Da war doch noch was – - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe
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<strong>Da</strong>s sind Menschen, die sich oft zurückgezogen haben in den Schutz vergangener<br />
Lebensabschnitte, glücklicherer Lebensabschnitte, Lebensabschnitte, in denen die Familie<br />
<strong>noch</strong> komplett <strong>war</strong>, in Zeiten, da sie sinnvolle Aufgaben hatten, in Zeiten, da das Leben <strong>noch</strong><br />
Sinn hatte. Menschen, die nun in einer Welt leben, die unzugänglich scheint für uns.<br />
Der bevorstehende Rollentausch <strong>–</strong> heute bin ich der Helfende, irgendwann einmal werde ich<br />
die Hilfe benötigen <strong>–</strong> dieser Rollentausch mag angesichts solcher Bilder besonders Angst<br />
einflößend sein. Wir bekommen Angst, dass auch wir einmal in die totale Isolation fallen<br />
könnten. <strong>Da</strong>ss die Türen zu unserer Person und Persönlichkeit einmal endgültig ins Schloss<br />
fallen könnten.<br />
Ich habe kein Patentrezept. Die Auseinandersetzung mit diesen Fragen <strong>–</strong> das ist wohl eine<br />
Lebensaufgabe für jeden von uns, eine Aufgabe, die man gar nicht früh genug in Angriff<br />
nehmen kann. Ich habe kein Patentrezept, aber ich halte uns diese Andacht aus den<br />
Erfahrungen heraus, die ich und andere in der Altenheimseelsorge machen. Erfahrungen mit<br />
alten Menschen, die Mut machen.<br />
Die religiöse Dimension, die Hoffnung auf ein geborgenes Leben im Hause des Herrn, ist bei<br />
diesen Menschen lebendig, auch oft lebendig in den Schlüsseltexten unseres Glaubens wie<br />
dem 23. Psalm: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“<br />
Viele demente Bewohnerinnen und Bewohner sprechen diesen Psalm von Anfang bis Ende<br />
auswendig mit. Dieser Psalm oder ein anderer hat sie begleitet, durch die finstern Täler des<br />
Krieges, der Nachkriegszeit, aber auch durch alle grünen Auen des Lebens: Familienglück,<br />
gemeinsamen Erlebnisse, Freude an Kindern und Enkelkindern.<br />
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.<br />
Solch ein Psalm <strong>–</strong> das erleben wir immer wieder, das ist ein Türöffner bei scheinbar<br />
verschlossenen Menschen. Diese Menschen wissen oft nach dem Gottesdienst nicht mehr,<br />
auf welchem Wohnbereich sie wohnen, aber sie bedanken sich für die „Seelenspeise“ <strong>–</strong> ein<br />
alter schöner Ausdruck <strong>–</strong> wie ich finde. Die Begegnung mit Gott i s t geschehen. Und das<br />
Vertrauen in ihn w u r d e erneuert:<br />
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,<br />
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.<br />
Ich werde b l e i b e n im Hause des Herrn. Nichts kann mich herausreißen aus den<br />
bergenden Mauern dieses Hauses, keine Krankheit, keine Demenz, nichts!<br />
Wie gesagt, so et<strong>was</strong> macht m i r Mut. Und Ihnen ja vielleicht auch!? Mut in Bezug auf das<br />
eigene Leben. Mut, dem eigenen Älterwerden zu begegnen. Und Mut zu sehen, <strong>was</strong> trotz<br />
allem <strong>noch</strong> an Leben da ist bei einem altersverwirrten Menschen, <strong>was</strong> da ist an Spiritualität,<br />
an Lebensfreude, an Erinnerung an alte Zeiten. Und das gibt dann auch Kraft, belasteten<br />
Angehörigen zu begegnen, sie zu ermuntern, ihr eigenes Leben nicht aus dem Blick zu<br />
verlieren <strong>–</strong> trotz aller Mühen der Pflege, trotz aller Abschiedsarbeit.