VISUBA Visualisierung von Entstehung und Entwicklung der - KIBB
VISUBA Visualisierung von Entstehung und Entwicklung der - KIBB
VISUBA Visualisierung von Entstehung und Entwicklung der - KIBB
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
ten bis zum ausgebildeten Feudalwesen <strong>der</strong> frühen Neuzeit. Am System <strong>der</strong> Berufsqualifikation<br />
än<strong>der</strong>t sich in diesem Zeitraum nichts Gr<strong>und</strong>legendes, nach wie vor wird die Szene vom<br />
Imitatio-Prinzip <strong>und</strong> einfacher mündlicher Überlieferung des Wissens beherrscht. Durch die<br />
geringe Produktivität bedingt, arbeitet eine Vielzahl an Arbeitskräften in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />
Die meist einfach auszuführenden, vielfach aufgesplitteten Tätigkeiten lassen eine tiefer gehende<br />
Ausbildung als nicht notwendig erscheinen, <strong>und</strong> die starre gesellschaftliche Glie<strong>der</strong>ung<br />
verhin<strong>der</strong>t geradezu, dass die Voraussetzungen zur Weiterentwicklung geschaffen werden.<br />
Daneben etabliert sich mit <strong>der</strong> Hausväterliteratur eine erste Form <strong>von</strong> schriftlicher Wissensvermittlung,<br />
zugänglich jedoch nur für die gebildete Schicht.<br />
In <strong>der</strong> Ausstellung müssen diese Teilkomponenten durch eine geeignete Präsentationsweise<br />
vermittelt werden:<br />
Ideal wäre wie<strong>der</strong>um eine lebensecht wirkende Inszenierung mit <strong>der</strong> Nachbildung eines Bauernhauses,<br />
das im Querschnitt zwei Räume aufweist. Im einen Raum befindet sich die Figur<br />
eines Gutsherrn in entsprechen<strong>der</strong> „luxuriöser“ Umgebung, beschäftigt mit <strong>der</strong> Lektüre eines<br />
Buches (Hausväterliteratur). Durch das Vorhandensein nur dieses einen Fachbuchs wird deutlich,<br />
dass das Wissen im Gegensatz zur Mo<strong>der</strong>ne (s. u.) praktisch in einem Buch gesammelt<br />
werden konnte. Die Vielzahl <strong>der</strong> Arbeitskräfte auf dem Gutshof wird durch eine Auflistung<br />
<strong>der</strong> Deputatsempfänger (Entlohnung in Naturalform) symbolisiert. Im angrenzenden Raum –<br />
als modellhaft skizziertes Stallgebäude gestaltet – wird durch eine einfache Tätigkeit <strong>der</strong> relativ<br />
geringe Anspruch an die Berufsausübung <strong>der</strong> „Facharbeiter“ (hier <strong>der</strong> Stallknecht) vermittelt.<br />
In Handarbeit ohne maschinelle Unterstützung kann sich <strong>der</strong> Besucher an einer „Modellkuh“<br />
im Melken üben. Die Darstellung des Imitatio-Prinzips wird um eine Reihe <strong>der</strong> so genannten<br />
„Bauernregeln“ bzw. Auszügen aus Büchern <strong>der</strong> Hausväterliteratur erweitert, die die<br />
mündliche Methode <strong>der</strong> Wissensvermittlung veranschaulichen.<br />
Neben <strong>der</strong> geringen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ung wird hier auch <strong>der</strong> zweite Hin<strong>der</strong>ungsgr<strong>und</strong><br />
für die <strong>Entstehung</strong> einer gezielten, systematisierten Berufsausbildung mit aufgenommen. Für<br />
die Verdeutlichung <strong>der</strong> Drei-Stände-Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong>en starrer Ordnung steht ein Schubkasten,<br />
dessen unterste Schublade den Bauern o<strong>der</strong> Landmann zeigt. Durch die Art <strong>der</strong> Inszenierung<br />
soll <strong>der</strong> Besucher quasi in die zwei entgegen gesetzten Welten „eintauchen“ können<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus durch die Eigenaktivität („Kuh-Melken“) einen zusätzlichen Motivationsanreiz<br />
erhalten.<br />
Baustein 3: Sozioökonomischer Wandel <strong>und</strong> Beginn <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
Bis zum 18./19. Jahrh<strong>und</strong>ert ist das Agrarsystem im Wesentlichen <strong>von</strong> konstanter Beharrungskraft<br />
auf dem Status quo gekennzeichnet. Ab diesem Zeitpunkt vollzieht sich dann ein<br />
gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>, erdrutschartiger Wandel, <strong>der</strong> sich bereits im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert anbahnt (Kameralismus).<br />
Nahezu 1000 Jahre <strong>der</strong> relativen Stagnation werden <strong>von</strong> einem Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Bewegung<br />
abgelöst, an <strong>der</strong>en Ende u. a. Bildungseinrichtungen in <strong>der</strong> Landwirtschaft entstehen.<br />
Das statische System mit dem „Schubladendenken“ <strong>der</strong> Ständegesellschaft wandelt sich mit<br />
einer in diesem Bereich nie zuvor gekannten Dynamik zum mo<strong>der</strong>nen Agrarsystem <strong>und</strong> seinem<br />
Ausbildungswesen.<br />
Baustein 3 zeigt diese Dynamik in einer Ursachen- <strong>und</strong> Wirkungskette auf. In einem ineinan<strong>der</strong><br />
greifenden Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Einflussfaktoren hat <strong>der</strong> Besucher die Möglichkeit, durch Drehen<br />
an den einzelnen Rä<strong>der</strong>n den Mechanismus in Gang zu setzen <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>en<br />
nachzuvollziehen. Das die <strong>Entwicklung</strong> lange Zeit hemmende Feudalsystem fungiert dabei als<br />
bremsen<strong>der</strong> Keil. Erst mit dem aktiven Lösen dieser Bremse lässt sich das Rä<strong>der</strong>werk in Bewegung<br />
setzen.<br />
19