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Adventskalender 2013 mit Texten von Prälat Dr. Betram Meier

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(vgl. Lk 1,78). Maria ist eingestiegen in dieses Spiel der Liebe Gottes. Und<br />

sie hat dabei das Leben in Fülle gewonnen. Maria hat sogar <strong>mit</strong> dem Feuer<br />

gespielt, dem Feuer des Heiligen Geistes, der sie zur Mutter Gottes gemacht<br />

hat. Ich wünsche uns den Duft „life“, da<strong>mit</strong> wir keine Angst haben vor den<br />

Facetten des Lebens und unseren Part übernehmen im göttlichen Liebesspiel.<br />

Der dritte Duft, der geboten wird, heißt „heaven“: Himmel. Dass dieses<br />

modische Präparat, das erst kürzlich mein neugieriges Näschen anregte,<br />

ausgerechnet den Namen „heaven“ trägt, halte ich für mehr als einen<br />

Werbegag. Es geht um die Sehnsucht nach dem Himmel, die in jedem<br />

Menschen schlummert. Die Erde ist uns stets eine Nummer zu klein. Wir sind<br />

immer nach mehr aus als uns diese Erde, selbst die liebsten Menschen, bieten<br />

können. Eine Rechnung bleibt auf Erden immer offen, nämlich die Frage: Was<br />

kommt danach? Es ist die Frage nach dem Ernstfall des Advents: Der Herr<br />

„wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten.<br />

Seiner Herrschaft wird kein Ende sein“ (Nizäno-konstantinopolitanisches<br />

Glaubensbekenntnis). Nehmen wir dieses Credo ernst?<br />

Unser christlicher Glaube hat die Sehnsucht nach dem Himmel insofern<br />

beruhigt, als das Leben unter dem offenen Himmel stattfand. Das ganze<br />

Leben als Pilgerschaft war entworfen als Weg dem Himmel entgegen. Die<br />

Erde war der Raum, um sich diesen Weg zu bahnen. Eine solche Sicht des<br />

Lebens unter der Perspektive des Himmels wirkte entlastend, auch wenn<br />

sie in der Form der Vertröstung auf das Jenseits viele da<strong>von</strong> abhielt, die<br />

Verhältnisse auf Erden zu verändern.<br />

Aber ist nicht heute eher das Gegenteil unsere Gefahr? Bleibt nicht vielen<br />

<strong>von</strong> uns der Himmel verschlossen? Bedroht uns nicht eine fatale Vertröstung<br />

aufs Diesseits? Und ist Leben nicht vielfach der verbissene, aber letztlich<br />

vergebliche Versuch, den Himmel auf Erden zu erzwingen?<br />

Maria belehrt uns eines Besseren. Das Magnificat, das die Kirche <strong>mit</strong> ihr<br />

bis heute anstimmt, ist das Lied derer, die über die irdischen Verhältnisse<br />

hinausglauben in eine neue Erde und einen neuen Himmel, wo die Mächtigen<br />

vom Thron gestürzt und die Kleinen inthronisiert werden, wo die Reichen<br />

merken, wie arm sie eigentlich sind, und die Armen spüren, wie Gott sie<br />

stützt, hebt und schätzt.<br />

Gerade geistliche Menschen, die sich durch ihre Versprechen und Gelübde<br />

in Freiheit gebunden haben, stehen in der heiligen Pflicht, den Menschen den<br />

Himmel offen zu halten. Dankbar für diesen „himmlischen Pfortendienst“ auf<br />

Erden, wollen wir darum bitten, dass es in unserem Dunstkreis noch mehr<br />

nach „Himmel“ duftet, dass es uns gelingt, die alte christliche Lebenskultur<br />

zu pflegen: <strong>mit</strong> beiden Beinen und <strong>mit</strong> Freude auf der Erde stehen im Wissen<br />

darum, dass der Himmel offen ist.<br />

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