />
wundert’s? – zum Fatalismus. So wie<br />
„Nemo“: Der Physiker hält das KISS-<br />
WIN-Projekt nur für eine „großspurige<br />
Ankündigung“, wirklich verbessern werde<br />
sich die Lage für den wissenschaftlichen<br />
Nachwuchs dadurch nicht. Diese<br />
Hoffnung jedoch will Peter Strohschneider,<br />
Vorsitzender des Wissenschaftsrats<br />
(WR), noch nicht aufgeben: Nach dem<br />
gefloppten Bildungsgipfel von Dresden<br />
fordert er, dass „die Politik in ihren Finanzentscheidungen<br />
Bildung und Wissenschaft<br />
gegenüber anderen Politikbereichen<br />
wirklich mehr Bedeutung beimisst<br />
als bisher” – nur so könnten die vagen<br />
Absichtserklärungen zu konkreten<br />
Verbesserungen führen.<br />
Armin Himmelrath, freier Journalist<br />
HOCHSCHULE UND FORSCHUNG<br />
Berechenbare<br />
Karriereperspektiven<br />
Kommentar: kein Informationsdefizit<br />
Der wissenschaftliche<br />
Nachwuchs wisse nicht,<br />
welche interessanten Fördermöglichkeiten<br />
ihnen<br />
Bund, Länder und Hochschulen<br />
bieten und sei deshalb<br />
„schlecht gelaunt“,<br />
lautet die Diagnose des AachenerIngenieurwissenschaftlers<br />
Prof. Klaus Henning,<br />
Initiator des KISS-<br />
WIN-Portals in Berlin (s.<br />
Seite 34).<br />
Andreas Keller<br />
Die Probleme des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses<br />
in Deutschland lassen sich aber nicht auf ein Informationsdefizit<br />
reduzieren. Ihnen liegt vielmehr ein strukturelles<br />
Defizit zu Grunde. Das hat ausgerechnet der vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung (BMBF) in<br />
Auftrag gegebene Bundesbericht zur Förderung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses (BuWiN, s. E&W 9/<strong>2008</strong>)<br />
bestätigt. „In der Regel werden Nachwuchsforscherinnen<br />
und -forscher aber noch zu lange darüber im Unklaren gelassen,<br />
ob sie sich auf eine Hochschulkarriere dauerhaft<br />
einlassen können“, wird dort messerscharf analysiert.<br />
Junge Menschen, die nach Studium und Promotion an<br />
der Uni bleiben, sind regelrechte Hasardeure, die Kopf<br />
und Kragen riskieren. Denn wer nicht den Sprung auf eine<br />
Professur schafft, landet nach einer Patchwork-Karriere<br />
aus Zeitverträgen und Stipendien häufig in einer beruflichen<br />
Sackgasse. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
brauchen daher endlich auch in Deutschland<br />
frühzeitig berechenbare Karriereperspektiven.<br />
Um die überfällige Strukturreform an den Hochschulen<br />
anzustoßen, fordert die <strong>GEW</strong> ein Bund-Länder-Programm<br />
für 10 000 zusätzliche Postdoc-Stellen für promovierte<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Hochschulen<br />
sollen die Finanzierung einer Postdoc-Stelle für<br />
sechs Jahre dann beantragen können, wenn sie verbindlich<br />
zusagen, die Postdocs im Falle einer positiven Evaluierung<br />
in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zu<br />
überführen (so genannte Tenure-Track-Option). Mindestens<br />
60 Prozent der Postdoc-Stellen sind für qualifizierte<br />
Frauen zu reservieren – heute bleiben gerade in der Phase<br />
zwischen Promotion und Berufung besonders viele Frauen<br />
„auf der Strecke“.<br />
Mit dem Programm für 10 000 Postdoc-Stellen könnten<br />
Bund und Länder nicht nur die überfällige Strukturreform<br />
anstoßen, sondern auch für die zusätzlichen Fachkräfte<br />
sorgen, die wir brauchen, um den Generationenwechsel<br />
in der Hochschullehrerschaft, den von Bund und<br />
Ländern versprochenen Ausbau der Hochschulen und<br />
die vom Wissenschaftsrat geforderte Verbesserung der<br />
Qualität der Lehre zu bewältigen.<br />
Foto: privat<br />
Andreas Keller, Leiter des <strong>GEW</strong>-Organisationsbereichs<br />
Hochschule und Forschung<br />
12/<strong>2008</strong> Erziehung und Wissenschaft 35