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Jenaer Beiträge Nr. 15 - Sport Geschichte Jena

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Strukturen und Wettkampsysteme im e<strong>Sport</strong><br />

Markus Breuer<br />

Lehrstuhl für <strong>Sport</strong>ökonomie, Institut für <strong>Sport</strong>wissenschaft,<br />

Friedrich-Schiller-Universität <strong>Jena</strong><br />

Zusammenfassung<br />

Mit dem elektronischen <strong>Sport</strong> (e<strong>Sport</strong>) hat sich in den vergangenen<br />

Jahren eine neue Form des sportlichen Wettbewerbs<br />

herausgebildet, die ohne die Entwicklungen<br />

im Bereich der digitalen Spiele nicht oder nur in anderer<br />

Form möglich gewesen wäre. Bezüglich der Strukturen und<br />

Wettkampfsysteme ähnelt der e<strong>Sport</strong> bereits heute, wenige<br />

Jahre nach seinem Entstehen, stark dem konventionellen<br />

Spitzen- und Mediensport und unterscheidet sich<br />

damit gleichzeitig von vielen Trendsportarten. Die Ähnlichkeit<br />

betrifft neben der Herausbildung von professionellen<br />

Wettbewerben insbesondere die Organisation der Aktiven<br />

in Vereinen, die teils als „eingetragene Vereine“, teils als<br />

Kapitalgesellschaften aufgebaut sind. Lediglich hinsichtlich<br />

des Verbandswesens wird bislang eine Sonderrolle<br />

eingenommen.<br />

Einleitung<br />

Der elektronische <strong>Sport</strong> (e<strong>Sport</strong>) stellt für die <strong>Sport</strong>wissenschaft<br />

im Allgemeinen und für die <strong>Sport</strong>ökonomie im Speziellen<br />

ein weitestgehend unbeachtetes Forschungsfeld dar.<br />

Der vorliegende Beitrag soll e<strong>Sport</strong> als „das wettbewerbsmäßige<br />

Spielen von Computer- oder Video-spielen im<br />

Einzel- oder Mehrspielermodus“ (Müller-Lietzkow, 2006:<br />

102) verstehen. Der Wettbewerbsgedanke verdient es besonders<br />

hervorgehoben zu werden, da er sich einerseits in<br />

den hier zitierten Definitionen wieder findet, andererseits<br />

eines der zentralen Zuwendungsmotive der Computerspielnutzung<br />

darstellt (Hartmann, 2008: 211 sowie die dort angegebenen<br />

Quellen). Nach diesem Verständnis gehört vor<br />

allem das gelegentliche Nutzen von elektronischen Spielen<br />

ohne kompetitiven Hintergrund nicht zum Untersuchungsgegenstand.<br />

Die Frage, ob e<strong>Sport</strong> dem <strong>Sport</strong> zuzurechnen<br />

ist, ist von Müller-Lietzkow (2007) bereits mit Hilfe einer<br />

Mehrebenen-Analyse behandelt worden. Besondere Übereinstimmungen<br />

konnten dabei im Bereich der Strukturen<br />

und der Wettkampfsysteme festgestellt werden, die auch<br />

im Fokus des vorliegenden Beitrages stehen sollen. In diesem<br />

Rahmen werden in concreto Mannschaf-ten, Ligenbetreiber<br />

und Turniere sowie Interessenvertretungen betrachtet.<br />

Die Darstellung beschränkt sich auf Deutschland.<br />

Eine internationale Betrachtung kann im Rahmen des vorliegenden<br />

Beitrags nicht geleistet werden.<br />

Mannschaften im e<strong>Sport</strong><br />

Schrammel (2006: 5) sieht in der Tatsache, dass sich im<br />

e<strong>Sport</strong> fest organisierte Einheiten bilden, einen Beleg<br />

dafür, dass sich die Beteiligten vermehrt als <strong>Sport</strong>ler im<br />

klassischen Sinne verstehen. Gleichwohl bezeichnen sich<br />

diese Einheiten in aller Regel nicht mit dem deutschen Terminus<br />

der Mannschaft oder des Vereins, vielmehr findet<br />

der Ausdruck des Clans Verwendung, ein Begriff, dessen<br />

Ursprung in der Ethnologie liegt und ursprünglich stammesähnliche<br />

Gemeinschaftsformen beschreibt. Im e<strong>Sport</strong><br />

bezeichnet der „Clan“ einen Zusammenschluss mehrerer<br />

Spieler (Top Ideas, 2007: 7) oder auch eine virtuelle<br />

Spielergemeinschaft (Fritz, 2003). Die Bedeutung für die<br />

Individuen ist dabei vielfältig. So dienen Clans einerseits<br />

der Organisation des Spiels bzw. <strong>Sport</strong>s, andererseits dienen<br />

sie als soziales Netzwerk. So ist belegt, dass sich 70<br />

% der jeweiligen Mitglieder auch außerhalb des e<strong>Sport</strong>s<br />

zu anderen Aktivitäten treffen (Sauer, 2004: 17). Teilweise<br />

werden die Termini Clan und Team synonym eingesetzt,<br />

was nach strenger Auslegung als falsch bezeichnet werden<br />

muss. So besteht ein Clan in der Regel aus mehreren<br />

Teams, abhängig davon, wie viele unterschiedliche Spiele<br />

betrieben werden; jedes Team widmet sich einem einzelnen<br />

Spiel (Wimmer, Quandt &Vogel, 2008: <strong>15</strong>2). Der<br />

Vergleich zum Mehrsparten-<strong>Sport</strong>verein liegt nahe. Die<br />

Größe eines Clans kann erheblich variieren, von einigen<br />

wenigen Spielern bis hin zu Vereinigungen von mehreren<br />

hundert Aktiven. Bis heute bestehen die meisten Clans<br />

ausschließlich aus Jugendlichen (Adamus, 2006: 146), ein<br />

ansteigendes Durchschnittsalter in den kommenden Jahren<br />

ist je-doch zu erwarten. Mit der Größe variiert auch die<br />

Motivation der Zusammenschlüsse. Nach Wenzler (2003:<br />

21) lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Dies sind zum<br />

einen reine Fun-Clans, bei denen Spielspaß und soziale<br />

Interaktion im Vordergrund stehen, zum zweiten semiprofessionelle<br />

Clans, deren Ziele sowohl im Wettbewerb<br />

als auch im Spielspaß in der Gruppe liegen und schließlich<br />

sog. Pro-Gamer-Clans. Bei letzteren steht der Erfolg des<br />

Spiels im wettbewerblichen Vergleich zu anderen Personen<br />

oder Gruppierungen im Vordergrund. In der Regel findet<br />

eine Unterstützung technischer und finanzieller Art durch<br />

Sponsoren statt. Auch hier zeigt sich die Nähe zum konventionellen<br />

<strong>Sport</strong>. Die zitierte Einteilung ist jedoch nicht<br />

unumstritten. So versteht der Deutsche e<strong>Sport</strong>-Bund (esb)<br />

nur solche Gemeinschaften als Clan, die gemeinsam an<br />

Turnieren und Wettkämpfen teilnehmen. Die Gruppe der<br />

o. g. Fun-Clans wäre mittels dieser Definition ausgeschlossen.<br />

Eine Quantifizierung der in Deutschland aktiven Zusammenschlüsse<br />

fällt schwer. Die wohl am häufigsten zitierte<br />

Zahl beläuft sich auf 40.000 Mannschaften und wird vom<br />

e<strong>Sport</strong>-Bund vertreten. Während die Zusammenschlüsse<br />

der Breitensportler häufig nicht institutionalisiert sind, organisieren<br />

sich professionelle Clans vielfältig. Dies reicht<br />

von der Form eines eingetragenen Vereins über eine Limited<br />

(Ltd.) nach britischem Verständnis bis hin zu „Werksteams“<br />

wie sie bspw. aus dem Bayer-Konzern bekannt<br />

sind.<br />

e<strong>Sport</strong> Wettkämpfe: Turniere und Ligen<br />

Die mediale Verwertung sportlicher Wettkämpfe wird<br />

durch das Bestehen fester Strukturen bspw. in Form einer<br />

Liga, eines Cup-Wettbewerbes oder der Austragung von<br />

Titelkämpfen deutlich vereinfacht. Beim Vorliegen fester<br />

Strukturen verringern sich die individuellen In-formationskosten,<br />

die ein jeder Konsument bezüglich der beteiligten<br />

Parteien, des Austragungsortes, des Termins etc. zu tragen<br />

hat. Gleichzeitig vereinfacht sich Planung der Aktiven.<br />

Für die verschiedenen Ausprägungen des e<strong>Sport</strong>s sollen<br />

im Folgenden verschiedene Wettbewerbstypen vorgestellt<br />

werden.<br />

Im professionellen elektronischen <strong>Sport</strong> mit seiner ausgeprägten<br />

Markt- und Medienorientierung finden sich im Gegensatz<br />

zum europäischen Modell des klassischen <strong>Sport</strong>s<br />

durchgängig Veranstalter, die als Kapitalgesellschaften<br />

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