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Jenaer Beiträge Nr. 15 - Sport Geschichte Jena

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zeigt vor allem im Beinbereich (Knie-, Hüft- und Sprunggelenk)<br />

deutliche Abweichungen von einem sinodialen<br />

Verlauf auf (Abb. 1a). Der Absolutwert der längenspezifischen<br />

Amplitude (Amplitude durch Gesamtkörperlänge L)<br />

zeigt ein von Null verschiedenes Minimum in der Schulterregion<br />

und wächst quadratisch anterior (Hand) und posterior<br />

(Hüfte, Knie, Sprunggelenk, Fuß) bis zu dem Wert<br />

0.23L an. Es gibt somit keinen Punkt, der keine vertikale<br />

Oszillation ausführt. Die Schlagfrequenz wächst signifikant<br />

mit der längenspezifischen Schwimmgeschwindigkeit und<br />

bezüglich der Wellengeschwindigkeit der Körperwelle an.<br />

Beide Probanden zeigen konsistent Strouhal-Zahlen zwischen<br />

0.8 und 1.0.<br />

Wirbelablösungen wurden hauptsächlich in der Region des<br />

Kopfes und vor allem in der Beinregion beobachtet, in der<br />

die größten Wirbelstärken auftreten.<br />

Diese Wirbelablösungen entstehen entweder an Ecken und<br />

Kanten wie dem Kopf oder besonders in Regionen hoher<br />

Winkelbeschleunigung an den Gelenken, z.B. dorsal vom<br />

Knie durch die Kniebeugung oder ventral vom Knie durch<br />

die Kniestreckung (Abb. 1b).<br />

Diskussion<br />

Die Studie zeigt zum einen die kinematischen Parameter<br />

sowie das Strömungsbild der menschlichen Unterwasser-<br />

Delphinbewegung. Obwohl der menschliche Körper weit<br />

entfernt vom flexiblen stromlinienförmigen Körperbau<br />

des Fischs ist und aufgrund der evolutionsbedingten anatomischen<br />

Limitation der Bewegung vor allem im Knie-,<br />

Hüft- und Sprunggelenk, versuchen Schwimmer erfolgreiche<br />

Strategien aus der Fischlokomotion zu kopieren.<br />

Überraschender Weise zeigt die Verteilung der Absolutwerte<br />

der Amplituden entlang des Körpers einen ähnlichen<br />

Verlauf zu dem, der bei Fischen beobachtet wurde (Bainbridge,<br />

1958; Liao, 2002). Dabei ist die Schlagamplitude<br />

für menschliche Schwimmer (in Übereinstimmung zu von<br />

Loebbecke et al., 2009) etwa ein Viertel der Gesamtkörperlänge<br />

analog zur Fischlokomotion (z.B. Bainbridge,<br />

1958).<br />

Die Strouhal-Zahlen der Schwimmer liegen im Bereich von<br />

0.76 bis 1.04 und sind somit deutlich über dem optimalen<br />

Bereich für effektives Schwimmen und Fliegen in der Tierwelt<br />

(Taylor et al., 2003; Triantafyllou and Triantafyllou,<br />

1995) und in Übereinstimmung mit den Ergebnissen von<br />

18<br />

Loebbecke et al. (2009, Bereich: 0.45 – 1.08). Die Unterschiede<br />

sind durch den unterschiedlichen Versuchsablauf<br />

bedingt. In der Studie von Loebbecke haben die Schwimmer<br />

durch das Abstoßen von der Wand höhere Schwimmgeschwindigkeiten<br />

im Vergleich zum hier gezeigten „freien<br />

Schwimmen“, bei der der Schub einzig durch die undulatorische<br />

Bewegung erzeugt wurde.<br />

Der menschliche Schwimmer zeigt ein höchst komplexes<br />

Strömungsbild. Bei allen Aufnahmen wurden Wirbelbildungen<br />

im Kopfbereich beobachtet. Numerische 2–D Strömungssimulationen<br />

(Zaïdi et al., 2008) zeigten, dass die<br />

Kopfposition einen deutlichen Einfluss auf die hydrodynamische<br />

Leistung besitzt und dadurch wesentlich die Strömung<br />

um den Schwimmer verändert wird.<br />

Da Wirbelbildung und Ablösung sind zu aller erst ein Energieverlust<br />

für das System (d.h. die Schwimmgeschwindig-<br />

Abbildung 1. a) Typischer Verlauf der Gelenkwinkel bzgl. der auf die Schlagperiode T normierten Zeit. b) Wirbelbildung im Beinbereich am<br />

Ende des Abschlags.<br />

keit nimmt ab), sollte diese vermieden werden. Wenn es<br />

jedoch unvermeidbar ist, dass sich Wirbel bilden und ablösen,<br />

dann sollte eine Strategie des Schwimmers sein, die<br />

Energie der Wirbel zur Erhöhung des Vortriebs wieder zu<br />

benutzen („vortex re-capturing”, Hochstein et. al, 2009).<br />

Alles in allem handelt es sich bei der menschlichen Unterwasser-Delphinbewegung<br />

um ein komplexes Zusammenspiel<br />

zwischen Wirbelbildung und Zerstörung. Nachfolgende<br />

Studien müssen klären inwieweit und vor allem<br />

wie der Schwimmer die Energie in der richtigen Art nutzen<br />

kann.<br />

Danksagung<br />

Die Autoren bedanken sich beim Institut für <strong>Sport</strong> und<br />

<strong>Sport</strong>wissenschaft der Universität Heidelberg für die Nutzung<br />

des Beckens sowie bei den Schwimmern für ihre Bereitschaft.<br />

Weiterhin bedanken wir uns bei Markus Buchner<br />

(Universität Heidelberg) und Hans-Wolfgang Döttling (OSP<br />

Rhein-Neckar) für Ihre Hilfe während der Experimente sowie<br />

bei Sebastian Kunze und Christoph Brücker (TU Freiberg)<br />

für die Hilfe bei der Auswertung der Strömungsbilder.<br />

Ohne Horst Bleckmann (Universität Bonn), Cam Tropea<br />

und David Rival (TU Darmstadt), die die Risiken der Bereitstellung<br />

des PIV-Systems auf sich genommen haben,<br />

wäre diese Untersuchung nicht möglich. Gefördert durch<br />

das DFG-Schwerpunkprogramm 1207: „Strömungsbeeinflussung<br />

in Natur und Technik“, BL 236/17-1.

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