Jenaer Beiträge Nr. 15 - Sport Geschichte Jena
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Die Beziehung zwischen körperlicher<br />
Fitness und ventilatorischer Effizienz bei<br />
Major Depression:<br />
Ein möglicher Beitrag zur Risikostratifizierung?<br />
Lars Donath<br />
Lehrstuhl für <strong>Sport</strong>medizin, Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft,<br />
Friedrich-Schiller-Universität <strong>Jena</strong><br />
Zusammenfassung<br />
Patientinnen mit Major Depression (MDD) zeigen eine<br />
deutlich reduzierte submaximale Leistungsfähigkeit an der<br />
ersten ventilatorischen Schwelle (VT). Die metabolische<br />
Regulation, das Anstrengungsempfinden und die Herzfrequenz<br />
weisen an diesem ventilatorischen Umschlagpunkt<br />
hingegen keine Unterschiede auf. Weiterhin konnten<br />
wir gegenüber den gesunden Kontrollen eine veränderte<br />
Atemeffizienz anhand des signifikant erhöhten VE/VCO2slope<br />
bei MDD nachweisen. Wir vermuten, dass die veränderte<br />
Funktion des Autonomen Nervensystems und<br />
die reduzierte Baroreflexsensitivität hierfür maßgeblich<br />
verantwortlich sein könnten. Ventilatorische Ineffizienz<br />
scheint jedoch stärker mit maximalen als mit submaximalen<br />
Leistungsparametern zusammenzuhängen und ist zunächst<br />
von der Depressionsschwere unabhängig. Weitere<br />
Längsschnittuntersuchungen könnten klären, ob sich der<br />
VE/VCO2-slope tatsächlich eignet, um das erhöhte kardiale<br />
Risiko bei MDD zu stratifizieren.<br />
Einleitung<br />
Kardiopulmonale Leistungsdiagnostik (CPET) bietet neben<br />
der Erfassung der maximalen und submaximalen Leistungsfähigkeit<br />
die Möglichkeit, das kardiovaskuläre Risiko<br />
zu stratifizieren (Ingle et al., 2007). Es ist bekannt, dass<br />
eine erniedrigte Sauerstoffaufnahme an der ventilatorischen<br />
Schwelle 1 (VO2AT) und ein deutlich erhöhter Anstieg<br />
des Atemäquivalentes für Kohlendioxid (VE/VCO2slope)<br />
mit einer erhöhten Sterblichkeit bei chronischer<br />
Herzinsuffizienz (CHF) assoziiert sind (Gitt et al., 2002).<br />
Der VE/VCO2-slope scheint dabei (a) als Prädiktor für die<br />
Sterblichkeit besonders geeignet zu sein und kann (b) als<br />
Maß für die ventilatorische Effizienz genutzt werden (Bard,<br />
Gillespie, Clarke, Egan, & Nicklas, 2006). Da bei Majordepression<br />
(MDD) ein erhöhtes kardiales Risiko (Bayles,<br />
Dawood, Lambert, Schlaich, & Lambert, 2008) aufgrund<br />
einer veränderten Funktion des autonomen Nervensystems<br />
vorliegt (Bar et al., 2004) und zwischen kardialer<br />
und ventilatorischer Kontrolle via vagaler Motoneuronen<br />
8<br />
Alter [Jahre] Krankheitsmanifestation<br />
[Jahre]<br />
zum AV-Knoten, Sinusknoten (Chiou, Eble, & Zipes, 1997)<br />
und der tracheobronchialen Muskulatur (Canning, Reynolds,<br />
Anukwu, Kajekar, & Myers, 2002) eine autonome<br />
Verbindung besteht, scheint die Beurteilung der ventilatorischen<br />
Effizienz bei MDD besonders interessant zu sein.<br />
Unklar ist aber bislang, ob sich bei MDD eine veränderte<br />
Atemeffizienz nachweisen lässt, die möglicherwiese für<br />
eine Risikostratifizierung bedeutsam ist. Da bei MDD ein<br />
erhöhtes kardiales Risiko besteht, verfolgte die Studie das<br />
Ziel, den VE/VCO2-slope bei MDD zu untersuchen und zu<br />
klassifizieren. Darüber hinaus sollten Unterschiede und<br />
Zusammenhänge zwischen dem VE/VCO2-slope und der<br />
submaximalen (VO2AT und PAT) und maximalen Leistung<br />
(Ppeak und VO2peak), sowie der Depressionsschwere untersucht<br />
werden.<br />
Material und Methoden<br />
Probanden. <strong>15</strong> sorgfältig gematchte (BMI, Alter, körperliche<br />
Aktivität (IPAQ)) Patientinnen mit MDD nach DSM-IV<br />
Kriterien konnten in die Studie eingeschlossen werden.<br />
Zur Klassifikation der Depressionsschwere wurden die Hamiltonskala<br />
((Hamilton, 1960) HAM-D 21) und das Beck<br />
Depression Inventar ((Beck, Ward, Mendelson, Mock, &<br />
Erbaugh, 1961) BDI) eingesetzt (Tab.1).<br />
Testdurchführung. Alle Probanden absolvierten einen Stufentest<br />
(Startlast: 25W /Inkrement: 25W /Stufendauer:<br />
3 Min) auf einem Fahrradergometer (Ergometrics 900®,<br />
Ergoline, Bitz, Deutschland) in sitzender Position bis zur<br />
subjektiven Ausbelastung. EKG (Schiller AT 10plus, Ottobrunn,<br />
Deutschland), Atemgase (Mischkammer: Metalyzer<br />
II®, Cortex, Leipzig, Deutschland), Laktat (EBIO basic<br />
system analyzer, Eppendorf, Hamburg, Deutschland) und<br />
das Belastungsempfinden (Borgskala) wurden während der<br />
Belastung bzw. über die letzten <strong>15</strong> Sekunden auf jeder Stufe<br />
und in der <strong>15</strong>-minütigen Nachbelastungsphase aufgezeichnet.<br />
Zielparameter: VT wurde nach der V-slope Methode bestimmt<br />
und extern geprüft. Der VE/VCO2-slope ist mittels<br />
linearer Regression bis zur Ausbelastung berechnet worden.<br />
Zusätzlich ist der VE/VCO2-slope für MDD und Kontrollen<br />
in Ventilatorische Klassen eingeteilt worden (Arena<br />
et al., 2007).<br />
Statistik: Eine MANOVA mit der Zwischensubjektvariable<br />
Gruppe (MDD vs. Kontrolle) wurde für die Leistung (P) und<br />
Sauerstoffaufnahme (VO2) und eine weitere MANOVA wurde<br />
für Laktat, Herzfrequenz, das Anstrengungsempfinden<br />
und den respiratorischen Quotienten an AT durchgeführt.<br />
Mittels einfaktorieller ANOVA wurden Gruppenunterschiede<br />
des VE/VCO2-slopes untersucht. Mit Hilfe einer<br />
ersten multiplen Regressionsanalyse wurden Zusammen-<br />
BDI HAMD-21 BMI [kg·m -2] WH-ratio<br />
IPAQ-total [MET<br />
Minuten·Woche -1 ]<br />
IPAQ-sitzen<br />
[h·Woche -1 ]<br />
MDD 38 ± 12 8 ± 8 27 ± 11 24 ± 5 25,4 ± 5 0,8 ± 0,08 1924 ± 1204 35,3 ± 14,2<br />
Kontrollen 38 ± 12 2,5 ± 2,2 1,6 ± 0,8 24,1 ± 5,1 0,8 ± 0,05 2067 ± 1225 38,2 ± 11,3<br />
Tabelle 1: Anthropometrische, depressionsbezogen und aktivitätsbezogene Daten der Probanden (MW± Stabw)