Calvin and Missions - World Evangelical Alliance
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56 <strong>Calvin</strong> <strong>and</strong> <strong>World</strong> Mission<br />
gleichsam Erläuterungen zu der in der Institutio niedergelegten Gesamtanschauung.<br />
Dass die Nähe des Weltendes den Tätigkeitsdrang der Christen hemmen<br />
solle, dafür findet sich hier nicht die geringste Spur, auch nicht dafür, dass<br />
nur die Obrigkeit für die Ausbreitung des Reiches Gottes zu sorgen habe.<br />
Sie hat in ihrem Teil mitzuhelfen; denn es ist die Aufgabe des irdischen<br />
Regiments, „die äußere Gottesverehrung zu erhalten und zu schützen, die<br />
gesunde Lehre der Frömmigkeit und den Wohlbest<strong>and</strong> der Kirche zu verteidigen“<br />
(Inst. IV,20,1-3). „Jeder gibt zu, dass kein Staat glücklich bestehen<br />
kann, der nicht zuerst für Frömmigkeit sorgt.“ „Gerade darum<br />
werden heilige Könige in der Schrift gelobt, weil sie den verderbten Gottesdienst<br />
gebessert und für einen reinen Zust<strong>and</strong> der Religion gesorgt haben.<br />
Darum ist es Torheit, der Obrigkeit die Fürsorge für die göttlichen<br />
Dinge abzusprechen und ihr nur die menschliche Rechtspflege zuzuweisen“<br />
(Inst. IV,20,9-13). Aber damit ist doch die Nächstenpflicht, die<br />
Gebetspflicht und die Pflicht der Bereitschaft, dem Rufe Gottes zu folgen,<br />
nicht ausgeschaltet.<br />
Die Betonung der Erwählungslehre führt bei Kalvin genau zu den entgegengesetzten<br />
Folgerungen, als es bei der orthodoxen Theologie der Fall<br />
zu sein scheint. Ich erinnere noch einmal an die Auslegung der zweiten<br />
Bitte und der Anrede des Vaterunsers: Bei unserem Gebet „wollen wir<br />
nicht einmal bloß an solche denken, die wir gegenwärtig als Christen kennen,<br />
sondern an alle Menschen auf der ganzen Erde; denn wir wissen nicht,<br />
was Gott über sie beschlossen hat“. Die Predigten erklären den Begriff<br />
„alle Menschen auf der ganzen Erde“ durch Ausdrücke wie: „Alle, das will<br />
nicht heißen, jeden für sich, sondern alle Staaten und Völker. … Wir dürfen<br />
also die Vatergüte nicht auf uns oder eine gewisse Anzahl Menschen<br />
beschränken“, ferner: „Gott hat nicht eine Menschenrasse erwählt, sondern<br />
die W<strong>and</strong> ist zerbrochen, so dass es heute weder Juden noch Griechen<br />
gibt.“ Folglich, „weil wir nicht wissen, wer zur Zahl der Auserwählten<br />
gehört oder nicht, müssen wir uns mit einem Sinn ausrüsten, der alle zur<br />
Seligkeit bringen will“. So werden gerade durch die Erwählungslehre die<br />
Christen zur höchsten Aktivität aufgerufen, weil sie wissen, dass Angehörige<br />
aller Rassen und Völker, Länder und Staaten zur ewigen Seligkeit<br />
bestimmt sind. Dass man sich nicht hinter den Vorw<strong>and</strong> einer allgemeinen<br />
christlichen Zeugnispflicht verkriechen kann und darf, geht aus all dem<br />
Angeführten klar hervor.<br />
10. Luther ist offenbar mehr in den mittelalterlichen Vorstellungen befangen;<br />
denn am Ende des Abschnittes „Von dem Glauben“ in seinem<br />
Großen Katechismus schreibt er: „Darum scheiden und sondern diese Arti-