Jenaer Beiträge Nr. 15 - Sport Geschichte Jena
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3D Rekonstruktion der Muskelarchitektur bei<br />
Oryctolagus cuniculus<br />
Carolin Küpper<br />
Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft, Institut für<br />
<strong>Sport</strong>wissenschaft, Friedrich-Schiller-Universität<br />
<strong>Jena</strong><br />
Zusammenfassung:<br />
Skelettmuskeln besitzen eine komplexe Muskelarchitektur,<br />
die einen entscheidenden Einfluss auf die Formänderung<br />
des Muskels und das mechanische Verhalten während der<br />
Kontraktion hat. Die geometrische Information ist somit<br />
von großer Bedeutung für die Modellierung von Skelettmuskeln<br />
und die Simulation von Muskelkontraktionen. In<br />
dieser Arbeit soll die Anwendbarkeit zwei verschiedener<br />
Methoden (Diffusion Tensor Imaging (DTI) und manuelles<br />
Digitalisieren) zur Darstellung der 3D Architektur der Wadenmuskulatur<br />
beim Kaninchen (Oryctolagus cuniculus)<br />
geprüft werden. Mit einem klinischen MRT konnten unter<br />
Verwendung eines anatomischen 3D Scans und einer<br />
leicht modifizierten 2D EPI-DTI Sequenz Muskelfasern innerhalb<br />
kürzester Zeit rekonstruiert werden. Diese vielversprechenden<br />
Ergebnisse gilt es künftig mit den ex vivo<br />
Untersuchungen durch den manuellen Digitalisierer (MicroScribe<br />
MLX) zu validieren.<br />
Einleitung:<br />
Grundvoraussetzung für die Simulation von Muskelkontraktionen<br />
ist neben der Modellierung der aktiven Muskelkomponente<br />
die Erfassung und Rekonstruktion der Muskelgeometrien<br />
und besonders der Muskelfaserverläufe.<br />
Muskeln können entgegen früherer Modelle nicht als Linien<br />
zwischen zwei Punkten (1D) (Hill, 1922, 1938) bzw.<br />
unter Einführung eines innerhalb des Muskels homogenen<br />
Fiederungswinkels als Fläche (2D) verstanden werden<br />
(Epstein & Herzog, 1998). Vielmehr weisen Muskeln ein<br />
räumliches Volumen auf. Dabei sind sie Zwangskräften,<br />
z.B. durch die Packung der Muskulatur oder die Begrenzung<br />
durch Knochen, ausgesetzt, die sich auf die Muskelkraftentwicklung<br />
auswirken. Diesen Vorstellungen werden<br />
die Finite-Elemente (FE) Muskelmodelle am ehesten<br />
gerecht. Alle bisherigen auf dieser Methode entwickelten<br />
Modellierungsansätze beziehen sich jedoch auf Muskelparameter<br />
aus der Literatur. Sie verwenden unrealistische<br />
Muskelgeometrien mit einheitlichen Muskelfasern und<br />
Fiederungswinkeln und vernachlässigen Sehnen und Aponeurosen<br />
(Böl & Reese, 2008; Meier & Blickhan, 2000).<br />
Die geometrische Anordnung der Muskelfasern innerhalb<br />
eines Muskels ist allerdings wesentlich komplexer, wobei<br />
erst eine dreidimensionale Beschreibung dem inneren Aufbau<br />
gerecht wird. Faserlänge (Gorb & Fischer, 2000), Fiederungswinkel<br />
(Gorb & Fischer, 2000; Stark, 2008) und<br />
Raumkrümmung (Stark, 2008) können in einem einfachen<br />
Muskel von Faszikel zu Faszikel so stark variieren, dass dieser<br />
nicht durch die Parameter eines einzigen Faszikelzuges<br />
beschrieben werden kann. Aufgrund dieser Komplexität<br />
sollte der Verlauf der Muskelfasern für den gesamten Muskel<br />
bestimmt werden, da die Messung einzelner Fasern ein<br />
verzerrtes und zu stark vereinfachtes Bild liefert.<br />
Unter Beachtung dieser Faktoren ist das Ziel dieser Arbeit,<br />
20<br />
die 3D Architektur der Wadenmuskulatur, insbesondere<br />
des M. soleus, des Kaninchens darzustellen. Dabei kommen<br />
zwei verschiedene Methoden zur Anwendung. Das Erfassen<br />
der 3D Architektur unter Verwendung eines manuellen<br />
3D Digitalisierer (MicroSchribe MLX) stellt in diesem<br />
Zusammenhang eine gut erprobte und validierte Methode<br />
dar (Gorb & Fischer, 2000; Schilling, Stark, & Fischer,<br />
2003). Im Gegensatz dazu befindet sich das DTI noch in<br />
der Entwicklungsphase. Einige kürzlich erschienene Studien<br />
konnten die Anwendbarkeit des DTIs auf dem Gebiet<br />
der in vivo Muskelfaserrekonstruktion an Tieren (Heemskerk<br />
et al., 2005; Zhang et al., 2008), als auch am Menschen<br />
(Kan et al., 2009; Lansdown et al., 2007) aufzeigen.<br />
Zwei Hauptprobleme treten bei den derzeitigen DTI Muskelrekonstruktionen<br />
auf. 1.) Die Faserverläufe in den distalen<br />
und proximalen Endbereichen können nicht aufgelöst<br />
werden. 2.) Die Abgrenzung zu benachbarten Muskeln<br />
ist schwierig (Heemskerk et al., 2005). Eine Validierung<br />
der Methode steht bisher noch aus. Zudem wurden alle<br />
bisher publizierten Tieruntersuchungen zu dieser Thematik<br />
ausschließlich an speziellen MR Tiersystemen durchgeführt.<br />
Aufgrund dessen soll in der vorliegenden Studie die<br />
Anwendbarkeit eines klinischen 3T MRT Systems zur Erfassung<br />
der Muskelarchitektur mittels DTI geprüft werden.<br />
Material/ Methoden:<br />
In der vorliegenden Arbeit wurden zwei verschiedene Methoden<br />
zur Bestimmung der 3D Muskelarchitektur angewandt:<br />
das DTI und das manuelle Digitalisieren.<br />
Bei dem DTI handelt es sich um eine neuartige Untersuchungsmöglichkeit<br />
auf dem Gebiet der Magnetresonanztomographie<br />
(MRT), mit deren Hilfe Mikrostrukturen oder<br />
Faserbahnen<br />
in vivo dargestellt werden können. Bei diesem Verfahren<br />
wird die Diffusionsrichtung der Wasserstoffprotonen als Information<br />
genutzt, um Muskelfaserverläufe zu rekonstruieren.<br />
Die MR Scans wurden mit einem klinischen 3T MRT<br />
System (Tim Trio, Siemens Medical Solution, Erlangen,<br />
Germany) unter Verwendung einer 8-Kanal Multifunktionspule<br />
durchgeführt. Diese Spule besteht aus zwei Elementen<br />
mit je vier kleinen Loops (CPC, Noras, Höchberg,<br />
Germany). Der Versuch wurde mit einem weiblichen New<br />
Zealand Kaninchen<br />
(m = 3180 g) durchgeführt. Das Tier wurde über die Ohrvene<br />
anästhesiert (Ketamin-Xylazin, Mischverhältnis: 10/1,<br />
Dosierung: 10 mg/kg/h). Die Füße des Tieres wurden an<br />
einer selbstgebauten Apparatur (Sprunggelenkswinkel ><br />
90°) mittels 2 cm breiten Klebeband fixiert. Die Ausrichtung<br />
der Unterschenkel des Tieres erfolgte parallel zum<br />
magnetischen Feld des Scanners. Die zwei Elemente der<br />
Spule wurden oberhalb bzw. unterhalb des Unterschenkels<br />
platziert. Als erstes wurde ein anatomischer Scan unter<br />
Verwendung einer single slab 3D T2-weighted TSE Sequenz<br />
mit einer isotropen Auflösung von 0.5 mm3 durchgeführt.<br />
Dieser Scan dauerte 21:02 min. Im Anschluss<br />
daran erfolgte der Diffusion-Tensor-Scan mit einer leicht<br />
modifizierten 2D EPI Sequenz. Dies ergab eine Auflösung<br />
von 1.51x1.51x1.5 mm³. Die Gesamtzeit zur Erfassung der<br />
Diffusion-Tensor-Scans mit drei Wiederholungen betrug<br />
17:38 min. Die Tensor-Rekonstruktion und das Faser-Tracking<br />
wurde mit Hilfe des Diffusion Toolkit, die Evaluierung<br />
und Visualisierung der Tracks mit Trackvis durchgeführt<br />
(Wang & Weeden, 2009).<br />
Die zweite Methode zur Rekonstruktion der 3D Architektur<br />
(insbesondere der Muskelfasern) ist die ex vivo Unter-