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Genossenschaftsblatt 4/2010 - RWGV

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Erkenntnisse und Emotionen<br />

Fünfte Handelsblatt-Jahrestagung „Praxisforum Genossenschaftsbanken“ auf Schloss Bensberg<br />

Dr. Veit Luxem (Volksbank Erkelenz)<br />

Bensberg. „Volksbanken, Verbände, Bundesbank, SoFFin, Verbraucherzentrale,<br />

Deutscher Bundestag: Beim hochkarätigen<br />

Zusammentreff en unter dem eher nüchtern-handfesten Titel<br />

„Praxisforum Genossenschaftsbanken“ ging es bei der fünften<br />

Handelsblatt-Jahrestagung auf Schloss Bensberg in Bergisch-Gladbach<br />

durchaus emotional und grundsätzlich zu.<br />

Dr. Veit Luxem, Vorsitzender des Vorstands der Volksbank Erkelenz,<br />

verteidigte das Institutssicherungssystem der deutschen Genossenschaftsbanken.<br />

Mit Blick auf die geplante Bankenabgabe nahm er<br />

dabei die Politik in die Pfl icht zu diff erenzieren. Denn: Zu argumentieren,<br />

dass auch die Volksbanken und Raiff eisenbanken ein Interesse<br />

an der Rettung der systemrelevanten Banken haben müssten und<br />

es deshalb gerechtfertigt sei, sie an Rettungsfonds zu beteiligen, reiche<br />

bei Weitem nicht aus. Luxem wies vielmehr darauf hin, dass die<br />

gesamte Volkswirtschaft ein hohes Interesse an stabilen Finanzmärkten<br />

habe. Deshalb stelle sich nur die Alternative: Entweder allein<br />

die Verursacher der Krise zur Kasse zu bitten – oder gleich den<br />

Steuerzahler. Einer europaweiten Sicherungseinrichtung setzte Luxem<br />

ein selten beachtetes, gleichwohl schwergewichtiges Argument<br />

entgegen. Den gesamten genossenschaftlichen Verbund beschrieb<br />

er als ein System der gegenseitigen sozialen Kontrolle. Das stabilisiere<br />

und stärke die Verantwortungsstrukturen. Anders bei nationalen<br />

oder gar europäischen Bankenrettungsfonds: Gegenseitige soziale<br />

Kontrolle der Einzahler mit ihren disziplinierenden Mechanismen<br />

sind hier nicht vorgesehen.<br />

Also gleich alle Filialen schließen, Geldautomaten abbauen, nur<br />

noch im Internet präsent sein und möglichst vom Investment-Banking<br />

leben, statt mittelständischen Unternehmern Kredit zu verschaff<br />

en und Spareinlagen annehmen? Das empfahl Hans Pfeifer,<br />

Vorstandsvorsitzender des <strong>RWGV</strong>s – allerdings sehr ironisch. Untermauert<br />

mit konkreten Zahlen der Volksbanken und Raiff eisenbanken<br />

aus Rheinland und Westfalen konnte Pfeifer zeigen, dass ein<br />

Geschäftsmodell, das auf den genossenschaftlichen Werten der<br />

Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung fußt, erfolgreich<br />

ist. Die Menschen suchten Vertrauen und Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Eine aktuelle Bertelsmann-Studie bestätige, dass die<br />

Menschen diese Werte bei den Volksbanken und Raiff eisenbanken<br />

fi nden.<br />

Die schier ausweglos erscheinenden Widersprüche beim Wunsch<br />

nach optimalem Verbraucherschutz zeigte Dorothea Mohn, Referentin<br />

für Geldanlage und Altersvorsorge der Verbraucherzentrale<br />

Bundesverband, auf. Während Verbraucherschutz bisher vom rational<br />

entscheidenden Bürger ausgegangen sei, werde zunehmend<br />

deutlich, dass Verbraucher nur beschränkt rational handeln. Mohn<br />

forderte einen Rechtsrahmen, der eine hohe Beratungsqualität sichere.<br />

Dazu gehöre eine Regulierung der Beratung und Vermittlung,<br />

eine Standardisierung des Beratungsprozesses und der Dokumentation,<br />

ein Verbot von Vertriebsvorgaben in Banken und Finanzvertrieben<br />

sowie eine Beaufsichtigung der Verbraucherschutznormen<br />

durch die Finanzaufsicht und eine strikte Trennung von Provision<br />

und Beratung.<br />

Gegen eine „Sozialisierung der Beratung“ sprach sich Rainer Mellis,<br />

Vorstandsmitglied der Volksbank Düsseldorf Neuss aus. Er forderte,<br />

Diff erenzierungsmerkmale nicht zu nivellieren und nahm für die<br />

Genossenschaftsbanken die Qualitätsberatung als wesentliches Unterscheidungskriterium<br />

im Wettbewerb in Anspruch. Zugleich hielt<br />

Mellis den Institutionen des Verbraucherschutzes den Spiegel vor:<br />

Allzu oft gelte die Empfehlung etwa der Zeitschrift „Finanztest“ dem<br />

billigsten Anbieter. So seien Top-Notierungen der noa bank oder der<br />

isländischen Kaupthing Bank zustande gekommen.<br />

Den Fragen von Professor Dr. Andreas Pfi ngsten von der Westfälischen<br />

Wilhelms-Universität Münster und Robert Landgraf,<br />

Chefkorrespondent des Handelsblatts, stellten sich auch<br />

Dr. Michael Meister, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der<br />

CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sowie Vertreter weiterer Primärbanken,<br />

Verbände, der Aufsicht und staatlicher Institutionen.<br />

Th orsten Weiland<br />

Rainer Mellis<br />

(Volksbank<br />

Düsseldorf Neuss)<br />

GENOSSENSCHAFTSBLATT 4 | <strong>2010</strong> 31

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