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Jenaer Beiträge Nr. 15 - Sport Geschichte Jena

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Strömungsuntersuchungen der<br />

Unterwasser-Delphinbewegung<br />

Stefan Hochstein<br />

Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft, Institut<br />

für <strong>Sport</strong>wissenschaft, Friedrich-Schiller-<br />

Universität <strong>Jena</strong><br />

Einleitung<br />

Um hohe Schwimmgeschwindigkeiten über einen langen<br />

Zeitraum aufrecht zu erhalten, erfordert dies zum einen<br />

eine hohe maximale Schwimmgeschwindigkeit und zum<br />

anderen eine effiziente Schwimmtechnik. Je nach Länge<br />

der Schwimmstrecke besteht somit immer ein Abwägen<br />

für maximalen Schub (kürzere Strecken) oder effizienten<br />

Schwimmen (längere Strecken).<br />

Durch die Variation der Bewegungsmuster versuchen<br />

Hochleistungsschwimmer die Vor- und Nachteile verschiedener<br />

Bewegungsvarianten zu überprüfen, mit dem Ziel,<br />

durch geschickte Bewegungen einen optimalen Vortrieb<br />

(maximaler Schub oder effizientes Schwimmen) zu erreichen.<br />

Diese aufwendigen Trainingsphasen im Versuch-Irrtum-Prinzip,<br />

zum Teil basierend auf Erkenntnissen aus der<br />

Fischlokomotion, sind vor allem aus Mangel an systematischen<br />

experimentellen und numerischen Strömungsuntersuchungen<br />

notwendig.<br />

Dabei würde eine gezielte Untersuchung der erzeugten<br />

Strömungsmuster helfen, die vor- und nachteiligen Bewegungsmuster<br />

in ihrer strömungsmechanischen Wirkung zu<br />

verstehen und darauf aufbauend ein Bewegungsmuster für<br />

optimalen und effizienten Vortrieb zu erarbeiten.<br />

Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die FINA bei allen<br />

Schwimmarten die maximale Tauchphase auf <strong>15</strong> m nach<br />

Start und Wende reglementierte, traten bei Wettkämpfen<br />

immer wieder einige spezialisierte Schwimmer auf, die<br />

ihre Unterwasserphase auf 25 m oder mehr verlängerten<br />

und sich dadurch einen Zeitvorteil gegenüber ihren Kontrahenten<br />

verschafften. Seit dem hat sich die Delphinbewegung,<br />

auch Delphinkicks genannt, im Wettkampfschwimmen<br />

nach dem Start und jeder Wende etabliert.<br />

In Anlehnung an die undulatorische Fischlokomotion wird<br />

die menschliche Delphinbewegung unter Wasser auch als<br />

undulatorische Welle bezeichnet. Dabei bewegt sich von<br />

den Fingern bis zu den Zehen eine Krümmungswelle durch<br />

den Körper. Für den Fall, dass die Wellgeschwindigkeit<br />

dieser Welle größer ist als die Schwimmgeschwindigkeit,<br />

erzeugt der Schwimmer Vortrieb; ist sie jedoch kleiner,<br />

dann wirkt die Welle als Bremse.<br />

Die menschliche Unterwasser-Delphinbewegung war Fokus<br />

einiger Untersuchungen (z.B. Arellano et al., 2002;<br />

von Loebbecke et al., 2009), jedoch wurde dabei fast ausschließlich<br />

kinematische Parameter betrachtet. Untersuchungen<br />

zur Strömung in der Umgebung des Schwimmers<br />

wurden, wenn, dann nur vereinzelt unter Zuhilfenahme<br />

einfachster Methoden (z.B. mit eingestreuten Luftblasen,<br />

Arellano, 1999) durchgeführt. Bis heute ist die Analyse<br />

und Dokumentation der Strömung in der Umgebung des<br />

Schwimmers in der Literatur kaum vorhanden.<br />

Diese Studie berichtet über die Kinematik und die Strömung<br />

in der Umgebung des Schwimmers. Die Schwimmgeschwindigkeit<br />

resultiert ausschließlich aus der undulatorischen<br />

Bewegung des Schwimmers.<br />

Material & Methoden<br />

Mit zwei erprobten Leistungsschwimmern (beide weiblich;<br />

Proband 1: Alter: 26 Jahre, Körpergröße: 1.78 m, Körpergewicht:<br />

73 kg und Proband 2: 24 Jahre, 1.67 m, 56.5<br />

kg) wurden in einem Versuchsbecken des Institut für <strong>Sport</strong><br />

und <strong>Sport</strong>wissenschaft in Heidelberg (20 m x 8 m x 0.5–2<br />

m) reproduzierbare Bewegungsmuster beim Delphinschlag<br />

aufgezeichnet und Messungen des instationären Strömungsfeldes<br />

mit Hilfe der zeitaufgelösten Particle Imaging<br />

Velocimetry (PIV) durchgeführt. Dabei werden dem Wasser<br />

kleine 100µm dicke Teilchen hinzu gegeben, die im Wasser<br />

schweben. Das Prinzip der PIV besteht darin, die Verschiebung<br />

einer großen Zahl dieser Teilchen aus zwei kurzzeitig<br />

hintereinander aufgenommenen Bildern zu berechnen. Die<br />

Partikel werden typischerweise mit Hilfe von Laserlicht angestrahlt.<br />

Aus der Verschiebung der Teilchen lassen sich<br />

mit Hilfe eines Korrelationsalgorithmus die Geschwindigkeitsvektoren<br />

bzw. ein Geschwindigkeitsfeld bestimmen.<br />

Die Schwimmer schwammen die Unterwasser-Delphinbewegung<br />

in Bauchlage mit ihrer bevorzugten Frequenz. Eine<br />

Schwimmtiefe von mindestens 0.8 m wurde vorgegeben,<br />

um Oberflächenwellenwiderstände infolge von Wellenbildung<br />

vernachlässigen zu können (Vennell et al., 2006; Vorontsov<br />

und Rumyantsev, 2000). Der Start erfolgte 10 m<br />

vom Beobachtungsfenster entfernt im Flachwasserbereich<br />

ohne Abstoßen von der Wand. Damit konnte sicher gestellt<br />

werden, dass die Schwimmgeschwindigkeit einzig durch<br />

die undulatorische Bewegung resultiert und nicht durch<br />

das Abstoßen von der Wand. Um vergleichbare Situationen<br />

zu schaffen erhielten beide Probandinnen die Anweisung,<br />

mit maximalem Schub zu schwimmen.<br />

Strömungsbewegung und Kinematik wurden dabei gleichzeitig<br />

durch zwei Kameras aufgenommen. Selbstgebaute<br />

LED-Marker wurden zur Erfassung der kinematischen Daten<br />

auf den einzelnen Gelenkpunkten fixiert und durch<br />

eine Videokamera (Basler A602fc, Leihgabe des OSP Heidelberg)<br />

mit 30 Bildern/s aufgenommen, anschließend<br />

durch WinAnalyze 2.1 (MikroMak, Berlin) digitalisiert und<br />

mit MATLAB 2006a (The Math Works Inc.) und SPSS <strong>15</strong>.0<br />

(SPSS Inc.) ausgewertet.<br />

Die horizontale Schwimmgeschwindigkeit wird aus der linearen<br />

Regression der horizontalen Position des Hüftmarkers<br />

berechnet, da dieser in guter Nährung als Massenmittelpunkt<br />

angesehen werden kann. Die Geschwindigkeit der<br />

durch den Körper laufenden undulatorischen Welle, abgeleitet<br />

aus den 2-D Koordinaten (xi,yi) der einzelnen Gelenkmarkerpunkte,<br />

wird durch die lineare Regression des<br />

Abstands der einzelnen Marker über der Zeitverzögerung<br />

hinsichtlich ihrer Minima bzw. Maxima berechnet.<br />

Dimensionslose Kenngrößen der Strömungsdynamik, wie<br />

Froude-Effektivität und Strouhal-Zahl (der Kehrwert der<br />

Strouhal-Zahl gibt dabei den Fortschrittsgrad des Schwimmers<br />

pro Schlag als Vielfaches der Amplitude an) wurden<br />

berechnet.<br />

Die Bewegung der schwebenden Partikel wurde durch<br />

eine separate Hochgeschwindigkeitskamera (Photron ultima<br />

APX 120k) mit 250 Hz erfaßt. Lokale Geschwindigkeitsfelder<br />

wurden in DaVis 7.2 (LaVision, Göttingen)<br />

mittel eines Kreuz-Korrelations-Rhythmus berechnet und<br />

in TecPlot 360 2009 (TecPlot Inc., USA) graphisch weiter<br />

aufgearbeitet.<br />

Ergebnisse<br />

Der zeitliche Verlauf der Gelenkwinkel beim Menschen<br />

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