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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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können wir ablesen, was ein hochherziges Ja bedeutet, ob es zu Ehe und<br />

Familie ist oder zu einem Leben nach den evangelischen Räten oder als<br />

Priester. Wer ein großes Ja sagt, muss den Mut haben, zu anderen Dingen,<br />

Aufgaben und auch zu wertvollen Menschen Nein zu sagen. Und umgekehrt<br />

darf der Mensch sich glücklich schätzen, der seine Lebensberufung entdeckt<br />

hat: Manches Nein wird klein, wenn man um jemanden weiß, zu dem man<br />

ganz Ja sagen kann. Welche Freiheit, welcher Schwung, welche Lebenskraft<br />

wird da in einem Menschen wach! In Maria haben wir ein treffliches Vorbild,<br />

auch zu schwierigen und unkonventionellen Entscheidungen zu stehen. Ihr<br />

Versprechen bei der Verkündigung hat sich nicht als vorlauter Versprecher<br />

entpuppt. Maria, wir beglückwünschen dich zu deinem beherzten Ja,<br />

und bitten dich um deine mütterliche Fürsprache, da<strong>mit</strong> auch wir den<br />

Entscheidungen zu unserer Berufung treu bleiben.<br />

Noch einer kommt hinzu, der meist im Hintergrund bleibt und dem die<br />

Kirche den Titel „Arbeiter“ gegeben hat. Es ist Josef, der Verlobte, der Maria<br />

nicht bloßstellen und sich deshalb im Stillen <strong>von</strong> ihr trennen wollte. Maria,<br />

wir beglückwünschen dich zu Josef, der deine außergewöhnliche<br />

Berufung <strong>mit</strong>getragen hat. Es ist schade, dass Josef meist nur als alter Mann<br />

dargestellt wird. Aber vielleicht war er ein junger Mensch, der <strong>von</strong> der Ehe<br />

<strong>mit</strong> Maria träumte. In einem modernen Lied über Josef heißt es: „Du wolltest<br />

weiter nichts, o nein, als <strong>mit</strong> Maria glücklich sein“. Wie hart mag es für Josef<br />

gewesen sein, die Vaterschaft an den Heiligen Geist „abtreten“ zu müssen!<br />

Selbst abnehmen, da<strong>mit</strong> ein anderer zunehmen darf: So könnte man die<br />

Biographie Josefs auf einen Nenner bringen. Von ihm überliefern uns die<br />

Evangelien kein einziges Wort. Seine Spuren verlaufen schließlich im Sand.<br />

Wenn Josef sein Evangelium geschrieben hätte, wenn es ein „Evangelium<br />

nach Josef“ gäbe, dann hätte es wohl das große Thema der Liebe: Liebe<br />

heißt, aus größter Nähe auch die Trennung und Distanz zuzulassen, um eines<br />

Größeren willen. Ohne Josef keine Gottesmutter, ohne Gottesmutter keinen<br />

menschlichen Erlöser. Wie gut, dass Josef für Maria das Hinterland geschaffen<br />

hat, vor dem sie ihre Berufung als Mutter Gottes und erste Jüngerin des Herrn<br />

leben konnte.<br />

Die Gestalt des Josef rückt uns näher als wir denken:<br />

- wenn Eltern ihren Einfluss auf ihre Kinder schwinden sehen;<br />

- wenn andere Menschen ins Leben eines Freundes treten und wir selbst<br />

uns in der Beziehung zurücknehmen müssen;<br />

- nicht zuletzt dann, wenn ein junger Mensch zu seinen Eltern und besten<br />

Freunden sagt: „Ich muss etwas anderes tun als ihr es euch <strong>von</strong> mir<br />

erwartet: Ich gehe ins Kloster oder werde Priester“.<br />

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