VISUBA Visualisierung von Entstehung und Entwicklung der - KIBB
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STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄT<br />
UND BILDUNGSFORSCHUNG<br />
MÜNCHEN<br />
<strong>VISUBA</strong><br />
<strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />
Berufsausbildung in Deutschland –<br />
Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im<br />
Deutschen Museum München<br />
Materialband 2 zum BLK-Modellversuch<br />
München 2004
Erarbeitet im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />
Geför<strong>der</strong>t aus Mitteln<br />
• des B<strong>und</strong>esministeriums für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn<br />
• des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus, München<br />
• <strong>der</strong> Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />
Modellversuchsträger:<br />
Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung, München (ISB)<br />
Projektleitung: Arnulf Zöller, ISB<br />
Prof. Dr. Jürgen Teichmann, Deutsches Museum, München<br />
in Kooperation mit<br />
• Deutsches Museum München<br />
• Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />
Lenkungsteam<br />
Johann Bux, ISB<br />
Herbert Dandl, München<br />
Nicole Kühnholz-Wilhelm, Deutsches Museum<br />
Burkhard Küster, ISB<br />
Steuerungsgruppe/Wissenschaftliche Begleitung<br />
Thorsten Bauer, Kassel<br />
Dr. Bernhard Beckmann, Europäisches Bildungswerk für Beruf <strong>und</strong> Gesellschaft, Magdeburg<br />
Prof. Dr. Hanns-Peter Bruchhäuser, Universität Magdeburg<br />
Dr. Walter Demmel, München<br />
Dr. Georg Hanf, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />
Werner Heinrich, München<br />
Christian <strong>von</strong> Hoerner, Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />
Prof. Dr. Manfred Horlebein, Universität Frankfurt<br />
Prof. Dr. Martin Kipp, Universität Hamburg<br />
Marie-Luise Kraus, Augsburg<br />
Prof. Dr. Antonius Lipsmeier, Universität Karlsruhe<br />
Dr. Willi Maslankowski, Bonn<br />
Josef Moos, München<br />
Prof. Dr. Günter Pätzold, Universität Dortm<strong>und</strong><br />
Dr. Günter Ploghaus, B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn<br />
Gernot Raab, Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />
Helga Reuter-Kumpmann, München<br />
Martin Roos, München<br />
Christian Steibl, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />
Lothar Troll, Institut für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung, Nürnberg<br />
Norbert Wollschläger, European Centre for the Development of Vocational Training, Saloniki<br />
Beirat<br />
Dr. Josef Amann, Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer für München <strong>und</strong> Oberbayern<br />
Franz Edfel<strong>der</strong>, Bayerische Motorenwerke AG<br />
Christian Gohlisch <strong>und</strong> Michael Scholze, Handwerkskammer für München <strong>und</strong> Oberbayern<br />
Dr. Ferdinand Herget, Religionspädagogisches Zentrum in Bayern<br />
Prof. Dr. Gerhard Kilger, B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeitsschutz <strong>und</strong> Arbeitsmedizin<br />
Karl-Heinz Peters <strong>und</strong> Konrad Meierhofer, Siemens AG<br />
Herausgeber:<br />
Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />
Anschrift:<br />
Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />
Abteilung Berufliche Schulen<br />
Schellingstraße 155<br />
80797 München<br />
Tel.: 089 2170-2211<br />
Internet: www.isb.bayern.de
Inhaltsübersicht<br />
Inhaltsübersicht<br />
Seite<br />
Modellversuch <strong>VISUBA</strong> 1<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung 5<br />
Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz 16<br />
Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien 30<br />
Elektrotechnik: Energie 39<br />
Elektrotechnik: Telekommunikation 53<br />
Flugtechnik 67<br />
Metalltechnik: Fahrzeuge 79<br />
Metalltechnik: Fertigung 86
H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />
Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />
Die hier vorliegende Veröffentlichung ist Teilergebnis des BLK-Modellversuchs „<strong>VISUBA</strong>“<br />
(<strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland –<br />
Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im Deutschen Museum, München), <strong>der</strong> vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn, sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht<br />
<strong>und</strong> Kultus, München, geför<strong>der</strong>t wurde.<br />
Als Träger des Modellversuchs fungierte das Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />
(ISB), München, das hier in enger Kooperation mit dem Deutschen Museum, München,<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Landeshauptstadt München zusammenarbeitete.<br />
Da es „bisher in Deutschland keinen Ort gibt, an dem die Geschichte <strong>der</strong> deutschen Berufsausbildung<br />
in ihrer historisch-kulturellen Dimension <strong>und</strong> in anschaulicher Form dargestellt<br />
wird“, 1 galt es im Rahmen des Modellversuchs „<strong>VISUBA</strong>“, dieses Manko zu beheben<br />
<strong>und</strong> ein Konzept für eine Dauerausstellung im Deutschen Museum, München, zu erarbeiten.<br />
Zielvorstellung war dabei, die komplexe Struktur <strong>der</strong> beruflichen Bildung <strong>von</strong> ihren Ursprüngen<br />
bis hin zur Gegenwart zu erschließen <strong>und</strong> Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart <strong>der</strong> beruflichen<br />
Ausbildung museumsdidaktisch aufbereitet einem breiten Spektrum <strong>von</strong> Besuchergruppen<br />
zugänglich zu machen. Darüber hinaus war auch im Hinblick auf die gesamteuropäische <strong>Entwicklung</strong><br />
ein Ausblick auf mögliche Tendenzen <strong>und</strong> Anpassungsprozesse <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
zu geben. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> war gefor<strong>der</strong>t, ein Konzept für eine Ausstellung zu<br />
entwickeln <strong>und</strong> dieses Konzept in Form <strong>von</strong> ersten Pilotprojekten im Deutschen Museum,<br />
München, als Dauerausstellung zu implementieren.<br />
Es ist also ein Bogen zu spannen, <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>en <strong>von</strong> ihren Ursprüngen bis in die Gegenwart<br />
verdeutlicht <strong>und</strong> wichtige Stationen <strong>der</strong> Technik-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialgeschichte im<br />
Zusammenhang zwischen beruflichen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen aufgr<strong>und</strong> gesellschaftlicher<br />
Verän<strong>der</strong>ungen einerseits <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkungen auf Formen <strong>und</strong> Institutionalisierung<br />
<strong>der</strong> beruflichen Ausbildung an<strong>der</strong>erseits aufzeigt. Die Verflechtung zwischen technologischen<br />
Innovationen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaftsstruktur mit ihren Auswirkungen auf Arbeitsvorgänge,<br />
Ausbildungsinhalte <strong>und</strong> -formen sind dementsprechend ebenso aufzugreifen<br />
wie die Bereitstellung <strong>von</strong> Informationen über die Fülle an beruflichen Schularten sowie<br />
Fortbildungs- <strong>und</strong> Umschulungsmöglichkeiten. Darüber hinaus sind in <strong>der</strong> Ausstellung Konzeptionen<br />
<strong>und</strong> Denkmodelle für die Berufsausbildung wichtiger historischer Persönlichkeiten<br />
aufzunehmen, die mit ihren Ansätzen entscheidende Impulse zur Ausdifferenzierung <strong>und</strong> theoretischer<br />
F<strong>und</strong>ierung des beruflichen Schulwesens gaben.<br />
Im Einzelnen sind mit dem Zielanspruch folgende Teilaspekte verb<strong>und</strong>en:<br />
• „Die historische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland ist <strong>von</strong> ihren Anfängen<br />
bis in die Gegenwart aufzuzeigen.<br />
• Technologische Innovationen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf Arbeitsvorgänge, Berufsqualifikationen<br />
<strong>und</strong> Ausbildungsmethoden sind zu dokumentieren.<br />
• Die Ausstellung soll darüber hinaus über berufliche Schularten, Ausbildungsberufe, Fort-<br />
<strong>und</strong> Umschulungsmöglichkeiten informieren.<br />
• Ebenso sollen die Berufsbildungskonzeptionen wichtiger Persönlichkeiten vorgestellt<br />
werden <strong>und</strong> schließlich soll<br />
1 Vgl. Antrag des Staatsinstituts für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung, München, an die Geschäftsstelle <strong>der</strong><br />
B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Kommission für Bildungsplanung <strong>und</strong> Forschungsför<strong>der</strong>ung (München, 24.06.1999, unveröffentlicht)<br />
auf Gewährung einer Zuwendung aus B<strong>und</strong>esmitteln zur Durchführung des Vorhabens: „Kooperation in<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung – Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im Deutschen Museum München für eine <strong>Visualisierung</strong><br />
<strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> des dualen Systems.“ (<strong>VISUBA</strong>)<br />
1
H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />
• die Anpassung des beruflichen Bildungssystems an die Anfor<strong>der</strong>ungen eines zusammenwachsenden<br />
Europas anschaulich gemacht werden.“ 2<br />
Zielvorstellung des Modellversuchs ist somit – ausgehend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong> Genesen<br />
einzelner beruflicher Tätigkeiten – die Konzipierung eines mo<strong>der</strong>nen Ausstellungsdesigns<br />
unter Einbeziehung aller technisch-medialen <strong>Visualisierung</strong>smöglichkeiten. Die museumspädagogischen<br />
Überlegungen sind <strong>von</strong> <strong>der</strong> Idee geleitet, den möglichen Besuchergruppen einen<br />
breiten <strong>und</strong> in manchen Bereichen vertieften Überblick über die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
nicht nur in Form zweidimensionaler Exponate zu geben. Zudem sollen für die <strong>Visualisierung</strong><br />
auch attraktive <strong>und</strong> realisierbare Wege aufgezeigt werden, die durch gezielte Auswahl<br />
<strong>von</strong> Ausstellungsobjekten den Besuchern einen möglichst hohen Anteil an erlebnisorientierter<br />
Selbstaktivität ermöglichen.<br />
Die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs erfolgte durch eine Steuerungsgruppe,<br />
in <strong>der</strong> neben <strong>der</strong> Projektleitung <strong>und</strong> den För<strong>der</strong>ungsinstitutionen auch Vertreter verschiedener<br />
Hochschulen sowie b<strong>und</strong>esweit relevante berufliche Bildungseinrichtungen wie z. B. das<br />
B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung beteiligt sind. Darüber hinaus wurden für die inhaltliche<br />
Erarbeitung externe Mitarbeiter gewonnen, die die einzelnen ausgewählten Teilbereiche beruflicher<br />
Tätigkeiten zum Teil in Form <strong>von</strong> Dissertationen thematisch abdecken.<br />
Im Rahmen des Modellversuchs wurde ein Beirat gebildet. Aufgabe dieses Expertengremiums<br />
war es, sowohl Impulse für die Durchführung des Modellversuchs zu geben als auch zu<br />
einer möglichst breiten Resonanz <strong>und</strong> Akzeptanz quer durch gesellschaftliche Gruppierungen<br />
beizutragen <strong>und</strong> überregional über den Stand <strong>der</strong> Durchführung <strong>und</strong> die Ergebnisse zu informieren.<br />
Demzufolge setzte sich <strong>der</strong> Beirat aus Repräsentanten <strong>von</strong> Politik, Industrie <strong>und</strong><br />
Handwerk sowie einschlägigen öffentlich-rechtlichen Institutionen zusammen.<br />
Die Bildung <strong>von</strong> Arbeitsgruppen ermöglichte eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung mit<br />
zugeordneten Themenbereichen, wobei eine Arbeitsgruppe (AG 1) die <strong>Entwicklung</strong> des<br />
Rahmenkonzepts mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des dualen Systems, den Gr<strong>und</strong>prinzipien <strong>der</strong> Berufsausbildung,<br />
den Berufsbildungskonzeptionen berühmter Persönlichkeiten <strong>und</strong> mit einem<br />
generellen Überblick über den aktuellen Stand <strong>der</strong> Ausbildungsberufe zum Ziel hatte. In weiteren<br />
Arbeitsgruppen wurden Teilbereiche <strong>der</strong> Berufsbildungslandschaft in die Großbereiche<br />
Produktion, Information <strong>und</strong> Kommunikation (AG 2) sowie Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung (AG<br />
3) eingeteilt <strong>und</strong> hier<strong>von</strong> ausgehend spezifische berufliche Tätigkeitsfel<strong>der</strong> in ihrer historischen<br />
<strong>Entstehung</strong> im soziokulturellen Kontext untersucht.<br />
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die bearbeiteten Einzelthemen:<br />
2 Kraus, M.-L./Küster, B./Zöller, A. (2000): Berufsausbildung im Museum – Brückenschlag <strong>von</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
in die Zukunft. In: Falckenberg, D. u. a. (Hrsg.): SchulVerwaltung. Zeitschrift für SchulLeitung, Schul-<br />
Aufsicht <strong>und</strong> SchulKultur. Ausgabe für Bayern. SchVw BY Nr. 9/2000. Kronach, München, Bonn, Potsdam:<br />
Carl Link, S. 294<br />
2
H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />
Inhaltliche Gr<strong>und</strong>struktur <strong>der</strong> Ausstellung<br />
Ergänzung durch<br />
Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />
Museen/Institutionen<br />
Agrarwirtschaft<br />
<strong>und</strong><br />
Umweltschutz<br />
Metalltechnik:<br />
Fertigung<br />
Agrarwirtschaft Metalltechnik Luftfahrt Elektrotechnik<br />
Produktion<br />
3<br />
Kommunikation<br />
Druck <strong>und</strong><br />
Medien<br />
Dienstleistung<br />
Modul 3: Exemplarische <strong>Visualisierung</strong> einzelner Berufsbereiche<br />
Modul 1: Arbeit, Beruf, Lernen <strong>und</strong><br />
Bildung im gesellschaftlichen Wandel<br />
Der arbeitende <strong>und</strong><br />
lernende Mensch<br />
• Arbeit <strong>und</strong> Beruf im<br />
historischen Prozess<br />
• Arbeiten <strong>und</strong> Lernen<br />
im gesellschaftlichen<br />
Wandel<br />
Metalltechnik:<br />
Fahrzeuge<br />
Deutsches<br />
Flugtechnik<br />
Theorien u. Prinzipien<br />
beruflicher Bildung<br />
• Bedeutende Theoretiker<br />
<strong>der</strong> Bildung <strong>und</strong><br />
Berufsbildung<br />
• Ziele, Prinzipien u.<br />
Funktionen beruflicher<br />
Bildung<br />
Zentralbereich<br />
<strong>VISUBA</strong><br />
Museum<br />
Ergänzung durch<br />
Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />
Museen/Institutionen<br />
externe Dezentralisierung externe Dezentralisierung<br />
Elektrotechnik:<br />
Energie<br />
Elektrotechnik:<br />
Telekommunikation<br />
Wirtschaft<br />
Modul 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Struktur<br />
<strong>der</strong> Berufsbildung in Deutschland<br />
Strukturen Infosystem<br />
• Lehren <strong>und</strong> Lernen<br />
im Kontext <strong>von</strong><br />
Arbeit <strong>und</strong> Beruf<br />
• Aktuelle Strukturen<br />
beruflicher Bildung<br />
Zentrum Neue Technologien (ZNT)<br />
Drucktechnik<br />
<strong>und</strong><br />
Neue Medien<br />
• Berufsinformationssysteme<br />
<strong>und</strong> Datenbanken<br />
zur beruflichen<br />
Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
Verwaltung<br />
<strong>und</strong><br />
Handel<br />
Insellösungen in ausgewählten Abteilungen<br />
• gesellschaftliche Bewertung<br />
beruflicher Bildung<br />
• Internationalisierung<br />
beruflicher Bildung
H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />
Da die Ausstellung im Deutschen Museum realisiert werden soll, mussten dessen organisatorischen<br />
Strukturen <strong>und</strong> räumlichen Gegebenheiten bei <strong>der</strong> Konzeptionierung berücksichtigt<br />
werden:<br />
Für die geplante Ausstellung ist ein geschlossener Ausstellungsbereich vorgesehen, <strong>der</strong> in<br />
insgesamt sieben thematisch-chronologisch angeordneten Stationen die Historie <strong>der</strong> beruflichen<br />
Bildung mit Schwerpunkt dualem System, ihrer allgemeinen Strukturprinzipien, <strong>der</strong>en<br />
gesellschaftliche Verankerung, <strong>der</strong> Berufsbildungstheorie sowie dem Zusammenhang zwischen<br />
Arbeit-Beruf-Berufsausbildung veranschaulicht. Jede Station greift einzelne kennzeichnende<br />
Aspekte <strong>und</strong> Meilensteine aus den unterschiedlichen Epochen auf. Station 7 widmet<br />
sich beispielsweise den aktuellen Formen beruflicher Bildung <strong>und</strong> bietet über ein Berufsinformationssystem<br />
die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Vielfalt <strong>und</strong> über die breite<br />
Palette des deutschen Berufsbildungssystems zu schaffen.<br />
Eine zusätzliche Aktionsfläche steht darüber hinaus einzelnen Akteuren beruflicher Bildung<br />
als Bühne für wechselnde Veranstaltungen zur Verfügung.<br />
Das Gesamtkonzept sieht einen modularen Aufbau vor:<br />
Im geschlossenen Zentralbereich werden die gr<strong>und</strong>sätzlichen <strong>Entwicklung</strong>sstrukturen, die<br />
bildungstheoretischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>prinzipien beruflicher Bildung (Module 1<br />
<strong>und</strong> 2) skizziert. Die Betrachtung <strong>der</strong> Kategorien Arbeit <strong>und</strong> Beruf in historischer Dimension<br />
umschließt die Einbindung in die gesellschaftliche <strong>Entwicklung</strong>, die Darstellung <strong>der</strong> aktuellen<br />
Strukturen ermöglicht die Benutzung auch als Informationssystem über den Status quo <strong>der</strong><br />
Berufsausbildung. Innerhalb des Moduls 3 finden sich einzelne Berufsbereiche, exemplarisch<br />
ausgewählt nach den personellen Ressourcen des Modellversuchs. Angedacht ist eine konkrete<br />
räumliche Anbindung des Zentralbereichs <strong>VISUBA</strong> an die Abteilung „Zentrum Neue<br />
Technologien“ des Deutschen Museums. (siehe hierzu den Abschlussbericht zum Modellversuch).<br />
Ausstellungsflächen im Museum sind im Allgemeinen begrenzt. Dies bedeutet, dass die einzelnen<br />
Module keinesfalls erschöpfend visualisiert werden können. Da die erste Realisierung<br />
jedoch im Deutschen Museum in München erfolgt, ergibt sich für die einzelnen Berufsbereiche<br />
die Möglichkeit, an die dort bestehenden technisch-historischen Abteilungen anzuknüpfen.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung wird dadurch unmittelbar den entsprechenden technischen<br />
Exponaten zugeordnet, die reale Ausstellungsfläche erweitert sich um ein Vielfaches.<br />
Durch diese als Insellösungen titulierte Erweiterung ergibt sich ein <strong>Entwicklung</strong>spfad durch<br />
das Museum, zu dem <strong>der</strong> skizzierte, in sich abgegrenzte Zentralbereich auch als Eingangsportal<br />
in die Thematik fungiert.<br />
Zudem ist eine weiterführende Kooperation u. a. mit weiteren Institutionen, Museen <strong>und</strong> Ausstellungsorten<br />
ins Auge gefasst (externe Dezentralisierung). Die während <strong>der</strong> Konzeptionsphase<br />
notwendige Beschränkung auf exemplarisch ausgewählte berufliche Tätigkeitsbereiche<br />
soll auf diese Art im Anschluss an die Laufzeit des Modellversuchs sukzessive aufgehoben<br />
werden <strong>und</strong> die Ausstellung um die noch fehlenden Berufsbereiche bzw. Berufsfel<strong>der</strong> ergänzt<br />
werden. Durch Realisierung des Konzepts in Einzelteilen auch außerhalb des Deutschen Museums<br />
könnte sich somit ein b<strong>und</strong>esweites Netzwerk zur <strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> Geschichte <strong>und</strong><br />
Gegenwart <strong>der</strong> beruflichen Bildung ergeben.<br />
Der hier vorliegende Materialband 2 greift die Arbeitsergebnisse <strong>der</strong> AG 2 (Produktion) <strong>und</strong><br />
AG 3 (Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung), z. T. in verkürzten Fassungen, auf. Für die Bereiche Luftfahrtberufe,<br />
Metalltechnik: Fertigung sowie Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz liegen in geson<strong>der</strong>ten<br />
Veröffentlichungen die umfassenden Ausarbeitungen vor.<br />
Die einzelnen Beiträge liegen in Verantwortung <strong>der</strong> jeweiligen Autoren.<br />
4
H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
KONZEPTUALISIERUNG DES BEREICHS WIRTSCHAFT UND VERWALTUNG<br />
Teil A:<br />
Gestaltungsprinzipien<br />
Teil B:<br />
Epochen <strong>und</strong> Kriterien kaufmännischer Berufsbildung<br />
Teil C:<br />
<strong>Visualisierung</strong> epochenspezifischer Charakteristika<br />
Teil D:<br />
Literaturüberblick zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen<br />
Berufsbildung<br />
A. Gestaltungsprinzipien<br />
Auch für den Themenbereich Handel <strong>und</strong> Verwaltung gelten die Gestaltungsprinzipien, die<br />
im Arbeitspapier „Inhaltliche Gr<strong>und</strong>struktur <strong>der</strong> Ausstellung – Integration ins Deutsche Museum“<br />
vom 15.01.04 unter Glie<strong>der</strong>ungspunkt 3.2 aufgeführt sind. Diesen stellen wir, teils<br />
ergänzend, teils erläuternd, die Maximen zur Seite, die uns bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> unseres Konzepts<br />
geleitet haben.<br />
1. Wissenschaftlichkeit<br />
Danach orientiert sich unsere Konzeption am aktuellen Stand <strong>der</strong> Historischen Berufsbildungsforschung.<br />
Dies bedeutet, dass im kaufmännisch-verwaltenden Berufsfeld die über lange<br />
Jahre dominanten <strong>und</strong> regelmäßig herangezogenen, teilweise über einh<strong>und</strong>ert Jahre alten<br />
Forschungsresultate <strong>der</strong> sog. Historischen Schule in den Geisteswissenschaften (z. B. die Beiträge<br />
<strong>von</strong> Penndorf <strong>und</strong> Zieger) durch neuere Untersuchungen in den Hintergr<strong>und</strong> traten. Dabei<br />
handelt es sich sowohl um Monographien (z. B. Bruchhäuser 2004, 1989, Horlebein 1976,<br />
Zabeck 1964), Quelleneditionen (z. B. Bruchhäuser 1999, 1992, Bruchhäuser/Lipsmeier<br />
1985, Horlebein 1989, Pott 1977, Pott/Zabeck 2001) <strong>und</strong> Beiträge in Sammelwerken (z. B.<br />
Bruchhäuser 2004, Horlebein 1991, 1989, 1985). Diese Untersuchungen sind auf einzelne<br />
Epochen bezogen <strong>und</strong> erstrecken sich vom Mittelalter über Merkantilismus/Aufklärung, 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert bis in die Gegenwart. Aus ihnen leitet sich einmal die chronologische Glie<strong>der</strong>ung<br />
unseres Konzepts in die dort ausgewiesenen fünf Epochen her, zum an<strong>der</strong>en auch dessen thematische<br />
Akzentierung, die insofern neueren Erkenntnisperspektiven verpflichtet ist, als sie<br />
<strong>von</strong> sozialgeschichtlich motivierten Kategorien wie Mo<strong>der</strong>nisierung (Arbeitsteilung, Rationalisierung)<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlicher Wandel (Sozialer Kontext/Berufsethos) ausgeht. Ebenso berücksichtigt<br />
werden institutionelle Aspekte (Verschulung) <strong>und</strong> curriculare Gegebenheiten<br />
(Inhalte, Methoden, Medien) letztere allerdings verortet im Kontext <strong>der</strong> Curriculumtheorie.<br />
Nicht verschwiegen seien an dieser Stelle auch Forschungsdesi<strong>der</strong>ate, an denen unser Konzept<br />
seine Grenzen findet: Diese liegen in <strong>der</strong> teilweise noch unzureichenden regionalen Differenzierung<br />
<strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildungsgeschichte sowie einer bislang nur bedingt<br />
geleisteten Untersuchung wesentlicher realer Triebkräfte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufserzie-<br />
5
H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
hung, einzelner Teilepochen o<strong>der</strong> inhaltlicher Schwerpunkte. Gleichwohl können die vorliegenden<br />
Untersuchungsergebnisse als hinreichend für die Zwecke unseres Konzepts angesehen<br />
werden.<br />
Der im Prinzip <strong>der</strong> Wissenschaftlichkeit angelegte Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Wahrheit einerseits, die <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Präsentationsökonomie her gebotene Beschränkung an<strong>der</strong>erseits stellten uns zudem vor<br />
die Anfor<strong>der</strong>ung, dass die Bausteine unserer Konzeption repräsentativ sein müssen für gr<strong>und</strong>legende<br />
Sachverhalte <strong>und</strong> historische <strong>Entwicklung</strong>en.<br />
2. Adressatenorientierung<br />
Da sich <strong>der</strong> Frequentantenkreis <strong>der</strong> geplanten Ausstellung weniger aus Fachbesuchern rekrutieren<br />
wird <strong>und</strong> zu ihm insbeson<strong>der</strong>e Jugendliche zählen dürften, versuchen wir, wo wir dazu<br />
Möglichkeiten sehen, dem Prinzip <strong>der</strong> Besucheraktivität Rechnung zu tragen <strong>und</strong> den Museumsbesucher<br />
auch als aktiv Handelnden aufzufassen. Hieraus resultiert <strong>der</strong> Anspruch, in<br />
den Exponaten Tätigkeitsangeboten zu unterbreiten, um <strong>der</strong>en Eigenart <strong>und</strong> Funktion sinnlich<br />
wahrnehmbar werden zu lassen. Lernpsychologisch gesprochen, wird damit neben <strong>der</strong> kognitiven<br />
auch die psychomotorische <strong>und</strong> häufig ebenfalls die affektive Persönlichkeitsdimension<br />
angesprochen. Über einen <strong>der</strong>artigen musealen Erlebnisraum erschließt sich dem Besucher<br />
eine erhöhte Wahrnehmungsintensität: Objekt- <strong>und</strong> Funktionsspezifität kaufmännischer Berufstätigkeit<br />
werden interaktiv erfahrbar <strong>und</strong> damit die Möglichkeit eines Vergleichs mit den<br />
Gegebenheiten <strong>der</strong> Gegenwart verstärkt. Vor dem Kriterium <strong>der</strong> angestrebten Interaktivität<br />
<strong>von</strong> Ausstellungsexponaten, die allerdings an Grenzen stößt, unterscheiden wir zwischen Interaktionsmodulen<br />
einerseits, die dem Ausstellungsbesucher einen handelnden Umgang mit<br />
einzelnen präsentierten Gegenständen ermöglichen, sowie Präsentationsmodulen an<strong>der</strong>erseits,<br />
welche dieser Möglichkeit entbehren <strong>und</strong> sich auf reine Darstellungsfunktionen beschränken.<br />
In unserem <strong>Visualisierung</strong>svorschlag (Teil C) weisen wir beide Präsentationsmöglichkeiten<br />
separat aus.<br />
Da Informationsangebot wie Aktivitätsmöglichkeiten auch interessierten Laien zugänglich<br />
sein sollen, stellt sich für die Konzeptgestaltung die Aufgabe, die in den Exponaten vergegenständlichte<br />
Fachlichkeit gerade diesem Besucherkreis zugänglich zu machen, d. h. durchgängig<br />
das Prinzip <strong>der</strong> Fasslichkeit zu beachten. Deshalb sahen wir es als unsere Aufgabe<br />
an, die Objektaussagen unter Wahrung des oben angesprochenen Prinzips <strong>der</strong> Wissenschaftlichkeit<br />
auf eine auch jugendlichen Besuchern, insbeson<strong>der</strong>e Schülern, fassliche Ebene zu<br />
transformieren. Soweit die Ausstellungsobjekte das Angebot einer Besucheraktivität beinhalten,<br />
scheinen daher we<strong>der</strong> umfassen<strong>der</strong>e Tätigkeitszusammenhänge noch solche Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
sinnvoll zu sein, die bei Besuchern umfassende Fach- o<strong>der</strong> Funktionskenntnisse<br />
bzw. –fertigkeiten voraussetzen würden, wie dies z. B. bei Buchungsabläufen <strong>der</strong><br />
Fall wäre. Vielmehr bietet sich konzeptionell eine fragmentierte Gestaltung <strong>von</strong> Einzelobjekten<br />
bzw. –funktionen an, die auch Laien zugänglich bzw. <strong>von</strong> ihnen handhabbar sind.<br />
Während die bisher vorgetragene museale Vergegenständlichung <strong>von</strong> Bef<strong>und</strong>en <strong>der</strong> kaufmännischen<br />
Berufsbildungsgeschichte durch einzelne Exponate bzw. entsprechen<strong>der</strong> Arrangements<br />
bereits dem Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit weitergehend entspricht, erscheint konzeptionell<br />
die Differenzierung <strong>von</strong> Anschaulichkeitsgraden kaufmännisch-verwalten<strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />
zu gewerblich-technischer Arbeit relevant: Die vorwiegend wertbezogene kaufmännische<br />
Arbeit entbehrt weitgehend jener Veranschaulichungsmöglichkeiten, die im naturwissenschaftlichen<br />
Bezug handwerklich-gewerblicher Arbeit angelegt ist. Veranschaulichung im<br />
kaufmännisch-verwaltenden Berufsfeld ist vielmehr auf objektbezogene Präsentationen (z. B.<br />
Handelswaren, Büromaschinen) <strong>und</strong> die <strong>Visualisierung</strong>, möglicherweise Imitation <strong>und</strong> Animation<br />
<strong>von</strong> Wertorientierungen bzw. <strong>der</strong>en Symbolik (Kurstabellen <strong>und</strong> -graphiken) verwiesen.<br />
6
H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
3. Gestaltungsoffenheit<br />
Die oben angesprochene Differenzierung <strong>von</strong> Anschaulichkeitsgraden im Blick auf kaufmännische<br />
Berufstätigkeit einerseits <strong>und</strong> handwerklich-gewerbliche Berufsausübung an<strong>der</strong>erseits<br />
lässt sich auch mit Blick auf den Realisationsbereich <strong>der</strong> Ausstellung reflektieren. Das Deutsche<br />
Museum als (erster) Ausrichter <strong>der</strong> geplanten Ausstellung bietet ein ideales Potential an<br />
Exponaten für gewerblich-technische Berufe, eine vergleichbare Ausrichtung auf das kaufmännisch-verwaltende<br />
Berufsfeld ist indessen kaum gegeben. Jedoch bestehen Museen, wie<br />
das Museum für Arbeit in Hamburg o<strong>der</strong> das Museum für Arbeit <strong>und</strong> Technik in Mannheim,<br />
in denen eine explizite Berücksichtigung kaufmännisch-verwalten<strong>der</strong> Berufstätigkeit in einem<br />
größeren o<strong>der</strong> kleineren Umfang gegeben ist. Die dort bereits realisierten Gegebenheiten haben<br />
wir zur Kenntnis genommen <strong>und</strong> in unseren konzeptionellen Überlegungen mit berücksichtigt.<br />
Konkret bedeutet dies, dass wir über die im Deutschen Museum gegebenen Realisationsmöglichkeiten<br />
hinausgehen <strong>und</strong> weitergehende Vorschläge unterbreiten, die – wenn nicht<br />
jetzt – so bei den <strong>von</strong> Anfang an vorgesehenen Realisationen <strong>der</strong> Ausstellung an an<strong>der</strong>en Museen<br />
umgesetzt werden könnten. Gleichwohl haben wir bei <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> <strong>von</strong> uns erarbeiteten<br />
Ausstellungsmodule immer die uns bekannten o<strong>der</strong> vermuteten Möglichkeiten des<br />
Deutschen Museums mit gedacht <strong>und</strong> sehen diese bei zahlreichen unserer Vorschläge (z. B.<br />
Schreibgeräte, Münzgeld <strong>und</strong> Münzprägung, Telegraphie, Registrierkassen, Lochkartenverarbeitung,<br />
Scanner, Online-Börsenkontakte) als gegeben an.<br />
Gestaltungsoffenheit bedeutet im Hinblick auf die <strong>von</strong> uns vorgesehenen Präsentationsmodule<br />
jedoch noch mehr. Gemeint ist damit nicht nur die genannte Anschlussfähigkeit an die im<br />
F<strong>und</strong>us des DM vorhandenen Exponate, son<strong>der</strong>n ebenso Anschlussfähigkeit hinsichtlich <strong>der</strong><br />
weiteren Berufsfel<strong>der</strong> bzw. Themengebiete <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong>, was in <strong>der</strong> folgenden Synopse<br />
(Punkt B) durch das Ausweisen <strong>von</strong> Schnittstellen erfolgt, welche z. B. die Darstellung <strong>der</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Brücken- bzw. Hybridqualifikationen ermöglicht.<br />
Schließlich umgreift Gestaltungsoffenheit auch Flexibilität hinsichtlich des Austauschs, <strong>der</strong><br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Erweiterung <strong>von</strong> Präsentationsmodulen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ergänzung um weitere Einheiten.<br />
Damit wird den Erfor<strong>der</strong>nissen einer offenen <strong>und</strong> entwicklungsfähigen Konzeption<br />
entsprochen.<br />
7
Kriterium<br />
Epoche<br />
B. Epochen <strong>und</strong> Kriterien kaufmännischer Berufsausbildung<br />
Arbeitsteilung/<br />
Rationalisierung<br />
A<br />
Sozialer Kontext/Ethos<br />
B<br />
0. Hinweis auf Vorgeschichte (Orient, Antike; Kriterium: Sesshaftwerdung<br />
1. Mittelalter<br />
(bis ca. 1500)<br />
2. Merkantilismus/<br />
Aufklärung<br />
(bis ca. 1800)<br />
Erst Wan<strong>der</strong>handel,<br />
dann Sesshaftwerdung.<br />
Vorwiegend Warenhandel<br />
(regionale Differenzierung<br />
Ober-<br />
/Nie<strong>der</strong>deutschland)<br />
sowie Groß- <strong>und</strong> Kleinhandel<br />
– Etablierung<br />
<strong>der</strong> Sozialsphäre des<br />
Frühbürgertums (Patriziat)<br />
Fragmentiertes Fortbestehen<br />
<strong>von</strong> Groß- <strong>und</strong><br />
Einzelhandel mit ausgeprägtemRegionalbezug.<br />
Staatliche Merkantilpolitik/Gesamtwirtschaftliche<br />
Ratio des Denkens<br />
Männergesellschaft,<br />
moral. Ächtung des<br />
Kaufmanns durch die<br />
Kirche, soziale Ächtung<br />
durch den Feudalismus <br />
Männer-/Ständegesellschaft.Toleranzgebot<br />
gegen Min<strong>der</strong>heiten<br />
(Juden) Gesellschaftliche<br />
Akzeptanz kommerzieller<br />
Tätigkeit.<br />
Erste Ansätze zur literarischen<br />
Ausformung<br />
einer Kaufmannsmoral<br />
Verschulung<br />
C<br />
Lateinische <strong>und</strong><br />
Deutsche Schulen im<br />
Zuge <strong>von</strong> Sesshaftwerdung<br />
<strong>und</strong> Verstädterung.<br />
Schreib-<br />
<strong>und</strong> Rechenmeister<br />
Zusätzlich private<br />
Handelsschulgründungen<br />
<strong>von</strong> zumeist<br />
kurzer Lebensdauer<br />
Inhalte, Methoden,<br />
Medien<br />
D<br />
Fremde Sprachen, Warenkenntnis,Handelsusancen,<br />
Verhalten auf<br />
Reisen, Sozialverhalten,<br />
Rechnungstechnik, Lesen<br />
<strong>und</strong> Schreiben, entwickelte<br />
Rechnungstechnik<br />
(Doppik)<br />
Teilweise differenzierte<br />
Fortführung des vorigen<br />
Kanons im Rahmen <strong>der</strong><br />
ständischen Gesellschaft<br />
unter Einbezug <strong>von</strong> Religionsunterricht<br />
Schnittstelle<br />
Urproduktion, Handwerk<br />
(Absatzfunktion)<br />
Handwerk, Manufakturen
Kriterium<br />
Epoche<br />
3. Liberalismus/<br />
Industrialisierung<br />
(bis ca. 1920)<br />
4. Differenzierung/<br />
Institutionalisierung<br />
(bis ca. 1990)<br />
Arbeitsteilung/<br />
Rationalisierung<br />
A<br />
Überwindung <strong>der</strong> regionalen<br />
Geb<strong>und</strong>enheit<br />
<strong>und</strong> Entgrenzung tradierter<br />
Strukturen<br />
(Zollverein, Überseehandel)<br />
Beginnende<br />
Mechanisierung <strong>der</strong><br />
kfm. Berufstätigkeit<br />
(Schreib- u. Rechenmaschinen,Registrierkassen,Buchungsmaschinen)<br />
Weiter fortschreitende<br />
Internationalisierung,<br />
Industrialisierung <strong>und</strong><br />
Spezialisierung. Fortschritte<br />
in <strong>der</strong> Nachrichten-<br />
<strong>und</strong> Datentechnik<br />
(Hollerith-<br />
Maschinen) führen zur<br />
Beschleunigung <strong>der</strong><br />
Arbeitsabläufe wie des<br />
Waren- <strong>und</strong> Geldverkehrs<br />
<strong>und</strong> damit zur<br />
Intensivierung des Geschäftsbetriebes<br />
Sozialer Kontext/Ethos<br />
B<br />
Organisation des kfm.<br />
Personals in Berufsverbänden<br />
<strong>und</strong> Beginn <strong>der</strong><br />
Frauenerwerbstätigkeit<br />
(Verkäuferin, Kontoristin,<br />
Sekretärin) Mentale<br />
Aufstiegsorientiertheit<br />
<strong>und</strong> Identifikation mit<br />
dem Obrigkeitsstaat.<br />
Betonung einer kfm.<br />
Berufsmoral für die<br />
Ausbildung<br />
Etablierung <strong>und</strong> Akzeptanz<br />
<strong>der</strong> Frauenberufstätigkeit<br />
im kfm. Sektor<br />
mit Tendenz zu Hilfstätigkeiten<br />
(z. B. Bürogehilfin,<br />
Locherin, Prüferin)<br />
Zunehmende Nivellierung<br />
des Status <strong>von</strong><br />
Arbeitern <strong>und</strong> Angestellten.<br />
Zurücktreten<br />
<strong>der</strong> Fragen kfm. Berufsmoral<br />
Verschulung<br />
C<br />
Schaffung eines eigenständigen,<br />
in sich<br />
differenzierten kfm.<br />
Bildungswesen (<strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Fortbildungsschule<br />
über Handels- <strong>und</strong><br />
Höhere Handelsschule<br />
bis zu den Handelshochschulen)<br />
Kommunalisierung<br />
<strong>der</strong> Schulen, staatl.<br />
Schulaufsicht, umfassende<br />
Lehrplanwerke<br />
Professionalisierung<br />
<strong>und</strong> akad. Etablierung<br />
<strong>der</strong> Handelslehrer<br />
Inhalte, Methoden,<br />
Medien<br />
D<br />
Differenzierung <strong>der</strong> kfm.<br />
Inhalte nach Branchen,<br />
durchgängiger Praxisbezug<br />
<strong>der</strong> kfm. Inhalte,<br />
allgemeine Inhalte in<br />
kfm. Vollzeitschulen<br />
Diskussion um staatsbürgerliche<br />
Erziehung<br />
Vereinheitlichung <strong>der</strong><br />
Kanonisierung in Form<br />
<strong>von</strong> Unterrichtsfächern.<br />
Vorübergehende Indienstnahme<br />
durch totalitäre<br />
Systeme (N. S.,<br />
Kommunismus)<br />
Schnittstelle<br />
Industrie, Staatsbürgerliche<br />
Erziehung<br />
Schulorganisation,<br />
Ideologischer Einfluss,<br />
Industrie, Branchenspezifik(Flugzeugbau,<br />
Kfz.-<br />
Technik). Normierung<br />
<strong>und</strong> Effizienzsteigerung
Kriterium<br />
Epoche<br />
5. Globalisierung<br />
(ab ca. 1990)<br />
Arbeitsteilung/<br />
Rationalisierung<br />
A<br />
Auflösung (Entgrenzung)<br />
<strong>von</strong> Arbeitsteilung<br />
<strong>und</strong> tradierter<br />
Beruflichkeit, zunehmendeGanzheitlichkeit<br />
<strong>von</strong> Arbeitsvollzügen<br />
<strong>und</strong> Abstrahierung<br />
in „Geschäftsprozessen“Computerisierung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsabläufe<br />
Sozialer Kontext/Ethos<br />
B<br />
„Neue Selbständigkeit“,<br />
„Ich-AG“, Auflösung<br />
<strong>von</strong> Sozialbindungen<br />
durch gesteigerte Mobilität<br />
<strong>und</strong> Flexibilität.<br />
Berufsmoral versus Betriebsmoral<br />
Verschulung<br />
C<br />
Zusätzliche Verschulung<br />
im betrieblichen<br />
<strong>und</strong> überbetrieblichen<br />
Kontext; Autonomiezugeständnisse<br />
an<br />
berufliche Schulen bei<br />
Erweiterung des<br />
Aufgabenspektrums<br />
(„Kompetenzzentren“)<br />
Inhalte, Methoden,<br />
Medien<br />
D<br />
Auflösung tradierter<br />
Fächerstrukturen, Handlungsorientierung,<br />
Schlüsselqualifikationen,<br />
Computerunterstütztes<br />
Lernen, komplexe Lehr-<br />
Lern- Arrangements mit<br />
Praxissimulation<br />
Schnittstelle<br />
Geschäftsprozessorientierung,K<strong>und</strong>enorientierung,<br />
Lernfel<strong>der</strong>
Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
C. <strong>Visualisierung</strong> epochenspezifischer Charakteristika<br />
Die <strong>Visualisierung</strong>svorschläge sind nach den beiden Gruppen Präsentationsmodule <strong>und</strong> Interaktionsmodule<br />
geordnet. Der hinter jedem Modulvorschlag ausgewiesene Großbuchstabe bezeichnet<br />
zusammen mit <strong>der</strong> Epoche, welcher <strong>der</strong> Vorschlag zugeordnet ist, das Feld in übersicht<br />
B, au das er sich bezieht.<br />
1. Mittelalter (bis ca. 1500)<br />
a. Präsentationsmodule<br />
• Europakarte mit eingezeichneten typischen Routen des Wan<strong>der</strong>handels einschließlich <strong>der</strong><br />
Zielorte nie<strong>der</strong>deutscher (Hanse) <strong>und</strong> oberdeutscher Kaufleute (A)<br />
• Auszug mit den Lehrlingspassagen aus <strong>der</strong> Hofordnung des Hansekontors in Novgorod<br />
(A)<br />
• Aushängeschild eines Schreib- <strong>und</strong> Rechenmeisters (nach Original <strong>von</strong> H. Holbein) (C)<br />
• Statuten z. B. <strong>der</strong> Schreib- <strong>und</strong> Rechenmeister Nürnbergs (C)<br />
• Bildliche Darstellungen: Risiken des Handels <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lehre, z. B. Steinhausen, Georg:<br />
Graphik eines untergehenden Handelsschiffes gemeinsam mit dem Bericht über den Tod<br />
Novgoro<strong>der</strong> Kaufmannslehrlinge bei <strong>der</strong>en Rückkehr durch Havarie in <strong>der</strong> Ostsee, 1494<br />
(A)<br />
b. Interaktionsmodule<br />
• Warenproben typischer Handelswaren (Schmecken/ Riechen/ Fühlen durch Museumsbe<br />
sucher) (D)<br />
• Anhäufung <strong>von</strong> Schuhen zur Demonstration des Wan<strong>der</strong>handels via Schuhverbrauch eines<br />
Fernhändlerlebens (A)<br />
• Nachbau eines mittelalterlichen Handelsfuhrwerks (A)<br />
• Schrifttafeln <strong>und</strong> akustische Hörproben typischer kurzer Handelsklauseln in den wichtigs<br />
ten fremden Sprachen: Englisch/Russisch/Italienisch zum Identifizieren (Übersetzen) (D)<br />
• Abacus mit Additions- <strong>und</strong> Subtraktionsaufgaben sowie Lösungskontrolle (D)<br />
• Herrichten einer Schreibfe<strong>der</strong> aus Gänsekielen (D)<br />
• Anfertigen <strong>von</strong> Schreibproben nach Vorlage in Fraktur- (Sütterlin-) Schrift (D)<br />
• Nachbildung des Lübecker Kloakenf<strong>und</strong>es aus einer mittelalterlichen Schreibschule mit<br />
<strong>der</strong> Möglichkeit, das Schreiben auf einer Wachstafel auszuprobieren (D)<br />
• Medien kaufmännischer Lehrinhalte, z. B. Schreib-, Rechen- <strong>und</strong> Buchhaltungslehrbücher<br />
(D)<br />
• Rechenpfennige (Rechenmünzen mit Rechentuch o<strong>der</strong> Rechenbrett als Beispiel des<br />
„Rechnens auf <strong>der</strong> Linie“ im Vergleich mit dem Ziffernrechnen (latein. U. arab. Ziffern)<br />
(D)<br />
• Rechenbeispiele: Abschätzen des Volumens <strong>von</strong> Hohlmaßen/Rechnersiche Ermittlung<br />
durch „Visieren“, Abwiegen eines „Scheffels“, Experimente als Quiz (D)<br />
11
Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
2. Merkantilismus/Aufklärung (bis ca. 1800)<br />
a. Präsentationsmodule<br />
• Lehrverträge aus dem Bereich des Groß- <strong>und</strong> Fernhandels (A)<br />
• Deutschlandkarte mit Standorten kaufmännischer Schulen (C)<br />
• Schulvorschriften <strong>der</strong> älteren Magdeburger Handelsschule (C)<br />
• Werbeschriften kaufmännischer Schulen (z. B. Hamburgische Handelsakademie <strong>von</strong><br />
Büsch) (C)<br />
• Lehrpläne kaufmännischer Schulen im Vergleich (Hamburg/Magdeburg/Berlin) <strong>und</strong> ihrer<br />
<strong>Entwicklung</strong> (B)<br />
• Tugendkataloge für die Kaufmannsjugend (B)<br />
• Gegenüberstellung: Darstellung <strong>der</strong> Ausbildung in <strong>der</strong> Kaufmannspraxis (korporative Ra<br />
tio) vs. Nationalökonomischer Impetus (merkantile Ratio): Bildliche Präsentation einer<br />
Ausbildungsszene mit zeitgenössischem Mängelkatalog vs. Preuß. Verordnung zur Neu<br />
regelung eines kaufmännischen Berufes einschließlich <strong>der</strong>en Rücknahme als „Verwal<br />
tungsfehler“ nach Intervention <strong>der</strong> kaufmännischen Korporationen (A)<br />
• Darstellung eines Kontors mit Mitarbeitern/Lehrlingen in zeittypischer Kleidung (B)<br />
• Gegenüberstellung <strong>von</strong> Textzeugnissen des Philanthropismus (z. B. Villaume) mit denen<br />
des Neuhumanismus (z. B. Humboldt: Litauischer Schulplan) als Darstellung des pädago<br />
gischen Wirksamwerdens personaler Autonomie: Trennung einer Allgemeinbildung <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> Berufsbildung (B)<br />
• Graphische Darstellung des kaufmännischen Bildungswesens nach Marperger (C)<br />
b. Interaktionsmodule<br />
• Anschauungsobjekte des Unterrichts aus den Bereichen Warenk<strong>und</strong>e/Technologie (D)<br />
• Medien kaufmännischer Lehrinhalte: Schreib-, Rechen-, Buchhaltungsbücher, Lehrbücher<br />
<strong>der</strong> Handelsk<strong>und</strong>e (D)<br />
• Münzprägegerät zur Herstellung „zeitgenössischer“ Münzen (D)<br />
• „Siegelstation“: Siegeln <strong>von</strong> Briefen <strong>und</strong> Schriftstücken durch Museumsbesucher mit Hil<br />
fe <strong>von</strong> Petschaft <strong>und</strong> Siegellack. (D)<br />
• Inhalte (Waren, Fremde Sprachen, Rechnen, Schreiben) ggf. analog zum Mittelalter (D)<br />
3. Liberalismus/Industrialisierung (bis ca. 1920)<br />
a. Präsentationsmodule<br />
• Synopse <strong>von</strong> St<strong>und</strong>entafeln früher berufsbegleiten<strong>der</strong> Schulen (z. B. Gotha, Leipzig,<br />
Lüneburg, Stuttgart) (B)<br />
• Ansichten <strong>von</strong> Schulgebäuden <strong>und</strong> Schulräumen <strong>der</strong> Gothaer <strong>und</strong> Leipziger Lehrlings<br />
schulen (C)<br />
• Besucherzahlen <strong>der</strong> Lehrlingsabteilung <strong>der</strong> ÖHLA <strong>von</strong> 1831-1870 (als Graphik) (C)<br />
• Farbige Landkarte des Zollvereingebiets <strong>und</strong> des deutschen Eisenbahnnetzes um 1870 (A)<br />
• Anfangsbil<strong>der</strong> aus Wilhelm Busch „Fritze“ zur Verdeutlichung <strong>der</strong> Ladentisch- <strong>und</strong> Krä<br />
merperspektive (B)<br />
• Zusammensetzung <strong>der</strong> Leipziger „Kramerinnung“ (B)<br />
• Passagen aus Gründungsdokumenten zur Leitvorstellung eines Aufstiegs in <strong>der</strong> Folge<br />
Lehrling-Gehilfe-selbständiger Kaufmann (B)<br />
12
Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
• Passagen aus den Statuten <strong>der</strong> frühen berufsbegleitenden kaufmännischen Schulen, die<br />
den Schulbesuch durch ausschließlich männliche Jugendliche belegen (B/C)<br />
• Deutschlandkarte mit Standorten kaufmännischer Fortbildungsschulen um 1900 (mit<br />
Differenzierung nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> erteilten Unterrichtswochenst<strong>und</strong>en) (A)<br />
• Übersicht über die Gestaltung <strong>der</strong> industriellen Kaufmannsausbildung am Beispiel <strong>der</strong><br />
Berliner Firma Loewe (Selektion, Ausbildungspläne, Werkberufsschule) (D)<br />
• Schreibgeräte, Geschäftsbriefe <strong>und</strong> Geschäftsbücher (D)<br />
• Karte des deutschen Eisenbahnnetzes (A)<br />
• Typologie <strong>der</strong> Verkäuferin im Warenhaus (B)<br />
• Bil<strong>der</strong> bzw. Darstellungen <strong>der</strong> Arbeitssituationen <strong>von</strong> Verkäuferinnen um die<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertwende. (A)<br />
• „Musterkoffer“ eines Handlungsreisenden (A)<br />
c. Interaktionsmodule<br />
• Auszüge aus Reden bzw. Dokumenten zur Gründung Gothaer <strong>und</strong> Leipziger Schulen zur<br />
Illustration <strong>der</strong> Gründungsmotive (möglichst als abrufbares Tondokument) (C)<br />
• Verweis auf Exponate aus <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> Eisenbahn <strong>und</strong> <strong>der</strong> Dampfschifffahrt (A)<br />
• Fortbildungspläne für Verkäuferinnen (könnten als Simulationen gestaltet werden). (D)<br />
• Erste Schreib- <strong>und</strong> Rechenmaschinen sowie Registrierkassen (D)<br />
• Erste Telefonanlagen (D)<br />
• Alte Typenhebel – o<strong>der</strong> Spindel-Schreibmaschinen mit Schreibvorlagen (D)<br />
• Frühe manuelle Rechenmaschine mit Rechenaufgaben (D)<br />
• Rechenaufgaben mit englischen Maßen, Gewichten <strong>und</strong> Währungseinheiten als Beispiel<br />
<strong>der</strong> Internationalisierung (D)<br />
• Arnold Ulitz: Worbs. Die Erzählung ironisiert die Ängste <strong>und</strong> Vorbehalte eines Kauf<br />
manns, <strong>der</strong> wegen des Kriegsdienstes seiner männlichen Angestellten Frauen beschäftigt,<br />
gegen die er fachlich nichts einwenden kann. (Der Textausgang kann visuell, auditiv o<strong>der</strong><br />
auch als kleine Videosequenz angeboten werden) (B)<br />
• Fotos bzw. Nachbauten <strong>von</strong> Kontorarbeitsplätzen (Vorlagen aus Firmen- <strong>und</strong> staatlichen<br />
Archiven/Museen) sowie eines „Chefarbeitsplatzes“<br />
• Robert Walser: Ein Vormittag (in einem Schweizer Bankhaus). Diese Prosaskizze, die<br />
1907 im Simplizissmus veröffentlicht wurde, demonstriert die Abhängigkeit <strong>und</strong> auch<br />
Langeweile eng begrenzter Kontortätigkeit. Könnte ebenfalls auditiv o<strong>der</strong> als Spielszene<br />
angeboten werden<br />
4. Differenzierung/Institutionalisierung/Konsolidierung (bis ca. 1990)<br />
a. Präsentationsmodule<br />
• Dokumentation bzw. Präsentation erster amtlicher Berufsbil<strong>der</strong>, Ausbildungspläne <strong>und</strong><br />
Lehrpläne <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit angesprochenen Tätigkeiten <strong>und</strong> Arbeitsmittel (D)<br />
• Beispiele zur Berufsschulorganisation (Fachklassenglie<strong>der</strong>ung) (C)<br />
• Lehrpläne <strong>der</strong> ersten Wirtschaftsoberschulen (1925) (D)<br />
• <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Teilnehmerzahlen an Kaufmannsgehilfenprüfungen (als Graphik) (B)<br />
• Ideologieträchtige Auszüge aus während <strong>der</strong> NS-Ära benutzten kaufmännischen<br />
Unterrichtswerken (D)<br />
• Dokumentation gestufter Ausbildung (z. B. Verkäufer(in)/Einzelhandelskaufmann/-frau)<br />
(D)<br />
13
Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
• Dokumentation <strong>von</strong> EDV-Fortbildungslehrgängen <strong>und</strong> <strong>der</strong> entsprechenden EDV-Inhalte<br />
(C)<br />
• Inhaltlicher Vergleich <strong>der</strong> Kurzausbildungsgänge mit den entsprechenden „Vollausbil<br />
dungen“ (B)<br />
• Graphische Darstellung <strong>der</strong> Geschlechterrelationen in den kaufmännischen „Mädchenberufen“<br />
(B)<br />
• Berufsbiographien weiblicher Berufstätiger (z. B. Mela Hartwig: Bin ich ein überflüssiger<br />
Mensch?) (B)<br />
b. Interaktionsmodule<br />
• Auszüge (am besten auditiv) aus Siegfried Kracauers Angestelltenreportagen <strong>von</strong> 1930<br />
(B)<br />
• Aufgaben aus Kaufmannsgehilfenprüfungen <strong>und</strong> Reichsberufswettkampf (D)<br />
• Typologie des diktierenden Chefs. Auszug aus Martin Kessels Angestelltenroman „Herrn<br />
Brechers Fiasko“ (vermittelt auch einen Eindruck vom inzwischen vorhandenen Selbstbewusstsein<br />
<strong>von</strong> Sekretärinnen). (B)<br />
• Abbildung bzw. Realisation <strong>der</strong> Arbeitsplatzkombination Chef/Sekretärin bzw. Sachbearbeiter/Sekretärin<br />
bzw. Kontoristin (B)<br />
• Skizze bzw. Nachstellung <strong>von</strong> Sachbearbeitertätigkeiten/-arbeitsplätzen (z. B. Einkäufer/Disponent,<br />
Sachbearbeiter für innerbetriebliches Transportwesen) (A)<br />
• Nachbildung früher EDV-Arbeitsplätze (D)<br />
• Erstellung <strong>von</strong> Lochkarten<br />
5. Globalisierung (ab ca. 1990)<br />
a. Präsentationsmodule<br />
Gegenüberstellung <strong>von</strong> Landkarten (mit Handelsrouten, Außenhandelsverbindungen) <strong>und</strong><br />
Globus (mit vernetzten Wirtschaftsbeziehungen) zur Veranschaulichung <strong>der</strong> Globalisierung<br />
b. Interaktionsmodule<br />
• Darstellung typischer Arbeits- bzw. Ausbildungssituationen in neuen Ausbildungsberufen<br />
(z. B. Automobilkaufmann) (A)<br />
• Videosequenzen aus „komplexen Lehr-Lern-Arrangements“ (evtl. in Abgrenzung zu den<br />
früheren „Kontorübungen“). (A)<br />
• Beispiel für Interneteinbezug in den Unterricht <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsschule (z. B.<br />
Absatz/Marketing) (D)<br />
• Videosequenzen zur Praktizierung sozialer Kompetenz (z. B. k<strong>und</strong>enorientierte<br />
Beratungsgespräche) (D)<br />
• Nachbau eines Scannerkassenarbeitsplatzes (D)<br />
• Berufsbiographisches Skizzen (als Hörsequenz) z. B. analog zu den Beispielen aus R.<br />
Sennetts Buch „Der flexible Mensch“ (B)<br />
• Online-Kontakt zur Börse New York, Spekulationsmöglichkeit anhand <strong>der</strong> Kurve zehn<br />
ausgewählter „blue-chip“-Unternehmen: vielleicht Gewinn/Verlustdarstellung in<br />
vorgegebenem Zeitrahmen (D)<br />
14
Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />
D. Literaturüberblick zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung<br />
Bruchhäuser, H.-P.: Handelsschulen in Preußen – kaufmännische Schulplanungen <strong>und</strong> Schulgründungen<br />
unter <strong>der</strong> Administration des Oberschulkollegiums (1787-1806). 2 Bd. Oldenburg<br />
2004<br />
Bruchhäuser, H.-P.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur kaufmännischen Berufsbildung im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Köln/Weimar/Wien 1999<br />
Bruchhäuser, H.-P.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur Berufsbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter<br />
<strong>und</strong> in <strong>der</strong> frühen Neuzeit. Köln/Weimar/Wien 1992<br />
Bruchhäuser, H.-P.: Kaufmannsbildung im Mittelalter. Köln 1989<br />
Bruchhäuser, H.-P. u. Lipsmeier, A. (Hrsg.): Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur schulischen Berufsbildung.<br />
Köln/Wien 1985<br />
Horlebein, M.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung.<br />
(1818-1984) Köln/Wien 1988<br />
Horlebein, M.: Überblick über die Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung in Deutschland.<br />
In: Berke, R. et al. (Hrsg.): Handbuch für das kaufmännische Bildungswesen. Darmstadt<br />
1985, S. 22-44<br />
Horlebein, M.: Die berufsbegleitenden kaufmännischen Schulen in Deutschland (1800-1945).<br />
Frankfurt/Main 1976<br />
Pott, K.-F. (Hrsg.): Über kaufmännische Erziehung. Ein Quellen- <strong>und</strong> Lesebuch mit Texten<br />
aus Zeitschriften, Broschüren <strong>und</strong> (Lehr-) Büchern des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Rinteln 1977<br />
Pott, K.-F./Zabeck, J. (Hrsg.): Johann Georg Büsch. Die Hamburgische Handlungsakademie.<br />
Pa<strong>der</strong>born 2001<br />
Strohmeyer, Klaus: Das Warenhaus. Berlin 1980<br />
Zabeck, J.: Johann Georg Büsch. Ein Beitrag zur Geschichte <strong>und</strong> zur Methodologie <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftspädagogik. Diss. Hamburg 1964<br />
Zipperlen, K.: Der Deutsche Verband für das kaufmännische Bildungswesen (1895-1937).<br />
Diss. Erlangen-Nürnberg 1987<br />
15
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Inhaltsübersicht<br />
1 Vorüberlegungen für die museumstechnische Realisierung<br />
2 Ausstellungskonzept<br />
2.1 Station 1: Köter, Magister pomi <strong>und</strong> Landwirt<br />
2.2 Station 2: Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
2.3 Station 3: Institutionalisierung <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
2.4 Station 4: Berufe im Bereich des Umweltschutzes<br />
1 Vorüberlegungen für die museumstechnische Realisierung<br />
Das vorliegende Konzept schlägt für den Teilbereich Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz die<br />
<strong>Visualisierung</strong> anhand einzelner Stationen vor. Diese Stationen bieten eine historische Entdeckungsreise<br />
durch die <strong>Entwicklung</strong> des Bildungssystems im Bereich Agrarwirtschaft als geschlossenes<br />
Ausstellungskonzept. Sie können jedoch auch unabhängig <strong>von</strong>einan<strong>der</strong> platziert<br />
werden <strong>und</strong> tragen somit <strong>der</strong> räumlichen Anordnung in Form <strong>der</strong> Insellösungen o<strong>der</strong> des<br />
Zentralbereichs <strong>VISUBA</strong> im Deutschen Museum Rechnung. Die Vorschläge umfassen jeweils<br />
Ideen für eine relativ aufwändige Realisierung, bieten aber auch die Möglichkeit einer<br />
reduzierten, vereinfachten Umsetzung.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beschränkten Ausstellungsfläche kann <strong>der</strong> komplexe <strong>Entwicklung</strong>sgang nicht<br />
erschöpfend nachvollzogen werden. Dies bedeutet, dass aus den vorhandenen, an sich fachlich<br />
notwendigen Einzelbausteinen zusätzlich eine exemplarische Auswahl <strong>und</strong> didaktische<br />
Reduktion mit allen darin liegenden Beschränkungen notwendig ist. Die vorgeschlagenen<br />
Stationen konzentrieren sich in Anzahl <strong>und</strong> Umfang auf nur wenige, beson<strong>der</strong>s kennzeichnende<br />
Meilensteine o<strong>der</strong> auf szenarische Momentaufnahmen aus den einzelnen Epochen.<br />
Die folgende Skizzierung <strong>der</strong> Stationen in Kurzfassung beschränkt sich im Wesentlichen auf<br />
die Vorschläge zur <strong>Visualisierung</strong>, <strong>der</strong> zugr<strong>und</strong>e liegende fachwissenschaftliche Hintergr<strong>und</strong><br />
ist im Teilband Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz dargelegt.<br />
Die Vorschläge für die einzelnen Stationen orientieren sich zum einen am historischen Verlauf<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> an den in <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft üblichen Periodisierungen.<br />
Der Besucher kann damit beim Betrachten/Miterleben den <strong>Entwicklung</strong>sgang im Bereich<br />
<strong>der</strong> Agrarwirtschaft in <strong>der</strong> zeitlichen Einordnung nachvollziehen. Zum großen Teil werden<br />
innerhalb <strong>der</strong> Stationen jedoch auch Brücken zur Mo<strong>der</strong>ne geschlagen, die neben dem methodischen<br />
Aspekt (Erzielung eines Spannungsbogens durch konträre Gegenüberstellung) den<br />
gesellschaftlich bedingten Wandel <strong>der</strong> Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung deutlich machen.<br />
Zum an<strong>der</strong>en beschränkt sich – auch aus gestalterischen Überlegungen heraus – jede Station<br />
auf jeweils eine thematische Kernaussage. Über die Ausbildungsgeschichte hinaus soll damit<br />
jeweils eine prägende Konstante in <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Berufe wie z. B. <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen<br />
Wissensakkumulation, Berufsgenese <strong>und</strong> Ausbildungsordnung verdeutlicht werden.<br />
Für die Stationen (S) ergibt sich folgende Struktur:<br />
S 1 zeigt die Genealogie <strong>der</strong> Berufe, Fachrichtungen, Spezialisierungen <strong>und</strong> Tätigkeiten <strong>und</strong><br />
vermittelt einen Eindruck <strong>von</strong> <strong>der</strong> historischen <strong>und</strong> aktuellen Vielfalt agrarwirtschaftlicher<br />
Tätigkeiten.<br />
S 2 erklärt den Zusammenhang zwischen Wissensakkumulation, Spezialistentum <strong>und</strong> notwendiger<br />
Berufsausbildung.<br />
Station 3 geht <strong>der</strong> Frage nach, wie die Ausbildung in den verschiedenen Epochen organisiert<br />
war <strong>und</strong> wie Qualifikationen vermittelt wurden <strong>und</strong> werden.<br />
S 4 zeigt am Beispiel <strong>der</strong> Berufe im Bereich des Umweltschutzes, vor welchem soziokulturellen<br />
Hintergr<strong>und</strong> Berufe <strong>und</strong> die zugehörende Berufsausbildung entstehen.<br />
16
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
2 Ausstellungskonzept<br />
2.1 Station 1: Köter, Magister pomi <strong>und</strong> Landwirt<br />
S 1 gibt einen Überblick über die meist nicht explizit wahrgenommene Vielfalt <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen<br />
Berufe <strong>und</strong> beruflichen Tätigkeiten <strong>und</strong> zeigt den <strong>Entwicklung</strong>sgang <strong>der</strong> Berufsbezeichnungen<br />
als Stammbaum o<strong>der</strong> Ahnentafel.<br />
In <strong>der</strong> Vergangenheit war dieser Ausbildungsbereich gekennzeichnet durch eine Fülle an beruflichen<br />
<strong>Entwicklung</strong>slinien, die zum Teil durchgehend mit sich ständig verän<strong>der</strong>nden Berufsprofilen<br />
(z. B. Landwirt/Bauer) verliefen o<strong>der</strong> als Sackgassen <strong>der</strong> Berufsgeschichte endeten<br />
(z. B. Köhler). Vom Erstberuf Pflanzenproduzent <strong>und</strong> Tierhalter spalteten sich im Zuge<br />
<strong>der</strong> Arbeitsteilung einzelne Teilbereiche ab, vor allem in <strong>der</strong> Feudalwirtschaft ergibt sich eine<br />
verwirrende Anzahl unterschiedlichster Bezeichnungen, die den sozialen Status o<strong>der</strong> den Besitzstand<br />
ausdrücken.<br />
S 1 soll den Besucher dieses Labyrinth an ausgestorbenen Berufen, durchgehenden Strängen<br />
<strong>und</strong> Seitenlinien als Verlaufsbaum nacherleben lassen. Zugleich wird in den einzelnen Epochen<br />
<strong>der</strong> jeweilige soziokulturelle Hintergr<strong>und</strong> erläutert <strong>und</strong> die Genese <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
in den Gr<strong>und</strong>zügen dargestellt, soweit dies nicht in die nachfolgenden Stationen mit eingeht.<br />
Daraus ergibt sich die Kernaussage <strong>der</strong> Station 1:<br />
Die Berufsgeschichte im Bereich Agrarwirtschaft ist vielgestaltig <strong>und</strong> <strong>von</strong> einer zum<br />
Teil verwirrenden Vielfalt an Tätigkeitsbezeichnungen durchzogen.<br />
Da diese Station als erstes Pilotprojekt im Deutschen Museum bereits realisiert wurde, wird<br />
sie im Abschlussbericht des Modellversuchs eingehend dargestellt.<br />
2.2 Station 2: Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
Im Zentrum <strong>der</strong> Station 2 (S 2) steht zum einen die Erkenntnis, dass Wissen <strong>und</strong> die Weitergabe<br />
des Wissens schon immer notwendig waren, um in <strong>der</strong> produzierenden Wirtschaftsweise<br />
planvoll <strong>und</strong> zielgerichtet tierische sowie pflanzliche Nahrungsmittel zu erzeugen. Dennoch<br />
entstehen reglementierte, in das staatliche Schulsystem eingeglie<strong>der</strong>te Ausbildungsformen im<br />
Bereich <strong>der</strong> Agrarwirtschaft erst im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Daraus ergibt sich zum an<strong>der</strong>en die Frage,<br />
wie in den vorangegangenen Jahrh<strong>und</strong>erten berufliche Qualifikation erfolgte <strong>und</strong> warum<br />
sich gerade in diesem Zeitraum fachlich orientierte Bildungsmöglichkeiten etablieren konnten.<br />
Die Basis hierfür lieferten entscheidende Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Agrar- <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />
Deutschlands, die mit dem Übergang vom Agrar- zum Industriestaat, mit <strong>der</strong> Auflösung des<br />
Feudalsystems <strong>und</strong> dem daraus resultierenden Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an berufliche Tätigkeiten<br />
charakterisiert werden können.<br />
S 2 soll dem Besucher diese Zusammenhänge verdeutlichen <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e offen legen,<br />
dass die Akkumulation <strong>der</strong> zur Berufsausübung notwendigen Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />
eine umfassende Ausbildung erfor<strong>der</strong>t. Den Schwerpunkt <strong>der</strong> Darstellung bilden dabei die<br />
<strong>Entwicklung</strong>en in <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> im Gartenbau, wobei auch hier wie<strong>der</strong>um die Maxime<br />
<strong>der</strong> exemplarischen Auswahl zu beachten ist.<br />
Als Kernaussage <strong>der</strong> S 2 lässt sich somit explizieren:<br />
Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Wissensakkumulation ergeben sich im sozio-kulturellen<br />
Spannungsfeld höhere berufliche Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen, die eine zielgerichtete<br />
Ausbildung erfor<strong>der</strong>n.<br />
17
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
2.2.1 <strong>Visualisierung</strong><br />
Die Station setzt sich aus insgesamt fünf Bausteinen zusammen.<br />
Im ersten Teil steht das zur Berufsausübung in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft notwendige Wissen im<br />
Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Hierbei soll gezeigt werden, dass zur Bewältigung <strong>der</strong> Hauptaufgabe, <strong>der</strong> Nahrungsmittelproduktion,<br />
<strong>von</strong> Beginn an sowohl bestimmte Kenntnisse als auch die Beherrschung<br />
<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Arbeitsschritte notwendig waren. Im Unterschied zur vor <strong>der</strong> neolithischen<br />
Revolution vorherrschenden aneignenden Ernährungsform verlangt die gezielte<br />
Produktion eine geplante, auf die Zukunft gerichtete Arbeitsweise – ohne die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
unmittelbaren Erfahrung des Ergebnisses <strong>der</strong> eigenen Tätigkeit. Das bedeutet, dass in <strong>der</strong><br />
Vorstellungswelt des Menschen das Resultat seiner Arbeit bereits vorhanden sein muss.<br />
Baustein 2 zeigt, dass die Qualifikationsvermittlung über einen langen Zeitraum hinweg vornehmlich<br />
über das Imitatio-Prinzip erfolgte, <strong>und</strong> legt die Hintergründe hierfür offen.<br />
Baustein 3 macht deutlich, dass sich durch den tief greifenden Wandlungsprozess im 18./19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert Notwendigkeit, Voraussetzungen <strong>und</strong> Möglichkeiten für eine gezielte Qualifizierung<br />
ergaben, <strong>und</strong> markiert somit den Beginn <strong>der</strong> institutionalisierten Berufsausbildung in <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft.<br />
Durch einen „Zeitsprung“ in den aktuellen Stand im Rahmen des Bausteins 4 soll deutlich<br />
werden, dass verän<strong>der</strong>te Ansprüche an die Berufe aufgr<strong>und</strong> z. B. technologischer Weiterentwicklung<br />
eine umfassende Berufsausbildung unabdingbar machen.<br />
Baustein 5 schließlich führt die Zeitreise weiter <strong>und</strong> bietet einen Ausblick in die Zukunft. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
steht hier die Tatsache im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, dass <strong>der</strong> sozioökonomische <strong>und</strong> technologische<br />
Wandel sich fortsetzen <strong>und</strong> im Rückkopplungsprozess die Berufe <strong>und</strong> die Berufsausbildung<br />
weiterhin verän<strong>der</strong>n wird.<br />
Baustein 1: Wissen <strong>und</strong> Wissensvermittlung sind zur Berufsausübung notwendig<br />
Zur Einstimmung in die Thematik wird anhand einer Szenerie aus dem Getreidebau veranschaulicht,<br />
dass zur Pflanzenproduktion bestimmte Kenntnisse <strong>und</strong> zeitlich geordnete, vorausschauend<br />
geplante Arbeitsabläufe notwendig sind. In einer möglichst authentisch wirkenden<br />
Inszenierung soll <strong>der</strong> Besucher „eingefangen“ werden, denkbar wären lebensecht wirkende<br />
Plastiken o<strong>der</strong> eine stilisierte figürliche Darstellung. Eine Alternative wäre die Darstellung in<br />
Form <strong>von</strong> Landschaftsdioramen, als einfachste Möglichkeit bietet sich eine Schautafel an.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieses Szenarios dokumentiert eine weitere Installation, dass für den<br />
Getreideanbau Wissen gebraucht wird. In Quizform, als verschiebbares Puzzle o. Ä. kann <strong>der</strong><br />
Besucher dieses notwendige Wissen eruieren <strong>und</strong> die einzelnen Arbeitsschritte <strong>und</strong> das zugehörige<br />
Hintergr<strong>und</strong>wissen nach dem Motto „Vom Samenkorn zur Ernte“ den Tätigkeiten zuordnen.<br />
Quasi als Nebeneffekt soll sich dabei die Erkenntnis festsetzen, dass für die Ausübung<br />
dieser Einzeltätigkeiten eine wie auch immer geartete Form <strong>der</strong> Wissensvermittlung<br />
gewährleistet sein musste.<br />
Baustein 2: Die Form <strong>der</strong> Wissensvermittlung<br />
Der nächste Bestandteil steht im direkten Zusammenhang mit Baustein 1 <strong>und</strong> zeigt, dass die<br />
Wissensvermittlung in <strong>der</strong> Hauptsache durch das Prinzip learning by doing erfolgte.<br />
Durch die Handlungskette Vormachen, Zuschauen <strong>und</strong> Nachahmen werden Qualifikationen<br />
vermittelt <strong>und</strong> <strong>von</strong> den Berufsanfängern durch Einübung automatisiert. Eine Untermauerung<br />
durch eine f<strong>und</strong>ierte theoretische Unterweisung erfolgte allenfalls in mündlich tradierter<br />
Überlieferung („Bauernregeln“). In einer Sequenz (Diorama o<strong>der</strong> Schautafel, eventuell in<br />
Verbindung mit Baustein 1) wird diese Unterweisungsmethode dargestellt.<br />
Im weiteren Verlauf wird ein Bogen gespannt vom Beginn <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen Tätigkei-<br />
18
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
ten bis zum ausgebildeten Feudalwesen <strong>der</strong> frühen Neuzeit. Am System <strong>der</strong> Berufsqualifikation<br />
än<strong>der</strong>t sich in diesem Zeitraum nichts Gr<strong>und</strong>legendes, nach wie vor wird die Szene vom<br />
Imitatio-Prinzip <strong>und</strong> einfacher mündlicher Überlieferung des Wissens beherrscht. Durch die<br />
geringe Produktivität bedingt, arbeitet eine Vielzahl an Arbeitskräften in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />
Die meist einfach auszuführenden, vielfach aufgesplitteten Tätigkeiten lassen eine tiefer gehende<br />
Ausbildung als nicht notwendig erscheinen, <strong>und</strong> die starre gesellschaftliche Glie<strong>der</strong>ung<br />
verhin<strong>der</strong>t geradezu, dass die Voraussetzungen zur Weiterentwicklung geschaffen werden.<br />
Daneben etabliert sich mit <strong>der</strong> Hausväterliteratur eine erste Form <strong>von</strong> schriftlicher Wissensvermittlung,<br />
zugänglich jedoch nur für die gebildete Schicht.<br />
In <strong>der</strong> Ausstellung müssen diese Teilkomponenten durch eine geeignete Präsentationsweise<br />
vermittelt werden:<br />
Ideal wäre wie<strong>der</strong>um eine lebensecht wirkende Inszenierung mit <strong>der</strong> Nachbildung eines Bauernhauses,<br />
das im Querschnitt zwei Räume aufweist. Im einen Raum befindet sich die Figur<br />
eines Gutsherrn in entsprechen<strong>der</strong> „luxuriöser“ Umgebung, beschäftigt mit <strong>der</strong> Lektüre eines<br />
Buches (Hausväterliteratur). Durch das Vorhandensein nur dieses einen Fachbuchs wird deutlich,<br />
dass das Wissen im Gegensatz zur Mo<strong>der</strong>ne (s. u.) praktisch in einem Buch gesammelt<br />
werden konnte. Die Vielzahl <strong>der</strong> Arbeitskräfte auf dem Gutshof wird durch eine Auflistung<br />
<strong>der</strong> Deputatsempfänger (Entlohnung in Naturalform) symbolisiert. Im angrenzenden Raum –<br />
als modellhaft skizziertes Stallgebäude gestaltet – wird durch eine einfache Tätigkeit <strong>der</strong> relativ<br />
geringe Anspruch an die Berufsausübung <strong>der</strong> „Facharbeiter“ (hier <strong>der</strong> Stallknecht) vermittelt.<br />
In Handarbeit ohne maschinelle Unterstützung kann sich <strong>der</strong> Besucher an einer „Modellkuh“<br />
im Melken üben. Die Darstellung des Imitatio-Prinzips wird um eine Reihe <strong>der</strong> so genannten<br />
„Bauernregeln“ bzw. Auszügen aus Büchern <strong>der</strong> Hausväterliteratur erweitert, die die<br />
mündliche Methode <strong>der</strong> Wissensvermittlung veranschaulichen.<br />
Neben <strong>der</strong> geringen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ung wird hier auch <strong>der</strong> zweite Hin<strong>der</strong>ungsgr<strong>und</strong><br />
für die <strong>Entstehung</strong> einer gezielten, systematisierten Berufsausbildung mit aufgenommen. Für<br />
die Verdeutlichung <strong>der</strong> Drei-Stände-Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong>en starrer Ordnung steht ein Schubkasten,<br />
dessen unterste Schublade den Bauern o<strong>der</strong> Landmann zeigt. Durch die Art <strong>der</strong> Inszenierung<br />
soll <strong>der</strong> Besucher quasi in die zwei entgegen gesetzten Welten „eintauchen“ können<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus durch die Eigenaktivität („Kuh-Melken“) einen zusätzlichen Motivationsanreiz<br />
erhalten.<br />
Baustein 3: Sozioökonomischer Wandel <strong>und</strong> Beginn <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
Bis zum 18./19. Jahrh<strong>und</strong>ert ist das Agrarsystem im Wesentlichen <strong>von</strong> konstanter Beharrungskraft<br />
auf dem Status quo gekennzeichnet. Ab diesem Zeitpunkt vollzieht sich dann ein<br />
gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>, erdrutschartiger Wandel, <strong>der</strong> sich bereits im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert anbahnt (Kameralismus).<br />
Nahezu 1000 Jahre <strong>der</strong> relativen Stagnation werden <strong>von</strong> einem Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Bewegung<br />
abgelöst, an <strong>der</strong>en Ende u. a. Bildungseinrichtungen in <strong>der</strong> Landwirtschaft entstehen.<br />
Das statische System mit dem „Schubladendenken“ <strong>der</strong> Ständegesellschaft wandelt sich mit<br />
einer in diesem Bereich nie zuvor gekannten Dynamik zum mo<strong>der</strong>nen Agrarsystem <strong>und</strong> seinem<br />
Ausbildungswesen.<br />
Baustein 3 zeigt diese Dynamik in einer Ursachen- <strong>und</strong> Wirkungskette auf. In einem ineinan<strong>der</strong><br />
greifenden Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Einflussfaktoren hat <strong>der</strong> Besucher die Möglichkeit, durch Drehen<br />
an den einzelnen Rä<strong>der</strong>n den Mechanismus in Gang zu setzen <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>en<br />
nachzuvollziehen. Das die <strong>Entwicklung</strong> lange Zeit hemmende Feudalsystem fungiert dabei als<br />
bremsen<strong>der</strong> Keil. Erst mit dem aktiven Lösen dieser Bremse lässt sich das Rä<strong>der</strong>werk in Bewegung<br />
setzen.<br />
19
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Baustein 4: Notwendigkeit <strong>der</strong> Ausbildung<br />
Der Sprung in das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert zeigt anhand diverser Tätigkeiten mo<strong>der</strong>ner Berufsausübung,<br />
dass die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Lernenden im Vergleich zum 18. o<strong>der</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
ungleich höher sind. Gestiegene Ansprüche an die Tätigkeit implizieren zugleich die Notwendigkeit<br />
einer breit gefächerten Ausbildung, ohne die die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen<br />
wären.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Gegenüberstellung zum Baustein 2 sollen diese Unterschiede deutlich<br />
zutage treten. Auf <strong>der</strong> einen Seite stehen relativ einfache Tätigkeiten. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />
präsentieren sich Berufe mit hoch technisierten Arbeitsabläufen bzw. erweiterten Aufgabengebieten<br />
z. B. im Dienstleistungsbereich, die <strong>von</strong> einer breiten, auf wissenschaftlicher Basis<br />
gegründeten Fachkompetenz getragen sind <strong>und</strong> den Wandel vom einfachen Handarbeiter zum<br />
technisierten „Hofmanager“ verdeutlichen. In <strong>der</strong> Anknüpfung an das Beispiel des Getreidebaus<br />
im Baustein 2 werden die Gegensätze zur mo<strong>der</strong>nen Produktionsweise demonstriert.<br />
Zwar sind hier die einzelnen Handlungsabläufe <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bodenbearbeitung über Aussat, Bestandspflege<br />
<strong>und</strong> Ernte im Wesentlichen gleich geblieben, die Ausführung hat sich jedoch<br />
gr<strong>und</strong>legend verän<strong>der</strong>t. Der mo<strong>der</strong>ne Landwirt ist im bäuerlich geführten Betrieb oft alleinige<br />
ständige Arbeitskraft <strong>und</strong> muss somit alle anfallenden Tätigkeiten beherrschen <strong>und</strong> die notwendigen<br />
Fachkompetenzen in einer Person vereinen. Der Wandel in <strong>der</strong> Berufsausübung<br />
wird durch eine Simulation vergegenwärtigt: In einer realen Traktorkabine mit computerunterstütztem<br />
Schaltpult kann <strong>der</strong> Besucher die Arbeitsabläufe bei <strong>der</strong> Bodenbearbeitung virtuell<br />
nacherleben.<br />
Die Akkumulation des Wissens wird durch eine Sammlung <strong>von</strong> Fach- <strong>und</strong> Lehrbüchern veranschaulicht,<br />
<strong>der</strong>en Fülle vor allem im Gegensatz zum Hausvaterbuch des Bausteins 2 die<br />
Progression eindringlich vor Augen führt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch ausgelegte<br />
Schulbücher, anhand <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Besucher einen Eindruck <strong>von</strong> den Ausbildungsinhalten gewinnen<br />
kann. Komplettiert wird die Szenerie mit Auszügen <strong>von</strong> Lehrplänen, Ausbildungsordnungen<br />
<strong>und</strong> Ähnlichem sowie mit Darstellungen <strong>von</strong> Theorieinhalten des Fachunterrichts <strong>der</strong><br />
Berufsschule (z. B. die Abläufe <strong>der</strong> Fotosynthese, Deckungsbeitragsberechnungen etc.).<br />
Fiktive <strong>und</strong> authentische Berufsbiographien in Bild <strong>und</strong> Ton sowie berufliche Kurzfilme 1<br />
r<strong>und</strong>en das Bild ab <strong>und</strong> vermitteln somit insgesamt einen Eindruck vom <strong>der</strong>zeitigen Berufsausbildungswesen<br />
in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft.<br />
Baustein 5: Ausblick in Zukunft<br />
Den Abschluss bildet in Rückschau auf die Vergangenheit ein Ausblick auf mögliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> Zukunft, überspitzt dargestellt in Form <strong>von</strong> Karikaturen. Diese weisen auf<br />
den sich fortwährend im Fluss befindenden Anpassungsprozess des Berufsbildungssystems<br />
hin. Bedingt durch die gesamtgesellschaftliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> den technologischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
ergeben sich Verän<strong>der</strong>ungen auch in <strong>der</strong> Berufslandschaft, die ihren Nie<strong>der</strong>schlag<br />
entwe<strong>der</strong> in neu geschaffenen Berufen, in verän<strong>der</strong>ten Tätigkeitsschwerpunkten o<strong>der</strong> Ausübungsformen<br />
beruflicher Tätigkeiten finden <strong>und</strong> in entsprechen<strong>der</strong> Form auf die Berufsausbildung<br />
einwirken.<br />
Für die Landwirtschaft könnten diese <strong>Entwicklung</strong>en in einem möglichen Szenario eine zunehmende<br />
Konzentration auf nur wenige verbleibende Großbetriebe („Agrarindustrien“) mit<br />
sich bringen. Der Landwirt <strong>der</strong> Zukunft wäre dann ein „System- <strong>und</strong> Wartungstechniker“, <strong>der</strong><br />
über f<strong>und</strong>iertes betriebswirtschaftliches Wissen verfügt <strong>und</strong> somit in <strong>der</strong> Lage ist, auch mittel-<br />
1 Der Auswertungs- <strong>und</strong> Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Forsten (aid) e. V. gibt in Kooperation<br />
mit dem Bayerischen R<strong>und</strong>funk Videofilme in <strong>der</strong> Reihe „Das kannst Du werden“ heraus. In den Kurzfilmen<br />
werden die Berufe in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft inklusive Ausbildungs- <strong>und</strong> Weitermöglichkeiten vorgestellt.<br />
20
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
fristig auf Marktschwankungen <strong>und</strong> Angebotslücken zu reagieren. Vollautomatisiert <strong>und</strong><br />
standardisiert wird sein Betrieb über satellitengestützte Fernleitsysteme (siehe Karikatur 3)<br />
gelenkt <strong>und</strong> mit Hilfe <strong>von</strong> Überwachungskameras vom unternehmenseigenen Großbüro aus<br />
geführt. Die Ausbildungsformen <strong>und</strong> -inhalte würden hierauf konkret Bezug nehmen. Für die<br />
Ausstellung ist ein fiktiver Rahmenlehrplan denkbar, in dem informationstechnische Inhalte,<br />
Netzwerkkommunikation <strong>und</strong> Programmiersprachen die traditionellen Inhalte aus Tier- <strong>und</strong><br />
Pflanzenproduktion bei weitem überflügelt haben.<br />
Die Nahrungsmittelproduktion ist nur noch eine „Ran<strong>der</strong>scheinung“, im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen<br />
Dienstleistungsaufgaben (Urlaub auf dem Bauernhof), Produktion nachwachsen<strong>der</strong> Rohstoffe<br />
<strong>und</strong> landschaftspflegerische Aspekte.<br />
In weiteren Bildfolgen wird <strong>der</strong> Agrarwirtschaftler <strong>der</strong> Zukunft als Labortechniker präsentiert,<br />
<strong>der</strong> im steril abgeschotteten Genlabor Embryonentransfers vornimmt <strong>und</strong> über Meristemvermehrung<br />
Jungpflanzen produziert.<br />
Abbildung 1 zeigt Station 2 im Gesamtüberblick:<br />
Baustein 1: Wissen ist notwendig Baustein 2: Imitatio-Prinzip<br />
Noch pflügen o<strong>der</strong> bereit?<br />
Fehlt Licht?<br />
Erwünscht o<strong>der</strong> unerwünscht?<br />
Baustein 3: Rä<strong>der</strong>werk des Wandels<br />
Baustein 4: Mo<strong>der</strong>ne Ausbildung<br />
Baustein 5: Zukunfts-Szenario<br />
Guter o<strong>der</strong> schlechter Boden?<br />
Richtiges o<strong>der</strong> falsches Saatgut?<br />
Fehlt Wasser?<br />
Nützlich o<strong>der</strong> schädlich? Reif o<strong>der</strong> noch warten?<br />
21<br />
Gegenpol<br />
Simulation
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
2.3 Station 3: Institutionalisierung <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
Station 3 zeigt exemplarisch an den Fachsparten Landwirtschaft <strong>und</strong> Gartenbau das Werden<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung, die <strong>Entstehung</strong> des Facharbeiterwesens <strong>und</strong> <strong>der</strong> zugehörigen Rahmenbedingungen<br />
in den einzelnen historischen Phasen.<br />
Gerade weil Berufsausbildung immer im Zusammenhang <strong>und</strong> in gegenseitiger Wechselwirkung<br />
mit <strong>der</strong> gesamtgesellschaftlichen <strong>Entwicklung</strong> zu sehen ist, sollte in <strong>der</strong> <strong>Visualisierung</strong><br />
eine enge Verknüpfung mit <strong>der</strong> Station 2 angestrebt werden. Eine gegenseitige Verwebung<br />
<strong>und</strong> Durchdringung ist hier wünschenswert, um den Besuchern die Determiniertheit ausbildungsgeschichtlicher<br />
<strong>Entwicklung</strong>sströme vom soziokulturellen Umfeld zu verdeutlichen.<br />
Über Jahrtausende hinweg existierte keine institutionalisierte, <strong>von</strong> <strong>der</strong> alltäglichen Arbeitssituation<br />
heraus gelöste Berufsausbildung in <strong>der</strong> Landwirtschaft. Nur im städtischen Bereich<br />
konnten sich im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte erste geregelte Ausbildungsformen entwickeln, sodass in<br />
den ersten Epochen bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ein deutlicher Unterschied zwischen städtischen<br />
<strong>und</strong> ländlichen Regionen besteht. Als im 18. <strong>und</strong> beginnenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert schließlich<br />
erste Bildungseinrichtungen auf <strong>der</strong> mittleren <strong>und</strong> höheren Ebene entstehen, waren diese vor<br />
allem auf die Ausbildung <strong>von</strong> Betriebsleitern bzw. Verwaltungspersonal fokussiert. Die Berufsausbildung<br />
für Facharbeiter verfestigt sich erst im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, als staatliche Institutionen<br />
zunehmend Einfluss auf das Bildungswesen gewinnen.<br />
Die <strong>Visualisierung</strong> innerhalb dieser Station ist somit <strong>von</strong> folgenden Kernaussagen geprägt:<br />
• Die ersten Formen geregelter Berufsausbildung entstehen im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte.<br />
• Frühe Bildungseinrichtungen für die Agrarwirtschaft basieren auf Privatinitiativen <strong>und</strong><br />
bieten ein vielfältiges Spektrum unterschiedlicher Schulformen mit elitärem Charakter.<br />
• Mit zunehmendem Einfluss des Staates strukturiert sich das agrarwirtschaftliche Bildungssystem<br />
<strong>und</strong> formt zusammen mit <strong>der</strong> Regelung des Lehrlingswesens das duale Ausbildungssystem<br />
auch in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft.<br />
• Das Ausbildungssystem hat sich in <strong>der</strong> Geschichte stets verän<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> aktuelle Stand ist<br />
nur eine Momentaufnahme <strong>und</strong> wird sich in <strong>der</strong> Zukunft dem Verän<strong>der</strong>ungsprozess stellen<br />
müssen.<br />
S 3 zeigt mithin durch einen Querschnitt über die Spezifika <strong>der</strong> einzelnen Epochen die Berufsausbildungsgeschichte<br />
in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft <strong>von</strong> den Ursprüngen über die Trennung <strong>der</strong><br />
beiden deutschen Staaten nach 1945 bis hin zum aktuellen Stand.<br />
2.3.1 <strong>Visualisierung</strong><br />
Station 3 glie<strong>der</strong>t sich in insgesamt 5 Bausteine.<br />
Baustein 1 zeigt den Berufsweg eines Lehrlings zur Zeit <strong>der</strong> Zünfte. Dabei wird anhand des<br />
eines Lernortes Betrieb die Enge <strong>und</strong> Erstarrtheit, aber auch die sichernde Einbindung in ein<br />
gesellschaftliches Gefüge als Kennzeichen zünftischer Berufsausbildung veranschaulicht.<br />
Der zweite Teil besteht aus einer Inszenierung in Form eines Klassenzimmers, die den elitären<br />
Charakter <strong>und</strong> die Vielfalt <strong>der</strong> ersten landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen symbolisiert.<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> des Facharbeiterwesens im dualen System ist Thema des Bausteins 3. Ein<br />
Vergleich <strong>der</strong> jeweils die Ausbildung bestimmenden Komponenten ermöglicht in Quizform<br />
die historische Einordnung des <strong>Entstehung</strong>shorizonts bei<strong>der</strong> Lernorte. Die Zeitspanne reicht<br />
hier <strong>von</strong> <strong>der</strong> Etablierung <strong>der</strong> ländlichen Fortbildungsschule im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zur Regelung<br />
<strong>der</strong> Facharbeiterausbildung Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
In einer Gegenüberstellung werden die unterschiedlichen Spezifika <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen<br />
Berufsausbildung bei<strong>der</strong> deutscher Staaten mit Schwerpunkt Ostdeutschland nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg veranschaulicht. Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>der</strong><br />
DDR wird die Abhängigkeit <strong>der</strong> Berufsausbildung vom gesellschaftlichen Gesamtsystem, <strong>der</strong><br />
22
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
herrschenden politischen Ideologie deutlich.<br />
Der letzte Baustein zeigt schließlich den aktuellen Stand auf <strong>und</strong> präsentiert als Kontrast zum<br />
Klassenzimmer des Bausteins 2 mo<strong>der</strong>ne Ausbildungsmethoden <strong>und</strong> -formen u. a. durch einen<br />
integrierten Fachraum. Den Komplex r<strong>und</strong>et ein Puzzle ab, bei dem die Besucher über<br />
vorgegebene Bausteine künftige fiktive Ausbildungsberufe in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft bildhaft<br />
entwerfen können.<br />
Baustein 1: Berufsausbildung im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte: Gärtner, Winzer, Fischer<br />
Bevor zur Zeit <strong>der</strong> Zünfte ein Lehrling aufgenommen werden konnte, musste dieser eine Reihe<br />
<strong>von</strong> Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen betrafen weniger seine fachliche<br />
Qualifikation o<strong>der</strong> Berufseignung, son<strong>der</strong>n seine soziale <strong>und</strong> famliliäre Situation. Erst wenn<br />
diese Hürden zur Zufriedenheit <strong>der</strong> Meister geklärt waren, konnte die Aufdingung mit Eintrag<br />
in die Lehrlingsrolle <strong>der</strong> Zunft erfolgen. Die restriktiven Aufnahmebedingungen werden im<br />
ersten Teil des Bausteins dargestellt. Der Besucher schlüpft in die Rolle eines Lehrlings, <strong>der</strong><br />
die Aufdingungsprozedur nachvollziehen kann. Hierzu muss er durch die stilisierte Form eines<br />
„Hürdenlaufs“ einfache Fragestellungen beantworten. Erst wenn <strong>der</strong> Besucher die Frage<br />
entsprechend beantwortet, ist eine Hürde genommen, gelangt er zur nächsten. Sind alle Voraussetzungen<br />
zur Aufdingung erfüllt, steht <strong>der</strong> Besucher vor <strong>der</strong> geöffneten „Zunftlade“. Hier<br />
findet er eine Kurzbeschreibung <strong>der</strong> Lehrbedingungen vor <strong>und</strong> kann sich in eine (eventuell<br />
virtuell) dargestellte Zunftrolle eintragen. Die Schranken, die sich vor <strong>der</strong> Aufdingung aufbauen,<br />
können durch ineinan<strong>der</strong> verschachtelte, dem Original einer Zunftlade nachempf<strong>und</strong>ene<br />
Schatullen, durch einfache Klapptafeln mit einem Schließmechanismus o<strong>der</strong> durch Klapptüren<br />
symbolisiert werden.<br />
Baustein 2: Erste Bildungseinrichtungen (Schulen für die Elite)<br />
Der Beginn <strong>der</strong> schulischen Ausbildung in <strong>der</strong> Landwirtschaft wird über eine Inszenierung<br />
mit einem Schulungsraum aus den ersten Bildungseinrichtungen dargelegt. Der Lehrer (als<br />
entsprechend ausstaffierte Puppe) fungiert als Dozent, sein Vortrag ist über Tonband hörbar.<br />
Besucher können als „Schüler“ in den Bänken dem fachlichen Vortrag folgen <strong>und</strong> so die Unterrichtssituation<br />
nachempfinden. Quasi als Nebeneffekt könnten hierdurch Informationen<br />
über die gängige Methode des Unterrichtens im Gegensatz zu mo<strong>der</strong>nen pädagogischen<br />
Lehrmethoden transportiert werden.<br />
An <strong>der</strong> Wand sind Schaubil<strong>der</strong> angebracht, die neben zeitgenössischen fachlichen Darstellungen<br />
die verwirrende Vielfalt <strong>der</strong> unterschiedlichen Schulformen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en historische Einordnung<br />
zeigen. An den Bänken können jeweils erklärende Texte aufliegen, die die vorgef<strong>und</strong>ene<br />
Situation erläutern <strong>und</strong> den Zusammenhang erklären. Insbeson<strong>der</strong>e müsste hier über eine<br />
Darstellung <strong>der</strong> Aufnahmebedingungen <strong>und</strong> einen Vergleich <strong>der</strong> Höhe des Schulgeldes mit<br />
<strong>der</strong> Einkommenssituation eines Landarbeiters <strong>der</strong> elitäre Anspruch <strong>der</strong> ersten Bildungseinrichtungen<br />
herausgestellt werden. Ein Schaubild mit den unterschiedlichen Schularten, <strong>der</strong>en<br />
Existenzzeiten, unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen, Lehrplänen usw. verdeutlicht<br />
den Facettenreichtum <strong>der</strong> in den Anfängen vorhandenen Schulen.<br />
Ein „Blick aus dem Fenster“ (über eine grafische Darstellung) macht zudem deutlich, dass die<br />
Ausbildungsstätte immer an einen Gutsbetrieb angeb<strong>und</strong>en war. Das Klientel für die ersten<br />
Bildungseinrichtungen setzte sich aus den Söhnen <strong>von</strong> Gutsbesitzern o<strong>der</strong> Interessierten aus<br />
dem wohlhabenden Bürgertum zusammen, die eine Verwaltungstätigkeit auf einem größeren<br />
landwirtschaftlichen Betrieb anstrebten. Für die einfache Landarbeiterschaft war diese Form<br />
<strong>der</strong> Ausbildung nicht zugänglich. Auch dieser Aspekt müsste hier ersichtlich werden. Um<br />
23
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
diesen Gegensatz auszudrücken, eignet sich eine grafische Darstellung, die den Standesunterschied<br />
<strong>der</strong> – noch zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts vorhandenen – feudalen Strukturen hervorhebt.<br />
Baustein 3: Von <strong>der</strong> Fortbildungsschule zur Berufsschule<br />
Der Ursprung <strong>der</strong> Berufsausbildung für die Landarbeiterschaft speist sich aus zwei Quellen.<br />
Zum einen wurde erkannt, dass ein weiterer Fortschritt in <strong>der</strong> Intensivierung <strong>und</strong> damit eine<br />
Ertragssteigerung nur über eine gezielte Ausbildung erreicht werden kann. Aus dieser Erkenntnis<br />
heraus entwickeln sich die Regelung <strong>der</strong> betrieblichen Ausbildung im Agrarwesen<br />
<strong>und</strong> die For<strong>der</strong>ung nach einer begleitenden theoretischen Ergänzung durch ein berufliches<br />
Schulwesen.<br />
Als Gr<strong>und</strong>lage hierfür mussten zum Zweiten aber die gr<strong>und</strong>legenden Kulturtechniken des<br />
Lesens <strong>und</strong> Schreibens gerade bei <strong>der</strong> Landbevölkerung des 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts gefestigt<br />
werden. Die aus <strong>der</strong> Elementarschule entlassenen Schüler brachten aufgr<strong>und</strong> des kurzen <strong>und</strong><br />
häufig vernachlässigten Unterrichts die erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse meist nicht mit. Zudem<br />
bestand in Zeiten hohen Bevölkerungswachstums mit korrelierendem hohen Anteil Jugendlicher<br />
aus staatlicher Sicht die Gefahr <strong>der</strong> „Verwahrlosung“ gerade dieser Bevölkerungsgruppe.<br />
Mit <strong>der</strong> Errichtung <strong>und</strong> dem sukzessivem Ausbau <strong>der</strong> ländlichen Fortbildungsschule sollte<br />
diesem Missstand Einhalt geboten werden.<br />
Der erste Teil innerhalb des Bausteins 1 stellt die Hintergründe für die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong> ländlichen<br />
Fortbildungsschule als Vorläuferstruktur <strong>der</strong> Berufsschule dar. Über ein Schaubild wird<br />
vorab die Situation <strong>der</strong> auf dem Lande aufwachsenden Kin<strong>der</strong> in Verbindung mit einem fiktiven<br />
Arbeitsalltag geschil<strong>der</strong>t. Die als notwendig erachtete sittlich-moralische <strong>und</strong> staatsbürgerliche<br />
Erziehung dokumentiert eine geeignete Textpassage, beides zusammen führt zur Begründung<br />
für die ländliche Fortbildungsschule.<br />
Durch den langsamen Wandel zur Berufsschule bis zur Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die<br />
zweite Säule des dualen Systems in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft gefestigt. Dieser Wandel kann über<br />
die Genese des Unterrichtsumfangs, <strong>der</strong> Unterrichtsinhalte <strong>und</strong> Lehrplanauszüge, <strong>der</strong> zur Verfügung<br />
stehenden Lehrmittel, Bestimmungen zur Schulpflicht, Zeugnisse aus verschiedenen<br />
Epochen etc. nachvollzogen werden. Hier findet ebenfalls die <strong>Entwicklung</strong>sstruktur <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Ausbildung ihren Platz, sodass <strong>der</strong> zeitliche Rahmen <strong>von</strong> den ländlichen Fortbildungsschulen<br />
bis zu den Regelungen des Reichsnährstandes 1934 reicht.<br />
Um diesen Ausstellungsteil nicht mit rein zweidimensionalen Texttafeln zu überfrachten <strong>und</strong><br />
zugleich eine Eigenaktivität für die Besucher zu ermöglichen, wird eine Realisierung als<br />
„Verschiebequiz“ mit Orientierungsvorgaben o<strong>der</strong> in Puzzleform vorgeschlagen. Auf beweglichen<br />
Elementen (Holz-/Kunststofftafeln) innerhalb eines feststehenden Rahmens können die<br />
einzelnen Teile gegeneinan<strong>der</strong> verschoben werden. Aus <strong>der</strong> richtigen Zuordnung ergibt sich<br />
ein Gesamtbild im historischen Abriss, mit dem die <strong>Entwicklung</strong> des Facharbeiterwesens<br />
nachvollziehbar wird.<br />
Baustein 4: Agrarausbildung in DDR <strong>und</strong> BRD<br />
Baustein 4 zeigt in einer plakativen Gegenüberstellung die unterschiedlichen Systeme <strong>der</strong><br />
agrarwirtschaftlichen Berufsausbildung in <strong>der</strong> DDR <strong>und</strong> <strong>der</strong> BRD <strong>von</strong> 1945 bis 1990 <strong>und</strong><br />
macht dabei auf die strukturellen Unterschiede, aber auch auf die Gemeinsamkeiten aufmerksam.<br />
Die Umsetzung dieser Gegenüberstellung kann in <strong>der</strong> Ausstellung über ein Interview<br />
o<strong>der</strong> ein Rollenspiel als Videoaufzeichnung erfolgen, in <strong>der</strong> zwei Auszubildende aus den beiden<br />
Staaten im Dialog die unterschiedlichen Ausbildungssysteme Revue passieren lassen.<br />
24
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Über ergänzende Schautafeln mit den wesentlichen Charakteristika bei<strong>der</strong> Systeme werden<br />
die Aussagen illustrativ unterstützt. Alternativ wäre eine virtuelle Realisierung mit interaktivem<br />
touch-screen denkbar, die einfachste Form stellen rein zweidimensionale Schautafeln<br />
dar.<br />
Baustein 5: Aktueller Stand <strong>und</strong> Ausblick<br />
Eine Inszenierung analog zu Baustein 2 (Erste Bildungseinrichtungen) visualisiert den aktuellen<br />
Stand <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> ermöglicht dadurch einen direkten historischen Vergleich.<br />
Im Unterschied zur Situation im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert erfolgt die Ausbildung im dualen System an<br />
den beiden Lernorten Betrieb <strong>und</strong> beruflicher Schule mit Ergänzung durch die überbetrieblichen<br />
Lehrgänge als prinzipiell drittem Lernort.<br />
Dargestellt wird eine Unterrichtssituation in einem real nachempf<strong>und</strong>enen Fachraum <strong>der</strong> Berufsschule.<br />
Dieser bietet die Möglichkeit, die integrative Verknüpfung des Theorie- <strong>und</strong> Praxisunterrichts<br />
zu veranschaulichen <strong>und</strong> somit den Wandel <strong>der</strong> Unterrichts- <strong>und</strong> Ausbildungsmethoden<br />
zu veranschaulichen.<br />
An einem größeren Tisch innerhalb des Unterrichtsraums werden die für die Bearbeitung des<br />
vorgegebenen Lehrgegenstands benötigten Materialien (z. B. Schulbücher, Fachliteratur, Arbeitsblätter<br />
etc.) für die Schüler deponiert <strong>und</strong> den Besuchern zugänglich gemacht.<br />
Ein für die Intention <strong>der</strong> Ausstellung geeignetes fachliches Thema könnte ein Teilkomplex<br />
aus dem Getreidebau sein, auf das sich sowohl die angesprochenen Unterrichtsmaterialien als<br />
auch <strong>der</strong> praktische Anteil im Unterricht beziehen. Der Theorieanteil wird durch Tafelbil<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> Anschauungsmittel z. B. über den Zusammenhang Photosynthese-Wachstumsprozesse<br />
o<strong>der</strong> die vegetativen <strong>Entwicklung</strong>sphasen des Getreides komplettiert, was zugleich die gestiegenen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Ausbildung vor Augen führt.<br />
Im Fachraum befinden sich ebenfalls Elemente des praktischen Unterrichts. Dies bietet die<br />
Möglichkeit, z. B. über einfache Experimente zu Bodenanalyse <strong>und</strong> -profile, reale Exponate<br />
zu präsentieren <strong>und</strong> mit einer Eigenaktivität für die Besucher zu verbinden. Zusätzlich können<br />
über Mikroskope bzw. Stereoskope Präparate <strong>von</strong> pflanzlichen Geweben o<strong>der</strong> Schädlingen in<br />
Verbindung mit einer Fragestellung den Erlebnischarakter des Museumsbesuchs erhöhen. Ein<br />
ähnlicher Effekt könnte mit einer Nachahmung <strong>der</strong> Saatgut- o<strong>der</strong> Düngemittelbeurteilung<br />
sowie Mischungskomponenten für Erden <strong>und</strong> Substrate aus dem Gartenbau erzielt werden.<br />
Die Besucher können die Materialien erfühlen, hierzu ist auch ein kleines Ratespiel denkbar:<br />
in einer „black box“ befinden sich verschiedene Saatgutformen aus Landwirtschaft <strong>und</strong> Gartenbau,<br />
Bodenbestandteile o<strong>der</strong> geperlte Düngemittelformen (jeweils hygienisch unbedenklich),<br />
<strong>der</strong>en Art durch Hineintasten <strong>und</strong> Befühlen herausgef<strong>und</strong>en wird.<br />
Der Lernort Betrieb stellt den in <strong>der</strong> Schule erworbenen Kenntnissen <strong>und</strong> Fertigkeiten die<br />
Anwendung in <strong>der</strong> Praxis gegenüber. In <strong>der</strong> Ausstellung wird dieser Aspekt über reale Exponate<br />
mit Beschreibungen des Arbeitsablaufs wie z. B. Abdrehen <strong>der</strong> Sämaschine, Bereitung<br />
des Saatbetts o<strong>der</strong> Düngemaßnahmen realisiert. Anknüpfungsmöglichkeiten ergeben sich hier<br />
insbeson<strong>der</strong>e durch die Insellösung innerhalb <strong>der</strong> bestehenden Agrarabteilung des Deutschen<br />
Museums, in <strong>der</strong> diese Exponate bereits ausgestellt sind. Auszüge eines Berichtshefts im Original,<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsrahmenplan <strong>und</strong> Abschlussprüfungen <strong>der</strong> letzten Jahre – eventuell im<br />
Vergleich zu Exemplaren aus dem 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert – r<strong>und</strong>en den Teilkomplex ab.<br />
Der aktuelle Stand kann keinen Absolutheitsanspruch auf dauernden Bestand haben <strong>und</strong> ist<br />
auch nur eine Momentaufnahme des sich stetig wandelnden Ausbildungssystems. Der Station<br />
schließt sich deswegen ein Ausblick in mögliche künftige <strong>Entwicklung</strong>en an. Anhand <strong>von</strong><br />
vorgegebenen Begriffen <strong>und</strong> bildlichen Darstellungen können die Besucher fiktive Berufsbezeichnungen,<br />
Berufsbil<strong>der</strong> u. Ä. zusammensetzen.<br />
25
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Abb. 2 zeigt Station 3 im Gesamtzusammenhang:<br />
Baustein 1: Berufsausbildung im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte<br />
Nachweis <strong>der</strong> ehrlichen Geburt:<br />
War ihr Vater Henker, Schin<strong>der</strong><br />
o<strong>der</strong> Abdecker?<br />
Ja Nein<br />
Baustein 2: Erste Bildungseinrichtungen<br />
Baustein 3: Von <strong>der</strong> Fortbildungsschule zur Berufsschule<br />
„Unentbehrliche Voraussetzung<br />
auch für die bescheidenste<br />
fachliche Ausbildung<br />
ist die alte Menschheitserfindung<br />
des Lesens <strong>und</strong><br />
Schreibens.“<br />
(Anfang des 19. Jahrhun-<br />
Baustein 4: Agrarausbildung in DDR <strong>und</strong> BRD<br />
Baustein 5: Aktueller Stand <strong>und</strong> Ausblick<br />
Lernort Betrieb<br />
eheliche Geburt<br />
freie Geburt<br />
ehrliche Geburt<br />
1. Stufe: Leiter eines Gutsbetriebes<br />
2. Stufe: mittlere Ebene des Gutsbetriebes<br />
Verwalter, Schreiber, Hofmeister<br />
Ler- Lernort<br />
„Ohne Gott <strong>und</strong> Sonnenschein bringen<br />
wir die Ernte ein.“<br />
Propagandaspruch um 1950<br />
Lernort Schule<br />
26<br />
„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“<br />
Aufdingung Lehrzeit Lossprechung
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
2.4 Station 4: Berufe im Bereich des Umweltschutzes<br />
Station 4 visualisiert die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Umweltberufe anhand <strong>der</strong> Einbettung in den Gesamtkomplex<br />
<strong>der</strong> Umweltproblematik. Den Ausgangspunkt bildet hierbei eine Darstellung <strong>der</strong><br />
Beeinträchtigung ökologischer Systeme durch menschliche Einflüsse. Nach dem Erkennen<br />
dieser Beeinträchtigungen bzw. Zerstörungen folgt die langsame Bildung eines Bewusstseins<br />
für die Notwendigkeit <strong>von</strong> Schutzmaßnahmen <strong>und</strong> die Verfügbarkeit entsprechen<strong>der</strong> technischer<br />
Lösungen. Steigende Ansprüche an spezialisierte Tätigkeiten erfor<strong>der</strong>n schließlich einzelne<br />
Berufe mit entsprechen<strong>der</strong> Qualifizierung <strong>und</strong> Verstetigung im beruflichen Bildungswesen.<br />
Exemplarisch werden für die <strong>Visualisierung</strong> die dualen Ausbildungsberufe Fachkraft für Abwassertechnik<br />
<strong>und</strong> Fachkraft für Kreislauf- <strong>und</strong> Abfallwirtschaft herausgegriffen, weil sich<br />
hier starke Anknüpfungsmöglichkeiten an die bereits existierende Ausstellung Umwelt im<br />
Deutschen Museum ergeben. Aus dem Bereich <strong>der</strong> Erstausbildungen außerhalb des dualen<br />
Systems (Berufsfachschulen bzw. Berufskolleg) wird <strong>der</strong> Ausbildungsgang Umweltschutztechnische/r<br />
Assistent/in dargestellt.<br />
Ziel <strong>der</strong> Station 4 (Umweltschutz) ist mithin,<br />
• die Einbettung <strong>der</strong> Berufsbildung in den soziokulturellen Kontext zu verdeutlichen,<br />
• die Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich <strong>der</strong> Berufe mit Bezug<br />
zum Umweltschutz aufzuzeigen <strong>und</strong> damit auch die Vielfalt des beruflichen<br />
Bildungswesens zu dokumentieren <strong>und</strong> darüber hinaus<br />
• an exemplarisch ausgewählten Beispielen die unterschiedlichen Formen <strong>der</strong><br />
Berufsausbildung einan<strong>der</strong> gegenüberzustellen.<br />
2.4.1 <strong>Visualisierung</strong><br />
Für die <strong>Visualisierung</strong> dieses Komplexes kann auf geeignete Anknüpfungspunkte <strong>der</strong> bereits<br />
bestehenden Umweltausstellung im Deutschen Museum zurückgegriffen werden, in <strong>der</strong> die<br />
Umweltproblematik ausführlich dokumentiert ist. Im Rahmen dieser Ausstellung werden dem<br />
Besucher in vier Teilbereichen die ökologischen Zusammenhänge erklärt, Belastungen <strong>der</strong><br />
Umwelt aufgezeigt <strong>und</strong> die Geschichte des Umweltbewusstseins erläutert.<br />
Der erste Teilbereich dokumentiert den Aspekt <strong>der</strong> exponentiell gestiegenen Bevölkerungsrate<br />
<strong>der</strong> Erde <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit korrelierenden Beanspruchungen <strong>der</strong> natürlichen Ressourcen. Die<br />
resultierenden Umweltbelastungen werden durch einen „Müllturm“ veranschaulicht, in dem<br />
die Abfallmenge eines Menschen innerhalb eines Halbjahres gesammelt ist. Daneben werden<br />
Informationen zum Wasserkreislauf <strong>und</strong> zur Abwasserklärung geboten. Auch eine Darstellung<br />
zur Geschichte des Umweltbewusstseins findet hier ihren Platz.<br />
Der Teilbereich „Belastungen unserer Umwelt“ greift u. a. das Thema <strong>der</strong> Wasserreinhaltung<br />
auf. Ein Multimediaturm bietet die Möglichkeit, sich einen Überblick auch über die Geschichte<br />
<strong>der</strong> Abwasserklärung zu verschaffen.<br />
Die Einbettung in den sozioökonomischen Kontext mit <strong>der</strong> Verschärfung <strong>der</strong> Umweltproblematik<br />
im industriellen Zeitalter, <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> technischer Lösungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entstehung</strong><br />
eines breit gefächerten Umweltbewusstseins ab den 70er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist damit<br />
hinreichend gewährleistet.<br />
Als Erweiterung <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung um den Komplex <strong>der</strong> Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
wird vor diesem Hintergr<strong>und</strong> eine Ergänzung um zwei Bausteine vorgeschlagen:<br />
Ein erster Baustein widmet sich <strong>der</strong> Geschichte erster beruflicher Tätigkeiten im Umweltschutzbereich<br />
an einem exemplarischen Beispiel <strong>und</strong> veranschaulicht die breite Palette aktueller<br />
Berufe mit Bezug zum Umweltschutz.<br />
27
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Baustein 2 knüpft vor allem an die Multimediasäule zum Thema Wasser an <strong>und</strong> stellt die Berufsausbildung<br />
zum Ver- <strong>und</strong> Entsorger bzw. zu den vier Nachfolgeberufen dar, <strong>der</strong> Beruf des<br />
umwelttechnischen Assistenten kann an die Exponate <strong>der</strong> umweltanalytischen Messinstrumente<br />
angedockt werden.<br />
Baustein 1: Berufe im Umweltschutz – Geschichte <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />
Der Müllturm liefert den Ausgangspunkt für die Darstellung <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeiten im<br />
historischen Abriss. In Verbindung mit einer Collage aus Grafiken, Karikaturen, Zeitungsmeldungen<br />
etc. wird das Ausmaß <strong>der</strong> Umweltzerstörungen vor Augen geführt <strong>und</strong> zugleich<br />
auch die Notwendigkeit <strong>und</strong> die Verpflichtung zu Umweltschutzmaßnahmen verdeutlicht.<br />
Die ersten beruflichen Tätigkeiten im Umweltschutz entstanden in den aufstrebenden Städten<br />
des Mittelalters. Das Fehlen einer geordneten Entsorgung <strong>und</strong> Kanalisation führte hier dazu,<br />
dass Abfälle <strong>und</strong> Fäkalien <strong>der</strong> Einfachheit halber auf die Straßen gekippt o<strong>der</strong> in den Zwischenräumen<br />
zweier benachbarter Häuser deponiert wurden. „Nachtkönige“ o<strong>der</strong> „Pappenheimer“<br />
hatten die Aufgabe, diese Abfälle zu entsorgen. In Anbindung an die Müllsäule werden<br />
durch Grafiken die mittelalterlichen Gepflogenheiten zur Müllentsorgung dokumentiert.<br />
Ein Quiz (mechanische Klapptafeln o. Ä.) vergegenwärtigt dem Besucher die mittelalterliche<br />
Tätigkeit des „Nachtkönigs“:<br />
Ein „Nachtkönig“ war im Mittelalter…<br />
§ <strong>der</strong> Herrscher <strong>der</strong> Stadt <strong>von</strong> Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang<br />
§ ein „Partylöwe“ in den Vorläufern <strong>der</strong> heutigen Discos<br />
§ ein Arbeiter, <strong>der</strong> in den Nachtst<strong>und</strong>en den Abfall zu entsorgen hatte<br />
Mit zunehmen<strong>der</strong> Bevölkerungsdichte <strong>und</strong> Komplexität <strong>der</strong> Eingriffe des Menschen in seine<br />
Umwelt vor allem nach <strong>der</strong> industriellen Revolution reichten diese relativ einfachen Maßnahmen<br />
nicht mehr aus. Zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde <strong>der</strong> Bau <strong>von</strong> Kanalisations-<br />
<strong>und</strong> Kläranlagen in Form <strong>von</strong> Rieselfel<strong>der</strong>n verstärkt, die gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />
Abwasserklärung erfor<strong>der</strong>ten nunmehr Spezialisten. Diesen Zusammenhang verdeutlichen<br />
geeignete Grafiken mit Darstellungen zur technologischen Verän<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> mit einer Beschreibung<br />
des Ausbildungsgangs zum Klärfacharbeiter <strong>der</strong> 60er <strong>und</strong> 70er Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts:<br />
Mit <strong>der</strong> technischen <strong>und</strong> wissenschaftlichen Weiterentwicklung entstehen ab den 70er <strong>und</strong><br />
80er Jahren hoch technisierte Kläranlagen, <strong>der</strong>en Bedienung <strong>und</strong> Wartung schließlich eine<br />
gezielte Ausbildung erfor<strong>der</strong>n. Eine Schautafel dokumentiert diese Verän<strong>der</strong>ung:<br />
„Mangelndes Fachpersonal bei immer komplizierter werden<strong>der</strong> Technik, verschärfte<br />
Umweltgesetzgebung, immer höhere Anfor<strong>der</strong>ungen im naturwissenschaftlichen<br />
Bereich, zunehmende Probleme in <strong>der</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> nicht zuletzt das<br />
Fehlen anerkannter Ausbildungsberufe in diesem Bereich“ führen 1984 zum<br />
ersten Ausbildungsberuf:<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />
Fachrichtung Wasserversorgung, Abwasser, Abfall<br />
2002: Neuordnung des Berufes:<br />
Fachkraft für Abwassertechnik<br />
Fachkraft für Wasserversorgungstechnik<br />
Fachkraft für Kreislauf- <strong>und</strong> Abfallwirtschaft<br />
Fachkraft für Rohr-, Kanal- <strong>und</strong> Industrieservice<br />
28
B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Im Anschluss daran wird dem Besucher die Möglichkeit geboten, sich über den aktuellen<br />
Stand <strong>der</strong> Berufe im Bereich Umweltschutz zu informieren. In <strong>der</strong> technischen Realisierung<br />
bietet sich hierzu ein PC-gestütztes System an, das auf die entsprechenden Webseiten<br />
(http://berufenet.arbeitsamt.de) verweist, entwe<strong>der</strong> lokal auf Festplatte gespeichert o<strong>der</strong> auf<br />
direktem Weg mit Zugang zum Internet.<br />
Den Abschluss des Bausteins 1 könnte ein fiktiver Ausblick auf zukünftige <strong>Entwicklung</strong>en<br />
bieten, um auch hier den stetigen Wandel <strong>der</strong> Berufswelt zu verdeutlichen: Ein Beruf als<br />
„anthropogener Energieerzeuger“ etwa wird durch ein Standfahrrad mit Dynamo zur Stromerzeugung<br />
symbolisiert. Der Besucher kann hier in Eigenaktivität die nötige Energie zum<br />
Betreiben einer Lampe o. Ä. erzeugen.<br />
Baustein 2: Formen <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
Baustein 2 greift exemplarisch zwei Berufe aus dem Bereich des Umweltschutzes heraus <strong>und</strong><br />
zeigt die Spezifika <strong>der</strong> jeweiligen Berufsausbildung. Mit <strong>der</strong> Fachkraft für Abwassertechnik<br />
wird eine Berufsausbildung im dualen System präsentiert. Der umweltschutztechnische Assistent<br />
zeigt eine zweite Form des deutschen Berufsbildungssystems, die Ausbildung an einer<br />
Berufsfachschule.<br />
Über eine Schautafel werden die unterschiedlichen Ausbildungswege erläutert, Bil<strong>der</strong> zur<br />
Berufsausbildung, Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne, Auszüge aus Rahmenlehrplänen etc.<br />
r<strong>und</strong>en das Bild ab. Denkbar sind auch berufsk<strong>und</strong>liche Kurzfilme o<strong>der</strong> audiovisuelle Interviews<br />
mit Auszubildenden, in denen persönliche Eindrücke <strong>und</strong> Erfahrungen Platz finden<br />
können.<br />
In Anbindung an vorhandene Exponate (umweltanalytische Messgeräte) kann die Tätigkeit<br />
eines umwelttechnischen Assistenten aufgegriffen <strong>und</strong> eine weitere Besucheraktivität ermöglicht<br />
werden. Denkbar sind z. B. einfache chemische Experimente bzw. Messverfahren<br />
(Nachweis des Säuregehalts einer Lösung über pH-Indikator) o<strong>der</strong> die Betrachtung mikroskopischer<br />
Aufnahmen <strong>von</strong> Wasserorganismen.<br />
Verschiedene Vorrichtungen zur Umweltanalyse,<br />
www.deutsches-museum.de/ausstell/dauer/umwelt/umwelt1.htm<br />
29
M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Vielfältige Untersuchungen über die Motivation für den Besuch eines Museums haben ergeben<br />
1 , dass Besucher<br />
- ein kognitives Erlebnis suchen (83% gaben an, etwas Neues lernen zu wollen)<br />
- den Museumsbesuch als soziales Erlebnis verstehen (für zwei Drittel ist <strong>der</strong> Besuch eines<br />
Museums ein solches Erlebnis gemeinsam mit <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> mit Fre<strong>und</strong>en)<br />
- ins Museum gehen, um kostbare <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> seltene Dinge Original sehen zu können<br />
(92% gaben dies als Motiv an)<br />
- ins Museum gehen, um Kontemplation zu suchen (d. h. sich zum Nachdenken über an<strong>der</strong>e<br />
Epochen, die eigene Kindheit, Reiseerinnerungen o. Ä. anregen zu lassen).<br />
Daneben lassen sich weiter individuelle Motive zum Museumsbesuch feststellen:<br />
- den Museumsbesuch mit einer Fortbildungsveranstaltung zu verbinden,<br />
- im Museum Hinweise für eine wissenschaftliche Arbeit zu finden,<br />
- sich in <strong>der</strong> persönlichen Berufsfindung zu orientieren <strong>und</strong> Vieles mehr.<br />
Gerade den zuletzt genannten Aspekt möchte die Ausstellung „<strong>VISUBA</strong>“ beson<strong>der</strong>s berücksichtigen;<br />
jedoch soll die Konzeption insgesamt auch den eingangs eingeführten Erwartungshaltungen<br />
gerecht werden.<br />
Das ist kein leichtes Unterfangen bei einem Bereich wie dem <strong>der</strong> <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Entstehung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Druck- <strong>und</strong> Medienberufe, <strong>der</strong> einen immensen Zeitraum (ca. 5000<br />
Jahre) abdecken muss. Zwangsläufig können in diesem Zeitraum nur einige exemplarische<br />
Stationen herausgegriffen werden, anhand <strong>der</strong>er die facettenreiche <strong>Entwicklung</strong> vom Schreiber<br />
im alten Ägypten bis hin zum Mediengestalter unserer Zeit nachgezeichnet werden soll.<br />
Wo also beginnen mit dem Beginn <strong>der</strong> Schriftlichkeit <strong>von</strong> Informationen? Die am weitesten<br />
zurückreichenden „Schriftzeichen“ stellen die Höhlenmalereien <strong>von</strong> Lascaux dar, eine <strong>der</strong><br />
ältesten verbürgten Nachweise für eine bildliche Darstellung <strong>von</strong> vermutlich religiösen o<strong>der</strong><br />
kultischen Inhalten.<br />
Diese Frühformen tauchen dann in <strong>der</strong> Hieroglyphenschrift <strong>der</strong> Ägypter bzw. den chinesischen<br />
Schriftzeichen in abgewandelter Form wie<strong>der</strong> auf. Wir wollen jedoch nicht bis in diese<br />
Anfänge <strong>der</strong> schriftlichen/bildlichen Kommunikation zurückgehen, son<strong>der</strong>n als Beginn <strong>der</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sgeschichte <strong>von</strong> <strong>der</strong> Erfindung <strong>der</strong> Schrift etwa 3000 v. Chr. ausgehen. 2<br />
Als Schriftk<strong>und</strong>ige besaßen die Schreiber (eine eigene Bezeichnung für Lehrer gab es damals<br />
noch nicht) einen sehr hohen Status. So heißt es z. B. in <strong>der</strong> Lehre des Cheti, einer Art ältester<br />
Informationsschrift über Berufe: „Es gibt kein Handwerk, bei dem dir nicht jemand Befehle<br />
erteilt, ausgenommen das des Schreibers, denn er ist es, <strong>der</strong> die Befehle gibt.“<br />
In dieser Lehre des Cheti wird also <strong>der</strong> Beruf des Schreibers allen an<strong>der</strong>en nie<strong>der</strong>en Berufen<br />
<strong>und</strong> Beschäftigungen als überlegen dargestellt. Sie gilt allgemein als älteste überlieferte Berufssatire,<br />
„da alle nicht dem Schreiberstand angehörenden Berufe in teilweise überpointiertscharfer<br />
bis humoristisch-karikieren<strong>der</strong> Form geschil<strong>der</strong>t <strong>und</strong> abqualifiziert werden, um dafür<br />
einzig <strong>und</strong> allein die Schreibtätigkeit um so leuchten<strong>der</strong> als das allein erstrebenswerte Berufsideal<br />
anzupreisen.“ 3<br />
Im vermutlich ersten Schulbuch <strong>der</strong> Weltgeschichte, <strong>der</strong> Textsammlung „Kemit“ (= das Vollkommenene,<br />
Vollendete), die ca. 1900 v. Chr. entstanden ist, heißt es gar:<br />
„Werde Schreiber, das bewahrt dich vor Mühsal <strong>und</strong> schützt dich vor je<strong>der</strong> Art <strong>von</strong> Arbeit. Es<br />
1<br />
Schäfer, Hermann: Besucherforschung im Haus <strong>der</strong> Geschichte. In: Museumsfragen. Museen <strong>und</strong> ihre Besucher.<br />
Berlin 1996, S. 143-155<br />
2<br />
Waetzold, Hartmut: Der Schreiber als Lehrer in Mesopotamien. In: Liedtke u. a. (Hrsg.): Schreiber. Magiker.<br />
Lehrer. Bad Heilbrunn 1989, S. 33<br />
3<br />
Grimm, Alfred / Schoske, Sylvia: Stimmen vom Nil. Altägypten im Spiegel seiner Texte. München 2002, S. 40<br />
30
M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
befreit dich da<strong>von</strong>, die Hacke o<strong>der</strong> den Korb tragen zu müssen o<strong>der</strong> das Ru<strong>der</strong> zu bewegen.<br />
Es schützt dich vor Qualen, denn du hast nur wenige Herren <strong>und</strong> Vorgesetzte über dir.“ 4<br />
Dieses Buch kann demnach als eine Art Imagewerbung für den Beruf des Schreibers aufgefasst<br />
werden, schließt doch die Textsammlung mit <strong>der</strong> Versicherung:<br />
„Werdet Beamte! Denn ein Schreiber auf irgendeinem Posten des Staates, <strong>der</strong> leidet dort<br />
wahrlich keine Not!“ 5<br />
Es war zu dieser Zeit beliebt bei hohen Beamten sich als Schreiber darstellen zu lassen. In<br />
einer Ausstellung im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst (Dez. 2002 – Mai 2003) war als<br />
beeindruckendes Exponat eine Statue aus schwarzem Granit zu sehen, die einen Schreiber zur<br />
Zeit um 1400 v. Chr. darstellt. Über seiner Schulter hing das damals verwendete Schreibzeug<br />
(u. a. Binsen als Schreibfe<strong>der</strong>n) <strong>und</strong> auf seinen Knien lag eine teilweise entrollte, mit Hieroglyphen<br />
beschriebene Papyrusrolle.<br />
Im Ausstellungskatalog heißt es zu dieser Statue:<br />
„Mit <strong>der</strong> Figur des Schreibers … verbindet <strong>der</strong> Ägypter den Weisen, <strong>der</strong> seine Sicht <strong>der</strong> Welt<br />
auf <strong>der</strong> Papyrusrolle festhält <strong>und</strong> mit sich trägt. …Darüber hinaus ist die Schreiberfigur die<br />
Darstellung eines hohen sozialen <strong>und</strong> beruflichen Ranges. Sie kennzeichnet den Schriftk<strong>und</strong>igen,<br />
<strong>der</strong> die Spitzenposition <strong>der</strong> Staatsverwaltung einnimmt.“ 6<br />
Vorgeschlagene Aktivität zu dieser 1. Station:<br />
Schreibutensilien, die in Ägypten verwendet wurden, nachbilden <strong>und</strong> Besucher mit Binsenfe<strong>der</strong>n<br />
Schriftzeichen nachvollziehen lassen.<br />
Weitere <strong>Visualisierung</strong>smöglichkeit:<br />
Ausstellung eines Original-Papyrus, Darstellung <strong>von</strong> Ostraka (Tontafeln) o<strong>der</strong> Gefäßen, auf<br />
die geschrieben wurde.<br />
Von <strong>der</strong> Lehre des Cheti existiert in <strong>der</strong> Sammlung des Staatlichen Museums Ägyptische<br />
Kunst in München ein Ostrakon. Die oben beschriebene Statue eines Schreibers stammt aus<br />
<strong>der</strong> Sammlung des Ägyptischen Museums in Berlin.<br />
Über die Berufsausbildung zum Schreiber gibt es nur unzureichende Quellen. Aus ihnen geht<br />
zudem nicht eindeutig hervor, zu welcher Tageszeit <strong>der</strong> Unterricht stattfand. Fischer-Elfert 7<br />
geht da<strong>von</strong> aus, dass in <strong>der</strong> Verwaltung tätige Beamte diesen Unterricht hielten <strong>und</strong> dass es<br />
feste Unterrichtszeiten gegeben haben muss.<br />
Die Schüler hatten die klassischen Werke <strong>der</strong> altägyptischen Literatur abzuschreiben, entwe<strong>der</strong><br />
<strong>von</strong> einer Vorlage o<strong>der</strong> nach Diktat. Im Buch „Kemit“ finden sich als Lehrstoff offizielle<br />
Einleitungsfloskeln <strong>von</strong> Briefen, Höflichkeitsformen, mit denen Ranghöhere angesprochen<br />
wurden, o<strong>der</strong> Schreibanleitungen für Biografien, die vor allem in Gräbern die Wände zierten.<br />
Fischer-Elfert weist in seinem Aufsatz aber auch darauf hin, dass es zur damaligen Zeit auch<br />
Kritik am Schreiberstand <strong>und</strong> seinen Ausbildungsmethoden gegeben hat, die sich darauf richtet,<br />
dass das „unreflektierte Dahersagen <strong>von</strong> Passagen aus literarischen Standardwerken“<br />
nichts mit Bildung zu tun habe. Der Verfasser betont in diesem Zusammenhang auch, dass<br />
das <strong>von</strong> den schriftlichen Quellen gezeichnete Bild des Schreibers stark idealisiert sei.<br />
„Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die eigene Abgrenzung gegenüber den übrigen, als min<strong>der</strong>wertig<br />
betrachteten Berufen. Es darf hierbei nicht vergessen werden, dass die relevanten Texte<br />
durchweg aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> <strong>von</strong> Angehörigen aus <strong>der</strong> eigenen Zunft stammen, die Perspektive<br />
also stets die gleiche, einseitige ist.“ 8<br />
4 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 41<br />
5 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 42<br />
6 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 44<br />
7 <strong>der</strong>s., Hans-Werner: Der Schreiber als Lehrer in <strong>der</strong> frühen ägyptischen Hochkultur. In: Liedke: Schreiber,<br />
Magister, Lehrer. S. 61<br />
8 Fischer-Elfert: a.a.O., S. 68<br />
31
M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
2. Station: Mittelalterliche Skriptorien<br />
An die 96 Prozent <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung im Mittelalter waren des Lesens <strong>und</strong> Schreibens<br />
nicht k<strong>und</strong>ig. 9<br />
Anfangs bestand die mittelalterliche Kultur überwiegend aus einer oralen Kultur. Über die<br />
Frage, wie weit <strong>und</strong> wie lange sich das mittelalterliche Analphabetentum ausgebreitet hat, gibt<br />
es wi<strong>der</strong>sprüchliche Aussagen. „Es gibt prominente Beispiele, <strong>von</strong> Karl dem Großen, dem<br />
Initiator einer großen geistig-künstlerischen Renaissance, <strong>der</strong> anscheinend lesen konnte, aber<br />
das Schreiben nie gelernt hat bis zu den späteren Jahrh<strong>und</strong>erten: … 1358 konnten <strong>von</strong> dreizehn<br />
Meißner Domherren fünf nicht unterschreiben, 1370 <strong>von</strong> den dreizehn Angehörigen des<br />
Brixener Domkapitels nicht ein einziger.“ 10<br />
Bis ins 12. Jahrh<strong>und</strong>ert waren die Klöster fast die alleinigen Zentren des geistigen Lebens. In<br />
Klosterschulen erhielten Geistliche ihre Ausbildung; in den Skriptorien (Schreibstuben) wurden<br />
in mühsamer Arbeit Bücher kopiert. Die Tätigkeit eines Schreibers wurde als körperlich<br />
beeinträchtigend empf<strong>und</strong>en. Aufschluss darüber gibt die Notiz eines Schreibers aus dem 8.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert:<br />
„O glücklichster Leser, wasche Deine Hände <strong>und</strong> fasse so das Buch an, drehe die Blätter<br />
sanft, halte die Finger weit ab <strong>von</strong> den Buchstaben, <strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht weiß zu schreiben, glaubt<br />
nicht, dass dies eine Arbeit sei. O, wie schwer ist das Schreiben. Es trübt die Augen, quetscht<br />
die Nieren <strong>und</strong> bringt zugleich allen Glie<strong>der</strong>n Qual. Die Finger schreiben, <strong>der</strong> ganze Körper<br />
leidet.“ 11<br />
Wie angesehen <strong>der</strong> Schreiberberuf dennoch auch im Mittelalter war, bezeugen Anmerkungen<br />
in Chroniken. So wird in einer Handschrift aus <strong>der</strong> Bayerischen Staatsbibliothek aus dem Jahr<br />
1160 eine Abbildung gezeigt, die einen Schreiber auf dem Totenbett darstellt. Seine Arbeit<br />
wird im Beisein Christi in <strong>der</strong> Waagschale <strong>der</strong> gesamten Werke gewogen. Der Erfolg zeigt<br />
sich in <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> Seele in den Himmel.<br />
Im Skriptorium wurden die Schreibtätigkeiten abgestuft:<br />
„Wenn ein Kloster eine große Bibliothek aufzubauen gedachte, … konnte die Gemeinschaft<br />
<strong>der</strong> Schreiber <strong>und</strong> Maler einen lebendigen Organismus bilden. Jüngere Personen, die in diese<br />
Gemeinschaft eintraten, wurden je nach Eignung <strong>und</strong> Übung vom einfachen Arbeiten stufenweise<br />
an qualifiziertere Arbeiten herangeführt, bis hin zum Schreiben liturgischer Bücher.“ 12<br />
Die Texte wurden überwiegend lateinisch geschrieben, sodass sich allmählich zwei Gruppen<br />
formierten, die des lateink<strong>und</strong>igen Mönchs o<strong>der</strong> Klerikers, des litteratus, <strong>und</strong> des schrift- <strong>und</strong><br />
lateinunk<strong>und</strong>igen Laien, des illitteratus. Bis in die Neuzeit blieben zwar Abteien <strong>und</strong> Stifte<br />
Träger <strong>der</strong> Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung. Mit dem Aufkommen <strong>der</strong> Städte im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
werden jedoch durch den zunehmenden Fernhandel Kenntnisse notwendig, die mit lateinischer<br />
Grammatik <strong>und</strong> Rhetorik nichts mehr zu tun haben. Ab Mitte des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts trat<br />
das städtische Bürgertum als Schulträger <strong>und</strong> oft auch Konkurrent <strong>der</strong> kirchlichen Lehranstalten<br />
auf. „Der Unterricht in <strong>der</strong> Umgangssprache bricht das Bildungsmonopol <strong>der</strong> Geistlichen<br />
<strong>und</strong> zielt die Verweltlichung <strong>der</strong> Kultur nach sich.“ 13<br />
<strong>Visualisierung</strong>svorschlag: Der Film „Der Himmel voller Bil<strong>der</strong>“, hergestellt vom Bayerischen<br />
R<strong>und</strong>funk 1995 zeigt die <strong>Entstehung</strong> des Perikopenbuchs Heinrichs II. <strong>und</strong> dokumentiert u. a.<br />
die Herstellung des Pergaments, die Buchmalerei <strong>und</strong> die Technik des Buchbindens. Der eindrucksvolle<br />
Film verdeutlicht allgemein die Bedeutung des Schreibens im frühen Hochmittelalter,<br />
das als verdienstvolles Tun empf<strong>und</strong>en wurde, das dem Schreiber Gnade vor Gott gewährt.<br />
9 Otto Borst: Alltagsleben im Mittelalter. Ffm 1983, S. 502. Um 1200 lebten in Deutschland r<strong>und</strong> acht Millionen<br />
Menschen (Kuschner, Joachim: Deutschland im späten Mittelalter. Göttingen 1995, S. 25)<br />
10 Borst: a.a.O., S. 513<br />
11 CD-ROM „Geschichte multimedial“, hergestellt vom Bayerischen R<strong>und</strong>funk<br />
12 a.a.O.<br />
13 Borst: a.a.O., S. 516<br />
32
M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Zur Bedeutung <strong>der</strong> Städte für die <strong>Entstehung</strong> <strong>von</strong> Berufen<br />
Exkurs: Die Ausbildung städtischer Lebensformen (Hans-Werner Goetz: Leben im Mittelalter,<br />
München 1986)<br />
„Diese <strong>Entwicklung</strong> erst för<strong>der</strong>te die Ausbildung eines typisch städtischen Lebens, das durch<br />
die Nachbarschaft in engen Hausparzellen sowie einerseits durch ein Zusammensiedeln gleicher<br />
Berufe in <strong>der</strong>selben Straße o<strong>der</strong> im gleichen Viertel, an<strong>der</strong>erseits durch die Ansammlung<br />
verschiedenster Berufe <strong>und</strong> Schichten vom reichen Patrizier bis zum abhängigen Hausdiener<br />
auf engem Raum geprägt war. Dass die einzelnen Schichten in <strong>der</strong> Stadt sich sehr wohl in<br />
ihrer Lebensführung sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Bereich unterschieden,<br />
versteht sich <strong>von</strong> selbst. Die reichen Bürger erstrebten noch kein ‚bürgerliches’ Leben, das<br />
sich eher als zwangsläufige Folge <strong>der</strong> tatsächlich an<strong>der</strong>sgearteten, eben städtischen Bedingungen<br />
entwickelte, sie suchten vielmehr in mancherlei Hinsicht das adlige Leben nachzuahmen.<br />
(…)<br />
Die unteren Schichten, die vielfach am Rande des Existenzminimums lebten, konnten sich ein<br />
solches Leben nicht leisten, den aufstrebenden Mittelschichten aber wurde es geradezu untersagt,<br />
denn spätestens seit dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden die sozialen Schranken in vielen Städten<br />
gesetzlich verankert. ‚Dienende Knechte’ durften (etwa in Augsburg) an keinem Reigen<br />
teilnehmen, bei dem eine Bürgerin anwesend war, keine große Hochzeit feiern, sie wurden<br />
auf eine bestimmte Klei<strong>der</strong>ordnung festgelegt <strong>und</strong> zumindest de facto <strong>von</strong> jedem politischen<br />
Einfluss ferngehalten. So konnten sich, trotz (<strong>und</strong> wegen) <strong>der</strong> Einheit des Lebensraumes ständische<br />
Unterschiede auch in <strong>der</strong> Stadt entwickeln. (…)<br />
Das Leben <strong>der</strong> Handwerker war vornehmlich durch ihre Arbeit geprägt, wobei sich dem<br />
Meister aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> sozialen Stellung <strong>und</strong> <strong>der</strong> selbständigen Tätigkeit weit größere Möglichkeiten<br />
boten als dem Gesellen. Auch wenn ihnen <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Jahreszeit meist unabhängige<br />
Arbeitsrhythmus größere Spielräume ließ als dem Bauern, so verhin<strong>der</strong>te doch schon die<br />
Kombination <strong>von</strong> Werkstatt <strong>und</strong> Wohnung in einem Haus eine geregelte Arbeitszeit. An<strong>der</strong>erseits<br />
wuchs durch die Arbeit im eigenen Haus die Familie zu einer engeren Lebensgemeinschaft<br />
zusammen, zumal die im Haus lebenden Gesellen <strong>und</strong> Lehrlinge hier integriert <strong>und</strong> die<br />
Handwerkerfrauen vielfach am eigenen Betrieb <strong>und</strong> am städtischen Wirtschaftsleben beteiligt<br />
waren. …<br />
Die Bevölkerungskonzentration <strong>und</strong> das Treiben in <strong>der</strong> Stadt för<strong>der</strong>ten auch die Zunahme <strong>von</strong><br />
Dienstleistungsberufen, die teils, wie <strong>der</strong> Büttel o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Henker im ‚öffentlichen’ Dienst als<br />
Funktionsträger des Stadtherrn <strong>und</strong> des Rates agierten, teils aber auch private Geschäfte betrieben.<br />
Der Reiseverkehr för<strong>der</strong>te die Einrichtung <strong>von</strong> Gasthäusern; wohl im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
entstanden städtische Badestuben, wobei <strong>der</strong> Ba<strong>der</strong> meist zugleich die Funktion des Friseurs<br />
<strong>und</strong> des Arztes o<strong>der</strong> Heilpraktikers übernahm. Etwa in <strong>der</strong> gleichen Zeit hielt auch die Prostitution<br />
Einzug in die Städte, wenn Nachrichten über ein organisiertes Dirnenwesen <strong>und</strong> bordellartige<br />
Häuser auch erst aus dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert vorliegen. Als Ausgleich zum eintönigen<br />
Alltagsleben wurden auch in <strong>der</strong> Stadt die Festtage zu religiösen ebenso wie zu geselligen<br />
Feiern benutzt, sah man auch hier gern den durchreisenden Spielleuten <strong>und</strong> Gauklern zu <strong>und</strong><br />
erfuhr <strong>von</strong> Pilgern <strong>und</strong> Reisenden neue Nachrichten aus <strong>der</strong> ‚Welt’.“<br />
Station: Der Papiermacher (Papierer, Papiermüller)<br />
Zeit: Die Kunst <strong>der</strong> Papierherstellung verbreitete sich ab dem 11. Jh. in Europa<br />
In China war die Papierherstellung zwar schon im ersten vorchristlichen Jahrh<strong>und</strong>ert bekannt,<br />
in Deutschland setzte sich jedoch erst 1390 die erste Papiermühle in Bewegung. Der<br />
Schreib- <strong>und</strong> Bedruckstoff, <strong>der</strong> aus Lumpen hergestellt wurde, ersetzte zunehmend das viel<br />
teurere Pergament aus Tierhäuten.<br />
Abb.: Der Papyrer (Pies, Eike: Zünftige <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e alte Berufe, S. 109)<br />
33
M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Die Papiermacher begründeten keine eigene Zunft, son<strong>der</strong>n fanden sich mit an<strong>der</strong>en Handwerken<br />
in Mischzünften zusammen, da nur vermögende Kaufleute das Kapital für die hohen<br />
Investitionskosten aufbringen konnten. Dies stellten erfahrene Papiermacher (Stückmeister)<br />
an <strong>und</strong> betrieben meist nur die Vermarktung ihrer Produkte. Nach <strong>der</strong> Handwerksordnung<br />
dauerte die Lehrzeit vier Jahre (für Meistersöhne nur drei Jahre). "Der Abschluss wurde mit<br />
dem ' Lehrbräten' gefeiert. Danach arbeitete <strong>der</strong> Junggeselle noch 14 Tage auf <strong>der</strong> Mühle,<br />
erhielt als 'ehrliches Geschenk' einen Bechertrunk <strong>und</strong> wurde auf die Wan<strong>der</strong>schaft <strong>von</strong> Mühle<br />
zu Mühle geschickt, wobei er sich mit dem Gruß 'Mit Gunst <strong>und</strong> wegens Handwerk' als<br />
Papiermacher zu erkennen gab."<br />
Papiermacher gehörten zu den geschenkten Handwerken (= Unterabteilung des geschworenen<br />
Handwerks mit weit reichen<strong>der</strong> Gewerbeordnung, fester Lehr- <strong>und</strong> Gesellenzeit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Verpflichtung zur Anfertigung eines Meister- o<strong>der</strong> Probestücks), bei denen die Gesellen<br />
während <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>schaft Anspruch auf Unterstützung, freie Verpflegung <strong>und</strong> Unterkunft<br />
hatten. Für die Papiermacher galt jedoch die sonst obligatorische Ablegung eines Gesellen-<br />
o<strong>der</strong> Meisterstückes nicht. Nur <strong>der</strong> konnte Meister werden, <strong>der</strong> eine Mühle erbte, erwarb<br />
o<strong>der</strong> pachten konnte. Deshalb blieben die Mühlen meist über mehrere Generationen in einer<br />
Familie; die meisten Gesellen waren so ihr Leben lang Stückmeister.<br />
Papierherstellung: Bis zu 60 Arbeitsschritte waren notwendig, um aus Lumpen Papier herzustellen.<br />
Neben Lehrlingen, Gesellen <strong>und</strong> Stückmeistern arbeiteten zahlreiche Hilfskräfte -<br />
vor allem auch Frauen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> als Tagelöhner - in den Papiermühlen. Sie waren Lumpenreißer,<br />
Sortierer, Wäscher, Stampfer, Formenmacher, Büttknecht, Gautscher, Leger,<br />
Glätter, Mühlbereiter, Trockner, Leimer <strong>und</strong> Packer <strong>und</strong> arbeiteten 12 bis 15 St<strong>und</strong>en täglich.<br />
Durch den Umgang mit fauligen Lumpen litten sie häufig an Milzbrand. Nässe <strong>und</strong><br />
Luftzug an ihrem Arbeitsplatz begünstigten rheumatische Erkrankungen. Nur mit obrigkeitlicher<br />
Genehmigung konnte eine Papiermühle betrieben werden. Je<strong>der</strong> Mühle wurde ein<br />
bestimmter Lumpensammelbezirk zugewiesen. "Von den Lumpensammlern wurden die<br />
Ha<strong>der</strong>n (=Lumpen) an die Mühlen geliefert, wo <strong>der</strong> Rohstoff auf dem Lumpenboden je nach<br />
Textilien für unterschiedliche Papierqualitäten sortiert, <strong>von</strong> Knöpfen befreit <strong>und</strong> durch trockenes<br />
Schaben mit dem Messer o<strong>der</strong> Waschen vom gröbsten Schmutz befreit wurde."<br />
(Pies, a.a.O., 5.110)<br />
24 St<strong>und</strong>en lang wurden die Lumpen dann unter Zugabe <strong>von</strong> Kalk zu "Halbzeug" zerstampft.<br />
Nach einigen Tagen Lagerung wurden sie dann zu "Ganzzeug" zerkleinert, das in <strong>der</strong> Bütte<br />
mit Wasser aufgelöst wurde. Anschließend tauchte <strong>der</strong> Schöpfer ein Drahtsieb in den Papierbrei<br />
<strong>und</strong> schöpfte den Bogen durch gleichmäßiges Schütteln; Aufgabe des Gautschers war,<br />
den Bogen aus dem Sieb auf einen Filz zu stülpen <strong>und</strong>, wenn er 181 Bogen zwischen den Filzen<br />
abgelegt hatte, das restliche Wasser aus dem Stapel zu pressen. Danach kam <strong>der</strong> Leger<br />
zum Einsatz, <strong>der</strong> die Papierbogen <strong>von</strong> den Filzen trennte <strong>und</strong> sie weitergab zum Trocknen. In<br />
<strong>der</strong> Regel wurde das Papier <strong>von</strong> weiblichen Hilfskräften auf den Trockenboden gebracht <strong>und</strong><br />
auf Leinen aufgehängt. Leimer tauchten das Papier in einen aus Tierknochen <strong>und</strong> Le<strong>der</strong>resten<br />
selbst zubereiteten Leim, pressten es erneut aus <strong>und</strong> trockneten es wie<strong>der</strong>. Zum Abschluss<br />
folgten die "Saalarbeiten", bei denen die schlechten Bögen aussortiert, das Papier geglättet<br />
<strong>und</strong> beschnitten wurde. Die Packer hatten dann noch die Aufgabe die Bögen jeweils zu einem<br />
Ries (= 500 Bogen Druckpapier) abzuzählen <strong>und</strong> zu verpacken.<br />
Aktivität: Papier schöpfen<br />
Text: Der alte Lumpe kommt durch Fleiß<br />
Zu neuen Nutzen schön <strong>und</strong> weiß:<br />
Sollst du mein Werk verächtlich bleiben? Hervor<br />
aus altem Sünden-Stand,<br />
Ganz neu <strong>und</strong> rein, daß Gottes Hand<br />
Auff dich mög seinen Willen schreiben.<br />
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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
3. Station: Der Buchdrucker<br />
Zeit: Mitte des 15. Jhs., Erfindung des Buchdrucks<br />
„Ohne Gutenberg keine Reformation, keine Schulpflicht, keine GoetheAusgaben,<br />
keine Aufklärung, kein Quelle-Katalog <strong>und</strong> keine Zeitungen.“ (FAZ, Zeitungsdruck<br />
im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, 12/2001)<br />
Als Johannes Gutenberg aus Mainz um 1440 Druckbuchstaben aus Metall (bewegliche<br />
Drucklettern) erfand, die seitenverkehrt erhaben gegossen, gedruckt, aber seitenrichtig auf<br />
dem Papier standen, begann das Buch seinen Siegeszug als Bildungs- <strong>und</strong> Kulturgut, das<br />
leicht zu vervielfältigen war <strong>und</strong> deshalb zu erschwinglichen Preisen <strong>von</strong> je<strong>der</strong>mann erworben<br />
werden konnte. Bis dahin waren zu Büchern geb<strong>und</strong>ene Pergamenthandschriften nahezu<br />
unbezahlbare Unikate, die sich nur wenige Reiche leisten konnten. Bereits 50 Jahre zuvor<br />
stand durch die Inbetriebnahme <strong>der</strong> ersten Papiermühle in Deutschland ein kostengünstiger<br />
Bedruckstoff zur Verfügung, <strong>der</strong> immer mehr das teure Pergament verdrängte. War <strong>der</strong><br />
Buchdrucker zu Anfang gleichzeitig auch Schriftgießer <strong>und</strong> Schriftsetzer, Verleger <strong>und</strong><br />
Buchhändler in einer Person, so verselbstständigten sich in späterer Zeit diese Tätigkeitsfel<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> führten zu eigenen Berufsgruppen.<br />
Die Arbeit begann mit dem Gießen <strong>der</strong> einzelnen Buchstaben, wobei das Buchstabenbild auf<br />
die glatte Oberfläche eines vierkantigen Eisenstäbchens übertragen <strong>und</strong> das nichtdruckende<br />
Umfeld durch Sticheln <strong>und</strong> Feilen tiefergelegt wurde. Die auf diese Weise entstandene Patrice<br />
wurde in eine weichere Kupferlegierung abgeschlagen <strong>und</strong> erzeugte die Matrize mit ihrem<br />
seitenrichtigen, vertieften Bild. In einem Gießinstrument wurde dann durch Eingießen einer<br />
erhitzten Bleilegierung die wie<strong>der</strong>um seitenverkehrte Drucktype erzeugt, die mit Hilfe <strong>der</strong><br />
Matrize in je<strong>der</strong> beliebigen Menge gegossen werden konnte. Die einzelnen, in Blei auf etwa<br />
24 mm hohen Stäbchen gegossenen Buchstaben <strong>und</strong> Zeichen wurden aus dem Setzkasten mit<br />
ungefähr 120 Fächern genommen <strong>und</strong> dem Manuskript entsprechend auf einem seitengroßen<br />
Tisch aneinan<strong>der</strong> gereiht. Die Kunst bestand darin, durch verän<strong>der</strong>bare Wortzwischenräume<br />
gleich lange Zeilen (Blocksatz) zu erreichen, um diese dann zu einer Kolumne <strong>und</strong> schließlich<br />
zu einer Druckseite zusammenzufügen. Nach dem Druck wurden dann die einzelnen Typen<br />
wie<strong>der</strong> in den Setzkasten zurückgelegt, um später erneut verwendet werden zu können. Vor<br />
dem Druck mit <strong>der</strong> hölzernen Handpresse, die <strong>der</strong> Buchdrucker häufig selbst gebaut hatte,<br />
mussten die einzelnen Seiten in <strong>der</strong> Druckform in geeigneter Weise zusammengestellt werden.<br />
Exaktes Zurichten <strong>und</strong> das gleichmäßige Einfärben <strong>der</strong> Form bei jedem neuen Druckbogen<br />
waren notwendig, um gleich bleibend gute Abzüge herzustellen.<br />
Während <strong>der</strong> Pressmeister für das Einrichten <strong>der</strong> Presse, das Ein <strong>und</strong> Ablegen <strong>der</strong> Bögen <strong>und</strong><br />
den gleichmäßigen Druck beim Ziehen des Bengels zu sorgen hatte <strong>und</strong> dann auch die Qualität<br />
<strong>der</strong> einzelnen Druckbögen begutachtete, war <strong>der</strong> Ballenmeister für das Anreiben <strong>der</strong> Farben<br />
<strong>und</strong> den gleichmäßigen Farbauftrag auf die Form mit den le<strong>der</strong>überzogenen Druckerballen<br />
verantwortlich, die er selbst herstellte <strong>und</strong> für <strong>der</strong>en Pflege er zu sorgen hatte. Dem Meister<br />
mussten also zahlreiche Helfer, d. h. Lehrlinge <strong>und</strong> Gesellen, zur Seite stehen.<br />
Abbildungen: Buchdrucker <strong>und</strong> Schriftgießer (Pies, a.a.O., S.43)<br />
Text: Buchdrucker<br />
Ich bin geschicket mit <strong>der</strong> preß<br />
So ich aufftrag den Fimiß reß<br />
So bald mein dienr den bengel zuckt<br />
So ist ein bogn papyrs gedruckt.<br />
Da durch kombt manche kunst an tag<br />
Die man leichtlich bekommen mag.<br />
Vor zeiten hat man die bücher geschribn<br />
Zu Meintz die kunst ward erstlich triebn.<br />
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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Schrifftgießer<br />
Ich geuß die Schrifft zu <strong>der</strong> Druckrey Gemacht<br />
aus Wißmat, Zin <strong>und</strong> Bley<br />
Die kann ich auch gerecht justiern<br />
Die Buchstaben zusammn ordniern Lateinisch<br />
<strong>und</strong> Teutscher Geschrifft<br />
Was auch die Griechisch Sprach antrifft<br />
Mit Versalen, Puncten <strong>und</strong> Zügn<br />
Daß sie zu <strong>der</strong> Truckrey sich fügen.<br />
4. Station: Der Lithograph<br />
a) Zeit: 1798/99<br />
Als erstes Flachdruckverfahren wurde 1798/99 <strong>von</strong> Alois Senefel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Steindruck (die Lithographie)<br />
erf<strong>und</strong>en, bei dem die farbspeichernden <strong>und</strong> damit druckenden Elemente mit den<br />
farbfreien Flächen in einer Ebene liegen. Es wird auch als "chemisches Druckverfahren" bezeichnet,<br />
weil hierbei das gegensätzliche Verhalten <strong>von</strong> Fett <strong>und</strong> Wasser die Basis für den<br />
Druck abgibt. Als Druckträger dient eine massive, glatt polierte Steinplatte auf die mit fetthaltiger<br />
Kreide o<strong>der</strong> Tusche seitenverkehrt gezeichnet wird. Danach wird die Oberfläche so präpariert,<br />
dass die Zeichnung Farbe aufnimmt, die freien Flächen dagegen die Farbe abstoßen.<br />
Für jede Farbe des zu druckenden Bildes benötigt man einen entsprechenden Stein, dessen<br />
Zeichnung passgenau stehen muss. Mit Druckfarbe eingefärbt, können die Steine Zug um Zug<br />
mit einer speziellen Presse gedruckt werden - mit Handpressen o<strong>der</strong> mit halbautomatischen<br />
Lithopressen. (Weiterentwicklung im Offsetdruck, basiert ebenfalls auf dem Prinzip <strong>der</strong> Abstoßung<br />
<strong>von</strong> Wasser <strong>und</strong> Fett).<br />
5. Station: Setzer<br />
a) Satztechnik zur Zeit Gutenbergs:<br />
Die älteste Satztechnik ist <strong>der</strong> Bleisatz o<strong>der</strong> Handsatz, bei dem Buchstabe für Buchstabe <strong>von</strong><br />
links nach rechts in einen Winkelhaken (wichtigstes Arbeitsgerät des Handsetzers, das in verschiedenen<br />
Längen erhältlich ist) gesetzt wird. Der Einzelbuchstabe, das Druckbild, muss<br />
dabei auf dem Kopf stehen. Mit Blindmaterial wird jeweils eine Zeile ausgeschlossen, <strong>der</strong>en<br />
Länge stets gleich bleibend mit dem "Frosch" des Winkelhakens markiert wird. Zeile für Zeile<br />
entsteht so <strong>der</strong> Text, <strong>der</strong> abschließend mit einer Kolumnenschnur "ausgeb<strong>und</strong>en" wird, wobei<br />
die einzelnen Zeilen als Block mit einer Schnur fest umwickelt werden.<br />
Wesentlich schneller entsteht <strong>der</strong> Bleisatz im Zeilenguss-Verfahren, bei dem mit kompletten<br />
Zeilen hantiert wird, die problemlos auszubinden sind. Mit dem Satzschiff erfolgt dann <strong>der</strong><br />
Transport des Bleisatzes zu einer Handpresse, zumeist einer Zylin<strong>der</strong>abziehpresse. Hierauf<br />
erfolgt das Einheben <strong>der</strong> Form in die Presse, mit <strong>der</strong> ein Andruck, ein Korrekturabzug, gemacht<br />
wird. Ein einfacher Bürstenabzug war auch möglich (dabei wurde gefeuchtetes Papier<br />
zunächst mit einer Bürste leicht auf dem eingefärbten Druckstock festgeklopft, anschließend<br />
wurde ein trockenes Blatt o<strong>der</strong> eine Lage Löschpapier darüber gelegt <strong>und</strong> kräftig weitergeklopft,<br />
bis überall eine Schattierung entstanden war; man zog dann das Papier mit <strong>der</strong> Hand<br />
ab <strong>und</strong> korrigierte den Satz). Nach <strong>der</strong> Korrektur wurde <strong>der</strong> Satz in die Druckmaschine eingebaut<br />
- <strong>der</strong> Auflagendruck konnte beginnen. Nach Beendigung des Druckvorgangs sind umfangreiche<br />
Nacharbeiten notwendig: Reinigen des Bleisatzes mit Bürste <strong>und</strong> Formenwaschmittel,<br />
Transport auf einem Satzschiff in die Setzerei, Ablegen <strong>der</strong> einzelnen Lettern in die<br />
Fächer des Setzkastens, Einsortieren des Blindmaterials <strong>und</strong> Aussortieren lädierter Satzelemente.<br />
Abbildung: Bild aus einer Setzerei (Druckabteilung des Deutschen Museums)<br />
Ein ehemaliger Schriftsetzer über seinen Beruf:<br />
„Unsere Finger wurden schwarz vom Blei <strong>der</strong> Lettern, <strong>und</strong> <strong>der</strong> beste Waschsand konnte die<br />
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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
Ablagerungen in den Rillen <strong>der</strong> Haut nicht mehr wegkriegen - wir waren stigmatisiert.<br />
Der Setzersaal war in so genannte Gassen geglie<strong>der</strong>t, die aus den Regalen <strong>der</strong> Setzkästen gebildet<br />
wurden. In je<strong>der</strong> Gasse herrschte ein an<strong>der</strong>er Meister, manche darunter beson<strong>der</strong>s gefürchtet.<br />
Je<strong>der</strong> Meister hatte Gehilfen <strong>und</strong> Lehrlinge in seinem Gefolge. Im Laufe seiner Lehrzeit wurde<br />
je<strong>der</strong> Lehrling <strong>von</strong> Meister zu Meister weitergereicht - eine Odyssee des Schreckens.<br />
Das ganze zweite Lehrjahr hindurch schuftete ich zusammen mit zwei an<strong>der</strong>en Jungsklaven<br />
an einem Wirtschaftskompass, einer telefonbuchdicken Angelegenheit voller Firmendaten<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftsbilanzen. In <strong>der</strong> Maschinensetzerei hätte die Arbeit in einem Bruchteil <strong>der</strong> <strong>von</strong><br />
uns benötigten zeit bewältigt werden können.<br />
So setzten wir Zeile für Zeile in unsere Winkelhaken <strong>und</strong> bauten Spalte für Spalte die Kolumnen<br />
auf unseren Blechschiffen auf. Unter Schiff stellt euch übrigens so eine Art Backblech für<br />
den bleiernen Teig <strong>der</strong> Sprache vor.<br />
Im Jahr darauf benötigten wir dann Krankenkassenbrillen, die uns aber einen intellektuellen<br />
Touch verliehen. Die wirklich mythische Einweihung, <strong>der</strong> eigentliche Ritus des Eintritts in<br />
die Vorhöfe des Druckens, war sicherlich das Ereignis <strong>der</strong> ersten Jungfrau, wobei es sich<br />
nicht um ein holdes Mägdelein handelte, vielmehr: Wenn <strong>der</strong> gestrenge Korrektor auf dem<br />
Bürstenabzug einer gesetzten Kolumne keinen einzigen Anlass für eine Korrektur fand, dann<br />
nannte er es eine Jungfrau, rein <strong>und</strong> unbefleckt. (Exkurs zur Sprache <strong>der</strong> Setzer)<br />
Viele seltsame Vögel werkten in <strong>der</strong> Setzerei, Lebensformen zu Karikaturen mutiert, intelligente<br />
Menschen, die das lebenslange Absetzen auch schwachsinniger Texte zu grotesken Wesen<br />
verbogen hatte.<br />
Wir fühlten uns allerdings nicht als gewöhnliche Handwerker, son<strong>der</strong>n stellten die Speerspitze<br />
<strong>der</strong> Arbeiterschaft dar.<br />
Und nicht nur Berufsfremde bekamen das zu spüren, auch innerhalb je<strong>der</strong> Druckerei, ja des<br />
gesamten graphischen Gewerbes gab es zynische Reibereien, schwer durchschaubare, aber<br />
stets fühlbare Abstufungen des jeweiligen Status. So blickten die Setzer mit einem Hauch <strong>von</strong><br />
Herablassung auf ihre schwarzen Brü<strong>der</strong>, die Drucker herab. Die geboten zwar imponierenden<br />
Maschinen - so eine große Rotationsmaschine erinnert an ein stolzes Schlachtschiff-, aber <strong>von</strong><br />
den Mysterien <strong>der</strong> Sprachbeherrschung waren sie ausgeschlossen." (Heinz Unger, Verfluchter<br />
Gutenberg. In: Von Gutenberg zum World-Wide-Web, S.37)<br />
6. Station: Der Maschinensetzer<br />
a) Zeit: 1854 - 1899<br />
Erfindung <strong>der</strong> Linotype durch Ottmar Mergenthaler. Mit dieser Zeilensetzmaschine begann<br />
eine satztechnische Revolution in Schnelligkeit <strong>und</strong> Perfektion des Bleisatzes.<br />
In dieser Maschine wurden einzelne Matrizen, die das Buchstabenbild vertieft trugen, über<br />
eine Tastatur nacheinan<strong>der</strong> zu einer Sammelstelle beför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> hier durch dazwischen geschobene<br />
Keile auf die richtige Breite gebracht. In die Gießform wurde flüssiges Metall<br />
(Bleilegierung) hineingespritzt. Das Produkt war jeweils eine gegossene Typenzeile aus einem<br />
Stück. Der ursprüngliche Zweck <strong>der</strong> Setzmaschinen war die Herstellung großer Mengensätze<br />
für Bücher, Zeitungen <strong>und</strong> Zeitschriften.<br />
7. Station: Fotosatz, Lichtsatz<br />
a) Zeit: ab etwa 1980<br />
Satzverfahren, bei denen die Schriftzeichen nicht körperlich vorhanden sind wie beim Bleisatz,<br />
son<strong>der</strong>n positiv o<strong>der</strong> negativ auf einen lichtempfindlichen Film o<strong>der</strong> auf Papier übertragen<br />
werden.<br />
Die Texterfassung erfolgt über eine Tastatur, wobei <strong>der</strong> Text parallel auf einem Bildschirm<br />
erscheint <strong>und</strong> korrigiert werden kann. Über verschiedene Programme kann <strong>der</strong> Rohsatz bearbeitet<br />
werden. Alle Arbeitsschritte werden am PC erledigt. Der Text wird auf einem Daten-<br />
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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />
träger gespeichert, Korrektur, Umbruch <strong>und</strong> Abbildungspositionierung werden in einem Layoutprogramm<br />
vorgenommen. Der Ausschuss (die Anordnung <strong>der</strong> Druckseiten <strong>und</strong> die Vorbereitung<br />
zum Druck) erfolgt über ein eigenes Computerprogramm. Das Resultat wird mit Laser<br />
auf Film (Computer-to-film) o<strong>der</strong> direkt auf die Druckplatte (Computer-to-plate) belichtet.<br />
8. Station: Mediengestalter für Digital- <strong>und</strong> Printmedien a) Zeit: ab 1997/98<br />
Die Ende <strong>der</strong> neunziger Jahre gestarteten neuen IT- <strong>und</strong> Medienberufe haben sich als<br />
Shooting Stars auf dem Ausbildungsmarkt entwickelt. Ende September 2001 waren laut<br />
Deutschen Industrie- <strong>und</strong> Handelskammertag über 20000 neue Ausbildungsverträge unter<br />
Dach <strong>und</strong> Fach. Damit gibt es <strong>der</strong>zeit über 67000 Auszubildende in den Bereichen IT <strong>und</strong><br />
Medien.<br />
Dabei lassen sich inzwischen verschiedene Trends ablesen:<br />
IT-Berufe: Ungebrochen ist <strong>der</strong> Zulauf zu den seit 1997 existierenden vier neuen IT-Berufen<br />
(Fachinformatiker/in, IT-System-Elektroniker/in, IT-SystemKaufmann/frau, Informatikkaufmann/frau).<br />
Als beson<strong>der</strong>er Magnet erwies sich die Ausbildung zum Fachinformatiker, die<br />
Ende 2000 schon über 18000 junge Menschen durchliefen. Zu den IT-Auszubildenden hinzurechnen<br />
lassen sich im weiteren Sinne auch mehr als 10000 Jugendliche, die sich zum Kommunikationselektroniker<br />
o<strong>der</strong> Mathematisch-technischen Assistenten ausbilden lassen, das<br />
Handwerk des Fernmeldeanlagenelektronikers erlernen o<strong>der</strong> den 1999 aus den Vorgängerberufen<br />
Radio- <strong>und</strong> Fernsehtechniker <strong>und</strong> Büroinformationselektroniker entstandenen Informationselektroniker<br />
als künftiges Tätigkeitsfeld erkoren haben.<br />
Medienberufe: Auch Unternehmen, die Ausbildungsplätze in den Medienberufen anbieten,<br />
können sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Inzwischen erhalten hier mehr als<br />
19000 junge Leute das nötige Rüstzeug für das Berufsleben (vgl. Grafik des Instituts <strong>der</strong><br />
deutschen Wirtschaft, Köln).<br />
Der Mediengestalter für Digital- <strong>und</strong> Printmedien ist mit gut 10500 Auszubildenden<br />
<strong>der</strong> am stärksten besetzte Medienberuf.<br />
Die künftigen Medienfachkräfte zieht es vor allem in die Fachrichtung Mediendesign, wo 71<br />
Prozent aller Mediengestalter ihren beruflichen Schliff erhalten. Je<strong>der</strong> fünfte Auszubildende<br />
lernt das Know-how des Medienoperators. Weniger gefragt sind mit 8 Prozent <strong>der</strong> Auszubildenden<br />
die Fachrichtungen Medienberatung <strong>und</strong> Medientechnik.<br />
Hohe Zuwachsraten verbuchen wie<strong>der</strong>um Berufe wie <strong>der</strong> Mediengestalter Bild <strong>und</strong> Ton sowie<br />
Fachkräfte für Veranstaltungstechnik <strong>und</strong> Kaufleute für audiovisuelle Medien.<br />
Frauenanteil: Die Medienberufe werden <strong>von</strong> jungen Frauen ebenso gern gewählt wie <strong>von</strong> jungen<br />
Männern. Ende 2000 saß hier auf fast jedem zweiten Ausbildungsplatz eine Frau.<br />
In den IT-Berufen dagegen haben vor allem die computerbegeisterten männlichen<br />
Elektronik-Freaks Oberwasser. Hier ist <strong>der</strong> Frauenanteil mit 14 Prozent weiter niedrig.<br />
Lediglich für den Beruf <strong>der</strong> IT-System-Kauffrau interessieren sich mehr junge Frauen - immerhin<br />
ist hier fast jede dritte angehende Fachkraft weiblich. Unter den künftigen Informatikkaufleuten<br />
gibt es 22 Prozent junge Frauen, bei den Fachinformatikern sind es mit 11 Prozent<br />
schon weniger als im Durchschnitt <strong>der</strong> IT-Berufe.<br />
Mit 4 Prozent weiblichen Auszubildenden sieht es bei den IT-System-Elektronikern dann für<br />
die Frauen ganz düster aus. Weil sie befürchten, dass die Mädchen gerade bei den<br />
zukunftsträchtigen Jobs außen vor bleiben, wollen Politik <strong>und</strong> Wirtschaft mit Hilfe <strong>von</strong><br />
Öffentlichkeitskampagnen junge Frauen schon in <strong>der</strong> Schule gezielt für solche Berufe<br />
begeistern.<br />
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W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
Elektrotechnik: Energie<br />
BERUFSENTWICKLUNG IM BEREICH DER ELEKTROENERGIE<br />
Inhaltsübersicht<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Erkenntnisse <strong>und</strong> Überlegungen<br />
Inseleinheit 1: Haupttätigkeiten im Berufsbereich Elektrotechnik-Energie<br />
Inseleinheit 2: Vom Altertum bis Anfang 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Inseleinheit 3: Mitte 19. bis Anfang 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Inseleinheit 4: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: Zeit des Nationalsozialismus<br />
Inseleinheit 5: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: Wie<strong>der</strong>aufbau in <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
Inseleinheit 6: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen PC-Technik<br />
Inseleinheit 7: Ende 20. Jahrh<strong>und</strong>ert/21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Erkenntnisse <strong>und</strong> Überlegungen:<br />
Die <strong>Entstehung</strong> <strong>von</strong> Elektroberufen war stark abhängig <strong>von</strong> naturwissenschaftlichen Entdeckungen<br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>en. Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> wurde teilweise <strong>von</strong> politischen<br />
<strong>Entwicklung</strong>en (Zeit des Nationalsozialismus), vor allem jedoch durch neue wissenschaftliche<br />
Entdeckungen <strong>und</strong> technische <strong>Entwicklung</strong>en (z. B. durch Elektronik, Mikrotechnik<br />
[Chips] <strong>und</strong> PC-Technik) bzw. durch die Zunahme fachübergreifen<strong>der</strong> Aufgaben innerhalb<br />
<strong>der</strong> Berufsbereiche, beeinflusst.<br />
• Die Berufsentwicklung bzw. Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbezeichnung im Elektrobereich sind ein<br />
Spiegelbild <strong>und</strong> vor allem eine Folgeerscheinung <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong>. Deshalb<br />
ist für mich die historische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „rote Leitfaden“.<br />
• Diese Einwirkungen auf die Berufsentwicklungen <strong>und</strong> -verän<strong>der</strong>ungen werden deshalb in<br />
den Themengruppen aufgezeigt. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind darum die <strong>Entwicklung</strong>sstufen <strong>und</strong><br />
die historischen Einzelepochen, die einen Einfluss auf die <strong>Entstehung</strong> bzw. Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsinhalte bei den Elektroberufen hatten, als Inseleinheiten konzipiert.<br />
• Ausgangssituation ist die historisch-technische Betrachtungen <strong>und</strong> die jeweils entsprechende<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufe.<br />
Von den vielen Berufsrichtungen im Elektro-Energiebereich, die sich entwickelten <strong>und</strong> auch<br />
wie<strong>der</strong> auflösten, werden ein Zweig im Handwerksbereich (Elektroinstallateur/in) <strong>und</strong> zwei<br />
im Industriebereich (Energieelektroniker/in – Fachrichtung Anlagentechnik <strong>und</strong> Energieelektroniker/in<br />
– Fachrichtung Betriebstechnik) betrachtet.<br />
Es sollen jedoch auch alle Einzelzweige <strong>der</strong> Elektroberufe in den grafischen Darstellungen in<br />
Erscheinung treten.<br />
Aus den vielen Einzelfaktoren <strong>und</strong> den Persönlichkeiten, die die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />
<strong>und</strong> somit direkt o<strong>der</strong> indirekt auch die <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Elektroberufe<br />
beeinflussten, sind nur einige entscheidende ausgewählt worden. Sie bilden jedoch – nach<br />
meinen Überlegungen – für eine zusammenhängende Betrachtung im Sinne <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong> die<br />
wesentlichen Gr<strong>und</strong>lagenaspekte.<br />
Eine vollständige Chronologie <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong>en wird nicht angestrebt. Sie<br />
ist Aufgabe <strong>der</strong> Einzelabteilungen im Deutschen Museum.<br />
Die oben genannten Gr<strong>und</strong>informationen sind als Tafeln <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Projektion geplant, die jeweils<br />
einen kurzen Überblick über die Forscher <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Forschungsergebnisse bzw. technische<br />
<strong>Entwicklung</strong>en, die diese Verän<strong>der</strong>ung beeinflussten, aufzeigen.<br />
Eventuell können die genannten Persönlichkeiten <strong>der</strong> Elektrotechnik durch kurze Biografien<br />
gewürdigt werden. Diese Informationen sollten dabei aber nicht dominierend sein, son<strong>der</strong>n –<br />
bei Interesse des Besuchers – z. B. durch Klapptafeln o<strong>der</strong> als abrufbare Clips über Bildschirm<br />
zusätzlich angeboten werden.<br />
39
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
Geplant sind jeweils einige Ausstellungsstücke <strong>und</strong> eventuell Arbeitsproben <strong>der</strong> Epoche, teilweise<br />
als unterstützende <strong>und</strong> zusätzlich informierende Exponate. Sie werden mit durch den<br />
Besucher bedienbaren Experimenten <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Schaltungen, die den Fortschritt in <strong>der</strong> Technologie<br />
<strong>der</strong> Elektrotechnik praktisch aufzeigen sollen, ergänzt.<br />
Auf beson<strong>der</strong>e handwerkliche Tätigkeiten, die zur Arbeit eines Elektrikers gehören, wurde<br />
bewusst verzichtet. Die Problematik besteht in <strong>der</strong> Verletzungsgefahr <strong>der</strong> Besucher.<br />
Es soll auch gerade in <strong>der</strong> Elektrotechnik (Energie) aus Sicherheitsgründen nicht das<br />
Gefühl des „do it yourself“ erweckt werden.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur Gestaltung <strong>der</strong> Einheit<br />
Bei <strong>der</strong> Zusammenstellung wurde auf Vielfalt geachtet, um genügend Auswahlmöglichkeiten<br />
zu besitzen. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist aber an eine Konzentration gedacht.<br />
Dabei sollen die zusätzlichen Informationen nur bei Interesse dem Besucher angeboten werden<br />
(z. B. durch Abruf <strong>von</strong> Video- o<strong>der</strong> Computerinformationen).<br />
Ł Gewichtung<br />
Zeitschiene<br />
als geschichtlicher<br />
„Hauptweg“<br />
Infos zu bedeutenden<br />
physikalischen<br />
<strong>und</strong> technischen<br />
<strong>Entwicklung</strong>sstufen<br />
als Folge <strong>der</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong><br />
„Hauptweg“ <strong>der</strong><br />
ausgewählten<br />
Berufsrichtungen<br />
<strong>und</strong> ihre notwendigenVerän<strong>der</strong>ungen<br />
↓<br />
Zusatzinformationen<br />
40<br />
Exponate<br />
Besuchertätigkeiten<br />
Videoclips u. Ä.<br />
Zusatzinformationen<br />
zu Forscher-<br />
<strong>und</strong> Entwicklerpersönlichkeiten<br />
↓<br />
Biografien<br />
Weitere Zusatzinfos<br />
(eventuell<br />
geschichtliche<br />
Rahmenbedingungen,<br />
historische<br />
Ereignisse <strong>der</strong> Zeit<br />
u. Ä.)<br />
Ein Teil <strong>der</strong> dargestellten Infotafeln könnte auch zur Belebung über Beamerprojektion mit<br />
automatischen PC-Programmen angeboten werden.<br />
„Gedankenskizzen“ zur Gestaltung <strong>der</strong> Inseleinheiten<br />
Innerhalb <strong>der</strong> Inselgruppen bilden die Module die<br />
Einzelinformationen zum Hauptthema.<br />
Die Inseln werden in geeigneter Form zueinan<strong>der</strong> gruppiert.<br />
„Berufswegweiser“<br />
durch die Jahrh<strong>und</strong>erte<br />
(z.B. als „indirekt beleuch-<br />
tetes“ Glasbogensegment)<br />
Exponate <strong>und</strong><br />
Versuche<br />
Infoeinheit als Tafel<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Projektion
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
Dabei sind die sieben folgenden Inseleinheiten geplant:<br />
1. HAUPTTÄTIGKEITEN IM BERUFSBEREICH „ELEKTROTECHNIK-<br />
ENERGIE“<br />
• Gesamtüberblick über die Elektroberufe im Energiebereich; Hervorhebung <strong>der</strong><br />
ausgewählten Berufsrichtungen<br />
(teilweise eventuell geeignet für den Zentralbereich)<br />
2. VORGESCHICHTE - VOM ALTERTUM BIS ANFANG 19. JAHRHUNDERT<br />
• Zeitalter <strong>der</strong> Entdeckungen <strong>und</strong> ersten Erforschungen im Elektrobereich.<br />
• Ohne Gr<strong>und</strong>wissen gibt es keinen Bedarf für eine Anwendung <strong>und</strong> somit auch<br />
nicht für eine Berufsentwicklung.<br />
3. MITTE 19. BIS ANFANG 20. JAHRHUNDERT - ZEIT DER INDUSTRIALISIE-<br />
RUNG DER<br />
ELEKTROTECHNIK<br />
• Erkenntnisse werden angewendet.<br />
• Es entsteht die Notwendigkeit einer Ausbildung <strong>von</strong> Fachkräften für die neue Energieform.<br />
4. 20. JAHRHUNDERT - ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS<br />
• Der Staat übernimmt diktatorisch die volle Kontrolle für seine Interessen.<br />
• Die Berufsrichtungen werden diesem Diktat unterworfen.<br />
5. 20. JAHRHUNDERT - WIEDERAUFBAU IN DER NACHKRIEGSZEIT - ENT-<br />
WICKLUNG DER ELEKTRONIK UND MIKROTECHNISIERUNG<br />
• Die Elektronik verän<strong>der</strong>t viele Bereiche in <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />
• Die Berufsausbildung muss sich diesen Bedingungen anpassen.<br />
6. 20. JAHRHUNDERT - ENTWICKLUNG DER MODERNEN PC-TECHNIK<br />
• Der Personalcomputer beeinflusst viele Gebiete <strong>der</strong> Elektrotechnik mit völlig<br />
neuen Schalt- <strong>und</strong> Steuerungsmöglichkeiten.<br />
• Die Berufsausbildung muss sich erneut diesen Bedingungen anpassen.<br />
7. ENDE 20./21. JAHRHUNDERT - VERÄNDERUNGEN Ł ZUKUNFT<br />
• Die Anfor<strong>der</strong>ungen werden durch die technischen Möglichkeiten <strong>und</strong> die individuellen<br />
Wünsche <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> immer vielfältiger.<br />
• Nur eine ständige Anpassung <strong>der</strong> Berufsausbildung an diese <strong>Entwicklung</strong> ermöglicht<br />
das Bestehen in <strong>der</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Arbeitswelt.<br />
Diese <strong>Entwicklung</strong>sgeschichte kann dem Besucher auch als Powerpoint-Programm (mit<br />
individueller Führung durch Hyperlinks) an einer PC-Station angeboten werden.<br />
41
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
I N S E L E I N H E I T 1<br />
THEMA:<br />
HAUPTTÄTIGKEITEN IM BERUFSBEREICH „ELEKTROTECHNIK-ENERGIE<br />
• Am Anfang sollte ein Gesamtüberblick über die Tätigkeiten eines „Elektrikers“ <strong>und</strong> die<br />
geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsentwicklung im Überblick gegeben werden.<br />
• Daraus ergibt sich die Frage: „Warum mussten Verän<strong>der</strong>ungen in den Berufsbil<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />
folglich auch in <strong>der</strong> Ausbildung durchgeführt werden“.<br />
• Zusätzlich könnte diese Inseleinheit auch zur Berufsorientierung dienen.<br />
EINHEIT 1 - MODUL 1<br />
Die Hauptaufgaben in den Elektroberufen „Energietechnik“<br />
Neben den klassischen Tätigkeiten in den Berufsfel<strong>der</strong>n<br />
sind bei <strong>der</strong> heutigen Elektrofachkraft zusätzlich<br />
Kenntnisse <strong>der</strong> Elektronik, <strong>der</strong> Steuer- <strong>und</strong> Regeltechnik,<br />
<strong>der</strong> Breitbandkommunikationstechnik <strong>und</strong> die Beherrschung<br />
des Computers nötig. Planungskompetenz,<br />
die Bereitschaft im Team zu arbeiten <strong>und</strong> die Fähigkeit<br />
zur K<strong>und</strong>enberatung sind weitere Voraussetzungen.<br />
Die Berufsschule vermittelt die dazu nötigen theoretischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Fertigkeiten.<br />
Gesamtüberblick über die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektroberufe mit Hervorhebung <strong>der</strong> ausgewählten<br />
Berufsrichtungen<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Als Blickfang im Zentralbereich: Gegenüberstellung: Uralt-Elektromotor im Vergleich zu<br />
einem mo<strong>der</strong>nen frequenzgesteuerten Motor<br />
Verschiedene Lichteffekte, Zählvorgänge, motorgesteuerte Bewegungsabläufe u. Ä., gesteuert<br />
durch speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) mit beson<strong>der</strong>er Betonung, dass die vollständige<br />
Schaltung in Form eines Programms abgearbeitet wird.<br />
42
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
EINHEIT 1 - MODUL 2<br />
Bil<strong>der</strong> zu Einzeltätigkeiten <strong>der</strong> ausgewählten Berufsrichtungen<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Eventuell Möglichkeit, genauere Informationen zu diesen Berufen zu bekommen; z. B. Internetanschluss<br />
zum Arbeitsamt, PC für das PowerPoint-Programm<br />
„Überblick: zur <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektroberufe“<br />
I N S E L E I N H E I T 2<br />
THEMA: VOM ALTERTUM BIS ANFANG 19. JAHRHUNDERT<br />
MOTTO: „Ohne Wissen keine Anwendung; ohne Anwendung keine Berufsentwicklung“<br />
• Wahrscheinlich gab es im Altertum eine empirische Erforschung <strong>und</strong> Anwendung <strong>der</strong><br />
„Elektrizität“. Dieses Spezialwissen war aber nicht Allgemeingut. Es wurde nur wenigen<br />
mitgeteilt <strong>und</strong> ging auch deshalb wahrscheinlich immer wie<strong>der</strong> verloren.<br />
• Überwiegend wurde – vor allem im Mittelalter – die kirchliche Lehrmeinung zu Naturerscheinungen<br />
öffentlich vertreten.<br />
• Etwa ab dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert beginnt die gesicherte, zielstrebige Erforschung <strong>der</strong> Naturgesetze<br />
im Elektrobereich.<br />
• Erkenntnisse über Naturerscheinungen <strong>und</strong> ihre Wirkungen werden gewonnen. Aus <strong>der</strong><br />
Erfahrungsphase wird die Erkenntnisphase. Eine immer größere Befreiung <strong>von</strong> den Denkzwängen<br />
des Mittelalters ist feststellbar.<br />
• Der Aufbau <strong>von</strong> Universitäten <strong>und</strong> die Einführung <strong>der</strong> Drucktechnik ermöglichen eine<br />
zunehmende Verbreitung <strong>der</strong> Forschungsergebnisse. Das Wissen wird zum Allgemeingut.<br />
43
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
EINHEIT 2 - MODUL 1<br />
Die Erfahrungsphase wandelt sich in eine Erkenntnisphase<br />
um.<br />
Eine elektrotechnische Berufsbildung ist in diesem Zeitbereich<br />
noch nicht vorhanden.<br />
Jedoch nur eine gr<strong>und</strong>legende Kenntnisse <strong>der</strong> Energieform<br />
„Elektrizität“ <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Anwendung bringt die Notwendigkeit<br />
einer Berufsentwicklung.<br />
EINHEIT 2 - MODUL 2<br />
Im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert musste eventuell schon vorhandenes,<br />
aber „vergessenes“ Wissen zur Elektrotechnik neu entdeckt<br />
werden. Als Beispiele dafür dienen die Elektrizitätsversuche<br />
durch Reibung <strong>von</strong> O. v. Guericke <strong>und</strong> die Blitzuntersuchungen<br />
<strong>von</strong> B. Franklin.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Spannungserzeugung durch Reibung<br />
Bandgeneratorversuche<br />
I N S E L E I N H E I T 3<br />
THEMA: MITTE 19. BIS ANFANG 20. JAHRHUNDERT<br />
ZEIT DER INDUSTRIALISIERUNG DER ELEKTROTECHNIK<br />
MOTTO: „Die Elektrifizierung beginnt; <strong>der</strong> Elektrofachmann wird benötigt.“<br />
• Beginn <strong>der</strong> Anwendungsphase<br />
• Durch die Erkenntnisse <strong>von</strong> FARADAY <strong>und</strong> die systematische <strong>Entwicklung</strong> elektrischer<br />
Maschinen tritt die ELEKTRIZITÄT ihren Siegeszug an.<br />
• Die Erzeugung neuer Antriebsenergien <strong>und</strong> die Anwendung mit neuen Antriebsmaschinen<br />
sorgen für eine ungeheuere Steigerung <strong>der</strong> Produktion <strong>von</strong> Verbrauchsgütern. Dies bildet<br />
die Gr<strong>und</strong>lage für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Berufen.<br />
• Beginn <strong>der</strong> Großindustrialisierung im Bereich <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />
• Weckung <strong>von</strong> Bedürfnissen nach Verbrauchsgütern<br />
• Billigere Massenware benötigt zur Herstellung <strong>und</strong> Inbetriebnahme den mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong><br />
gut ausgebildeten Fabrikarbeiter.<br />
• Die Elektroberufe entwickelten sich durch zusätzlich notwendige Kenntnisse im Elektrobereich<br />
aus den klassischen Metallberufen (<strong>Entwicklung</strong> elektrischer Geräte zuerst meist<br />
nur in Metall verarbeitenden Fabriken).<br />
44
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
Eignung <strong>und</strong> Neigung führten zu einer zusätzlichen Qualifikation in diesem neuen Bereich.<br />
Der lernbegierige Metallpraktiker war <strong>der</strong> Elektrofacharbeiter <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e.<br />
• Die Anwendung vor Ort beim privaten Benutzer erzwingt auch im Handwerksbereich die<br />
Weiterentwicklung aus klassischen Metallberufen (z.B. Gas-, Wasserinstallateur) in spezielle<br />
Elektroberufe (Schwerpunkte: Elektroinstallateur).<br />
• Bis zum 1. Weltkrieg gab es keine klare Abgrenzung <strong>und</strong> Arbeitsteilung zwischen Industrie<br />
<strong>und</strong> Handwerk bzw. zwischen Metall- <strong>und</strong> Elektroberufen.<br />
Es gab auch anfangs keine eigentliche Elektroausbildung, son<strong>der</strong>n meist nur eine Einarbeitung<br />
durch „sachgemäße Unterweisung“. Bei Großbetrieben entstanden jedoch teilweise<br />
am Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts eigene Werkschulen.<br />
• Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts begann <strong>der</strong> Staat eine regulierende <strong>und</strong> überwachende Funktion<br />
bei <strong>der</strong> Berufsausbildung zu übernehmen. Es entstanden die Sonn- <strong>und</strong> Feiertagsschulen,<br />
aus denen sich die gewerblichen Schulen <strong>und</strong> daraus die Berufsschulen entwickelten.<br />
EINHEIT 3 - MODUL 1: Die Anwendungsphase beginnt<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Neue industrietechnische <strong>Entwicklung</strong>en <strong>und</strong> die praktische<br />
Anwendung erzwingen die <strong>Entstehung</strong> spezieller Elektroberufe.<br />
In dieser Zeit gab es noch keine exakt beschriebenen<br />
Berufsbil<strong>der</strong>. Erste ordnende Vorschriften bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>der</strong> neuen Elektroberufe sind jedoch vorhanden. Die<br />
Ausbildung war stark an <strong>der</strong> Metallausbildung ausgerichtet.<br />
Eine schulische Ausbildung gab es nur in Ansätzen im Firmenbereich<br />
<strong>und</strong> teilweise in Form <strong>von</strong> Sonn- <strong>und</strong> Feiertagsschulen.<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> ersten Elektroberufe beginnt.<br />
Der aufgeschlossene <strong>und</strong> lernbegierige Metallpraktiker war<br />
<strong>der</strong> Elektrofacharbeiter <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e.<br />
1903 Dreipoliger Ausschalter<br />
Arbeit zur Meisterprüfung. Noch starke Betonung<br />
<strong>der</strong> Metalltechnik in diesem Zeitbereich.<br />
Fachbuch Ende 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften, Lehrbücher<br />
/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong> Berufsschulbereich <strong>der</strong> Epoche u. Ä.<br />
45
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
EINHEIT 3 - MODUL 2: Die Elektrifizierung im öffentlichen <strong>und</strong> privaten Bereich beginnt.<br />
EINHEIT 3 - MODUL 3<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Alte Haushaltsgeräte aus dieser Epoche<br />
Zuerst wurde dem GLEICHSTROM (er war zu Beginn <strong>der</strong> Technikentwicklung<br />
leichter zu steuern) <strong>der</strong> Vorzug gegeben.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
kurze biografische Hinweise auf die Pioniere <strong>der</strong> Elektrotechnik abzurufen.<br />
EINHEIT 3 - MODUL 4<br />
EINHEIT 3 - MODUL 5<br />
Durch die Großversuche <strong>von</strong> O. v. Miller bei <strong>der</strong> Energieübertragung<br />
über weite Strecken mit WECHSEL- <strong>und</strong> DREH-<br />
STROM wurde <strong>der</strong> Beweis angetreten, dass die Theorien <strong>von</strong><br />
Tesla anwendbar waren.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Dynamofahrrad als Beispiel für die Energieumwandlung<br />
mit Beispielen <strong>von</strong> verschiedenen<br />
Belastungsstufen<br />
Vor allem durch den Bau <strong>von</strong> großen zentralen Elektrizitätswerken<br />
<strong>und</strong> die Idee eines Verb<strong>und</strong>netzes – welches bereits<br />
durch O. v. Miller über Landesgrenzen geplant wurde – trat<br />
<strong>der</strong> Wechsel- <strong>und</strong> Drehstrom den Siegeszug gegenüber dem<br />
Gleichstrom an.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Modell o<strong>der</strong> entsprechende Darstellung einer mo<strong>der</strong>nen<br />
Energieerzeugung <strong>und</strong> Energieübertragung<br />
46
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
EINHEIT 3 - MODUL 6<br />
EINHEIT 3 - MODUL 7<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> eines einfachen, robusten <strong>und</strong> billigen Drehstrommotors<br />
gab weiterhin einen starken Impuls für die Verbreitung<br />
des Wechsel- <strong>und</strong> Drehstroms.<br />
<strong>Visualisierung</strong>: (als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />
Modell des Originaldrehstrommotors alter Drehstrommotor<br />
mo<strong>der</strong>ner Drehstrommotor (ev. als Explosions- o<strong>der</strong> Schnittmodell)<br />
frequenzgesteuerter Drehstrommotor Linearmotor<br />
Nicht nur die Anwendung, son<strong>der</strong>n auch die Sicherheit beim Umgang<br />
mit <strong>der</strong> neuen Energieform war bereits ein Anliegen <strong>der</strong><br />
Entwickler dieser Epoche.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Altinstallation mo<strong>der</strong>ne Installation<br />
Installation mit Bussystem<br />
Installation mit Material <strong>von</strong> 1920<br />
Installationsmaterial im Wandel <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong> (z. B.<br />
Zeitrelais-Treppenhausschalter) <strong>von</strong> alt <strong>und</strong> groß über mo<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />
klein bis zum nur noch als in Schalteinheiten vorhanden Programm<br />
alter mechanischer Treppenhausautomat – das kleine weiße Gehäuse ist<br />
ein mo<strong>der</strong>ner Treppenhausautomat<br />
I N S E L E I N H E I T 4<br />
THEMA: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert Zeit des Nationalsozialismus<br />
MOTTO: „Die Berufsrichtungen mit den Ausbildungsvorschriften werden dem politischem<br />
Zweck unterworfen.“<br />
• Anpassung <strong>der</strong> Berufe an die Bedürfnisse des Staates <strong>und</strong> des Volkes; Vorbereitungen auf<br />
kriegerische Auseinan<strong>der</strong>setzungen.<br />
• 1934 Gesetz zur Ordnung <strong>der</strong> nationalen Arbeit<br />
Ziel:<br />
Die Berufsausbildung soll den rein einzelbetrieblichen Interessen („Betriebsegoismus“)<br />
entzogen werden. Alle Arbeit im Betrieb sollte nicht nur <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Betriebszwecke,<br />
son<strong>der</strong>n vor allem dem gemeinen Nutzen <strong>von</strong> Volk <strong>und</strong> Staat dienen.<br />
Die Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Berufsinhalte wurden vollständig durch den Staat kontrolliert.<br />
47
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
• Die Berufsrichtungen wurden den Bedürfnissen des geplanten Eroberungskrieges bei <strong>der</strong><br />
Vorbereitung, wie auch bei <strong>der</strong> Durchführung unterworfen (z. B. neue Berufsrichtungen<br />
im Energiebereich zum Aufbau <strong>der</strong> Kriegsindustrie, im Informationsbereich zur Befehlskoordinierung<br />
an den Kriegsfronten <strong>und</strong> <strong>der</strong> lückenlosen Propaganda durch Funk <strong>und</strong><br />
teilweise Fernsehen).<br />
• Die entsprechenden Handwerksinnungen waren den Reichsinnungsverbänden angeschlossen.<br />
• Die Handwerksinnungen setzten diesen Bestrebungen teilweise heftigen Wi<strong>der</strong>stand entgegen,<br />
sodass immer wie<strong>der</strong> Kompromisse geschlossen werden mussten.<br />
EINHEIT 4 - MODUL 1: Die Berufsausbildung wird den Interessen des Staates unterworfen.<br />
Genaue Berufsbildbeschreibungen <strong>und</strong> teilweise völlig neue Berufsrichtungen<br />
werden im Elektrobereich deshalb eingeführt.<br />
Die Ausbildung ist auf den eng begrenzten definierten Zweck<br />
des Berufbereiches ausgerichtet.<br />
Die Berufsrichtungen <strong>und</strong> die Ausbildungsvorschriften werden<br />
den Bedürfnissen des Staates angepasst.<br />
Die klassische elektrische Steuerungstechnik wurde vor allem<br />
für die Kriegsindustrieanlagen benötigt<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften, Lehrbücher/Lehrmittel,<br />
Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong> Berufsschulbereich<br />
<strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />
(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />
Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor o. Ä.) mit Elektromagnetschaltern<br />
(Schütze).<br />
Beson<strong>der</strong>er Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden Schaltungsaufbau<br />
gelegt werden, um so die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong><br />
die Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit sichtbar zu machen.<br />
Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften,<br />
Lehrbücher/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong><br />
Berufsschulbereich <strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />
48
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
I N S E L E I N H E I T 5<br />
THEMA: 20. JAHRHUNDERT WIEDERAUFBAU IN DER NACHKRIEGSZEIT<br />
ENTWICKLUNG DER ELEKTRONIK UND MIKROTECHNISIERUNG<br />
MOTTO: „Die Elektronik beeinflusst die weitere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technik; die Berufe<br />
müssen sich anpassen.“<br />
• Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> mo<strong>der</strong>ner Technologien nach dem Zusammenbruch.<br />
• Starker Einfluss in <strong>der</strong> Technikentwicklung durch die HALBLEITERELEKTRONIK<br />
• Nach dem Krieg <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufbauphase (neue Fabriken <strong>und</strong> Wohnhäuser mussten errichtet werden)<br />
bzw. dem anschließenden „Wirtschaftsw<strong>und</strong>er“ (Ausstattung <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>von</strong> Gebäuden<br />
mit höherwertigen elektrischen Installationen <strong>und</strong> elektrischen Geräten) gab es einen<br />
enormen Bedarf an elektrischen Gebrauchsgütern; später auch im Bereich <strong>der</strong> Unterhaltungselektronik.<br />
• Entsprechend war <strong>der</strong> Bedarf an Fachkräften in <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> im Handwerk.<br />
Die Berufsbil<strong>der</strong> wurden anfangs weitgehend aus <strong>der</strong> nationalsozialistischen Zeit übernommen.<br />
Es gab jedoch eine ständige Weiterentwicklung <strong>der</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Lerninhalte. Diese <strong>Entwicklung</strong><br />
war jedoch häufig dem Interesse <strong>der</strong> zuständigen Personen unterworfen.<br />
• Der allgemeine <strong>und</strong> preiswerte Einsatz <strong>der</strong> Elektronik verän<strong>der</strong>t viele Zweige in <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />
Dies führt zu Anpassungen <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildungsziele - auch bei den klassischen<br />
Elektroberufen im Handwerksbereich - an die neuen Gegebenheiten.<br />
EINHEIT 5 - MODUL 1 Die Elektronik beeinflusst die weitere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />
EINHEIT 5 - MODUL 2<br />
Es wurde notwendig, neue Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Ausbildungsvorschriften<br />
zu erarbeiten. Vor allem Kenntnisse <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> neuer technische Vorschriften für elektrische<br />
Verbraucheranlagen erhielten einen hohen Stellenwert. Für die<br />
Berufsschule werden verbindliche lernzielorientierte Lehrpläne<br />
eingeführt. Eine enge Verbindung zwischen Berufs- <strong>und</strong> Schulausbildung<br />
ist das Ziel.<br />
Die Berufsrichtungen wurden zuerst übernommen, jedoch bald<br />
den neuen Bedürfnissen <strong>der</strong> Nachkriegszeit angepasst.<br />
Vor allem dem Einfluss <strong>der</strong> neuen Technologie „ELEKTRO-<br />
NIK“ musste bald eine entsprechende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausbildungsrichtlinien<br />
folgen.<br />
Die <strong>Entwicklung</strong> des Transistors verän<strong>der</strong>t teilweise wesentlich<br />
die Anwendungsgebiete in <strong>der</strong> Elektrotechnik (vor allem zuerst<br />
in den industriellen Bereichen).<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Darstellung:<br />
Vom Siliziumgr<strong>und</strong>material bis zum Transistor bzw. Mikrochip<br />
(o<strong>der</strong> als Videoclip)<br />
49
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
EINHEIT 5 - MODUL 3<br />
Die Palette <strong>der</strong> elektronischen Bauteile wird immer größer.<br />
Die wichtigsten Gr<strong>und</strong>typen sind die Diode, <strong>der</strong> Transistor <strong>und</strong> <strong>der</strong> Thyristor.<br />
Zusätzlich wird eine Miniaturisierung <strong>der</strong> Bauteile <strong>und</strong> die Verbindung <strong>von</strong> Einzelbauteilen<br />
zu Funktionsbausteinen weiterentwickelt.<br />
Schaltschrankaufnahme <strong>von</strong> einer Aufzugsteuerung in „Mischtechnik“<br />
(Elektrotechnik – Elektronik auf Platinen)<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Die Wirkung <strong>der</strong> drei elektronischen Haupttypen (DIODE, TRAN-<br />
SISTOR, THYRISTOR) soll durch funktionsfähige Schaltungen<br />
<strong>und</strong> Oszilloskopbil<strong>der</strong> leicht verständlich dargestellt werden<br />
(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>).<br />
Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor o. Ä.) mit Halbleiterbauteilen<br />
(Beson<strong>der</strong>er Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden Schaltungsaufbau gelegt<br />
werden, um so die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong> die Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit<br />
sichtbar zu machen.)<br />
I N S E L E I N H E I T 6<br />
THEMA: 20. JAHRHUNDERT<br />
ENTWICKLUNG DER MODERNEN PC-TECHNIK<br />
MOTTO: „Der Computer erobert den privaten <strong>und</strong> beruflichen Lebensraum; neue technische<br />
<strong>Entwicklung</strong>en bestimmen die Berufsrichtung <strong>und</strong> die Ausbildung.“<br />
• Starker Einfluss <strong>und</strong> technische Revolution durch Masseneinsatz des Personalcomputers<br />
• Steigende Verzahnung <strong>der</strong> technischen Bereiche <strong>und</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Firmenentwicklung<br />
<strong>und</strong> des Marktes<br />
• Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss neuer Technologien. Die schnelle technische<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Schalt- <strong>und</strong> Steuergeräten (gesteuert durch PC-Programme) wie<br />
auch Simulationsprogrammen erzwingen - auch bei den klassischen Elektroberufen im<br />
Handwerksbereich - eine Anpassung <strong>der</strong> Berufsausbildung in die neuen Technologien.<br />
• Die <strong>Entstehung</strong> völlig neuer Berufsbil<strong>der</strong> (z. B. Mechatroniker, Informationselektroniker,<br />
Mikrotechnologie, Fachkraft für Veranstaltungstechnik) ist feststellbar.<br />
EINHEIT 6 - MODUL 1<br />
Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss dieser neuen Technologien.<br />
Deshalb kommt es zu einer Überarbeitung, bzw. zu neuen<br />
Berufsrichtungen <strong>und</strong> Ausbildungsvorschriften. Zusätzlich wird <strong>der</strong><br />
eigenen Arbeitsplanung <strong>und</strong> <strong>der</strong> K<strong>und</strong>enberatung ein hoher Stellenwert<br />
zugemessen. Die Lehrpläne werden ebenfalls dieser <strong>Entwicklung</strong><br />
angepasst. Schwerpunkt ist dabei die selbstständige Wissenserarbeitung,<br />
die fachübergreifende Ausbildung <strong>und</strong> die Teamarbeit.<br />
Die Projektarbeit wird teilweise an <strong>der</strong> Berufsschule verwendet.<br />
Simulationsprogramme <strong>und</strong> neu entwickelte Schaltbausteine, die nur<br />
durch PC-Programme aktiviert <strong>und</strong> individuell beeinflusst werden<br />
können, benötigen auch ein angepasstes Wissen in <strong>der</strong> Ausbildung.<br />
50
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften,<br />
Lehrbücher/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong><br />
Berufsschulbereich <strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />
EINHEIT 6 - MODUL 2<br />
Durch die Programmierung <strong>der</strong> Schaltbauteile ergibt sich eine<br />
logische Reihe zur Problemlösung.<br />
Funktionsfähiges Beispiel einer EIB-<br />
<strong>und</strong> funkgesteuerten Wohnungseinheit<br />
(bei dem dargestellten Lageplan ist nur<br />
eine Funksteuerung eingezeichnet)<br />
(z. B: vorhandene Ausstellungsbeispiele<br />
<strong>von</strong> ABB (Busch-<br />
Jaeger)/Jung/Merten u. Ä.)<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Lehrvideo über Anwendungsmöglichkeiten <strong>von</strong> EIB-Schaltungen<br />
für Komfort <strong>und</strong> Sicherheit in den privaten<br />
Haushalten<br />
(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />
Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor<br />
o. Ä.) mit Halbleiterbauteilen (Beson<strong>der</strong>er<br />
Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden<br />
Schaltungsaufbau gelegt werden, um so<br />
die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong> die<br />
Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit sichtbar zu machen.)<br />
Beispiel einer Rolltorsteuerung mit Speicher-<br />
Programm-Steuerung (SPS) als Brettmodell<br />
51
W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />
I N S E L E I N H E I T 7:<br />
THEMA: Ende 20./21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Verän<strong>der</strong>ungen Ł Zukunft<br />
• Die Globalisierungstendenzen <strong>und</strong> die immer schnellere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technologie<br />
verän<strong>der</strong>n in hohem Maße die vorhandenen Möglichkeiten <strong>der</strong> Anwendungen <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />
im industriellen <strong>und</strong> handwerklichen Bereich.<br />
• Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss neuer Technologien <strong>und</strong><br />
Wettbewerbsbedingungen.<br />
• Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer ständigen Anpassung <strong>der</strong> Berufsinhalte an<br />
diese <strong>Entwicklung</strong>. Eine zunehmende Überschneidung <strong>der</strong> Fachdisziplinen führt dazu,<br />
dass die Berufe immer vielschichtiger werden. Daraus ergibt sich wohl für die Zukunft eine<br />
Konzentration <strong>der</strong> Einzelberufe zu einer übergeordneten Form o<strong>der</strong> bei weiterer Teilung<br />
<strong>der</strong> Berufsbezeichnungen eine Verschiebung <strong>der</strong> Inhalte.<br />
• Die Folge ist eine völlig neue Überarbeitung <strong>und</strong> eventuell auch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbereiche<br />
<strong>und</strong> Berufsbil<strong>der</strong>. Fachübergreifende Aufgaben im Beruf erzwingen eine Anpassung<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsordnung mit mehr Fachkompetenz. Eine Vielzahl <strong>der</strong> Elektroberufe<br />
wandelt sich mit neuen Ausbildungsinhalten zurück in bestimmte Hauptbereiche mit starken<br />
Einflüssen an<strong>der</strong>er Fachbereiche. Deshalb wird die spezielle Fachausrichtung meist<br />
aufgegeben.<br />
• Ohne ständigen Willen zur Weiterbildung kann <strong>der</strong> Fachmann <strong>der</strong> Zukunft nicht mehr<br />
bestehen.<br />
• Ab Mitte des Jahres 2003 <strong>und</strong> in den folgenden Jahren werden fast alle Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />
Ausbildungsvorschriften verän<strong>der</strong>t. Dabei steht als Idee im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, dass weniger eine<br />
Spezialisierung, son<strong>der</strong>n die Fachkompetenz eine Rolle spielt.<br />
• Nach Schätzung <strong>von</strong> Experten führt dies in weiterer Zukunft eventuell zu einer Zusammenführung<br />
<strong>von</strong> Einzelberufen in wenige Gr<strong>und</strong>berufsrichtungen mit sehr breiter fachübergreifendem<br />
Wissensinhalt; z. B.: Automatisierungs- <strong>und</strong> Anlagentechniker, Haussystem-<br />
<strong>und</strong> Anlagentechniker, Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechniker, Medientechniker<br />
EINHEIT 7 - MODUL 1<br />
Ständige Anpassung an den schnellen Fortschritt in <strong>der</strong><br />
technischen <strong>Entwicklung</strong> erzwingt eine ständige <strong>und</strong> möglichst<br />
schnelle Anpassung an die Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> die Ausbildungsrichtlinien.<br />
Neue Anfor<strong>der</strong>ungen an die Selbstständigkeit <strong>und</strong> Kompetenz<br />
<strong>der</strong> Fachkräfte <strong>der</strong> Zukunft erfor<strong>der</strong>n neue Ausbildungsrichtlinien.<br />
Deshalb erfolgte im August 2003 eine<br />
Neuordnung <strong>der</strong> Elektroberufe.<br />
<strong>Visualisierung</strong>:<br />
Beispiele mo<strong>der</strong>ner Ausbildung in Schule <strong>und</strong> Werkstätte<br />
Beispiel eines handlungsorientierten Unterrichts<br />
(Parkhausmodell)<br />
52
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
Inhaltsübersicht<br />
1. Interaktives Museumsportal zu den Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufen<br />
2. Kommunikation ist ein menschliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />
3. Interaktive Zeitreise durch die Jahrtausende <strong>der</strong> Telekommunikation <strong>und</strong><br />
Kommunikationsberufe<br />
4. Organisierte betriebliche <strong>und</strong> schulische Berufsbildung <strong>der</strong> Neuzeit<br />
1. Interaktives Museumsportal zu den Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufen<br />
Das Portal zum Modul Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufe besteht aus einem Nachbau in<br />
Holz eines optischen Telegrafenturms mit Signalmast (Semaphor, 1832, Berlin-Koblenz).<br />
Besucherinteraktionen:<br />
1. Der Besucher wählt mit seinem Handy (o<strong>der</strong> Leihhandy des DM) die Mobilfunknummer dieser<br />
optischen Telegraphenstation. Er tippt eine SMS Nachricht ein (einzelne Buchstaben o<strong>der</strong> Ziffern),<br />
diese wird an den Signalarmen in Figuren des Telegrafenalphabets Buchstabe für Buchstabe angezeigt.<br />
2. Die Telegraphenstation sendet als Antwort <strong>der</strong> Reihe nach die eingestellten<br />
Figuren auf das Display des Handys.<br />
3. Eine zweite Person kann im Inneren <strong>der</strong> Telegrafenstation an Hebeln<br />
wie 1832 eine Nachricht Buchstabe für Buchstabe nach dem Telegrafenalphabet<br />
– hängt an <strong>der</strong> Wand – einstellen. Diese Nachricht wird über<br />
das Mobilfunknetz an das Handy als SMS übertragen. Am Handy-<br />
Display wird jeweils die Signalmastfigur grafisch dargestellt <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
durch Buchstaben <strong>der</strong> Klartext.<br />
1.1 Technisches Konzept 1 des Portals:<br />
21. Jh. meets 18. Jh. o<strong>der</strong> SMS kommuniziert mit optischer Telegraphenstation<br />
In <strong>der</strong> Telegrafenstation ist ein Handy mit Prepaidkarte (= keine lfd. Betriebskosten fürs DM!), das<br />
<strong>von</strong> jedem Besucher mit Handy übers Mobilfunknetz<br />
angerufen werden kann. Das SMS wird aus diesem<br />
Handy über eine Leitung in einen Codierer geleitet, <strong>der</strong><br />
den SMS-Code in den Semaphor-Code umsetzt. Dieser<br />
Semaphorcode wird über einen Schrittmotortreiber an<br />
SMS:<br />
XYZ<br />
SMS: XYZ<br />
1.2 Technisches Konzept 2 des Portals<br />
die Schrittmotoren in den Wellen <strong>der</strong> Signalarme geleitet.<br />
Diese Schrittmotoren schwenken die Signalarme in<br />
die entsprechende Position. Umgekehrt wird ein manuell<br />
am Signalmast eingestelltes Zeichen über Sensorkontakte<br />
abgetastet <strong>und</strong> als SMS an den Anrufer gesendet.<br />
Innenraum des Signalturms<br />
Am Signalmast sind 6 Handhebel, die über Seilzüge mit den 6 Signalarmen<br />
verb<strong>und</strong>en sind. Wird ein Handhebel nach oben, unten o<strong>der</strong> in die<br />
Mitte gedreht, dann dreht sich <strong>der</strong> Signalarm synchron in die gleiche Lage.<br />
Das Innere des Signalturms trägt an den Wänden die Schautafeln <strong>und</strong><br />
Objekte <strong>der</strong> Epoche 1100 v. Chr. bis 1935.<br />
53
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
Themen- <strong>und</strong> Darstellungsschwerpunkt:<br />
1. Das Urbedürfnis des Menschen nach Telekommunikation aus militärischen, wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> privaten Motiven.<br />
2. Den vielfältigen Erfin<strong>der</strong>geist des Menschen, hierfür technische Lösungen herzustellen.<br />
Wobei <strong>der</strong> Komfort dieser Kommunikationsgeräte ein Abbild <strong>der</strong> kulturellen <strong>und</strong> technologischen<br />
<strong>Entwicklung</strong> wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />
3. Eine WEBCamera filmt die Telegrafenstation <strong>und</strong> überträgt live das Video auf Handys mit<br />
Multimediaausrüstung. Der Handytelefonierer kann dann die Nachricht des Signalmasts per<br />
Video verfolgen <strong>und</strong> mitlesen.<br />
4. Ein Festnetz-Telefonanschluss wird installiert. Die SMS-Nachricht vom optischen Telegraphen<br />
wird dann vom Computer in Sprache umgesetzt <strong>und</strong> vorgelesen.<br />
5. Bei Besuch <strong>von</strong> Schulklassen kann mit dem Telegraphen über die Steuerhebel (à la 1832)<br />
eine Nachricht eingegeben werden, die dann über das Mobilfunknetz (weltweit) an die zu<br />
Hause gebliebene Klasse als SMS-Nachricht auf den PCs im Klassenraum angezeigt wird.<br />
Parallel kann über Internet live das Video <strong>der</strong> WebCamera vom Telegraphen <strong>und</strong> den Schülern<br />
beobachtet werden.<br />
2. Kommunikation ist ein menschliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />
– Die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong> Beruflichkeit zu den Erfindungen zur Telekommunikation<br />
2.1 Botenläufer Diomedon. Trommeltelegraphie<br />
- Die Beruflichkeit des ersten Landbriefträgers <strong>und</strong> Telegraphisten<br />
Militär, Handel <strong>und</strong> Privatinteressen waren die Triebfe<strong>der</strong> um die Kommunikation über weite<br />
Entfernungen (Telekommunikation) zu organisieren <strong>und</strong> technische Hilfsmittel zu entwickeln.<br />
Aus China (1122 v. Chr.) <strong>und</strong> <strong>der</strong> griechischen Antike stammen erste Dokumente über organisierte<br />
Telekommunikation mittels Boten, Tonsignalen <strong>und</strong> Lichtsignalen:<br />
Botenläufer Diomedon (490 v. Chr.) -<br />
<strong>der</strong> Marathonläufer als erster Postbote.<br />
Trommeltelegrafie<br />
<strong>der</strong> Naturvölker in den Urwäl<strong>der</strong>n.<br />
2.2 Feuer- <strong>und</strong> Rauchzeichen. Signalturm <strong>von</strong> Hannibal<br />
- Die schnelleren Telegrafisten<br />
Feuerzeichen <strong>von</strong> Signalturm zu Signalturm<br />
Hannibal (247 v. Chr.)<br />
[Alt. Rauchzeichen <strong>der</strong> Indianer]<br />
54
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.3 Die Erfindung des Codeverfahrens vor 2000 Jahren:<br />
Gr<strong>und</strong>lage aller Telekommunikation <strong>und</strong> Computertechnik bis ins 21. Jh.<br />
– Basiswissen aller Kommunikationsberufe<br />
Polybios (200-120 v. Chr.) berichtet, dass die<br />
Buchstaben des Alphabets auf fünf Tafeln mit je fünf<br />
Buchstaben aufgeteilt wurden. Ein Buchstabe wird mit<br />
zwei Gruppen aus je fünf Fackeln übertragen. Die<br />
Anzahl <strong>der</strong> gezeigten Fackeln <strong>der</strong> ersten Gruppe<br />
bestimmt die Nummer <strong>der</strong> Alphabettafel <strong>und</strong> die <strong>der</strong><br />
zweiten bestimmt die Reihe in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Buchstabe steht.<br />
Codeverfahren gehören zur Basistechnik unserer<br />
heutigen Telekommunikationseinrichtungen.<br />
Auf dieser Basis ist es möglich, das SMS des Handys<br />
mit dem optischen Telegraph <strong>von</strong> 1792 an <strong>der</strong><br />
Eingangspforte funktionstüchtig zu verbinden<br />
(Besucherexperiment).<br />
2.4 Fortentwicklung zur Optischen Telegraphie am Beispiel des Tachygraph <strong>von</strong><br />
Chappe (1793, Codetabelle, Frankreich).<br />
- Der Beruf des Telegraphisten wird zum Anwen<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ner Technik<br />
Der Tachygraph ist ein Mast mit einem einstellbaren Signalarm <strong>der</strong> aus drei Glie<strong>der</strong>n besteht.<br />
Durch unterschiedliche Winkel <strong>der</strong> drei Glie<strong>der</strong><br />
zueinan<strong>der</strong> entstehen Figuren, die jeweils einem<br />
Buchstaben bzw. einer Ziffer entsprechen. In einer<br />
Codetabelle ist die Zuordnung zwischen Alphabet <strong>und</strong><br />
Signalfigur festgelegt. Die erste Betriebsstrecke wurde<br />
zwischen Lille <strong>und</strong> Paris errichtet.<br />
Die Nachrichtenübertragungsgeschwindigkeit betrug 1<br />
St<strong>und</strong>e. Eine Reiterstafette benötigte 24 St<strong>und</strong>en. Die<br />
beginnende Industrialisierung <strong>und</strong> die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong><br />
Nationalstaaten in Europa im 18. Jh. sowie die<br />
französische Revolution <strong>und</strong> die Bedrohung durch die<br />
Herrscherhäuser Europas führten zum Ausbau eines<br />
optischen Telegraphenliniennetzes über ganz Frankreich.<br />
2.5 Fortentwicklung zur Optischen Telegraphie am Beispiel des Klappentelegraphs<br />
<strong>von</strong> Murray (binärer Parallelcode, England)<br />
Im Krieg Grossbritannien gegen<br />
Frankreich wurden bei einem<br />
Kriegsgefangenen die Pläne des<br />
Chappe‘schen Telegraphen entdeckt.<br />
Die englische Admiralität baute<br />
danach 1795 entlang <strong>der</strong> englischen Südküste ein optisches<br />
Telegraphennetz. Der englische Klappentelegraph nach Lord Murray<br />
bestand aus 2x3 Klappen. Die Umsetzung des Alphabets erfolgte nach<br />
einem binären Parallelcode.<br />
55
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.6 Einführung <strong>der</strong> Optischen Telegrafie am Beispiel des Semaphor-Systems in<br />
Deutschland 1832.<br />
- Der Aufstiegsberuf vom Untertelegraphisten zum Kgl. Preuss. Obertelegraphist<br />
Es wurde das fortentwickelte französische Semaphor-System übernommen um die<br />
Telegraphenlinie <strong>von</strong> Berlin nach Koblenz zu bauen. Das System<br />
bestand aus drei untereinan<strong>der</strong> angeordneten zweiflügligen<br />
Signalarmen. Die Zahl <strong>der</strong> einstellbaren Zeichen war dadurch<br />
erheblich grösser. Die Einstellung dauerte dadurch jedoch länger. Eine<br />
Nachricht <strong>von</strong> Berlin nach Koblenz benötigte eine St<strong>und</strong>e.<br />
Nach dem Wiener Kongress 1815 weitete Preussen seine Gebiete bis<br />
an den Rhein aus. Zur Sicherung <strong>der</strong> Gebiete wurde eine rasche<br />
Nachrichtenverbindung bis zu den Rheingebieten notwendig. König<br />
Friedrich Wilhelm III. erlaubte jedoch keine Benützung durch Handel<br />
<strong>und</strong> Private.<br />
Beobachtungszimmer einer Kgl.-Preussischen<br />
Telegraphenstation um 1845: Der Obertelegraphist liest<br />
mit dem Fernrohr die Signaleinstellung <strong>der</strong> nächsten<br />
Station ab. Der Untertelegraphist stellt dieses Zeichen<br />
über die Seilzughebel am Signalmast nach.<br />
2.7 Elektrische Telegrafie beför<strong>der</strong>t Industrialisierung, Globalisierung <strong>und</strong><br />
Marktöffnung für alle – Durch die elektrische Telegraphietechnik entsteht <strong>der</strong> erste<br />
Elektroberuf. Aus den optischen Ober- <strong>und</strong> Untertelegraphisten werden elektrische<br />
Telegraphisten. Aus Mechanikern (Metallhandwerk) entwickeln sich<br />
Schwachstrommechaniker.<br />
Gauß <strong>und</strong> Weber bauten 1833 in Deutsch-land den ersten<br />
elektromagnetischen Telegraphen. Die Zeichen wurden durch<br />
Auslenkung <strong>von</strong> Magnetnadeln dargestellt.<br />
Cook <strong>und</strong> Wheatstone entwickelten den Zeigertelegraphen.<br />
Ein Zeiger über einer kreisförmigen Anordnung des Alphabets<br />
drehte sich bei Sen<strong>der</strong> <strong>und</strong> Empfänger synchron. Werner <strong>von</strong><br />
Siemens erfand 1847 die elektrische Synchronisation <strong>und</strong><br />
schuf so den ersten fehlerfrei funktionierenden<br />
Zeigertelegraphen.<br />
56
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.8 Teil 2, Morse-Telegraphennetze – Die Kabelberufe entstehen<br />
W. Siemens begründet als Artillerieleutnant mit <strong>der</strong> Errichtung erster Telegraphenstrecken<br />
seine Karriere <strong>und</strong> wird mit <strong>der</strong> Erfindung <strong>der</strong> Guttaperchapresse zur Herstellung nahtloser<br />
wasserdichter Kabel zum Global Player, was zu vielfältigen Kabelberufen führte (Monteur für<br />
Kabelanlagen, Isolierer, Endemacher, Kabelprüfer, Umwickler u. a.).<br />
Morse entwickelte 1837 den schreibenden Telegraphen. Die<br />
Nachricht wurde aus Kombinationen <strong>von</strong> Punkt <strong>und</strong> Strich<br />
dargestellt (Morsealphabet).<br />
In <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die militärische<br />
Einflussnahme <strong>und</strong> Nutzung zurückgedrängt zugunsten <strong>der</strong><br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> privaten Nutzung. Die innerstaatliche<br />
Abschottung wurde aufgelöst. Es entstanden grosse nationale <strong>und</strong><br />
internationale Telegraphennetze: Europas längste Telegraphenlinie<br />
Berlin – Frankfurt, 15000 km innerhalb eines Jahres in den USA, in<br />
den weiteren Jahren eine Telegraphenverbindung <strong>von</strong> San Francisco<br />
bis Kalkutta, u. v. a.<br />
Auch hier zeigte sich die enorme <strong>Entwicklung</strong>sentfaltung durch<br />
Ablösung <strong>von</strong><br />
Monopolen. (Vgl.<br />
Produkt- <strong>und</strong><br />
Dienstevielfalt nach<br />
Beendigung des<br />
Telefonmonopols<br />
1995, des<br />
Handybooms, des<br />
Internets).<br />
2.9 Telefon: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“<br />
- Die Erfindung des Telephons wird zum Massenmarkt mit Hilfe <strong>der</strong> ersten<br />
Telephonberufe: Elektromechaniker-Schwachstrom, Telephonmechaniker<br />
Philipp Reis schuf eine elektroakustische Nachbildung des<br />
menschlichen Ohres. Die akustischen Schwingungen wurden über ein<br />
Membransystem in elektrische Schwingungen umgesetzt, die über<br />
Stromleiter zum Empfänger gesendet wurden. Um die Qualität <strong>der</strong><br />
Übertragung zu demonstrieren hat er bei <strong>der</strong> Präsentation 1861 den<br />
nicht trivialen Satz: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ übertragen.<br />
Jedoch erst die Erfindungen <strong>von</strong> Bell (Schallwandler), Siemens<br />
(Hufeisenmagnetsystem) <strong>und</strong> Edison (Kohlemikrofon) führten zur<br />
Markteinführung <strong>und</strong> ermöglichten die Sprachübertragung über grosse<br />
Entfernungen.<br />
1877 vereitelte <strong>der</strong> Generalpostmeister v. Stephan einen privaten öffentlichen<br />
Fernsprechdienst in Deutschland. Er erklärte den Fernsprechdienst zum Monopol <strong>der</strong><br />
Reichspost.<br />
57
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.10 Ph. Reis: Ein Lehrer, sein Eichenholzohrmodell <strong>und</strong> die Erfindung des Telefons<br />
Im selben Jahr, als Reis in seine ehemalige Schule als Lehrer<br />
eintrat, kaufte er sich mit dem <strong>von</strong> seinem Vater geerbten<br />
Vermögen ein Haus in Friedrichsdorf. Er hatte nun einen Beruf<br />
<strong>und</strong> ein Heim <strong>und</strong> feierte bald darauf Hochzeit. Als Lehrer<br />
verblüffte Reis seine Schüler nicht nur durch technische<br />
Spielereien, son<strong>der</strong>n auch durch seinen aufgelockerten Unterricht,<br />
<strong>der</strong> fern je<strong>der</strong> trockenen Paukerei Wissen zu vermitteln suchte. So<br />
demonstrierte er die Wirkung des galvanischen Stroms durch selbst<br />
gebastelte Instrumente o<strong>der</strong> versuchte beispielsweise, seiner Klasse<br />
die Funktionsweise <strong>der</strong> menschlichen Gehörwerkzeuge durch ein<br />
kunstvoll geschnitztes Eichenholzmodell einer Ohrmuschel näher<br />
zu bringen. Dieses Holzohr war <strong>der</strong> Ausgangspunkt für seine<br />
Erfindung, wie er in <strong>der</strong> Beschreibung seines Lebens berichtete:<br />
„Durch meinen physikalischen Unterricht dazu veranlaßt, griff ich im Jahre 1860 eine schon<br />
früher begonnene Arbeit über die Gehörwerkzeuge wie<strong>der</strong> auf <strong>und</strong> hatte bald die Freude, meine<br />
Mühe durch Erfolg belohnt zu sehen, indem es mir gelang, einen Apparat zu erfinden, durch<br />
welchen es möglich wird, die Funktionen <strong>der</strong> Gehörwerkzeuge klar <strong>und</strong> anschaulich zu machen,<br />
mit welchem man aber auch Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger<br />
Entfernung reproduzieren kann.“<br />
G. Bell, ein Taubstummenlehrer, verhalf mit seiner Fortentwicklung zur breiten<br />
Markteinführung des Telephons.<br />
Gr<strong>und</strong>legende Versuche zur <strong>Entwicklung</strong> des Telephons eignen sich für Besucherexperimente:<br />
Oszilloskop mit Mikrofon um Sonagramme <strong>der</strong> eigenen Stimme darstellen; Messplatz für<br />
Stimmenidentifikation in <strong>der</strong> Kriminalistik, evt. PC-Stimmlautdarstellung <strong>und</strong> Analyse.<br />
2.11 Die Anfänge <strong>der</strong> ergonomischen Mensch-Maschine-Kommunikation mit<br />
Löffelhörer, Schnurzugmikrofon <strong>und</strong> Stöpselschnur.<br />
- Die neue Telephonvermittlungstechnik schafft den Beruf <strong>der</strong> Telephonistin<br />
Der Vermittlungsschrank <strong>von</strong> 1886 enthielt 100 Anschlüsse mit 100<br />
Fallklappen. Der Vermittlungswunsch eines Teilnehmers bewirkte,<br />
dass die ihm zugeordnete Klappe fiel, wonach das „Fräulein vom<br />
Amt“ - Telephonistin - über den Löffelhörer den Vermittlungswunsch<br />
entgegennahm <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Stöpselschnur die Verbindung stöpselte.<br />
58
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.12 1. Deutsches Fernsprechamt 1881<br />
-Der Wandel vom Vermittlungsbeamten zur klassischen Vermittlungsbeamtin:<br />
Frauen im Kommunikationsberuf erobern eine Domäne „<strong>und</strong> schaffen das erste<br />
Call-Center“, <strong>und</strong> die ersten Ideen <strong>und</strong> Lösungen für das headset entstehen<br />
Im Postberuf <strong>der</strong> Fernsprechvermittlung vollzog sich ein tiefgreifen<strong>der</strong> Wandel: Anfänglich<br />
wurde <strong>der</strong> Beruf des Fernsprechvermittlers <strong>von</strong> Männern ausgeübt. Diese wurden <strong>von</strong> Frauen<br />
abgelöst, die diesen Beruf jahrzehntelang zu ihrer Domäne machten.<br />
Bild 2 zeigt die Idee eines ersten akustischen headsets, das sich aber gegen das elektrische<br />
headset in den Vermittlungsämtern nicht durchsetzte. Das headset hat in <strong>der</strong> heutigen<br />
Handygeneration eine Wie<strong>der</strong>belebung erlangt.<br />
2.13 Funknachrichten: Die weltumspannende Nachrichtenübertragung durch den<br />
Äther<br />
O<strong>der</strong>: Warum so wenige Passagiere beim Untergang <strong>der</strong> Titanic gerettet wurden.<br />
Der Beruf des Funkers <strong>und</strong> Funkmechanikers entstehen<br />
Durch die Entdeckung <strong>der</strong> elektromagnetischen Welle durch<br />
H. Hertz 1887 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erfindung <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />
Funken-Telegraphie durch Marconi <strong>und</strong> Braun wurde<br />
erstmals 1901 ein Funksignal über den Atlantik gesendet.<br />
Die ersten Funkgeräte wurden vor allem auf Kriegs- <strong>und</strong><br />
Handelsschiffen installiert.<br />
Beim Untergang <strong>der</strong> Titanic konnte nur ein Teil <strong>der</strong><br />
Passagiere gerettet werden, weil die wesentlich näher<br />
gelegenen Schiffe noch keine Funkgeräte besassen.<br />
In England strebte Marconi ein Monopol im Funkverkehr an. Dies<br />
führte in Deutschland zu verstärkten Anstrengungen. Kaiser Wilhelm<br />
II. bewirkte die Gründung <strong>der</strong> Telefunken-Gesellschaft aus den<br />
konkurrierenden Firmen Siemens <strong>und</strong> AEG. Diese baute den Sen<strong>der</strong><br />
Nauen, <strong>der</strong> nach Nord- <strong>und</strong> Südamerika <strong>und</strong> in die deutschen<br />
Kolonien in Afrika <strong>und</strong> in die deutschen Koloniuen in Afrika <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Südsee telegraphierte.<br />
Die Fortentwicklung zur drahtlosen Sprachübertragung gelang 1906<br />
in USA <strong>und</strong> kurz danach in Deutschland.<br />
59
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
2.14 Aus <strong>der</strong> Funk-Telephonie entwickelt sich die R<strong>und</strong>funktechnik<br />
-Die ersten Radioberufe entstehen<br />
Mit dem Bau des ersten deutschen R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong>s in<br />
Königswusterhausen, wo die erste R<strong>und</strong>funksendung –<br />
„Wirtschaftsfunk“ – ausgesendet wurde, begann <strong>der</strong><br />
Siegeszug <strong>der</strong> R<strong>und</strong>funktechnik. Berufe wie Radio- <strong>und</strong><br />
R<strong>und</strong>funkmechaniker entstanden in <strong>der</strong> Industrie bei <strong>der</strong><br />
Produktion <strong>und</strong> im Handwerk für Verkauf, Installation <strong>und</strong><br />
Reparatur. Es entstand zusätzlich ein Markt für Radioteile<br />
<strong>und</strong> Beratung für die aufkommende grosse Schar <strong>der</strong> Radio-<br />
Hobbyisten. Die ersten Radios ohne Batterie- o<strong>der</strong><br />
Netzanschluss, sog. Kristalldetektoren, konnten leicht selbst<br />
hergestellt werden. Eine Anregung zum Nachmachen für<br />
Museumsbesucher. In <strong>der</strong> Gesellschaft wurde diese neue<br />
R<strong>und</strong>funktechnik sowohl kritisch (Antennenstürmer) als auch<br />
euphorisch begleitet: Graf Arco schrieb 1924 „Der R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Tod mittelalterlicher<br />
Intrigen <strong>und</strong> <strong>der</strong> verzopften Diplomatie. Der R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> zukünftige Sprecher <strong>der</strong><br />
öffentlichen Meinung, nicht nur <strong>der</strong> Europas, son<strong>der</strong>n überall in <strong>der</strong> ganzen Welt.“ Auch hier<br />
zeigt ein Vergleich mit <strong>der</strong> Gegenwart am Beispiel <strong>der</strong> Marktdurchdringung des Handys<br />
deutliche Parallelen.<br />
2.15 Internet: Der PC als multimediales Endgerät am Internet bietet grenzenlose<br />
Telekommunikation im Cyberspace.<br />
- Telekommunikationstechnik <strong>und</strong> Informationstechnik wachsen zusammen: Aus<br />
beiden Bereichen entstehen die IT-Berufe (Informations- <strong>und</strong><br />
Telekommunikations-Berufe)<br />
- Weltweite Bündelung <strong>der</strong> Ideen im <strong>und</strong> zum Internet verkürzen die<br />
Halbwertszeit des Wissens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildungspläne<br />
Als die erste elektrische Telegrafie erf<strong>und</strong>en wurde, sind<br />
bereits globale Kabelnetze gelegt worden. Ihre<br />
Mo<strong>der</strong>nisierung, <strong>der</strong> weitere Ausbau bzw. Ergänzung durch<br />
Lichtwellenleiter <strong>und</strong> Satelliten bildeten die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
die grenzenlose Telekommunikation. Dies <strong>und</strong> die<br />
Umsetzung <strong>der</strong> Telegrafie, Telefonie, Bild- <strong>und</strong><br />
Tonübertragung auf den Multimediacomputer verlagerten<br />
die Telekommunikationsdienste direkt zu den Menschen im<br />
Büro, zu Hause o<strong>der</strong> auf Reisen. Das Internet bietet die<br />
Plattform für weltweiten unkomplizierten Nachrichtenaustausch, dem Cyberspace. (Abb:<br />
Internetnachrichten-ströme zwischen den Kontinenten <strong>der</strong> Erde). Nachrichtenübertragung <strong>und</strong><br />
Informationsverarbeitung auf dem PC wurden miteinan<strong>der</strong> eng verb<strong>und</strong>en. Entsprechend führte<br />
auch die Berufsausbildung zu den Informations- <strong>und</strong> Telekommunikations-Berufen inkl. <strong>der</strong><br />
rasanten Beschleunigung ihrer Weiterentwicklung. Bei <strong>der</strong> Neugestaltung <strong>der</strong> IT-Berufe wurde<br />
erkannt, dass die Verfahren zur Anpassung <strong>der</strong> Berufe in <strong>der</strong> Kürze dieser Verän<strong>der</strong>ungszyklen<br />
nicht mehr durchführbar ist. Es wurden deshalb weitgehend keine konkreten<br />
Ausbildungsinhalte mehr beschrieben, son<strong>der</strong>n Prozess- <strong>und</strong> Handlungsorientierung für<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Prüfung vorgegeben. Konkrete Ausbildungsinhalte werden aktuell nach Stand<br />
<strong>der</strong> Technik <strong>von</strong> Ausbildungsbetrieb <strong>und</strong> Schule vorgegeben. So war z. B. bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong><br />
IT-Berufe <strong>der</strong> enorme <strong>Entwicklung</strong>sschub des Internets nicht vorausplanbar. Der neuen Art <strong>der</strong><br />
Ausbildungsprozessbeschreibung ist es zu verdanken, dass die Azubis aktuell in den Techniken<br />
des Internets auch ohne konkrete Nennung in den Ausbildungsplänen ausgebildet worden sind.<br />
60
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
3 Zeitreise durch die Jahrtausende <strong>der</strong> Telekommunikation <strong>und</strong><br />
Kommunikationsberufe <strong>von</strong> 500 v. Chr. bis 2000 nach Chr.<br />
61<br />
Telegrammtext:<br />
Erste Person einer Besuchergruppe (Klasse) schreibt einen Telegrammtext auf Papier<br />
<strong>und</strong> übergibt dieses einer zweiten Person, die auf das Laufrad steigt.<br />
490 v. Chr. Bote Diomedon<br />
Zweite Person mimt den Marathonläufer. Diese läuft auf einem Laufrad. Am<br />
Laufradmonitor (PC-Monitor) wird ein Streckenabschnitt zwischen Marathon<br />
<strong>und</strong> Athen gewählt. Durch das Laufen wird mit Faktor 100 die Laufstrecke<br />
auf einer Karte animiert, Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> klassischen Orte <strong>und</strong> Landschaften werden<br />
eingeblendet.<br />
Ca. 150 v. Chr. Fackeltelegraphie<br />
Die dritte Person übernimmt vom Marathonläufer das Telegramm <strong>und</strong><br />
überträgt die Nachricht nach <strong>der</strong> Codetabelle des Polybios in die Fackeltelegraphie<br />
(Die Fackeln bestehen im DM aus an <strong>der</strong> Schlitzwand angeketteten<br />
elektrischen Leuchtstäben).<br />
Optische Telegraphie 1832<br />
Die vierte Person liest den Telegrammtext <strong>der</strong> Fackeltelegraphie <strong>und</strong><br />
überträgt die Nachricht mit Hilfe <strong>der</strong> Codetabelle auf das optische Telegraphensystem<br />
Semaphor.<br />
1837 Morsetelegraph<br />
„DM ist super“<br />
Die fünfte Person liest die Nachricht an den Signalzeichen des Semaphor <strong>und</strong><br />
überträgt diese nach <strong>der</strong> Morse-Codetabelle auf die Morsetaste. Die Nachricht<br />
wird elektrisch auf den entfernten Morseschreiber übertragen <strong>und</strong> im<br />
Strich-Punkt-Code ausgedruckt.<br />
„DM ist super“<br />
„DM ist super“<br />
1847 Zeigertelegraph<br />
Die sechste Person liest die Nachricht auf dem Morsestreifen <strong>und</strong> überträgt<br />
diese auf den Zeigertelegraphen.<br />
„DM ist super“<br />
„DM ist super“<br />
1933 Fernschreibnetz<br />
Die siebte Person liest die Nachricht vom Zeigertelegraph <strong>und</strong> gibt diese<br />
über die Fernschreibertastatur<br />
in den Blattschreiber ein. Über die Nummernscheibe wird über einen<br />
Hebdrehwähler sichtbar die Verbindung zur Empfangsstation hergestellt.<br />
„DM ist super“
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
1956 Siemens-Hellschreiber<br />
Die achte Person liest die Nachricht vom Blatt-Fernschreiber <strong>und</strong><br />
überträgt diese handschriftlich auf ein DIN A 4-Blatt. Dieses wird<br />
auf die Walze des Hell-Schreibers gespannt, abgetastet <strong>und</strong> gesendet.<br />
Ca. 1996 SMS<br />
Die neunte Person liest die Nachricht vom Hellschreiber, tippt diese<br />
als SMS- Nachricht in den PC <strong>und</strong> wählt die Mobilfunkrufnummer<br />
<strong>der</strong> zehnten Person <strong>der</strong> Besuchergruppe (alternativ das Werbe-<br />
Grosshandy des DM).<br />
Ziel nach Durchlauf durch 2500 Jahre Telegraphietechnik<br />
Die zehnte Person empfängt das Telegramm, das vor „2500 Jahren“<br />
dem Botenläufer <strong>von</strong> Marathon übergeben wurde <strong>und</strong> <strong>von</strong> allen Meilensteinen<br />
<strong>der</strong> Telegraphietechnik weitervermittelt wurde.<br />
4. Systematische betriebliche <strong>und</strong> schulische Berufsbildung<br />
4.1 Erste Werkberufsschule: Lehrer-Schüler-Tafel-Schulbank: Was hat sich in 80 Jahren<br />
geän<strong>der</strong>t?<br />
Werkberufsschule Siemens, Berlin 1920<br />
Die rasche Ausweitung <strong>der</strong> Produktion in <strong>der</strong> Industrie führte<br />
um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende zu einem immer stärker werdenden<br />
Fachkräftemangel. Die bislang aus dem Handwerk<br />
übergewechselten Berufsfachkräfte konnten den Bedarf<br />
nicht mehr decken. So kam es z. B. 1906 bei Siemens zur<br />
Gründung <strong>der</strong> ersten Werkberufsschule <strong>und</strong> 1908 zur Einrichtung<br />
einer Lehrwerkstätte.<br />
4.2 Darstellung <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung über die Epochen an Beispielen im Bereich <strong>der</strong><br />
betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Berufsbildung<br />
Nebeneinan<strong>der</strong> werden die epochetypischen<br />
Ausbildungswerkbänke <strong>und</strong> gegenüber die<br />
entsprechenden Schulbänke aufgestellt. Darauf<br />
befinden sich zu ausgewählten Berufsbildungsthemen<br />
die entsprechenden Bildungsmedien.<br />
In <strong>der</strong> Gesamtschau kann so eine<br />
vergleichende Betrachtung <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Berufsbildung<br />
anhand ein <strong>und</strong> desselben Themas erfolgen. Ein Grossteil <strong>der</strong> Exponate ist zusätzlich für<br />
Besucherexperimente präpariert.<br />
4.2.1 Wandel <strong>der</strong> Qualifikation, Ziele, Arbeitstechniken, Werkzeuge, Methode <strong>und</strong> des Aus<br />
bildungsplatzes am Bsp. des gleichen Ausbildungsziels an äquivalenten Ausbildungsob<br />
jekten in den verschiedenen Epochen<br />
Beispiel Telefonvermittlungstechnik. Von <strong>der</strong> realen körperlichen Elektromechanik<br />
zur Blackbox mit immaterieller Bedienung mittels Software <strong>und</strong> Zugang über<br />
Modellabbild im Computer bis zur prozessorientierten ganzheitlichen Handlung<br />
62<br />
„DM ist super“<br />
„DM ist super“<br />
„DM ist super“
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
Aufbau des dualen betrieblichen Ausbildungsplatzes<br />
1. Ausbildungsordnung<br />
1936<br />
Fernmeldemonteur<br />
Ausbildungsplatz<br />
Hebdrehwähler, Werkzeuge:<br />
Fe<strong>der</strong>waage, Kontaktfe<strong>der</strong>zange,<br />
Lötkolben, Vielfachmessgerät<br />
Methode:<br />
Vormachen-Nachmachen<br />
Neuordnung 1972<br />
Fernmeldeelektroniker<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Edelmetall-Motor-<br />
Drehwähler<br />
Methode:<br />
Vormachen-Nachmachen<br />
63<br />
Neuordnung 1987<br />
Kommunikationselektroniker,Telekommunikationstechnik<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Programmierung <strong>der</strong> Betriebssoftware<br />
<strong>der</strong> Wähleinrichtung<br />
Methode:<br />
Projekt- u. transferorientierte<br />
Ausbildung<br />
PETRA<br />
Neuordnung 1997<br />
Informations- <strong>und</strong><br />
Telekommunikations-system-<br />
Elektroniker<br />
Ausbildungsplatz<br />
Organisatorisch<br />
<strong>und</strong> personell mit<br />
dem Betrieb vernetzt.<br />
-Programmierung<br />
<strong>der</strong> Software f. d.<br />
Wähleinrichtung<br />
Methode:<br />
Modell <strong>der</strong> vollständigenHandlung,Geschäftsprozess-<br />
<strong>und</strong><br />
K<strong>und</strong>enorientiert<br />
Aufbau des dualen schulischen Lernplatzes (gegenüber dem betrieblichen Ausbildungsplatz)<br />
Schulbank (antik)<br />
(Klassenzimmer)<br />
-Schreibzeug, Tintenfass<br />
-Tusche u. Tuschefe<strong>der</strong>n<br />
-Zeichen- u. Schriftschablonen<br />
-Rechenstab (aus Holz)<br />
-Logarithmentafel<br />
-Gemeinschaftsk<strong>und</strong>ebuch<br />
-Rechenbuch<br />
-Fachk<strong>und</strong>ebuch<br />
-Deutsches Sprachbuch<br />
-Fachzeichenbuch<br />
-Übungsblätter Normschrift<br />
-Arbeitsblätter Praktische<br />
Fachk<strong>und</strong>e<br />
-Schülerhefte<br />
Klassenzimmerausstattung:<br />
Kreidetafel, Waschschüssel,<br />
Wandtafeln, , Epidiaskop,<br />
Diaprojektor, Rohrstock<br />
kurz/lang, Lehrplan, Stoffverteilungsplan,<br />
Klassentagebuch<br />
Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />
Magnetismus am Beispiel<br />
Hebdrehwählerantrieb<br />
Besucherexperimente<br />
Schülerlernplatz in Praktischer<br />
Fachk<strong>und</strong>e<br />
-Schreibzeug, Tintenfass<br />
-Tusche u. Tuschefüller<br />
-Zeichen- u. Schriftschablonen<br />
-Taschenrechner<br />
-Logarithmentafel<br />
-Gemeinschaftsk<strong>und</strong>ebuch<br />
-Rechenbuch<br />
-Fachk<strong>und</strong>ebuch<br />
-Deutsches Sprachbuch<br />
-Fachzeichenbuch<br />
-Arbeitsblätter Praktische<br />
Fachk<strong>und</strong>e.<br />
-Schülerhefte<br />
(Klassenzimmerausstattung:<br />
Kreidetafel, Waschschüssel,<br />
Wandtafeln, Projektor, Diaprojektor<br />
Lehrplan, Stoffverteilungsplan,<br />
Klassentagebuch<br />
Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />
Impulsmessung mit Zeitschreiber,Impulszeitenberechnung<br />
am Wähler <strong>und</strong><br />
Relais<br />
Schülerlernplatz im Integrierten<br />
Fachunterrichtsraum<br />
(IFU)<br />
-Taschenrechner<br />
-Zeichenschablonen<br />
-Fachbücher<br />
-Handlungsorientierte<br />
Arbeitsblätter<br />
(Klassenzimmerausstattung:<br />
-Overheadprojektor<br />
- Foliensatz<br />
-Lehrplan,<br />
-Stoffverteilungsplan,<br />
-Klassentagebuch<br />
Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />
Steuern <strong>und</strong> Messen am Integrierten<br />
Schaltkreis<br />
(MUX)), Logikanalyse<br />
Besucherexperimente<br />
Multimedia-<br />
Computerlernplatz<br />
mit MM-Software<br />
MultiSkop Trainer<br />
zur Telekommunikationstechnik<br />
mit:<br />
Schaltplansimulator,<br />
Interaktive<br />
Prozessvisualisierung<br />
mit Echtzeit-<br />
Hardwaresteuerung<br />
Electronic Books:<br />
PC-Lexika, Bildlexika,<br />
Datenbuch,<br />
Prüfungsdatenbank,<br />
Arbeitsblätter- <strong>und</strong><br />
Foliendateien,<br />
Arbeitshefteditor<br />
(CAD), Medien für<br />
die Produktion <strong>der</strong><br />
K<strong>und</strong>enprojekte,<br />
Rechnerkopplungssysteme,Bürokommunikations- <br />
Übungsnetzwerk,<br />
Telekommunikati-<br />
onsnetz<br />
Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />
Mo<strong>der</strong>ne VermittlungstechnikBesucherexperimente
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
Einzelheiten zu 4.2.1: Multimedia-Lernplatz Vermittlungstechnik mit Prozessvisualisierung<br />
Telefone:<br />
Über die Telefone können reale<br />
Gesprächsverbindungen aufgebaut<br />
werden. Mo<strong>der</strong>ne Dienste wie<br />
Rufumleitung, Dreierkonferenz,<br />
Mitteilung bei unbezahlter Rechnung<br />
u. a. können aufgerufen<br />
werden. Deren Funktionsabläufe<br />
werden im Prozessabbild am<br />
Monitor online sichtbar.<br />
Zentrale Steuerung:<br />
Die zentrale Steuerung enthält<br />
mehrere H<strong>und</strong>ert Halbleiter-Koppelpunkte<br />
für die<br />
vielfältigen Verbindungswege,<br />
die Tongeneratoren für<br />
die Signaltöne <strong>und</strong> die Elektronik<br />
für die gesamte Steuerung.<br />
64<br />
PC o<strong>der</strong> Laptop<br />
Der PC enthält die Steuerung<br />
<strong>der</strong> Vermittlungsanlage <strong>und</strong> ist<br />
über die serielle Schnittstelle mit<br />
<strong>der</strong> Vermittlungsanlage (Koppelfel<strong>der</strong>)<br />
verb<strong>und</strong>en:<br />
Er „beobachtet“ die Benutzerbedienung<br />
an den angeschlossenen<br />
Telefonen <strong>und</strong> steuert entsprechend<br />
die Signaltöne <strong>und</strong><br />
Verbindungswege. Der Aufbau<br />
funktionieren<strong>der</strong> Verbindungswege<br />
kann auch virtuell mit <strong>der</strong><br />
Maus am Monitor (Hörer abheben)<br />
<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Tastatur (Rufnummer<br />
wählen) erfolgen. Über<br />
die Telefone kann dann gesprochen<br />
werden. Das Prozessabbild<br />
zeigt in Computeranimation die<br />
inneren Funktionsabläufe<br />
Monitorbild zur interaktiven Prozessvisualisierung:<br />
Bild zu 4.2.1: Darstellung <strong>der</strong> Unterrichtsst<strong>und</strong>e<br />
Logikanalyse
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
4.2.2 Ausbildungsbeispiel:„Leitungsverbindungen für Nachrichtensignale herstellen“<br />
–„Von <strong>der</strong> realen Kupfera<strong>der</strong> zur virtuell gesteuerten Leitungsverbindung in <strong>der</strong> un-<br />
sichtbaren Nanotechnik des Siliziumchips“<br />
Feinziel (1936):<br />
Drahtverbindungsweg<br />
planen, Nagelbrett erstellen,<br />
Kabel formen<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Nagelbrett mit Kabelbaum,<br />
Werkbank mit<br />
Kabelrollen, Form- u.<br />
Bindewerkzeuge<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
Feinziel (1972):<br />
Leiterbahnen kreuzungsfrei<br />
planen, auf Trägermaterial<br />
kopieren, entwickeln,<br />
ätzen<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück<br />
-Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Gedruckte Schaltung auf<br />
Leiterplatten<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
65<br />
Feinziel (1987):<br />
Drahtverbindungsweg<br />
planen<br />
Wire-Wrap-Pistole handhaben<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück<br />
-Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Bild: Wire-Wrap-<br />
Verdrahtung mit Pistole<br />
Methode:<br />
Projekt- u. transferorientierte<br />
Ausbildung<br />
Feinziel (1997):<br />
Programmierbarer Integrierter<br />
Schaltkreis:<br />
Koppel vielfach adressieren,<br />
Koppelpunkt konfi-<br />
gurieren<br />
Ausbildungsplatz<br />
Integrierter Schaltkreis<br />
(IC)<br />
Laptop o<strong>der</strong> PC zum<br />
Programmieren <strong>und</strong><br />
Simulieren <strong>und</strong> als<br />
Logikanalysator<br />
Bild:<br />
Koppelfeld<br />
Laptop mit Mess- <strong>und</strong><br />
Steuerungsschnittstelle<br />
Methode:<br />
Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />
Handlung.<br />
4.2.3 Beispiel: „Signalleitungen anschließen“- „Vom mechanischen Zurichten <strong>und</strong> Klemmen<br />
<strong>von</strong> Kupfera<strong>der</strong>n zur Spleissung <strong>von</strong> Lichtwellenleiter unter Mikroskop mit Mikroma-<br />
nipulator“<br />
Feinziel (1936):<br />
Anschließen <strong>von</strong><br />
Schalttafeln<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück<br />
-Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Schraubverbindung<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
Feinziel (1972):<br />
Leiterbahnen<br />
kreuzungsfrei planen,<br />
auf Trägermaterial<br />
kopieren, entwickeln<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück<br />
-Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Gedruckte Schaltung<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
Feinziel (1987):<br />
Löt- <strong>und</strong> schraubfreie<br />
Klemmverbindung<br />
handhaben<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück, Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Löt- u. Schraubfreie<br />
Anschlussverbindung<br />
LSA<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Projekt- u. transferorientierte<br />
Ausbildung PETRA<br />
Feinziel (1997):<br />
Glasfasern zurichten<br />
<strong>und</strong> spleissen<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück, Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Lichtwellenleiter-<br />
Spleisskoffer Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />
Handlung.
M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />
4.2.4 Beispiel „Messen elektrischer Signale“ – „Vom analogen Signal zum digitalen Codewort“,<br />
„Vom Hitzdrahtmessgerät zu computergestütztem Messplatz“<br />
1. Ausbildungsordnung<br />
1936<br />
Fernmeldemonteur<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück, Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Einzelmessgeräte im<br />
Holzkasten (U, I, P, dB)<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
Neuordnung 1972<br />
Fernmeldeelektroniker<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück, Werkzeug<br />
Ausbildungsunterlagen<br />
Vielfachmessgerät<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Vormachen-<br />
Nachmachen<br />
66<br />
Neuordnung 1987<br />
KommunikationselektronikerTelekommunikations-<br />
technik<br />
Ausbildungsplatz<br />
- Oszilloskop-Messplatz<br />
Methode:<br />
Projekt- u. transferorientierte<br />
Ausbildung<br />
PETRA<br />
Neuordnung 1997<br />
Informations- <strong>und</strong> Telekommunikationssystem-Elektroniker<br />
Ausbildungsplatz<br />
-Werkstück, Werkzeug<br />
-Ausbildungsunterlagen<br />
Logikanalyse mit<br />
Logic-Analyzer o<strong>der</strong><br />
PC-gestützte Messung<br />
(Messen digitaler Codeworte)<br />
Besucherexperiment<br />
Methode:<br />
Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />
Handlung. Geschäftsprozess-<br />
<strong>und</strong><br />
K<strong>und</strong>enorientiert.
T. Bauer Flugtechnik<br />
Flugtechnik<br />
Inhaltsübersicht<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen<br />
Stationen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausstellung als Bestandteil <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen<br />
Es gilt einen Mittelweg zwischen <strong>der</strong> bloßen Darstellung <strong>von</strong> - im wahrsten Sinne - begreifbaren<br />
einzelnen Objekten, <strong>der</strong>en Auswahl für den Besucher nicht unmittelbar deutlich wird, <strong>und</strong><br />
einer rein auf Bil<strong>der</strong>n, Grafiken <strong>und</strong> Texten beruhenden aber durchgängigen Ausstellung zu<br />
finden.<br />
Die zu zeigenden Objekte können nicht den Zusammenhang <strong>von</strong> Beruflichkeit <strong>und</strong> Ausbildung<br />
an verschiedenen Lernorten aufzeigen, binden aber, zumindest kurzfristig, das Besucherinteresse.<br />
Eine textlich basierte Ausstellung kann zwar viele Facetten in verschiedenen<br />
Epochen auf dem Weg des Dualen Systems nahe bringen, erregt aber nur für wenige Besucher<br />
eine anhaltende Aufmerksamkeit.<br />
Die zielgerichtete Auswahl <strong>von</strong> Objekten in Verbindung mit einer hinreichenden textbasierten<br />
Darstellung kann die Erwartung eines breiten Publikums bestätigen, ohne die <strong>Entwicklung</strong><br />
des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung im Bereich <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie zu zerreißen.<br />
Die Integration <strong>der</strong> Berufsausbildung in die bestehende Luftfahrtausstellung eröffnet aber<br />
auch die Möglichkeit, jene Besucher, die sich eigentlich nicht mit diesem Themenkomplex<br />
befassen wollten, durch die Produkte <strong>von</strong> beruflicher Bildung – den hier aus technischem<br />
Blickwinkel ausgestellten Flugzeugen – auf diesen Bereich aufmerksam zu machen. Dieser<br />
Weg wäre bei einer eigenen Ausstellung ungleich schwerer zu verdeutlichen <strong>und</strong> bedürfte<br />
einer größeren Anzahl an Objekten, die somit auch höhere Kosten nach sich ziehen würden.<br />
Ferner sollte die Ausstellung so angelegt sein, dass sie als Wan<strong>der</strong>ausstellung an<strong>der</strong>en Institutionen<br />
o<strong>der</strong> Betrieben <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie bei Interesse zugänglich gemacht werden kann.<br />
Somit ergibt sich eine breite Zusammenarbeit, die die Aktualität <strong>der</strong> Ausstellung aufrechtzuerhalten<br />
in <strong>der</strong> Lage ist <strong>und</strong> Impulse <strong>der</strong> Industrie o<strong>der</strong> Verbände zu berücksichtigen vermag.<br />
Diese Symbiose <strong>von</strong> Geschichte <strong>und</strong> beruflicher Realität wird so einem breiteren Publikum<br />
zugänglich <strong>und</strong> eröffnet möglicherweise verschiedene neue Quellen für eine differenziertere<br />
Betrachtung <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des Dualen Systems in Deutschland.<br />
Da <strong>der</strong> Einsatz <strong>von</strong> Personal, das eine aktive Rolle in <strong>der</strong> Ausstellung übernimmt <strong>und</strong> beispielsweise<br />
Hinweise <strong>und</strong> Unterstützung zur Ausführung <strong>von</strong> Tätigkeiten <strong>der</strong> Besucher an<br />
einem dafür zugänglichen Ausstellungsobjekt gibt, einen erheblichen Kostenfaktor darstellt,<br />
muss darauf weitgehend verzichtet werden, aber dennoch die Möglichkeit dazu in <strong>der</strong> Konzeption<br />
erhalten bleiben.<br />
Damit <strong>der</strong> Anspruch an eine auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Besucher abgestimmte Ausstellungskonzeption<br />
nicht unberücksichtigt bleibt, ist es unumgänglich eine, wenn auch in reduzierter<br />
Form angelegte, ständige Evaluation durchzuführen.<br />
Als Rahmenbedingungen für eine eingeschränkte Ausstellung werden folgende Punkte festgehalten:<br />
- Integration in die bestehende Luftfahrt-Ausstellung im Deutschen Museum München<br />
- Gestaltung so, dass eine Wan<strong>der</strong>ausstellung möglich wird<br />
- „begreifbare“ Objekte<br />
- Möglichkeit zur Darstellung einer „realen Ausbildungssituation“<br />
- kostengünstiger Aufbau / Unterhaltung<br />
67
T. Bauer Flugtechnik<br />
Gestaltungsmöglichkeiten<br />
Innerhalb <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung im Deutschen Museum steht gegebenenfalls<br />
eine Son<strong>der</strong>nutzungsfläche in <strong>der</strong> Größenordnung <strong>von</strong> etwa 130 qm zur Verfügung.<br />
Abbildung 1: Ausstellungsfläche in <strong>der</strong> Luftfahrthalle des Deutschen Museums<br />
Diese befindet sich im Untergeschoss <strong>der</strong> Luftfahrtausstellung <strong>und</strong> wird durch die Objekte<br />
ME 262, Starfighter <strong>und</strong> Spacelab begrenzt. Verschiedene Objekte sind aufgehängt, die die<br />
mögliche Ausstellungsfläche zwar nach oben hin tangieren, aber die geplanten Aufbauten in<br />
<strong>der</strong> aufzuzeigenden Ausstellung nicht behin<strong>der</strong>n.<br />
Abbildung 2: Blick <strong>von</strong> ME 262 Richtung Bell<br />
Abbildung 3: Blick vom Starfighter Richtung ESA<br />
Die eingeschränkten räumlichen Möglichkeiten ziehen eine starke Reduzierung <strong>der</strong> zu integrierenden<br />
Objekte nach sich. Die genannten Flugzeuge <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung beziehen<br />
aber die jeweilige technische <strong>Entwicklung</strong> im zeitlichen Kontext unmittelbar mit ein, sodass<br />
auf spezifische <strong>und</strong> große Objekte hier weitgehend verzichtet werden kann.<br />
Eine Insellösung, wie sie hier aufgezeigt werden soll, kann auch nicht auf die im Teil II dieser<br />
Arbeit gewünschten Ausstattungsressourcen zurückgreifen. Dies zwingt dazu, Interaktionsmöglichkeiten<br />
auf ein geringes Maß zu beschränken <strong>und</strong> im Deutschen Museum vorhandene<br />
Mittel zu nutzen.<br />
Folglich sind auch die Epochen bei <strong>der</strong> Genese des Dualen Systems in <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />
zusammenzufassen, um die Durchgängigkeit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> für den Besucher ebenso zu<br />
erhalten, wie die Akzentuierung wichtiger <strong>und</strong> herausragen<strong>der</strong> Ereignisse deutlich hervorzuheben.<br />
Dennoch wird versucht, an diesen beson<strong>der</strong>s zu betrachtenden Punkten auch eine Interaktion<br />
68
T. Bauer Flugtechnik<br />
zu ermöglichen, um das Besucherinteresse über einen längeren Zeitraum hinweg zu binden<br />
<strong>und</strong> den Wunsch nach weiteren Informationen zu wecken.<br />
Damit die Beson<strong>der</strong>heit dieser Ausstellung in <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung auch nach außen<br />
hin deutlich hervortritt, sollte für den Bodenbelag eine an<strong>der</strong>e Ausführung gewählt werden.<br />
Diese optische Trennung eröffnet dem Besucher die Möglichkeit, sowohl die Berufsbildung<br />
als Bestandteil <strong>der</strong> Luftfahrt zu erkennen als auch gezielt diesen Aspekt <strong>von</strong> Beruflichkeit zu<br />
verfolgen 1 .<br />
Eine qualitative <strong>und</strong> quantitative Evaluation <strong>der</strong> Ausstellung lässt sich leicht durch eine Kamera,<br />
die im Obergeschoss <strong>der</strong> Luftfahrthalle angebracht wird, erfassen. Besucherströme<br />
können so gezielt in Beziehung zueinan<strong>der</strong> gesetzt werden <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Evaluationsmaßnahmen<br />
auf ihre Aussagekraft hin überprüft werden.<br />
Anordnung <strong>der</strong> Ausstellung<br />
Die in <strong>der</strong> Luftfahrtausstellung gezeigten Flugzeuge sind im zeitlichen Ablauf beginnend mit<br />
dem Strahlflugzeug ME 262 gegen den Uhrzeigersinn angeordnet 2 . Es bietet sich daher an die<br />
Ausstellung in gleicher Weise aufzubauen, um die Nähe <strong>von</strong> Produktion <strong>und</strong> Ausbildung<br />
deutlich in einen Zusammenhang zu stellen.<br />
Die Verwendung <strong>von</strong> Tafeln <strong>und</strong> Objekten sollte dabei so gewählt werden, dass es dem Besucher<br />
möglich ist, an beliebiger Stelle die Son<strong>der</strong>ausstellung zu betreten o<strong>der</strong> zu verlassen.<br />
An <strong>der</strong> so entstehenden „Nahtstelle“ <strong>von</strong> Geschichte<br />
<strong>und</strong> Zukunft des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
wird sowohl <strong>der</strong> Industrie als auch an<strong>der</strong>en Institutionen<br />
die Möglichkeit gegeben, sich selbst darzustellen<br />
<strong>und</strong> so Kontakte zu Besuchern unmittelbar zu knüpfen.<br />
Ein Informationspunkt im Zentrum <strong>der</strong> Ausstellung<br />
soll die Informationstiefe erhöhen <strong>und</strong> den Besuchern<br />
filmische Sequenzen aus Lehr- o<strong>der</strong> Werbefilmen zugänglich<br />
machen.<br />
Stationen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausstellung als Bestandteil <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung<br />
Beginn <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Flugtechnik bis zum Ende <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />
Die Anfänge <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Luftfahrt beginnen mit den Flugversuchen Lilienthals <strong>und</strong> sind<br />
zunächst die bescheidenen Versuche Einzelner, mit selbst konstruierten Apparaten die dritte<br />
Dimension zu erklimmen. Ganz im Gegensatz dazu stehen die Bemühungen des Grafen Zeppelin,<br />
<strong>der</strong> die ungesteuerten Ballone zu manövrierfähigen, weil maschinengetriebenen Luftschiffen<br />
umkonstruiert. Da diese technisch einmaligen <strong>und</strong> nicht nur im übertragenen Sinne<br />
großartigen Geräte die Stimmung in <strong>der</strong> Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wi<strong>der</strong>spiegelt,<br />
wird <strong>der</strong> Luftfahrtgedanke nachhaltig in das Bewusstsein <strong>der</strong> Bevölkerung einge-<br />
1 Es bietet sich die Verwendung <strong>von</strong> sog. OSB-Platten an, die eine feste Verankerung <strong>von</strong> Stellwänden <strong>und</strong> Exponaten<br />
sowohl im Deutschen Museum als auch an<strong>der</strong>en Ausstellungsorten ermöglichen.<br />
2 Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Flugtechnik vor <strong>der</strong> Erfindung des Strahltriebwerkes ist im Obergeschoss <strong>der</strong> gleichen<br />
Ausstellung zu finden. Dort können Hinweistafeln an geeigneten Punkten auf die Son<strong>der</strong>ausstellung aufmerksam<br />
machen.<br />
69
T. Bauer Flugtechnik<br />
führt. Wirtschaftliche Impulse <strong>von</strong> bleiben<strong>der</strong> Bedeutung gehen <strong>von</strong> den Großluftschiffen<br />
jedoch nicht aus. Insbeson<strong>der</strong>e die Leichtmetallverarbeitung erfährt jedoch einen Aufschwung,<br />
<strong>der</strong> in künftigen Konstruktionen im Motorflugzeugbau <strong>von</strong> zentraler Bedeutung<br />
sein wird.<br />
Mit <strong>der</strong> gesellschaftlichen Unterstützung des Fluggedankens finden sich auch immer mehr<br />
Flugbegeisterte, die Flugzeuge englischer o<strong>der</strong> französischer Bauart zunächst kopieren <strong>und</strong><br />
systematisch optimieren. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges verlagert sich die <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>von</strong> handwerklich konstruierten Kleinstserien hin zu feldverwendungsfähigen Massenprodukten.<br />
Technische Innovationen richten sich nunmehr an <strong>der</strong> militärischen Notwendigkeit aus.<br />
Das erste Ganzmetallflugzeug <strong>von</strong> Hugo Junkers passt zunächst nicht in das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />
<strong>der</strong> kaiserlichen Armee, da es technisch aufwendig <strong>und</strong> nur mit Fachpersonal zu produzieren<br />
ist. Die Tatsache, dass es ein Metallflugzeug ist, macht es jedoch für den Einsatz als<br />
vergleichsweise beschussfestes Infanterieflugzeug dennoch interessant. Diese Junkers J 1 ist<br />
damit das erste Flugzeug, das nach den gleichen Konstruktionsprinzipien <strong>der</strong> heutigen Flugzeuge<br />
gebaut wurde <strong>und</strong> bereits eine Spezialisierung <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Produktion beteiligten Arbeiter<br />
erfor<strong>der</strong>lich machte. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bestand somit kein Bedarf an<br />
Personal, das eine beson<strong>der</strong>e Ausbildung in <strong>der</strong> Luftfahrt notwendig gemacht hätte.<br />
Die Beschränkungen des Versailler Vertrages ließen eine Ausweitung <strong>der</strong> Produktion zunächst<br />
nicht zu. Nunmehr beschäftigungslose Piloten wie Udet, Katzenstein o<strong>der</strong> Fieseler versuchten<br />
ihre Profession wirtschaftlich nutzbar zu machen <strong>und</strong> begannen mit <strong>der</strong> Konstruktion<br />
<strong>und</strong> Produktion <strong>von</strong> Kleinstserien. Einzig die Firmen Dornier <strong>und</strong> Junkers verfügten gegen<br />
Ende <strong>der</strong> 20er Jahre über eine nennenswerte Betriebsgröße. Die wirtschaftliche Lage setzte<br />
jedoch auch bei diesen beiden Firmen enge Grenzen.<br />
Während in allen an<strong>der</strong>en Fabrikationsstätten für Luftfahrzeuge die Ausbildung ohne spezielle<br />
Berufsbil<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> handwerklichen Beistelllehre erfolgte, konnte man bei<br />
Junkers ab 1929 in einer eigenen Werkberufsschule gezielt auf die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
auch im Flugzeugbau eingehen.<br />
Obwohl ab etwa 1910 nahezu flächendeckend eine staatlich getragene Berufsschulausbildung<br />
neben <strong>der</strong> eigentlichen praktischen Lehre anzutreffen war, existierten jedoch we<strong>der</strong> einheitliche<br />
Berufe noch entsprechende Lehrpläne. Die Fortbildungsschule o<strong>der</strong> spätere Berufsschule<br />
begnügte sich zunächst mit <strong>der</strong> Vermittlung <strong>von</strong> allgemeinen Fähigkeiten, die jedoch frühzeitig<br />
starke Bezüge zu den Tätigkeiten <strong>der</strong> Lehrlinge aufwiesen <strong>und</strong> sich stetig hin zu einer beruflichen<br />
Ausbildung verän<strong>der</strong>ten. Mit dieser <strong>Entwicklung</strong> ging auch die Herausbildung <strong>von</strong><br />
Berufen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Abgrenzung gegeneinan<strong>der</strong> einher. So wurden Flugzeugschlosser klar <strong>von</strong><br />
den Flugzeugwarten abgegrenzt, wenngleich für beide Berufe die nahe Verwandtschaft zum<br />
Kraftfahrzeugschlosser betont wurde.<br />
Bis zum Ende <strong>der</strong> Weimarer Republik hatten sich sowohl Berufe als auch die Institution Berufsschule<br />
fest in <strong>der</strong> Gesellschaft etabliert. Berufliche Inhalte, Regularien zur Lehre <strong>und</strong> zu<br />
Prüfungen, wie auch die Gestaltung <strong>der</strong> schulischen Ausbildung wiesen jedoch starke regionale<br />
Unterschiede auf <strong>und</strong> waren über die Län<strong>der</strong>grenzen hinweg nicht verbindlich.<br />
In <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen beruflichen Ausbildung <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Herausbildung des heute<br />
in Deutschland zu findenden Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung dürften die eklatanten<br />
Unterschiede zu den Lebenserfahrungen heutiger Besucher beson<strong>der</strong>s beeindruckend sein.<br />
Es gilt daher, die nach heutigen Maßstäben unstrukturierte betriebliche Lehre <strong>und</strong> die da<strong>von</strong><br />
getrennte schulische Ausbildung ohne weitere betriebliche Bezüge darzustellen.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gegebenen Raumsituation muss an dieser Stelle deshalb auf originalgetreue<br />
<strong>und</strong> begehbare Ausstellungsobjekte verzichtet werden.<br />
Eine Vorstellung <strong>der</strong> Produktionssituation um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende lässt sich jedoch auch in<br />
einem kleineren Modell erkennen. Gleiches gilt für das Selbstverständnis <strong>der</strong> Berufsschule zu<br />
jener Zeit. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird an diesem Punkt <strong>der</strong> Ausstellung auf ein Vitrinenmodell<br />
einer Flugzeugproduktion zurückgegriffen, bei dem <strong>der</strong> handwerkliche Charakter in Herstel-<br />
70
T. Bauer Flugtechnik<br />
lung <strong>und</strong> Lehre zu erkennen ist.<br />
Unmittelbar angrenzend kann dann ebenfalls ein Modell eines Klassenraumes die noch vorhandene<br />
Trennung <strong>von</strong> Betrieb <strong>und</strong> Schule sowohl inhaltlich als auch strukturell nachzeichnen.<br />
Bei diesem Klassenraum ist es wichtig, dass <strong>der</strong> Besucher erkennt, wie wenig die an diesem<br />
Lernort vermittelten Inhalte auf die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Luftfahrt einzugehen<br />
vermochten. Ebenfalls <strong>von</strong> Bedeutung ist die Zusammensetzung <strong>der</strong> darzustellenden<br />
Klasse in beruflicher Hinsicht. Durch entsprechende Erklärungen o<strong>der</strong> Kennzeichnungen<br />
muss <strong>der</strong> Besucher erkennen können, dass innerhalb einer Klasse auf ein o<strong>der</strong> zwei Lehrlinge<br />
im Flugzeugbau etwa 30 Lehrlinge aus an<strong>der</strong>en technischen Berufen kommen.<br />
Für beide Vitrinen müssen ausgewählte Informationen bereitgestellt werden, damit diese Darstellungen<br />
<strong>der</strong> Ausbildungssituation nicht zusammenhangslos bleiben. Es bietet sich daher an,<br />
solche Informationen in textlicher <strong>und</strong> bildlicher Darstellung in Form <strong>von</strong> Informationstafeln<br />
anzubieten.<br />
Das folgende Bild zeigt eine Produktionssituation um 1915 <strong>und</strong> ist als 1 : 1 Modell im Luftfahrt-Museum<br />
Laatzen-Hannover zu finden. Durch die Auswahl <strong>der</strong> Werkstattgröße, die Anordnung<br />
<strong>und</strong> Menge <strong>von</strong> Materialien <strong>und</strong> Werkzeugen ist <strong>der</strong> handwerkliche Charakter leicht<br />
nachzuempfinden.<br />
Ähnliche Bil<strong>der</strong> liegen als Originalfotografien<br />
für den Udet-Flugzeugbau o<strong>der</strong> den Raab-<br />
Katzenstein-Flugzeugbau vor <strong>und</strong> könnten an <strong>der</strong><br />
Informationstafel Verwendung finden. Für die<br />
letztgenannte Firma sind Klassenlisten <strong>und</strong> Lehrpläne<br />
für die Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik nachgewiesen,<br />
die es zulassen, eine originalgetreue<br />
Klassenzusammensetzung <strong>und</strong> eine<br />
entsprechende Unterrichtssituation zu gestalten.<br />
Abbildung 4: Darstellung einer Produktion 1915<br />
Massive Rüstung im Dritten Reich<br />
Die größten Verän<strong>der</strong>ungen im Dualen System <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland haben in<br />
<strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus stattgef<strong>und</strong>en. In <strong>der</strong> Anfangszeit, unmittelbar nach <strong>der</strong><br />
Machtergreifung, wurde die Berufsausbildung dem Erziehungsministerium unterstellt, was<br />
sich jedoch als nicht zweckmäßig erwies, woraufhin 1935 eine Rückunterstellung unter das<br />
Wirtschaftsministerium erfolgte. In dem gleichen Zeitraum begann die verdeckte Luftwaffenrüstung,<br />
die unmittelbar auf Konstruktionen <strong>und</strong> ein, wenn auch nicht <strong>der</strong>art umfangreiches,<br />
Beschaffungsprogramm aus <strong>der</strong> Endphase <strong>der</strong> Weimarer Republik aufbaute 3 . So kann in <strong>der</strong><br />
Frühzeit des Nationalsozialismus <strong>von</strong> einem quasi nahtlosen Übergang aus <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />
sowohl auf Seiten <strong>der</strong> Berufsausbildung als auch <strong>der</strong> Luftrüstung gesprochen werden.<br />
Mit <strong>der</strong> Enttarnung <strong>der</strong> Luftwaffe <strong>und</strong> einer weiteren Forcierung <strong>der</strong> Produktion zeigte sich<br />
ein deutlicher Mangel an geeigneten Facharbeitern. Die meisten <strong>der</strong> Betriebe <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />
hatten nur kleine Belegschaften <strong>und</strong> handwerkliche Betriebs- <strong>und</strong> Führungsstrukturen.<br />
Einzig die Firma Heinkel hatte gegen Mitte des Jahres 1933 etwa 1000 Beschäftigte <strong>und</strong> die<br />
Firma Junkers im Bereich <strong>der</strong> Luftfahrzeugproduktion etwa 2500 Beschäftigte. Diese beiden<br />
Betriebe können nach heutigen Maßstäben als reine industrielle Produktionsstätten angesehen<br />
werden. Da Junkers neben Flugzeugen auch noch an<strong>der</strong>e Produkte fertigte, bestand seit 1929<br />
eine anerkannte Werkberufsschule, die auf die Belange <strong>der</strong> Fabrikation <strong>und</strong> <strong>der</strong> betrieblichen<br />
3 Vor allem die Firma Heinkel konnte auf Gr<strong>und</strong> dieses Beschaffungsprogrammes seine Kapazitäten in den spä-<br />
ten zwanziger Jahren ausbauen.<br />
71
T. Bauer Flugtechnik<br />
Facharbeiterqualifikation eingehen konnte. Diese Verzahnung <strong>von</strong> Schule <strong>und</strong> Betrieb entspricht<br />
dem Gr<strong>und</strong>gedanken im Dualen System <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> stellt den Kernpunkt<br />
seiner Leistungsfähigkeit dar. Durch die zentrale Führung in Berlin konnten nun binnen<br />
kürzester Zeit Strukturverän<strong>der</strong>ungen durchgesetzt werden, die in <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />
zwar auf den Weg gebracht, aber an den Interessen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> gescheitert waren.<br />
Die Luftwaffenrüstungsindustrie expandierte in kürzester Zeit in einer Weise, die eine Gewinnung<br />
<strong>von</strong> Fachpersonal aus an<strong>der</strong>en Industriezweigen unmöglich machte. Auch das notwendige<br />
Personal für die Luftwaffe selbst konnte nicht aus <strong>der</strong> Industrie herausgezogen werden,<br />
da diese sonst selbst ihrer Produktionsfähigkeit beraubt worden wäre. Aus diesem Umstand<br />
heraus wurde die Facharbeiterausbildung für die Luftwaffenrüstungsindustrie, als Produktionskomplex<br />
<strong>von</strong> beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die politische <strong>und</strong> militärische Führung, einer<br />
eigenen Dienststelle zugeordnet. Damit unterstand die gesamte Facharbeiterausbildung dem<br />
Generalluftzeugmeister, also einer militärischen Dienststelle, an <strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong> Bevollmächtigte<br />
des Luftfahrtindustriepersonals (BfL) stand. Gr<strong>und</strong>lage aller Ausbildungen blieb jedoch<br />
das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung. Um diese Ausbildung effizient zu gestalten, griff<br />
man auf die Erfahrungen <strong>der</strong> Junkers-Werkberufsschule zurück <strong>und</strong> setzte durch, dass alle<br />
Luftwaffenrüstungsbetriebe nach gleichem Muster Werkberufsschulen einzurichten hatten.<br />
Auch die Lehrpläne <strong>und</strong> Lehrmittel wurden fortan zentral verwaltet <strong>und</strong> die Lehrmittelzentrale<br />
des BfL an <strong>der</strong> Junkers-Werkberufsschule eingerichtet.<br />
Die vielfach noch anzutreffenden unterschiedlichen Berufsbezeichnungen <strong>und</strong> Ausbildungsinhalte<br />
wurden vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer universellen Verwendbarkeit <strong>von</strong> Facharbeitern<br />
abgeschafft <strong>und</strong> reichseinheitliche Berufsbil<strong>der</strong> geschaffen. Da zunächst im Zellenbau <strong>der</strong><br />
größte Facharbeitermangel zu verzeichnen war, wurde als erstes das Berufsbild des Metallflugzeugbauers<br />
geschaffen <strong>und</strong> in Form <strong>und</strong> Inhalt verbindlich geregelt. Selbst die Prüfungsinhalte<br />
wurden in gleicher Form am selben Tag in den entsprechenden Betrieben abgeprüft.<br />
Später folgte die Einführung des Berufsbildes des Flugmotorenschlossers. Auch hier wurden<br />
Inhalte <strong>und</strong> Formen bis hin zu ersten Prüfungsdurchgängen einheitlich ausgerichtet.<br />
Die zunehmende Anzahl <strong>von</strong> elektrischen Systemen machte es notwendig, auch eine elektrotechnische<br />
Ausbildung einzuführen. Infolgedessen wurde das Berufsfeld des Flugzeugelektromechanikers<br />
neu geschaffen, konnte aber nicht mehr bis zur Prüfungsreife eingeführt werden.<br />
Den hohen Verlusten an Luftfahrzeugen während des Krieges <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Verknappung <strong>von</strong> Leichtmetallen sollte durch die Konstruktion <strong>von</strong> Holzflugzeugen bzw.<br />
Flugzeugen in Gemischtbauweise begegnet werden. Das Berufsbild des Holzflugzeugbauers<br />
wurde auf <strong>der</strong> administrativen Seite vollständig konzipiert <strong>und</strong> selbst Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
festgelegt, obwohl keine Lehrverhältnisse eingegangen wurden.<br />
Eine Ausbildung in diesem Beruf fand jedoch nie statt, weil <strong>der</strong> zur Verfügung stehende synthetische<br />
Holzleim den Ansprüchen im Flugzeugbau nicht genügte <strong>und</strong> so keine nennenswerte Produktion<br />
aufgenommen wurde. Das Berufsbild selbst bestand jedoch bis weit in die 50er Jahre.<br />
Neben <strong>der</strong> Qualifikation <strong>von</strong> Jugendlichen in <strong>der</strong> Industrie wurde eine Ausbildung für den Unteroffiziernachwuchs<br />
<strong>der</strong> Luftwaffe in gleicher Weise aufgebaut. Die sog. Militärschüler, die an den<br />
Fliegertechnischen Vorschulen ausgebildet wurden, sicherten <strong>der</strong> Luftwaffe den Facharbeiternachwuchs.<br />
Die Jugendlichen innerhalb dieses Ausbildungszweiges erhielten die selbe Ausbildung wie die<br />
Industrielehrlinge <strong>und</strong> wurden zusätzlich militärisch geschult. Sie waren zunächst Angehörige <strong>der</strong><br />
Luftwaffe aber keine Soldaten, unterstanden aber dem BfL unmittelbar. Zu Beginn ihrer Lehre<br />
hatten sie eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet, mit <strong>der</strong> sie nach erfolgreicher Facharbeiterprüfung<br />
als reguläre Angehörige <strong>der</strong> Luftwaffe übernommen werden würden.<br />
Um für die Luftwaffenrüstung auf das geeignete Personal zurückgreifen zu können, wurde einerseits<br />
die freie Berufswahl faktisch abgeschafft <strong>und</strong> Bewerber den Betrieben durch das Arbeitsamt<br />
nach einer Vorauswahl zu eigentlichen Einstellungstests zugeführt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die Nachfrage<br />
nach solchen Berufen durch den massiven Einsatz <strong>von</strong> Werbung nachhaltig geför<strong>der</strong>t.<br />
72
T. Bauer Flugtechnik<br />
So wurde bereits in die Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Volksschulen <strong>der</strong> Luftfahrtgedanke hineingetragen <strong>und</strong> durch<br />
Bücher o<strong>der</strong> Kinofilme unterstützt. Flankiert wurden diese Maßnahmen durch öffentliche Ausstellungen<br />
<strong>und</strong> Wochenschauberichte. Dass diese Maßnahmen sehr effektiv gewesen sein müssen<br />
lässt sich an <strong>der</strong> Tatsache ablesen, dass die Auswahlkriterien <strong>der</strong> künftigen Facharbeiter <strong>und</strong> die<br />
Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen über die Dauer des Krieges hinweg praktisch nicht herabgesetzt worden<br />
sind. Zurückzuführen ist dies unter an<strong>der</strong>em auf die ständig durchgeführte Evaluation <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />
So wurden nach jedem Prüfungsdurchgang Treffen mit allen an <strong>der</strong> Ausbildung<br />
Beteiligten durchgeführt, um Schwierigkeiten <strong>und</strong> Probleme sowohl bei <strong>der</strong> Aufgabenstellung als<br />
auch <strong>der</strong> Prüfungsorganisation zu diskutieren. In den dazu vorliegenden Protokollen ist die aktive<br />
Mitwirkung aller an <strong>der</strong> Perfektionierung <strong>der</strong> Berufsausbildung festzustellen.<br />
Der Höhepunkt dieser Vervollkommnung <strong>der</strong> Berufsausbildung ist etwa mit dem Jahre 1943 erreicht.<br />
Mit dem Gegenangriff alliierter Bomberverbände gehen auch Produktions- <strong>und</strong> Ausbildungseinrichtungen<br />
in <strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie verloren. Sie erschweren zunächst die<br />
Kontinuität <strong>der</strong> Ausbildung, verhin<strong>der</strong>n später den Austausch <strong>von</strong> Lehr- <strong>und</strong> Prüfpersonal <strong>und</strong><br />
machen schließlich die Verlagerung ganzer Produktionsbetriebe notwendig. Dennoch kann die<br />
Ausbildung in regional stark unterschiedlicher Weise auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Prüfungsordnungen<br />
weitergeführt werden. Selbst im März 1945 werden noch Facharbeiter- <strong>und</strong> sog.<br />
Kriegszwischenprüfungen mit bescheidenen Mitteln durchgeführt. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong><br />
in dieser Zeit eingeführten Verän<strong>der</strong>ungen auf dem Weg <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des Dualen Systems<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache, dass eben dieser Zeitabschnitt noch im Erfahrungshorizont<br />
vieler Besucher des Deutschen Museums steht, lässt es notwendig erscheinen, einen entsprechend<br />
breiten Raum innerhalb dieser Ausstellungskonzeption zur Verfügung zu stellen.<br />
Als Anknüpfungspunkte bieten sich deshalb an diesem Ausstellungsort die Berufsausbildung <strong>der</strong><br />
Messerschmitt AG o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fieseler-Flugzeugwerke an, da sowohl die Me 262 als auch die Fi<br />
103 (sog. V1) <strong>der</strong> Fieseler-Werke als Ausstellungsobjekte in unmittelbarer Nähe zu finden sind.<br />
Für beide Betriebe gilt, dass sie erst nach 1933 einen kometenhaften Aufstieg mit schließlich tausenden<br />
<strong>von</strong> Beschäftigten zu verzeichnen hatten. Da sich die Ausbildung im gesamten Bereich<br />
<strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie einheitlich gestaltete, können Aussagen zu diesen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Betrieben mit Bestimmtheit übertragen werden.<br />
Wegen <strong>der</strong> günstigen Materiallage wird in dieser Konzeption zunächst <strong>von</strong> einem Bezug auf die<br />
Fieseler-Werke ausgegangen, <strong>der</strong> aber bei Verwendung als Wan<strong>der</strong>ausstellung auch auf an<strong>der</strong>e<br />
Betriebe o<strong>der</strong> auf Fliegertechnische Vorschulen leicht angewendet werden kann.<br />
Die Bedeutung dieser Epoche auf dem Weg <strong>der</strong> Genese des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
kann dem Besucher beson<strong>der</strong>s durch die Darbietung <strong>von</strong> begreifbaren Objekten nahe gebracht<br />
werden. Wie bereits an an<strong>der</strong>er Stelle festgestellt, müssen diese Objekte in einer realistischen<br />
Umgebung mit beschränkter Komplexität das Bedürfnis zum Verweilen wecken <strong>und</strong> die<br />
Motivation zum weiten Durchstreifen <strong>der</strong> Ausstellung för<strong>der</strong>n.<br />
Da sich die Atmosphäre in einer theoretischen Ausbildungssituation innerhalb einer Werkberufsschule<br />
zu jener Zeit nur schlecht nachempfinden lässt erscheint es sinnvoller, eine praktische Unterweisung<br />
im Betrieb auszuwählen.<br />
Abbildung 5: Unterweisung eines Lehrlings in das Nieten<br />
73
T. Bauer Flugtechnik<br />
Die zu vermittelnden manuellen Tätigkeiten in <strong>der</strong> Metallgr<strong>und</strong>ausbildung, wie sie auch heute<br />
noch in vielen Berufen anzutreffen sind, bieten sich hier auch für ungeübte Besucher als leicht<br />
durchführbar <strong>und</strong> ressourcenschonend an.<br />
Das fachgerechte Feilen beispielsweise bedarf nur einer Werkbank mit Schraubstock, einer<br />
Schruppfeile <strong>und</strong> eines einfachen Baustahlprofils. Die dazu vorliegenden Ausbildungsanweisungen<br />
<strong>und</strong> bildlichen Darstellungen erlauben die Nachempfindung einer realen Ausbildungssituation<br />
zu jener Zeit. Nachteilig ist hier jedoch ein kaum zu kalkulierendes Verletzungsrisiko <strong>und</strong> die<br />
vermutlich geringe Motivation, ein Baustahlprofil zu bearbeiten. Als an<strong>der</strong>e, allerdings aufwendigere<br />
Möglichkeit, bietet sich die Auswahl einer vergleichsweise einfachen Tätigkeit aus dem 2.<br />
bis 4. Lehrjahr an. Denkbar ist hier <strong>der</strong> Nietvorgang beim Beplanken <strong>von</strong> Flügeln o<strong>der</strong> Zellen.<br />
Auch hier gilt, dass entsprechende Arbeitsanweisungen in geeigneter Weise vorliegen.<br />
In <strong>der</strong> konkreten Raumsituation des Deutschen Museums ist <strong>der</strong> Beplankung <strong>der</strong> Vorzug zu geben,<br />
da sich in unmittelbarer Nähe ein entsprechendes Objekt aus späterer Zeit, nämlich eine industriell<br />
genietete Tragflügelsequenz eines Starfighters, befindet. An Materialbedarf besteht für<br />
dieses begreifbare Objekt neben dem Nachbau einer zeitgemäßen Tragflügelkonstruktion noch<br />
<strong>der</strong> Bedarf an handelsüblichen Normnieten, kleineren vorgefertigten Blechstücken <strong>und</strong> geeigneten<br />
Nietwerkzeugen. Die Handhabung <strong>von</strong> Werkzeug, Niet <strong>und</strong> Blech ist durch die bebil<strong>der</strong>ten Handlungsanweisungen<br />
leicht nachzuvollziehen <strong>und</strong> für je<strong>der</strong>mann durchführbar.<br />
Auf diese Weise ist es möglich, an unterschiedlichen Orten <strong>der</strong> Ausstellung für verschiedene Besucher<br />
ein bleibendes Erlebnis zu schaffen.<br />
Um Materialbedarf, Verletzungsrisiko <strong>und</strong> den Verlust <strong>von</strong> Werkzeugen in Grenzen zu halten<br />
erscheint es sinnvoll, solche Ausbildungssequenzen unter Anleitung <strong>und</strong> Aufsicht eines „Lehrgesellen“<br />
durchführen zu lassen. Die Ausbildungssequenz wird damit lebhafter <strong>und</strong> realistischer,<br />
benötigt jedoch geeignetes <strong>und</strong> Kosten verursachendes Personal. Steht dieses für nur begrenzte<br />
Zeit o<strong>der</strong> gar nicht zur Verfügung, kann die Ausbildungssituation in gleicher Weise statisch durch<br />
Verwendung entsprechend gekleideter Puppen dargestellt werden. Vorteilhaft ist hierbei, dass<br />
keine weiteren Kosten entstehen <strong>und</strong> eine Belebung <strong>der</strong> Situation durch das Entfernen <strong>der</strong> Puppen<br />
<strong>und</strong> praktische Ausführung <strong>der</strong> Tätigkeit leicht <strong>und</strong> unmittelbar zu bewerkstelligen ist.<br />
Um den bereits genannten Bezug zu den Fieseler-Werken herzustellen, sollten die Lehrlinge <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Lehrgeselle in dieser Situation die Kennzeichen <strong>der</strong> Fieseler-Werke tragen 4 .<br />
Neben <strong>der</strong> zentralen Darstellung einer Ausbildungssituation besteht weiterhin die Notwendigkeit,<br />
auch die Ordnungs- <strong>und</strong> Innovationsaspekte innerhalb des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
zu beleuchten. Um keine weiteren Kosten auflaufen zu lassen, können hier bildliche Darstellungen<br />
<strong>der</strong> Ausbildungssituation in verschiedenen Betrieben <strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie ebenso<br />
Verwendung finden wie eine Sammlung <strong>von</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Lehrmitteln in entsprechenden<br />
Vitrinen. In <strong>der</strong> konkreten Ausstellungssituation wird daher da<strong>von</strong> ausgegangen, dass eine Vitrine<br />
mit Lehrbüchern, Arbeitsblättern o<strong>der</strong> einem Berichtsheft gefüllt werden könnte <strong>und</strong> eine an<strong>der</strong>e<br />
Vitrine Lehrmodelle aus <strong>der</strong> betrieblichen Unterweisung aufzunehmen vermag. Die Struktur <strong>der</strong><br />
Ausbildung bis hin zur Prüfungsdurchführung lässt sich mit reproduzierten Fotografien aus <strong>der</strong><br />
vorliegenden Literatur, entsprechenden Strukturgrammen <strong>und</strong> geeigneten textlichen Kommentierungen<br />
erzielen.<br />
Ein Hinweis auf weitere Informationen, die am „Zentralen Informationspunkt“ dem Besucher zur<br />
Verfügung stehen, erscheint ebenfalls sinnvoll.<br />
4 Findet diese Ausstellung bei einem an<strong>der</strong>en Betrieb <strong>der</strong> heutigen Luftfahrtindustrie o<strong>der</strong> einer Institution statt,<br />
kann <strong>der</strong> Regionalbezug leicht durch Verwendung entsprechen<strong>der</strong> Firmenembleme hergestellt werden.<br />
74
T. Bauer Flugtechnik<br />
Duales System in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde zunächst ein vollkommenes Produktionsverbot<br />
verhängt. Auf Gr<strong>und</strong> getroffener Übereinkünfte <strong>der</strong> Alliierten waren damit alle Betriebe<br />
<strong>der</strong> ehemaligen Luftwaffenrüstungsindustrie gezwungen, ihre Fertigung aufzugeben o<strong>der</strong> sich auf<br />
an<strong>der</strong>e Produkte zu verlagern. Auf Seite <strong>der</strong> Westalliierten warb man vor allem das Führungs-<br />
<strong>und</strong> Funktionspersonal ab, um <strong>von</strong> den Erfahrungen <strong>der</strong> Betriebe profitieren zu können, während<br />
man im Falle <strong>der</strong> UdSSR „nur“ auf die nachgeordnete Produktionsebene <strong>und</strong> Facharbeiter zurückgreifen<br />
konnte.<br />
Der erfolgreiche Flug des Sputniks ist nicht zuletzt auf die nachhaltige Qualifikation dieser Meisterebene<br />
zurückzuführen, die über Fähigkeiten in <strong>der</strong> eigentlichen Produktion verfügt, die in einer<br />
zweigliedrigen Ausbildung nach amerikanischem Vorbild weniger effizient verlaufen zu sein<br />
scheint.<br />
Für 10 Jahre bestand eine Luftfahrtindustrie faktisch nicht. Die zunehmende Konfrontation <strong>der</strong><br />
nunmehr existierenden beiden Machtblöcke ließ es aus politischen Gründen opportun erscheinen,<br />
in beiden Teilen Deutschlands mit einer Armee auch wie<strong>der</strong> eine Luftfahrtindustrie zu implementieren.<br />
Während im östlichen Teil Deutschlands alle Facharbeiter zusammengezogen wurden <strong>und</strong> erfolgreich<br />
ein Strahlflugzeug konstruierten <strong>und</strong> produzierten, wurden die Betriebe auf <strong>der</strong> westlichen<br />
Seite Deutschlands zunächst durch militärische Wartungsaufträge <strong>und</strong> später durch die Zulassung<br />
<strong>von</strong> Eigenkonstruktionen wie<strong>der</strong>belebt. Aus politischen Gründen ist die Flugzeugproduktion in<br />
<strong>der</strong> nunmehr existenten DDR schließlich gänzlich eingestellt worden. Die Betriebe im Westen<br />
hingegen konnten sich durch marktreife Eigenkonstruktionen <strong>und</strong> betriebliche Konzentrationsprozesse<br />
auch auf dem Weltmarkt erfolgreich behaupten. Traditionsreiche Unternehmen wie<br />
Heinkel, Dornier o<strong>der</strong> Messerschmitt verschmolzen schließlich zu einem international tätigen<br />
Unternehmen, das über die Län<strong>der</strong>grenzen hinweg als EADS die europäische Flugzeugindustrie<br />
repräsentiert.<br />
Das Fehlen eines kompletten Industriezweiges verhin<strong>der</strong>t selbstverständlich auch dessen eigenständige<br />
Weiterentwicklung. Als im Jahr 1955 die Produktion – wenn auch in bescheidenem Umfang<br />
– wie<strong>der</strong> aufgenommen wurde, blieb den Betrieben also nichts an<strong>der</strong>es übrig, als an ihre<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Methoden aus dem Dritten Reich anzuknüpfen. Im Bereich <strong>der</strong> Ausbildung<br />
heißt dies, dass die bekannten <strong>und</strong> erprobten Berufsbil<strong>der</strong> des Flugmotorenschlossers <strong>und</strong> Metallflugzeugbauers<br />
in unverän<strong>der</strong>ter Weise übernommen wurden. Diese Übernahme erstreckt sich auf<br />
alle Lehr- <strong>und</strong> Ausbildungsmittel <strong>und</strong> ist nur durch den Wegfall nationalsozialistischer Symbole<br />
<strong>von</strong> den Unterlagen aus dem Dritten Reich zu unterscheiden.<br />
An den Ausbildungsprinzipien wurde bis weit in die 70er Jahre hinein festgehalten, wenngleich in<br />
<strong>der</strong> Zwischenzeit auch neue Berufsbil<strong>der</strong> geschaffen worden sind. Diese Einführung ist jedoch<br />
nicht auf gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> didaktische Konzeptionen zurückzuführen, son<strong>der</strong>n<br />
vielmehr durch technische Neuerungen in <strong>der</strong> Flugzeugausrüstung <strong>und</strong> -konstruktion zu suchen.<br />
Erst die mit <strong>der</strong> 68er Diskussion in die Gesellschaft hineingetragene Emanzipation des Individuums<br />
verän<strong>der</strong>te dieses Gefüge so nachhaltig, dass die Ausbildungskonzeptionen den gesellschaftlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr gerecht werden konnten.<br />
Neben an<strong>der</strong>en Verän<strong>der</strong>ungen, auf Gr<strong>und</strong> dieser verän<strong>der</strong>ten Sichtweise <strong>von</strong> Ausbildung, setzte<br />
sich <strong>der</strong> Emanzipationsgedanke schließlich in <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Berufe 1983 durch. Der Auszubildende<br />
war nunmehr nicht nur untergeordneter Bestandteil eines Systems, son<strong>der</strong>n gestalten<strong>der</strong><br />
<strong>und</strong> verantwortlicher Teil des Ganzen.<br />
Die wachsende Zahl <strong>der</strong> elektrischen <strong>und</strong> elektronischen Komponenten im technischen System<br />
Flugzeug ging mit dieser <strong>Entwicklung</strong> einher <strong>und</strong> führte schließlich zu eigenen <strong>und</strong> neuen Berufsbil<strong>der</strong>n.<br />
Bemerkenswerterweise sind die in den neuen Berufen gefor<strong>der</strong>ten analytischen <strong>und</strong><br />
systemübergreifenden Fähigkeiten bereits in <strong>der</strong> Konzeption des Flugzeugelektromechanikers in<br />
75
T. Bauer Flugtechnik<br />
sehr ähnlicher Weise abzulesen. Eine direkte <strong>Entwicklung</strong>slinie ist im Gegensatz zu den Metall<br />
bearbeitenden Berufszweigen nicht festzustellen.<br />
Das unmittelbare Anknüpfen an die Ausbildungssystematik des Dritten Reiches ist ein beson<strong>der</strong>es<br />
Merkmal <strong>der</strong> Ausbildung in <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie bis in die 70er Jahre hinein. Da diese Systematik<br />
bereits hinreichend beleuchtet wurde ist es überflüssig, dies an diesem Punkt <strong>der</strong> Ausstellung<br />
erneut zu tun. Die Darbietung <strong>von</strong> geeigneten Fotografien aus dem zeitlichen Kontext <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />
Prüfungen bzw. Lehrgängen können dies deutlich belegen. Für diesen vergleichsweise beschränkten<br />
Zeitraum ist deshalb eine Hinweistafel <strong>und</strong> eine Ausstellungsvitrine als ausreichend zu erachten.<br />
Ein „Stammbaum“ <strong>der</strong> Berufe kann dabei als Bindeglied zwischen <strong>der</strong> vorangegangenen Station<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausstellungssequenz nach <strong>der</strong> Neuordnung fungieren.<br />
Europäische Luftfahrt<br />
Das Zusammenwachsen Europas in wirtschaftlicher <strong>und</strong> gesellschaftlicher Hinsicht machte auch<br />
vor <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie nicht Halt. Augenfälliger Ausdruck dieser Europäisierung <strong>der</strong> Luftfahrt<br />
ist die multinationale Konstruktion <strong>und</strong> Produktion des Airbus.<br />
In gleicher Weise verlief die Zusammenarbeit in <strong>der</strong> Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Konstruktion<br />
<strong>von</strong> Militärluftfahrzeugen. Der bis dahin vorherrschenden Rolle <strong>der</strong> USA steht seit dem eine<br />
gesamteuropäische Produktpalette mit zugehöriger Fertigungsstruktur gegenüber. Voraussetzung<br />
dafür war das Zusammenwachsen <strong>der</strong> bis zu diesem Zeitpunkt national organisierten Luftfahrtindustrien<br />
zu einer europäisch ausgerichteten Gesamtstruktur. Über Län<strong>der</strong>grenzen hinweg musste<br />
nun Produktion <strong>und</strong> Ausbildung organisiert <strong>und</strong> aufgebaut werden.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> immer größer werdenden Innovationsgeschwindigkeit insbeson<strong>der</strong>e in<br />
<strong>der</strong> Luftfahrt, verliert die Vermittlung einer Fertigkeit innerhalb des langen Ausbildungszeitraumes<br />
in <strong>der</strong> dualen Ausbildungssystematik an Bedeutung.<br />
An die Stelle <strong>der</strong> Fertigkeitenvermittlung ist die Qualifikationsvermittlung getreten, die auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Emanzipation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verantwortlichkeit gegenüber sich <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en als Triebfe<strong>der</strong><br />
für eine stetige Weiterqualifizierung dienen soll. Der Auszubildende in <strong>der</strong> heutigen Zeit benötigt<br />
nicht mehr die drillmäßig erlernte Perfektion <strong>von</strong> Einzelfertigkeiten, son<strong>der</strong>n einen Einblick<br />
in die Anfor<strong>der</strong>ungen des Berufsfeldes <strong>und</strong> die Fähigkeit, verän<strong>der</strong>te technische <strong>und</strong> strukturelle<br />
Situationen zu erfassen <strong>und</strong> sich durch selbstständiges Lernen diesen neuen Anfor<strong>der</strong>ungen zu<br />
stellen. Diese verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Berufs- <strong>und</strong> Arbeitswelt sind in einer gänzlich neuen<br />
Form <strong>der</strong> Ausbildung berücksichtigt worden <strong>und</strong> mit Begriffen wie Ganzheitlichkeit <strong>und</strong><br />
Handlungsorientierung auf das Engste verknüpft.<br />
Vielen Besuchern dürfte aus dem eigenen beruflichen Erleben noch die Fertigkeitenvermittlung<br />
nach dem Prinzip „Vormachen – Nachmachen – Verbessern – Üben“ bekannt sein. Selbständiges<br />
Erlernen <strong>und</strong> die dazu notwendige Informationsbeschaffung innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens<br />
sowie die Präsentation dessen dürfte nur den wenigsten <strong>und</strong> vor allen Dingen jüngeren<br />
Besuchern bekannt sein.<br />
Diese tief greifende strukturelle Verän<strong>der</strong>ung gilt es deshalb beson<strong>der</strong>s darzustellen. Das Modell<br />
einer Lehrwerkstatt, die mit Lerninseln <strong>und</strong> Informationspunkten wie Internetzugang organisiert<br />
ist, steht damit im augenfälligen Gegensatz zu <strong>der</strong> hierarchisch <strong>und</strong> linear aufgebauten Lehrwerkstatt<br />
früherer Jahre. In gleicher Weise stellt sich die Ausbildung am Lernort Schule dar. Auch hier<br />
ist <strong>der</strong> lehrerzentrierte Unterricht dem selbst organisierten Lernen weitgehend gewichen. Die dazu<br />
notwendige enge Verknüpfung <strong>und</strong> Kooperation an beiden Lernorten ist für eine hinreichende<br />
Qualifikation <strong>von</strong> zentraler Bedeutung <strong>und</strong> muss deshalb erkennbar sein. Die Trennung <strong>von</strong> theoretischer<br />
<strong>und</strong> praktischer Ausbildung ist in dieser Konzeption nicht mehr in <strong>der</strong> bisher bekannten<br />
Trennschärfe vorhanden.<br />
Es bietet sich daher an, ein Modell im stark verkleinerten Maßstab zu schaffen, das sowohl die<br />
76
T. Bauer Flugtechnik<br />
Produktion als auch die Lehrwerkstatt <strong>und</strong> Schule als einheitliches Ganzes abbildet. Durchgänge<br />
<strong>und</strong> geöffnete Türen können die Zusammengehörigkeit dieser Lernorte verdeutlichen <strong>und</strong> die<br />
einzelnen Aufgaben dem Besucher näher bringen.<br />
So kann eine Schülergruppe während <strong>der</strong> laufenden Produktion einen Fertigungsabschnitt erk<strong>und</strong>en,<br />
während eine an<strong>der</strong>e Gruppe die dazu notwendigen Fertigkeiten in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt erlernt<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig in <strong>der</strong> angrenzenden Berufsschule unter Mo<strong>der</strong>ation eines Lehrers eine Schülergruppe<br />
selbständig das entsprechende Thema bearbeitet.<br />
Neben den modellbautechnischen Materialien ist dafür nur eine Vitrine <strong>und</strong> drei Informationstafeln<br />
notwendig. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> räumlichen Nähe zu dem ESA-Segment im Deutschen Museum<br />
<strong>und</strong> dem mo<strong>der</strong>nen Strahltriebwerk bietet es sich an, eine Ausbildungssequenz aus <strong>der</strong> Airbusfertigung<br />
o<strong>der</strong> dem Werftbetrieb <strong>der</strong> Lufthansa in Frankfurt nachzuempfinden.<br />
Auch an diesem Punkt kann bei <strong>der</strong> Verwendung als Wan<strong>der</strong>ausstellung auf die regionalen Belange<br />
an an<strong>der</strong>en Ausstellungsorten unmittelbar Bezug genommen werden.<br />
Für die Darstellung <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich verän<strong>der</strong>ten didaktischen Konzeption dürften Erklärungen<br />
in graphischer wie schriftlicher Form im Umfang <strong>von</strong> etwa zwei Tafeln ausreichend sein.<br />
Portal zu Betrieben <strong>und</strong> Institutionen<br />
Wenn die Ausstellungskonzeption mit den Erwartungen <strong>der</strong> Besucher, die bewusst o<strong>der</strong> zufällig<br />
mit diesem Thema konfrontiert wurden, zur Übereinstimmung gebracht werden konnte, ist <strong>von</strong><br />
dem Bedürfnis auszugehen, sich weitere Informationen bei Betrieben <strong>und</strong> Institutionen zu beschaffen.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Differenz <strong>von</strong> Bewerberaufkommen <strong>und</strong> <strong>der</strong> tatsächlich anzutreffenden<br />
Eingangsqualifikation, kann eine solche Station für die Betriebe <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />
als Quelle <strong>der</strong> Nachwuchsgewinnung <strong>und</strong> für das Arbeitsamt die Möglichkeit <strong>der</strong> qualifizierten<br />
<strong>und</strong> strukturierten Ausbildungsberatung bieten. Die Einrichtung eines Portals zu Betrieben <strong>und</strong><br />
Institutionen löst die Ausstellung an sich aus <strong>der</strong> Isoliertheit des Schonraums Museum heraus <strong>und</strong><br />
bringt den betrachteten geschichtlichen Themenkomplex in einen unmittelbar verwertbaren <strong>und</strong><br />
realen Sinnzusammenhang. Für Betriebe <strong>und</strong> Institutionen besteht somit die Möglichkeit einer<br />
unmittelbaren Kontaktaufnahme, ohne die eigene geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> in aufwendiger Art<br />
<strong>und</strong> Weise nachzeichnen zu müssen. Die Gestaltung dieser Station hängt selbstverständlich <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> externen Beteiligung in beson<strong>der</strong>er Weise ab <strong>und</strong> sollte in <strong>der</strong> Verantwortung dieser verbleiben.<br />
Eine Abstimmung über Form <strong>und</strong> Inhalt muss jedoch in jedem Einzelfall erfolgen, um das<br />
Gesamtkonzept <strong>der</strong> Darstellung des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung am Beispiel <strong>der</strong> luftfahrttechnischen<br />
Berufe an je<strong>der</strong> Stelle deutlich erkennbar hervortreten zu lassen.<br />
Am Beispiel des Ausstellungsortes Deutsches Museum in München bietet es sich an, sowohl dem<br />
Arbeitsamt als auch <strong>der</strong> Zweigstelle <strong>der</strong> EADS in Ottobrunn eine Zusammenarbeit an einer solchen<br />
Ausstellungskonzeption zu offerieren. Die große Besucherfrequenz vor allem Jugendlicher<br />
im Deutschen Museum bietet sicherlich interessante Möglichkeiten <strong>der</strong> Nachwuchsgewinnung<br />
einerseits <strong>und</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> innerbetrieblichen Berufsausbildung an<strong>der</strong>erseits. Für den Betrieb<br />
ist es allerdings nicht notwendig weitere Strukturen <strong>und</strong> Gewordenheiten <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
darstellen zu müssen, da dies ja bereits Bestandteil des Ausstellungskonzeptes ist.<br />
Denkbar ist in diesem Falle auch, dass das bereits erwähnte Tragflügelstück an <strong>der</strong> Station 1933 –<br />
1945 beispielsweise durch diese Firma erstellt <strong>und</strong> gegebenenfalls durch Abstellung geeigneten<br />
Personals teilweise mitbetreut werden kann. Durch eine solche Unterstützung eines real existierenden<br />
Betriebes kann je<strong>der</strong> Besucher an den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>und</strong> Erfahrungen im Dualen System<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung unmittelbar beteiligt werden. Die Ausstellung selbst wird damit lebendiger<br />
<strong>und</strong> interessanter.<br />
77
T. Bauer Flugtechnik<br />
Zentraler Informationspunkt <strong>und</strong> Evaluation<br />
Da alle bisher betrachteten Stationen weitgehend statisch organisiert sind, um anfallende Kosten<br />
in einem beherrschbaren Rahmen zu halten, ist dem Besucher lei<strong>der</strong> gleichzeitig die Möglichkeit<br />
genommen, bei Interesse weitere Informationen zu erhalten. Auch fehlt bisher eine Zone, in <strong>der</strong><br />
sich Besucher <strong>der</strong> Ausstellung zurückziehen können. Diese Doppelfunktion könnte <strong>der</strong> zentrale<br />
Informationspunkt übernehmen. Wichtig erscheint eine Interaktion zu erreichen, die keine mechanischen<br />
Ausfallerscheinungen <strong>und</strong> damit Unterhaltungskosten verursacht. Fällt eine solch eingerichtete<br />
Station aus technischen Gründen aus, stört das Vorhandensein in einem weit stärkerem<br />
Maße, als wenn sie gar nicht vorhanden wäre.<br />
Als denkbare Lösung im Spannungsfeld dieser Gr<strong>und</strong>überlegungen bietet sich die Anordnung <strong>von</strong><br />
mehreren (im günstigsten Fall 4) Multimediasystemen in einer festen geometrischen Konstruktion,<br />
z.B. Zylin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Kugelkalotte, an. Diese Anordnung vereint mehrere Vorteile bei nur geringen<br />
Nachteilen. Durch den Einbau in eine feste Konstruktion sind die Systeme dem unmittelbaren<br />
Zugriff <strong>der</strong> Besucher <strong>und</strong> damit Manipulationsmöglichkeiten entzogen. Über berührungslose<br />
Schalter (Touch-Screen) ist jedoch eine Interaktion mit dem Besucher technisch leicht machbar.<br />
Je nach tatsächlicher Ausgestaltung <strong>der</strong> Ausstellung können so Werbe- o<strong>der</strong> Lehrfilme im jeweiligen<br />
zeitlichen Kontext ebenso wie die Darstellung <strong>von</strong> Ausbildungssituationen unter politischen<br />
o<strong>der</strong> sozialkritischen Aspekten Eingang finden. Darüber hinaus ist es möglich, selbstlaufende o<strong>der</strong><br />
teilsteuerbare Präsentationen o<strong>der</strong> Animationen zu nutzen.<br />
Dem Besucher eröffnet sich damit die Gelegenheit, mit vielen Sinnen Ausbildungssituationen zu<br />
erfahren <strong>und</strong> die Informationstiefe selbst bestimmen zu können.<br />
Ein weiterer Vorteil ist hier, dass diese Rechnersysteme ferngewartet werden können <strong>und</strong> Inhalte<br />
leicht den spezifischen Bedürfnissen <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des Ausstellungsortes angepasst werden<br />
können. Denkbar ist darüber hinaus auch, diesen Informationspunkt mehrsprachig zu gestalten,<br />
um ausländischen Besuchern das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland näher bringen<br />
zu können.<br />
Die zu erwartenden Kosten für Beschaffung, Einrichtung <strong>und</strong> Unterhaltung könnten durch Sponsoring<br />
beispielsweise jener Firmen, die an jenem Punkt gezeigt werden, gedämpft werden. Da an<br />
diesem Informationspunkt wohl Medien zum Einsatz kommen, die auch bei handelsüblichen Systemen<br />
zu finden sind, erscheint es sinnvoll, die dort angebotenen Informationen als CD/DVD<br />
einem interessierten Publikum zum Kauf anzubieten mit dem Ziel, die Ausstellung bei Bedarf zu<br />
Hause o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> betrieblichen o<strong>der</strong> schulischen Ausbildungswelt nochmals auf sich wirken zu<br />
lassen <strong>und</strong> gleichzeitig die Konzeption wirtschaftlich tragfähiger zu gestalten.<br />
Überdies ist es ebenfalls denkbar, auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fernwartfähigkeit ein elektronisches Besucherbuch<br />
in strukturierter Form anzubieten, das beispielsweise in einer zu wählenden Kurz- o<strong>der</strong><br />
Langversion die Befindlichkeiten <strong>und</strong> Wünsche <strong>der</strong> Besucher zu erfassen vermag. In Verbindung<br />
mit einer Webcam kann zum einen ein unmittelbarer Kontakt „zur Außenwelt“ hergestellt <strong>und</strong><br />
ggf. gleichzeitig die Besucherströme in geeigneter Weise evaluiert werden.<br />
Durch diese Doppelnutzung in Verbindung mit dem elektronischen Besucherbuch ist es möglich,<br />
das Ausstellungskonzept an jedem beliebigen Ausstellungsort vor dem Hintergr<strong>und</strong> regionaler<br />
Unterschiede zu optimieren mit dem Ziel, das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung einem breiten<br />
Publikum nahe zu bringen.<br />
Die Verwendung <strong>von</strong> mehreren Systemen soll es einer großen Zahl <strong>von</strong> Besuchern ermöglichen,<br />
sich ungestört in hinreichen<strong>der</strong> Zeit mit einem selbstgewählten Themenbereich auseinan<strong>der</strong>setzen<br />
zu können. Die Verwendung <strong>und</strong> Anordnung <strong>von</strong> Bänken in L-Form ist dabei bewusst gewählt,<br />
um vielen Besuchern einerseits den Zugriff auf den Informationspunkt zu ermöglichen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />
Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Denkbar ist auch, dass hier Besuchergruppen, z.B.<br />
Schulklassen, Besprechungen abhalten können o<strong>der</strong> Arbeitsaufträge erhalten. Wichtig ist, die<br />
Bänke in <strong>der</strong> gezeigten Weise anzuordnen, da sonst leicht in <strong>der</strong> Draufsicht, die vom Obergeschoss<br />
im Deutschen Museum leicht zu erlangen ist, ein Hakenkreuz entsteht.<br />
78
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
„Von Archimedes bis Mercedes“<br />
„Mobilität“ war <strong>und</strong> ist entscheidend für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft.<br />
Ziel <strong>und</strong> Anspruch des Mobilseins war stets die Verbesserung <strong>der</strong> technischen Unterstützung<br />
für das Fortbewegen <strong>und</strong> das Transportieren zu Boden, Wasser <strong>und</strong> Luft.<br />
Mit <strong>der</strong> Erfindung des Scheibenrades, <strong>der</strong> Nutzung <strong>von</strong> Pferdestärken, des Straßenbaus über<br />
die Erfindung <strong>der</strong> Dampfmaschine bis hin zu den heutigen mo<strong>der</strong>nen Verbrennungsmotoren<br />
<strong>und</strong> Antriebstechniken – um nur einige markante Beispiele zu nennen – zieht sich eine stetige<br />
<strong>Entwicklung</strong> durch die Menschheitsgeschichte. Je<strong>der</strong> Baustein führte zu einer Verbesserung<br />
<strong>und</strong> zu einem Stück mehr Beweglichkeit <strong>und</strong> Komfort.<br />
Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist die rasante <strong>Entwicklung</strong> in den letzen Jahrh<strong>und</strong>erten – vor allem<br />
im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
In <strong>der</strong> Vergangenheit vermehrte sich das Wissen nur langsam, Erfindungen o<strong>der</strong> Neuerungen<br />
entstanden eher zufällig <strong>und</strong> nicht unbedingt bewusst. Für die Unterstützung <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung<br />
des Bedürfnisses Mobilität waren anfänglich nur wenige Kenntnisse, zu einem späteren Zeitpunkt<br />
nur wenige berufliche Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten bzw. nur wenige eigene Berufe speziell<br />
in <strong>der</strong> Holz- <strong>und</strong> Metallbearbeitung vorhanden o<strong>der</strong> notwendig.<br />
Ganz an<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> heutigen Zeit: Die gestiegenen Ansprüche – insbeson<strong>der</strong>e hervorzuheben<br />
die <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umweltverträglichkeit in den mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaften<br />
– verlangen eine qualifizierte <strong>und</strong> spezialisierte Facharbeit. Die notwendigen Kenntnisse<br />
erstrecken sich heute nicht mehr nur auf Holz- <strong>und</strong> Metallverarbeitung. Alle Wissensbereiche<br />
sind einzubeziehen. Dies ist nicht mehr nur durch einen qualifizierten Facharbeiter zu<br />
leisten.<br />
Spezialkenntnisse <strong>und</strong> -fähigkeiten sind gefor<strong>der</strong>t.<br />
Diese Ansprüche, die sich hier in den letzten 100 bis 200 Jahren herauskristallisiert haben,<br />
spiegeln sich auch in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Kfz-technischen Berufs(aus)bildung wi<strong>der</strong>. Bis ins<br />
20. Jahrh<strong>und</strong>ert waren überwiegend Schmiede, später auch Schlosser <strong>und</strong> Wagner für die Bereitstellung<br />
<strong>der</strong> notwendigen Fahrzeuge ausreichend.<br />
Mit dem ersten „Automobil“ in Deutschland <strong>und</strong> dem sehr schnell um sich greifenden Anspruch<br />
<strong>der</strong> deutschen Bevölkerung auch „auto“-mobil zu sein, verän<strong>der</strong>te sich auch die Berufewelt.<br />
Aus Schmieden/Schlossern wurden Kraftfahrzeugschlosser usw. Immer mehr Berufe<br />
mit zunehmen<strong>der</strong> Differenzierung waren für die <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Produktion <strong>von</strong> Automobilen beteiligt.<br />
Aus dem ursprünglichen handwerklichen Bereich, <strong>der</strong> sowohl produzierte <strong>und</strong> instand<br />
setzte, entwickelte sich <strong>der</strong> industriell produzierende Zweig.<br />
So wurde z. B. 1939 <strong>der</strong> staatlich anerkannte Ausbildungsberuf „Kraftfahrzugschlosser (Instandsetzung)“<br />
geschaffen. Während <strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus wurden weitere Berufe<br />
im Kraftfahrzeugbereich geschaffen: z. B. Kraftfahrzeugelektriker, Fahrzeugpolsterer.<br />
Im Handwerksbereich erfolgte die Anerkennung des Kraftfahrzeugmechanikers erst im Jahre<br />
1957.<br />
Seit dieser Zeit entwickelten sich die Berufe sowohl inhaltlich als auch in <strong>der</strong> Bezeichnung in<br />
Handwerk <strong>und</strong> Industrie ständig fort.<br />
Dies wird z. B. bei Kraftfahrzeugschlossern <strong>und</strong> Kraftfahrzeugelektrikern deutlich. Mit <strong>der</strong><br />
Neuordnung im Jahr 2003 mündeten beide Berufe in einen Beruf: Kraftfahrzeugmechatroniker<br />
mit mehreren Schwerpunkten.<br />
79
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
Diese Neuordnung greift die mo<strong>der</strong>nen Anfor<strong>der</strong>ungen an Facharbeiter in diesem Bereich auf,<br />
da diese nicht mehr nur metallspezifische son<strong>der</strong>n in zunehmendem Maße elektrische/elektronische<br />
Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten benötigen <strong>und</strong> Systemzusammenhänge erkennen<br />
müssen.<br />
Der Bereich Mobilität beschränkt sich aber nicht nur auf den Kraftfahrzeugbereich. Insgesamt<br />
sind für die Mobilität alle Berufe r<strong>und</strong> um das Verkehrs- <strong>und</strong> Transportwesen ausschlaggebend.<br />
Es gibt eine Vielzahl <strong>von</strong> staatlich anerkannten Ausbildungsberufen im dualen System mit<br />
unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten im Fahrzeugbereich <strong>und</strong> darüber hinaus im Verkehrs-<br />
<strong>und</strong> Transportwesen.<br />
Einige unter ihnen wurden erst in <strong>der</strong> jüngsten Vergangenheit neu geschaffen bzw. neugeordnet,<br />
aber es gibt auch Berufe, die seit ihrer ersten Anerkennung (z. B. 1939) nicht mehr<br />
geordnet wurden. Nachfolgend einige ausgewählte Ausbildungsberufe:<br />
Ausbildungsberuf (Verordnung <strong>von</strong>) Ausbildung in Ausbildungszahlen<br />
2001 *)<br />
Asphaltbauer/-in (1984) Industrie 33<br />
Automobilkaufmann/-frau (1998) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 2580/6920<br />
Berufskraftfahrer/-in (2001) Industrie 1486<br />
Binnenschiffer/-in (1940) Industrie 223<br />
Bootsbauer/-in (2000) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 412/23<br />
Eisenbahner/-in im Betriebsdienst (1997) Industrie 1042<br />
Elektroniker/-in<br />
(mehrere Ausbildungsrichtungen) (2003)<br />
Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />
Ewerführer/-in (1962) Industrie 8<br />
Fachkraft für Brief- <strong>und</strong> Frachtverkehr (1995) Industrie 4117<br />
Fachkraft für Straßen- <strong>und</strong> Verkehrstechnik Industrie <strong>und</strong> öffentlicher 77<br />
(2000)<br />
Dienst<br />
Fachkraft für Wasserwirtschaft (2000) Industrie <strong>und</strong> öffentlicher<br />
Dienst<br />
27<br />
Fachkraft im Fahrbetrieb (2002) Industrie -<br />
Fahrradmonteur/-in (2004) Industrie -<br />
Fahrzeuginnenausstatter/-in (2003)<br />
Industrie 206<br />
Vorgänger: Fahrzeugpolsterer/-in (1937)<br />
Fahrzeuglackierer/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />
Feinsattler/-in (1950) Industrie 4<br />
Feinwerkmechaniker/-in (2002) Handwerk -<br />
Fertigungsmechaniker/-in (1997) Industrie 3260<br />
Flachglasmechaniker/-in (1991) Industrie 344<br />
Fluggerätelektroniker/-in (1997) Industrie 347<br />
Fluggerätmechaniker/-in (1997) Industrie 2325<br />
Fräser/-in (1958) Industrie 53<br />
Gerätezusammensetzer/-in (1939) Industrie 81<br />
Glasveredler/-in (2004) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 17/8<br />
Gleisbauer/-in (1999) Industrie 400<br />
Hafenschiffer/-in (1958) Industrie 22<br />
Industriemechaniker/in (1987) Industrie >40000<br />
80
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
Karosserie <strong>und</strong> Fahrzeugbaumechaniker/-in<br />
(2003)<br />
Handwerk <strong>und</strong> Industrie 6564<br />
Kaufmann/-frau für Verkehrsservice (1997) Industrie 2439<br />
Kaufmann/-frau im Eisenbahn- <strong>und</strong> Straßenverkehr<br />
(1999)<br />
Industrie 349<br />
Konstruktionsmechaniker/-in (2004) Industrie 11315<br />
Kraftfahrzeugmechatroniker/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie ~80000/~5000<br />
Leichtflugzeugbauer/-in (1986) Industrie 39<br />
Luftverkehrskaufmann/-frau (1996) Industrie 104<br />
Maler/-in <strong>und</strong> Lackierer/-in (2003) Handwerk 42977<br />
Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenführer/-in (2004) Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />
Maschinenzusammensetzer/-in (1939) Industrie 7<br />
Mechaniker/-in für<br />
Karosserieinstandhaltungstechnik (2003)<br />
Handwerk -<br />
Mechaniker/-in für Landmaschinentechnik (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 6402<br />
Mechatroniker/-in (1998) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 297/14599<br />
Metallbauer/-in (2002) Handwerk 29598<br />
Metallschleifer/-in (1939) Industrie 35<br />
Modellbauer/-in (1988) Handwerk 971<br />
Modellbaumechaniker/-in (1997) Industrie 723<br />
Reiseverkehrskaufmann/-frau (1998) Industrie 10713<br />
Sattler/-in (1983) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 337/29<br />
Schifffahrtskaufmann/-frau (2004) Industrie 699<br />
Servicemechaniker/-in (2004) Handwerk -<br />
Straßenbauer/-in (1999) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 3207/2485<br />
Straßenwärter/-in (2002) Industrie <strong>und</strong> öffentlicher<br />
Dienst<br />
1662<br />
Speditionskaufmann/-frau (1996) Industrie 13715<br />
Tankwart/-in (1952) Industrie 767<br />
Technische Zeichner/-in (1993) Industrie 916/8973<br />
Verfahrensmechaniker/-in für<br />
Beschichtungstechnik (1999)<br />
Industrie 542<br />
Verfahrensmechaniker/-in Glastechnik (2000) Industrie 203<br />
Verfahrensmechaniker/-in für<br />
Kunststoff- <strong>und</strong> Kautschuktechnik (1997)<br />
Handwerk <strong>und</strong> Industrie 55/5567<br />
Mechaniker/-in für Reifen- <strong>und</strong> Vulkanisationstechnik<br />
(2004)<br />
Handwerk 346<br />
Wagner/-in (1937) Handwerk 4<br />
Werkzeugmechaniker/-in (2004) Industrie 5548<br />
Werkstoffprüfer/-in (1996) Industrie 657<br />
Zerspanungsmechaniker/in (2004) Industrie 15955<br />
Zweiradmechaniker/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 2161<br />
*)<br />
Quelle: Verzeichnis <strong>der</strong> anerkannten Ausbildungsberufe mit Verzeichnis <strong>der</strong> zuständigen Stellen vom 30. Mai<br />
2003, B<strong>und</strong>esinstitut für berufliche Bildung, Bonn, W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2003<br />
Die Liste ließe sich noch erweitern, da viele Berufe heutzutage ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Weiterentwicklung des Bereiches Verkehr/Mobilität leisten – z. B. die vielen<br />
Berufe, die wie<strong>der</strong>um die hoch technisierten Fertigungsmaschinen herstellen, warten <strong>und</strong> vertreiben.<br />
81
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
Exemplarisch sollen im engsten Sinne die Kfz-technischen Berufe im Produktions-, Instandsetzungs-<br />
<strong>und</strong> Wartungsbereich im Mittelpunkt stehen. Diese Berufe weisen die größten Ausbildungszahlen<br />
auf. Dennoch sind die vielen Berufsmöglichkeiten mit den unterschiedlichsten<br />
Schwerpunkten nicht zu vernachlässigen.<br />
Die Berufsausbildungen im fertigungs- <strong>und</strong> luftfahrttechnischen sowie im kaufmännischverwaltenden<br />
Bereich können hier ausgespart bleiben, da diese durch weitere Ausarbeitungen<br />
innerhalb des Modellversuchs Visuba an an<strong>der</strong>er Stelle aufgegriffen werden.<br />
Ganz beson<strong>der</strong>s soll die Faszination, die <strong>von</strong> Automobilen ausgeht, aufgegriffen werden, die<br />
viele Jugendliche veranlasst, eine Kfz-technische Ausbildung aufzunehmen; insbeson<strong>der</strong>e das<br />
große Interesse am Handwerk, das überwiegend Wartungsarbeiten durchführt, ist zu betonen.<br />
Den Besuchern dieses Ausstellungsteils sollte deshalb die Möglichkeit gegeben werden, in<br />
<strong>der</strong> Ausstellung aktiv zu werden.<br />
Im Zentralbereich sowie bei den Insellösungen soll darüber hinaus die enorme <strong>und</strong> vor allem<br />
rasante <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Fahrzeugtechnik im vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert – auch im Hinblick auf<br />
soziokulturelle <strong>und</strong> sozioökonomische Gesichtpunkte – deutlich gemacht werden. Parallel<br />
dazu soll aufgezeigt werden, wie sich die Berufs(aus)bildung verän<strong>der</strong>t hat.<br />
Zur <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufe im fahrzeugtechnischen Bereich im engsten<br />
Sinne bietet sich im Zentralbereich als Motivationsanreiz eine Objekt-Gegenüberstellung<br />
„Erste Dampfmaschine versus mo<strong>der</strong>ner Verbrennungsmotor“ an. Beschreibungen bzw. Informationen<br />
zu Leistung, Know-how, Herstellung (Arbeitstechniken, Facharbeiten), Präzisionsgrad,<br />
verwendeten Werkstoffen, Gewicht, Verbrauch, an <strong>der</strong> Herstellung beteiligten Berufen,<br />
etc. sollten ausgewiesen werden. Die vorher ausgewiesene Liste mit ausgewählten Berufen<br />
r<strong>und</strong> um das Verkehrs- <strong>und</strong> Transportwesen könnte hier mit eingebaut werden.<br />
Für weitere Bausteine/Stationen (im Zentralbereich bzw. für die dezentralen Insellösungen,<br />
die evtl. auch im Verkehrszentrum des Deutschen Museums an <strong>der</strong> Theresienhöhe realisiert<br />
werden könnten) wäre Folgendes denkbar:<br />
Bausteine/Stationen im Bereich Metalltechnik - Fahrzeugtechnik<br />
§ „Mobil mit Rä<strong>der</strong>n“:<br />
Frühzeit Mittelalter Neuzeit Hinweise zur<br />
<strong>Visualisierung</strong>/<br />
Scheibenrad Eisenbereiftes Holzspeichenrad<br />
82<br />
mo<strong>der</strong>ne Leichtmetallfelge<br />
mit Hochleis-<br />
tungsreifen<br />
Menschenkraft Zugpferde Verbrennungsmotor,<br />
Getriebe, mo<strong>der</strong>ne La-<br />
„Rolleigenschaften<br />
r<strong>und</strong>er Gegenstände“ <br />
Schmelzeigenschaften<br />
<strong>von</strong> Eisen<br />
Statische Verhältnisse <br />
ger<br />
Physikalische Gesetzmäßigkeiten<br />
Chemisches Wissen<br />
Gestaltung<br />
jeweils gelagert<br />
auf entsprechen-<br />
<strong>der</strong> Achse<br />
Antrieb dargestellt<br />
auf stilisier-<br />
tem Hintergr<strong>und</strong><br />
Vorhandenes<br />
Wissen
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
einfacheres Transportieren<br />
<strong>von</strong> großen<br />
Gegenständen<br />
mit Karren<br />
nur (einfache)<br />
Holzbearbeitung<br />
Säge, Äxte, Beile/<br />
Holz<br />
Materialersatz (für<br />
gebrochene/s Rad,<br />
Achse)<br />
mündliche Wissensweitergabe,<br />
Nachahmung<br />
Verzögerung <strong>der</strong> Abnutzungserscheinungen<br />
Wagner <strong>und</strong><br />
Schmiede<br />
Schmiedeesse<br />
Schmiedehammer,<br />
Sägen, Feilen, etc./<br />
Eisen <strong>und</strong> Holz<br />
Materialersatz <strong>und</strong><br />
Nachbesserungen<br />
83<br />
Technische Mechanik<br />
Geschwindigkeit, Bequemlichkeit,Umwelt-<br />
verträglichkeit, …<br />
Ingenieure, Techniker,<br />
<strong>und</strong><br />
Facharbeiter (vgl. Liste<br />
ausgewählte Berufe)<br />
spezielle Fertigungsmaschinen/<br />
spezielle Metalllegierungen,<br />
synthetische<br />
Kunststoffe<br />
weniger Wartungsarbeiten<br />
im Werkstoffbereich,<br />
jetzt Wartung mit Diagnosegeräten<br />
(Elektronik), System-<br />
bau <br />
Mobilitätsansprüche<br />
Tätigkeiten/<br />
Berufe bei <strong>der</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>/<br />
Herstellung <strong>und</strong><br />
benötigte Werkzeuge/<br />
Materialien<br />
Wartungsarbeiten<br />
Zunftregeln Ausbildungsordnungen Ausbildung:<br />
beispielhafte<br />
Auszüge <strong>von</strong><br />
Ausbildungsinhalten/-zielen<br />
Hier ist nur eine exemplarische Auswahl <strong>der</strong> wichtigsten Aspekte, die für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />
Berufs(aus)bildung entscheidend sind, aufgeführt. Die Zeitspanne glie<strong>der</strong>t sich in drei Epochen.<br />
Eine Ergänzung durch weitere Aspekte ist möglich.<br />
Der Focus soll hier schwerpunktmäßig auch auf die Wartung <strong>und</strong> Instandhaltung gelegt werden.<br />
Die Ausführung soll so sein, dass die Besucher die Möglichkeit haben, mit den Händen die<br />
<strong>Entwicklung</strong> zu begreifen, indem sie durch eigenes Drehen erleben können, welche Anstrengungen<br />
für die Drehbewegung notwendig waren/sind, wie stabil die Drehbewegung war/ist,<br />
welche Handgriffe beim Wechseln des Rades notwendig waren/sind, usw.<br />
Um sich auch gedanklich in <strong>der</strong> jeweiligen Zeitepoche einzufinden, sollte <strong>der</strong> stilisierte Hintergr<strong>und</strong><br />
neben dem angedeuteten Antrieb zusätzlich die zeitgenössische Umgebung (z. B. die<br />
Beschaffenheit <strong>der</strong> Straße) berücksichtigen.<br />
Die jeweiligen Informationen zu den weiteren Aspekten können evtl. über Videosequenzen/Tondokumente,<br />
z. B. auf Abruf <strong>von</strong> den Besuchern, eingespielt werden.<br />
Der Aspekt <strong>der</strong> „Wissensvermittlung/Ausbildung“ könnte mit weiteren gesellschaftlichen<br />
Hintergründen durch ein „Interview“ aufgegriffen werden: Auszubildende <strong>von</strong> heute <strong>und</strong> Berufsangehörige<br />
(zu früheren Zeiten) treffen sich in typischer Arbeitskleidung. Die Fragestellungen<br />
beziehen sich z. B. auf Ausbildungszeitraum, Wissensvermittlung bzw. Ausbildungsgeschehen,<br />
Arbeitszeit, Ausbildungsvergütung, Tätigkeiten, verwendete Werkzeuge, etc. aber<br />
auch auf das „allgemeine Privatleben“.
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
§ Vom ersten Automobil in Einzelfertigung im „Handwerk“ zur Serien-<br />
bzw. Massenproduktion in <strong>der</strong> „Industrie“ (<strong>Entwicklung</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />
I. Station II. Station<br />
84<br />
III. Station Hinweise<br />
ausgehendes<br />
20. Jh. beginnendes<br />
Zeitepoche<br />
19. Jh.<br />
21. Jh.<br />
Einzelanfertigung Serienfertigung<br />
Systembau Fertigungs-<br />
Massenproduktion<br />
aspekte<br />
Gr<strong>und</strong>berufe, erste staatlich<br />
Differenzierte Berufe beteiligte<br />
wie Schmiede, anerkannte<br />
bzw. Ausbildungsberufe Berufe<br />
Wagner, die sich Ausbildungsberufe<br />
im Bereich Fahrzeug-<br />
einarbeiten<br />
technik auch Berufe aus<br />
an<strong>der</strong>en Berufsbereichen,<br />
z. B. Automobilkaufmann<br />
manuelle Metall- Wechsel <strong>von</strong> manueller Pro- Tätigkeiten an computerhinzu- bzw. Holzbearduktion zur Tätigkeit an FergestütztenFertigungsmakommendebeitungtigungsmaschinenschinenArbeitsbereiche Gesellschaftlicher Anspruch: Gesellschaftlicher Druck gesellschaft-<br />
„Volkswagen“<br />
Berufe, z. B. ServicemelicheHinterchaniker,Fahrradmonteur für einfache Arbeiten<br />
<strong>und</strong> spezielle Berufe,<br />
z. B. Kfz-Mechatroniker<br />
für komplexere Aufgaben<br />
gründe<br />
noch zunftartige Ausbildung zunehmend stär- „Erneuerung“ <strong>der</strong> AusAusbilAusbildungsker durch den Staat geregelt bildungskonzeptedungsstrukstrukturen <strong>und</strong> gestufte Ausbildungsniveaus<br />
<strong>der</strong> Wartungs-<br />
<strong>und</strong> Instandhaltungsberufe:<br />
Servicemechaniker (2 Jahre)<br />
Kfz-Mechatroniker (3,5 Jahre)<br />
Servicetechniker (4,5 Jahre)<br />
Kfz-Techniker-Meister (5,5<br />
Jahre)<br />
tur<br />
Diese Station widmet sich schwerpunktmäßig <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> in <strong>der</strong> industriellen Fertigung<br />
<strong>und</strong> parallel dazu <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Ausbildung im industriellen Bereich.<br />
Die zunehmende Komplexität <strong>von</strong> Inhalten/Anfor<strong>der</strong>ungen an die Fahrzeugtechnik führte zu<br />
einer zunehmenden Spezialisierung <strong>der</strong> Berufe. Die neueren Berufe versuchen zudem ein<br />
Wissen unterschiedlicher Bereiche (metalltechnische <strong>und</strong> elektrotechnische/elektronische<br />
Bereiche → Kraftfahrzeugmechatroniker, fahrzeugtechnische <strong>und</strong> kaufmännische Bereiche →<br />
Automobilkaufmann) zu verknüpfen.<br />
Von Seiten <strong>der</strong> Ausbildung sollte die „Wie<strong>der</strong>“-Erneuerung <strong>der</strong> Ausbildungskonzepte in <strong>der</strong><br />
heutigen Zeit aufgezeigt werden, die versucht, diese Verknüpfung unterschiedlicher Bereiche<br />
durch die verstärkt handlungsorientierte/ganzheitliche Vermittlung <strong>von</strong> Zielen sicherzustellen.
J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />
Ähnlich dem Baustein „Mobil mit Rä<strong>der</strong>n“ sind gesellschaftliche Hintergründe aufzugreifen.<br />
Denkbar wäre hier, die einzelnen Stationen abgegrenzt <strong>von</strong> einan<strong>der</strong> darzustellen. Die jeweilige<br />
Station könnte eingebettet sein in eine angedeutete zeitgemäße Produktionsstätte. Ggf.<br />
sollten jeweils <strong>der</strong> Produktionsstätte gegenüber die „Unterrichtsräumlichkeiten“ in <strong>der</strong> Schule<br />
dargestellt werden.<br />
Die I. Station könnte z. B. den „Allro<strong>und</strong>er“ (z. B. Wagner, <strong>der</strong> auch Arbeiten am Motor<br />
durchführt) darstellen. Die Darstellung einer damaligen Werkstatt (= betriebliche Ausbildungsstätte)<br />
sollte einen Einblick in das damalige Zeitgeschehen geben. Die Unterrichtssituation<br />
sollte durch die Beschulung einer gemeinsamen Klasse gezeigt werden, um zu zeigen,<br />
dass es noch keine spezialisierte schulische Ausbildung, son<strong>der</strong>n eine umfassende bzw. allgemeinere<br />
schulische Begleitung gab.<br />
Bei <strong>der</strong> II. Station ist <strong>der</strong> entscheidende Aspekt <strong>der</strong> Wechsel <strong>von</strong> <strong>der</strong> handwerklichen „Allro<strong>und</strong>“-Einzelfertigung<br />
bzw. Serienfertigung zur industriellen Massenfertigung. Dieser Aspekt<br />
könnte dargestellt werden durch eine große Anzahl <strong>von</strong> tätigen „Händen“ <strong>der</strong> Arbeiter<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Berufsgruppen, die für die Herstellung eines Automobils am „Band“ notwendig<br />
sind. Vielleicht bietet sich auch die Möglichkeit, die Arbeit am „Band“ für die Herstellung<br />
eines Autos real zu erleben, z. B. in <strong>der</strong> Form, einfache Handgriffe bei <strong>der</strong> Montage selbst am<br />
laufenden „Band“ auszuführen.<br />
Für die Ausbildungs- bzw. Unterrichtssituation ist es denkbar, die bereits notwendige spezialisierte<br />
Ausbildung durch mehrere unterschiedliche Lehrwerkstätten bzw. mehrere Unterrichtsräume<br />
(<strong>und</strong> den da<strong>von</strong> getrennten Schulwerkstätten), in denen die speziellen Berufe<br />
ausgebildet werden, sternförmig um diese Station anzuordnen.<br />
Die III. Station greift gezielt den Gedanken des System-/Modulbaus sowie des verstärkten<br />
Einzugs <strong>der</strong> elektronischen Systeme <strong>und</strong> <strong>der</strong> Automatisierung bestimmter Arbeitsgänge auf.<br />
Hier könnte das Berufsbild des heutigen Kraftfahrzeugmechatronikers exemplarisch aufgegriffen<br />
werden, <strong>der</strong> nunmehr Kombifunktionen erfüllen muss.<br />
Dazu könnte in dieser Station dargestellt werden, wie <strong>der</strong> heutige Ablauf für die Anschaffung<br />
eines Autos erfolgt. (→Verknüpfung mit dem Berufsbereich Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung).<br />
Die Unterrichtssituation sollte in einem integrierten Fachunterrichtsraum (ganzheitliche Ausstattung<br />
mit Werkstatt <strong>und</strong> Unterrichtsraum) eingebettet sein.<br />
Ebenfalls sollten hier die aktuellen zweijährigen Ausbildungen <strong>von</strong> Serviceberufen (z. B. Servicemechaniker),<br />
die für eingeschränkte Wartungs-/Austauschaufgaben konzipiert sind, berücksichtigt<br />
werden. Die Diagnoseaufgaben werden durch technische Systeme wahrgenommen.<br />
Die Serviceaufgabe beschränkt sich auf den Austausch bestimmter Module/Systeme.<br />
Ausschlaggebend hierfür ist die jetzige Systembauweise <strong>von</strong> Fahrzeugen.<br />
Bei allen Stationen sollten generell Verän<strong>der</strong>ungen/<strong>Entwicklung</strong>en <strong>der</strong> gleichen Aspekte sowohl<br />
im Betrieb als auch bei <strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Ausbildung exemplarisch veranschaulicht<br />
werden.<br />
Hierzu bieten sich z. B. Ausstattung des Betriebs, Betriebsabläufe, Arbeitszeiten, Ausbildungsvorgaben,<br />
Ausstattung <strong>der</strong> betrieblichen Lehrwerkstätten, Ausstattung des Unterrichtsraumes,<br />
St<strong>und</strong>enpläne, etc. an.<br />
85
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Metalltechnik: Fertigung<br />
Inhaltsübersicht<br />
0 Zusammenfassung<br />
1 Vorüberlegungen: Realisierung des Moduls 3: „Metalltechnik“<br />
2 Übersicht: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe<br />
3 Ausstellungskonzept<br />
Abb. 1. Nagelbaum: Kolbermoor/Obb.<br />
Der Nagelbaum kann als ein Symbol für das Arbeiten <strong>und</strong> Leben <strong>der</strong> Schmiede <strong>und</strong><br />
Schlosser in <strong>der</strong> mittelalterliche Wirtschafts- <strong>und</strong> Gesellschaftsordnung stehen.<br />
Die Rituale, die Geschichte <strong>und</strong> die „Geschichten“ um den Nagelbaum prädestinieren<br />
ihn „eyecatcher“ des Moduls „Metallbearbeitung“.<br />
Abb. 2: Katzenkopf - Vorhangschloß<br />
Prolog: „Stück da<strong>von</strong>“<br />
Sprach früher ein wan<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Schlossergeselle bei einem Meister um Arbeit vor, so<br />
entspann sich ein zwar regional verschiedener, doch im Wesentlichen genau<br />
ritualisierter Dialog. Der Geselle fragte: „Mit Gunst, Meister. Grüß Gott“.<br />
Der Meister: „Katzenkopf?“<br />
Der Geselle: „Stück da<strong>von</strong>“.<br />
Damit achtete <strong>der</strong> Geselle die umfangreiche <strong>und</strong> „grenzenlose“ Schlosserkunst, je<strong>der</strong> konnte nur ein „Stück<br />
da<strong>von</strong>“ beherrschen. Noch heute wird <strong>von</strong> Handwerksorganisationen verdienten Schlossermeistern als höchste<br />
Auszeichnung die „Goldene Katzenkopfnadel“ verliehen, ein letzter Rest eines Identifikationssymbols im<br />
Schlosserhandwerk. Das Schlosserhandwerk war bis zu Beginn <strong>der</strong> Industrialisierung – neben dem älteren<br />
Schmiedehandwerk - das Metallhandwerk schlechthin. Der Katzenkopf ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Schlossplatte eines<br />
Vorhängeschlosses abgeleitet.<br />
0 Zusammenfassung<br />
Das vorliegende Konzept schlägt für das Modul 3 Metalltechnik <strong>der</strong> geplanten Dauerausstellung<br />
<strong>VISUBA</strong> eine <strong>Visualisierung</strong> anhand einzelner Stationen vor. Es geht da<strong>von</strong> aus, dass<br />
die Metalltechnik<br />
- sich im Forum (= „Marktplatz“) zusammen <strong>und</strong> in Konkurrenz mit an<strong>der</strong>en Berufsfel<strong>der</strong>n<br />
präsentiert <strong>und</strong><br />
- die BesucherInnen dann in den einschlägigen Abteilungen (= „Inseln“) weiter begleitet.<br />
Vorgestellt <strong>und</strong> mit ihren Inhalten <strong>und</strong> Exponaten beschrieben werden daher die beiden räumlich<br />
<strong>von</strong>einan<strong>der</strong> getrennten Bereiche<br />
- Marktplatz<br />
- Inseln.<br />
Auf dem Marktplatz steht im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> das „Interesse bei den BesucherInnen wecken“<br />
weniger die detailgenaue Information. Hier präsentiert sich die Metalltechnik deshalb mit<br />
„eye-catchern“ <strong>und</strong> „appetizern“ ohne Anspruch auf Vertiefung, allerdings in historischer<br />
Abfolge, die dann erst in den Abteilungen Metalltechnik <strong>und</strong> Werkzeugmaschinen des Deutschen<br />
Museum in den sog. „Inseln“ vertieft <strong>und</strong> fortgeführt wird. Der Marktplatz führt die<br />
Besucher wie im Zeitraffer vom „Schmied zum Mechatroniker“, vom <strong>der</strong> ersten primitivem<br />
Form <strong>der</strong> Eisengewinnung <strong>und</strong> -verarbeitung zum hochspezialisierten Prozessorganisator. Das<br />
86
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
ist des begrenzten Platzangebots wegen in wenigen Stationen zu leisten, die allerdings eine<br />
starke Motivation ausüben müssen, denn auf dem Marktplatz wird die Wahl für ein Berufsfeld<br />
getroffen – <strong>und</strong> damit die Entscheidung für einen „Ast“, für ein Berufsfeld <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong>. Da<br />
es aber denkbar ist, dass sich BesucherInnen nur auf einen Überblick zur Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
beschränken wollen, muss je<strong>der</strong> Teilbereich eine kurze aber in sich abgeschlossene<br />
Einheit bieten – einige tausend Jahre Metalltechnik in wenigen „Bil<strong>der</strong>n“.<br />
Der Teilbereich Metalltechnik empfängt den Besucher mit einem Nagelbaum, er visualisiert<br />
die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metalltechnik <strong>und</strong> damit die Genese <strong>der</strong> Berufe an wenigen berufstypisch<br />
ausgewählten Objekten, die in ihrer Gesamtheit alle Sinne ansprechen, Flachware zum<br />
Lesen <strong>von</strong> Zunftordnungen über touch-screen PCs bis hin zu „hand“werklichem Nagelschmieden.<br />
Der R<strong>und</strong>gang durch den Ast Metalltechnik auf dem Marktplatz entlässt die BesucherInnen<br />
mit einem sinnlichen Erlebnis, er kann sich mit einem eingeschlagenen Nagel<br />
späteren BesucherInnen in Erinnerung bringen.<br />
In den „einschlägigen“ Abteilungen, den Inseln, steht im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> die „Berufliche Bildung“<br />
im Kontext zu den Erzeugnissen – die vom Deutschen Museum primär in ihrer historischen<br />
<strong>Entwicklung</strong> bzw. Abfolge angeordnet sind. Im vorgeschlagenen Konzept ist die historische<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Eisenberufe sehr breit dargestellt, da sich viele Metallberufe <strong>und</strong> ihre<br />
Diversifikation in zahllose Spezialberufe, Berufsfel<strong>der</strong>, Monoberufe <strong>und</strong> Tätigkeiten im Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe, den Erzeugnissen <strong>und</strong> den zur Herstellung<br />
<strong>von</strong> Gütern aus „Metall“ notwendigen Fertigkeiten erklären lassen. Das Konzept stützt sich<br />
also primär auf eine Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung, die über <strong>und</strong> durch die Exponate vermittelt<br />
wird. Die zu den einzelnen Stationen, den Inseln, angeregten Exponate werden entwe<strong>der</strong><br />
eingebracht o<strong>der</strong> es werden vorhandene Gegenstände, Dioramen, Modelle usw. zur Darstellung<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung in <strong>der</strong> jeweiligen Epoche aufgegriffen. Eine Übersicht gibt<br />
Auskunft an welchen Stellen <strong>und</strong> in welchen Abteilungen des deutschen Museums „Metalltechnik“<br />
Exponate <strong>und</strong> Stationen zu <strong>VISUBA</strong> vorgesehen sind. Bei <strong>der</strong> Darstellung vor Ort,<br />
in den Inseln, ist – wo immer möglich – Altes mit Neuen, Historisches mit Mo<strong>der</strong>nem verknüpft,<br />
so zum Beispiel ein Messer aus Meteoreisen mit einem mo<strong>der</strong>nen Ganzmetallmesser<br />
bzw. mit dessen industrieller Herstellung.<br />
Das vorgeschlagene Konzept Metalltechnik geht da<strong>von</strong> aus, das „<strong>VISUBA</strong>“ <strong>von</strong> MuseumsbesucherInnenn<br />
- auch <strong>von</strong> den Zielgruppen:<br />
- nur „mitgenommenen“ wird <strong>und</strong> selten Anlass eines Museumsbesuchs bzw. einer zielgerichteten<br />
Exkursion sein wird,<br />
- aktiv erlebt werden möchte <strong>und</strong> einen Eventcharakter haben muss um die erwünschte Aufmerksamkeit<br />
zu finden,<br />
- auf dem „Marktplatz“ beurteilt wird <strong>und</strong> die Insel „Metalltechnik“ nur dann aufgesucht<br />
wird, wenn die Präsentation auf dem Marktplatz genügend motivierend ist,<br />
- über Gegenständliches erfahrbar sein muss, deshalb handlungsorientiert gestaltet werden<br />
muss <strong>und</strong> die für eine umfassende Information notwendigen Texte, Verordnungen, Gesetze<br />
etc. nur als Kurztext auf Flachware vermittelbar sind,<br />
- nur beschränkte Ressourcen an Mittel <strong>und</strong> Fläche bereitstehen,<br />
- die „genutzten Inseln“ Metalle, Werkzeugmaschinen usw. in ihrer <strong>der</strong>zeitigen Anordnung<br />
<strong>und</strong> Art <strong>der</strong> Präsentation nicht o<strong>der</strong> nur unwesentlich verän<strong>der</strong>t werden, wo immer möglich<br />
wird deshalb ein schon vorhandenes Ausstellungsobjekt aufgegriffen <strong>und</strong> daran „VI-<br />
SUBA abgearbeitet“.<br />
87
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Aus diesen Einschränkungen folgen die Gr<strong>und</strong>annahmen, die in diesem Konzept Metalltechnik<br />
Leitfunktion haben:<br />
• Gegenstand <strong>der</strong> Dauerausstellung <strong>VISUBA</strong> ist die Berufliche Bildung <strong>und</strong> Ausbildung.<br />
• Berufs(aus)bildung in <strong>der</strong> Metalltechnik erfolgte bis in das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein<br />
ausschließlich durch eine sog. „Meisterlehre“ – also als betriebliche Ausbildung.<br />
• Die betriebliche Ausbildung ist bis heute <strong>der</strong> Regelfall <strong>der</strong> Berufsausbildung in <strong>der</strong><br />
Metalltechnik.<br />
• Die betriebliche Ausbildung hat im Modul Metalltechnik Priorität.<br />
• Schulische Bildungsgänge – ob begleitend o<strong>der</strong> ersetzend – spielen in <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
„Metall“ eine nur untergeordnete Rolle – auch heute <strong>und</strong> werden deshalb nicht näher<br />
betrachtet.<br />
• Weiterbildung in <strong>der</strong> Metalltechnik ist starr ge- <strong>und</strong> verordnet, im industriellen Bereich<br />
zum Techniker – Dipl.Ing. (FH) – Dipl. Ing. (TU), im handwerklichen Sektor teilweise<br />
noch mittelalterlich ritualisiert in <strong>der</strong> Meisterausbildung<br />
• Alle für die Berufsausbildung relevanten „Vorschriften“ werden bis dato ausschließlich<br />
<strong>von</strong> den Verbänden <strong>der</strong> Wirtschaft (+ Gewerkschaften) vorgegeben (z. B. Ausbildungsordnungen.<br />
• Die Prüfungshoheit in <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> teilweise auch in <strong>der</strong> beruflichen<br />
Weiterbildung liegt ausschließlich bei Verbänden <strong>der</strong> Wirtschaft, z. B. den Handwerks-<br />
/Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern.<br />
• Der Terminus „Berufliche Bildung“ ist irreführend – „praktischer“ Qualifikationserwerb in<br />
<strong>der</strong> Metalltechnik erfolgt ausschließlich in <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />
1 Vorüberlegungen: Realisierung des Moduls 3: „Metalltechnik“ im Deutschen Museum<br />
München<br />
1.1 Darstellung <strong>der</strong> Berufs(aus)bildung in einem Technikmuseum<br />
Das Deutsche Museum in München war <strong>und</strong> ist ein Museum <strong>der</strong> Technik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Naturwissenschaften<br />
– <strong>und</strong> kein Museum zur Geschichte <strong>der</strong> Arbeit, das ist bei <strong>der</strong> Implementierung<br />
<strong>der</strong> geplanten Dauerausstellung „<strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung“ zu<br />
bedenken. Das Deutsche Museum präsentiert in seinen Abteilungen Metalle, Werkzeugmaschinen,<br />
Schweißen <strong>und</strong> Löten explizit keine Exponate zur Berufsausbildung im Metallbereich,<br />
das ist aus <strong>der</strong> Gründungszeit des Museums erklärbar. In <strong>der</strong> Gründungsphase des Museums,<br />
um 1900, in einer Periode <strong>der</strong> „Technikgläubigkeit“ verstand man unter „Technik“<br />
primär Bergbau, Metallgewinnung, Metallverarbeitung <strong>und</strong> „Maschinen im weitesten Sinn“.<br />
In dieser Phase des Umbruchs <strong>der</strong> Produktionsweise – die Mechanisierung war fast abgeschlossen<br />
<strong>und</strong> die Elektrifizierung zog in die Werkstätten ein - dominierte „in <strong>der</strong> Wirtschaft“<br />
nicht mehr die Werkstatt des Handwerkers, es war „die Fabrik“, in <strong>der</strong> die Menschen um<br />
1900 arbeiteten <strong>und</strong> „industriell“, d. h. in Arbeitsteilung – genauer in Artteilung, Güter produzierten.<br />
Und diese Güter waren primär Investitionsgüter aus Guß <strong>und</strong> Stahl, Halbzeuge, Profile,<br />
Eisenbahnmaterial, einfache Kraft- <strong>und</strong> Arbeitsmaschinen, Werkzeugmaschinen <strong>und</strong> natürlich<br />
die „neuen“ Werkzeuge: nicht mehr Hammer <strong>und</strong> Schlägel, Meißel <strong>und</strong> Sense, son<strong>der</strong>n<br />
Drehmeißel <strong>und</strong> Gewindespindel, Sägeblätter <strong>und</strong> Zahnrä<strong>der</strong>, Pumpenteile <strong>und</strong> Elektromotore.<br />
Eine Konsumgüterindustrie spielte mangels Kaufkraft um 1900 noch keine bedeutende<br />
Rolle. Und war auch die Fertigungstechnik <strong>der</strong> handwerklichen Arbeitsweise noch sehr ähnlich<br />
– die Produktionsweise, die Taylorsche Arbeitsteilung nach den Prinzipien <strong>der</strong> „Scientific<br />
Management“ begann in dieser Phase <strong>der</strong> Industrialisierung bis in die zwanziger Jahre hinein<br />
„die Fabrik“ zu revolutionieren.<br />
Nicht mehr das „Werk“ selbst, seine Individualität <strong>und</strong> die <strong>von</strong> altersher überkommene Form<br />
<strong>und</strong> Gestaltung werden wichtig, son<strong>der</strong>n Stückzahl <strong>und</strong> Preis.<br />
88
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Werkzeugmaschinen mit Zentralantrieb durch Dampfmaschinen ersetzen seit <strong>der</strong> Mitte des<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>erts die handwerkliche, die händische Bearbeitung <strong>von</strong> Metall am Schraubstock<br />
o<strong>der</strong> durch handbetriebene Einfachstmaschinen. Der Einzelantrieb <strong>der</strong> Werkzeugmaschinen<br />
durch Elektromotore setzte erst nach 1918 in größerem Umfang ein.<br />
Mit <strong>der</strong> Mechanisierung waren neue Qualifikationen gefragt – nicht mehr das „Abschauen =<br />
Meisterlehre“, genügte den Ansprüchen <strong>der</strong> „Fabrik“, <strong>der</strong> nunmehr zum „Maschinen“-<br />
Schlosser gewordene Schmiede- <strong>und</strong> Schlossergeselle konnte die potentiellen Probleme in <strong>der</strong><br />
Fertigung nicht mehr mit dem eher unsystematischen „Imitatio-Prinzip“ lösen, er bedurfte<br />
einer soliden <strong>und</strong> systematischen Ausbildung, durch Transfer <strong>von</strong> sachlogischen Handlungsmustern<br />
musste <strong>und</strong> muss er neue, immer komplexere Probleme lösen <strong>und</strong> gleichzeitig mit <strong>der</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Maschinen bzw. ihrer Peripherie <strong>und</strong> natürlich den neuen Eisenwerkstoffen<br />
Schritt halten – nur für die Darstellung <strong>der</strong> Erzeugnisse <strong>und</strong> Maschinen spielte die Art <strong>und</strong><br />
Weise <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> die Ausbildungsinhalte keine Rolle – <strong>und</strong> konnte deshalb auch<br />
nicht Gegenstand eines Technikmuseums sein.<br />
Vom „neuen Facharbeiter“ in <strong>der</strong> Industrie war in dieser Periode gefor<strong>der</strong>t „Ratio statt Imitatio“<br />
– <strong>und</strong> die sich rasch entwickelnde Industrie regierte darauf: Sie ersetzte nicht nur den<br />
„hand“werklich geschickten „Hand“werksmeister durch den „Industrie“meister mit seiner<br />
speziellen Schulung in Ablauforganisation <strong>und</strong> Arbeitsplanung, sie „nahm <strong>der</strong> Werkstatt auch<br />
den Lehrling weg“ – <strong>und</strong> begann ihn systematisch in einer „Lehrwerkstatt“ auszubilden.<br />
Lehrwerkstatt als Abbild, als Miniaturisierung <strong>der</strong> Fabrik für die Zwecke <strong>der</strong> Ausbildung, in<br />
<strong>der</strong> Lehrling nicht nur die notwendigen Fertigkeiten erworben sollte, son<strong>der</strong>n auch durch berufspädagogische<br />
Maßnahmen zum „industriell denkenden“ „Fach“arbeiter erzogen wurde.<br />
Die „Stempeluhr“ <strong>und</strong> die Pflege <strong>der</strong> (teuren!) Maschinen wurden wichtigere Tugenden<br />
als <strong>der</strong> Entwurf <strong>und</strong> die Herstellung eines „Hand“ Werks, eines <strong>von</strong> Hand gefertigten<br />
Werks.<br />
Wie hätte sich ein Lehrling auch den Umgang mit den „neuen“ Maschinen in einer Meisterlehre aneignen können<br />
– gab diese doch primär „altes“, bewährtes Wissen <strong>und</strong> Können weiter <strong>und</strong> achtete dabei auf die detailgetreue<br />
Reproduktion aller Arbeitsschritte <strong>und</strong> Verfahren, nicht ihrer Weiterentwicklung in Abhängigkeit <strong>von</strong> den<br />
Zwängen kostengünstigen Produzierens. Die aus dem Mittelalter überkommene statische Wirtschaftsordnung<br />
schlug sich durch bis in die Ausbildung <strong>und</strong> Berufserziehung.<br />
Was folgt daraus für <strong>VISUBA</strong> in einem Technikmuseum?<br />
Es ist zu vermuten, dass die „durchschnittlichen“ BesucherInnen des Deutschen Museums<br />
• die historische <strong>Entwicklung</strong> „vom Handwerk zur Fabrik – <strong>von</strong> <strong>der</strong> Meisterlehre zur Lehrwerkstatt“<br />
nicht kennen,<br />
• keinen Bezug herstellen können <strong>von</strong> den vorhandenen Objekten im Sammlungsbau zu den<br />
jeweils herrschenden Produktions- <strong>und</strong> Ausbildungsverhältnissen,<br />
• „<strong>VISUBA</strong>“ nicht zum zentralen Anlass ihres Museumsbesuches machen, son<strong>der</strong>n „VISU-<br />
BA“ eher als Zugabe betrachten.<br />
<strong>VISUBA</strong> wird „mitgenommen“ – wird aber nicht Anlass eines Museumsbesuches sein.<br />
Die <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung muss also „am Marktplatz“ beginnen<br />
<strong>und</strong> erst ein Minimum an historischem Faktenwissen <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sgeschichte <strong>der</strong><br />
Produktionsverhältnisse anbieten, ehe die BesucherInnen zu die einzelnen „Abteilungen“ <strong>und</strong><br />
Schauräumen begleitet werden – wobei die „Führung“ Leitspuren <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Audiogeräte<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Arbeitsblätter“ <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> „Wegweiser“ übernehmen können.<br />
89
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
1.2 Ausstellungskonzept<br />
Die im Deutschen Museum zum Modul „Metalltechnik“ vorhandenen Abteilungen <strong>und</strong> Exponate<br />
zeigen nicht nur breit gefächert den Stand <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technik – teilweise<br />
zwar aus <strong>der</strong> Sicht zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts – sie geben z. B. in Dioramen <strong>und</strong> nachgebauten<br />
Werkstätten auch ansatzweise Auskunft über die Menschen <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />
sie arbeiteten – in Hütten, später in kleinen Werkstätten, dann in Manufakturen <strong>und</strong> schließlich<br />
in Fabriken – aber nicht wie sie ausgebildet wurden, wie sie Fertigkeiten <strong>und</strong> erlernten <strong>und</strong> eine<br />
berufliche Sozialisation erfuhren. Gerade die Abteilungen „Metalle“ <strong>und</strong> „Werkzeugmaschinen“<br />
mit ihrer chronologischen Abfolge <strong>von</strong> den ersten Messern aus Meteoreisen bis zur CIM-<br />
Simulation <strong>und</strong> mit ihrer Fülle <strong>von</strong> Exponaten, auch „aktiven“, bieten sich in hervorragen<strong>der</strong><br />
Weise an, hier die technische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallver- <strong>und</strong> bearbeitung mit <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Geschichte zu ergänzen <strong>und</strong> zu verknüpfen. Das ist bislang we<strong>der</strong> Inhalt <strong>und</strong><br />
Ziel <strong>der</strong> aktuellen Museumspädagogik <strong>und</strong> Ausstellungspolitik, alle Exponate <strong>und</strong> Mittel zur<br />
<strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung müssen eingebracht werden.<br />
In den Inseln „Metalltechnik“ präsentiert das Deutsche Museum den BesucherInnen das Erzeugnis,<br />
primär das Eisen <strong>und</strong> Stahl, dessen Gewinnung <strong>und</strong> Verarbeitung. In diese schon vorhandene<br />
Struktur lässt sich „<strong>VISUBA</strong>“ integrieren, als Ergänzung durch Exponate zur Berufsausbildung.<br />
Das erscheint realistisch zu sein, denn so bleiben die Kosten übersichtlich <strong>und</strong><br />
das Konzept umsetzbar. Es ist nicht anzunehmen, dass finanzielle Mittel <strong>und</strong> Personalressourcen<br />
in großem Umfang zu Verfügung stehen werden. Das Konzept „Metalltechnik in <strong>VISUBA</strong>“<br />
legt den Schwerpunkt in den Werkstoff Eisen, seine Gewinnung, Verarbeitung <strong>und</strong> die dafür<br />
notwendigen Qualifikationen <strong>und</strong> setzt historisch erst mit <strong>der</strong> Verarbeitung <strong>von</strong> Meteoreisen um<br />
3000 v. Chr. in Kleinasien ein – damit beginnt die „Eisenzeit“ – <strong>und</strong> damit die Geschichte einer<br />
Metalltechnik, die allerdings erst mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Bessemerbirne um 1850 zur Stahlgewinnung<br />
<strong>von</strong> epochaler Bedeutung wurde <strong>und</strong> eine Industrialisierung ermöglicht hat. Hier ist<br />
<strong>der</strong> Begriff zurückgeführt auf seine ursprüngliche Bedeutung – industria (lat.) = Fleiß – die Überwindung<br />
<strong>der</strong> starren <strong>und</strong> statischen mittelalterlichen Versorgungswirtschaft durch eine auf<br />
Kapitalbildung <strong>und</strong> -mehrung ausgerichtete Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft. Die folgenden Abbildungen<br />
<strong>von</strong> Exponaten aus dem Deutschen Museum spannen historisch den Bogen des Konzepts<br />
„Berufsausbildung in <strong>der</strong> Metalltechnik“ – allerdings nur den Hauptstrang „Eisenbe- <strong>und</strong><br />
Verarbeitung – ohne „Seitenlinien“, „Irrwege“ <strong>und</strong> Entgleisungen, wie z. B. den Klingenschmied.<br />
Abb. 3: Speer aus Meteoreisen<br />
Anfänge <strong>der</strong> Eisenbearbeitung: Beginn <strong>der</strong> Berufsgeschichte des<br />
Schmieds als universeller Metallhandwerker<br />
Abb. 4: Sensenschmied<br />
Differenzierung des Schmiedehandwerks nach dem Erzeugnis. Dieser Prozess setzt bereits<br />
um 800 n. Chr., ein, als nach einer Anordnung <strong>von</strong> Karl dem Großen jede Pfalz einen<br />
Waffen- <strong>und</strong> einen Hufschmied zu beschäftigen hatte. Die zunehmende Abkehr <strong>der</strong><br />
Berufsdifferenzierung – weg <strong>von</strong> <strong>der</strong> Art des Metalls – hin zur Orientierung am Erzeugnis ist<br />
bis zur letzten aktuellen Neuordnung <strong>der</strong> Berufe (2002) zu beobachten.<br />
Abb.5 : Drehmaschinen um 1880<br />
Mit <strong>der</strong> Mechanisierung <strong>und</strong> Industrialisierung werden die „alten“ Handwerkstugenden <strong>und</strong> -<br />
techniken zunehmend obsolet, <strong>der</strong> Schlosser wandelt sich zum „Maschinen“-schlosser,<br />
Bedienung <strong>und</strong> Wartung <strong>der</strong> teueren Werkzeugmaschinen werden zu Berufsinhalten – nicht<br />
die handwerkliche Fertigkeit <strong>und</strong> Geschicklichkeit.<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Abb. 6: Laserbearbeitung<br />
1.3 Erzeugnis als Informationsträger<br />
Die händische Bedienung <strong>von</strong> Werkzeugmaschinen wurde mit <strong>der</strong> CNC-<br />
Technik abgelöst, <strong>der</strong> Fertigungsprozess gesplittet in eine Rüsten fern <strong>der</strong><br />
Maschine (= Erstellen eines Programms) <strong>und</strong> ein Bestücken an <strong>der</strong> Maschine,<br />
wozu aber nur geringe Qualifikationen notwendig sind.<br />
Die berufliche Qualifikation wandelt sich vom „Maschinen“schlosser <strong>und</strong><br />
k<strong>und</strong>igen Maschinenbediener zum Prozessorganisator <strong>und</strong> Mechatroniker –<br />
einem Zwitter aus Mechaniker <strong>und</strong> Elektroniker, <strong>der</strong> imstande ist,<br />
Verknüpfungen im Fertigungsprozess nicht nur zu planen, son<strong>der</strong>n auch mit<br />
ERP (Enterprise Ressource-System-Software) <strong>und</strong> CNC (Computer Numeric<br />
Controll-Software)-Programmen zu realisieren.<br />
Das schon oben angesprochene Konzept – <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung<br />
über das Erzeugnis – wird nicht deshalb gewählt, weil im Deutschen Museum bereits<br />
vorhanden, son<strong>der</strong>n auch aus pädagogischen Erwägungen.<br />
Das Erzeugnis kann – weil bekannt <strong>und</strong> „alltäglich“ – die Botschaft transportieren –<br />
ergänzt durch „dezente“ Hinweise auf den jeweiligen Stand <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />
Und eben diese „Hinweise“ sollten nicht abstrakt bleiben, nicht nur belehrende „Flachware“<br />
sein – son<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong>um durch Exponate vermittelt werden, die einen Bezug zur Gegenwart<br />
zulassen, herstellen o<strong>der</strong> überleiten sollen <strong>und</strong> können, <strong>und</strong> das in <strong>der</strong> Gegenüberstellung <strong>von</strong><br />
„historisch“ ⇔ „mo<strong>der</strong>n“<br />
Herstellung einer Sense (Abb. 4) gegenübergestellt Metallbearbeitung mit LASER (Abb. 6)<br />
Meteoreisen (Abb. 3) gegenübergestellt Edelstahl ROSTFREI (o. Abb.)<br />
Handspindel (Abb. 7) gegenübergestellt Roboter (Abb. 8)<br />
Abb. 7: Bohren mit <strong>der</strong> Handspindel<br />
Abb. 8: Roboter<br />
Diese Gegenüberstellung <strong>von</strong> „alter“ <strong>und</strong><br />
<strong>von</strong> „neuer“ Metallbearbeitung lässt sich<br />
ebenso übertragen auf die Medien <strong>und</strong><br />
pädagogischen Mittel, mit denen in den<br />
einzelnen Epochen ausgebildet wurde. Sie<br />
ergänzen „<strong>VISUBA</strong> Metalltechnik“ in den<br />
Inseln (jeweils o. Abb.)<br />
Historisch gegenübergestellt Mo<strong>der</strong>n<br />
Lehrherr <strong>und</strong> Meister gegenübergestellt PC-gestütztes Lernprogramm<br />
Lehrbuch Jousse Mathurin gegenübergestellt Lehrbuch Metallbau + CD-ROM<br />
Mittelalterliche Werkstattgemeinschaft<br />
gegenübergestellt Programmierplatz in Großraumbüro<br />
91
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
1.4 Gestaltung: Marktplatz<br />
Im Eingangsportal, in <strong>der</strong> Zentrale, am „Marktplatz“, sollen sich interessierte <strong>VISUBA</strong>-<br />
BesucherInnen einen Überblick verschaffen über „die Wirtschaft“, <strong>von</strong> Agrartechnik bis<br />
Kommunikation – sicher noch nicht über Berufliche Bildung <strong>und</strong> noch weniger über Ausbildung<br />
in einzelnen Berufen. Die einzelnen „Stände“ zu den Berufsfel<strong>der</strong>n werden wie „Marktstände<br />
auf einem Wochenmarkt“ in Konkurrenz zueinan<strong>der</strong> treten wollen <strong>und</strong> müssen, werden<br />
– alle Sinne ansprechend – auf sich aufmerksam machen müssen, werden „einladen“, die präsentierten<br />
„Exponate = Erzeugnisse zur beruflicher Ausbildung“ näher kennen lernen zu wollen.<br />
Setzt man das Bild vom Wochenmarkt fort, so werden zwar alle Stände „Spezialitäten =<br />
Berufe“ anbieten, doch ebenso groß wie die Unterschiede in Art, Form <strong>und</strong> Nährwert <strong>von</strong><br />
Bananen <strong>und</strong> Hartwürsten sind, so gr<strong>und</strong>sätzlich unterschiedlich werden auch die Erzeugnisse<br />
auf dem Marktplatz , dem Forum, <strong>der</strong> Berufsfel<strong>der</strong> sein.<br />
Leitlinie <strong>der</strong> folgenden Überlegungen ist: „Wie lässt sich <strong>der</strong> „Marktstand Metalltechnik“ so<br />
attraktiv gestalten, dass mit den Erzeugnissen auch eine Botschaft verkauft werden kann?<br />
Die Botschaft?.... Information über Berufliche Bildung <strong>und</strong> Ausbildung im Metallbereich mit<br />
dem Ziel<br />
• bei Jugendlichen bzw. ernsthaft „Suchenden“ zur Berufswahlreife beizutragen<br />
• bei den „sonstigen Interessierten“ das Wissen um einen Kontext zwischen<br />
historischer Periode – Erzeugnis - spezifische Berufsausbildung herzustellen<br />
Vorgeschlagen wird eine Art R<strong>und</strong>gang durch die Geschichte <strong>der</strong> Metalltechnik – respektive<br />
<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen.<br />
R<strong>und</strong>gang am „Marktplatz“ durch den „Ast“ Metalltechnik =<br />
„Zeitreise“ durch die <strong>Entwicklung</strong> des Schmiedeberufs<br />
Beruf Exponat/Tätigkeit<br />
Schmied Nagelbaum, Amboß<br />
⇓ Nagel schmieden<br />
Schlosser Messer schärfen<br />
⇓ Beschlag bewegen<br />
⇓ Kunstschlosser ⇒Metallbauer Gitter/ skizzieren<br />
⇓<br />
Bauschlosser ⇒Konstruktionsmech. Schloß/- sperren<br />
⇓ ⇒Metallbauer<br />
⇓ Hammerschmiede<br />
Maschinenschlosser Sensenfabrik<br />
⇓ Techn. Zeichnung<br />
Industriemechaniker mit CAD zeichnen<br />
⇓ CNC - programmieren<br />
Mechatroniker Auftragsdurchlauf<br />
⇓ ERP-Programm<br />
??????????? e-manufactoring??<br />
Abb 9: R<strong>und</strong>gang am „Marktplatz“<br />
92
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Für die Metalltechnik wird ein Nagelbaum <strong>der</strong> sog. „eyecatcher“ auf dem Marktplatz sein.<br />
Mit dem Nagelbaum beginnt <strong>und</strong> endet <strong>der</strong> R<strong>und</strong>gang im Ast Metalltechnik auf dem Marktplatz.<br />
Die Mehrzahl <strong>der</strong> BesucherInnen, beson<strong>der</strong>s „suchende Jugendliche“, werden ihn kaum<br />
kennen, sind doch Kenntnisse zur Handwerksgeschichte größtenteils verschüttet bis noch nie<br />
vorhanden gewesen. Ein Text (= Flachware, ohne die es nicht geht) o<strong>der</strong> ein Videoclip („Der<br />
Schlosser zu Wien“) informiert zur Geschichte <strong>und</strong> Symbolik des Nagelbaums, an einem<br />
kleinen Schraubstock lassen sich ohne beson<strong>der</strong>e Vorkenntnisse mit Hilfe eines Nageleisens<br />
selbst Nägel schmieden <strong>und</strong> beim Verlassen des Marktplatzes Metalltechnik in den Nagelbaum<br />
einschlagen. Damit haben BesucherInnen ein „Zeichen“ hinterlassen, das an ihren Besuch<br />
erinnern wird – auch wenn sie sich jetzt nicht näher mit Metalltechnik in den Inseln, d. h.<br />
detailliert in den einschlägigen Abteilungen des Deutschen Museums, informieren möchten.<br />
Das Gr<strong>und</strong>prinzip „hand“werklicher Tätigkeit konnten sie hier erfahren <strong>und</strong> „begreifen“ –<br />
handlungsorientiert.<br />
Sollten sich BesucherInnen aber weiter „in die Metalltechnik“ vertiefen wollen, weil sie sich<br />
über diesem Bereich informieren möchten, weil ihr Berufswunsch „irgendwie in Richtung<br />
Metall tendiert“ o<strong>der</strong> weil <strong>der</strong> Nagelbaum <strong>und</strong> die Berufe „dahinter“ ihr Interesse geweckt<br />
haben, so führen sie die weiteren Stationen innerhalb des Moduls „Metalltechnik“ exemplarisch<br />
durch die Welt <strong>der</strong> Metallbearbeitung <strong>und</strong> ihrer Berufe. Die BesucherInnen schlen<strong>der</strong>n<br />
bildlich gesprochen am „Marktstand Metalltechnik“ entlang, „probieren“ sich an den einzelnen<br />
Angeboten <strong>und</strong> „holen sich Appetit“ für das breite Angebot in den Insellösungen Metalltechnik.<br />
In acht „Stationen“ sollen die BesucherInnen in die Welt <strong>der</strong> Metalltechnik jeweils kurz eintauchen,<br />
über kleine Verrichtungen an den Exponaten <strong>und</strong> technischen Hilfsmitteln, wie PCs, die nicht zeigen,<br />
son<strong>der</strong>n an denen sie „arbeiten“ <strong>und</strong> tätig sein können, soll die Berufsausbildung als „Zugabe“ verkauft<br />
werden. Denn die Berufsausbildung in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> zu stellen, das erscheint für die ins Auge<br />
gefasste Zielgruppe wenig attraktiv zu sein – wohl aber die Frage „Wie mache ich mir selbst ein<br />
Messer“ o<strong>der</strong> „Wo im Museum steht das erste Auto?“ o<strong>der</strong> „Wozu braucht man eigentlich im Betrieb<br />
Zeichnungen?“<br />
Die Einschränkung auf den Beruf des Schmieds ist vertretbar, denn – wie später noch zu zeigen<br />
sein wird, die Differenzierung über den Werkstoff, das Erzeugnis <strong>und</strong> den Prozess hat<br />
eine so große Vielzahl an Berufen, Tätigkeiten <strong>und</strong> Tätigkeitsbezeichnungen hervorgebracht,<br />
dass auf dem „Marktplatz“ nur die Hauptstränge verfolgt werden können, Abspaltungen, Irrwege<br />
<strong>und</strong> verschw<strong>und</strong>ene Berufe müssen in dieser Kurzfassung <strong>und</strong> am Marktplatz außer<br />
Betracht bleiben. Sie werden in <strong>der</strong> ausführlichen Langfassung näher untersucht <strong>und</strong> bibliografisch<br />
nachgewiesen, leiten auf dem „Marktstand“ die BesucherInnen nur mit einer Zeitleiste/Berufe/Erzeugnisse<br />
etc.<br />
Für die Präsentation <strong>der</strong> Metalltechnik auf dem Marktplatz sind acht Stationen vorgesehen,<br />
analog <strong>der</strong> historischen <strong>Entwicklung</strong> des Leitberufs „Schmied“. In Abb. 10 sind sie mit Erzeugnis,<br />
<strong>der</strong> beabsichtigten Botschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tätigkeit vorgestellt. Der Ast – weil als R<strong>und</strong>gang<br />
mit dem Nagelbaum am Eingang konzipiert – lässt sich sowohl „vorwärts“, d. h. <strong>von</strong><br />
den Anfängen bis zur Jetztzeit, als auch „rückwärts“, d. h. zurück zu den Wurzeln <strong>der</strong> Metallbearbeitung,<br />
durchwan<strong>der</strong>n. Die Tätigkeit bzw. das Angebot an je<strong>der</strong> Station wird immer im<br />
Wechselspiel „Mo<strong>der</strong>n – Alt“ bzw. „historisch – aktuell“ angeboten, je nach Sichtweise. Das<br />
beugt einer möglicherweise ermüdenden Zeitreise vor <strong>und</strong> stellt in jedem Fall den Kontext zur<br />
Geschichte <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung her:<br />
Berufe <strong>und</strong> Tätigkeiten haben eine Geschichte –<br />
sie entstehen nicht aus dem Nichts – <strong>und</strong><br />
sie entwickeln sich fort.<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Stationen <strong>der</strong> Metalltechnik auf dem Marktplatz (historischer Kontext – Zeitreise):<br />
Bereich Erzeugnisse/ historische Botschaft an Besu- Tätigkeit<br />
Exponate Periode cherInnen<br />
Angebot<br />
Eingang Nagelbaum ------- „eyecatcher“ Nagel einschlagen<br />
= Ausgang<br />
„Denk“mal „Der Schlosser zu Wien“(Video)<br />
STATION 1 Hammer, Boh-<br />
- „Erste Werkzeuge“ „Auf einen Amboß schlagen“<br />
Anfänge rer, Amboß, ca. 3000 v. aus Metall, Meteor-<br />
Schmied Messer Chr. eisen<br />
STATION 2 - Pflug<br />
- Differenzierung „Messer schärfen“<br />
Differenziertes - Waffen Ca. 800 - des Metallhand- Messerherstellung „virtuell“ durch-<br />
Handwerk: - Gitter 1200 werkswan<strong>der</strong>n<br />
Vom Schmied - Messer<br />
Zunftordnung Steyrer Messer-<br />
zum Schlosser - Beschläge<br />
- Orientierung am schmiede ⇔ Lehrplan <strong>der</strong> FS So-<br />
Erzeugnis lingen<br />
„Tür öffnen“<br />
Alter Türbeschlag ⇔ Drehkippbeschlag<br />
Station 3 - Renaissance-<br />
- „Zunfthandwerk“ „Gitter skizzieren“<br />
gitter 1200 - 1800 - Meisterlehre Entwerfen ⇔ CAD-<br />
Kunsthand-<br />
- Statische Wirt- Gittergestaltung<br />
werk - Barockgitter<br />
schaftsordnung<br />
- Wan<strong>der</strong>schaft<br />
- Traditionen<br />
Lehrbuch ⇔ Mo<strong>der</strong>nes Lehrbuch<br />
Station 4 Schloß-<br />
- „Wissenschaft am „Schloß sperren“<br />
Wandel <strong>von</strong> mechanik 1800 - 1850 Schlossriegel“<br />
„Hand“-werk nach Ohm<br />
- erste Werkzeug- Schließkurven ⇔ mathematische<br />
zur Technik - Werkzeugmamaschinen<br />
Berechnung<br />
Ingenieur schinen<br />
„Der Ingenieur<br />
betritt die Bühne!“<br />
Station 5 - Sensen<br />
- Spezialisierung „Lied <strong>von</strong> den Hammerschmied-<br />
Frühe Indu-<br />
ca. 1850 - - Arbeitsteilung gesellen“strialisierung<br />
- Werkzeug- 1900 - Proletarisierung Sense ⇔ Mähdrescher<br />
maschinen<br />
- Stahlgewinnung<br />
- Fabrik<br />
Sensenfabrik ⇔<br />
Automobilmontage<br />
Station 6 - Techn. Zeich-<br />
- „Planung <strong>und</strong> „Konstruktion <strong>und</strong> Arbeitsplanung<br />
ca. 1920 - Scientific Mananung“Hochindus- - Arbeitsplan 1940<br />
gement“ Normgereche „Technische“ Zeichtrielle<br />
Phase - Einzelantriebe<br />
(= amerikanische nung ⇔<br />
„Elektrifizie- an Maschinen<br />
Methoden) „Händische“ Zeichnung z. B. <strong>von</strong><br />
rung“<br />
- Facharbeiter in <strong>der</strong><br />
Industrie<br />
Leonardo da Vinci (Feilmaschine)<br />
Station 7 - Erzeugnisse<br />
- Produktions- <strong>und</strong> „Bedürfnisbefriedigung, KunPostindustriel-<br />
<strong>der</strong> Serien + ca. 1950 - 90 Bedarfsplanung denorientierung“le<br />
Phase Massenferti-<br />
Planung mit PPS<br />
gung<br />
- Lean Management CAD –Software + GenerierungsComputeri-<br />
- NC-<br />
- Quality Manageprogramm CAD/CNC ⇔<br />
zing<br />
Programme<br />
ment<br />
Münchner Hammerlzunft<br />
- CNC-<br />
Maschinen<br />
- Marktorientierung<br />
Station 8 - Steuerungen<br />
- automatisierte Fa- „Enterprice Resource Planning<br />
Mechatronik - Vernetzung Ca.<br />
brik<br />
<strong>und</strong> Supply chain management“<br />
e-<br />
- ERP- 1990........ - Internet (LAN <strong>und</strong> Simulation eines Auftragsdurchmanufacto<br />
- one piece flow<br />
WAN)<br />
laufs mit z.B. SAP“ ⇔<br />
ring<br />
- „Mechatronik“ [Anweisung] „ Wie man das Eysen<br />
hart <strong>und</strong> weich machen sol“<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Hinweise:<br />
1. Ein durchgehen<strong>der</strong> waagerechter „Balken“ in Form eines Schriftzugs auf Wand o<strong>der</strong> Boden<br />
begleitet den Besucher während seiner „Zeitreise durch die Metalltechnik“. Er listet<br />
alle Stationen <strong>und</strong> Berufe auf <strong>und</strong> macht sowohl „historisch vorwärts“ als auch „historisch<br />
rückwärts“ gelesen Sinn.<br />
2. In Station 6 wandelt sich die Betrachtungsweise, nicht mehr die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „alten“<br />
Produktionsweise zur neuen, son<strong>der</strong>n die Verselbständigung „neuer“ Fertigungsmethoden,<br />
sie lassen sich nicht mehr aus den „alten“ entwickeln o<strong>der</strong> auf sie zurückführen.<br />
Die detaillierte Beschreibung <strong>der</strong> Exponate auf dem „Marktplatz“ nach vorgegebener<br />
Matrix findet sich in Kap. 3.1<br />
Zur Umsetzung dieses Konzepts „Information am Marktplatz – Rallye durch das Museum“<br />
bedarf es in den angesprochenen Abteilungen we<strong>der</strong> großer Baumaßnahmen, noch einer Vielzahl<br />
<strong>von</strong> neuen Exponaten son<strong>der</strong>n nur Ergänzungen, sowohl durch „Flachware“ als auch<br />
durch PC-Terminals.<br />
Zur „Erarbeitung“ schlage ich eine „Rallye“ vor, die ausgehend vom „Marktplatz“ in die angesprochenen<br />
Abteilungen führt <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> einmünden muss in den „Marktplatz“. Die in <strong>der</strong> Rallye gewonnenen<br />
Informationen <strong>und</strong> Eindrücke bedürfen einer Rückmeldung. Das kann durch automatisierte<br />
Auswertung eines Fragenkatalogs geschehen o<strong>der</strong> durch die Betreuer <strong>von</strong> Besuchergruppen.<br />
2 Übersicht: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe<br />
2.1 Historische <strong>Entwicklung</strong><br />
Die folgende Darstellung <strong>der</strong> historischen <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe folgt <strong>der</strong> im Workshop<br />
vom Juli 2002 erarbeiteten Einteilung in die fünf Perioden:<br />
1 + 2 „Anfänge“<br />
3 Handwerkliche Gütererzeugung + Verarbeitung<br />
4 Ablösung <strong>der</strong> handwerklichen Produktion durch die Industrie<br />
5 Industrielle Fertigung<br />
6 Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe<br />
Für jede dieser Periode werden die bestimmenden Gr<strong>und</strong>sätze zur Berufsausbildung beschrieben<br />
– soweit vorhanden. Sie sind nicht deckungsgleich mit den Stationen auf dem Marktplatz,<br />
denn „Überlappungen“ sind zwangsläufig, da <strong>von</strong> Berufen, Regionen <strong>und</strong> Son<strong>der</strong>entwicklungen<br />
abhängig.<br />
2.1.1 Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung: „Periode 1 + 2“<br />
Wir können auch heute nicht mit Sicherheit sagen, wo <strong>und</strong> wann erstmals Metall verarbeitet<br />
worden ist, ob es Kupfer, Gold o<strong>der</strong> Silber war. Mit an Sicherheit grenzen<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit<br />
lassen sich die Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung in den alten Kulturen Mesopotamiens<br />
vermuten, denn dort fand sich Gold als Waschgold in Flüssen, Silber gediegen in „A<strong>der</strong>n“ <strong>der</strong><br />
Gebirge <strong>und</strong> Kupfer wohl als Zufallsprodukt beim Ausschmelzen <strong>von</strong> Silber. Eisen war lange<br />
Zeit nur als Meteoreisen verfügbar, das eine Laune des Universums gerade hier als stetigen<br />
Meteorregen nie<strong>der</strong>gehen ließ <strong>und</strong> lässt. So besitzt das Deutsche Museum eine Nachbildung<br />
eines frühen Messers aus Meteoreisen – man schätzt, dass schon um 4000 v. Chr. dieses stark<br />
nickelhaltige Material zu Messern verarbeitet wurde <strong>und</strong> damit den Bronzeschaber bzw. die<br />
Steinklinge ablöste. Materialbearbeitung wird in den Frühzeit <strong>der</strong> alten Hochkulturen noch<br />
Allgemeingut gewesen sein, fand im Sitzen am Steinboß statt <strong>und</strong> bediente sich einfacher<br />
Werkzeuge. Eine Spezialisierung in einzelne Handwerke dürfte sich erst mit dem Sesshaft-<br />
Werden entwickelt haben, so dass wir eine Berufsausbildung – in welcher Form auch immer –<br />
für die Periode „Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung“ verneinen müssen.<br />
95
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Es könnte wohl ein Übertragen <strong>von</strong> Fertigkeiten <strong>und</strong> <strong>von</strong> „Rezepten“ auf die jeweils nächste<br />
Generation stattgef<strong>und</strong>en haben, nach außen geschützt durch geheime Rituale, Tabuisierungen<br />
<strong>und</strong> Rollenzuweisungen. Zu bezweifeln ist, ob Handarbeit in dieser Periode, wie in <strong>der</strong> Literatur<br />
oft dargestellt, Sklavenarbeit war, frühe Quellen wie das Alte Testament lassen an<strong>der</strong>e<br />
Schlüsse zu. So galt Belazel als bei den Israeliten als angesehener Schmied, denn er hatte die<br />
Kultgeräte aus Metall zu fertigen. Das Gleichnis <strong>von</strong> Kain <strong>und</strong> Abel lässt sich als <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong><br />
Ackerbauernkultur über die Hirtenkultur deuten, Tubalkain gilt in <strong>der</strong> Überlieferung des Orients<br />
als das Sinnbild des Schmieds – womit die Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung sich auch auf<br />
den Schmied als den ersten Metallberuf konzentrieren dürften – die Verän<strong>der</strong>ungen seiner<br />
Tätigkeit <strong>und</strong> seiner Arbeitsweise, die Aufsplitterung nach Werkstoff, Erzeugnis <strong>und</strong> Arbeitsinhalt<br />
wird den interessierten Besucher im Modul „Metallbearbeitung“ in Form einer Zeitreise<br />
begleiten. Denn wir dürfen annehmen, dass die gesamte Metallbearbeitung <strong>und</strong> Weiterverarbeitung<br />
„in seiner Hand“ lag, es war <strong>der</strong> Schmied, <strong>der</strong> anfangs alle damals bekannten Metalle<br />
zu gewinnen <strong>und</strong> zu verarbeiten verstand.<br />
Interessant die Erzeugnisse, es waren primär die für das Überleben <strong>und</strong> die Sicherung <strong>der</strong><br />
Existenz notwendigen Dinge, ihnen war das Metall , welches auch immer, vorbehalten: Pfeilspitzen<br />
für die Jagd, Messer als Universalwerkzeug, später Beschläge für Türen <strong>und</strong> natürlich<br />
Hieb- <strong>und</strong> Stichwaffen als Weiterentwicklung des Messers, auch einfache Werkzeuge wie<br />
Hammer, Schlegel <strong>und</strong> Meißel <strong>und</strong> in den Anfängen <strong>der</strong> Hochkultur die Hilfsmittel zum Zusammenhalten<br />
<strong>der</strong> Kleidung <strong>und</strong> natürlich Schmuck als Konzentration <strong>von</strong> dauerhaften Werten<br />
in kleinstem Volumen.<br />
Für die Geschichte <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung gibt diese Periode wenig her, sehr<br />
wohl aber „das Messer“, das Universalwerkzeug, denn<br />
- es hat seine Gr<strong>und</strong>form <strong>und</strong> seine Zweckbestimmung, ist in allen Zeitläuften bis in die<br />
Jetztzeit gleich,<br />
- in <strong>der</strong> Variation <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>form, Griffmaterialien, dekorativen Elementen <strong>und</strong> Mechanik<br />
<strong>und</strong> Produktionsweise hat es die Wirtschafts- <strong>und</strong> Produktionsverhältnisse je<strong>der</strong> Epoche<br />
aufgenommen<br />
- ein Messer lässt sich auch heute noch mit den einfachen Mitteln <strong>und</strong> Werkzeugen, wie sie<br />
in den Anfängen üblich waren, herstellen<br />
So eignet sich m. E. für die Station 2 des Moduls „Metallbearbeitung“ hervorragend ein Messer<br />
als Träger <strong>der</strong> Botschaft: „Je<strong>der</strong> ist sein eigener Schmied“, als Werkzeug zum „Begreifen“<br />
<strong>der</strong> Anfänge je<strong>der</strong> Metallbearbeitung.<br />
Der interessierte Besucher kann Messer aus diversen Werkstoffen an unterschiedlichen (ruhenden)<br />
Schleifstoffen, wie Sand, Kor<strong>und</strong>, Siliziumkarbid, Diamantstaub, etc. selbst schärfen<br />
<strong>und</strong> sich gleichzeitig auf „Flachware“ über den Stand <strong>und</strong> Geschichte <strong>der</strong> Messerherstellung<br />
informieren. Als Klingenwerkstoffe bieten sich an: Meteoreisen, Schweißeisen, Stahl, aber<br />
auch Keramik <strong>und</strong> pulvermetallurgische Stoffe. Ein erstes „sinnliches“ Begreifen ist hier<br />
möglich: Nicht jedes Schleifmittel ist für jeden Klingenwerkstoff geeignet.<br />
2.1.2. Handwerkliche Gütererzeugung/Verarbeitung Zunfthandwerk: „Periode 3“<br />
„Hand“werk im frühen Mittelalter ist gleichzusetzen mit Güterproduktion für den täglichen Bedarf<br />
durch händische Arbeit – ohne die Zuhilfenahme <strong>von</strong> Arbeitsmaschinen – da hat sich wenig verän<strong>der</strong>t<br />
seit den Anfängen <strong>der</strong> Metallbearbeitung in den alten Kulturen. Wohl dürften sich Handwerkerfamilien<br />
etabliert haben, Sippen, in denen das hier betrachtete Schmiedehandwerk auf die nachfolgende<br />
Generation überging, doch noch ist die Selbstversorgungswirtschaft gerade auf dem Land imstande,<br />
alle für den täglichen Bedarf notwendigen Güter selbst herzustellen. Eine erste Differenzierung ist um<br />
800 n. Chr. in Mitteleuropa festzustellen:<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Dorfschmiede<br />
= Universal-<br />
Metallhandwerker<br />
arbeiten ausschließlich mit<br />
Eisen<br />
Schmiede<br />
Klingen- <strong>und</strong><br />
Messerschmiede<br />
(Waffenschmiede mit eigener<br />
Werkstatt) arbeiten mit Stahl,<br />
Eisen, Holz <strong>und</strong> Naturstoffen<br />
97<br />
Gießer <strong>und</strong> Kupferschmiede<br />
ziehen umher <strong>und</strong> bieten ihre<br />
Dienste „vor Ort“ an, z. B. für<br />
Beschläge, später auch für Glocken,<br />
arbeiten auch (noch) mit<br />
Bronze<br />
Mit dem Erstarken <strong>der</strong> Städte um 1200 <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> einer städtischen Handwerkskultur<br />
differenzieren sich die Schmiede neu in:<br />
Schmiede (Kunstschmiede) Schlosser „Bau“schlosser<br />
arbeiten am Feuer nach eigenen<br />
Entwürfen <strong>und</strong> stellen<br />
„Dekoration“ her.<br />
verarbeiten „Halbzeug“, verwenden<br />
Feile <strong>und</strong> Meißel <strong>und</strong><br />
stellen Schutzeinrichtungen<br />
her, z. B. Beschläge, Schlüssel<br />
sind Universal-Metallhandwerker<br />
<strong>und</strong> arbeiten nach Vorgaben ihrer<br />
Auftraggeber<br />
Die Klingen- <strong>und</strong> Messerschmiede bleiben erhalten, verlieren aber an Bedeutung.<br />
Zum Unterscheidungskriterium <strong>der</strong> Schmiede (Kunstschmiede) wird <strong>der</strong> Werkstoff, mit dem<br />
sie arbeiten:<br />
- Eisenschmiede<br />
- Kupferschmiede<br />
- Goldschmiede<br />
- Silberschmiede<br />
sowie die nur regional wichtigen Werkstoffe, z.B. Gußeisen in England, Messing in Belgien<br />
Die Anleitung <strong>und</strong> Unterweisung <strong>der</strong> Nachfolger – Lehrlinge können diese noch nicht genannt<br />
werden, da jede planmäßige Ausbildung fehlt – beschränkte sich auf die Imitierung <strong>der</strong><br />
Arbeit mit dem jeweiligen Werkstoff bzw. mit dem „zugelassenen“ Werkzeug, z. B. Hammer<br />
<strong>und</strong> Amboß bzw. Feile.<br />
Die Differenzierung nach dem Werkstoff hatte Bestand solange diese Werkstoffe teuer <strong>und</strong><br />
wertvoll waren, händisch bearbeitet wurden <strong>und</strong> es dazu eines großen Fachwissens bedurfte.<br />
Mit <strong>der</strong> leichteren Verfügbarkeit eines einzelnen Werkstoffs ging <strong>der</strong> zugehörige Beruf in<br />
seiner Bedeutung zurück, verschwand bisweilen sogar. So <strong>der</strong> Kupferschmied <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Zainschmied.<br />
Die technische <strong>Entwicklung</strong>, sie fand auch im Mittelalter statt, wenn auch nur sehr zögerlich<br />
<strong>und</strong> bescheiden in den Ergebnissen, machte eine weitere Differenzierung <strong>der</strong> Arbeitsgebiete<br />
<strong>der</strong> Schmiede <strong>und</strong> <strong>der</strong> aus ihrem Beruf heraus gelösten Schlosser <strong>von</strong>nöten. Nicht mehr primär<br />
<strong>der</strong> Werkstoff, son<strong>der</strong>n das technische Erzeugnis, das die Werkstatt fertigte, diente als<br />
„Glie<strong>der</strong>ungs- <strong>und</strong> Zuordnungsschema“ für die Metallberufe <strong>und</strong> damit auch <strong>der</strong> Lehrlinge –<br />
<strong>und</strong> es wurde strikt eingehalten. Als Überwachungsorgane dieser Ordnung bildeten sich die<br />
Zünfte, wohl nach dem Muster <strong>der</strong> nordischen Gilden <strong>der</strong> Kaufleute. Schon im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
sind sie nachzuweisen, immer als Überwachungs- <strong>und</strong> Abwehrorgan, jedoch nie als<br />
„Selbsthilfeeinrichtung“ o<strong>der</strong> „Einkaufsgenossenschaft“, was zumindest bei den hohen Materialpreisen<br />
gerade für Eisen vorstellbar wäre. So wurde es zur Hauptaufgabe <strong>der</strong> Zünfte durch<br />
die Zeitläufte hindurch, bis zu ihrem Nie<strong>der</strong>gang im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, akribisch darüber zu<br />
wachen, dass je<strong>der</strong> Handwerker bei seinem Gewerk blieb <strong>und</strong> nicht Arbeiten an<strong>der</strong>er Gewerke<br />
annahm („Schuster bleib bei deinen Leisten“).<br />
Eine Beson<strong>der</strong>heit ist bei den Bauschmieden (= Bauschlosser + teilweise Kunstschlosser)<br />
festzustellen. Sie arbeiteten „für den Bau“, ihre Erzeugnisse trugen in erheblichen Maß zur<br />
„Dekoration“ <strong>der</strong> Bauwerke bei, so die Gitter, Gelän<strong>der</strong>, Beschläge, etc. Das machte sie abhängig<br />
sowohl <strong>von</strong> <strong>der</strong> Baukonjunktur als auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Architektur. Die in <strong>der</strong> Gotik einset-
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
zende reiche Ausstattung <strong>der</strong> Sakralbauten mit Eisen för<strong>der</strong>te die Handwerkskunst, was sich<br />
bis in die Lehrlingsausbildung auswirkt. In <strong>der</strong> Renaissance kamen als Gestaltungsobjekte die<br />
Profanbauten dazu, sie brauchten Korbgitter, Türbeschläge u. ä. Den Höhepunkt <strong>der</strong> Dekorationskunst<br />
erreichte das Rokoko, als Eisenarbeiten gar vergoldet wurden, Goldschläger <strong>und</strong><br />
Vergol<strong>der</strong> bereicherten die Palette <strong>der</strong> Metallberufe. Der Klassizismus – nur unterbrochen<br />
vom Historismus – beendete die „Dekoration <strong>der</strong> Architektur mit Eisen“, <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong><br />
Kunstschmiede begann – die Aufträge fehlten ihnen. Gebäude bedurften keiner Eisenarbeiten<br />
mehr – die Kunstschmiede mussten sich neue Arbeitsgebiete <strong>und</strong> damit Erzeugnisse suchen,<br />
<strong>und</strong> fanden sie z. B. im Möbel. Eine weitere Verän<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Ausbildungsinhalten war die<br />
Folge.<br />
Diese „hand“werkliche Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> Güterproduktion – durch kopieren „ererbter“<br />
Techniken – war im dörflichen, wenig differenzierten Handwerk noch ausreichend, in <strong>der</strong><br />
Romanik aber nicht mehr möglich, denn <strong>der</strong> einsetzende Großkirchenbau verlangte nach dem<br />
Spezialisten, dem Meister seines Fachs, <strong>der</strong> seinen Beruf planmäßig gelernt hatte <strong>und</strong> nicht<br />
nur mehr als Dilettant arbeitete. War um 800 das „Hand“werk noch primär Haushandwerk mit<br />
wenigen „Spezialisten“, z. B. zum Weben o<strong>der</strong> Töpfern, so differenzierte sich das Handwerk<br />
um 1000, innerhalb eines Jahrh<strong>und</strong>erts. Mit <strong>der</strong> Spezialisierung reichte das bloße „Abschauen“,<br />
das Übernehmen <strong>von</strong> Fertigkeiten durch Nachahmen <strong>und</strong> „Begreifen“ nicht mehr aus, die<br />
Aneignung <strong>von</strong> händischen Fertigkeiten musste an<strong>der</strong>s organisiert werden – auch galt es nun,<br />
Kniffe <strong>und</strong> das Wissen um bestimmte Fertigungstechniken geheim zu halten. Das brachte<br />
Wohlstand, machte an<strong>der</strong>e abhängig <strong>und</strong> verschaffte dem Wissenden zumindest einen Vorteil,<br />
im Schmiedehandwerk z. B.<br />
- das Wissen um das Härten <strong>von</strong> Eisen,<br />
- die Herstellung <strong>von</strong> elastischem aber schneidhaltigen „Stahl“ durch Damaszieren.<br />
Das bedingte in diesen Zeiten eine organisierte <strong>und</strong> ritualisierte Form <strong>der</strong> Weitergabe <strong>von</strong><br />
händischen Fertigkeiten <strong>und</strong> ein Minimum an fachtheoretischem Wissen. Hier liegt <strong>der</strong> Anfang<br />
<strong>der</strong> sog. „Meisterlehre“. Sie fand statt<br />
• in den Städten, in denen sich Handwerk in <strong>der</strong> Folge des Kirchenbaus spezialisierte<br />
• in den Räumen des Meisters, des „Könners“, in seiner Werkstatt , <strong>und</strong><br />
• es profitierten sicher nur die eigenen Söhne – höchstens noch <strong>der</strong> männliche Nachwuchs im<br />
weiteren Familienverband.<br />
Wurde <strong>der</strong> Sohn, Neffe o<strong>der</strong> weitschichtig Verwandte mit ca. 12-13 Jahren voll zur Arbeit<br />
herangezogen, dann markierte das den Beginn <strong>der</strong> Lehre, das Ende war gleichzusetzen mit <strong>der</strong><br />
Beherrschung <strong>der</strong> Fertigkeiten. Kam <strong>der</strong> „Lehrling“ <strong>von</strong> außerhalb, dann trat er in den Haushalt<br />
des Meisters ein, wurde in den Arbeits- <strong>und</strong> Familienverband integriert <strong>und</strong> musste dafür<br />
eine „Gebühr“ entrichten (Lehrgeld!). Der Beginn <strong>der</strong> Lehre wird zuweilen heute noch markiert<br />
als das Datum, an dem „<strong>der</strong> Ernst des Lebens beginnt“, die Kindheit endet. Die Phase<br />
„Jugendlicher“ war im Mittelalter noch unbekannt.<br />
Gehörte <strong>der</strong> Lehrling nicht zur Familie, dann hatte er – ähnlich den Knechten <strong>und</strong> Mägden –<br />
den Status eines Unfreien, konnte die Meisterfamilie nicht verlassen, unterlag dem Erziehungs-<br />
<strong>und</strong> Züchtigungsrecht des Meisters <strong>und</strong> wurde erst an <strong>der</strong> Schwelle vom Kind zum<br />
Erwachsenen „freigesprochen“ – was gleichbedeutend war mit dem Austritt aus dem Haushalt<br />
des Meisters <strong>und</strong> dem Verlassen des Ortes – <strong>der</strong> Handwerker war „frei“ in je<strong>der</strong> Beziehung.<br />
Und da er auch nicht heiraten durfte, war sein Los das eines nichtsesshaften „Junggesellen“.<br />
Inhalt <strong>der</strong> „Meisterlehre im Metallhandwerk“ war die Übernahme <strong>der</strong> motorischen Fertigkeiten<br />
<strong>und</strong> ihre ritualisierte Ausübung nach dem „IMITATIO – Prinzip“, Gegenstand <strong>und</strong> Inhalt<br />
<strong>der</strong> Ausbildung waren nicht die berufsbezogenen kognitiven Fähigkeiten, sie waren dem<br />
Meister <strong>und</strong> höchstens noch seinen Söhnen vorbehalten, denn nur diese besaßen die Voraussetzung<br />
zur Meisterqualifikation. (Beispiel: Messerfertigung). Vielleicht konnte sich ein wan<strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />
Geselle, war er geschickt, Kenntnisse bei an<strong>der</strong>en Meistern aneignen – o<strong>der</strong> auch<br />
nicht, wenn es z. B. ein „gesperrtes“ Handwerk war.<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Erste Ansätze einer „RATIO STATT IMITATIO“ finden wir erst in den Sinnsprüchen, z. B.<br />
<strong>von</strong> Hans Sachs zum Schusterhandwerk. Für das Metallhandwerk sind solche Sprüche <strong>und</strong><br />
Gedichte, Meistersänge, kaum überliefert, sollte es sie je gegeben habe, dann sind sie nicht<br />
allgemein bekannt geworden, <strong>von</strong> wenigen Ausnahmen abgesehen, wie dem Lied <strong>der</strong> Hammerschmiedgesellen<br />
in Oberösterreich.<br />
Die mittelalterliche Wirtschaftsordnung war also eine statische <strong>und</strong> folgerichtig beschränkte<br />
sich die Meisterlehre im Metallhandwerk auf die Bewahrung, ja Konservierung, <strong>und</strong> die ausgewählte<br />
Weitergabe <strong>der</strong> Techniken <strong>und</strong> Arbeitstugenden. Nicht <strong>der</strong>en Weiterentwicklung<br />
war Ziel <strong>der</strong> Ausbildung, darüber wachten die Gilden als lockere Meistervereinigungen <strong>und</strong><br />
später die Zünfte als straffe Handwerksorganisationen.<br />
Spezialisierung in Dombauhütten<br />
Die Anfänge organisierter Berufsausbildung <strong>und</strong> damit die Vorläufer <strong>der</strong> „Meisterlehre“ im<br />
Metallbereich sind in den Dombauhütten des Mittelalters zu suchen. Die damals die Eisenverarbeitung<br />
dominierenden Grobschmiede trennten ihre Aufgabenbereiche:<br />
• Der größere Teil behielt den Status des dörflichen Universal(Metallhandwerkers).<br />
• Eine kleinere Zahl – möglicherweise Gesellen auf Wan<strong>der</strong>schaft – wan<strong>der</strong>te ab in die Städte,<br />
verdingte sich in den Dombauhütten <strong>und</strong> spezialisierte sich fortan auf die Herstellung<br />
<strong>von</strong> Baueisen <strong>und</strong> Ausstattungselementen aus Eisen in den gotischen Kathedralen, so Gitter,<br />
Lettner, Beschläge, etc. (Hinweis: In Frankreich ist noch eine Vielzahl dieser Arbeiten aus<br />
dieser Epoche erhalten, so z. B. in Paris, St. Denis <strong>und</strong> in Notre Dame: Annentor).<br />
• Von dieser <strong>Entwicklung</strong> nicht berührt waren die Waffenschmiede, sie galten schon seit einem<br />
Dekret Karls d. Großen aus dem Jahr 804 als selbständiges Schmiedehandwerk <strong>und</strong><br />
bildeten nur innerhalb des Familienverbandes aus.<br />
Hinweis: Jede Pfalz hatte eine Pflugschmiede <strong>und</strong> eine <strong>von</strong> ihr getrennte Waffenschmiede<br />
einzurichten.<br />
Bildung <strong>von</strong> Gilden, Weiterentwicklung zu Zünften<br />
Zur Abgrenzung gegenüber den Dorfschmieden nannten sich die „städtischen Schmiede“<br />
fortan „Kunst“schmiede <strong>und</strong> gaben ihr Wissen, ihre Erfahrung <strong>und</strong> ihre Fertigkeiten bei Beachtung<br />
<strong>der</strong> Regeln weiter, die sich in den Dombauhütten für alle Gewerke gemeinsam entwickelten,<br />
- zum ersten um die Handwerkskunst zu bewahren,<br />
- zum zweiten um den Kreis <strong>der</strong> K<strong>und</strong>igen klein zu halten.<br />
Die städtischen Meister schlossen sich zu lockeren Gemeinschaften zusammen, analog den<br />
Gilden <strong>der</strong> Kaufleute. Der Anlass für diese Art <strong>von</strong> Zusammenschlüssen ist uns heute nicht<br />
mehr bekannt, wir wissen aber, dass die Gilden noch sehr „offene“ Gemeinschaften waren.<br />
Erst mit <strong>der</strong> Differenzierung <strong>der</strong> Beschäftigten im Handwerk in Meister–Gesellen–Lehrlinge<br />
wandelten sich die Gilden <strong>der</strong> Handwerker zu Zünften, örtlich auch „Zechen“ genannt. Und<br />
das waren nun keine lockeren Gemeinschaften mehr son<strong>der</strong>n Ordnungsinstrumente zur Aufrechterhaltung<br />
einer ständischen Ordnung, in <strong>der</strong> je<strong>der</strong> seinen Platz in <strong>der</strong> Gesellschaft zugewiesen<br />
bekam, sich im Handwerk ritualisierten <strong>und</strong> starre Lebensläufe festigten; sogar die<br />
Dialoge <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise, wie sich Handwerker verständigten, wurden reglementiert –<br />
siehe das Ritual <strong>der</strong> „Katzenköpfe“.<br />
Exkurs: Das Gebäude <strong>der</strong> Dorfschmiede, insb. <strong>der</strong>en Esse <strong>und</strong> Amboß, waren im Mittelalter<br />
Besitz <strong>der</strong> Dorfgemeinschaft, <strong>der</strong> Schmied musste die „Schmiedegerechtsame“ erwerben, er<br />
hatte den Status eines Pächters, war also kein freier Meister <strong>und</strong> bildete nur im Familienverband<br />
aus.<br />
Die „städtischen Kunstschmiedemeister“ dagegen waren Freie mit eigenem Werkzeug, eige-<br />
99
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
nem Haushalt <strong>und</strong> dem Recht, auch Fremde als Lehrlinge auszubilden, sie blieben es unter<br />
ihrer Herrschaft, ob Fürst o<strong>der</strong> Fürstbischof, weiterhin. So ist uns aus dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
<strong>von</strong> Johann Georg Oegg diese Konkurrenz <strong>von</strong> Kunstschmieden <strong>und</strong> „zünftigen“ Schmieden<br />
in Würzburg eindrucksvoll überliefert.<br />
Aus Paris ist bekannt, dass <strong>der</strong> Meister <strong>der</strong> Beschläge des Annentores an Notre Dame sich<br />
stolz Bicornette = „<strong>der</strong> Gehörnte“ nannte, <strong>und</strong> seine Entwürfe mit handschriftlichen Zusätzen<br />
ergänzte, die festlegten, welche Teile die Gesellen, welche die „Buben“ (= Lehrlinge) zu machen<br />
hatten <strong>und</strong> welche dem Meister vorbehalten blieben. Das entspricht <strong>der</strong> oben beschriebenen<br />
mittelalterlichen Wirtschaftsordnung, die den Menschen „ihren Platz“ zuwies.<br />
Man darf vermuten, dass mit <strong>der</strong> Fertigstellung einer Kathedrale zumindest ein Teil <strong>der</strong><br />
Handwerker in den Städten blieb <strong>und</strong> Aufträge für das sich entwickelnde Bürgertum ausführte.<br />
Die ständische <strong>und</strong> statische Wirtschaftsordnung des Mittelalters – ihr war das kapitalistische<br />
Prinzip des Wirtschaftswachstums noch fremd – musste nun Regularien entwickeln, die<br />
diesen statischen Zustand sicherten, <strong>und</strong> was lag näher als für jeden erkennbare Unterscheidungskriterien<br />
zu wählen.<br />
Im Metallhandwerk bot sich an, das verarbeitete Metall <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> das Haupterzeugnis als Unterscheidungs-<br />
<strong>und</strong> Abgrenzungskriterium heranzuziehen <strong>und</strong> durch Gremien mit Zwangsmitgliedschaft<br />
überwachen zu lassen. So differenzierten sich im Spätmittelalter die Metallberufe<br />
- zum einen in Werkstoff-bezogene, z. B. als Kupfer-, Eisen-, Schwarzschmiede, sowie<br />
- in produktorientierte, z. B. in Schlosser, Huf-, Pfannen-, Bergschmiede, etc..<br />
Auszug aus <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Metallberufe (in <strong>der</strong> Langfassung jeweils mit Arbeitsbeispielen <strong>und</strong><br />
Hinweisen zur Ausbildung, soweit festzustellen ist:<br />
Ahlenschmiede Angießer Armbruster Bergschmiede<br />
Bestandschlosser Bißmacher Blechschmiede Brucheisner<br />
Büchsenmacher Büchsenschmiede Damszenerschmied Degenschmied<br />
Drahtschmiede Drahtzieher Eisenstricker Feilenhauer<br />
Feilenschmiede Feitelmacher Fingerhüter Friemschlosser<br />
Gatterstricker Gelbschmiede Gitterschmied Geschützgießer<br />
Glockengießer Goldschlager Glötschlosser Graveure<br />
Hufschmiede Gschmeimacher Gürtler Hammerschmiede<br />
Haubenschmiede Helmschmiede Hüttenschmiede Kettenschmiede<br />
Kettenschmiede Klempner/Flaschner Kleinschmiede Laternenmacher<br />
Messerschmiede Klingenschmiede Löffelschmied Mallenschmiede<br />
Messerschmied Mühlenbauer Nadler Nagelschmiede<br />
Panzerschmiede Pfannenschmiede Pflugschmiede Plattner<br />
Plattschlosser Rotschmiede Rauhschlosser Reuzzenschlosser<br />
Rohrschmied Scharschmiede Pflugschmiede Schellenschmied<br />
Scherenschmiede Schil<strong>der</strong>er Schloßschmied Schwarzschmied<br />
Sporer Sensenschmiede Siebmacher Steigbügelmacher<br />
Uhrmacher Wagenschmiede Windenmacher Zainschmiede<br />
Zauckerlschmiede Zaumschmiede Zeugschmiede Zirkelschmiede<br />
Ziseleure<br />
Abb 10: „Mittelalterliche“ Metallberufe<br />
100
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Mit <strong>der</strong> Industrialisierung wurden diese Einteilungskriterien obsolet <strong>und</strong> abgelöst durch die<br />
Art <strong>der</strong> bedienten Maschine. Die Metallberufe orientierten sich fortan am Prozess <strong>und</strong> nicht<br />
mehr am Erzeugnis.<br />
So bildeten sich zwar die Zünfte primär als Bewahrer <strong>und</strong> Hüter <strong>der</strong> ständischen Ordnung im<br />
Handwerk. Doch sie regelten damit auch die Lehrlingsausbildung – sehr akribisch, dauerhaft<br />
mit nachhaltiger Wirkung, allerdings immer ohne formale Abschlussprüfung.<br />
Vieles was heute noch in <strong>der</strong> Berufsausbildung Usus ist, so<br />
- <strong>der</strong> Eintrag in die Handwerksrolle,<br />
- die Freisprechung,<br />
- die Unterscheidung in Lehrling, Geselle <strong>und</strong> Meister,<br />
- die Zuordnung zu Krankenkassen,<br />
- das Meisterstück, etc.<br />
- selbst die Dauer <strong>der</strong> Lehrzeit (3 - 4 Jahre)<br />
sind überkommene Relikte <strong>der</strong> ständischen Wirtschaftsordnung des Spätmittelalters <strong>und</strong> eines<br />
Berufsausbildungssystems, das hier seine Wurzeln hat. Zuweilen werden diese Relikte<br />
heute noch <strong>von</strong> den Organisationen <strong>der</strong> Wirtschaft wie den Innungen verteidigt bzw. gepflegt<br />
– <strong>und</strong> „vom Staat“ respektiert, z.B.<br />
- bei <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Prüfungshoheit an die Innungen <strong>und</strong> Kammern,<br />
- bei <strong>der</strong> Einstufung in Beschäftigungsverhältnisse im Öffentlichen Dienst o<strong>der</strong><br />
- bei Zugangsberechtigungen zu weiterführenden Beruflichen Schulen o<strong>der</strong> Fachhochschulen.<br />
Exkurs <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Langfassung weiter ausgeführt wird <strong>der</strong> in <strong>der</strong> NS-Zeit erzwungene<br />
radikale Bruch mit den Traditionen des Handwerks durch<br />
• Einführung <strong>der</strong> Facharbeiterprüfung<br />
• Ausnahmen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Meisterprüfung<br />
• Verkürzung <strong>der</strong> Lehrzeiten (kriegsbedingt)<br />
• Ausbildungsbeihilfe für Lehrlinge<br />
• Einführung eines Arbeitsbuchs<br />
• Facharbeiterprivileg in <strong>der</strong> Rentenversicherung (bis 2001!)<br />
• Jugendarbeitsschutzgesetz<br />
Aufstieg vom Handwerk zur Kunst<br />
In Frankreich, zu Beginn des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, revolutionierten die vom Staat eingerichteten<br />
Manufakturen die ständische Ordnung des Metallhandwerks <strong>und</strong> damit auch die Ausbildung<br />
in Form einer Meisterlehre. Im Metallbereich war es vor allem die Fertigung <strong>von</strong> Nadeln –<br />
später ein viel strapaziertes Beispiel – die die klassische „Meisterlehre“ in Frage stellte, denn<br />
die Fertigung in einer differenzierten Artteilung bedurfte keiner „hand“werklichen Kunstfertigkeiten<br />
mehr – die bisher <strong>von</strong> Personen gehüteten Meistergeheimnisse, wie z. B. das Härten,<br />
gingen „auf den Betrieb“ über <strong>und</strong> wurden zu „Betriebsgeheimnissen“. Ergebnis <strong>der</strong> Arbeitsteilung<br />
waren Abläufe <strong>von</strong> wenigen Sek<strong>und</strong>en Dauer, das erfor<strong>der</strong>te primär die Organisation<br />
<strong>der</strong> Teilabläufe, nicht mehr den Überblick über das Werk.<br />
Die Manufaktur als „ frühe Fabrik“ for<strong>der</strong>te in <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen:<br />
Der Primat <strong>der</strong> Arbeitsplanung vor <strong>der</strong> Gestaltung des Werks .<br />
Als „Arbeitsplanung“ ist das heute eines <strong>der</strong> zentralen „Fächer“ in <strong>der</strong> Berufsabschlussprüfung.<br />
Mit <strong>der</strong> „Umstellung“ <strong>der</strong> Lehrpläne – weg <strong>von</strong> <strong>der</strong> Fachsystematik, hin zu Lernfel<strong>der</strong>n – hat<br />
sich die schulische Berufsbildung den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> „Fabrik“, <strong>der</strong> industriellen Produktionsweise<br />
„angepasst“ <strong>und</strong> untergeordnet.<br />
Die Arbeitsteilung in Form <strong>der</strong> Artteilung, die komplexe Gewerke in kleine, einfache <strong>und</strong><br />
leicht zu lernende Ablaufabschnitte zerlegt, wurde insb. bei <strong>der</strong> Herstellung „neuartiger“ Erzeugnisse<br />
perfektioniert, die nicht Produkt eines klassischen Handwerks sein konnten, z. B.<br />
101
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
die Zigarrenfertigung. So begann mit <strong>der</strong> Einrichtung <strong>von</strong> Manufakturen <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong><br />
Meisterlehre – das organisierte Handwerk konnte diese <strong>Entwicklung</strong> jedoch bis in unsere Tage<br />
bremsen, boykottieren <strong>und</strong> in vielen Bereichen gar verhin<strong>der</strong>n – mehr noch:<br />
Obwohl das „Prinzip Manufaktur“ im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert als „Ablauforganisation“ zur Regel<br />
wurde <strong>und</strong> zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>von</strong> Taylor noch wissenschaftlich untermauert<br />
wurde, konnte diese Art <strong>der</strong> Produktion vom organisierten Handwerk als „nichtzünftig“ verunglimpft<br />
werden - mit <strong>der</strong> Folge, dass den in Manufakturen ausgebildeten jungen Menschen<br />
<strong>der</strong> Gesellenstatus verweigert wurde.<br />
Die Arbeitsteilung, <strong>der</strong> „Taylorismus“, verhin<strong>der</strong>te nicht nur in den USA eine organisierte<br />
Berufsausbildung, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Industrie in Deutschland. Erst 1935 wurde mit <strong>der</strong> Einrichtung<br />
<strong>der</strong> „Fach“arbeiterprüfung eine anerkannte Berufsausbildung in <strong>der</strong> Industrie möglich.<br />
Exkurs: Die Vorsilbe „Fach-“ war lange Zeit in <strong>der</strong> Diskussion <strong>und</strong> wurde als „Einengung“<br />
definiert, ein „Fach“arbeiter beherrscht ein engeres „Fach“Gebiet, während Gesellen<br />
<strong>und</strong> Meister im gesamten Werk k<strong>und</strong>ig sind. Eine Analogie ist in Berufsschulen<br />
festzustellen: „Fach“lehrer <strong>und</strong> Lehrer.<br />
Weitere Meilensteine für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung weg <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> klassischen Meisterlehre waren:<br />
• Das Dekret <strong>von</strong> König Franz um 1550: Er erhob die (Kunst)Schlosserei in den Stand <strong>der</strong><br />
Künste; nach ihm lernten alle französischen Könige das Kunstschlosserhandwerk <strong>und</strong> üben es<br />
auch aus.<br />
• das erste Lehrbuch <strong>der</strong> Schlosserkunst (nach seiner Verbreitung!) <strong>von</strong> Jousse Mathurin<br />
de la Fleche, veröffentlicht 1627 als „La fidèle Ouverture de l `Art de Serrurier etc. à la<br />
Flèche 1627". Es ist das erste geb<strong>und</strong>ene Vorlagenwerk in <strong>der</strong> Literaturgeschichte, wurde<br />
durch Kupferstich-Händler in ganz Europa verbreitet <strong>und</strong> beeinflusste in den folgenden Jahrzehnten<br />
viele Schlosser <strong>und</strong> Schmiede. „La fidele ouverture „ Umfasste 30 Holzschnitte <strong>und</strong><br />
22 Radierungen <strong>und</strong> enthielt nicht nur Vorlagen für Schmiede- <strong>und</strong> Schlosserarbeiten, son<strong>der</strong>n<br />
auch detaillierte Angaben zur Behandlung <strong>und</strong> Bearbeitung des Eisens. Es dürfte eines<br />
<strong>der</strong> frühesten Lehrbücher für Lehrlinge bzw. Gesellen sein, um diese in die Kunst <strong>der</strong> Schlosserei<br />
einzuführen, die „so mannigfaltig sei <strong>und</strong> große Erfahrung verlange“.<br />
Damit war zumindest in Frankreich das „Meisterprivileg“ gebrochen, Lehrlinge konnten sich<br />
fortan auch in Büchern <strong>und</strong> nicht nur durch „Abschauen“ <strong>und</strong> „Begreifen im wörtlichen Sinne“<br />
sachk<strong>und</strong>ig machen.<br />
2.1.3 Industrie versus Handwerk: „Periode 4, 5“<br />
Mechanisierung<br />
Das sich abzeichnende Ende <strong>der</strong> Meisterlehre wurde weniger vom Handwerk selbst denn <strong>von</strong><br />
<strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong> bewirkt. Die im 18.Jahrh<strong>und</strong>ert einsetzende Mechanisierung <strong>der</strong><br />
Werkstätten läuten das Ende des Handwerks ein, die Manufaktur war <strong>der</strong> Vorläufer, das<br />
Flussprinzip als konsequente räumliche Anordnung <strong>der</strong> Artteilung war im Handwerk mangels<br />
Größe <strong>und</strong> Auftragsmenge nicht umsetzbar.<br />
Die in den Fabriken im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert üblichen Werkzeugmaschinen mit ihren sehr teueren<br />
Kraftmaschinen (Dampfmaschine!) verlangten nach größeren Wirtschaftseinheiten – das Kapital<br />
begann die Arbeitskraft als bestimmen<strong>der</strong> Wirtschaftsfaktor abzulösen.<br />
Exkurs: Berufsausbildung an <strong>der</strong> Schwelle zur Neuzeit<br />
Exemplarisch soll ein „Meister“ des Metallhandwerks aus <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> möglichen herausgegriffen<br />
werden – denn seine „Werkstatt“aufgabe gab möglicherweise seinem Sohn <strong>der</strong> Anstoß<br />
für naturwissenschaftliches Denken mit weit reichenden Folgen.<br />
102
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Johann Wolfgang Ohm, <strong>und</strong> sein Wirken um 1800 in Erlangen:<br />
Er muss außergewöhnliche Fähigkeiten besessen haben. So ist laut einer Aufzeichnung seines Sohnes<br />
Martin überliefert, dass „er noch in seinen späteren Jahren den rühmlichen Entschluß faßte, Mathematik<br />
zu studieren <strong>und</strong> sich hierzu bei <strong>der</strong> Betreibung seines Metiers die nötigen St<strong>und</strong>en durch kärgliche<br />
Einteilung seiner Zeit, d. h. durch fast gänzliche Verzichtleistung auf Erholungsst<strong>und</strong>en, gleichsam<br />
zu stehlen. .....Zweck war, seine beiden Söhne selbst in <strong>der</strong> Mathematik zu unterrichten.“<br />
Ebenso hat <strong>der</strong> Meister eine Vielzahl <strong>von</strong> Entwürfen für Schlosserarbeiten, wie Türbeschläge, Türschlösser<br />
<strong>und</strong> Gitter, hinterlassen, <strong>von</strong> denen sich über 30 im Besitz des Stadtarchivs Erlangen befinden.<br />
Die Biographie <strong>von</strong> J. W. Ohm ist sehr gut dokumentiert <strong>und</strong> als Nachlass im Stadtarchiv Erlangen<br />
vorhanden. Er erscheint mir deshalb bemerkenswert, weil es in seiner Jugend wie sein Vater noch<br />
auf Wan<strong>der</strong>schaft war, also die Handwerkstraditionen des Spätmittelalters pflegte, in fortgeschrittenem<br />
Alter eine radikale Hinwendung zu naturwissenschaftlich begründeter Schlosserei beschritt <strong>und</strong> u.<br />
a. seinem Sohn Georg Simon über eine Aufgabe zur Schlossmechanik zum strengen naturwissenschaftlichen<br />
Denken anregte.<br />
Exkurs in <strong>der</strong> Langfassung: Das Nagelschmiedehandwerk als exemplarisches Beispiel für<br />
- die Kontinuität handwerklicher Tätigkeiten,<br />
- das „Nebeneinan<strong>der</strong>“ <strong>von</strong> Haus- <strong>und</strong> zünftigem Handwerk<br />
- die versäumte Mechanisierung <strong>und</strong> Spezialisierung<br />
- den vollständigen Untergang eines Metallhandwerks.<br />
Gewerbefreiheit - Ende <strong>der</strong> Meisterlehre<br />
Die mit <strong>der</strong> Industrialisierung obsolet gewordene Zunftordnung, die Aufhebung alter Privilegien<br />
im Deutschen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> später insbeson<strong>der</strong>e die Gewerbefreiheit nach <strong>der</strong> Reichsgründung<br />
1871 führte zu einem Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> organisierten Ausbildung im Metallhandwerk -<br />
<strong>und</strong> zum enormen Aufschwung, zum Boom <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit. Es war nicht mehr notwendig,<br />
die „Ochsentour <strong>der</strong> Meisterlehre“ zu durchlaufen um z. B. an <strong>der</strong> Ausstattung <strong>von</strong> Gebäuden<br />
mit Gittern, Aufzügen, Gelän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Eisentreppen zu arbeiten. Die Vielzahl <strong>und</strong> Vielfalt des<br />
städtischen Metallhandwerks im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert verb<strong>und</strong>en mit Landflucht, anwachsen<strong>der</strong><br />
Bevölkerungszahl <strong>und</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Süden <strong>und</strong> Osten hat den Bauboom <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit<br />
<strong>und</strong> die rasante Industrialisierung in Deutschland erst möglich gemacht. Handwerker, insb.<br />
Metallhandwerker, sanken herab zu Zulieferern, mussten plötzlich mit an<strong>der</strong>en konkurrieren,<br />
waren nicht mehr durch Zünfte <strong>und</strong> Kartelle geschützt <strong>und</strong> – bekämpften die industrialisierte<br />
Art <strong>der</strong> Produktion, die Arbeitsteilung. Ihre Lehrlinge, die sie nur noch wegen <strong>der</strong> herrschenden<br />
Arbeitslosigkeit bekamen, mussten durch längere Wochenarbeitszeit <strong>und</strong> eine längere<br />
Lehrzeit den Wettbewerbsnachteil des Handwerks ausgleichen.<br />
Und die Ausbildung war mangelhaft <strong>und</strong> schlecht, wie <strong>der</strong> folgende Auszug aus dem Beitrag<br />
eines Abgeordneten zum Reichstag aus dem Jahr 1875 zeigt:<br />
Exkurs:<br />
...„Die Krise <strong>der</strong> Handwerkslehre äußerte sich darin, dass im Ergebnis die Einteilung <strong>der</strong> Arbeitskräfte<br />
nach handwerklichen Berufen keine einheitlichen Qualifikationen in den einzelnen Fachrichtungen<br />
gewährleistete. Hinter <strong>der</strong> Berufsbezeichnung „Mechaniker“ bzw. Schlosser“ verbargen sich jeweils<br />
ganz unterschiedliche Qualifikationen. ... Der Begriff „gelernte“ Arbeiter ließ nur darauf schließen,<br />
dass diese im Handwerk gelernt hatten, nicht aber, was <strong>und</strong> wieviel sie gelernt hatten“.<br />
Als Reaktion auf diese Anwürfe reagierte das nun in Handwerkskammern „organisiere<br />
Handwerk“ mit einer Berufsabschlussprüfung – primär nicht um die Lehrlinge zu prüfen,<br />
son<strong>der</strong>n um festzustellen, was sie in den einzelnen Werkstätten während ihrer Lehrzeit gelernt<br />
hatten. Es war eher ein Akt <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> „Lehre durch den Meister" denn <strong>der</strong> Kenntnisse<br />
des Lehrlings.<br />
Exkurs: Erst in <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit wurde die „Gesellenprüfung“ im Handwerk allgemein üblich<br />
103
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
<strong>und</strong> institutionalisiert <strong>und</strong> unterschied damit die Ausbildung im organisierten „zünftigen“,<br />
später innungsgeb<strong>und</strong>enen Handwerk, <strong>von</strong> <strong>der</strong> bei einem „Pfuscher“, bei dem die Lehrlinge –<br />
wie früher im Handwerk allgemein üblich – einige Jahre arbeiten <strong>und</strong> dann „freigesprochen“<br />
wurden. Doch was hatten sie gelernt? Überkommene Fertigkeiten, die den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
Industrie nicht dienlich waren – höchstens noch die in <strong>der</strong> Handwerkslehre hoch gehaltenen<br />
Arbeitstugenden (mo<strong>der</strong>n: „softskills), wie Unterordnung, Gehorsam, Fleiß, Schicksalsergebenheit,<br />
etc.<br />
Dass im Handwerk krasse soziale Missstände die Regel waren, verw<strong>und</strong>ert nicht. Bekannt<br />
sind nur wenige Lösungsansätze, so die <strong>von</strong> Pfarrer Kolping für Gesellen <strong>und</strong> die „Sonntagsschulen“<br />
<strong>der</strong> Kirchen. Letztere widmeten sich neben <strong>der</strong> religiösen Unterweisung des städtischen<br />
Jugendproletariats zunehmend <strong>der</strong> beruflichen Unterweisung, begründeten so einen<br />
fachtheoretischen Unterricht, <strong>der</strong> vorher in <strong>der</strong> „Meisterlehre“ nicht notwendig gewesen war.<br />
Und <strong>der</strong> Unterricht beschränkte sich primär auf das Zeichnen. Diese „neue Disziplin“, vorher<br />
nur im Ingenieurbau = „Festungsbau“ gebraucht, gepflegt nur <strong>von</strong> Theoretikern wie Leonardo<br />
da Vinci, gewinnt mit <strong>der</strong> Industrialisierung eine herausragende Bedeutung.<br />
Bei <strong>der</strong> Einrichtung <strong>der</strong> Berufsschulen (in München: Kefer <strong>und</strong> Kerschensteiner – hier nicht<br />
behandelt) wehrte sich das organisierte Handwerk natürlich vehement gegen die damit einhergehende<br />
Verkürzung <strong>der</strong> Arbeitszeit im Betrieb <strong>und</strong> damit gegen die Einführung <strong>der</strong> Berufsschule<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Demontage des „Meister“ als alleinigen Inhaber <strong>von</strong> fachlichen Fertigkeiten<br />
<strong>und</strong> Berufsgeheimnissen. Noch heute versucht das organisierte Handwerk die Lerninhalte<br />
<strong>der</strong> Berufsschule als primär „theoretisch“ abzuqualifizieren. Mit <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Berufabschlussprüfungen<br />
2002 wurden die „Fachtheorie“ weiter vermin<strong>der</strong>t zugunsten <strong>der</strong> Planung<br />
eines Erzeugnisses. Erst mit dem Berufsbildungsgesetz <strong>von</strong> 1968 wurde die Berufsschule zum<br />
gleichwertigen „Dualen Partner“ – aber nur im Anspruch – nicht in <strong>der</strong> faktischen Ausbildungshoheit.<br />
Exkurs: Der Berufsschultag, die Ausbil<strong>der</strong>eignungsverordnung, die Blockwoche, <strong>der</strong> verlängerter<br />
Urlaub für Jugendliche <strong>und</strong> die Freistellung für Prüfungen während <strong>der</strong> Arbeitszeit gelten<br />
im organisierten Handwerk noch heute als „ausbildungshemmende Auflagen“.<br />
Eine völlig an<strong>der</strong>s geartete <strong>Entwicklung</strong> nahm an <strong>der</strong> Schwelle des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts die Industrie<br />
in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Berufsausbildung, sie koppelte sich in Form <strong>und</strong> Organisation <strong>der</strong><br />
Berufsausbildung radikal <strong>von</strong> <strong>der</strong> handwerklichen Tradition ab. Die im Handwerk seit dem<br />
Frühmittelalter übliche Einheit <strong>von</strong> Produktion <strong>und</strong> Ausbildung wurde abgelöst durch die sog.<br />
Lehrwerkstätten. Das bedeutete ein Herauslösen <strong>der</strong> Lehrlinge aus dem Betrieb, aus <strong>der</strong> kapitalintensiven<br />
Produktion. Hier wurden erstmals die Tätigkeiten, die für die Herstellung <strong>der</strong><br />
industriellen Güter notwendigen Fertigkeiten <strong>und</strong> Kenntnisse, systematisch gelehrt <strong>und</strong> gelernt.<br />
Ein neuer Beruf, <strong>der</strong> des Lehrlingsausbil<strong>der</strong>s, entstand im späten 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die<br />
vormals „nebenbei“ erledigte Ausbildung im Handwerksbetrieb, mehr ein „Zuschauen lassen<br />
denn ein Anleiten“ war jetzt zum einzigen Inhalt geworden. In 1-2 Jahren wurden die Kenntnisse<br />
vermittelt <strong>und</strong> anschließend im Betrieb für weitere 2 Jahre „on the job“ trainiert. Es hätte<br />
wohl die kurze Ausbildung in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt genügt, doch die Industrie übernahm stillschweigend<br />
die 3-4 jährige Ausbildungszeit aus dem Handwerk, konnte sich doch die kostenintensive<br />
Ausbildung in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt anschließend noch während <strong>der</strong> Lehrzeit mit ihrer<br />
vormals bescheidenen Entlohnung in <strong>der</strong> Produktion amortisieren. Dem Handwerk war diese<br />
Amortisation ja noch fremd, da <strong>der</strong> Lehrling in den Haushalt des Meisters eintrat <strong>und</strong> dort wie<br />
das übliche Gesinde versorgt wurde – <strong>und</strong> natürlich musste er dazu nach seinen Kräften beitragen<br />
– als <strong>von</strong> Beginn <strong>der</strong> Lehre an vollwertige Arbeitskraft.<br />
Exkurs: Im ausgehenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert war in <strong>der</strong> Industrie die Notwendigkeit <strong>der</strong> Ausbildung<br />
noch umstritten. Anfangs deckte man noch den Bedarf an „Fach“arbeitern aus dem freigesetzten<br />
Angebot an Gesellen aus <strong>der</strong> Industrie, doch man glaubte ihrer mit zunehmen<strong>der</strong><br />
104
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
„Industrialisierung“ entbehren zu können. Es gab Stimmen die meinten: „...dass in nicht zu<br />
ferner Zukunft in einem Fabrikbetriebe keine Verwendung sein würde für gelernte Arbeiter,<br />
dass vielmehr die Maschine die bewußt schaffende Tätigkeit des geschickten Handwerks entbehrlich<br />
machen würde“ – <strong>und</strong> es ist bekannt, dass z. B. die Fa. Siemens in Berlin um 1885<br />
ausdrücklich die Ausbildung <strong>von</strong> Lehrlingen in ihrem Unternehmen verbot, mehr noch, <strong>der</strong><br />
Betriebsinhaber selbst hegte große Vorbehalte gegen die „Handwerker“ mit ihrem „Künstlerschlendrian“,<br />
denn „ihre in <strong>der</strong> Handwerkslehre geschulte Präzision hätte sie für eine energische<br />
<strong>und</strong> einseitige Tätigkeit gar verdorben“– meinte er.<br />
2.1.4 Industrielle Fertigung: „Periode 6, 7“<br />
Exkurs: Die Einrichtung <strong>der</strong> gewerblichen Fachschulen als Notmaßnahme <strong>von</strong> Staat <strong>und</strong><br />
Kommunen zur Sicherung eines minimalen Ausbildungsniveaus, z. B. Zeichenschule für<br />
Schmiede <strong>und</strong> Schlosser in München.<br />
„Bindung“ an die Maschine<br />
Mit <strong>der</strong> Mechanisierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> nachfolgenden Industrialisierung wurden die vormals sinnigen<br />
Vorrichtungen <strong>und</strong> Geräte <strong>von</strong> Kraftmaschinen angetrieben <strong>und</strong> zu „Werkzeugmaschinen“<br />
weiterentwickelt – damit verän<strong>der</strong>ten sich radikal wie vorher zu keiner Zeit die Metallberufe<br />
<strong>und</strong> ihre Inhalte. Nicht mehr das Erzeugnis bestimmte den Beruf, son<strong>der</strong>n die Maschine,<br />
die es zu bedienen <strong>und</strong> zu reparieren galt. Allerdings war nicht in jeden <strong>der</strong> folgenden Metallberufe<br />
anfangs eine Ausbildung möglich, ein erheblicher Teil waren industrielle Metallberufe,<br />
hier war keine Ausbildung möglich – es war „nur“ ein Facharbeiterstatus zu erreichen.<br />
Exkurs: Bis heute unterscheiden sich Metallberufe <strong>der</strong> gleichen Tätigkeit – je nachdem ob sie<br />
in Handwerk o<strong>der</strong> Industrie tätig sind, in ihrer Bezeichnung, z. B.<br />
Industrie: Konstruktionsmechaniker<br />
Handwerk: Metallbauer<br />
Der bereits in <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit eingeschlagene Weg – Verlagerung <strong>der</strong> Ausbildung in die<br />
„Lehrwerkstatt“ wurde in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> hektischen Industrialisierung weiter vorangetrieben.<br />
Die Ausbildung wurde „verschult“ <strong>und</strong> systematisiert, nicht mehr <strong>der</strong> „Produktionsbetrieb<br />
war Lernort son<strong>der</strong>n die „Arbeitsschule“ wurde zum Kern de Berufsausbildung.<br />
Auch verlangten die Maschinen nach völlig neuen Qualifikationen, nicht mehr <strong>der</strong><br />
„Hand“werker wurde ausgebildet <strong>und</strong> geformt, son<strong>der</strong>n die Bedienung einer Maschine, <strong>und</strong><br />
diese Tätigkeit schlug sich in <strong>der</strong> Berufsbezeichnung nie<strong>der</strong>.<br />
Auszug aus <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Metallberufe, wie sie mit <strong>der</strong> Industrialisierung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
entstanden <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Fertigungstechnik bzw. <strong>der</strong> Maschinentechnik folgten (in<br />
<strong>der</strong> Langfassung jeweils mit Tätigkeiten <strong>und</strong> Hinweisen zu Inhalten <strong>und</strong> Ausbildung):<br />
- Automatendreher<br />
- Betriebsschlosser (als Universalberuf in <strong>der</strong> Instandhaltung)<br />
- Bohrer<br />
- Dreher<br />
- Feilenhauer<br />
- Fräser<br />
- Hobler<br />
- Mechaniker (als Universalberuf im Reparaturgewerbe)<br />
- Maschinenschlosser (als Universalberuf im Maschinenbau)<br />
- Schleifer<br />
- Schweißer (anfangs nur Gasschmelzschweisser)<br />
- Stahlbauschlosser (als Universalberuf für Stahlkonstruktionen)<br />
- Werkzeugmacher (als Universalberuf für Vorrichtungen <strong>und</strong> Maschinen zur Serien- <strong>und</strong><br />
Massenfertigung)<br />
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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Eine deutliche Zäsur erfolge ab <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts durch<br />
• den Preisverfall des Eisens in <strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Bessemerbirne zur Stahlgewinnung<br />
• die Ablösung <strong>der</strong> Dampfmaschine als Kraftmaschine durch den Einzelantrieb <strong>der</strong> Maschinen<br />
• den Ausbau des Eisenbahnnetzes<br />
• den Stahlhochbau<br />
• die <strong>Entwicklung</strong> einer Fahrzeugtechnik zu Beginn des 20.Jahr<strong>und</strong>erts.<br />
Diese <strong>Entwicklung</strong> revolutionierte nochmals nachhaltig die Berufsausbildung im Metallbereich,<br />
die im Mittelalter übliche Bindung <strong>der</strong> Ausbildungsinhalte an das Erzeugnis wurde weiter<br />
verfeinert – allerdings nach den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> Industrie. Die genormte zeichnerische<br />
Darstellung <strong>der</strong> Erzeugnisse, die Normung <strong>von</strong> Maschinenelementen <strong>und</strong> die Ausrichtung auf<br />
eine Massenfertigung bestimmten die Inhalte <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen. Der „freie“<br />
Entwurf musste unter allen Umständen vermieden werden, die Austauschbarkeit gesichert<br />
<strong>und</strong> damit die Trennung <strong>von</strong> Herstellung <strong>und</strong> Montage zwingend. Exemplarisch dafür steht<br />
die Abspaltung <strong>von</strong> den Metallberufen: <strong>der</strong> Maschinist für Dampfmaschinen, <strong>der</strong> Automechanikers,<br />
<strong>der</strong> Installateur, <strong>der</strong> Heizungsbauer, usw. Sie waren <strong>von</strong> Anfang primär Mechaniker,<br />
Wartungsfachkräfte <strong>und</strong> damit Dienstleister für komplexe Systeme.<br />
„Bindung“ an den Prozess<br />
Die Einordnung <strong>von</strong> Berufen nach dem Erzeugnis, die Tätigkeit an einer bestimmten Maschine,<br />
die Dienstleistung als Mechaniker <strong>und</strong> die darauf begründeten – sich immer wie<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>nden<br />
– Lerninhalte hatten Bestand bis in die Zeit <strong>der</strong> Berufsbildungsreformen <strong>von</strong> 1968<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus.<br />
Erst mit <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe, welche um 1980 einsetzte <strong>und</strong> im Metallbereich<br />
nur noch die „-Mechaniker“ in <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> den „-Bauern“ im Handwerk übrig ließ, setzte<br />
eine weitere radikale Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> in Gang.<br />
Es wurden nicht mehr Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Inhalte „fortgeschrieben“, son<strong>der</strong>n neue Berufe <strong>und</strong><br />
die sie organisierenden Ausbildungsordnungen „kreiert“. Dabei orientieren sich die Gewerkschaften<br />
<strong>und</strong> Arbeitgeberverbände (nur ihnen obliegt die Schaffung <strong>von</strong> Ausbildungsordnungen!)<br />
zunehmend an den betrieblichen Prozessen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Steuerung <strong>von</strong> Abläufen.<br />
„Neue“ Berufe - Auswahl: Zerspanungsmechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />
Industriemechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />
Fertigungsmechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />
Mechatroniker<br />
IT-Fachkraft für…<br />
„Berufliche Bildung“ nach 1945<br />
In <strong>der</strong> Langfassung werden diese für den Wandel <strong>der</strong> Berufsausbildung wesentlichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
untersucht. Sie sind für die Ausstellungskonzeption „<strong>VISUBA</strong>-Metalltechnik“ vor<br />
allem als Hintergr<strong>und</strong>information wesentlich, die zur Darstellung des Wandels geeigneten<br />
Exponate <strong>und</strong> Einrichtungen sind in Kap. 3.1 <strong>und</strong> 3.2 beschrieben.<br />
Der Terminus „Berufliche Bildung“ ist erst mit <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Bildungswege <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schaffung<br />
eigener „Anstalten“ für Berufstätige entstanden. Zur Ab- <strong>und</strong> Ausgrenzung <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />
„Allgemeinen“ Bildung, den ehemals „sieben freien Künsten“, wie sie im Prinzip noch in den<br />
Gymnasien <strong>und</strong> „Hohen“ Schulen gepflegt wurden <strong>und</strong> werden, wurden die Einrichtungen für<br />
„Berufliche“ Bildung schon sprachlich ausgegrenzt. So z. B. als „Berufsaufbau“schulen, „Berufsober“schulen,<br />
„Fachober“schulen, „Fach“schulen, „Fachhoch“schulen usw.<br />
106
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Erst die Bildungsreform <strong>von</strong> 1968 hat <strong>der</strong> Beruflichen Bildung die Akzeptanz in <strong>der</strong><br />
Gesellschaft <strong>und</strong> die Gleichwertigkeit <strong>der</strong> Abschlüsse gesichert. In <strong>der</strong> Langfassung<br />
werden untersucht:<br />
• Berufsbildungsgesetz<br />
• Einrichtung des BIB<br />
• Umbenennung: „Auszubildende“ statt Lehrlinge<br />
• Ausbildungsordnungen<br />
• Gleichwertigkeitsdebatte<br />
• Ausbil<strong>der</strong>eignungsprüfung für „Nicht-Meister“<br />
• Fachlehrpläne für Berufsschulen<br />
• Wissenschaftl. Ausbildung <strong>der</strong> Berufsschullehrer<br />
2.2 Neue Qualifikationen – Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe: „Periode 7, 8“<br />
Die durch den Fortschritt in <strong>der</strong> Technik <strong>und</strong> die verän<strong>der</strong>te Produktionsweise in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
notwendig gewordene Anpassung <strong>der</strong> Inhalte <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung hat<br />
um 1980 zu einer Neuordnung <strong>der</strong> Berufe durch die Sozialpartner <strong>und</strong> das BBiB geführt, die<br />
bis dato noch nicht abgeschlossen ist. Die Metallberufe erhielten teilweise neue Benennungen,<br />
Industriemechaniker statt Feinmechaniker, die Ausbildung wurde in Fachrichtungen<br />
gesplittet <strong>und</strong> mit vollkommen neuen Inhalten versehen. So wurde die fachsystematische<br />
Werkstoff-, Werkzeug- <strong>und</strong> Maschinenk<strong>und</strong>e zugunsten <strong>von</strong> Steuerungs- <strong>und</strong> Programmiertechnik<br />
stark eingeschränkt. Die dazu notwendigen Geräte <strong>und</strong> Einrichtungen haben die<br />
„Lehrwerkstätten“ ebenso wie Fachräume in den Berufsschulen verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> die „Arbeitsschule“<br />
Kerschensteinerscher Prägung abgelöst durch integrierte Fachräume, in denen Wissen,<br />
Kenntnisse <strong>und</strong> berufliche Erfahrungen nicht mehr <strong>von</strong> Fachkräften vorgetragen <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />
den Berufsschülern <strong>und</strong> Lehrlingen (Auszubildenden!) rezipiert, son<strong>der</strong>n handlungsorientiert<br />
in Eigenaktivität erarbeitet <strong>und</strong> erlernt wird. Damit wird die betriebliche <strong>und</strong> schulische Ausbildung<br />
(wie<strong>der</strong>!) zum Abbild <strong>der</strong> Berufstätigkeit – denn „in <strong>der</strong> Praxis produzieren“ die Mitarbeiter<br />
in Teams vorwiegend „Planung <strong>und</strong> Steuerung“ für automatisierte Produktionsanlagen.<br />
Es darf vermutet werden, dass in den hoch industrialisierten Län<strong>der</strong>n die „hand“werkliche<br />
Tätigkeit bis auf ein notwendiges Minimum in Service-, Wartung- <strong>und</strong> Rüstberufen verschwindet<br />
<strong>und</strong> damit auch die Notwenigkeit, diese planmäßig zu erlernen.<br />
Selbst die zeichnerische Darstellung <strong>von</strong> Erzeugnissen, <strong>von</strong> „Werkstücken“, ist kein eigener<br />
Prozess mehr son<strong>der</strong>n dank interaktiver CAD-3D-Programmen ein „Zwischenprodukt“ nach<br />
<strong>der</strong> Konzeptionsphase – notwendig für die Erstellung eines CNC-Programms zur Fertigung<br />
o<strong>der</strong> als Steuerungshilfsmittel <strong>der</strong> Werkstückherstellung durch Rapid Prototyyping –Printer.<br />
Die Steuerung <strong>und</strong> Regelung <strong>von</strong> Produktionsabläufen ist nicht mehr möglich durch das Organisationstalent<br />
eines „Meisters“ son<strong>der</strong>n wegen <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Abläufe <strong>und</strong> Erzeugnisse<br />
– bei gleichzeitiger Reduzierung <strong>der</strong> Varianten bis herunter zum „one-piece-flow – nur<br />
mehr durch umfassende „Enterprise –Ressource –Planning – Software“ zu realisieren .<br />
Parallel dazu wurde das Taylorsche „Scientific management“ mit seiner Fixierung auf die<br />
Artteilung abgelöst durch Quality management <strong>und</strong> systemtheoretischem Denken. Das erfor<strong>der</strong>t<br />
<strong>von</strong> den Mitarbeitern ein Denken in Systemen, nicht mehr die Fachkenntnisse des einzelnen<br />
Mitarbeiters sind für die Fertigung eines Erzeugnisses entscheidend, son<strong>der</strong>n das Zusammenwirken<br />
vieler Disziplinen in einem Wertschöpfungskette, die sich als „Supply Chain Management“<br />
vom K<strong>und</strong>enwunsch, <strong>der</strong> Beschaffung, Logistik, Fertigung bis zur Auslieferung an<br />
den K<strong>und</strong>en spannt <strong>und</strong> als „life cycle management“ die gesamte Lebensdauer des Erzeugnisses<br />
beim K<strong>und</strong>en begleitet.<br />
107
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Die in Kap. 3.1 zum „Marktplatz“ vorgeschlagenen Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten sollen <strong>der</strong> letzten<br />
Station <strong>der</strong> Zeitreise zur Berufsbildung Metalltechnik diesen Wandel in den Qualifikationen<br />
sichtbar machen.<br />
Einen ganz an<strong>der</strong>en Weg als den hier beschriebenen gehen – eine Son<strong>der</strong>entwicklung – die<br />
schon verschw<strong>und</strong>en geglaubten Kunstschmiede. Sie profitieren <strong>von</strong> <strong>der</strong> Renaissance <strong>der</strong><br />
Gestaltung, vom Wunsch vieler Menschen in ihrer hoch industrialisierten Umwelt Unikate zu<br />
entdecken.<br />
Dieser Rückgriff auf Handwerkstraditionen in <strong>der</strong> Kunstschlosserei wird in <strong>der</strong> Langfassung<br />
behandelt.<br />
Die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung in Metallberufen kann natürlich nicht als abgeschlossen<br />
betrachtet werden, deshalb bleibt auch die weitere <strong>Entwicklung</strong> offen, über ihre Richtung lässt<br />
sich nur spekulieren.<br />
Deshalb schließt <strong>der</strong> R<strong>und</strong>gang in den „Inseln“ mit <strong>der</strong> Darstellung des „Arbeitssystems“ eines<br />
Mitarbeiters, <strong>der</strong> in seinen Privaträumen vor einer Bildschirmwand sitzt, die ihm erlaubt,<br />
mehrere Monitore „hinter“ einer großen Wandfläche zu aktivieren <strong>und</strong> hier unter Zuhilfenahme<br />
<strong>von</strong> Internet, Datenbanken <strong>und</strong> Teammitglie<strong>der</strong>n mit ähnlicher persönlicher Arbeitssituation<br />
zu kommunizieren <strong>und</strong> sich mit ihnen zu vernetzen.<br />
Das wird zu einer völligen Abkehr <strong>von</strong> „hand“werklichen Qualifikationen führen, ausschließlich<br />
zu anspruchsvollen Planungs- <strong>und</strong> Steuerungsaufgaben. Aus „<strong>VISUBA</strong>“ sollen die BesucherInnen<br />
die Erkenntnis mitnehmen,<br />
• Berufliche Qualifikation wird zum permanenten Prozess,<br />
• die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „Mechatronik“ wird zu einer Verschmelzung <strong>von</strong> Elektronik mit Mechanik/Metall<br />
führen,<br />
• die Vernetzung <strong>der</strong> Wirtschaft national <strong>und</strong> global ist Ausbildungsinhalt,<br />
• menschenzentrierten Entscheidungsprozesse werden durch e-gestützte Techniken abgelöst.<br />
Diesen R<strong>und</strong>gang durch die „Inseln“ im Museum – begleitet durch einen Führer (z. B. Plan,<br />
Blatt, headphone) führt zurück zum Marktplatz. Hier erhält <strong>der</strong> Besucher die Kurzfassung <strong>der</strong><br />
(ergänzten!) Broschüre:<br />
„Die geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Handwerkslehre“<br />
bzw. den Hinweis auf den downlod. (Herausgegeben vom Institut für Berufserziehung im<br />
Handwerk an <strong>der</strong> Universität Köln 1958. Man beachte den Terminus „Erziehung“!)<br />
108
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
3 Ausstellungskonzept<br />
3.1 Matrix: Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten auf dem „Marktplatz“<br />
Berufe <strong>der</strong> „Metalltechnik“ in historischer Abfolge als „R<strong>und</strong>gang“ begleitet durch einen Zeitbalken<br />
Ort <strong>der</strong><br />
Realisie-<br />
rung <br />
„Marktplatz“<br />
=<br />
Zentralbereich <br />
„Marktplatz“<br />
=<br />
Zentralbereich<br />
Exponate <strong>und</strong> „Zubehör“<br />
Nagelbaum, Befestigungsbock<br />
mit<br />
Schraubstock, Nageleisen,<br />
Hammer, Nagel-<br />
rohlingen<br />
Videoabspielgerät mit<br />
Monitor<br />
Video: „Der Schlosser<br />
<strong>von</strong> Wien“<br />
Amboß, Hammer,<br />
Einfachstwerkzeuge<br />
Romanisches Gitter,<br />
Messer (Meteoereisen)<br />
Messer mo<strong>der</strong>n, Flachschleifsteine,<br />
Schwert,<br />
zwei Laden Türbeschläge<br />
mit C-<br />
Motiven, Drehkippbe-<br />
schlag<br />
Renaissancegitter,<br />
Barockgitter<br />
Gitterentwurf auf<br />
Stahlstich, PC, Lehrbuch:<br />
J. Mathurin,<br />
Lehrbuch: Metallbau +<br />
CD-ROM<br />
Schloß mit „offener<br />
Schloßmechanik<br />
PC mit Excel-<br />
Programm<br />
Bil<strong>der</strong> zu mo<strong>der</strong>nen<br />
Schließanlagen, Bil<strong>der</strong><br />
mit „alten“ Werk-<br />
zeugmaschinen<br />
Sensen<br />
Bil<strong>der</strong> Mähdrescher,<br />
Sensenfabbrik (Michelstadt),<br />
PKW-<br />
Montage<br />
Video: „Hammerschmiedgesellen“<br />
Arbeitsfortschritt:<br />
Sensenfertigung (im<br />
DtM vorhanden)<br />
Technische Zeichnungen<br />
(händische Skizzen<br />
+ CAD erstellt<br />
PC mit 2D-Software<br />
zum Erstellen einer<br />
Zeichnung<br />
Arbeitspläne<br />
Feilenhaumaschine<br />
<strong>von</strong> Leonardo da Vinci<br />
Besucher-Aktivitäten PC-Station <strong>und</strong><br />
Software<br />
• Nagel „kalt“ schmieden<br />
• Nagel als symbolische<br />
Geste einschlagen<br />
Visuelle Information Alternativ zu<br />
Video:<br />
DVD<br />
„auf den Amboß schlagen“<br />
(nonverbale Kommunikation<br />
<strong>der</strong> Schmiede<br />
erk<strong>und</strong>en<br />
Visuelle Information<br />
Unterschiedliche Messer<br />
auf unterschiedlichen<br />
Flachsteinen schleifen<br />
Laden bewegen<br />
Visuelle Information<br />
Gitter skizzieren mit<br />
„GLASER-CAD“ in<br />
Eigenaktivität (selbsterklärendes<br />
Programm)<br />
Datenbankrecherche:<br />
„Was macht ein...“<br />
Visuelle Information<br />
Berechnen <strong>der</strong> Schließkurve<br />
mit Software<br />
Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />
Information<br />
Visuelle Information<br />
Eigenaktivität am PC:<br />
z.B. Konstruieren eines<br />
einfachen Bauteils<br />
109<br />
Flachware etc. Fläche<br />
(ca. m²)<br />
------------ ---------------- ≈ 2,0<br />
PC mit<br />
a) Gitterbausoftware<br />
z. B. <strong>der</strong> Fa.<br />
GLASER<br />
b) CD Metallbau<br />
c) Datenbank <strong>der</strong><br />
Metallberufe<br />
PC mit Excel-<br />
Program zur<br />
Schließkurve<br />
PC mit AUTO-<br />
SKETCH<br />
------------------ Wandmontage<br />
Themeninformation zur<br />
„Amboßsprache“<br />
Themeninformation zum<br />
Metallhandwerk (Karolinger<br />
Zeit bis Romanik)<br />
Zunftordnung <strong>der</strong> Steyrer<br />
Messerschmiede<br />
Lehrplan <strong>der</strong> Fachschule<br />
Solingen<br />
Themeninformation zum<br />
Metallhandwerk (Renaissance<br />
bis Barock)<br />
Stahlstich mit Gitterentwurf<br />
Lehrbuch J. Mathurin,<br />
Lehrbuch: Metallbau<br />
Themeninformation zu<br />
Georg Simon Ohm +<br />
Wolfgang Ohm<br />
Themeninformation zu<br />
Schließkurven<br />
mo<strong>der</strong>ne Schließanlagen<br />
alte Werkzeugmaschinen<br />
Themeninformation zur<br />
Sensenherstellung 1850<br />
<strong>und</strong> aktuell<br />
Themeninformation zum<br />
„frühen „Zeichnen, z. B.<br />
Leonardo da Vinci<br />
Themeninformation zum<br />
Zeichnen <strong>und</strong> Konstruieren<br />
mit CAD<br />
≈ 0,5<br />
Wandmontage <br />
Schleifsteine<br />
auf<br />
Befestigungbock<br />
≈ 0,5<br />
≈ 0,5<br />
Wandmontage<br />
≈ 0,5
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
„Marktplatz“<br />
=<br />
Zentralbereich<br />
PKW-Teile, Elektronikteile<br />
PC mit CNC <strong>und</strong><br />
CAD-<br />
Generierungsprogramm<br />
Modellskizze einer<br />
CNC-Maschinen<br />
PC mit einfacher Planungs-Software<br />
Datenbank zu Begriffen<br />
wie ERP, PPS,<br />
Mechatronik<br />
Skizze: Workflow,<br />
ERP, CRM<br />
Visuelle Information<br />
Eigenaktivität am PC, z.<br />
B. Konstruieren eines<br />
einfachen Bauteils <strong>und</strong><br />
Umwandeln in ein CNC-<br />
Programm<br />
•Visuelle Information<br />
Recherche in <strong>der</strong> Datenbank<br />
Einfache Planungsaufgaben<br />
lösen am PC<br />
110<br />
PC mit AUTO-<br />
SKETCH + Generierungsprogramm<br />
+ Richter –CNC-<br />
Software (o<strong>der</strong><br />
vergleichbare)<br />
PC mit<br />
a) Planungssoftware<br />
(Binner)<br />
(o<strong>der</strong> vergleichbare)<br />
b) Datenbank<br />
3.2 Matrix: Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten in den „Inseln“<br />
Themeninformation zur<br />
CAD + CNC-Technik<br />
Themeninformation zu<br />
PPS <strong>und</strong> Quality Management<br />
Münchner Hammerlzunft<br />
Themeninformation zur<br />
automatisierten Fabrik<br />
„Lehrpläne: Schlos ser –<br />
Mechatroniker<br />
Anleitung: „Wie man das<br />
Eysen ....“<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „Metalltechnik“ <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Metallberufe in historischer Abfolge als „R<strong>und</strong>gang“<br />
durch die „Inseln“:<br />
• Metalle • Maschinenelemente<br />
• Schweißen <strong>und</strong> Löten • Kraft- <strong>und</strong> Arbeitsmaschinen<br />
• Werkzeugmaschinen • Brückenbau<br />
Ort <strong>der</strong><br />
Realisie-<br />
rung<br />
Insel: vor<br />
dem Eingang<br />
Abt.<br />
Metalle<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle vor<br />
Hochofenmodell<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle<br />
Nebenraum<br />
PhysikalischeGr<strong>und</strong>lagen<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle<br />
Nebenraum<br />
PhysikalischeGr<strong>und</strong>lagen<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle vor<br />
<strong>der</strong> Sensenschmiede<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle in<br />
Hochofennähe<br />
Insel: Abt.<br />
Metalle in<br />
gegenüber<br />
Kanonenrohr<br />
Exponate <strong>und</strong> „Zubehör“<br />
• Befestigungsbock<br />
mit Schraubstock,<br />
Nageleisen, Hammer<br />
<strong>und</strong> Nagelrohlingen<br />
• Wandtafel: Exegese<br />
Metallberufe<br />
• Gitter alt <strong>und</strong> Gitter<br />
neu<br />
• Schmiedetechniken:<br />
Modelle<br />
• PC mit Berechnungssoftware<br />
zu<br />
Schließanlagen +<br />
Datenbank <strong>und</strong> Videosequenzen<br />
zu Berufen<br />
• Schloßmodelle<br />
• historische Berufe<br />
exemplarisch: Arbeitsplatz<br />
eines Schlossers<br />
mo<strong>der</strong>n: Schlüsseldienst<br />
• Arbeitsplan: Sense<br />
• Arbeitsplan: aktuell<br />
• DVD-Sensenfabrik<br />
Micheldorf<br />
• Eisengewinnung<br />
alt – Rennofen<br />
• Stahlgewinnung<br />
mit Bessemer<br />
• Lehrbücher Metall<br />
• Aufgabenblätter<br />
• PC mit Berechnungssoftware:fachmathematischeProbleme,<br />
z. B. Masse eines<br />
Kanonenrohrs<br />
• Mendelsche Zwölfbrü<strong>der</strong>stiftung<br />
Besucher-<br />
Aktivitäten<br />
Visuelle Information<br />
• Nagel „kalt“ schmieden<br />
Visuelle Information<br />
Visuelle Information<br />
Recherche am PC zu<br />
Berufen (Berufe.net,<br />
Lehrpläne, Prüfungs-<br />
wesen: alt - neu<br />
Visuelle Information<br />
Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />
Information<br />
Visuelle Information<br />
• Modelle (vorh.)<br />
• Lehrbücher im<br />
Vergleich<br />
• Herstellkosten <strong>von</strong><br />
Werkstoffen<br />
Visuelle Information<br />
• Berechnung am PC:<br />
Masse, Kosten<br />
• Umsetzen fachl.<br />
Probleme in Rechenaufgaben<br />
(Adam<br />
Riese – Materialdisp.)<br />
PC-Station <strong>und</strong><br />
Software<br />
≈ 0,5<br />
≈ 0,5<br />
Flachware etc. Fläche<br />
(ca. m²)<br />
------------ • Themeninformation:<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Spezialisierung <strong>der</strong><br />
Metallberufe incl.<br />
„Personen <strong>und</strong> ihr<br />
Beruf“<br />
• Themeninformation<br />
zum Gitterbau <strong>und</strong><br />
zum Schmiede- <strong>und</strong><br />
Schlosserberuf<br />
PC mit<br />
a) Berechnungssoftware<br />
b) Datenbank<br />
PC mit Berechnungssoftware<br />
erstellt in<br />
Excel<br />
• Themeninformation<br />
zu Wan<strong>der</strong>schaft,<br />
Mittelalterliche Hand-<br />
Werkerlebensgemeinschaft,<br />
Freisprechung,<br />
Ohm als exempl. Beispiel<br />
• Themeninformation<br />
zum Wandel des<br />
Schlosserberufs<br />
• Themeninformation<br />
zum Wandel <strong>der</strong><br />
Arbeitsabläufe<br />
• Themeninformation<br />
zu metallischen Werkstoffen<br />
<strong>und</strong> ihrer Bearbeitung<br />
(in Lehr büchern)<br />
• Themeninformation<br />
zu fachlichen Berechnungen(Kontinuität<br />
<strong>der</strong> Probleme)<br />
Wandmontage<br />
≈ 2,0<br />
Wandmontage <br />
Wandmontage<br />
≈ 2,0<br />
Wandmontage<br />
+ ≈ 5,0<br />
Wandmontage <br />
Wandmontage<br />
Modell<br />
anlagen<br />
vorhanden<br />
≈ 2,0
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
Insel: Abt.<br />
Werkstoffprüfung<br />
Insel: Abt.<br />
Werkzeugmaschinen(alt<br />
=<br />
Halle I)<br />
Insel: Abt.<br />
Werkzeugm<br />
aschinen<br />
Halle II<br />
Insel: Abt.<br />
Werkzeugm<br />
aschinen<br />
Halle III<br />
Insel: Abt.<br />
Kraftmaschinen<br />
Rückwand<br />
hinter<br />
Großmotoren<br />
Insel: Abt.<br />
Maschinenelemente<br />
• einfache Versuche<br />
zur Werkstoffprüfung<br />
(teilw. vorhanden,<br />
ergänzen mit Zuordnung<br />
zu Berufen <strong>und</strong><br />
Tätigkeiten<br />
• Historische + mo<strong>der</strong>ne<br />
Verfahren<br />
• Videos:<br />
alte Fabrik, Kin<strong>der</strong>arbeit<br />
in Fabriken<br />
Maschinenstürmer<br />
Handwerkerproletarisierung<br />
• Schaubil<strong>der</strong>, Bil<strong>der</strong><br />
auf Flachware<br />
• Werkbank,<br />
Schraubstock,<br />
Bankwerkzeuge<br />
• Gr<strong>und</strong>lehrgang<br />
Metall<br />
• Zeichenplatte aus<br />
Konstruktionsbüro<br />
• Normblätter<br />
• Stempel-/Stoppuhr<br />
• Programmierplatz<br />
mit PC <strong>und</strong> Lernprogramm<br />
CNC<br />
sowie einf. CNC-<br />
Software + CAD<br />
• Programmierplatz<br />
mit PC, CNC-<br />
Programm, Designprogramm,Planungssoftware<br />
• CNC-<br />
Bolzenschweißanlage<br />
• Infotafeln zu Quality<br />
Management<br />
• PC mit Datenbank<br />
zum Quality Management<br />
Formularblättern<br />
Simulation ERP,<br />
QFD<br />
Visuelle Information<br />
• Eigenaktivität:<br />
Prüfen <strong>und</strong> Beurteilen<br />
<strong>von</strong> Werkstoffen<br />
• Berufe <strong>der</strong> Metallgewinnung<br />
<strong>und</strong> Urformung<br />
• Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />
Information<br />
Visuelle Information<br />
• Feilversuche<br />
• Zeichenübung<br />
Visuelle Information<br />
• Aktivität am PC:<br />
zeichnen, programmieren<br />
Visuelle Information<br />
• Aktivität am PC:<br />
Zeichnen, programmieren,<br />
entwerfen <strong>von</strong><br />
„Mustern“ auf Blechtafeln<br />
• Planen des Auftragsdurchlaufs<br />
•Visuelle Information<br />
• Aktivität am PC:<br />
QM-Begriffe<br />
QFD eines Fahr<br />
rads, japanische<br />
Begriffe, SCM -<br />
Simulation<br />
111<br />
• PC mit CNC-<br />
Lernprogramm,<br />
CAD-Programm,<br />
z.B. AUTO-<br />
SKETCH<br />
• PC mit CNCprogramm,<br />
CAD-Programm,<br />
Designsoftware,<br />
Planungssoftware<br />
• PC mit Daten<br />
bank <strong>und</strong> QM-<br />
Software<br />
• Themeninformation zu<br />
Werkstoffgewinnung ,<br />
Prüfung <strong>und</strong> Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Werkstoffe in den<br />
Metallberufen<br />
• Themeninformation zu<br />
Gießen <strong>und</strong> Urformen<br />
• Themeninformation zur<br />
Situation <strong>der</strong> Arbeiter in<br />
<strong>der</strong> „jungen“ Industrie,<br />
Gesellenverarmung, erste<br />
Lehrwerkstätte<br />
Situation des Handwerks<br />
• Gr<strong>und</strong>lehrgang Metall<br />
• Berichtsheft<br />
• Konstruktionszeichnungen<br />
+ Normschrift<br />
• Betriebsordnung<br />
• Themeninformation zur<br />
Programmierung <strong>von</strong><br />
Werkzeugmaschinen <strong>und</strong><br />
CAD<br />
• Themeninformation zur<br />
Ideenfindung <strong>und</strong> zum<br />
Designprozess<br />
• Themeninformation zu<br />
Quality Management <strong>und</strong><br />
zum jap. Toyota-<br />
Produktions-System (TPS)<br />
(Hier könnte auch die<br />
Wand mit den Monitoren<br />
wie in <strong>der</strong> Dokumentation<br />
beschrieben – aufgebaut<br />
werden<br />
≈ 5,0<br />
Wandmontage<br />
≈ 10,0<br />
Der in <strong>der</strong> 1. „Insel“ geschmiedete Nagel wird zum Schluss des R<strong>und</strong>gangs in den Nagelbaum<br />
geschlagen<br />
Verwendete Literatur<br />
BARTELMESS, Albert: Geschichte des Nürnberger Schlosserhandwerks bis 1945. Nürnberg 1985<br />
BASNER, Emil: Geschichte <strong>der</strong> deutschen Schmiedebewegung. Hamburg 1912<br />
BAUR-HEINHOLD. Margarete: Geschmiedetes Eisen: vom Mittelalter bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Königstein<br />
im Taunus 1980<br />
BECK, Ludwig: Geschichte des Eisens in technischer <strong>und</strong> kulturgeschichtlicher Beziehung. Bd.<br />
I-IV. Braunschweig 1891 – 1901<br />
DAUKARDT, Michael (Hrsg.): Vom heißen Eisen. Zur Kulturgeschichte des Schmiedens. Hagen 1993<br />
FLAD, Max: Zur Geschichte des Schmiedehandwerks. Ravensburg 1989<br />
≈ 5,0<br />
≈ 5,0<br />
≈ 5,0
J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />
FRANCE-LANORD, Albert: Histoire de fer. Guide illustré du Musée du fer. Nancy 1977<br />
FRIESS, E.: Materialien <strong>und</strong> Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> Eisenarbeiter zu Waidhofen an <strong>der</strong> Ybbs in<br />
Nie<strong>der</strong>österreich. Wien 1909<br />
FÜCHTBAUR, Ritter <strong>von</strong>: Georg Simon Ohm. Ein Forscher wächst aus seiner Väter Art. Berlin 1931<br />
FUHSE, F.: Schmiede <strong>und</strong> verwandte Gewerbe in <strong>der</strong> Stadt Braunschweig. Ein Beitrag zur Geschichte<br />
des Handwerks <strong>und</strong> zur Familiengeschichte. Leipzig 1930<br />
GATZ, Konrad: Das alte deutsche Handwerk. Essen 1934<br />
GÖTSCHMANN, Dirk: Oberpfälzer Eisen. Bergbau- <strong>und</strong> Eisengewerbe im 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Theuern: 1985<br />
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Koblenz 1989<br />
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