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Ausgabe - 36 - 2011 - Produktion

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34 · F&E · <strong>Produktion</strong> · 8. September <strong>2011</strong> · Nr. <strong>36</strong><br />

Beleuchtung<br />

Daten mit Licht auf den Weg bringen<br />

<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>36</strong>, <strong>2011</strong><br />

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Nachrichtentechnik,<br />

Heinrich-Hertz-Institut HHI in Berlin haben eine neue Übertragungstechnik<br />

per Licht für Videodateien entwickelt.<br />

Berlin (ba). Stellen Sie sich folgendes<br />

Szenario vor: Vier Personen<br />

haben es sich in einem Raum gemütlich<br />

gemacht. Jeder von ihnen<br />

kann auf einem eigenen Laptop<br />

einen anderen Film aus dem Internet<br />

in HD-Qualität genießen. Möglich<br />

wird dies dank eines optischen<br />

WLAN. Als Medium für die Datenübertragung<br />

dient Licht aus den<br />

LEDs der Deckenbeleuchtung. Das<br />

war lange eine Zukunftsvision.<br />

Nun ist diese nähergerückt: Im<br />

Mai konnten Forscher des Heinrich-Hertz-Instituts<br />

ihr Projektergebnis<br />

im französischen Rennes,<br />

Frankreich, vorstellen: Es gelang,<br />

mit Decken-LEDs, die mehr als<br />

zehn Quadratmeter eines Raums<br />

ausleuchteten, Daten mit 100 Megabit<br />

pro Sekunde (Mbit/s) verlustfrei<br />

zu übertragen. Der Empfänger<br />

lässt sich innerhalb dieser zehn<br />

Quadratmeter beliebig platzieren.<br />

„Das heißt, wir haben vier Videofilme<br />

in HD-Qualität gleichzeitig<br />

auf vier Laptops gebracht“, sagt Dr.<br />

Anagnostis Paraskevopoulos, Wissenschaftler<br />

am HHI. „Die Grundlagen<br />

für Visible Light Communication,<br />

auch VLC genannt, wurden<br />

im Projekt gemeinsam mit den In-<br />

<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>36</strong>, <strong>2011</strong><br />

dustriepartnern Siemens und<br />

France Telecom Orange Labs entwickelt“,<br />

sagt er. Zusammen mit einem<br />

Team um Projektleiter Klaus-<br />

Dieter Langer wird die neue Technik<br />

jetzt am HHI weiterentwickelt.<br />

„Bei VLC dienen die Lichtquellen<br />

– in diesem Fall Weißlicht-LEDs<br />

– gleichzeitig der Raumbeleuchtung<br />

und der Informationsübertragung.<br />

Mit Hilfe eines Spezialbauteils,<br />

des Modulators, knipsen wir<br />

die LEDs ganz schnell ein und aus,<br />

und übertragen die Informationen<br />

als Einsen und Nullen“, erläutert<br />

Langer. Das menschliche Auge<br />

nehme die Lichtmodulation nicht<br />

wahr. Als Empfänger am Laptop<br />

reiche eine einfache Fotodiode, die<br />

das Licht auffängt. Eine Elektronik<br />

dekodiert die Information und<br />

übersetzt sie in elektrische Impulse,<br />

also die Sprache des Computers.<br />

Ein Vorteil dieser Vorgehensweise<br />

ist: Die LEDs lassen sich mit nur<br />

wenigen Bauteilen so präparieren,<br />

dass sie als Überträger dienen. Ihr<br />

Kohlenstoffmaterialien nach Maß verheißen Fachbeiträge in den renommierten<br />

Zeitschriften „Nature Materials“ und „Nature Chemistry“.<br />

An beiden Publikationen sind mit Prof. Ute Kaiser und Dr. Johannes<br />

Biskupek Wissenschaftler der Ulmer Zentralen Einrichtung Elektronenmikroskopie<br />

beteiligt.<br />

lenstoffmaterialien die Anwendungsmöglichkeiten<br />

von Graphen<br />

in superschnellen Computerchips<br />

oder etwa Touchscreens erweitern.<br />

Der Nobelpreis 2010 für die Entdeckung<br />

der Kohlenstoff-Variante<br />

Graphen – dabei handelt es sich um<br />

das dünnste Material der Welt – unterstreicht<br />

weiterhin die Bedeutung<br />

von Kohlenstoffnanostrukturen<br />

für die Wissenschaft.<br />

In der Publikation „Nature Materials“<br />

beschreiben die Wissenschaftler<br />

die Bildung von Graphen-<br />

Nanostreifen in exakt definierten<br />

Formen und Größen. Dabei dienen<br />

winzige, aus Kohlenstoff gebildete<br />

Röhrchen als Matrize und „Reagenzglas“.<br />

Bei ihren Versuchen mit<br />

Elektronenstrahlen haben die Forscher<br />

zwei Schlüsselprinzipien entdeckt:<br />

Wachsen die Graphen-Streifen<br />

im Inneren der Kohlenstoffnanoröhrchen<br />

heran, geben die<br />

Röhren Größe und Dicke der winzigen<br />

Streifen vor und schützen sie<br />

vor Schädigungen durch den Elektronenstrahl.<br />

Indem sich zusätzlich<br />

Schwefel an die Graphen-Kanten<br />

bindet, wird die Bildung eines zweiten<br />

Kohlenstoffnanoröhrchens verhindert,<br />

der Graphen-Streifen kann<br />

in gewünschter Form wachsen.<br />

Künftig können Daten mit an der Decke angebrachten LEDs übertragen werden.<br />

Bild: Fraunhofer HHI<br />

Nachteil: Sobald etwas zwischen<br />

Lampe und Photodiode gerät,<br />

wenn also etwa jemand eine Hand<br />

dazwischenhält, wird die Übertragung<br />

beeinträchtigt. Als mögliche<br />

Endgeräte kommen Laptop, Palm<br />

oder Handy in Frage.<br />

Visible Light Communication<br />

solle kein Ersatz für herkömmliches<br />

„Mit den Ergebnissen unserer<br />

Arbeit beschreiten wir neue Wege<br />

in der Herstellung von Nanostrukturen.<br />

Schließlich werden für nanotechnologische<br />

Anwendungen<br />

Graphen-Streifen mit genau definierten<br />

Eigenschaften benötigt“,<br />

sagt Ute Kaiser. Neben den Ulmer<br />

Forschern haben Chemiker der<br />

University of Nottingham und Dr.<br />

Andrey Chuvilin von der spanischen<br />

Forschungseinrichtung CIC<br />

nanoGUNE Consolider (zuvor Uni<br />

Ulm) zu der Veröffentlichung beigetragen.<br />

Die zweite Publikation ist in „Nature<br />

Chemistry“ erschienen. Im<br />

Fokus dieser Veröffentlichung stehen<br />

Prozesse innerhalb der beschriebenenKohlenstoffnanoröhrchen.<br />

Bisher war man davon<br />

ausgegangen, dass im Inneren der<br />

WLAN, PowerLAN oder UMTS werden,<br />

sagen die Wissenschaftler.<br />

Dort wo Funknetze unerwünscht<br />

oder nicht möglich sind, eignet es<br />

sich vielmehr als zusätzliche Datenübertragungsoption<br />

– ohne dass im<br />

Haus neue Kabel oder Geräte nötig<br />

werden. Dabei sind auch Kombinationen<br />

möglich, etwa für eine Rich-<br />

Nanoröhrchen keine chemischen<br />

Reaktionen ablaufen. Dank hochauflösender<br />

Niederspannungs-<br />

Transmissionselektronenmikroskopie<br />

konnten die Ulmer Forscher<br />

nun das Gegenteil beobachten:<br />

Wird ein katalytisches Element,<br />

beispielsweise Rhenium, in die<br />

Röhrchen gegeben, bilden sich<br />

Ausstülpungen, die aus dem Röhren-Inneren<br />

herauswachsen. Die<br />

Zentrale Einrichtung Elektronenmikroskopie<br />

der Uni Ulm zählt mit<br />

ihren hochtechnologisierten<br />

Transmissionselektronen- sowie<br />

Focus-Ion-Beam-Mikroskopen<br />

(FIB) zu den angesehensten Zentren<br />

dieser Art.<br />

tung optisches WLAN und für den<br />

Rückkanal PowerLAN. So lassen<br />

sich Filme auf den PC übertragen<br />

und auch wieder von dort zurückspielen<br />

und auf einen anderen<br />

Rechner senden.<br />

Die neue Übertragungstechnologie<br />

könnten sich gut für Krankenhäuser<br />

eignen, denn in diesen sind<br />

Funknetze nicht erwünscht. Dennoch<br />

müssten dort hohe Datenraten<br />

verlustfrei und unkomprimiert<br />

übertragen werden, sagen die Experten.<br />

Wenn ein Teil der Kommunikation<br />

über die OP-Lampe laufen<br />

könnte, ließen sich drahtlos OP-<br />

Roboter steuern oder Röntgenbilder<br />

übermitteln. In Flugzeugen<br />

könnte jeder Passagier sein eigenes<br />

Unterhaltungsprogramm auf einem<br />

Display sehen. Zugleich könnten<br />

die Flugzeugbauer dank der neuen<br />

Flugzeuge und Fabrikhallen<br />

als Anwendungsorte<br />

Technik den Einbau von Kilometern<br />

an Kabeln sparen. Ein weiterer<br />

möglicher Einsatzort sind Fabrikhallen.<br />

Auch hier stören Funknetze<br />

oft die betrieblichen Abläufe.<br />

Derzeit entwickeln die Forscher<br />

ihre Systeme weiter in Richtung<br />

höherer Bitraten. „Im Labor konnten<br />

wir mit einer rot-blau-grünen<br />

Weißlicht-LED 800 Mbit/s übertragen“,<br />

sagt Langer: „Das ist Weltrekord<br />

für die VLC-Methode.“<br />

Kohlenstoffmaterialien<br />

Graphen-Nanostreifen wachsen in definierten Formen<br />

Ulm (ba). Die neuen Erkenntnisse<br />

sind äußerst relevant für die Nanotechnologie:<br />

Schließlich zählt die<br />

Kontrolle der Größe, Form und<br />

chemischen Funktionalität von<br />

Graphen und Kohlenstoffnanoröhrchen<br />

auf atomarem Niveau zu<br />

den aktuellen Herausforderungen<br />

in diesem Bereich. In der Praxis<br />

könnten maßgeschneiderte Koh-<br />

„Mit den Ergebnissen unserer<br />

Arbeit beschreiten wir<br />

neue Wege in der Herstellung<br />

von Nanostrukturen.“<br />

Professorin Ute Kaiser hat in der<br />

Zentralen Einrichtung Elektronenmikroskopie<br />

der Uni Ulm<br />

maßgeblich zu den Publikationen<br />

beigetragen.<br />

Bild: Universität Ulm<br />

LEDs dienen als Überträger<br />

elektrischer Impulse<br />

In Nanoröhrchen laufen<br />

chemische Reaktionen ab<br />

MaßgeschneiderteKohlenstoffmaterialien<br />

könnten die Anwendungsmöglichkeiten<br />

von<br />

Graphen in superschnellen<br />

Computerchips<br />

oder etwa in<br />

Touchscreens erweitern.<br />

Bild: Daniel700 / Fotolia.com<br />

Die Forschungsarbeiten der beiden<br />

Ulmer Wissenschaftler sind in<br />

das Ulmer Großprojekt SALVE<br />

(Sub-Angström Low-Voltage Electron<br />

Micorscopy) eingebettet. Im<br />

Rahmen dieses Projektes werden<br />

neue Methoden und Gerätetechniken<br />

für atomare Abbildungen bei<br />

niedrigen Spannungen entwickelt.<br />

Weiterhin untersuchen die beteiligten<br />

Forscher Wechselwirkungen<br />

zwischen Elektronenstrahlen und<br />

diversen Materialien.<br />

Das Forschungsprojekt wird von<br />

der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG) und dem Land Baden-<br />

Württemberg gefördert. Partner im<br />

SALVE-Projekt sind die badenwürttembergischen<br />

Firmen Carl<br />

Zeiss AG und die Corrected Electron<br />

Optical Systems GmbH<br />

(CEOS).

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