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VISUBA Visualisierung von Entstehung und Entwicklung der - KIBB

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STAATSINSTITUT FÜR SCHULQUALITÄT<br />

UND BILDUNGSFORSCHUNG<br />

MÜNCHEN<br />

<strong>VISUBA</strong><br />

<strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Berufsausbildung in Deutschland –<br />

Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im<br />

Deutschen Museum München<br />

Materialband 2 zum BLK-Modellversuch<br />

München 2004


Erarbeitet im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />

Geför<strong>der</strong>t aus Mitteln<br />

• des B<strong>und</strong>esministeriums für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn<br />

• des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus, München<br />

• <strong>der</strong> Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />

Modellversuchsträger:<br />

Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung, München (ISB)<br />

Projektleitung: Arnulf Zöller, ISB<br />

Prof. Dr. Jürgen Teichmann, Deutsches Museum, München<br />

in Kooperation mit<br />

• Deutsches Museum München<br />

• Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />

Lenkungsteam<br />

Johann Bux, ISB<br />

Herbert Dandl, München<br />

Nicole Kühnholz-Wilhelm, Deutsches Museum<br />

Burkhard Küster, ISB<br />

Steuerungsgruppe/Wissenschaftliche Begleitung<br />

Thorsten Bauer, Kassel<br />

Dr. Bernhard Beckmann, Europäisches Bildungswerk für Beruf <strong>und</strong> Gesellschaft, Magdeburg<br />

Prof. Dr. Hanns-Peter Bruchhäuser, Universität Magdeburg<br />

Dr. Walter Demmel, München<br />

Dr. Georg Hanf, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung, Bonn<br />

Werner Heinrich, München<br />

Christian <strong>von</strong> Hoerner, Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />

Prof. Dr. Manfred Horlebein, Universität Frankfurt<br />

Prof. Dr. Martin Kipp, Universität Hamburg<br />

Marie-Luise Kraus, Augsburg<br />

Prof. Dr. Antonius Lipsmeier, Universität Karlsruhe<br />

Dr. Willi Maslankowski, Bonn<br />

Josef Moos, München<br />

Prof. Dr. Günter Pätzold, Universität Dortm<strong>und</strong><br />

Dr. Günter Ploghaus, B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn<br />

Gernot Raab, Landeshauptstadt München, Schul- <strong>und</strong> Kultusreferat<br />

Helga Reuter-Kumpmann, München<br />

Martin Roos, München<br />

Christian Steibl, Bayerisches Staatsministerium für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />

Lothar Troll, Institut für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung, Nürnberg<br />

Norbert Wollschläger, European Centre for the Development of Vocational Training, Saloniki<br />

Beirat<br />

Dr. Josef Amann, Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer für München <strong>und</strong> Oberbayern<br />

Franz Edfel<strong>der</strong>, Bayerische Motorenwerke AG<br />

Christian Gohlisch <strong>und</strong> Michael Scholze, Handwerkskammer für München <strong>und</strong> Oberbayern<br />

Dr. Ferdinand Herget, Religionspädagogisches Zentrum in Bayern<br />

Prof. Dr. Gerhard Kilger, B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeitsschutz <strong>und</strong> Arbeitsmedizin<br />

Karl-Heinz Peters <strong>und</strong> Konrad Meierhofer, Siemens AG<br />

Herausgeber:<br />

Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

Anschrift:<br />

Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

Abteilung Berufliche Schulen<br />

Schellingstraße 155<br />

80797 München<br />

Tel.: 089 2170-2211<br />

Internet: www.isb.bayern.de


Inhaltsübersicht<br />

Inhaltsübersicht<br />

Seite<br />

Modellversuch <strong>VISUBA</strong> 1<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung 5<br />

Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz 16<br />

Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien 30<br />

Elektrotechnik: Energie 39<br />

Elektrotechnik: Telekommunikation 53<br />

Flugtechnik 67<br />

Metalltechnik: Fahrzeuge 79<br />

Metalltechnik: Fertigung 86


H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />

Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />

Die hier vorliegende Veröffentlichung ist Teilergebnis des BLK-Modellversuchs „<strong>VISUBA</strong>“<br />

(<strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland –<br />

Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im Deutschen Museum, München), <strong>der</strong> vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Bildung <strong>und</strong> Forschung, Bonn, sowie vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht<br />

<strong>und</strong> Kultus, München, geför<strong>der</strong>t wurde.<br />

Als Träger des Modellversuchs fungierte das Staatsinstitut für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

(ISB), München, das hier in enger Kooperation mit dem Deutschen Museum, München,<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Landeshauptstadt München zusammenarbeitete.<br />

Da es „bisher in Deutschland keinen Ort gibt, an dem die Geschichte <strong>der</strong> deutschen Berufsausbildung<br />

in ihrer historisch-kulturellen Dimension <strong>und</strong> in anschaulicher Form dargestellt<br />

wird“, 1 galt es im Rahmen des Modellversuchs „<strong>VISUBA</strong>“, dieses Manko zu beheben<br />

<strong>und</strong> ein Konzept für eine Dauerausstellung im Deutschen Museum, München, zu erarbeiten.<br />

Zielvorstellung war dabei, die komplexe Struktur <strong>der</strong> beruflichen Bildung <strong>von</strong> ihren Ursprüngen<br />

bis hin zur Gegenwart zu erschließen <strong>und</strong> Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart <strong>der</strong> beruflichen<br />

Ausbildung museumsdidaktisch aufbereitet einem breiten Spektrum <strong>von</strong> Besuchergruppen<br />

zugänglich zu machen. Darüber hinaus war auch im Hinblick auf die gesamteuropäische <strong>Entwicklung</strong><br />

ein Ausblick auf mögliche Tendenzen <strong>und</strong> Anpassungsprozesse <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

zu geben. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> war gefor<strong>der</strong>t, ein Konzept für eine Ausstellung zu<br />

entwickeln <strong>und</strong> dieses Konzept in Form <strong>von</strong> ersten Pilotprojekten im Deutschen Museum,<br />

München, als Dauerausstellung zu implementieren.<br />

Es ist also ein Bogen zu spannen, <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>en <strong>von</strong> ihren Ursprüngen bis in die Gegenwart<br />

verdeutlicht <strong>und</strong> wichtige Stationen <strong>der</strong> Technik-, Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialgeschichte im<br />

Zusammenhang zwischen beruflichen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen aufgr<strong>und</strong> gesellschaftlicher<br />

Verän<strong>der</strong>ungen einerseits <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Auswirkungen auf Formen <strong>und</strong> Institutionalisierung<br />

<strong>der</strong> beruflichen Ausbildung an<strong>der</strong>erseits aufzeigt. Die Verflechtung zwischen technologischen<br />

Innovationen <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaftsstruktur mit ihren Auswirkungen auf Arbeitsvorgänge,<br />

Ausbildungsinhalte <strong>und</strong> -formen sind dementsprechend ebenso aufzugreifen<br />

wie die Bereitstellung <strong>von</strong> Informationen über die Fülle an beruflichen Schularten sowie<br />

Fortbildungs- <strong>und</strong> Umschulungsmöglichkeiten. Darüber hinaus sind in <strong>der</strong> Ausstellung Konzeptionen<br />

<strong>und</strong> Denkmodelle für die Berufsausbildung wichtiger historischer Persönlichkeiten<br />

aufzunehmen, die mit ihren Ansätzen entscheidende Impulse zur Ausdifferenzierung <strong>und</strong> theoretischer<br />

F<strong>und</strong>ierung des beruflichen Schulwesens gaben.<br />

Im Einzelnen sind mit dem Zielanspruch folgende Teilaspekte verb<strong>und</strong>en:<br />

• „Die historische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland ist <strong>von</strong> ihren Anfängen<br />

bis in die Gegenwart aufzuzeigen.<br />

• Technologische Innovationen <strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf Arbeitsvorgänge, Berufsqualifikationen<br />

<strong>und</strong> Ausbildungsmethoden sind zu dokumentieren.<br />

• Die Ausstellung soll darüber hinaus über berufliche Schularten, Ausbildungsberufe, Fort-<br />

<strong>und</strong> Umschulungsmöglichkeiten informieren.<br />

• Ebenso sollen die Berufsbildungskonzeptionen wichtiger Persönlichkeiten vorgestellt<br />

werden <strong>und</strong> schließlich soll<br />

1 Vgl. Antrag des Staatsinstituts für Schulqualität <strong>und</strong> Bildungsforschung, München, an die Geschäftsstelle <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>-Län<strong>der</strong>-Kommission für Bildungsplanung <strong>und</strong> Forschungsför<strong>der</strong>ung (München, 24.06.1999, unveröffentlicht)<br />

auf Gewährung einer Zuwendung aus B<strong>und</strong>esmitteln zur Durchführung des Vorhabens: „Kooperation in<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung – Konzept <strong>und</strong> erste Pilotprojekte im Deutschen Museum München für eine <strong>Visualisierung</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> des dualen Systems.“ (<strong>VISUBA</strong>)<br />

1


H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />

• die Anpassung des beruflichen Bildungssystems an die Anfor<strong>der</strong>ungen eines zusammenwachsenden<br />

Europas anschaulich gemacht werden.“ 2<br />

Zielvorstellung des Modellversuchs ist somit – ausgehend <strong>von</strong> <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong> Genesen<br />

einzelner beruflicher Tätigkeiten – die Konzipierung eines mo<strong>der</strong>nen Ausstellungsdesigns<br />

unter Einbeziehung aller technisch-medialen <strong>Visualisierung</strong>smöglichkeiten. Die museumspädagogischen<br />

Überlegungen sind <strong>von</strong> <strong>der</strong> Idee geleitet, den möglichen Besuchergruppen einen<br />

breiten <strong>und</strong> in manchen Bereichen vertieften Überblick über die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

nicht nur in Form zweidimensionaler Exponate zu geben. Zudem sollen für die <strong>Visualisierung</strong><br />

auch attraktive <strong>und</strong> realisierbare Wege aufgezeigt werden, die durch gezielte Auswahl<br />

<strong>von</strong> Ausstellungsobjekten den Besuchern einen möglichst hohen Anteil an erlebnisorientierter<br />

Selbstaktivität ermöglichen.<br />

Die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs erfolgte durch eine Steuerungsgruppe,<br />

in <strong>der</strong> neben <strong>der</strong> Projektleitung <strong>und</strong> den För<strong>der</strong>ungsinstitutionen auch Vertreter verschiedener<br />

Hochschulen sowie b<strong>und</strong>esweit relevante berufliche Bildungseinrichtungen wie z. B. das<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung beteiligt sind. Darüber hinaus wurden für die inhaltliche<br />

Erarbeitung externe Mitarbeiter gewonnen, die die einzelnen ausgewählten Teilbereiche beruflicher<br />

Tätigkeiten zum Teil in Form <strong>von</strong> Dissertationen thematisch abdecken.<br />

Im Rahmen des Modellversuchs wurde ein Beirat gebildet. Aufgabe dieses Expertengremiums<br />

war es, sowohl Impulse für die Durchführung des Modellversuchs zu geben als auch zu<br />

einer möglichst breiten Resonanz <strong>und</strong> Akzeptanz quer durch gesellschaftliche Gruppierungen<br />

beizutragen <strong>und</strong> überregional über den Stand <strong>der</strong> Durchführung <strong>und</strong> die Ergebnisse zu informieren.<br />

Demzufolge setzte sich <strong>der</strong> Beirat aus Repräsentanten <strong>von</strong> Politik, Industrie <strong>und</strong><br />

Handwerk sowie einschlägigen öffentlich-rechtlichen Institutionen zusammen.<br />

Die Bildung <strong>von</strong> Arbeitsgruppen ermöglichte eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung mit<br />

zugeordneten Themenbereichen, wobei eine Arbeitsgruppe (AG 1) die <strong>Entwicklung</strong> des<br />

Rahmenkonzepts mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des dualen Systems, den Gr<strong>und</strong>prinzipien <strong>der</strong> Berufsausbildung,<br />

den Berufsbildungskonzeptionen berühmter Persönlichkeiten <strong>und</strong> mit einem<br />

generellen Überblick über den aktuellen Stand <strong>der</strong> Ausbildungsberufe zum Ziel hatte. In weiteren<br />

Arbeitsgruppen wurden Teilbereiche <strong>der</strong> Berufsbildungslandschaft in die Großbereiche<br />

Produktion, Information <strong>und</strong> Kommunikation (AG 2) sowie Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung (AG<br />

3) eingeteilt <strong>und</strong> hier<strong>von</strong> ausgehend spezifische berufliche Tätigkeitsfel<strong>der</strong> in ihrer historischen<br />

<strong>Entstehung</strong> im soziokulturellen Kontext untersucht.<br />

Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die bearbeiteten Einzelthemen:<br />

2 Kraus, M.-L./Küster, B./Zöller, A. (2000): Berufsausbildung im Museum – Brückenschlag <strong>von</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

in die Zukunft. In: Falckenberg, D. u. a. (Hrsg.): SchulVerwaltung. Zeitschrift für SchulLeitung, Schul-<br />

Aufsicht <strong>und</strong> SchulKultur. Ausgabe für Bayern. SchVw BY Nr. 9/2000. Kronach, München, Bonn, Potsdam:<br />

Carl Link, S. 294<br />

2


H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />

Inhaltliche Gr<strong>und</strong>struktur <strong>der</strong> Ausstellung<br />

Ergänzung durch<br />

Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />

Museen/Institutionen<br />

Agrarwirtschaft<br />

<strong>und</strong><br />

Umweltschutz<br />

Metalltechnik:<br />

Fertigung<br />

Agrarwirtschaft Metalltechnik Luftfahrt Elektrotechnik<br />

Produktion<br />

3<br />

Kommunikation<br />

Druck <strong>und</strong><br />

Medien<br />

Dienstleistung<br />

Modul 3: Exemplarische <strong>Visualisierung</strong> einzelner Berufsbereiche<br />

Modul 1: Arbeit, Beruf, Lernen <strong>und</strong><br />

Bildung im gesellschaftlichen Wandel<br />

Der arbeitende <strong>und</strong><br />

lernende Mensch<br />

• Arbeit <strong>und</strong> Beruf im<br />

historischen Prozess<br />

• Arbeiten <strong>und</strong> Lernen<br />

im gesellschaftlichen<br />

Wandel<br />

Metalltechnik:<br />

Fahrzeuge<br />

Deutsches<br />

Flugtechnik<br />

Theorien u. Prinzipien<br />

beruflicher Bildung<br />

• Bedeutende Theoretiker<br />

<strong>der</strong> Bildung <strong>und</strong><br />

Berufsbildung<br />

• Ziele, Prinzipien u.<br />

Funktionen beruflicher<br />

Bildung<br />

Zentralbereich<br />

<strong>VISUBA</strong><br />

Museum<br />

Ergänzung durch<br />

Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />

Museen/Institutionen<br />

externe Dezentralisierung externe Dezentralisierung<br />

Elektrotechnik:<br />

Energie<br />

Elektrotechnik:<br />

Telekommunikation<br />

Wirtschaft<br />

Modul 2: <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Struktur<br />

<strong>der</strong> Berufsbildung in Deutschland<br />

Strukturen Infosystem<br />

• Lehren <strong>und</strong> Lernen<br />

im Kontext <strong>von</strong><br />

Arbeit <strong>und</strong> Beruf<br />

• Aktuelle Strukturen<br />

beruflicher Bildung<br />

Zentrum Neue Technologien (ZNT)<br />

Drucktechnik<br />

<strong>und</strong><br />

Neue Medien<br />

• Berufsinformationssysteme<br />

<strong>und</strong> Datenbanken<br />

zur beruflichen<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Verwaltung<br />

<strong>und</strong><br />

Handel<br />

Insellösungen in ausgewählten Abteilungen<br />

• gesellschaftliche Bewertung<br />

beruflicher Bildung<br />

• Internationalisierung<br />

beruflicher Bildung


H. Dandl/B.Küster Modellversuch <strong>VISUBA</strong><br />

Da die Ausstellung im Deutschen Museum realisiert werden soll, mussten dessen organisatorischen<br />

Strukturen <strong>und</strong> räumlichen Gegebenheiten bei <strong>der</strong> Konzeptionierung berücksichtigt<br />

werden:<br />

Für die geplante Ausstellung ist ein geschlossener Ausstellungsbereich vorgesehen, <strong>der</strong> in<br />

insgesamt sieben thematisch-chronologisch angeordneten Stationen die Historie <strong>der</strong> beruflichen<br />

Bildung mit Schwerpunkt dualem System, ihrer allgemeinen Strukturprinzipien, <strong>der</strong>en<br />

gesellschaftliche Verankerung, <strong>der</strong> Berufsbildungstheorie sowie dem Zusammenhang zwischen<br />

Arbeit-Beruf-Berufsausbildung veranschaulicht. Jede Station greift einzelne kennzeichnende<br />

Aspekte <strong>und</strong> Meilensteine aus den unterschiedlichen Epochen auf. Station 7 widmet<br />

sich beispielsweise den aktuellen Formen beruflicher Bildung <strong>und</strong> bietet über ein Berufsinformationssystem<br />

die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Vielfalt <strong>und</strong> über die breite<br />

Palette des deutschen Berufsbildungssystems zu schaffen.<br />

Eine zusätzliche Aktionsfläche steht darüber hinaus einzelnen Akteuren beruflicher Bildung<br />

als Bühne für wechselnde Veranstaltungen zur Verfügung.<br />

Das Gesamtkonzept sieht einen modularen Aufbau vor:<br />

Im geschlossenen Zentralbereich werden die gr<strong>und</strong>sätzlichen <strong>Entwicklung</strong>sstrukturen, die<br />

bildungstheoretischen Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>prinzipien beruflicher Bildung (Module 1<br />

<strong>und</strong> 2) skizziert. Die Betrachtung <strong>der</strong> Kategorien Arbeit <strong>und</strong> Beruf in historischer Dimension<br />

umschließt die Einbindung in die gesellschaftliche <strong>Entwicklung</strong>, die Darstellung <strong>der</strong> aktuellen<br />

Strukturen ermöglicht die Benutzung auch als Informationssystem über den Status quo <strong>der</strong><br />

Berufsausbildung. Innerhalb des Moduls 3 finden sich einzelne Berufsbereiche, exemplarisch<br />

ausgewählt nach den personellen Ressourcen des Modellversuchs. Angedacht ist eine konkrete<br />

räumliche Anbindung des Zentralbereichs <strong>VISUBA</strong> an die Abteilung „Zentrum Neue<br />

Technologien“ des Deutschen Museums. (siehe hierzu den Abschlussbericht zum Modellversuch).<br />

Ausstellungsflächen im Museum sind im Allgemeinen begrenzt. Dies bedeutet, dass die einzelnen<br />

Module keinesfalls erschöpfend visualisiert werden können. Da die erste Realisierung<br />

jedoch im Deutschen Museum in München erfolgt, ergibt sich für die einzelnen Berufsbereiche<br />

die Möglichkeit, an die dort bestehenden technisch-historischen Abteilungen anzuknüpfen.<br />

Die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung wird dadurch unmittelbar den entsprechenden technischen<br />

Exponaten zugeordnet, die reale Ausstellungsfläche erweitert sich um ein Vielfaches.<br />

Durch diese als Insellösungen titulierte Erweiterung ergibt sich ein <strong>Entwicklung</strong>spfad durch<br />

das Museum, zu dem <strong>der</strong> skizzierte, in sich abgegrenzte Zentralbereich auch als Eingangsportal<br />

in die Thematik fungiert.<br />

Zudem ist eine weiterführende Kooperation u. a. mit weiteren Institutionen, Museen <strong>und</strong> Ausstellungsorten<br />

ins Auge gefasst (externe Dezentralisierung). Die während <strong>der</strong> Konzeptionsphase<br />

notwendige Beschränkung auf exemplarisch ausgewählte berufliche Tätigkeitsbereiche<br />

soll auf diese Art im Anschluss an die Laufzeit des Modellversuchs sukzessive aufgehoben<br />

werden <strong>und</strong> die Ausstellung um die noch fehlenden Berufsbereiche bzw. Berufsfel<strong>der</strong> ergänzt<br />

werden. Durch Realisierung des Konzepts in Einzelteilen auch außerhalb des Deutschen Museums<br />

könnte sich somit ein b<strong>und</strong>esweites Netzwerk zur <strong>Visualisierung</strong> <strong>von</strong> Geschichte <strong>und</strong><br />

Gegenwart <strong>der</strong> beruflichen Bildung ergeben.<br />

Der hier vorliegende Materialband 2 greift die Arbeitsergebnisse <strong>der</strong> AG 2 (Produktion) <strong>und</strong><br />

AG 3 (Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung), z. T. in verkürzten Fassungen, auf. Für die Bereiche Luftfahrtberufe,<br />

Metalltechnik: Fertigung sowie Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz liegen in geson<strong>der</strong>ten<br />

Veröffentlichungen die umfassenden Ausarbeitungen vor.<br />

Die einzelnen Beiträge liegen in Verantwortung <strong>der</strong> jeweiligen Autoren.<br />

4


H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

KONZEPTUALISIERUNG DES BEREICHS WIRTSCHAFT UND VERWALTUNG<br />

Teil A:<br />

Gestaltungsprinzipien<br />

Teil B:<br />

Epochen <strong>und</strong> Kriterien kaufmännischer Berufsbildung<br />

Teil C:<br />

<strong>Visualisierung</strong> epochenspezifischer Charakteristika<br />

Teil D:<br />

Literaturüberblick zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen<br />

Berufsbildung<br />

A. Gestaltungsprinzipien<br />

Auch für den Themenbereich Handel <strong>und</strong> Verwaltung gelten die Gestaltungsprinzipien, die<br />

im Arbeitspapier „Inhaltliche Gr<strong>und</strong>struktur <strong>der</strong> Ausstellung – Integration ins Deutsche Museum“<br />

vom 15.01.04 unter Glie<strong>der</strong>ungspunkt 3.2 aufgeführt sind. Diesen stellen wir, teils<br />

ergänzend, teils erläuternd, die Maximen zur Seite, die uns bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> unseres Konzepts<br />

geleitet haben.<br />

1. Wissenschaftlichkeit<br />

Danach orientiert sich unsere Konzeption am aktuellen Stand <strong>der</strong> Historischen Berufsbildungsforschung.<br />

Dies bedeutet, dass im kaufmännisch-verwaltenden Berufsfeld die über lange<br />

Jahre dominanten <strong>und</strong> regelmäßig herangezogenen, teilweise über einh<strong>und</strong>ert Jahre alten<br />

Forschungsresultate <strong>der</strong> sog. Historischen Schule in den Geisteswissenschaften (z. B. die Beiträge<br />

<strong>von</strong> Penndorf <strong>und</strong> Zieger) durch neuere Untersuchungen in den Hintergr<strong>und</strong> traten. Dabei<br />

handelt es sich sowohl um Monographien (z. B. Bruchhäuser 2004, 1989, Horlebein 1976,<br />

Zabeck 1964), Quelleneditionen (z. B. Bruchhäuser 1999, 1992, Bruchhäuser/Lipsmeier<br />

1985, Horlebein 1989, Pott 1977, Pott/Zabeck 2001) <strong>und</strong> Beiträge in Sammelwerken (z. B.<br />

Bruchhäuser 2004, Horlebein 1991, 1989, 1985). Diese Untersuchungen sind auf einzelne<br />

Epochen bezogen <strong>und</strong> erstrecken sich vom Mittelalter über Merkantilismus/Aufklärung, 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert bis in die Gegenwart. Aus ihnen leitet sich einmal die chronologische Glie<strong>der</strong>ung<br />

unseres Konzepts in die dort ausgewiesenen fünf Epochen her, zum an<strong>der</strong>en auch dessen thematische<br />

Akzentierung, die insofern neueren Erkenntnisperspektiven verpflichtet ist, als sie<br />

<strong>von</strong> sozialgeschichtlich motivierten Kategorien wie Mo<strong>der</strong>nisierung (Arbeitsteilung, Rationalisierung)<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlicher Wandel (Sozialer Kontext/Berufsethos) ausgeht. Ebenso berücksichtigt<br />

werden institutionelle Aspekte (Verschulung) <strong>und</strong> curriculare Gegebenheiten<br />

(Inhalte, Methoden, Medien) letztere allerdings verortet im Kontext <strong>der</strong> Curriculumtheorie.<br />

Nicht verschwiegen seien an dieser Stelle auch Forschungsdesi<strong>der</strong>ate, an denen unser Konzept<br />

seine Grenzen findet: Diese liegen in <strong>der</strong> teilweise noch unzureichenden regionalen Differenzierung<br />

<strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildungsgeschichte sowie einer bislang nur bedingt<br />

geleisteten Untersuchung wesentlicher realer Triebkräfte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufserzie-<br />

5


H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

hung, einzelner Teilepochen o<strong>der</strong> inhaltlicher Schwerpunkte. Gleichwohl können die vorliegenden<br />

Untersuchungsergebnisse als hinreichend für die Zwecke unseres Konzepts angesehen<br />

werden.<br />

Der im Prinzip <strong>der</strong> Wissenschaftlichkeit angelegte Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Wahrheit einerseits, die <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Präsentationsökonomie her gebotene Beschränkung an<strong>der</strong>erseits stellten uns zudem vor<br />

die Anfor<strong>der</strong>ung, dass die Bausteine unserer Konzeption repräsentativ sein müssen für gr<strong>und</strong>legende<br />

Sachverhalte <strong>und</strong> historische <strong>Entwicklung</strong>en.<br />

2. Adressatenorientierung<br />

Da sich <strong>der</strong> Frequentantenkreis <strong>der</strong> geplanten Ausstellung weniger aus Fachbesuchern rekrutieren<br />

wird <strong>und</strong> zu ihm insbeson<strong>der</strong>e Jugendliche zählen dürften, versuchen wir, wo wir dazu<br />

Möglichkeiten sehen, dem Prinzip <strong>der</strong> Besucheraktivität Rechnung zu tragen <strong>und</strong> den Museumsbesucher<br />

auch als aktiv Handelnden aufzufassen. Hieraus resultiert <strong>der</strong> Anspruch, in<br />

den Exponaten Tätigkeitsangeboten zu unterbreiten, um <strong>der</strong>en Eigenart <strong>und</strong> Funktion sinnlich<br />

wahrnehmbar werden zu lassen. Lernpsychologisch gesprochen, wird damit neben <strong>der</strong> kognitiven<br />

auch die psychomotorische <strong>und</strong> häufig ebenfalls die affektive Persönlichkeitsdimension<br />

angesprochen. Über einen <strong>der</strong>artigen musealen Erlebnisraum erschließt sich dem Besucher<br />

eine erhöhte Wahrnehmungsintensität: Objekt- <strong>und</strong> Funktionsspezifität kaufmännischer Berufstätigkeit<br />

werden interaktiv erfahrbar <strong>und</strong> damit die Möglichkeit eines Vergleichs mit den<br />

Gegebenheiten <strong>der</strong> Gegenwart verstärkt. Vor dem Kriterium <strong>der</strong> angestrebten Interaktivität<br />

<strong>von</strong> Ausstellungsexponaten, die allerdings an Grenzen stößt, unterscheiden wir zwischen Interaktionsmodulen<br />

einerseits, die dem Ausstellungsbesucher einen handelnden Umgang mit<br />

einzelnen präsentierten Gegenständen ermöglichen, sowie Präsentationsmodulen an<strong>der</strong>erseits,<br />

welche dieser Möglichkeit entbehren <strong>und</strong> sich auf reine Darstellungsfunktionen beschränken.<br />

In unserem <strong>Visualisierung</strong>svorschlag (Teil C) weisen wir beide Präsentationsmöglichkeiten<br />

separat aus.<br />

Da Informationsangebot wie Aktivitätsmöglichkeiten auch interessierten Laien zugänglich<br />

sein sollen, stellt sich für die Konzeptgestaltung die Aufgabe, die in den Exponaten vergegenständlichte<br />

Fachlichkeit gerade diesem Besucherkreis zugänglich zu machen, d. h. durchgängig<br />

das Prinzip <strong>der</strong> Fasslichkeit zu beachten. Deshalb sahen wir es als unsere Aufgabe<br />

an, die Objektaussagen unter Wahrung des oben angesprochenen Prinzips <strong>der</strong> Wissenschaftlichkeit<br />

auf eine auch jugendlichen Besuchern, insbeson<strong>der</strong>e Schülern, fassliche Ebene zu<br />

transformieren. Soweit die Ausstellungsobjekte das Angebot einer Besucheraktivität beinhalten,<br />

scheinen daher we<strong>der</strong> umfassen<strong>der</strong>e Tätigkeitszusammenhänge noch solche Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

sinnvoll zu sein, die bei Besuchern umfassende Fach- o<strong>der</strong> Funktionskenntnisse<br />

bzw. –fertigkeiten voraussetzen würden, wie dies z. B. bei Buchungsabläufen <strong>der</strong><br />

Fall wäre. Vielmehr bietet sich konzeptionell eine fragmentierte Gestaltung <strong>von</strong> Einzelobjekten<br />

bzw. –funktionen an, die auch Laien zugänglich bzw. <strong>von</strong> ihnen handhabbar sind.<br />

Während die bisher vorgetragene museale Vergegenständlichung <strong>von</strong> Bef<strong>und</strong>en <strong>der</strong> kaufmännischen<br />

Berufsbildungsgeschichte durch einzelne Exponate bzw. entsprechen<strong>der</strong> Arrangements<br />

bereits dem Prinzip <strong>der</strong> Anschaulichkeit weitergehend entspricht, erscheint konzeptionell<br />

die Differenzierung <strong>von</strong> Anschaulichkeitsgraden kaufmännisch-verwalten<strong>der</strong> Berufstätigkeit<br />

zu gewerblich-technischer Arbeit relevant: Die vorwiegend wertbezogene kaufmännische<br />

Arbeit entbehrt weitgehend jener Veranschaulichungsmöglichkeiten, die im naturwissenschaftlichen<br />

Bezug handwerklich-gewerblicher Arbeit angelegt ist. Veranschaulichung im<br />

kaufmännisch-verwaltenden Berufsfeld ist vielmehr auf objektbezogene Präsentationen (z. B.<br />

Handelswaren, Büromaschinen) <strong>und</strong> die <strong>Visualisierung</strong>, möglicherweise Imitation <strong>und</strong> Animation<br />

<strong>von</strong> Wertorientierungen bzw. <strong>der</strong>en Symbolik (Kurstabellen <strong>und</strong> -graphiken) verwiesen.<br />

6


H.-P. Bruchhäuser/M. Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

3. Gestaltungsoffenheit<br />

Die oben angesprochene Differenzierung <strong>von</strong> Anschaulichkeitsgraden im Blick auf kaufmännische<br />

Berufstätigkeit einerseits <strong>und</strong> handwerklich-gewerbliche Berufsausübung an<strong>der</strong>erseits<br />

lässt sich auch mit Blick auf den Realisationsbereich <strong>der</strong> Ausstellung reflektieren. Das Deutsche<br />

Museum als (erster) Ausrichter <strong>der</strong> geplanten Ausstellung bietet ein ideales Potential an<br />

Exponaten für gewerblich-technische Berufe, eine vergleichbare Ausrichtung auf das kaufmännisch-verwaltende<br />

Berufsfeld ist indessen kaum gegeben. Jedoch bestehen Museen, wie<br />

das Museum für Arbeit in Hamburg o<strong>der</strong> das Museum für Arbeit <strong>und</strong> Technik in Mannheim,<br />

in denen eine explizite Berücksichtigung kaufmännisch-verwalten<strong>der</strong> Berufstätigkeit in einem<br />

größeren o<strong>der</strong> kleineren Umfang gegeben ist. Die dort bereits realisierten Gegebenheiten haben<br />

wir zur Kenntnis genommen <strong>und</strong> in unseren konzeptionellen Überlegungen mit berücksichtigt.<br />

Konkret bedeutet dies, dass wir über die im Deutschen Museum gegebenen Realisationsmöglichkeiten<br />

hinausgehen <strong>und</strong> weitergehende Vorschläge unterbreiten, die – wenn nicht<br />

jetzt – so bei den <strong>von</strong> Anfang an vorgesehenen Realisationen <strong>der</strong> Ausstellung an an<strong>der</strong>en Museen<br />

umgesetzt werden könnten. Gleichwohl haben wir bei <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> <strong>von</strong> uns erarbeiteten<br />

Ausstellungsmodule immer die uns bekannten o<strong>der</strong> vermuteten Möglichkeiten des<br />

Deutschen Museums mit gedacht <strong>und</strong> sehen diese bei zahlreichen unserer Vorschläge (z. B.<br />

Schreibgeräte, Münzgeld <strong>und</strong> Münzprägung, Telegraphie, Registrierkassen, Lochkartenverarbeitung,<br />

Scanner, Online-Börsenkontakte) als gegeben an.<br />

Gestaltungsoffenheit bedeutet im Hinblick auf die <strong>von</strong> uns vorgesehenen Präsentationsmodule<br />

jedoch noch mehr. Gemeint ist damit nicht nur die genannte Anschlussfähigkeit an die im<br />

F<strong>und</strong>us des DM vorhandenen Exponate, son<strong>der</strong>n ebenso Anschlussfähigkeit hinsichtlich <strong>der</strong><br />

weiteren Berufsfel<strong>der</strong> bzw. Themengebiete <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong>, was in <strong>der</strong> folgenden Synopse<br />

(Punkt B) durch das Ausweisen <strong>von</strong> Schnittstellen erfolgt, welche z. B. die Darstellung <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Brücken- bzw. Hybridqualifikationen ermöglicht.<br />

Schließlich umgreift Gestaltungsoffenheit auch Flexibilität hinsichtlich des Austauschs, <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Erweiterung <strong>von</strong> Präsentationsmodulen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ergänzung um weitere Einheiten.<br />

Damit wird den Erfor<strong>der</strong>nissen einer offenen <strong>und</strong> entwicklungsfähigen Konzeption<br />

entsprochen.<br />

7


Kriterium<br />

Epoche<br />

B. Epochen <strong>und</strong> Kriterien kaufmännischer Berufsausbildung<br />

Arbeitsteilung/<br />

Rationalisierung<br />

A<br />

Sozialer Kontext/Ethos<br />

B<br />

0. Hinweis auf Vorgeschichte (Orient, Antike; Kriterium: Sesshaftwerdung<br />

1. Mittelalter<br />

(bis ca. 1500)<br />

2. Merkantilismus/<br />

Aufklärung<br />

(bis ca. 1800)<br />

Erst Wan<strong>der</strong>handel,<br />

dann Sesshaftwerdung.<br />

Vorwiegend Warenhandel<br />

(regionale Differenzierung<br />

Ober-<br />

/Nie<strong>der</strong>deutschland)<br />

sowie Groß- <strong>und</strong> Kleinhandel<br />

– Etablierung<br />

<strong>der</strong> Sozialsphäre des<br />

Frühbürgertums (Patriziat)<br />

Fragmentiertes Fortbestehen<br />

<strong>von</strong> Groß- <strong>und</strong><br />

Einzelhandel mit ausgeprägtemRegionalbezug.<br />

Staatliche Merkantilpolitik/Gesamtwirtschaftliche<br />

Ratio des Denkens<br />

Männergesellschaft,<br />

moral. Ächtung des<br />

Kaufmanns durch die<br />

Kirche, soziale Ächtung<br />

durch den Feudalismus <br />

Männer-/Ständegesellschaft.Toleranzgebot<br />

gegen Min<strong>der</strong>heiten<br />

(Juden) Gesellschaftliche<br />

Akzeptanz kommerzieller<br />

Tätigkeit.<br />

Erste Ansätze zur literarischen<br />

Ausformung<br />

einer Kaufmannsmoral<br />

Verschulung<br />

C<br />

Lateinische <strong>und</strong><br />

Deutsche Schulen im<br />

Zuge <strong>von</strong> Sesshaftwerdung<br />

<strong>und</strong> Verstädterung.<br />

Schreib-<br />

<strong>und</strong> Rechenmeister<br />

Zusätzlich private<br />

Handelsschulgründungen<br />

<strong>von</strong> zumeist<br />

kurzer Lebensdauer<br />

Inhalte, Methoden,<br />

Medien<br />

D<br />

Fremde Sprachen, Warenkenntnis,Handelsusancen,<br />

Verhalten auf<br />

Reisen, Sozialverhalten,<br />

Rechnungstechnik, Lesen<br />

<strong>und</strong> Schreiben, entwickelte<br />

Rechnungstechnik<br />

(Doppik)<br />

Teilweise differenzierte<br />

Fortführung des vorigen<br />

Kanons im Rahmen <strong>der</strong><br />

ständischen Gesellschaft<br />

unter Einbezug <strong>von</strong> Religionsunterricht<br />

Schnittstelle<br />

Urproduktion, Handwerk<br />

(Absatzfunktion)<br />

Handwerk, Manufakturen


Kriterium<br />

Epoche<br />

3. Liberalismus/<br />

Industrialisierung<br />

(bis ca. 1920)<br />

4. Differenzierung/<br />

Institutionalisierung<br />

(bis ca. 1990)<br />

Arbeitsteilung/<br />

Rationalisierung<br />

A<br />

Überwindung <strong>der</strong> regionalen<br />

Geb<strong>und</strong>enheit<br />

<strong>und</strong> Entgrenzung tradierter<br />

Strukturen<br />

(Zollverein, Überseehandel)<br />

Beginnende<br />

Mechanisierung <strong>der</strong><br />

kfm. Berufstätigkeit<br />

(Schreib- u. Rechenmaschinen,Registrierkassen,Buchungsmaschinen)<br />

Weiter fortschreitende<br />

Internationalisierung,<br />

Industrialisierung <strong>und</strong><br />

Spezialisierung. Fortschritte<br />

in <strong>der</strong> Nachrichten-<br />

<strong>und</strong> Datentechnik<br />

(Hollerith-<br />

Maschinen) führen zur<br />

Beschleunigung <strong>der</strong><br />

Arbeitsabläufe wie des<br />

Waren- <strong>und</strong> Geldverkehrs<br />

<strong>und</strong> damit zur<br />

Intensivierung des Geschäftsbetriebes<br />

Sozialer Kontext/Ethos<br />

B<br />

Organisation des kfm.<br />

Personals in Berufsverbänden<br />

<strong>und</strong> Beginn <strong>der</strong><br />

Frauenerwerbstätigkeit<br />

(Verkäuferin, Kontoristin,<br />

Sekretärin) Mentale<br />

Aufstiegsorientiertheit<br />

<strong>und</strong> Identifikation mit<br />

dem Obrigkeitsstaat.<br />

Betonung einer kfm.<br />

Berufsmoral für die<br />

Ausbildung<br />

Etablierung <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

<strong>der</strong> Frauenberufstätigkeit<br />

im kfm. Sektor<br />

mit Tendenz zu Hilfstätigkeiten<br />

(z. B. Bürogehilfin,<br />

Locherin, Prüferin)<br />

Zunehmende Nivellierung<br />

des Status <strong>von</strong><br />

Arbeitern <strong>und</strong> Angestellten.<br />

Zurücktreten<br />

<strong>der</strong> Fragen kfm. Berufsmoral<br />

Verschulung<br />

C<br />

Schaffung eines eigenständigen,<br />

in sich<br />

differenzierten kfm.<br />

Bildungswesen (<strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Fortbildungsschule<br />

über Handels- <strong>und</strong><br />

Höhere Handelsschule<br />

bis zu den Handelshochschulen)<br />

Kommunalisierung<br />

<strong>der</strong> Schulen, staatl.<br />

Schulaufsicht, umfassende<br />

Lehrplanwerke<br />

Professionalisierung<br />

<strong>und</strong> akad. Etablierung<br />

<strong>der</strong> Handelslehrer<br />

Inhalte, Methoden,<br />

Medien<br />

D<br />

Differenzierung <strong>der</strong> kfm.<br />

Inhalte nach Branchen,<br />

durchgängiger Praxisbezug<br />

<strong>der</strong> kfm. Inhalte,<br />

allgemeine Inhalte in<br />

kfm. Vollzeitschulen<br />

Diskussion um staatsbürgerliche<br />

Erziehung<br />

Vereinheitlichung <strong>der</strong><br />

Kanonisierung in Form<br />

<strong>von</strong> Unterrichtsfächern.<br />

Vorübergehende Indienstnahme<br />

durch totalitäre<br />

Systeme (N. S.,<br />

Kommunismus)<br />

Schnittstelle<br />

Industrie, Staatsbürgerliche<br />

Erziehung<br />

Schulorganisation,<br />

Ideologischer Einfluss,<br />

Industrie, Branchenspezifik(Flugzeugbau,<br />

Kfz.-<br />

Technik). Normierung<br />

<strong>und</strong> Effizienzsteigerung


Kriterium<br />

Epoche<br />

5. Globalisierung<br />

(ab ca. 1990)<br />

Arbeitsteilung/<br />

Rationalisierung<br />

A<br />

Auflösung (Entgrenzung)<br />

<strong>von</strong> Arbeitsteilung<br />

<strong>und</strong> tradierter<br />

Beruflichkeit, zunehmendeGanzheitlichkeit<br />

<strong>von</strong> Arbeitsvollzügen<br />

<strong>und</strong> Abstrahierung<br />

in „Geschäftsprozessen“Computerisierung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsabläufe<br />

Sozialer Kontext/Ethos<br />

B<br />

„Neue Selbständigkeit“,<br />

„Ich-AG“, Auflösung<br />

<strong>von</strong> Sozialbindungen<br />

durch gesteigerte Mobilität<br />

<strong>und</strong> Flexibilität.<br />

Berufsmoral versus Betriebsmoral<br />

Verschulung<br />

C<br />

Zusätzliche Verschulung<br />

im betrieblichen<br />

<strong>und</strong> überbetrieblichen<br />

Kontext; Autonomiezugeständnisse<br />

an<br />

berufliche Schulen bei<br />

Erweiterung des<br />

Aufgabenspektrums<br />

(„Kompetenzzentren“)<br />

Inhalte, Methoden,<br />

Medien<br />

D<br />

Auflösung tradierter<br />

Fächerstrukturen, Handlungsorientierung,<br />

Schlüsselqualifikationen,<br />

Computerunterstütztes<br />

Lernen, komplexe Lehr-<br />

Lern- Arrangements mit<br />

Praxissimulation<br />

Schnittstelle<br />

Geschäftsprozessorientierung,K<strong>und</strong>enorientierung,<br />

Lernfel<strong>der</strong>


Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

C. <strong>Visualisierung</strong> epochenspezifischer Charakteristika<br />

Die <strong>Visualisierung</strong>svorschläge sind nach den beiden Gruppen Präsentationsmodule <strong>und</strong> Interaktionsmodule<br />

geordnet. Der hinter jedem Modulvorschlag ausgewiesene Großbuchstabe bezeichnet<br />

zusammen mit <strong>der</strong> Epoche, welcher <strong>der</strong> Vorschlag zugeordnet ist, das Feld in übersicht<br />

B, au das er sich bezieht.<br />

1. Mittelalter (bis ca. 1500)<br />

a. Präsentationsmodule<br />

• Europakarte mit eingezeichneten typischen Routen des Wan<strong>der</strong>handels einschließlich <strong>der</strong><br />

Zielorte nie<strong>der</strong>deutscher (Hanse) <strong>und</strong> oberdeutscher Kaufleute (A)<br />

• Auszug mit den Lehrlingspassagen aus <strong>der</strong> Hofordnung des Hansekontors in Novgorod<br />

(A)<br />

• Aushängeschild eines Schreib- <strong>und</strong> Rechenmeisters (nach Original <strong>von</strong> H. Holbein) (C)<br />

• Statuten z. B. <strong>der</strong> Schreib- <strong>und</strong> Rechenmeister Nürnbergs (C)<br />

• Bildliche Darstellungen: Risiken des Handels <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lehre, z. B. Steinhausen, Georg:<br />

Graphik eines untergehenden Handelsschiffes gemeinsam mit dem Bericht über den Tod<br />

Novgoro<strong>der</strong> Kaufmannslehrlinge bei <strong>der</strong>en Rückkehr durch Havarie in <strong>der</strong> Ostsee, 1494<br />

(A)<br />

b. Interaktionsmodule<br />

• Warenproben typischer Handelswaren (Schmecken/ Riechen/ Fühlen durch Museumsbe<br />

sucher) (D)<br />

• Anhäufung <strong>von</strong> Schuhen zur Demonstration des Wan<strong>der</strong>handels via Schuhverbrauch eines<br />

Fernhändlerlebens (A)<br />

• Nachbau eines mittelalterlichen Handelsfuhrwerks (A)<br />

• Schrifttafeln <strong>und</strong> akustische Hörproben typischer kurzer Handelsklauseln in den wichtigs<br />

ten fremden Sprachen: Englisch/Russisch/Italienisch zum Identifizieren (Übersetzen) (D)<br />

• Abacus mit Additions- <strong>und</strong> Subtraktionsaufgaben sowie Lösungskontrolle (D)<br />

• Herrichten einer Schreibfe<strong>der</strong> aus Gänsekielen (D)<br />

• Anfertigen <strong>von</strong> Schreibproben nach Vorlage in Fraktur- (Sütterlin-) Schrift (D)<br />

• Nachbildung des Lübecker Kloakenf<strong>und</strong>es aus einer mittelalterlichen Schreibschule mit<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit, das Schreiben auf einer Wachstafel auszuprobieren (D)<br />

• Medien kaufmännischer Lehrinhalte, z. B. Schreib-, Rechen- <strong>und</strong> Buchhaltungslehrbücher<br />

(D)<br />

• Rechenpfennige (Rechenmünzen mit Rechentuch o<strong>der</strong> Rechenbrett als Beispiel des<br />

„Rechnens auf <strong>der</strong> Linie“ im Vergleich mit dem Ziffernrechnen (latein. U. arab. Ziffern)<br />

(D)<br />

• Rechenbeispiele: Abschätzen des Volumens <strong>von</strong> Hohlmaßen/Rechnersiche Ermittlung<br />

durch „Visieren“, Abwiegen eines „Scheffels“, Experimente als Quiz (D)<br />

11


Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

2. Merkantilismus/Aufklärung (bis ca. 1800)<br />

a. Präsentationsmodule<br />

• Lehrverträge aus dem Bereich des Groß- <strong>und</strong> Fernhandels (A)<br />

• Deutschlandkarte mit Standorten kaufmännischer Schulen (C)<br />

• Schulvorschriften <strong>der</strong> älteren Magdeburger Handelsschule (C)<br />

• Werbeschriften kaufmännischer Schulen (z. B. Hamburgische Handelsakademie <strong>von</strong><br />

Büsch) (C)<br />

• Lehrpläne kaufmännischer Schulen im Vergleich (Hamburg/Magdeburg/Berlin) <strong>und</strong> ihrer<br />

<strong>Entwicklung</strong> (B)<br />

• Tugendkataloge für die Kaufmannsjugend (B)<br />

• Gegenüberstellung: Darstellung <strong>der</strong> Ausbildung in <strong>der</strong> Kaufmannspraxis (korporative Ra<br />

tio) vs. Nationalökonomischer Impetus (merkantile Ratio): Bildliche Präsentation einer<br />

Ausbildungsszene mit zeitgenössischem Mängelkatalog vs. Preuß. Verordnung zur Neu<br />

regelung eines kaufmännischen Berufes einschließlich <strong>der</strong>en Rücknahme als „Verwal<br />

tungsfehler“ nach Intervention <strong>der</strong> kaufmännischen Korporationen (A)<br />

• Darstellung eines Kontors mit Mitarbeitern/Lehrlingen in zeittypischer Kleidung (B)<br />

• Gegenüberstellung <strong>von</strong> Textzeugnissen des Philanthropismus (z. B. Villaume) mit denen<br />

des Neuhumanismus (z. B. Humboldt: Litauischer Schulplan) als Darstellung des pädago<br />

gischen Wirksamwerdens personaler Autonomie: Trennung einer Allgemeinbildung <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> Berufsbildung (B)<br />

• Graphische Darstellung des kaufmännischen Bildungswesens nach Marperger (C)<br />

b. Interaktionsmodule<br />

• Anschauungsobjekte des Unterrichts aus den Bereichen Warenk<strong>und</strong>e/Technologie (D)<br />

• Medien kaufmännischer Lehrinhalte: Schreib-, Rechen-, Buchhaltungsbücher, Lehrbücher<br />

<strong>der</strong> Handelsk<strong>und</strong>e (D)<br />

• Münzprägegerät zur Herstellung „zeitgenössischer“ Münzen (D)<br />

• „Siegelstation“: Siegeln <strong>von</strong> Briefen <strong>und</strong> Schriftstücken durch Museumsbesucher mit Hil<br />

fe <strong>von</strong> Petschaft <strong>und</strong> Siegellack. (D)<br />

• Inhalte (Waren, Fremde Sprachen, Rechnen, Schreiben) ggf. analog zum Mittelalter (D)<br />

3. Liberalismus/Industrialisierung (bis ca. 1920)<br />

a. Präsentationsmodule<br />

• Synopse <strong>von</strong> St<strong>und</strong>entafeln früher berufsbegleiten<strong>der</strong> Schulen (z. B. Gotha, Leipzig,<br />

Lüneburg, Stuttgart) (B)<br />

• Ansichten <strong>von</strong> Schulgebäuden <strong>und</strong> Schulräumen <strong>der</strong> Gothaer <strong>und</strong> Leipziger Lehrlings<br />

schulen (C)<br />

• Besucherzahlen <strong>der</strong> Lehrlingsabteilung <strong>der</strong> ÖHLA <strong>von</strong> 1831-1870 (als Graphik) (C)<br />

• Farbige Landkarte des Zollvereingebiets <strong>und</strong> des deutschen Eisenbahnnetzes um 1870 (A)<br />

• Anfangsbil<strong>der</strong> aus Wilhelm Busch „Fritze“ zur Verdeutlichung <strong>der</strong> Ladentisch- <strong>und</strong> Krä<br />

merperspektive (B)<br />

• Zusammensetzung <strong>der</strong> Leipziger „Kramerinnung“ (B)<br />

• Passagen aus Gründungsdokumenten zur Leitvorstellung eines Aufstiegs in <strong>der</strong> Folge<br />

Lehrling-Gehilfe-selbständiger Kaufmann (B)<br />

12


Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

• Passagen aus den Statuten <strong>der</strong> frühen berufsbegleitenden kaufmännischen Schulen, die<br />

den Schulbesuch durch ausschließlich männliche Jugendliche belegen (B/C)<br />

• Deutschlandkarte mit Standorten kaufmännischer Fortbildungsschulen um 1900 (mit<br />

Differenzierung nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> erteilten Unterrichtswochenst<strong>und</strong>en) (A)<br />

• Übersicht über die Gestaltung <strong>der</strong> industriellen Kaufmannsausbildung am Beispiel <strong>der</strong><br />

Berliner Firma Loewe (Selektion, Ausbildungspläne, Werkberufsschule) (D)<br />

• Schreibgeräte, Geschäftsbriefe <strong>und</strong> Geschäftsbücher (D)<br />

• Karte des deutschen Eisenbahnnetzes (A)<br />

• Typologie <strong>der</strong> Verkäuferin im Warenhaus (B)<br />

• Bil<strong>der</strong> bzw. Darstellungen <strong>der</strong> Arbeitssituationen <strong>von</strong> Verkäuferinnen um die<br />

Jahrh<strong>und</strong>ertwende. (A)<br />

• „Musterkoffer“ eines Handlungsreisenden (A)<br />

c. Interaktionsmodule<br />

• Auszüge aus Reden bzw. Dokumenten zur Gründung Gothaer <strong>und</strong> Leipziger Schulen zur<br />

Illustration <strong>der</strong> Gründungsmotive (möglichst als abrufbares Tondokument) (C)<br />

• Verweis auf Exponate aus <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> Eisenbahn <strong>und</strong> <strong>der</strong> Dampfschifffahrt (A)<br />

• Fortbildungspläne für Verkäuferinnen (könnten als Simulationen gestaltet werden). (D)<br />

• Erste Schreib- <strong>und</strong> Rechenmaschinen sowie Registrierkassen (D)<br />

• Erste Telefonanlagen (D)<br />

• Alte Typenhebel – o<strong>der</strong> Spindel-Schreibmaschinen mit Schreibvorlagen (D)<br />

• Frühe manuelle Rechenmaschine mit Rechenaufgaben (D)<br />

• Rechenaufgaben mit englischen Maßen, Gewichten <strong>und</strong> Währungseinheiten als Beispiel<br />

<strong>der</strong> Internationalisierung (D)<br />

• Arnold Ulitz: Worbs. Die Erzählung ironisiert die Ängste <strong>und</strong> Vorbehalte eines Kauf<br />

manns, <strong>der</strong> wegen des Kriegsdienstes seiner männlichen Angestellten Frauen beschäftigt,<br />

gegen die er fachlich nichts einwenden kann. (Der Textausgang kann visuell, auditiv o<strong>der</strong><br />

auch als kleine Videosequenz angeboten werden) (B)<br />

• Fotos bzw. Nachbauten <strong>von</strong> Kontorarbeitsplätzen (Vorlagen aus Firmen- <strong>und</strong> staatlichen<br />

Archiven/Museen) sowie eines „Chefarbeitsplatzes“<br />

• Robert Walser: Ein Vormittag (in einem Schweizer Bankhaus). Diese Prosaskizze, die<br />

1907 im Simplizissmus veröffentlicht wurde, demonstriert die Abhängigkeit <strong>und</strong> auch<br />

Langeweile eng begrenzter Kontortätigkeit. Könnte ebenfalls auditiv o<strong>der</strong> als Spielszene<br />

angeboten werden<br />

4. Differenzierung/Institutionalisierung/Konsolidierung (bis ca. 1990)<br />

a. Präsentationsmodule<br />

• Dokumentation bzw. Präsentation erster amtlicher Berufsbil<strong>der</strong>, Ausbildungspläne <strong>und</strong><br />

Lehrpläne <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit angesprochenen Tätigkeiten <strong>und</strong> Arbeitsmittel (D)<br />

• Beispiele zur Berufsschulorganisation (Fachklassenglie<strong>der</strong>ung) (C)<br />

• Lehrpläne <strong>der</strong> ersten Wirtschaftsoberschulen (1925) (D)<br />

• <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Teilnehmerzahlen an Kaufmannsgehilfenprüfungen (als Graphik) (B)<br />

• Ideologieträchtige Auszüge aus während <strong>der</strong> NS-Ära benutzten kaufmännischen<br />

Unterrichtswerken (D)<br />

• Dokumentation gestufter Ausbildung (z. B. Verkäufer(in)/Einzelhandelskaufmann/-frau)<br />

(D)<br />

13


Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

• Dokumentation <strong>von</strong> EDV-Fortbildungslehrgängen <strong>und</strong> <strong>der</strong> entsprechenden EDV-Inhalte<br />

(C)<br />

• Inhaltlicher Vergleich <strong>der</strong> Kurzausbildungsgänge mit den entsprechenden „Vollausbil<br />

dungen“ (B)<br />

• Graphische Darstellung <strong>der</strong> Geschlechterrelationen in den kaufmännischen „Mädchenberufen“<br />

(B)<br />

• Berufsbiographien weiblicher Berufstätiger (z. B. Mela Hartwig: Bin ich ein überflüssiger<br />

Mensch?) (B)<br />

b. Interaktionsmodule<br />

• Auszüge (am besten auditiv) aus Siegfried Kracauers Angestelltenreportagen <strong>von</strong> 1930<br />

(B)<br />

• Aufgaben aus Kaufmannsgehilfenprüfungen <strong>und</strong> Reichsberufswettkampf (D)<br />

• Typologie des diktierenden Chefs. Auszug aus Martin Kessels Angestelltenroman „Herrn<br />

Brechers Fiasko“ (vermittelt auch einen Eindruck vom inzwischen vorhandenen Selbstbewusstsein<br />

<strong>von</strong> Sekretärinnen). (B)<br />

• Abbildung bzw. Realisation <strong>der</strong> Arbeitsplatzkombination Chef/Sekretärin bzw. Sachbearbeiter/Sekretärin<br />

bzw. Kontoristin (B)<br />

• Skizze bzw. Nachstellung <strong>von</strong> Sachbearbeitertätigkeiten/-arbeitsplätzen (z. B. Einkäufer/Disponent,<br />

Sachbearbeiter für innerbetriebliches Transportwesen) (A)<br />

• Nachbildung früher EDV-Arbeitsplätze (D)<br />

• Erstellung <strong>von</strong> Lochkarten<br />

5. Globalisierung (ab ca. 1990)<br />

a. Präsentationsmodule<br />

Gegenüberstellung <strong>von</strong> Landkarten (mit Handelsrouten, Außenhandelsverbindungen) <strong>und</strong><br />

Globus (mit vernetzten Wirtschaftsbeziehungen) zur Veranschaulichung <strong>der</strong> Globalisierung<br />

b. Interaktionsmodule<br />

• Darstellung typischer Arbeits- bzw. Ausbildungssituationen in neuen Ausbildungsberufen<br />

(z. B. Automobilkaufmann) (A)<br />

• Videosequenzen aus „komplexen Lehr-Lern-Arrangements“ (evtl. in Abgrenzung zu den<br />

früheren „Kontorübungen“). (A)<br />

• Beispiel für Interneteinbezug in den Unterricht <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsschule (z. B.<br />

Absatz/Marketing) (D)<br />

• Videosequenzen zur Praktizierung sozialer Kompetenz (z. B. k<strong>und</strong>enorientierte<br />

Beratungsgespräche) (D)<br />

• Nachbau eines Scannerkassenarbeitsplatzes (D)<br />

• Berufsbiographisches Skizzen (als Hörsequenz) z. B. analog zu den Beispielen aus R.<br />

Sennetts Buch „Der flexible Mensch“ (B)<br />

• Online-Kontakt zur Börse New York, Spekulationsmöglichkeit anhand <strong>der</strong> Kurve zehn<br />

ausgewählter „blue-chip“-Unternehmen: vielleicht Gewinn/Verlustdarstellung in<br />

vorgegebenem Zeitrahmen (D)<br />

14


Hanns-Peter Bruchhäuser/Manfred Horlebein Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung<br />

D. Literaturüberblick zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung<br />

Bruchhäuser, H.-P.: Handelsschulen in Preußen – kaufmännische Schulplanungen <strong>und</strong> Schulgründungen<br />

unter <strong>der</strong> Administration des Oberschulkollegiums (1787-1806). 2 Bd. Oldenburg<br />

2004<br />

Bruchhäuser, H.-P.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur kaufmännischen Berufsbildung im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Köln/Weimar/Wien 1999<br />

Bruchhäuser, H.-P.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur Berufsbildung deutscher Kaufleute im Mittelalter<br />

<strong>und</strong> in <strong>der</strong> frühen Neuzeit. Köln/Weimar/Wien 1992<br />

Bruchhäuser, H.-P.: Kaufmannsbildung im Mittelalter. Köln 1989<br />

Bruchhäuser, H.-P. u. Lipsmeier, A. (Hrsg.): Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur schulischen Berufsbildung.<br />

Köln/Wien 1985<br />

Horlebein, M.: Quellen <strong>und</strong> Dokumente zur Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung.<br />

(1818-1984) Köln/Wien 1988<br />

Horlebein, M.: Überblick über die Geschichte <strong>der</strong> kaufmännischen Berufsbildung in Deutschland.<br />

In: Berke, R. et al. (Hrsg.): Handbuch für das kaufmännische Bildungswesen. Darmstadt<br />

1985, S. 22-44<br />

Horlebein, M.: Die berufsbegleitenden kaufmännischen Schulen in Deutschland (1800-1945).<br />

Frankfurt/Main 1976<br />

Pott, K.-F. (Hrsg.): Über kaufmännische Erziehung. Ein Quellen- <strong>und</strong> Lesebuch mit Texten<br />

aus Zeitschriften, Broschüren <strong>und</strong> (Lehr-) Büchern des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Rinteln 1977<br />

Pott, K.-F./Zabeck, J. (Hrsg.): Johann Georg Büsch. Die Hamburgische Handlungsakademie.<br />

Pa<strong>der</strong>born 2001<br />

Strohmeyer, Klaus: Das Warenhaus. Berlin 1980<br />

Zabeck, J.: Johann Georg Büsch. Ein Beitrag zur Geschichte <strong>und</strong> zur Methodologie <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftspädagogik. Diss. Hamburg 1964<br />

Zipperlen, K.: Der Deutsche Verband für das kaufmännische Bildungswesen (1895-1937).<br />

Diss. Erlangen-Nürnberg 1987<br />

15


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Inhaltsübersicht<br />

1 Vorüberlegungen für die museumstechnische Realisierung<br />

2 Ausstellungskonzept<br />

2.1 Station 1: Köter, Magister pomi <strong>und</strong> Landwirt<br />

2.2 Station 2: Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

2.3 Station 3: Institutionalisierung <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

2.4 Station 4: Berufe im Bereich des Umweltschutzes<br />

1 Vorüberlegungen für die museumstechnische Realisierung<br />

Das vorliegende Konzept schlägt für den Teilbereich Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz die<br />

<strong>Visualisierung</strong> anhand einzelner Stationen vor. Diese Stationen bieten eine historische Entdeckungsreise<br />

durch die <strong>Entwicklung</strong> des Bildungssystems im Bereich Agrarwirtschaft als geschlossenes<br />

Ausstellungskonzept. Sie können jedoch auch unabhängig <strong>von</strong>einan<strong>der</strong> platziert<br />

werden <strong>und</strong> tragen somit <strong>der</strong> räumlichen Anordnung in Form <strong>der</strong> Insellösungen o<strong>der</strong> des<br />

Zentralbereichs <strong>VISUBA</strong> im Deutschen Museum Rechnung. Die Vorschläge umfassen jeweils<br />

Ideen für eine relativ aufwändige Realisierung, bieten aber auch die Möglichkeit einer<br />

reduzierten, vereinfachten Umsetzung.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> beschränkten Ausstellungsfläche kann <strong>der</strong> komplexe <strong>Entwicklung</strong>sgang nicht<br />

erschöpfend nachvollzogen werden. Dies bedeutet, dass aus den vorhandenen, an sich fachlich<br />

notwendigen Einzelbausteinen zusätzlich eine exemplarische Auswahl <strong>und</strong> didaktische<br />

Reduktion mit allen darin liegenden Beschränkungen notwendig ist. Die vorgeschlagenen<br />

Stationen konzentrieren sich in Anzahl <strong>und</strong> Umfang auf nur wenige, beson<strong>der</strong>s kennzeichnende<br />

Meilensteine o<strong>der</strong> auf szenarische Momentaufnahmen aus den einzelnen Epochen.<br />

Die folgende Skizzierung <strong>der</strong> Stationen in Kurzfassung beschränkt sich im Wesentlichen auf<br />

die Vorschläge zur <strong>Visualisierung</strong>, <strong>der</strong> zugr<strong>und</strong>e liegende fachwissenschaftliche Hintergr<strong>und</strong><br />

ist im Teilband Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz dargelegt.<br />

Die Vorschläge für die einzelnen Stationen orientieren sich zum einen am historischen Verlauf<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> an den in <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft üblichen Periodisierungen.<br />

Der Besucher kann damit beim Betrachten/Miterleben den <strong>Entwicklung</strong>sgang im Bereich<br />

<strong>der</strong> Agrarwirtschaft in <strong>der</strong> zeitlichen Einordnung nachvollziehen. Zum großen Teil werden<br />

innerhalb <strong>der</strong> Stationen jedoch auch Brücken zur Mo<strong>der</strong>ne geschlagen, die neben dem methodischen<br />

Aspekt (Erzielung eines Spannungsbogens durch konträre Gegenüberstellung) den<br />

gesellschaftlich bedingten Wandel <strong>der</strong> Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung deutlich machen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en beschränkt sich – auch aus gestalterischen Überlegungen heraus – jede Station<br />

auf jeweils eine thematische Kernaussage. Über die Ausbildungsgeschichte hinaus soll damit<br />

jeweils eine prägende Konstante in <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Berufe wie z. B. <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen<br />

Wissensakkumulation, Berufsgenese <strong>und</strong> Ausbildungsordnung verdeutlicht werden.<br />

Für die Stationen (S) ergibt sich folgende Struktur:<br />

S 1 zeigt die Genealogie <strong>der</strong> Berufe, Fachrichtungen, Spezialisierungen <strong>und</strong> Tätigkeiten <strong>und</strong><br />

vermittelt einen Eindruck <strong>von</strong> <strong>der</strong> historischen <strong>und</strong> aktuellen Vielfalt agrarwirtschaftlicher<br />

Tätigkeiten.<br />

S 2 erklärt den Zusammenhang zwischen Wissensakkumulation, Spezialistentum <strong>und</strong> notwendiger<br />

Berufsausbildung.<br />

Station 3 geht <strong>der</strong> Frage nach, wie die Ausbildung in den verschiedenen Epochen organisiert<br />

war <strong>und</strong> wie Qualifikationen vermittelt wurden <strong>und</strong> werden.<br />

S 4 zeigt am Beispiel <strong>der</strong> Berufe im Bereich des Umweltschutzes, vor welchem soziokulturellen<br />

Hintergr<strong>und</strong> Berufe <strong>und</strong> die zugehörende Berufsausbildung entstehen.<br />

16


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

2 Ausstellungskonzept<br />

2.1 Station 1: Köter, Magister pomi <strong>und</strong> Landwirt<br />

S 1 gibt einen Überblick über die meist nicht explizit wahrgenommene Vielfalt <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen<br />

Berufe <strong>und</strong> beruflichen Tätigkeiten <strong>und</strong> zeigt den <strong>Entwicklung</strong>sgang <strong>der</strong> Berufsbezeichnungen<br />

als Stammbaum o<strong>der</strong> Ahnentafel.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit war dieser Ausbildungsbereich gekennzeichnet durch eine Fülle an beruflichen<br />

<strong>Entwicklung</strong>slinien, die zum Teil durchgehend mit sich ständig verän<strong>der</strong>nden Berufsprofilen<br />

(z. B. Landwirt/Bauer) verliefen o<strong>der</strong> als Sackgassen <strong>der</strong> Berufsgeschichte endeten<br />

(z. B. Köhler). Vom Erstberuf Pflanzenproduzent <strong>und</strong> Tierhalter spalteten sich im Zuge<br />

<strong>der</strong> Arbeitsteilung einzelne Teilbereiche ab, vor allem in <strong>der</strong> Feudalwirtschaft ergibt sich eine<br />

verwirrende Anzahl unterschiedlichster Bezeichnungen, die den sozialen Status o<strong>der</strong> den Besitzstand<br />

ausdrücken.<br />

S 1 soll den Besucher dieses Labyrinth an ausgestorbenen Berufen, durchgehenden Strängen<br />

<strong>und</strong> Seitenlinien als Verlaufsbaum nacherleben lassen. Zugleich wird in den einzelnen Epochen<br />

<strong>der</strong> jeweilige soziokulturelle Hintergr<strong>und</strong> erläutert <strong>und</strong> die Genese <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

in den Gr<strong>und</strong>zügen dargestellt, soweit dies nicht in die nachfolgenden Stationen mit eingeht.<br />

Daraus ergibt sich die Kernaussage <strong>der</strong> Station 1:<br />

Die Berufsgeschichte im Bereich Agrarwirtschaft ist vielgestaltig <strong>und</strong> <strong>von</strong> einer zum<br />

Teil verwirrenden Vielfalt an Tätigkeitsbezeichnungen durchzogen.<br />

Da diese Station als erstes Pilotprojekt im Deutschen Museum bereits realisiert wurde, wird<br />

sie im Abschlussbericht des Modellversuchs eingehend dargestellt.<br />

2.2 Station 2: Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

Im Zentrum <strong>der</strong> Station 2 (S 2) steht zum einen die Erkenntnis, dass Wissen <strong>und</strong> die Weitergabe<br />

des Wissens schon immer notwendig waren, um in <strong>der</strong> produzierenden Wirtschaftsweise<br />

planvoll <strong>und</strong> zielgerichtet tierische sowie pflanzliche Nahrungsmittel zu erzeugen. Dennoch<br />

entstehen reglementierte, in das staatliche Schulsystem eingeglie<strong>der</strong>te Ausbildungsformen im<br />

Bereich <strong>der</strong> Agrarwirtschaft erst im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Daraus ergibt sich zum an<strong>der</strong>en die Frage,<br />

wie in den vorangegangenen Jahrh<strong>und</strong>erten berufliche Qualifikation erfolgte <strong>und</strong> warum<br />

sich gerade in diesem Zeitraum fachlich orientierte Bildungsmöglichkeiten etablieren konnten.<br />

Die Basis hierfür lieferten entscheidende Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Agrar- <strong>und</strong> Sozialstruktur<br />

Deutschlands, die mit dem Übergang vom Agrar- zum Industriestaat, mit <strong>der</strong> Auflösung des<br />

Feudalsystems <strong>und</strong> dem daraus resultierenden Wandel <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an berufliche Tätigkeiten<br />

charakterisiert werden können.<br />

S 2 soll dem Besucher diese Zusammenhänge verdeutlichen <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e offen legen,<br />

dass die Akkumulation <strong>der</strong> zur Berufsausübung notwendigen Kenntnisse <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />

eine umfassende Ausbildung erfor<strong>der</strong>t. Den Schwerpunkt <strong>der</strong> Darstellung bilden dabei die<br />

<strong>Entwicklung</strong>en in <strong>der</strong> Landwirtschaft <strong>und</strong> im Gartenbau, wobei auch hier wie<strong>der</strong>um die Maxime<br />

<strong>der</strong> exemplarischen Auswahl zu beachten ist.<br />

Als Kernaussage <strong>der</strong> S 2 lässt sich somit explizieren:<br />

Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Wissensakkumulation ergeben sich im sozio-kulturellen<br />

Spannungsfeld höhere berufliche Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen, die eine zielgerichtete<br />

Ausbildung erfor<strong>der</strong>n.<br />

17


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

2.2.1 <strong>Visualisierung</strong><br />

Die Station setzt sich aus insgesamt fünf Bausteinen zusammen.<br />

Im ersten Teil steht das zur Berufsausübung in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft notwendige Wissen im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Hierbei soll gezeigt werden, dass zur Bewältigung <strong>der</strong> Hauptaufgabe, <strong>der</strong> Nahrungsmittelproduktion,<br />

<strong>von</strong> Beginn an sowohl bestimmte Kenntnisse als auch die Beherrschung<br />

<strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Arbeitsschritte notwendig waren. Im Unterschied zur vor <strong>der</strong> neolithischen<br />

Revolution vorherrschenden aneignenden Ernährungsform verlangt die gezielte<br />

Produktion eine geplante, auf die Zukunft gerichtete Arbeitsweise – ohne die Möglichkeit <strong>der</strong><br />

unmittelbaren Erfahrung des Ergebnisses <strong>der</strong> eigenen Tätigkeit. Das bedeutet, dass in <strong>der</strong><br />

Vorstellungswelt des Menschen das Resultat seiner Arbeit bereits vorhanden sein muss.<br />

Baustein 2 zeigt, dass die Qualifikationsvermittlung über einen langen Zeitraum hinweg vornehmlich<br />

über das Imitatio-Prinzip erfolgte, <strong>und</strong> legt die Hintergründe hierfür offen.<br />

Baustein 3 macht deutlich, dass sich durch den tief greifenden Wandlungsprozess im 18./19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert Notwendigkeit, Voraussetzungen <strong>und</strong> Möglichkeiten für eine gezielte Qualifizierung<br />

ergaben, <strong>und</strong> markiert somit den Beginn <strong>der</strong> institutionalisierten Berufsausbildung in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft.<br />

Durch einen „Zeitsprung“ in den aktuellen Stand im Rahmen des Bausteins 4 soll deutlich<br />

werden, dass verän<strong>der</strong>te Ansprüche an die Berufe aufgr<strong>und</strong> z. B. technologischer Weiterentwicklung<br />

eine umfassende Berufsausbildung unabdingbar machen.<br />

Baustein 5 schließlich führt die Zeitreise weiter <strong>und</strong> bietet einen Ausblick in die Zukunft. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

steht hier die Tatsache im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, dass <strong>der</strong> sozioökonomische <strong>und</strong> technologische<br />

Wandel sich fortsetzen <strong>und</strong> im Rückkopplungsprozess die Berufe <strong>und</strong> die Berufsausbildung<br />

weiterhin verän<strong>der</strong>n wird.<br />

Baustein 1: Wissen <strong>und</strong> Wissensvermittlung sind zur Berufsausübung notwendig<br />

Zur Einstimmung in die Thematik wird anhand einer Szenerie aus dem Getreidebau veranschaulicht,<br />

dass zur Pflanzenproduktion bestimmte Kenntnisse <strong>und</strong> zeitlich geordnete, vorausschauend<br />

geplante Arbeitsabläufe notwendig sind. In einer möglichst authentisch wirkenden<br />

Inszenierung soll <strong>der</strong> Besucher „eingefangen“ werden, denkbar wären lebensecht wirkende<br />

Plastiken o<strong>der</strong> eine stilisierte figürliche Darstellung. Eine Alternative wäre die Darstellung in<br />

Form <strong>von</strong> Landschaftsdioramen, als einfachste Möglichkeit bietet sich eine Schautafel an.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieses Szenarios dokumentiert eine weitere Installation, dass für den<br />

Getreideanbau Wissen gebraucht wird. In Quizform, als verschiebbares Puzzle o. Ä. kann <strong>der</strong><br />

Besucher dieses notwendige Wissen eruieren <strong>und</strong> die einzelnen Arbeitsschritte <strong>und</strong> das zugehörige<br />

Hintergr<strong>und</strong>wissen nach dem Motto „Vom Samenkorn zur Ernte“ den Tätigkeiten zuordnen.<br />

Quasi als Nebeneffekt soll sich dabei die Erkenntnis festsetzen, dass für die Ausübung<br />

dieser Einzeltätigkeiten eine wie auch immer geartete Form <strong>der</strong> Wissensvermittlung<br />

gewährleistet sein musste.<br />

Baustein 2: Die Form <strong>der</strong> Wissensvermittlung<br />

Der nächste Bestandteil steht im direkten Zusammenhang mit Baustein 1 <strong>und</strong> zeigt, dass die<br />

Wissensvermittlung in <strong>der</strong> Hauptsache durch das Prinzip learning by doing erfolgte.<br />

Durch die Handlungskette Vormachen, Zuschauen <strong>und</strong> Nachahmen werden Qualifikationen<br />

vermittelt <strong>und</strong> <strong>von</strong> den Berufsanfängern durch Einübung automatisiert. Eine Untermauerung<br />

durch eine f<strong>und</strong>ierte theoretische Unterweisung erfolgte allenfalls in mündlich tradierter<br />

Überlieferung („Bauernregeln“). In einer Sequenz (Diorama o<strong>der</strong> Schautafel, eventuell in<br />

Verbindung mit Baustein 1) wird diese Unterweisungsmethode dargestellt.<br />

Im weiteren Verlauf wird ein Bogen gespannt vom Beginn <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen Tätigkei-<br />

18


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

ten bis zum ausgebildeten Feudalwesen <strong>der</strong> frühen Neuzeit. Am System <strong>der</strong> Berufsqualifikation<br />

än<strong>der</strong>t sich in diesem Zeitraum nichts Gr<strong>und</strong>legendes, nach wie vor wird die Szene vom<br />

Imitatio-Prinzip <strong>und</strong> einfacher mündlicher Überlieferung des Wissens beherrscht. Durch die<br />

geringe Produktivität bedingt, arbeitet eine Vielzahl an Arbeitskräften in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

Die meist einfach auszuführenden, vielfach aufgesplitteten Tätigkeiten lassen eine tiefer gehende<br />

Ausbildung als nicht notwendig erscheinen, <strong>und</strong> die starre gesellschaftliche Glie<strong>der</strong>ung<br />

verhin<strong>der</strong>t geradezu, dass die Voraussetzungen zur Weiterentwicklung geschaffen werden.<br />

Daneben etabliert sich mit <strong>der</strong> Hausväterliteratur eine erste Form <strong>von</strong> schriftlicher Wissensvermittlung,<br />

zugänglich jedoch nur für die gebildete Schicht.<br />

In <strong>der</strong> Ausstellung müssen diese Teilkomponenten durch eine geeignete Präsentationsweise<br />

vermittelt werden:<br />

Ideal wäre wie<strong>der</strong>um eine lebensecht wirkende Inszenierung mit <strong>der</strong> Nachbildung eines Bauernhauses,<br />

das im Querschnitt zwei Räume aufweist. Im einen Raum befindet sich die Figur<br />

eines Gutsherrn in entsprechen<strong>der</strong> „luxuriöser“ Umgebung, beschäftigt mit <strong>der</strong> Lektüre eines<br />

Buches (Hausväterliteratur). Durch das Vorhandensein nur dieses einen Fachbuchs wird deutlich,<br />

dass das Wissen im Gegensatz zur Mo<strong>der</strong>ne (s. u.) praktisch in einem Buch gesammelt<br />

werden konnte. Die Vielzahl <strong>der</strong> Arbeitskräfte auf dem Gutshof wird durch eine Auflistung<br />

<strong>der</strong> Deputatsempfänger (Entlohnung in Naturalform) symbolisiert. Im angrenzenden Raum –<br />

als modellhaft skizziertes Stallgebäude gestaltet – wird durch eine einfache Tätigkeit <strong>der</strong> relativ<br />

geringe Anspruch an die Berufsausübung <strong>der</strong> „Facharbeiter“ (hier <strong>der</strong> Stallknecht) vermittelt.<br />

In Handarbeit ohne maschinelle Unterstützung kann sich <strong>der</strong> Besucher an einer „Modellkuh“<br />

im Melken üben. Die Darstellung des Imitatio-Prinzips wird um eine Reihe <strong>der</strong> so genannten<br />

„Bauernregeln“ bzw. Auszügen aus Büchern <strong>der</strong> Hausväterliteratur erweitert, die die<br />

mündliche Methode <strong>der</strong> Wissensvermittlung veranschaulichen.<br />

Neben <strong>der</strong> geringen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ung wird hier auch <strong>der</strong> zweite Hin<strong>der</strong>ungsgr<strong>und</strong><br />

für die <strong>Entstehung</strong> einer gezielten, systematisierten Berufsausbildung mit aufgenommen. Für<br />

die Verdeutlichung <strong>der</strong> Drei-Stände-Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong>en starrer Ordnung steht ein Schubkasten,<br />

dessen unterste Schublade den Bauern o<strong>der</strong> Landmann zeigt. Durch die Art <strong>der</strong> Inszenierung<br />

soll <strong>der</strong> Besucher quasi in die zwei entgegen gesetzten Welten „eintauchen“ können<br />

<strong>und</strong> darüber hinaus durch die Eigenaktivität („Kuh-Melken“) einen zusätzlichen Motivationsanreiz<br />

erhalten.<br />

Baustein 3: Sozioökonomischer Wandel <strong>und</strong> Beginn <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

Bis zum 18./19. Jahrh<strong>und</strong>ert ist das Agrarsystem im Wesentlichen <strong>von</strong> konstanter Beharrungskraft<br />

auf dem Status quo gekennzeichnet. Ab diesem Zeitpunkt vollzieht sich dann ein<br />

gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong>, erdrutschartiger Wandel, <strong>der</strong> sich bereits im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert anbahnt (Kameralismus).<br />

Nahezu 1000 Jahre <strong>der</strong> relativen Stagnation werden <strong>von</strong> einem Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Bewegung<br />

abgelöst, an <strong>der</strong>en Ende u. a. Bildungseinrichtungen in <strong>der</strong> Landwirtschaft entstehen.<br />

Das statische System mit dem „Schubladendenken“ <strong>der</strong> Ständegesellschaft wandelt sich mit<br />

einer in diesem Bereich nie zuvor gekannten Dynamik zum mo<strong>der</strong>nen Agrarsystem <strong>und</strong> seinem<br />

Ausbildungswesen.<br />

Baustein 3 zeigt diese Dynamik in einer Ursachen- <strong>und</strong> Wirkungskette auf. In einem ineinan<strong>der</strong><br />

greifenden Rä<strong>der</strong>werk <strong>der</strong> Einflussfaktoren hat <strong>der</strong> Besucher die Möglichkeit, durch Drehen<br />

an den einzelnen Rä<strong>der</strong>n den Mechanismus in Gang zu setzen <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>en<br />

nachzuvollziehen. Das die <strong>Entwicklung</strong> lange Zeit hemmende Feudalsystem fungiert dabei als<br />

bremsen<strong>der</strong> Keil. Erst mit dem aktiven Lösen dieser Bremse lässt sich das Rä<strong>der</strong>werk in Bewegung<br />

setzen.<br />

19


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Baustein 4: Notwendigkeit <strong>der</strong> Ausbildung<br />

Der Sprung in das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert zeigt anhand diverser Tätigkeiten mo<strong>der</strong>ner Berufsausübung,<br />

dass die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Lernenden im Vergleich zum 18. o<strong>der</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

ungleich höher sind. Gestiegene Ansprüche an die Tätigkeit implizieren zugleich die Notwendigkeit<br />

einer breit gefächerten Ausbildung, ohne die die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen<br />

wären.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Gegenüberstellung zum Baustein 2 sollen diese Unterschiede deutlich<br />

zutage treten. Auf <strong>der</strong> einen Seite stehen relativ einfache Tätigkeiten. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

präsentieren sich Berufe mit hoch technisierten Arbeitsabläufen bzw. erweiterten Aufgabengebieten<br />

z. B. im Dienstleistungsbereich, die <strong>von</strong> einer breiten, auf wissenschaftlicher Basis<br />

gegründeten Fachkompetenz getragen sind <strong>und</strong> den Wandel vom einfachen Handarbeiter zum<br />

technisierten „Hofmanager“ verdeutlichen. In <strong>der</strong> Anknüpfung an das Beispiel des Getreidebaus<br />

im Baustein 2 werden die Gegensätze zur mo<strong>der</strong>nen Produktionsweise demonstriert.<br />

Zwar sind hier die einzelnen Handlungsabläufe <strong>von</strong> <strong>der</strong> Bodenbearbeitung über Aussat, Bestandspflege<br />

<strong>und</strong> Ernte im Wesentlichen gleich geblieben, die Ausführung hat sich jedoch<br />

gr<strong>und</strong>legend verän<strong>der</strong>t. Der mo<strong>der</strong>ne Landwirt ist im bäuerlich geführten Betrieb oft alleinige<br />

ständige Arbeitskraft <strong>und</strong> muss somit alle anfallenden Tätigkeiten beherrschen <strong>und</strong> die notwendigen<br />

Fachkompetenzen in einer Person vereinen. Der Wandel in <strong>der</strong> Berufsausübung<br />

wird durch eine Simulation vergegenwärtigt: In einer realen Traktorkabine mit computerunterstütztem<br />

Schaltpult kann <strong>der</strong> Besucher die Arbeitsabläufe bei <strong>der</strong> Bodenbearbeitung virtuell<br />

nacherleben.<br />

Die Akkumulation des Wissens wird durch eine Sammlung <strong>von</strong> Fach- <strong>und</strong> Lehrbüchern veranschaulicht,<br />

<strong>der</strong>en Fülle vor allem im Gegensatz zum Hausvaterbuch des Bausteins 2 die<br />

Progression eindringlich vor Augen führt. Verstärkt wird dieser Eindruck durch ausgelegte<br />

Schulbücher, anhand <strong>der</strong>er <strong>der</strong> Besucher einen Eindruck <strong>von</strong> den Ausbildungsinhalten gewinnen<br />

kann. Komplettiert wird die Szenerie mit Auszügen <strong>von</strong> Lehrplänen, Ausbildungsordnungen<br />

<strong>und</strong> Ähnlichem sowie mit Darstellungen <strong>von</strong> Theorieinhalten des Fachunterrichts <strong>der</strong><br />

Berufsschule (z. B. die Abläufe <strong>der</strong> Fotosynthese, Deckungsbeitragsberechnungen etc.).<br />

Fiktive <strong>und</strong> authentische Berufsbiographien in Bild <strong>und</strong> Ton sowie berufliche Kurzfilme 1<br />

r<strong>und</strong>en das Bild ab <strong>und</strong> vermitteln somit insgesamt einen Eindruck vom <strong>der</strong>zeitigen Berufsausbildungswesen<br />

in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft.<br />

Baustein 5: Ausblick in Zukunft<br />

Den Abschluss bildet in Rückschau auf die Vergangenheit ein Ausblick auf mögliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Zukunft, überspitzt dargestellt in Form <strong>von</strong> Karikaturen. Diese weisen auf<br />

den sich fortwährend im Fluss befindenden Anpassungsprozess des Berufsbildungssystems<br />

hin. Bedingt durch die gesamtgesellschaftliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> den technologischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ergeben sich Verän<strong>der</strong>ungen auch in <strong>der</strong> Berufslandschaft, die ihren Nie<strong>der</strong>schlag<br />

entwe<strong>der</strong> in neu geschaffenen Berufen, in verän<strong>der</strong>ten Tätigkeitsschwerpunkten o<strong>der</strong> Ausübungsformen<br />

beruflicher Tätigkeiten finden <strong>und</strong> in entsprechen<strong>der</strong> Form auf die Berufsausbildung<br />

einwirken.<br />

Für die Landwirtschaft könnten diese <strong>Entwicklung</strong>en in einem möglichen Szenario eine zunehmende<br />

Konzentration auf nur wenige verbleibende Großbetriebe („Agrarindustrien“) mit<br />

sich bringen. Der Landwirt <strong>der</strong> Zukunft wäre dann ein „System- <strong>und</strong> Wartungstechniker“, <strong>der</strong><br />

über f<strong>und</strong>iertes betriebswirtschaftliches Wissen verfügt <strong>und</strong> somit in <strong>der</strong> Lage ist, auch mittel-<br />

1 Der Auswertungs- <strong>und</strong> Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Forsten (aid) e. V. gibt in Kooperation<br />

mit dem Bayerischen R<strong>und</strong>funk Videofilme in <strong>der</strong> Reihe „Das kannst Du werden“ heraus. In den Kurzfilmen<br />

werden die Berufe in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft inklusive Ausbildungs- <strong>und</strong> Weitermöglichkeiten vorgestellt.<br />

20


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

fristig auf Marktschwankungen <strong>und</strong> Angebotslücken zu reagieren. Vollautomatisiert <strong>und</strong><br />

standardisiert wird sein Betrieb über satellitengestützte Fernleitsysteme (siehe Karikatur 3)<br />

gelenkt <strong>und</strong> mit Hilfe <strong>von</strong> Überwachungskameras vom unternehmenseigenen Großbüro aus<br />

geführt. Die Ausbildungsformen <strong>und</strong> -inhalte würden hierauf konkret Bezug nehmen. Für die<br />

Ausstellung ist ein fiktiver Rahmenlehrplan denkbar, in dem informationstechnische Inhalte,<br />

Netzwerkkommunikation <strong>und</strong> Programmiersprachen die traditionellen Inhalte aus Tier- <strong>und</strong><br />

Pflanzenproduktion bei weitem überflügelt haben.<br />

Die Nahrungsmittelproduktion ist nur noch eine „Ran<strong>der</strong>scheinung“, im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen<br />

Dienstleistungsaufgaben (Urlaub auf dem Bauernhof), Produktion nachwachsen<strong>der</strong> Rohstoffe<br />

<strong>und</strong> landschaftspflegerische Aspekte.<br />

In weiteren Bildfolgen wird <strong>der</strong> Agrarwirtschaftler <strong>der</strong> Zukunft als Labortechniker präsentiert,<br />

<strong>der</strong> im steril abgeschotteten Genlabor Embryonentransfers vornimmt <strong>und</strong> über Meristemvermehrung<br />

Jungpflanzen produziert.<br />

Abbildung 1 zeigt Station 2 im Gesamtüberblick:<br />

Baustein 1: Wissen ist notwendig Baustein 2: Imitatio-Prinzip<br />

Noch pflügen o<strong>der</strong> bereit?<br />

Fehlt Licht?<br />

Erwünscht o<strong>der</strong> unerwünscht?<br />

Baustein 3: Rä<strong>der</strong>werk des Wandels<br />

Baustein 4: Mo<strong>der</strong>ne Ausbildung<br />

Baustein 5: Zukunfts-Szenario<br />

Guter o<strong>der</strong> schlechter Boden?<br />

Richtiges o<strong>der</strong> falsches Saatgut?<br />

Fehlt Wasser?<br />

Nützlich o<strong>der</strong> schädlich? Reif o<strong>der</strong> noch warten?<br />

21<br />

Gegenpol<br />

Simulation


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

2.3 Station 3: Institutionalisierung <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

Station 3 zeigt exemplarisch an den Fachsparten Landwirtschaft <strong>und</strong> Gartenbau das Werden<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung, die <strong>Entstehung</strong> des Facharbeiterwesens <strong>und</strong> <strong>der</strong> zugehörigen Rahmenbedingungen<br />

in den einzelnen historischen Phasen.<br />

Gerade weil Berufsausbildung immer im Zusammenhang <strong>und</strong> in gegenseitiger Wechselwirkung<br />

mit <strong>der</strong> gesamtgesellschaftlichen <strong>Entwicklung</strong> zu sehen ist, sollte in <strong>der</strong> <strong>Visualisierung</strong><br />

eine enge Verknüpfung mit <strong>der</strong> Station 2 angestrebt werden. Eine gegenseitige Verwebung<br />

<strong>und</strong> Durchdringung ist hier wünschenswert, um den Besuchern die Determiniertheit ausbildungsgeschichtlicher<br />

<strong>Entwicklung</strong>sströme vom soziokulturellen Umfeld zu verdeutlichen.<br />

Über Jahrtausende hinweg existierte keine institutionalisierte, <strong>von</strong> <strong>der</strong> alltäglichen Arbeitssituation<br />

heraus gelöste Berufsausbildung in <strong>der</strong> Landwirtschaft. Nur im städtischen Bereich<br />

konnten sich im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte erste geregelte Ausbildungsformen entwickeln, sodass in<br />

den ersten Epochen bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ein deutlicher Unterschied zwischen städtischen<br />

<strong>und</strong> ländlichen Regionen besteht. Als im 18. <strong>und</strong> beginnenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert schließlich<br />

erste Bildungseinrichtungen auf <strong>der</strong> mittleren <strong>und</strong> höheren Ebene entstehen, waren diese vor<br />

allem auf die Ausbildung <strong>von</strong> Betriebsleitern bzw. Verwaltungspersonal fokussiert. Die Berufsausbildung<br />

für Facharbeiter verfestigt sich erst im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, als staatliche Institutionen<br />

zunehmend Einfluss auf das Bildungswesen gewinnen.<br />

Die <strong>Visualisierung</strong> innerhalb dieser Station ist somit <strong>von</strong> folgenden Kernaussagen geprägt:<br />

• Die ersten Formen geregelter Berufsausbildung entstehen im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte.<br />

• Frühe Bildungseinrichtungen für die Agrarwirtschaft basieren auf Privatinitiativen <strong>und</strong><br />

bieten ein vielfältiges Spektrum unterschiedlicher Schulformen mit elitärem Charakter.<br />

• Mit zunehmendem Einfluss des Staates strukturiert sich das agrarwirtschaftliche Bildungssystem<br />

<strong>und</strong> formt zusammen mit <strong>der</strong> Regelung des Lehrlingswesens das duale Ausbildungssystem<br />

auch in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft.<br />

• Das Ausbildungssystem hat sich in <strong>der</strong> Geschichte stets verän<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> aktuelle Stand ist<br />

nur eine Momentaufnahme <strong>und</strong> wird sich in <strong>der</strong> Zukunft dem Verän<strong>der</strong>ungsprozess stellen<br />

müssen.<br />

S 3 zeigt mithin durch einen Querschnitt über die Spezifika <strong>der</strong> einzelnen Epochen die Berufsausbildungsgeschichte<br />

in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft <strong>von</strong> den Ursprüngen über die Trennung <strong>der</strong><br />

beiden deutschen Staaten nach 1945 bis hin zum aktuellen Stand.<br />

2.3.1 <strong>Visualisierung</strong><br />

Station 3 glie<strong>der</strong>t sich in insgesamt 5 Bausteine.<br />

Baustein 1 zeigt den Berufsweg eines Lehrlings zur Zeit <strong>der</strong> Zünfte. Dabei wird anhand des<br />

eines Lernortes Betrieb die Enge <strong>und</strong> Erstarrtheit, aber auch die sichernde Einbindung in ein<br />

gesellschaftliches Gefüge als Kennzeichen zünftischer Berufsausbildung veranschaulicht.<br />

Der zweite Teil besteht aus einer Inszenierung in Form eines Klassenzimmers, die den elitären<br />

Charakter <strong>und</strong> die Vielfalt <strong>der</strong> ersten landwirtschaftlichen Bildungseinrichtungen symbolisiert.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> des Facharbeiterwesens im dualen System ist Thema des Bausteins 3. Ein<br />

Vergleich <strong>der</strong> jeweils die Ausbildung bestimmenden Komponenten ermöglicht in Quizform<br />

die historische Einordnung des <strong>Entstehung</strong>shorizonts bei<strong>der</strong> Lernorte. Die Zeitspanne reicht<br />

hier <strong>von</strong> <strong>der</strong> Etablierung <strong>der</strong> ländlichen Fortbildungsschule im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert bis zur Regelung<br />

<strong>der</strong> Facharbeiterausbildung Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

In einer Gegenüberstellung werden die unterschiedlichen Spezifika <strong>der</strong> agrarwirtschaftlichen<br />

Berufsausbildung bei<strong>der</strong> deutscher Staaten mit Schwerpunkt Ostdeutschland nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg veranschaulicht. Insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>der</strong><br />

DDR wird die Abhängigkeit <strong>der</strong> Berufsausbildung vom gesellschaftlichen Gesamtsystem, <strong>der</strong><br />

22


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

herrschenden politischen Ideologie deutlich.<br />

Der letzte Baustein zeigt schließlich den aktuellen Stand auf <strong>und</strong> präsentiert als Kontrast zum<br />

Klassenzimmer des Bausteins 2 mo<strong>der</strong>ne Ausbildungsmethoden <strong>und</strong> -formen u. a. durch einen<br />

integrierten Fachraum. Den Komplex r<strong>und</strong>et ein Puzzle ab, bei dem die Besucher über<br />

vorgegebene Bausteine künftige fiktive Ausbildungsberufe in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft bildhaft<br />

entwerfen können.<br />

Baustein 1: Berufsausbildung im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte: Gärtner, Winzer, Fischer<br />

Bevor zur Zeit <strong>der</strong> Zünfte ein Lehrling aufgenommen werden konnte, musste dieser eine Reihe<br />

<strong>von</strong> Voraussetzungen erfüllen. Diese Voraussetzungen betrafen weniger seine fachliche<br />

Qualifikation o<strong>der</strong> Berufseignung, son<strong>der</strong>n seine soziale <strong>und</strong> famliliäre Situation. Erst wenn<br />

diese Hürden zur Zufriedenheit <strong>der</strong> Meister geklärt waren, konnte die Aufdingung mit Eintrag<br />

in die Lehrlingsrolle <strong>der</strong> Zunft erfolgen. Die restriktiven Aufnahmebedingungen werden im<br />

ersten Teil des Bausteins dargestellt. Der Besucher schlüpft in die Rolle eines Lehrlings, <strong>der</strong><br />

die Aufdingungsprozedur nachvollziehen kann. Hierzu muss er durch die stilisierte Form eines<br />

„Hürdenlaufs“ einfache Fragestellungen beantworten. Erst wenn <strong>der</strong> Besucher die Frage<br />

entsprechend beantwortet, ist eine Hürde genommen, gelangt er zur nächsten. Sind alle Voraussetzungen<br />

zur Aufdingung erfüllt, steht <strong>der</strong> Besucher vor <strong>der</strong> geöffneten „Zunftlade“. Hier<br />

findet er eine Kurzbeschreibung <strong>der</strong> Lehrbedingungen vor <strong>und</strong> kann sich in eine (eventuell<br />

virtuell) dargestellte Zunftrolle eintragen. Die Schranken, die sich vor <strong>der</strong> Aufdingung aufbauen,<br />

können durch ineinan<strong>der</strong> verschachtelte, dem Original einer Zunftlade nachempf<strong>und</strong>ene<br />

Schatullen, durch einfache Klapptafeln mit einem Schließmechanismus o<strong>der</strong> durch Klapptüren<br />

symbolisiert werden.<br />

Baustein 2: Erste Bildungseinrichtungen (Schulen für die Elite)<br />

Der Beginn <strong>der</strong> schulischen Ausbildung in <strong>der</strong> Landwirtschaft wird über eine Inszenierung<br />

mit einem Schulungsraum aus den ersten Bildungseinrichtungen dargelegt. Der Lehrer (als<br />

entsprechend ausstaffierte Puppe) fungiert als Dozent, sein Vortrag ist über Tonband hörbar.<br />

Besucher können als „Schüler“ in den Bänken dem fachlichen Vortrag folgen <strong>und</strong> so die Unterrichtssituation<br />

nachempfinden. Quasi als Nebeneffekt könnten hierdurch Informationen<br />

über die gängige Methode des Unterrichtens im Gegensatz zu mo<strong>der</strong>nen pädagogischen<br />

Lehrmethoden transportiert werden.<br />

An <strong>der</strong> Wand sind Schaubil<strong>der</strong> angebracht, die neben zeitgenössischen fachlichen Darstellungen<br />

die verwirrende Vielfalt <strong>der</strong> unterschiedlichen Schulformen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en historische Einordnung<br />

zeigen. An den Bänken können jeweils erklärende Texte aufliegen, die die vorgef<strong>und</strong>ene<br />

Situation erläutern <strong>und</strong> den Zusammenhang erklären. Insbeson<strong>der</strong>e müsste hier über eine<br />

Darstellung <strong>der</strong> Aufnahmebedingungen <strong>und</strong> einen Vergleich <strong>der</strong> Höhe des Schulgeldes mit<br />

<strong>der</strong> Einkommenssituation eines Landarbeiters <strong>der</strong> elitäre Anspruch <strong>der</strong> ersten Bildungseinrichtungen<br />

herausgestellt werden. Ein Schaubild mit den unterschiedlichen Schularten, <strong>der</strong>en<br />

Existenzzeiten, unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen, Lehrplänen usw. verdeutlicht<br />

den Facettenreichtum <strong>der</strong> in den Anfängen vorhandenen Schulen.<br />

Ein „Blick aus dem Fenster“ (über eine grafische Darstellung) macht zudem deutlich, dass die<br />

Ausbildungsstätte immer an einen Gutsbetrieb angeb<strong>und</strong>en war. Das Klientel für die ersten<br />

Bildungseinrichtungen setzte sich aus den Söhnen <strong>von</strong> Gutsbesitzern o<strong>der</strong> Interessierten aus<br />

dem wohlhabenden Bürgertum zusammen, die eine Verwaltungstätigkeit auf einem größeren<br />

landwirtschaftlichen Betrieb anstrebten. Für die einfache Landarbeiterschaft war diese Form<br />

<strong>der</strong> Ausbildung nicht zugänglich. Auch dieser Aspekt müsste hier ersichtlich werden. Um<br />

23


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

diesen Gegensatz auszudrücken, eignet sich eine grafische Darstellung, die den Standesunterschied<br />

<strong>der</strong> – noch zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts vorhandenen – feudalen Strukturen hervorhebt.<br />

Baustein 3: Von <strong>der</strong> Fortbildungsschule zur Berufsschule<br />

Der Ursprung <strong>der</strong> Berufsausbildung für die Landarbeiterschaft speist sich aus zwei Quellen.<br />

Zum einen wurde erkannt, dass ein weiterer Fortschritt in <strong>der</strong> Intensivierung <strong>und</strong> damit eine<br />

Ertragssteigerung nur über eine gezielte Ausbildung erreicht werden kann. Aus dieser Erkenntnis<br />

heraus entwickeln sich die Regelung <strong>der</strong> betrieblichen Ausbildung im Agrarwesen<br />

<strong>und</strong> die For<strong>der</strong>ung nach einer begleitenden theoretischen Ergänzung durch ein berufliches<br />

Schulwesen.<br />

Als Gr<strong>und</strong>lage hierfür mussten zum Zweiten aber die gr<strong>und</strong>legenden Kulturtechniken des<br />

Lesens <strong>und</strong> Schreibens gerade bei <strong>der</strong> Landbevölkerung des 18. <strong>und</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts gefestigt<br />

werden. Die aus <strong>der</strong> Elementarschule entlassenen Schüler brachten aufgr<strong>und</strong> des kurzen <strong>und</strong><br />

häufig vernachlässigten Unterrichts die erfor<strong>der</strong>lichen Kenntnisse meist nicht mit. Zudem<br />

bestand in Zeiten hohen Bevölkerungswachstums mit korrelierendem hohen Anteil Jugendlicher<br />

aus staatlicher Sicht die Gefahr <strong>der</strong> „Verwahrlosung“ gerade dieser Bevölkerungsgruppe.<br />

Mit <strong>der</strong> Errichtung <strong>und</strong> dem sukzessivem Ausbau <strong>der</strong> ländlichen Fortbildungsschule sollte<br />

diesem Missstand Einhalt geboten werden.<br />

Der erste Teil innerhalb des Bausteins 1 stellt die Hintergründe für die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong> ländlichen<br />

Fortbildungsschule als Vorläuferstruktur <strong>der</strong> Berufsschule dar. Über ein Schaubild wird<br />

vorab die Situation <strong>der</strong> auf dem Lande aufwachsenden Kin<strong>der</strong> in Verbindung mit einem fiktiven<br />

Arbeitsalltag geschil<strong>der</strong>t. Die als notwendig erachtete sittlich-moralische <strong>und</strong> staatsbürgerliche<br />

Erziehung dokumentiert eine geeignete Textpassage, beides zusammen führt zur Begründung<br />

für die ländliche Fortbildungsschule.<br />

Durch den langsamen Wandel zur Berufsschule bis zur Mitte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die<br />

zweite Säule des dualen Systems in <strong>der</strong> Agrarwirtschaft gefestigt. Dieser Wandel kann über<br />

die Genese des Unterrichtsumfangs, <strong>der</strong> Unterrichtsinhalte <strong>und</strong> Lehrplanauszüge, <strong>der</strong> zur Verfügung<br />

stehenden Lehrmittel, Bestimmungen zur Schulpflicht, Zeugnisse aus verschiedenen<br />

Epochen etc. nachvollzogen werden. Hier findet ebenfalls die <strong>Entwicklung</strong>sstruktur <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Ausbildung ihren Platz, sodass <strong>der</strong> zeitliche Rahmen <strong>von</strong> den ländlichen Fortbildungsschulen<br />

bis zu den Regelungen des Reichsnährstandes 1934 reicht.<br />

Um diesen Ausstellungsteil nicht mit rein zweidimensionalen Texttafeln zu überfrachten <strong>und</strong><br />

zugleich eine Eigenaktivität für die Besucher zu ermöglichen, wird eine Realisierung als<br />

„Verschiebequiz“ mit Orientierungsvorgaben o<strong>der</strong> in Puzzleform vorgeschlagen. Auf beweglichen<br />

Elementen (Holz-/Kunststofftafeln) innerhalb eines feststehenden Rahmens können die<br />

einzelnen Teile gegeneinan<strong>der</strong> verschoben werden. Aus <strong>der</strong> richtigen Zuordnung ergibt sich<br />

ein Gesamtbild im historischen Abriss, mit dem die <strong>Entwicklung</strong> des Facharbeiterwesens<br />

nachvollziehbar wird.<br />

Baustein 4: Agrarausbildung in DDR <strong>und</strong> BRD<br />

Baustein 4 zeigt in einer plakativen Gegenüberstellung die unterschiedlichen Systeme <strong>der</strong><br />

agrarwirtschaftlichen Berufsausbildung in <strong>der</strong> DDR <strong>und</strong> <strong>der</strong> BRD <strong>von</strong> 1945 bis 1990 <strong>und</strong><br />

macht dabei auf die strukturellen Unterschiede, aber auch auf die Gemeinsamkeiten aufmerksam.<br />

Die Umsetzung dieser Gegenüberstellung kann in <strong>der</strong> Ausstellung über ein Interview<br />

o<strong>der</strong> ein Rollenspiel als Videoaufzeichnung erfolgen, in <strong>der</strong> zwei Auszubildende aus den beiden<br />

Staaten im Dialog die unterschiedlichen Ausbildungssysteme Revue passieren lassen.<br />

24


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Über ergänzende Schautafeln mit den wesentlichen Charakteristika bei<strong>der</strong> Systeme werden<br />

die Aussagen illustrativ unterstützt. Alternativ wäre eine virtuelle Realisierung mit interaktivem<br />

touch-screen denkbar, die einfachste Form stellen rein zweidimensionale Schautafeln<br />

dar.<br />

Baustein 5: Aktueller Stand <strong>und</strong> Ausblick<br />

Eine Inszenierung analog zu Baustein 2 (Erste Bildungseinrichtungen) visualisiert den aktuellen<br />

Stand <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> ermöglicht dadurch einen direkten historischen Vergleich.<br />

Im Unterschied zur Situation im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert erfolgt die Ausbildung im dualen System an<br />

den beiden Lernorten Betrieb <strong>und</strong> beruflicher Schule mit Ergänzung durch die überbetrieblichen<br />

Lehrgänge als prinzipiell drittem Lernort.<br />

Dargestellt wird eine Unterrichtssituation in einem real nachempf<strong>und</strong>enen Fachraum <strong>der</strong> Berufsschule.<br />

Dieser bietet die Möglichkeit, die integrative Verknüpfung des Theorie- <strong>und</strong> Praxisunterrichts<br />

zu veranschaulichen <strong>und</strong> somit den Wandel <strong>der</strong> Unterrichts- <strong>und</strong> Ausbildungsmethoden<br />

zu veranschaulichen.<br />

An einem größeren Tisch innerhalb des Unterrichtsraums werden die für die Bearbeitung des<br />

vorgegebenen Lehrgegenstands benötigten Materialien (z. B. Schulbücher, Fachliteratur, Arbeitsblätter<br />

etc.) für die Schüler deponiert <strong>und</strong> den Besuchern zugänglich gemacht.<br />

Ein für die Intention <strong>der</strong> Ausstellung geeignetes fachliches Thema könnte ein Teilkomplex<br />

aus dem Getreidebau sein, auf das sich sowohl die angesprochenen Unterrichtsmaterialien als<br />

auch <strong>der</strong> praktische Anteil im Unterricht beziehen. Der Theorieanteil wird durch Tafelbil<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> Anschauungsmittel z. B. über den Zusammenhang Photosynthese-Wachstumsprozesse<br />

o<strong>der</strong> die vegetativen <strong>Entwicklung</strong>sphasen des Getreides komplettiert, was zugleich die gestiegenen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Ausbildung vor Augen führt.<br />

Im Fachraum befinden sich ebenfalls Elemente des praktischen Unterrichts. Dies bietet die<br />

Möglichkeit, z. B. über einfache Experimente zu Bodenanalyse <strong>und</strong> -profile, reale Exponate<br />

zu präsentieren <strong>und</strong> mit einer Eigenaktivität für die Besucher zu verbinden. Zusätzlich können<br />

über Mikroskope bzw. Stereoskope Präparate <strong>von</strong> pflanzlichen Geweben o<strong>der</strong> Schädlingen in<br />

Verbindung mit einer Fragestellung den Erlebnischarakter des Museumsbesuchs erhöhen. Ein<br />

ähnlicher Effekt könnte mit einer Nachahmung <strong>der</strong> Saatgut- o<strong>der</strong> Düngemittelbeurteilung<br />

sowie Mischungskomponenten für Erden <strong>und</strong> Substrate aus dem Gartenbau erzielt werden.<br />

Die Besucher können die Materialien erfühlen, hierzu ist auch ein kleines Ratespiel denkbar:<br />

in einer „black box“ befinden sich verschiedene Saatgutformen aus Landwirtschaft <strong>und</strong> Gartenbau,<br />

Bodenbestandteile o<strong>der</strong> geperlte Düngemittelformen (jeweils hygienisch unbedenklich),<br />

<strong>der</strong>en Art durch Hineintasten <strong>und</strong> Befühlen herausgef<strong>und</strong>en wird.<br />

Der Lernort Betrieb stellt den in <strong>der</strong> Schule erworbenen Kenntnissen <strong>und</strong> Fertigkeiten die<br />

Anwendung in <strong>der</strong> Praxis gegenüber. In <strong>der</strong> Ausstellung wird dieser Aspekt über reale Exponate<br />

mit Beschreibungen des Arbeitsablaufs wie z. B. Abdrehen <strong>der</strong> Sämaschine, Bereitung<br />

des Saatbetts o<strong>der</strong> Düngemaßnahmen realisiert. Anknüpfungsmöglichkeiten ergeben sich hier<br />

insbeson<strong>der</strong>e durch die Insellösung innerhalb <strong>der</strong> bestehenden Agrarabteilung des Deutschen<br />

Museums, in <strong>der</strong> diese Exponate bereits ausgestellt sind. Auszüge eines Berichtshefts im Original,<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsrahmenplan <strong>und</strong> Abschlussprüfungen <strong>der</strong> letzten Jahre – eventuell im<br />

Vergleich zu Exemplaren aus dem 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert – r<strong>und</strong>en den Teilkomplex ab.<br />

Der aktuelle Stand kann keinen Absolutheitsanspruch auf dauernden Bestand haben <strong>und</strong> ist<br />

auch nur eine Momentaufnahme des sich stetig wandelnden Ausbildungssystems. Der Station<br />

schließt sich deswegen ein Ausblick in mögliche künftige <strong>Entwicklung</strong>en an. Anhand <strong>von</strong><br />

vorgegebenen Begriffen <strong>und</strong> bildlichen Darstellungen können die Besucher fiktive Berufsbezeichnungen,<br />

Berufsbil<strong>der</strong> u. Ä. zusammensetzen.<br />

25


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Abb. 2 zeigt Station 3 im Gesamtzusammenhang:<br />

Baustein 1: Berufsausbildung im Rahmen <strong>der</strong> Zünfte<br />

Nachweis <strong>der</strong> ehrlichen Geburt:<br />

War ihr Vater Henker, Schin<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Abdecker?<br />

Ja Nein<br />

Baustein 2: Erste Bildungseinrichtungen<br />

Baustein 3: Von <strong>der</strong> Fortbildungsschule zur Berufsschule<br />

„Unentbehrliche Voraussetzung<br />

auch für die bescheidenste<br />

fachliche Ausbildung<br />

ist die alte Menschheitserfindung<br />

des Lesens <strong>und</strong><br />

Schreibens.“<br />

(Anfang des 19. Jahrhun-<br />

Baustein 4: Agrarausbildung in DDR <strong>und</strong> BRD<br />

Baustein 5: Aktueller Stand <strong>und</strong> Ausblick<br />

Lernort Betrieb<br />

eheliche Geburt<br />

freie Geburt<br />

ehrliche Geburt<br />

1. Stufe: Leiter eines Gutsbetriebes<br />

2. Stufe: mittlere Ebene des Gutsbetriebes<br />

Verwalter, Schreiber, Hofmeister<br />

Ler- Lernort<br />

„Ohne Gott <strong>und</strong> Sonnenschein bringen<br />

wir die Ernte ein.“<br />

Propagandaspruch um 1950<br />

Lernort Schule<br />

26<br />

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“<br />

Aufdingung Lehrzeit Lossprechung


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

2.4 Station 4: Berufe im Bereich des Umweltschutzes<br />

Station 4 visualisiert die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Umweltberufe anhand <strong>der</strong> Einbettung in den Gesamtkomplex<br />

<strong>der</strong> Umweltproblematik. Den Ausgangspunkt bildet hierbei eine Darstellung <strong>der</strong><br />

Beeinträchtigung ökologischer Systeme durch menschliche Einflüsse. Nach dem Erkennen<br />

dieser Beeinträchtigungen bzw. Zerstörungen folgt die langsame Bildung eines Bewusstseins<br />

für die Notwendigkeit <strong>von</strong> Schutzmaßnahmen <strong>und</strong> die Verfügbarkeit entsprechen<strong>der</strong> technischer<br />

Lösungen. Steigende Ansprüche an spezialisierte Tätigkeiten erfor<strong>der</strong>n schließlich einzelne<br />

Berufe mit entsprechen<strong>der</strong> Qualifizierung <strong>und</strong> Verstetigung im beruflichen Bildungswesen.<br />

Exemplarisch werden für die <strong>Visualisierung</strong> die dualen Ausbildungsberufe Fachkraft für Abwassertechnik<br />

<strong>und</strong> Fachkraft für Kreislauf- <strong>und</strong> Abfallwirtschaft herausgegriffen, weil sich<br />

hier starke Anknüpfungsmöglichkeiten an die bereits existierende Ausstellung Umwelt im<br />

Deutschen Museum ergeben. Aus dem Bereich <strong>der</strong> Erstausbildungen außerhalb des dualen<br />

Systems (Berufsfachschulen bzw. Berufskolleg) wird <strong>der</strong> Ausbildungsgang Umweltschutztechnische/r<br />

Assistent/in dargestellt.<br />

Ziel <strong>der</strong> Station 4 (Umweltschutz) ist mithin,<br />

• die Einbettung <strong>der</strong> Berufsbildung in den soziokulturellen Kontext zu verdeutlichen,<br />

• die Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich <strong>der</strong> Berufe mit Bezug<br />

zum Umweltschutz aufzuzeigen <strong>und</strong> damit auch die Vielfalt des beruflichen<br />

Bildungswesens zu dokumentieren <strong>und</strong> darüber hinaus<br />

• an exemplarisch ausgewählten Beispielen die unterschiedlichen Formen <strong>der</strong><br />

Berufsausbildung einan<strong>der</strong> gegenüberzustellen.<br />

2.4.1 <strong>Visualisierung</strong><br />

Für die <strong>Visualisierung</strong> dieses Komplexes kann auf geeignete Anknüpfungspunkte <strong>der</strong> bereits<br />

bestehenden Umweltausstellung im Deutschen Museum zurückgegriffen werden, in <strong>der</strong> die<br />

Umweltproblematik ausführlich dokumentiert ist. Im Rahmen dieser Ausstellung werden dem<br />

Besucher in vier Teilbereichen die ökologischen Zusammenhänge erklärt, Belastungen <strong>der</strong><br />

Umwelt aufgezeigt <strong>und</strong> die Geschichte des Umweltbewusstseins erläutert.<br />

Der erste Teilbereich dokumentiert den Aspekt <strong>der</strong> exponentiell gestiegenen Bevölkerungsrate<br />

<strong>der</strong> Erde <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit korrelierenden Beanspruchungen <strong>der</strong> natürlichen Ressourcen. Die<br />

resultierenden Umweltbelastungen werden durch einen „Müllturm“ veranschaulicht, in dem<br />

die Abfallmenge eines Menschen innerhalb eines Halbjahres gesammelt ist. Daneben werden<br />

Informationen zum Wasserkreislauf <strong>und</strong> zur Abwasserklärung geboten. Auch eine Darstellung<br />

zur Geschichte des Umweltbewusstseins findet hier ihren Platz.<br />

Der Teilbereich „Belastungen unserer Umwelt“ greift u. a. das Thema <strong>der</strong> Wasserreinhaltung<br />

auf. Ein Multimediaturm bietet die Möglichkeit, sich einen Überblick auch über die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Abwasserklärung zu verschaffen.<br />

Die Einbettung in den sozioökonomischen Kontext mit <strong>der</strong> Verschärfung <strong>der</strong> Umweltproblematik<br />

im industriellen Zeitalter, <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> technischer Lösungen <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entstehung</strong><br />

eines breit gefächerten Umweltbewusstseins ab den 70er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts ist damit<br />

hinreichend gewährleistet.<br />

Als Erweiterung <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung um den Komplex <strong>der</strong> Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

wird vor diesem Hintergr<strong>und</strong> eine Ergänzung um zwei Bausteine vorgeschlagen:<br />

Ein erster Baustein widmet sich <strong>der</strong> Geschichte erster beruflicher Tätigkeiten im Umweltschutzbereich<br />

an einem exemplarischen Beispiel <strong>und</strong> veranschaulicht die breite Palette aktueller<br />

Berufe mit Bezug zum Umweltschutz.<br />

27


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Baustein 2 knüpft vor allem an die Multimediasäule zum Thema Wasser an <strong>und</strong> stellt die Berufsausbildung<br />

zum Ver- <strong>und</strong> Entsorger bzw. zu den vier Nachfolgeberufen dar, <strong>der</strong> Beruf des<br />

umwelttechnischen Assistenten kann an die Exponate <strong>der</strong> umweltanalytischen Messinstrumente<br />

angedockt werden.<br />

Baustein 1: Berufe im Umweltschutz – Geschichte <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />

Der Müllturm liefert den Ausgangspunkt für die Darstellung <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeiten im<br />

historischen Abriss. In Verbindung mit einer Collage aus Grafiken, Karikaturen, Zeitungsmeldungen<br />

etc. wird das Ausmaß <strong>der</strong> Umweltzerstörungen vor Augen geführt <strong>und</strong> zugleich<br />

auch die Notwendigkeit <strong>und</strong> die Verpflichtung zu Umweltschutzmaßnahmen verdeutlicht.<br />

Die ersten beruflichen Tätigkeiten im Umweltschutz entstanden in den aufstrebenden Städten<br />

des Mittelalters. Das Fehlen einer geordneten Entsorgung <strong>und</strong> Kanalisation führte hier dazu,<br />

dass Abfälle <strong>und</strong> Fäkalien <strong>der</strong> Einfachheit halber auf die Straßen gekippt o<strong>der</strong> in den Zwischenräumen<br />

zweier benachbarter Häuser deponiert wurden. „Nachtkönige“ o<strong>der</strong> „Pappenheimer“<br />

hatten die Aufgabe, diese Abfälle zu entsorgen. In Anbindung an die Müllsäule werden<br />

durch Grafiken die mittelalterlichen Gepflogenheiten zur Müllentsorgung dokumentiert.<br />

Ein Quiz (mechanische Klapptafeln o. Ä.) vergegenwärtigt dem Besucher die mittelalterliche<br />

Tätigkeit des „Nachtkönigs“:<br />

Ein „Nachtkönig“ war im Mittelalter…<br />

§ <strong>der</strong> Herrscher <strong>der</strong> Stadt <strong>von</strong> Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang<br />

§ ein „Partylöwe“ in den Vorläufern <strong>der</strong> heutigen Discos<br />

§ ein Arbeiter, <strong>der</strong> in den Nachtst<strong>und</strong>en den Abfall zu entsorgen hatte<br />

Mit zunehmen<strong>der</strong> Bevölkerungsdichte <strong>und</strong> Komplexität <strong>der</strong> Eingriffe des Menschen in seine<br />

Umwelt vor allem nach <strong>der</strong> industriellen Revolution reichten diese relativ einfachen Maßnahmen<br />

nicht mehr aus. Zum Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wurde <strong>der</strong> Bau <strong>von</strong> Kanalisations-<br />

<strong>und</strong> Kläranlagen in Form <strong>von</strong> Rieselfel<strong>der</strong>n verstärkt, die gestiegenen Anfor<strong>der</strong>ungen an die<br />

Abwasserklärung erfor<strong>der</strong>ten nunmehr Spezialisten. Diesen Zusammenhang verdeutlichen<br />

geeignete Grafiken mit Darstellungen zur technologischen Verän<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> mit einer Beschreibung<br />

des Ausbildungsgangs zum Klärfacharbeiter <strong>der</strong> 60er <strong>und</strong> 70er Jahre des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts:<br />

Mit <strong>der</strong> technischen <strong>und</strong> wissenschaftlichen Weiterentwicklung entstehen ab den 70er <strong>und</strong><br />

80er Jahren hoch technisierte Kläranlagen, <strong>der</strong>en Bedienung <strong>und</strong> Wartung schließlich eine<br />

gezielte Ausbildung erfor<strong>der</strong>n. Eine Schautafel dokumentiert diese Verän<strong>der</strong>ung:<br />

„Mangelndes Fachpersonal bei immer komplizierter werden<strong>der</strong> Technik, verschärfte<br />

Umweltgesetzgebung, immer höhere Anfor<strong>der</strong>ungen im naturwissenschaftlichen<br />

Bereich, zunehmende Probleme in <strong>der</strong> Ver- <strong>und</strong> Entsorgung <strong>und</strong> nicht zuletzt das<br />

Fehlen anerkannter Ausbildungsberufe in diesem Bereich“ führen 1984 zum<br />

ersten Ausbildungsberuf:<br />

Ver- <strong>und</strong> Entsorger<br />

Fachrichtung Wasserversorgung, Abwasser, Abfall<br />

2002: Neuordnung des Berufes:<br />

Fachkraft für Abwassertechnik<br />

Fachkraft für Wasserversorgungstechnik<br />

Fachkraft für Kreislauf- <strong>und</strong> Abfallwirtschaft<br />

Fachkraft für Rohr-, Kanal- <strong>und</strong> Industrieservice<br />

28


B. Küster Agrarwirtschaft <strong>und</strong> Umweltschutz<br />

Im Anschluss daran wird dem Besucher die Möglichkeit geboten, sich über den aktuellen<br />

Stand <strong>der</strong> Berufe im Bereich Umweltschutz zu informieren. In <strong>der</strong> technischen Realisierung<br />

bietet sich hierzu ein PC-gestütztes System an, das auf die entsprechenden Webseiten<br />

(http://berufenet.arbeitsamt.de) verweist, entwe<strong>der</strong> lokal auf Festplatte gespeichert o<strong>der</strong> auf<br />

direktem Weg mit Zugang zum Internet.<br />

Den Abschluss des Bausteins 1 könnte ein fiktiver Ausblick auf zukünftige <strong>Entwicklung</strong>en<br />

bieten, um auch hier den stetigen Wandel <strong>der</strong> Berufswelt zu verdeutlichen: Ein Beruf als<br />

„anthropogener Energieerzeuger“ etwa wird durch ein Standfahrrad mit Dynamo zur Stromerzeugung<br />

symbolisiert. Der Besucher kann hier in Eigenaktivität die nötige Energie zum<br />

Betreiben einer Lampe o. Ä. erzeugen.<br />

Baustein 2: Formen <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

Baustein 2 greift exemplarisch zwei Berufe aus dem Bereich des Umweltschutzes heraus <strong>und</strong><br />

zeigt die Spezifika <strong>der</strong> jeweiligen Berufsausbildung. Mit <strong>der</strong> Fachkraft für Abwassertechnik<br />

wird eine Berufsausbildung im dualen System präsentiert. Der umweltschutztechnische Assistent<br />

zeigt eine zweite Form des deutschen Berufsbildungssystems, die Ausbildung an einer<br />

Berufsfachschule.<br />

Über eine Schautafel werden die unterschiedlichen Ausbildungswege erläutert, Bil<strong>der</strong> zur<br />

Berufsausbildung, Unterrichtsmaterialien, Lehrpläne, Auszüge aus Rahmenlehrplänen etc.<br />

r<strong>und</strong>en das Bild ab. Denkbar sind auch berufsk<strong>und</strong>liche Kurzfilme o<strong>der</strong> audiovisuelle Interviews<br />

mit Auszubildenden, in denen persönliche Eindrücke <strong>und</strong> Erfahrungen Platz finden<br />

können.<br />

In Anbindung an vorhandene Exponate (umweltanalytische Messgeräte) kann die Tätigkeit<br />

eines umwelttechnischen Assistenten aufgegriffen <strong>und</strong> eine weitere Besucheraktivität ermöglicht<br />

werden. Denkbar sind z. B. einfache chemische Experimente bzw. Messverfahren<br />

(Nachweis des Säuregehalts einer Lösung über pH-Indikator) o<strong>der</strong> die Betrachtung mikroskopischer<br />

Aufnahmen <strong>von</strong> Wasserorganismen.<br />

Verschiedene Vorrichtungen zur Umweltanalyse,<br />

www.deutsches-museum.de/ausstell/dauer/umwelt/umwelt1.htm<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Vielfältige Untersuchungen über die Motivation für den Besuch eines Museums haben ergeben<br />

1 , dass Besucher<br />

- ein kognitives Erlebnis suchen (83% gaben an, etwas Neues lernen zu wollen)<br />

- den Museumsbesuch als soziales Erlebnis verstehen (für zwei Drittel ist <strong>der</strong> Besuch eines<br />

Museums ein solches Erlebnis gemeinsam mit <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> mit Fre<strong>und</strong>en)<br />

- ins Museum gehen, um kostbare <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> seltene Dinge Original sehen zu können<br />

(92% gaben dies als Motiv an)<br />

- ins Museum gehen, um Kontemplation zu suchen (d. h. sich zum Nachdenken über an<strong>der</strong>e<br />

Epochen, die eigene Kindheit, Reiseerinnerungen o. Ä. anregen zu lassen).<br />

Daneben lassen sich weiter individuelle Motive zum Museumsbesuch feststellen:<br />

- den Museumsbesuch mit einer Fortbildungsveranstaltung zu verbinden,<br />

- im Museum Hinweise für eine wissenschaftliche Arbeit zu finden,<br />

- sich in <strong>der</strong> persönlichen Berufsfindung zu orientieren <strong>und</strong> Vieles mehr.<br />

Gerade den zuletzt genannten Aspekt möchte die Ausstellung „<strong>VISUBA</strong>“ beson<strong>der</strong>s berücksichtigen;<br />

jedoch soll die Konzeption insgesamt auch den eingangs eingeführten Erwartungshaltungen<br />

gerecht werden.<br />

Das ist kein leichtes Unterfangen bei einem Bereich wie dem <strong>der</strong> <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Entstehung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Druck- <strong>und</strong> Medienberufe, <strong>der</strong> einen immensen Zeitraum (ca. 5000<br />

Jahre) abdecken muss. Zwangsläufig können in diesem Zeitraum nur einige exemplarische<br />

Stationen herausgegriffen werden, anhand <strong>der</strong>er die facettenreiche <strong>Entwicklung</strong> vom Schreiber<br />

im alten Ägypten bis hin zum Mediengestalter unserer Zeit nachgezeichnet werden soll.<br />

Wo also beginnen mit dem Beginn <strong>der</strong> Schriftlichkeit <strong>von</strong> Informationen? Die am weitesten<br />

zurückreichenden „Schriftzeichen“ stellen die Höhlenmalereien <strong>von</strong> Lascaux dar, eine <strong>der</strong><br />

ältesten verbürgten Nachweise für eine bildliche Darstellung <strong>von</strong> vermutlich religiösen o<strong>der</strong><br />

kultischen Inhalten.<br />

Diese Frühformen tauchen dann in <strong>der</strong> Hieroglyphenschrift <strong>der</strong> Ägypter bzw. den chinesischen<br />

Schriftzeichen in abgewandelter Form wie<strong>der</strong> auf. Wir wollen jedoch nicht bis in diese<br />

Anfänge <strong>der</strong> schriftlichen/bildlichen Kommunikation zurückgehen, son<strong>der</strong>n als Beginn <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sgeschichte <strong>von</strong> <strong>der</strong> Erfindung <strong>der</strong> Schrift etwa 3000 v. Chr. ausgehen. 2<br />

Als Schriftk<strong>und</strong>ige besaßen die Schreiber (eine eigene Bezeichnung für Lehrer gab es damals<br />

noch nicht) einen sehr hohen Status. So heißt es z. B. in <strong>der</strong> Lehre des Cheti, einer Art ältester<br />

Informationsschrift über Berufe: „Es gibt kein Handwerk, bei dem dir nicht jemand Befehle<br />

erteilt, ausgenommen das des Schreibers, denn er ist es, <strong>der</strong> die Befehle gibt.“<br />

In dieser Lehre des Cheti wird also <strong>der</strong> Beruf des Schreibers allen an<strong>der</strong>en nie<strong>der</strong>en Berufen<br />

<strong>und</strong> Beschäftigungen als überlegen dargestellt. Sie gilt allgemein als älteste überlieferte Berufssatire,<br />

„da alle nicht dem Schreiberstand angehörenden Berufe in teilweise überpointiertscharfer<br />

bis humoristisch-karikieren<strong>der</strong> Form geschil<strong>der</strong>t <strong>und</strong> abqualifiziert werden, um dafür<br />

einzig <strong>und</strong> allein die Schreibtätigkeit um so leuchten<strong>der</strong> als das allein erstrebenswerte Berufsideal<br />

anzupreisen.“ 3<br />

Im vermutlich ersten Schulbuch <strong>der</strong> Weltgeschichte, <strong>der</strong> Textsammlung „Kemit“ (= das Vollkommenene,<br />

Vollendete), die ca. 1900 v. Chr. entstanden ist, heißt es gar:<br />

„Werde Schreiber, das bewahrt dich vor Mühsal <strong>und</strong> schützt dich vor je<strong>der</strong> Art <strong>von</strong> Arbeit. Es<br />

1<br />

Schäfer, Hermann: Besucherforschung im Haus <strong>der</strong> Geschichte. In: Museumsfragen. Museen <strong>und</strong> ihre Besucher.<br />

Berlin 1996, S. 143-155<br />

2<br />

Waetzold, Hartmut: Der Schreiber als Lehrer in Mesopotamien. In: Liedtke u. a. (Hrsg.): Schreiber. Magiker.<br />

Lehrer. Bad Heilbrunn 1989, S. 33<br />

3<br />

Grimm, Alfred / Schoske, Sylvia: Stimmen vom Nil. Altägypten im Spiegel seiner Texte. München 2002, S. 40<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

befreit dich da<strong>von</strong>, die Hacke o<strong>der</strong> den Korb tragen zu müssen o<strong>der</strong> das Ru<strong>der</strong> zu bewegen.<br />

Es schützt dich vor Qualen, denn du hast nur wenige Herren <strong>und</strong> Vorgesetzte über dir.“ 4<br />

Dieses Buch kann demnach als eine Art Imagewerbung für den Beruf des Schreibers aufgefasst<br />

werden, schließt doch die Textsammlung mit <strong>der</strong> Versicherung:<br />

„Werdet Beamte! Denn ein Schreiber auf irgendeinem Posten des Staates, <strong>der</strong> leidet dort<br />

wahrlich keine Not!“ 5<br />

Es war zu dieser Zeit beliebt bei hohen Beamten sich als Schreiber darstellen zu lassen. In<br />

einer Ausstellung im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst (Dez. 2002 – Mai 2003) war als<br />

beeindruckendes Exponat eine Statue aus schwarzem Granit zu sehen, die einen Schreiber zur<br />

Zeit um 1400 v. Chr. darstellt. Über seiner Schulter hing das damals verwendete Schreibzeug<br />

(u. a. Binsen als Schreibfe<strong>der</strong>n) <strong>und</strong> auf seinen Knien lag eine teilweise entrollte, mit Hieroglyphen<br />

beschriebene Papyrusrolle.<br />

Im Ausstellungskatalog heißt es zu dieser Statue:<br />

„Mit <strong>der</strong> Figur des Schreibers … verbindet <strong>der</strong> Ägypter den Weisen, <strong>der</strong> seine Sicht <strong>der</strong> Welt<br />

auf <strong>der</strong> Papyrusrolle festhält <strong>und</strong> mit sich trägt. …Darüber hinaus ist die Schreiberfigur die<br />

Darstellung eines hohen sozialen <strong>und</strong> beruflichen Ranges. Sie kennzeichnet den Schriftk<strong>und</strong>igen,<br />

<strong>der</strong> die Spitzenposition <strong>der</strong> Staatsverwaltung einnimmt.“ 6<br />

Vorgeschlagene Aktivität zu dieser 1. Station:<br />

Schreibutensilien, die in Ägypten verwendet wurden, nachbilden <strong>und</strong> Besucher mit Binsenfe<strong>der</strong>n<br />

Schriftzeichen nachvollziehen lassen.<br />

Weitere <strong>Visualisierung</strong>smöglichkeit:<br />

Ausstellung eines Original-Papyrus, Darstellung <strong>von</strong> Ostraka (Tontafeln) o<strong>der</strong> Gefäßen, auf<br />

die geschrieben wurde.<br />

Von <strong>der</strong> Lehre des Cheti existiert in <strong>der</strong> Sammlung des Staatlichen Museums Ägyptische<br />

Kunst in München ein Ostrakon. Die oben beschriebene Statue eines Schreibers stammt aus<br />

<strong>der</strong> Sammlung des Ägyptischen Museums in Berlin.<br />

Über die Berufsausbildung zum Schreiber gibt es nur unzureichende Quellen. Aus ihnen geht<br />

zudem nicht eindeutig hervor, zu welcher Tageszeit <strong>der</strong> Unterricht stattfand. Fischer-Elfert 7<br />

geht da<strong>von</strong> aus, dass in <strong>der</strong> Verwaltung tätige Beamte diesen Unterricht hielten <strong>und</strong> dass es<br />

feste Unterrichtszeiten gegeben haben muss.<br />

Die Schüler hatten die klassischen Werke <strong>der</strong> altägyptischen Literatur abzuschreiben, entwe<strong>der</strong><br />

<strong>von</strong> einer Vorlage o<strong>der</strong> nach Diktat. Im Buch „Kemit“ finden sich als Lehrstoff offizielle<br />

Einleitungsfloskeln <strong>von</strong> Briefen, Höflichkeitsformen, mit denen Ranghöhere angesprochen<br />

wurden, o<strong>der</strong> Schreibanleitungen für Biografien, die vor allem in Gräbern die Wände zierten.<br />

Fischer-Elfert weist in seinem Aufsatz aber auch darauf hin, dass es zur damaligen Zeit auch<br />

Kritik am Schreiberstand <strong>und</strong> seinen Ausbildungsmethoden gegeben hat, die sich darauf richtet,<br />

dass das „unreflektierte Dahersagen <strong>von</strong> Passagen aus literarischen Standardwerken“<br />

nichts mit Bildung zu tun habe. Der Verfasser betont in diesem Zusammenhang auch, dass<br />

das <strong>von</strong> den schriftlichen Quellen gezeichnete Bild des Schreibers stark idealisiert sei.<br />

„Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die eigene Abgrenzung gegenüber den übrigen, als min<strong>der</strong>wertig<br />

betrachteten Berufen. Es darf hierbei nicht vergessen werden, dass die relevanten Texte<br />

durchweg aus <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong> <strong>von</strong> Angehörigen aus <strong>der</strong> eigenen Zunft stammen, die Perspektive<br />

also stets die gleiche, einseitige ist.“ 8<br />

4 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 41<br />

5 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 42<br />

6 Grimm, Schoske: a.a.O., S. 44<br />

7 <strong>der</strong>s., Hans-Werner: Der Schreiber als Lehrer in <strong>der</strong> frühen ägyptischen Hochkultur. In: Liedke: Schreiber,<br />

Magister, Lehrer. S. 61<br />

8 Fischer-Elfert: a.a.O., S. 68<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

2. Station: Mittelalterliche Skriptorien<br />

An die 96 Prozent <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung im Mittelalter waren des Lesens <strong>und</strong> Schreibens<br />

nicht k<strong>und</strong>ig. 9<br />

Anfangs bestand die mittelalterliche Kultur überwiegend aus einer oralen Kultur. Über die<br />

Frage, wie weit <strong>und</strong> wie lange sich das mittelalterliche Analphabetentum ausgebreitet hat, gibt<br />

es wi<strong>der</strong>sprüchliche Aussagen. „Es gibt prominente Beispiele, <strong>von</strong> Karl dem Großen, dem<br />

Initiator einer großen geistig-künstlerischen Renaissance, <strong>der</strong> anscheinend lesen konnte, aber<br />

das Schreiben nie gelernt hat bis zu den späteren Jahrh<strong>und</strong>erten: … 1358 konnten <strong>von</strong> dreizehn<br />

Meißner Domherren fünf nicht unterschreiben, 1370 <strong>von</strong> den dreizehn Angehörigen des<br />

Brixener Domkapitels nicht ein einziger.“ 10<br />

Bis ins 12. Jahrh<strong>und</strong>ert waren die Klöster fast die alleinigen Zentren des geistigen Lebens. In<br />

Klosterschulen erhielten Geistliche ihre Ausbildung; in den Skriptorien (Schreibstuben) wurden<br />

in mühsamer Arbeit Bücher kopiert. Die Tätigkeit eines Schreibers wurde als körperlich<br />

beeinträchtigend empf<strong>und</strong>en. Aufschluss darüber gibt die Notiz eines Schreibers aus dem 8.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert:<br />

„O glücklichster Leser, wasche Deine Hände <strong>und</strong> fasse so das Buch an, drehe die Blätter<br />

sanft, halte die Finger weit ab <strong>von</strong> den Buchstaben, <strong>der</strong>, <strong>der</strong> nicht weiß zu schreiben, glaubt<br />

nicht, dass dies eine Arbeit sei. O, wie schwer ist das Schreiben. Es trübt die Augen, quetscht<br />

die Nieren <strong>und</strong> bringt zugleich allen Glie<strong>der</strong>n Qual. Die Finger schreiben, <strong>der</strong> ganze Körper<br />

leidet.“ 11<br />

Wie angesehen <strong>der</strong> Schreiberberuf dennoch auch im Mittelalter war, bezeugen Anmerkungen<br />

in Chroniken. So wird in einer Handschrift aus <strong>der</strong> Bayerischen Staatsbibliothek aus dem Jahr<br />

1160 eine Abbildung gezeigt, die einen Schreiber auf dem Totenbett darstellt. Seine Arbeit<br />

wird im Beisein Christi in <strong>der</strong> Waagschale <strong>der</strong> gesamten Werke gewogen. Der Erfolg zeigt<br />

sich in <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> Seele in den Himmel.<br />

Im Skriptorium wurden die Schreibtätigkeiten abgestuft:<br />

„Wenn ein Kloster eine große Bibliothek aufzubauen gedachte, … konnte die Gemeinschaft<br />

<strong>der</strong> Schreiber <strong>und</strong> Maler einen lebendigen Organismus bilden. Jüngere Personen, die in diese<br />

Gemeinschaft eintraten, wurden je nach Eignung <strong>und</strong> Übung vom einfachen Arbeiten stufenweise<br />

an qualifiziertere Arbeiten herangeführt, bis hin zum Schreiben liturgischer Bücher.“ 12<br />

Die Texte wurden überwiegend lateinisch geschrieben, sodass sich allmählich zwei Gruppen<br />

formierten, die des lateink<strong>und</strong>igen Mönchs o<strong>der</strong> Klerikers, des litteratus, <strong>und</strong> des schrift- <strong>und</strong><br />

lateinunk<strong>und</strong>igen Laien, des illitteratus. Bis in die Neuzeit blieben zwar Abteien <strong>und</strong> Stifte<br />

Träger <strong>der</strong> Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung. Mit dem Aufkommen <strong>der</strong> Städte im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

werden jedoch durch den zunehmenden Fernhandel Kenntnisse notwendig, die mit lateinischer<br />

Grammatik <strong>und</strong> Rhetorik nichts mehr zu tun haben. Ab Mitte des 13. Jahrh<strong>und</strong>erts trat<br />

das städtische Bürgertum als Schulträger <strong>und</strong> oft auch Konkurrent <strong>der</strong> kirchlichen Lehranstalten<br />

auf. „Der Unterricht in <strong>der</strong> Umgangssprache bricht das Bildungsmonopol <strong>der</strong> Geistlichen<br />

<strong>und</strong> zielt die Verweltlichung <strong>der</strong> Kultur nach sich.“ 13<br />

<strong>Visualisierung</strong>svorschlag: Der Film „Der Himmel voller Bil<strong>der</strong>“, hergestellt vom Bayerischen<br />

R<strong>und</strong>funk 1995 zeigt die <strong>Entstehung</strong> des Perikopenbuchs Heinrichs II. <strong>und</strong> dokumentiert u. a.<br />

die Herstellung des Pergaments, die Buchmalerei <strong>und</strong> die Technik des Buchbindens. Der eindrucksvolle<br />

Film verdeutlicht allgemein die Bedeutung des Schreibens im frühen Hochmittelalter,<br />

das als verdienstvolles Tun empf<strong>und</strong>en wurde, das dem Schreiber Gnade vor Gott gewährt.<br />

9 Otto Borst: Alltagsleben im Mittelalter. Ffm 1983, S. 502. Um 1200 lebten in Deutschland r<strong>und</strong> acht Millionen<br />

Menschen (Kuschner, Joachim: Deutschland im späten Mittelalter. Göttingen 1995, S. 25)<br />

10 Borst: a.a.O., S. 513<br />

11 CD-ROM „Geschichte multimedial“, hergestellt vom Bayerischen R<strong>und</strong>funk<br />

12 a.a.O.<br />

13 Borst: a.a.O., S. 516<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Zur Bedeutung <strong>der</strong> Städte für die <strong>Entstehung</strong> <strong>von</strong> Berufen<br />

Exkurs: Die Ausbildung städtischer Lebensformen (Hans-Werner Goetz: Leben im Mittelalter,<br />

München 1986)<br />

„Diese <strong>Entwicklung</strong> erst för<strong>der</strong>te die Ausbildung eines typisch städtischen Lebens, das durch<br />

die Nachbarschaft in engen Hausparzellen sowie einerseits durch ein Zusammensiedeln gleicher<br />

Berufe in <strong>der</strong>selben Straße o<strong>der</strong> im gleichen Viertel, an<strong>der</strong>erseits durch die Ansammlung<br />

verschiedenster Berufe <strong>und</strong> Schichten vom reichen Patrizier bis zum abhängigen Hausdiener<br />

auf engem Raum geprägt war. Dass die einzelnen Schichten in <strong>der</strong> Stadt sich sehr wohl in<br />

ihrer Lebensführung sowohl im privaten wie auch im öffentlichen Bereich unterschieden,<br />

versteht sich <strong>von</strong> selbst. Die reichen Bürger erstrebten noch kein ‚bürgerliches’ Leben, das<br />

sich eher als zwangsläufige Folge <strong>der</strong> tatsächlich an<strong>der</strong>sgearteten, eben städtischen Bedingungen<br />

entwickelte, sie suchten vielmehr in mancherlei Hinsicht das adlige Leben nachzuahmen.<br />

(…)<br />

Die unteren Schichten, die vielfach am Rande des Existenzminimums lebten, konnten sich ein<br />

solches Leben nicht leisten, den aufstrebenden Mittelschichten aber wurde es geradezu untersagt,<br />

denn spätestens seit dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert wurden die sozialen Schranken in vielen Städten<br />

gesetzlich verankert. ‚Dienende Knechte’ durften (etwa in Augsburg) an keinem Reigen<br />

teilnehmen, bei dem eine Bürgerin anwesend war, keine große Hochzeit feiern, sie wurden<br />

auf eine bestimmte Klei<strong>der</strong>ordnung festgelegt <strong>und</strong> zumindest de facto <strong>von</strong> jedem politischen<br />

Einfluss ferngehalten. So konnten sich, trotz (<strong>und</strong> wegen) <strong>der</strong> Einheit des Lebensraumes ständische<br />

Unterschiede auch in <strong>der</strong> Stadt entwickeln. (…)<br />

Das Leben <strong>der</strong> Handwerker war vornehmlich durch ihre Arbeit geprägt, wobei sich dem<br />

Meister aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> sozialen Stellung <strong>und</strong> <strong>der</strong> selbständigen Tätigkeit weit größere Möglichkeiten<br />

boten als dem Gesellen. Auch wenn ihnen <strong>der</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> Jahreszeit meist unabhängige<br />

Arbeitsrhythmus größere Spielräume ließ als dem Bauern, so verhin<strong>der</strong>te doch schon die<br />

Kombination <strong>von</strong> Werkstatt <strong>und</strong> Wohnung in einem Haus eine geregelte Arbeitszeit. An<strong>der</strong>erseits<br />

wuchs durch die Arbeit im eigenen Haus die Familie zu einer engeren Lebensgemeinschaft<br />

zusammen, zumal die im Haus lebenden Gesellen <strong>und</strong> Lehrlinge hier integriert <strong>und</strong> die<br />

Handwerkerfrauen vielfach am eigenen Betrieb <strong>und</strong> am städtischen Wirtschaftsleben beteiligt<br />

waren. …<br />

Die Bevölkerungskonzentration <strong>und</strong> das Treiben in <strong>der</strong> Stadt för<strong>der</strong>ten auch die Zunahme <strong>von</strong><br />

Dienstleistungsberufen, die teils, wie <strong>der</strong> Büttel o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Henker im ‚öffentlichen’ Dienst als<br />

Funktionsträger des Stadtherrn <strong>und</strong> des Rates agierten, teils aber auch private Geschäfte betrieben.<br />

Der Reiseverkehr för<strong>der</strong>te die Einrichtung <strong>von</strong> Gasthäusern; wohl im 12. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

entstanden städtische Badestuben, wobei <strong>der</strong> Ba<strong>der</strong> meist zugleich die Funktion des Friseurs<br />

<strong>und</strong> des Arztes o<strong>der</strong> Heilpraktikers übernahm. Etwa in <strong>der</strong> gleichen Zeit hielt auch die Prostitution<br />

Einzug in die Städte, wenn Nachrichten über ein organisiertes Dirnenwesen <strong>und</strong> bordellartige<br />

Häuser auch erst aus dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert vorliegen. Als Ausgleich zum eintönigen<br />

Alltagsleben wurden auch in <strong>der</strong> Stadt die Festtage zu religiösen ebenso wie zu geselligen<br />

Feiern benutzt, sah man auch hier gern den durchreisenden Spielleuten <strong>und</strong> Gauklern zu <strong>und</strong><br />

erfuhr <strong>von</strong> Pilgern <strong>und</strong> Reisenden neue Nachrichten aus <strong>der</strong> ‚Welt’.“<br />

Station: Der Papiermacher (Papierer, Papiermüller)<br />

Zeit: Die Kunst <strong>der</strong> Papierherstellung verbreitete sich ab dem 11. Jh. in Europa<br />

In China war die Papierherstellung zwar schon im ersten vorchristlichen Jahrh<strong>und</strong>ert bekannt,<br />

in Deutschland setzte sich jedoch erst 1390 die erste Papiermühle in Bewegung. Der<br />

Schreib- <strong>und</strong> Bedruckstoff, <strong>der</strong> aus Lumpen hergestellt wurde, ersetzte zunehmend das viel<br />

teurere Pergament aus Tierhäuten.<br />

Abb.: Der Papyrer (Pies, Eike: Zünftige <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e alte Berufe, S. 109)<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Die Papiermacher begründeten keine eigene Zunft, son<strong>der</strong>n fanden sich mit an<strong>der</strong>en Handwerken<br />

in Mischzünften zusammen, da nur vermögende Kaufleute das Kapital für die hohen<br />

Investitionskosten aufbringen konnten. Dies stellten erfahrene Papiermacher (Stückmeister)<br />

an <strong>und</strong> betrieben meist nur die Vermarktung ihrer Produkte. Nach <strong>der</strong> Handwerksordnung<br />

dauerte die Lehrzeit vier Jahre (für Meistersöhne nur drei Jahre). "Der Abschluss wurde mit<br />

dem ' Lehrbräten' gefeiert. Danach arbeitete <strong>der</strong> Junggeselle noch 14 Tage auf <strong>der</strong> Mühle,<br />

erhielt als 'ehrliches Geschenk' einen Bechertrunk <strong>und</strong> wurde auf die Wan<strong>der</strong>schaft <strong>von</strong> Mühle<br />

zu Mühle geschickt, wobei er sich mit dem Gruß 'Mit Gunst <strong>und</strong> wegens Handwerk' als<br />

Papiermacher zu erkennen gab."<br />

Papiermacher gehörten zu den geschenkten Handwerken (= Unterabteilung des geschworenen<br />

Handwerks mit weit reichen<strong>der</strong> Gewerbeordnung, fester Lehr- <strong>und</strong> Gesellenzeit <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Verpflichtung zur Anfertigung eines Meister- o<strong>der</strong> Probestücks), bei denen die Gesellen<br />

während <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>schaft Anspruch auf Unterstützung, freie Verpflegung <strong>und</strong> Unterkunft<br />

hatten. Für die Papiermacher galt jedoch die sonst obligatorische Ablegung eines Gesellen-<br />

o<strong>der</strong> Meisterstückes nicht. Nur <strong>der</strong> konnte Meister werden, <strong>der</strong> eine Mühle erbte, erwarb<br />

o<strong>der</strong> pachten konnte. Deshalb blieben die Mühlen meist über mehrere Generationen in einer<br />

Familie; die meisten Gesellen waren so ihr Leben lang Stückmeister.<br />

Papierherstellung: Bis zu 60 Arbeitsschritte waren notwendig, um aus Lumpen Papier herzustellen.<br />

Neben Lehrlingen, Gesellen <strong>und</strong> Stückmeistern arbeiteten zahlreiche Hilfskräfte -<br />

vor allem auch Frauen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> als Tagelöhner - in den Papiermühlen. Sie waren Lumpenreißer,<br />

Sortierer, Wäscher, Stampfer, Formenmacher, Büttknecht, Gautscher, Leger,<br />

Glätter, Mühlbereiter, Trockner, Leimer <strong>und</strong> Packer <strong>und</strong> arbeiteten 12 bis 15 St<strong>und</strong>en täglich.<br />

Durch den Umgang mit fauligen Lumpen litten sie häufig an Milzbrand. Nässe <strong>und</strong><br />

Luftzug an ihrem Arbeitsplatz begünstigten rheumatische Erkrankungen. Nur mit obrigkeitlicher<br />

Genehmigung konnte eine Papiermühle betrieben werden. Je<strong>der</strong> Mühle wurde ein<br />

bestimmter Lumpensammelbezirk zugewiesen. "Von den Lumpensammlern wurden die<br />

Ha<strong>der</strong>n (=Lumpen) an die Mühlen geliefert, wo <strong>der</strong> Rohstoff auf dem Lumpenboden je nach<br />

Textilien für unterschiedliche Papierqualitäten sortiert, <strong>von</strong> Knöpfen befreit <strong>und</strong> durch trockenes<br />

Schaben mit dem Messer o<strong>der</strong> Waschen vom gröbsten Schmutz befreit wurde."<br />

(Pies, a.a.O., 5.110)<br />

24 St<strong>und</strong>en lang wurden die Lumpen dann unter Zugabe <strong>von</strong> Kalk zu "Halbzeug" zerstampft.<br />

Nach einigen Tagen Lagerung wurden sie dann zu "Ganzzeug" zerkleinert, das in <strong>der</strong> Bütte<br />

mit Wasser aufgelöst wurde. Anschließend tauchte <strong>der</strong> Schöpfer ein Drahtsieb in den Papierbrei<br />

<strong>und</strong> schöpfte den Bogen durch gleichmäßiges Schütteln; Aufgabe des Gautschers war,<br />

den Bogen aus dem Sieb auf einen Filz zu stülpen <strong>und</strong>, wenn er 181 Bogen zwischen den Filzen<br />

abgelegt hatte, das restliche Wasser aus dem Stapel zu pressen. Danach kam <strong>der</strong> Leger<br />

zum Einsatz, <strong>der</strong> die Papierbogen <strong>von</strong> den Filzen trennte <strong>und</strong> sie weitergab zum Trocknen. In<br />

<strong>der</strong> Regel wurde das Papier <strong>von</strong> weiblichen Hilfskräften auf den Trockenboden gebracht <strong>und</strong><br />

auf Leinen aufgehängt. Leimer tauchten das Papier in einen aus Tierknochen <strong>und</strong> Le<strong>der</strong>resten<br />

selbst zubereiteten Leim, pressten es erneut aus <strong>und</strong> trockneten es wie<strong>der</strong>. Zum Abschluss<br />

folgten die "Saalarbeiten", bei denen die schlechten Bögen aussortiert, das Papier geglättet<br />

<strong>und</strong> beschnitten wurde. Die Packer hatten dann noch die Aufgabe die Bögen jeweils zu einem<br />

Ries (= 500 Bogen Druckpapier) abzuzählen <strong>und</strong> zu verpacken.<br />

Aktivität: Papier schöpfen<br />

Text: Der alte Lumpe kommt durch Fleiß<br />

Zu neuen Nutzen schön <strong>und</strong> weiß:<br />

Sollst du mein Werk verächtlich bleiben? Hervor<br />

aus altem Sünden-Stand,<br />

Ganz neu <strong>und</strong> rein, daß Gottes Hand<br />

Auff dich mög seinen Willen schreiben.<br />

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3. Station: Der Buchdrucker<br />

Zeit: Mitte des 15. Jhs., Erfindung des Buchdrucks<br />

„Ohne Gutenberg keine Reformation, keine Schulpflicht, keine GoetheAusgaben,<br />

keine Aufklärung, kein Quelle-Katalog <strong>und</strong> keine Zeitungen.“ (FAZ, Zeitungsdruck<br />

im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert, 12/2001)<br />

Als Johannes Gutenberg aus Mainz um 1440 Druckbuchstaben aus Metall (bewegliche<br />

Drucklettern) erfand, die seitenverkehrt erhaben gegossen, gedruckt, aber seitenrichtig auf<br />

dem Papier standen, begann das Buch seinen Siegeszug als Bildungs- <strong>und</strong> Kulturgut, das<br />

leicht zu vervielfältigen war <strong>und</strong> deshalb zu erschwinglichen Preisen <strong>von</strong> je<strong>der</strong>mann erworben<br />

werden konnte. Bis dahin waren zu Büchern geb<strong>und</strong>ene Pergamenthandschriften nahezu<br />

unbezahlbare Unikate, die sich nur wenige Reiche leisten konnten. Bereits 50 Jahre zuvor<br />

stand durch die Inbetriebnahme <strong>der</strong> ersten Papiermühle in Deutschland ein kostengünstiger<br />

Bedruckstoff zur Verfügung, <strong>der</strong> immer mehr das teure Pergament verdrängte. War <strong>der</strong><br />

Buchdrucker zu Anfang gleichzeitig auch Schriftgießer <strong>und</strong> Schriftsetzer, Verleger <strong>und</strong><br />

Buchhändler in einer Person, so verselbstständigten sich in späterer Zeit diese Tätigkeitsfel<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> führten zu eigenen Berufsgruppen.<br />

Die Arbeit begann mit dem Gießen <strong>der</strong> einzelnen Buchstaben, wobei das Buchstabenbild auf<br />

die glatte Oberfläche eines vierkantigen Eisenstäbchens übertragen <strong>und</strong> das nichtdruckende<br />

Umfeld durch Sticheln <strong>und</strong> Feilen tiefergelegt wurde. Die auf diese Weise entstandene Patrice<br />

wurde in eine weichere Kupferlegierung abgeschlagen <strong>und</strong> erzeugte die Matrize mit ihrem<br />

seitenrichtigen, vertieften Bild. In einem Gießinstrument wurde dann durch Eingießen einer<br />

erhitzten Bleilegierung die wie<strong>der</strong>um seitenverkehrte Drucktype erzeugt, die mit Hilfe <strong>der</strong><br />

Matrize in je<strong>der</strong> beliebigen Menge gegossen werden konnte. Die einzelnen, in Blei auf etwa<br />

24 mm hohen Stäbchen gegossenen Buchstaben <strong>und</strong> Zeichen wurden aus dem Setzkasten mit<br />

ungefähr 120 Fächern genommen <strong>und</strong> dem Manuskript entsprechend auf einem seitengroßen<br />

Tisch aneinan<strong>der</strong> gereiht. Die Kunst bestand darin, durch verän<strong>der</strong>bare Wortzwischenräume<br />

gleich lange Zeilen (Blocksatz) zu erreichen, um diese dann zu einer Kolumne <strong>und</strong> schließlich<br />

zu einer Druckseite zusammenzufügen. Nach dem Druck wurden dann die einzelnen Typen<br />

wie<strong>der</strong> in den Setzkasten zurückgelegt, um später erneut verwendet werden zu können. Vor<br />

dem Druck mit <strong>der</strong> hölzernen Handpresse, die <strong>der</strong> Buchdrucker häufig selbst gebaut hatte,<br />

mussten die einzelnen Seiten in <strong>der</strong> Druckform in geeigneter Weise zusammengestellt werden.<br />

Exaktes Zurichten <strong>und</strong> das gleichmäßige Einfärben <strong>der</strong> Form bei jedem neuen Druckbogen<br />

waren notwendig, um gleich bleibend gute Abzüge herzustellen.<br />

Während <strong>der</strong> Pressmeister für das Einrichten <strong>der</strong> Presse, das Ein <strong>und</strong> Ablegen <strong>der</strong> Bögen <strong>und</strong><br />

den gleichmäßigen Druck beim Ziehen des Bengels zu sorgen hatte <strong>und</strong> dann auch die Qualität<br />

<strong>der</strong> einzelnen Druckbögen begutachtete, war <strong>der</strong> Ballenmeister für das Anreiben <strong>der</strong> Farben<br />

<strong>und</strong> den gleichmäßigen Farbauftrag auf die Form mit den le<strong>der</strong>überzogenen Druckerballen<br />

verantwortlich, die er selbst herstellte <strong>und</strong> für <strong>der</strong>en Pflege er zu sorgen hatte. Dem Meister<br />

mussten also zahlreiche Helfer, d. h. Lehrlinge <strong>und</strong> Gesellen, zur Seite stehen.<br />

Abbildungen: Buchdrucker <strong>und</strong> Schriftgießer (Pies, a.a.O., S.43)<br />

Text: Buchdrucker<br />

Ich bin geschicket mit <strong>der</strong> preß<br />

So ich aufftrag den Fimiß reß<br />

So bald mein dienr den bengel zuckt<br />

So ist ein bogn papyrs gedruckt.<br />

Da durch kombt manche kunst an tag<br />

Die man leichtlich bekommen mag.<br />

Vor zeiten hat man die bücher geschribn<br />

Zu Meintz die kunst ward erstlich triebn.<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Schrifftgießer<br />

Ich geuß die Schrifft zu <strong>der</strong> Druckrey Gemacht<br />

aus Wißmat, Zin <strong>und</strong> Bley<br />

Die kann ich auch gerecht justiern<br />

Die Buchstaben zusammn ordniern Lateinisch<br />

<strong>und</strong> Teutscher Geschrifft<br />

Was auch die Griechisch Sprach antrifft<br />

Mit Versalen, Puncten <strong>und</strong> Zügn<br />

Daß sie zu <strong>der</strong> Truckrey sich fügen.<br />

4. Station: Der Lithograph<br />

a) Zeit: 1798/99<br />

Als erstes Flachdruckverfahren wurde 1798/99 <strong>von</strong> Alois Senefel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Steindruck (die Lithographie)<br />

erf<strong>und</strong>en, bei dem die farbspeichernden <strong>und</strong> damit druckenden Elemente mit den<br />

farbfreien Flächen in einer Ebene liegen. Es wird auch als "chemisches Druckverfahren" bezeichnet,<br />

weil hierbei das gegensätzliche Verhalten <strong>von</strong> Fett <strong>und</strong> Wasser die Basis für den<br />

Druck abgibt. Als Druckträger dient eine massive, glatt polierte Steinplatte auf die mit fetthaltiger<br />

Kreide o<strong>der</strong> Tusche seitenverkehrt gezeichnet wird. Danach wird die Oberfläche so präpariert,<br />

dass die Zeichnung Farbe aufnimmt, die freien Flächen dagegen die Farbe abstoßen.<br />

Für jede Farbe des zu druckenden Bildes benötigt man einen entsprechenden Stein, dessen<br />

Zeichnung passgenau stehen muss. Mit Druckfarbe eingefärbt, können die Steine Zug um Zug<br />

mit einer speziellen Presse gedruckt werden - mit Handpressen o<strong>der</strong> mit halbautomatischen<br />

Lithopressen. (Weiterentwicklung im Offsetdruck, basiert ebenfalls auf dem Prinzip <strong>der</strong> Abstoßung<br />

<strong>von</strong> Wasser <strong>und</strong> Fett).<br />

5. Station: Setzer<br />

a) Satztechnik zur Zeit Gutenbergs:<br />

Die älteste Satztechnik ist <strong>der</strong> Bleisatz o<strong>der</strong> Handsatz, bei dem Buchstabe für Buchstabe <strong>von</strong><br />

links nach rechts in einen Winkelhaken (wichtigstes Arbeitsgerät des Handsetzers, das in verschiedenen<br />

Längen erhältlich ist) gesetzt wird. Der Einzelbuchstabe, das Druckbild, muss<br />

dabei auf dem Kopf stehen. Mit Blindmaterial wird jeweils eine Zeile ausgeschlossen, <strong>der</strong>en<br />

Länge stets gleich bleibend mit dem "Frosch" des Winkelhakens markiert wird. Zeile für Zeile<br />

entsteht so <strong>der</strong> Text, <strong>der</strong> abschließend mit einer Kolumnenschnur "ausgeb<strong>und</strong>en" wird, wobei<br />

die einzelnen Zeilen als Block mit einer Schnur fest umwickelt werden.<br />

Wesentlich schneller entsteht <strong>der</strong> Bleisatz im Zeilenguss-Verfahren, bei dem mit kompletten<br />

Zeilen hantiert wird, die problemlos auszubinden sind. Mit dem Satzschiff erfolgt dann <strong>der</strong><br />

Transport des Bleisatzes zu einer Handpresse, zumeist einer Zylin<strong>der</strong>abziehpresse. Hierauf<br />

erfolgt das Einheben <strong>der</strong> Form in die Presse, mit <strong>der</strong> ein Andruck, ein Korrekturabzug, gemacht<br />

wird. Ein einfacher Bürstenabzug war auch möglich (dabei wurde gefeuchtetes Papier<br />

zunächst mit einer Bürste leicht auf dem eingefärbten Druckstock festgeklopft, anschließend<br />

wurde ein trockenes Blatt o<strong>der</strong> eine Lage Löschpapier darüber gelegt <strong>und</strong> kräftig weitergeklopft,<br />

bis überall eine Schattierung entstanden war; man zog dann das Papier mit <strong>der</strong> Hand<br />

ab <strong>und</strong> korrigierte den Satz). Nach <strong>der</strong> Korrektur wurde <strong>der</strong> Satz in die Druckmaschine eingebaut<br />

- <strong>der</strong> Auflagendruck konnte beginnen. Nach Beendigung des Druckvorgangs sind umfangreiche<br />

Nacharbeiten notwendig: Reinigen des Bleisatzes mit Bürste <strong>und</strong> Formenwaschmittel,<br />

Transport auf einem Satzschiff in die Setzerei, Ablegen <strong>der</strong> einzelnen Lettern in die<br />

Fächer des Setzkastens, Einsortieren des Blindmaterials <strong>und</strong> Aussortieren lädierter Satzelemente.<br />

Abbildung: Bild aus einer Setzerei (Druckabteilung des Deutschen Museums)<br />

Ein ehemaliger Schriftsetzer über seinen Beruf:<br />

„Unsere Finger wurden schwarz vom Blei <strong>der</strong> Lettern, <strong>und</strong> <strong>der</strong> beste Waschsand konnte die<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

Ablagerungen in den Rillen <strong>der</strong> Haut nicht mehr wegkriegen - wir waren stigmatisiert.<br />

Der Setzersaal war in so genannte Gassen geglie<strong>der</strong>t, die aus den Regalen <strong>der</strong> Setzkästen gebildet<br />

wurden. In je<strong>der</strong> Gasse herrschte ein an<strong>der</strong>er Meister, manche darunter beson<strong>der</strong>s gefürchtet.<br />

Je<strong>der</strong> Meister hatte Gehilfen <strong>und</strong> Lehrlinge in seinem Gefolge. Im Laufe seiner Lehrzeit wurde<br />

je<strong>der</strong> Lehrling <strong>von</strong> Meister zu Meister weitergereicht - eine Odyssee des Schreckens.<br />

Das ganze zweite Lehrjahr hindurch schuftete ich zusammen mit zwei an<strong>der</strong>en Jungsklaven<br />

an einem Wirtschaftskompass, einer telefonbuchdicken Angelegenheit voller Firmendaten<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftsbilanzen. In <strong>der</strong> Maschinensetzerei hätte die Arbeit in einem Bruchteil <strong>der</strong> <strong>von</strong><br />

uns benötigten zeit bewältigt werden können.<br />

So setzten wir Zeile für Zeile in unsere Winkelhaken <strong>und</strong> bauten Spalte für Spalte die Kolumnen<br />

auf unseren Blechschiffen auf. Unter Schiff stellt euch übrigens so eine Art Backblech für<br />

den bleiernen Teig <strong>der</strong> Sprache vor.<br />

Im Jahr darauf benötigten wir dann Krankenkassenbrillen, die uns aber einen intellektuellen<br />

Touch verliehen. Die wirklich mythische Einweihung, <strong>der</strong> eigentliche Ritus des Eintritts in<br />

die Vorhöfe des Druckens, war sicherlich das Ereignis <strong>der</strong> ersten Jungfrau, wobei es sich<br />

nicht um ein holdes Mägdelein handelte, vielmehr: Wenn <strong>der</strong> gestrenge Korrektor auf dem<br />

Bürstenabzug einer gesetzten Kolumne keinen einzigen Anlass für eine Korrektur fand, dann<br />

nannte er es eine Jungfrau, rein <strong>und</strong> unbefleckt. (Exkurs zur Sprache <strong>der</strong> Setzer)<br />

Viele seltsame Vögel werkten in <strong>der</strong> Setzerei, Lebensformen zu Karikaturen mutiert, intelligente<br />

Menschen, die das lebenslange Absetzen auch schwachsinniger Texte zu grotesken Wesen<br />

verbogen hatte.<br />

Wir fühlten uns allerdings nicht als gewöhnliche Handwerker, son<strong>der</strong>n stellten die Speerspitze<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft dar.<br />

Und nicht nur Berufsfremde bekamen das zu spüren, auch innerhalb je<strong>der</strong> Druckerei, ja des<br />

gesamten graphischen Gewerbes gab es zynische Reibereien, schwer durchschaubare, aber<br />

stets fühlbare Abstufungen des jeweiligen Status. So blickten die Setzer mit einem Hauch <strong>von</strong><br />

Herablassung auf ihre schwarzen Brü<strong>der</strong>, die Drucker herab. Die geboten zwar imponierenden<br />

Maschinen - so eine große Rotationsmaschine erinnert an ein stolzes Schlachtschiff-, aber <strong>von</strong><br />

den Mysterien <strong>der</strong> Sprachbeherrschung waren sie ausgeschlossen." (Heinz Unger, Verfluchter<br />

Gutenberg. In: Von Gutenberg zum World-Wide-Web, S.37)<br />

6. Station: Der Maschinensetzer<br />

a) Zeit: 1854 - 1899<br />

Erfindung <strong>der</strong> Linotype durch Ottmar Mergenthaler. Mit dieser Zeilensetzmaschine begann<br />

eine satztechnische Revolution in Schnelligkeit <strong>und</strong> Perfektion des Bleisatzes.<br />

In dieser Maschine wurden einzelne Matrizen, die das Buchstabenbild vertieft trugen, über<br />

eine Tastatur nacheinan<strong>der</strong> zu einer Sammelstelle beför<strong>der</strong>t <strong>und</strong> hier durch dazwischen geschobene<br />

Keile auf die richtige Breite gebracht. In die Gießform wurde flüssiges Metall<br />

(Bleilegierung) hineingespritzt. Das Produkt war jeweils eine gegossene Typenzeile aus einem<br />

Stück. Der ursprüngliche Zweck <strong>der</strong> Setzmaschinen war die Herstellung großer Mengensätze<br />

für Bücher, Zeitungen <strong>und</strong> Zeitschriften.<br />

7. Station: Fotosatz, Lichtsatz<br />

a) Zeit: ab etwa 1980<br />

Satzverfahren, bei denen die Schriftzeichen nicht körperlich vorhanden sind wie beim Bleisatz,<br />

son<strong>der</strong>n positiv o<strong>der</strong> negativ auf einen lichtempfindlichen Film o<strong>der</strong> auf Papier übertragen<br />

werden.<br />

Die Texterfassung erfolgt über eine Tastatur, wobei <strong>der</strong> Text parallel auf einem Bildschirm<br />

erscheint <strong>und</strong> korrigiert werden kann. Über verschiedene Programme kann <strong>der</strong> Rohsatz bearbeitet<br />

werden. Alle Arbeitsschritte werden am PC erledigt. Der Text wird auf einem Daten-<br />

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M.-L. Kraus Drucktechnik <strong>und</strong> Neue Medien<br />

träger gespeichert, Korrektur, Umbruch <strong>und</strong> Abbildungspositionierung werden in einem Layoutprogramm<br />

vorgenommen. Der Ausschuss (die Anordnung <strong>der</strong> Druckseiten <strong>und</strong> die Vorbereitung<br />

zum Druck) erfolgt über ein eigenes Computerprogramm. Das Resultat wird mit Laser<br />

auf Film (Computer-to-film) o<strong>der</strong> direkt auf die Druckplatte (Computer-to-plate) belichtet.<br />

8. Station: Mediengestalter für Digital- <strong>und</strong> Printmedien a) Zeit: ab 1997/98<br />

Die Ende <strong>der</strong> neunziger Jahre gestarteten neuen IT- <strong>und</strong> Medienberufe haben sich als<br />

Shooting Stars auf dem Ausbildungsmarkt entwickelt. Ende September 2001 waren laut<br />

Deutschen Industrie- <strong>und</strong> Handelskammertag über 20000 neue Ausbildungsverträge unter<br />

Dach <strong>und</strong> Fach. Damit gibt es <strong>der</strong>zeit über 67000 Auszubildende in den Bereichen IT <strong>und</strong><br />

Medien.<br />

Dabei lassen sich inzwischen verschiedene Trends ablesen:<br />

IT-Berufe: Ungebrochen ist <strong>der</strong> Zulauf zu den seit 1997 existierenden vier neuen IT-Berufen<br />

(Fachinformatiker/in, IT-System-Elektroniker/in, IT-SystemKaufmann/frau, Informatikkaufmann/frau).<br />

Als beson<strong>der</strong>er Magnet erwies sich die Ausbildung zum Fachinformatiker, die<br />

Ende 2000 schon über 18000 junge Menschen durchliefen. Zu den IT-Auszubildenden hinzurechnen<br />

lassen sich im weiteren Sinne auch mehr als 10000 Jugendliche, die sich zum Kommunikationselektroniker<br />

o<strong>der</strong> Mathematisch-technischen Assistenten ausbilden lassen, das<br />

Handwerk des Fernmeldeanlagenelektronikers erlernen o<strong>der</strong> den 1999 aus den Vorgängerberufen<br />

Radio- <strong>und</strong> Fernsehtechniker <strong>und</strong> Büroinformationselektroniker entstandenen Informationselektroniker<br />

als künftiges Tätigkeitsfeld erkoren haben.<br />

Medienberufe: Auch Unternehmen, die Ausbildungsplätze in den Medienberufen anbieten,<br />

können sich über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Inzwischen erhalten hier mehr als<br />

19000 junge Leute das nötige Rüstzeug für das Berufsleben (vgl. Grafik des Instituts <strong>der</strong><br />

deutschen Wirtschaft, Köln).<br />

Der Mediengestalter für Digital- <strong>und</strong> Printmedien ist mit gut 10500 Auszubildenden<br />

<strong>der</strong> am stärksten besetzte Medienberuf.<br />

Die künftigen Medienfachkräfte zieht es vor allem in die Fachrichtung Mediendesign, wo 71<br />

Prozent aller Mediengestalter ihren beruflichen Schliff erhalten. Je<strong>der</strong> fünfte Auszubildende<br />

lernt das Know-how des Medienoperators. Weniger gefragt sind mit 8 Prozent <strong>der</strong> Auszubildenden<br />

die Fachrichtungen Medienberatung <strong>und</strong> Medientechnik.<br />

Hohe Zuwachsraten verbuchen wie<strong>der</strong>um Berufe wie <strong>der</strong> Mediengestalter Bild <strong>und</strong> Ton sowie<br />

Fachkräfte für Veranstaltungstechnik <strong>und</strong> Kaufleute für audiovisuelle Medien.<br />

Frauenanteil: Die Medienberufe werden <strong>von</strong> jungen Frauen ebenso gern gewählt wie <strong>von</strong> jungen<br />

Männern. Ende 2000 saß hier auf fast jedem zweiten Ausbildungsplatz eine Frau.<br />

In den IT-Berufen dagegen haben vor allem die computerbegeisterten männlichen<br />

Elektronik-Freaks Oberwasser. Hier ist <strong>der</strong> Frauenanteil mit 14 Prozent weiter niedrig.<br />

Lediglich für den Beruf <strong>der</strong> IT-System-Kauffrau interessieren sich mehr junge Frauen - immerhin<br />

ist hier fast jede dritte angehende Fachkraft weiblich. Unter den künftigen Informatikkaufleuten<br />

gibt es 22 Prozent junge Frauen, bei den Fachinformatikern sind es mit 11 Prozent<br />

schon weniger als im Durchschnitt <strong>der</strong> IT-Berufe.<br />

Mit 4 Prozent weiblichen Auszubildenden sieht es bei den IT-System-Elektronikern dann für<br />

die Frauen ganz düster aus. Weil sie befürchten, dass die Mädchen gerade bei den<br />

zukunftsträchtigen Jobs außen vor bleiben, wollen Politik <strong>und</strong> Wirtschaft mit Hilfe <strong>von</strong><br />

Öffentlichkeitskampagnen junge Frauen schon in <strong>der</strong> Schule gezielt für solche Berufe<br />

begeistern.<br />

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W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

Elektrotechnik: Energie<br />

BERUFSENTWICKLUNG IM BEREICH DER ELEKTROENERGIE<br />

Inhaltsübersicht<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Erkenntnisse <strong>und</strong> Überlegungen<br />

Inseleinheit 1: Haupttätigkeiten im Berufsbereich Elektrotechnik-Energie<br />

Inseleinheit 2: Vom Altertum bis Anfang 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Inseleinheit 3: Mitte 19. bis Anfang 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Inseleinheit 4: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: Zeit des Nationalsozialismus<br />

Inseleinheit 5: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: Wie<strong>der</strong>aufbau in <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

Inseleinheit 6: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen PC-Technik<br />

Inseleinheit 7: Ende 20. Jahrh<strong>und</strong>ert/21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Erkenntnisse <strong>und</strong> Überlegungen:<br />

Die <strong>Entstehung</strong> <strong>von</strong> Elektroberufen war stark abhängig <strong>von</strong> naturwissenschaftlichen Entdeckungen<br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>en. Die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> wurde teilweise <strong>von</strong> politischen<br />

<strong>Entwicklung</strong>en (Zeit des Nationalsozialismus), vor allem jedoch durch neue wissenschaftliche<br />

Entdeckungen <strong>und</strong> technische <strong>Entwicklung</strong>en (z. B. durch Elektronik, Mikrotechnik<br />

[Chips] <strong>und</strong> PC-Technik) bzw. durch die Zunahme fachübergreifen<strong>der</strong> Aufgaben innerhalb<br />

<strong>der</strong> Berufsbereiche, beeinflusst.<br />

• Die Berufsentwicklung bzw. Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbezeichnung im Elektrobereich sind ein<br />

Spiegelbild <strong>und</strong> vor allem eine Folgeerscheinung <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong>. Deshalb<br />

ist für mich die historische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „rote Leitfaden“.<br />

• Diese Einwirkungen auf die Berufsentwicklungen <strong>und</strong> -verän<strong>der</strong>ungen werden deshalb in<br />

den Themengruppen aufgezeigt. Gr<strong>und</strong>sätzlich sind darum die <strong>Entwicklung</strong>sstufen <strong>und</strong><br />

die historischen Einzelepochen, die einen Einfluss auf die <strong>Entstehung</strong> bzw. Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsinhalte bei den Elektroberufen hatten, als Inseleinheiten konzipiert.<br />

• Ausgangssituation ist die historisch-technische Betrachtungen <strong>und</strong> die jeweils entsprechende<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufe.<br />

Von den vielen Berufsrichtungen im Elektro-Energiebereich, die sich entwickelten <strong>und</strong> auch<br />

wie<strong>der</strong> auflösten, werden ein Zweig im Handwerksbereich (Elektroinstallateur/in) <strong>und</strong> zwei<br />

im Industriebereich (Energieelektroniker/in – Fachrichtung Anlagentechnik <strong>und</strong> Energieelektroniker/in<br />

– Fachrichtung Betriebstechnik) betrachtet.<br />

Es sollen jedoch auch alle Einzelzweige <strong>der</strong> Elektroberufe in den grafischen Darstellungen in<br />

Erscheinung treten.<br />

Aus den vielen Einzelfaktoren <strong>und</strong> den Persönlichkeiten, die die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

<strong>und</strong> somit direkt o<strong>der</strong> indirekt auch die <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Elektroberufe<br />

beeinflussten, sind nur einige entscheidende ausgewählt worden. Sie bilden jedoch – nach<br />

meinen Überlegungen – für eine zusammenhängende Betrachtung im Sinne <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong> die<br />

wesentlichen Gr<strong>und</strong>lagenaspekte.<br />

Eine vollständige Chronologie <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong>en wird nicht angestrebt. Sie<br />

ist Aufgabe <strong>der</strong> Einzelabteilungen im Deutschen Museum.<br />

Die oben genannten Gr<strong>und</strong>informationen sind als Tafeln <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Projektion geplant, die jeweils<br />

einen kurzen Überblick über die Forscher <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Forschungsergebnisse bzw. technische<br />

<strong>Entwicklung</strong>en, die diese Verän<strong>der</strong>ung beeinflussten, aufzeigen.<br />

Eventuell können die genannten Persönlichkeiten <strong>der</strong> Elektrotechnik durch kurze Biografien<br />

gewürdigt werden. Diese Informationen sollten dabei aber nicht dominierend sein, son<strong>der</strong>n –<br />

bei Interesse des Besuchers – z. B. durch Klapptafeln o<strong>der</strong> als abrufbare Clips über Bildschirm<br />

zusätzlich angeboten werden.<br />

39


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

Geplant sind jeweils einige Ausstellungsstücke <strong>und</strong> eventuell Arbeitsproben <strong>der</strong> Epoche, teilweise<br />

als unterstützende <strong>und</strong> zusätzlich informierende Exponate. Sie werden mit durch den<br />

Besucher bedienbaren Experimenten <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Schaltungen, die den Fortschritt in <strong>der</strong> Technologie<br />

<strong>der</strong> Elektrotechnik praktisch aufzeigen sollen, ergänzt.<br />

Auf beson<strong>der</strong>e handwerkliche Tätigkeiten, die zur Arbeit eines Elektrikers gehören, wurde<br />

bewusst verzichtet. Die Problematik besteht in <strong>der</strong> Verletzungsgefahr <strong>der</strong> Besucher.<br />

Es soll auch gerade in <strong>der</strong> Elektrotechnik (Energie) aus Sicherheitsgründen nicht das<br />

Gefühl des „do it yourself“ erweckt werden.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Überlegungen zur Gestaltung <strong>der</strong> Einheit<br />

Bei <strong>der</strong> Zusammenstellung wurde auf Vielfalt geachtet, um genügend Auswahlmöglichkeiten<br />

zu besitzen. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist aber an eine Konzentration gedacht.<br />

Dabei sollen die zusätzlichen Informationen nur bei Interesse dem Besucher angeboten werden<br />

(z. B. durch Abruf <strong>von</strong> Video- o<strong>der</strong> Computerinformationen).<br />

Ł Gewichtung<br />

Zeitschiene<br />

als geschichtlicher<br />

„Hauptweg“<br />

Infos zu bedeutenden<br />

physikalischen<br />

<strong>und</strong> technischen<br />

<strong>Entwicklung</strong>sstufen<br />

als Folge <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong><br />

„Hauptweg“ <strong>der</strong><br />

ausgewählten<br />

Berufsrichtungen<br />

<strong>und</strong> ihre notwendigenVerän<strong>der</strong>ungen<br />

↓<br />

Zusatzinformationen<br />

40<br />

Exponate<br />

Besuchertätigkeiten<br />

Videoclips u. Ä.<br />

Zusatzinformationen<br />

zu Forscher-<br />

<strong>und</strong> Entwicklerpersönlichkeiten<br />

↓<br />

Biografien<br />

Weitere Zusatzinfos<br />

(eventuell<br />

geschichtliche<br />

Rahmenbedingungen,<br />

historische<br />

Ereignisse <strong>der</strong> Zeit<br />

u. Ä.)<br />

Ein Teil <strong>der</strong> dargestellten Infotafeln könnte auch zur Belebung über Beamerprojektion mit<br />

automatischen PC-Programmen angeboten werden.<br />

„Gedankenskizzen“ zur Gestaltung <strong>der</strong> Inseleinheiten<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Inselgruppen bilden die Module die<br />

Einzelinformationen zum Hauptthema.<br />

Die Inseln werden in geeigneter Form zueinan<strong>der</strong> gruppiert.<br />

„Berufswegweiser“<br />

durch die Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

(z.B. als „indirekt beleuch-<br />

tetes“ Glasbogensegment)<br />

Exponate <strong>und</strong><br />

Versuche<br />

Infoeinheit als Tafel<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Projektion


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

Dabei sind die sieben folgenden Inseleinheiten geplant:<br />

1. HAUPTTÄTIGKEITEN IM BERUFSBEREICH „ELEKTROTECHNIK-<br />

ENERGIE“<br />

• Gesamtüberblick über die Elektroberufe im Energiebereich; Hervorhebung <strong>der</strong><br />

ausgewählten Berufsrichtungen<br />

(teilweise eventuell geeignet für den Zentralbereich)<br />

2. VORGESCHICHTE - VOM ALTERTUM BIS ANFANG 19. JAHRHUNDERT<br />

• Zeitalter <strong>der</strong> Entdeckungen <strong>und</strong> ersten Erforschungen im Elektrobereich.<br />

• Ohne Gr<strong>und</strong>wissen gibt es keinen Bedarf für eine Anwendung <strong>und</strong> somit auch<br />

nicht für eine Berufsentwicklung.<br />

3. MITTE 19. BIS ANFANG 20. JAHRHUNDERT - ZEIT DER INDUSTRIALISIE-<br />

RUNG DER<br />

ELEKTROTECHNIK<br />

• Erkenntnisse werden angewendet.<br />

• Es entsteht die Notwendigkeit einer Ausbildung <strong>von</strong> Fachkräften für die neue Energieform.<br />

4. 20. JAHRHUNDERT - ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS<br />

• Der Staat übernimmt diktatorisch die volle Kontrolle für seine Interessen.<br />

• Die Berufsrichtungen werden diesem Diktat unterworfen.<br />

5. 20. JAHRHUNDERT - WIEDERAUFBAU IN DER NACHKRIEGSZEIT - ENT-<br />

WICKLUNG DER ELEKTRONIK UND MIKROTECHNISIERUNG<br />

• Die Elektronik verän<strong>der</strong>t viele Bereiche in <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />

• Die Berufsausbildung muss sich diesen Bedingungen anpassen.<br />

6. 20. JAHRHUNDERT - ENTWICKLUNG DER MODERNEN PC-TECHNIK<br />

• Der Personalcomputer beeinflusst viele Gebiete <strong>der</strong> Elektrotechnik mit völlig<br />

neuen Schalt- <strong>und</strong> Steuerungsmöglichkeiten.<br />

• Die Berufsausbildung muss sich erneut diesen Bedingungen anpassen.<br />

7. ENDE 20./21. JAHRHUNDERT - VERÄNDERUNGEN Ł ZUKUNFT<br />

• Die Anfor<strong>der</strong>ungen werden durch die technischen Möglichkeiten <strong>und</strong> die individuellen<br />

Wünsche <strong>der</strong> Anwen<strong>der</strong> immer vielfältiger.<br />

• Nur eine ständige Anpassung <strong>der</strong> Berufsausbildung an diese <strong>Entwicklung</strong> ermöglicht<br />

das Bestehen in <strong>der</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Arbeitswelt.<br />

Diese <strong>Entwicklung</strong>sgeschichte kann dem Besucher auch als Powerpoint-Programm (mit<br />

individueller Führung durch Hyperlinks) an einer PC-Station angeboten werden.<br />

41


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

I N S E L E I N H E I T 1<br />

THEMA:<br />

HAUPTTÄTIGKEITEN IM BERUFSBEREICH „ELEKTROTECHNIK-ENERGIE<br />

• Am Anfang sollte ein Gesamtüberblick über die Tätigkeiten eines „Elektrikers“ <strong>und</strong> die<br />

geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsentwicklung im Überblick gegeben werden.<br />

• Daraus ergibt sich die Frage: „Warum mussten Verän<strong>der</strong>ungen in den Berufsbil<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

folglich auch in <strong>der</strong> Ausbildung durchgeführt werden“.<br />

• Zusätzlich könnte diese Inseleinheit auch zur Berufsorientierung dienen.<br />

EINHEIT 1 - MODUL 1<br />

Die Hauptaufgaben in den Elektroberufen „Energietechnik“<br />

Neben den klassischen Tätigkeiten in den Berufsfel<strong>der</strong>n<br />

sind bei <strong>der</strong> heutigen Elektrofachkraft zusätzlich<br />

Kenntnisse <strong>der</strong> Elektronik, <strong>der</strong> Steuer- <strong>und</strong> Regeltechnik,<br />

<strong>der</strong> Breitbandkommunikationstechnik <strong>und</strong> die Beherrschung<br />

des Computers nötig. Planungskompetenz,<br />

die Bereitschaft im Team zu arbeiten <strong>und</strong> die Fähigkeit<br />

zur K<strong>und</strong>enberatung sind weitere Voraussetzungen.<br />

Die Berufsschule vermittelt die dazu nötigen theoretischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Fertigkeiten.<br />

Gesamtüberblick über die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektroberufe mit Hervorhebung <strong>der</strong> ausgewählten<br />

Berufsrichtungen<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Als Blickfang im Zentralbereich: Gegenüberstellung: Uralt-Elektromotor im Vergleich zu<br />

einem mo<strong>der</strong>nen frequenzgesteuerten Motor<br />

Verschiedene Lichteffekte, Zählvorgänge, motorgesteuerte Bewegungsabläufe u. Ä., gesteuert<br />

durch speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) mit beson<strong>der</strong>er Betonung, dass die vollständige<br />

Schaltung in Form eines Programms abgearbeitet wird.<br />

42


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

EINHEIT 1 - MODUL 2<br />

Bil<strong>der</strong> zu Einzeltätigkeiten <strong>der</strong> ausgewählten Berufsrichtungen<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Eventuell Möglichkeit, genauere Informationen zu diesen Berufen zu bekommen; z. B. Internetanschluss<br />

zum Arbeitsamt, PC für das PowerPoint-Programm<br />

„Überblick: zur <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektroberufe“<br />

I N S E L E I N H E I T 2<br />

THEMA: VOM ALTERTUM BIS ANFANG 19. JAHRHUNDERT<br />

MOTTO: „Ohne Wissen keine Anwendung; ohne Anwendung keine Berufsentwicklung“<br />

• Wahrscheinlich gab es im Altertum eine empirische Erforschung <strong>und</strong> Anwendung <strong>der</strong><br />

„Elektrizität“. Dieses Spezialwissen war aber nicht Allgemeingut. Es wurde nur wenigen<br />

mitgeteilt <strong>und</strong> ging auch deshalb wahrscheinlich immer wie<strong>der</strong> verloren.<br />

• Überwiegend wurde – vor allem im Mittelalter – die kirchliche Lehrmeinung zu Naturerscheinungen<br />

öffentlich vertreten.<br />

• Etwa ab dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert beginnt die gesicherte, zielstrebige Erforschung <strong>der</strong> Naturgesetze<br />

im Elektrobereich.<br />

• Erkenntnisse über Naturerscheinungen <strong>und</strong> ihre Wirkungen werden gewonnen. Aus <strong>der</strong><br />

Erfahrungsphase wird die Erkenntnisphase. Eine immer größere Befreiung <strong>von</strong> den Denkzwängen<br />

des Mittelalters ist feststellbar.<br />

• Der Aufbau <strong>von</strong> Universitäten <strong>und</strong> die Einführung <strong>der</strong> Drucktechnik ermöglichen eine<br />

zunehmende Verbreitung <strong>der</strong> Forschungsergebnisse. Das Wissen wird zum Allgemeingut.<br />

43


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

EINHEIT 2 - MODUL 1<br />

Die Erfahrungsphase wandelt sich in eine Erkenntnisphase<br />

um.<br />

Eine elektrotechnische Berufsbildung ist in diesem Zeitbereich<br />

noch nicht vorhanden.<br />

Jedoch nur eine gr<strong>und</strong>legende Kenntnisse <strong>der</strong> Energieform<br />

„Elektrizität“ <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Anwendung bringt die Notwendigkeit<br />

einer Berufsentwicklung.<br />

EINHEIT 2 - MODUL 2<br />

Im 17. <strong>und</strong> 18. Jahrh<strong>und</strong>ert musste eventuell schon vorhandenes,<br />

aber „vergessenes“ Wissen zur Elektrotechnik neu entdeckt<br />

werden. Als Beispiele dafür dienen die Elektrizitätsversuche<br />

durch Reibung <strong>von</strong> O. v. Guericke <strong>und</strong> die Blitzuntersuchungen<br />

<strong>von</strong> B. Franklin.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Spannungserzeugung durch Reibung<br />

Bandgeneratorversuche<br />

I N S E L E I N H E I T 3<br />

THEMA: MITTE 19. BIS ANFANG 20. JAHRHUNDERT<br />

ZEIT DER INDUSTRIALISIERUNG DER ELEKTROTECHNIK<br />

MOTTO: „Die Elektrifizierung beginnt; <strong>der</strong> Elektrofachmann wird benötigt.“<br />

• Beginn <strong>der</strong> Anwendungsphase<br />

• Durch die Erkenntnisse <strong>von</strong> FARADAY <strong>und</strong> die systematische <strong>Entwicklung</strong> elektrischer<br />

Maschinen tritt die ELEKTRIZITÄT ihren Siegeszug an.<br />

• Die Erzeugung neuer Antriebsenergien <strong>und</strong> die Anwendung mit neuen Antriebsmaschinen<br />

sorgen für eine ungeheuere Steigerung <strong>der</strong> Produktion <strong>von</strong> Verbrauchsgütern. Dies bildet<br />

die Gr<strong>und</strong>lage für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Berufen.<br />

• Beginn <strong>der</strong> Großindustrialisierung im Bereich <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

• Weckung <strong>von</strong> Bedürfnissen nach Verbrauchsgütern<br />

• Billigere Massenware benötigt zur Herstellung <strong>und</strong> Inbetriebnahme den mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong><br />

gut ausgebildeten Fabrikarbeiter.<br />

• Die Elektroberufe entwickelten sich durch zusätzlich notwendige Kenntnisse im Elektrobereich<br />

aus den klassischen Metallberufen (<strong>Entwicklung</strong> elektrischer Geräte zuerst meist<br />

nur in Metall verarbeitenden Fabriken).<br />

44


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

Eignung <strong>und</strong> Neigung führten zu einer zusätzlichen Qualifikation in diesem neuen Bereich.<br />

Der lernbegierige Metallpraktiker war <strong>der</strong> Elektrofacharbeiter <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e.<br />

• Die Anwendung vor Ort beim privaten Benutzer erzwingt auch im Handwerksbereich die<br />

Weiterentwicklung aus klassischen Metallberufen (z.B. Gas-, Wasserinstallateur) in spezielle<br />

Elektroberufe (Schwerpunkte: Elektroinstallateur).<br />

• Bis zum 1. Weltkrieg gab es keine klare Abgrenzung <strong>und</strong> Arbeitsteilung zwischen Industrie<br />

<strong>und</strong> Handwerk bzw. zwischen Metall- <strong>und</strong> Elektroberufen.<br />

Es gab auch anfangs keine eigentliche Elektroausbildung, son<strong>der</strong>n meist nur eine Einarbeitung<br />

durch „sachgemäße Unterweisung“. Bei Großbetrieben entstanden jedoch teilweise<br />

am Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts eigene Werkschulen.<br />

• Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts begann <strong>der</strong> Staat eine regulierende <strong>und</strong> überwachende Funktion<br />

bei <strong>der</strong> Berufsausbildung zu übernehmen. Es entstanden die Sonn- <strong>und</strong> Feiertagsschulen,<br />

aus denen sich die gewerblichen Schulen <strong>und</strong> daraus die Berufsschulen entwickelten.<br />

EINHEIT 3 - MODUL 1: Die Anwendungsphase beginnt<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Neue industrietechnische <strong>Entwicklung</strong>en <strong>und</strong> die praktische<br />

Anwendung erzwingen die <strong>Entstehung</strong> spezieller Elektroberufe.<br />

In dieser Zeit gab es noch keine exakt beschriebenen<br />

Berufsbil<strong>der</strong>. Erste ordnende Vorschriften bei <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>der</strong> neuen Elektroberufe sind jedoch vorhanden. Die<br />

Ausbildung war stark an <strong>der</strong> Metallausbildung ausgerichtet.<br />

Eine schulische Ausbildung gab es nur in Ansätzen im Firmenbereich<br />

<strong>und</strong> teilweise in Form <strong>von</strong> Sonn- <strong>und</strong> Feiertagsschulen.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> ersten Elektroberufe beginnt.<br />

Der aufgeschlossene <strong>und</strong> lernbegierige Metallpraktiker war<br />

<strong>der</strong> Elektrofacharbeiter <strong>der</strong> ersten St<strong>und</strong>e.<br />

1903 Dreipoliger Ausschalter<br />

Arbeit zur Meisterprüfung. Noch starke Betonung<br />

<strong>der</strong> Metalltechnik in diesem Zeitbereich.<br />

Fachbuch Ende 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften, Lehrbücher<br />

/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong> Berufsschulbereich <strong>der</strong> Epoche u. Ä.<br />

45


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

EINHEIT 3 - MODUL 2: Die Elektrifizierung im öffentlichen <strong>und</strong> privaten Bereich beginnt.<br />

EINHEIT 3 - MODUL 3<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Alte Haushaltsgeräte aus dieser Epoche<br />

Zuerst wurde dem GLEICHSTROM (er war zu Beginn <strong>der</strong> Technikentwicklung<br />

leichter zu steuern) <strong>der</strong> Vorzug gegeben.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

kurze biografische Hinweise auf die Pioniere <strong>der</strong> Elektrotechnik abzurufen.<br />

EINHEIT 3 - MODUL 4<br />

EINHEIT 3 - MODUL 5<br />

Durch die Großversuche <strong>von</strong> O. v. Miller bei <strong>der</strong> Energieübertragung<br />

über weite Strecken mit WECHSEL- <strong>und</strong> DREH-<br />

STROM wurde <strong>der</strong> Beweis angetreten, dass die Theorien <strong>von</strong><br />

Tesla anwendbar waren.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Dynamofahrrad als Beispiel für die Energieumwandlung<br />

mit Beispielen <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Belastungsstufen<br />

Vor allem durch den Bau <strong>von</strong> großen zentralen Elektrizitätswerken<br />

<strong>und</strong> die Idee eines Verb<strong>und</strong>netzes – welches bereits<br />

durch O. v. Miller über Landesgrenzen geplant wurde – trat<br />

<strong>der</strong> Wechsel- <strong>und</strong> Drehstrom den Siegeszug gegenüber dem<br />

Gleichstrom an.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Modell o<strong>der</strong> entsprechende Darstellung einer mo<strong>der</strong>nen<br />

Energieerzeugung <strong>und</strong> Energieübertragung<br />

46


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

EINHEIT 3 - MODUL 6<br />

EINHEIT 3 - MODUL 7<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> eines einfachen, robusten <strong>und</strong> billigen Drehstrommotors<br />

gab weiterhin einen starken Impuls für die Verbreitung<br />

des Wechsel- <strong>und</strong> Drehstroms.<br />

<strong>Visualisierung</strong>: (als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />

Modell des Originaldrehstrommotors alter Drehstrommotor<br />

mo<strong>der</strong>ner Drehstrommotor (ev. als Explosions- o<strong>der</strong> Schnittmodell)<br />

frequenzgesteuerter Drehstrommotor Linearmotor<br />

Nicht nur die Anwendung, son<strong>der</strong>n auch die Sicherheit beim Umgang<br />

mit <strong>der</strong> neuen Energieform war bereits ein Anliegen <strong>der</strong><br />

Entwickler dieser Epoche.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Altinstallation mo<strong>der</strong>ne Installation<br />

Installation mit Bussystem<br />

Installation mit Material <strong>von</strong> 1920<br />

Installationsmaterial im Wandel <strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong> (z. B.<br />

Zeitrelais-Treppenhausschalter) <strong>von</strong> alt <strong>und</strong> groß über mo<strong>der</strong>n <strong>und</strong><br />

klein bis zum nur noch als in Schalteinheiten vorhanden Programm<br />

alter mechanischer Treppenhausautomat – das kleine weiße Gehäuse ist<br />

ein mo<strong>der</strong>ner Treppenhausautomat<br />

I N S E L E I N H E I T 4<br />

THEMA: 20. Jahrh<strong>und</strong>ert Zeit des Nationalsozialismus<br />

MOTTO: „Die Berufsrichtungen mit den Ausbildungsvorschriften werden dem politischem<br />

Zweck unterworfen.“<br />

• Anpassung <strong>der</strong> Berufe an die Bedürfnisse des Staates <strong>und</strong> des Volkes; Vorbereitungen auf<br />

kriegerische Auseinan<strong>der</strong>setzungen.<br />

• 1934 Gesetz zur Ordnung <strong>der</strong> nationalen Arbeit<br />

Ziel:<br />

Die Berufsausbildung soll den rein einzelbetrieblichen Interessen („Betriebsegoismus“)<br />

entzogen werden. Alle Arbeit im Betrieb sollte nicht nur <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Betriebszwecke,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem dem gemeinen Nutzen <strong>von</strong> Volk <strong>und</strong> Staat dienen.<br />

Die Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Berufsinhalte wurden vollständig durch den Staat kontrolliert.<br />

47


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

• Die Berufsrichtungen wurden den Bedürfnissen des geplanten Eroberungskrieges bei <strong>der</strong><br />

Vorbereitung, wie auch bei <strong>der</strong> Durchführung unterworfen (z. B. neue Berufsrichtungen<br />

im Energiebereich zum Aufbau <strong>der</strong> Kriegsindustrie, im Informationsbereich zur Befehlskoordinierung<br />

an den Kriegsfronten <strong>und</strong> <strong>der</strong> lückenlosen Propaganda durch Funk <strong>und</strong><br />

teilweise Fernsehen).<br />

• Die entsprechenden Handwerksinnungen waren den Reichsinnungsverbänden angeschlossen.<br />

• Die Handwerksinnungen setzten diesen Bestrebungen teilweise heftigen Wi<strong>der</strong>stand entgegen,<br />

sodass immer wie<strong>der</strong> Kompromisse geschlossen werden mussten.<br />

EINHEIT 4 - MODUL 1: Die Berufsausbildung wird den Interessen des Staates unterworfen.<br />

Genaue Berufsbildbeschreibungen <strong>und</strong> teilweise völlig neue Berufsrichtungen<br />

werden im Elektrobereich deshalb eingeführt.<br />

Die Ausbildung ist auf den eng begrenzten definierten Zweck<br />

des Berufbereiches ausgerichtet.<br />

Die Berufsrichtungen <strong>und</strong> die Ausbildungsvorschriften werden<br />

den Bedürfnissen des Staates angepasst.<br />

Die klassische elektrische Steuerungstechnik wurde vor allem<br />

für die Kriegsindustrieanlagen benötigt<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften, Lehrbücher/Lehrmittel,<br />

Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong> Berufsschulbereich<br />

<strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />

(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />

Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor o. Ä.) mit Elektromagnetschaltern<br />

(Schütze).<br />

Beson<strong>der</strong>er Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden Schaltungsaufbau<br />

gelegt werden, um so die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong><br />

die Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit sichtbar zu machen.<br />

Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften,<br />

Lehrbücher/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong><br />

Berufsschulbereich <strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />

48


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

I N S E L E I N H E I T 5<br />

THEMA: 20. JAHRHUNDERT WIEDERAUFBAU IN DER NACHKRIEGSZEIT<br />

ENTWICKLUNG DER ELEKTRONIK UND MIKROTECHNISIERUNG<br />

MOTTO: „Die Elektronik beeinflusst die weitere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technik; die Berufe<br />

müssen sich anpassen.“<br />

• Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> mo<strong>der</strong>ner Technologien nach dem Zusammenbruch.<br />

• Starker Einfluss in <strong>der</strong> Technikentwicklung durch die HALBLEITERELEKTRONIK<br />

• Nach dem Krieg <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aufbauphase (neue Fabriken <strong>und</strong> Wohnhäuser mussten errichtet werden)<br />

bzw. dem anschließenden „Wirtschaftsw<strong>und</strong>er“ (Ausstattung <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>von</strong> Gebäuden<br />

mit höherwertigen elektrischen Installationen <strong>und</strong> elektrischen Geräten) gab es einen<br />

enormen Bedarf an elektrischen Gebrauchsgütern; später auch im Bereich <strong>der</strong> Unterhaltungselektronik.<br />

• Entsprechend war <strong>der</strong> Bedarf an Fachkräften in <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> im Handwerk.<br />

Die Berufsbil<strong>der</strong> wurden anfangs weitgehend aus <strong>der</strong> nationalsozialistischen Zeit übernommen.<br />

Es gab jedoch eine ständige Weiterentwicklung <strong>der</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Lerninhalte. Diese <strong>Entwicklung</strong><br />

war jedoch häufig dem Interesse <strong>der</strong> zuständigen Personen unterworfen.<br />

• Der allgemeine <strong>und</strong> preiswerte Einsatz <strong>der</strong> Elektronik verän<strong>der</strong>t viele Zweige in <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />

Dies führt zu Anpassungen <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildungsziele - auch bei den klassischen<br />

Elektroberufen im Handwerksbereich - an die neuen Gegebenheiten.<br />

EINHEIT 5 - MODUL 1 Die Elektronik beeinflusst die weitere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Elektrotechnik.<br />

EINHEIT 5 - MODUL 2<br />

Es wurde notwendig, neue Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Ausbildungsvorschriften<br />

zu erarbeiten. Vor allem Kenntnisse <strong>der</strong> Schutzmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> neuer technische Vorschriften für elektrische<br />

Verbraucheranlagen erhielten einen hohen Stellenwert. Für die<br />

Berufsschule werden verbindliche lernzielorientierte Lehrpläne<br />

eingeführt. Eine enge Verbindung zwischen Berufs- <strong>und</strong> Schulausbildung<br />

ist das Ziel.<br />

Die Berufsrichtungen wurden zuerst übernommen, jedoch bald<br />

den neuen Bedürfnissen <strong>der</strong> Nachkriegszeit angepasst.<br />

Vor allem dem Einfluss <strong>der</strong> neuen Technologie „ELEKTRO-<br />

NIK“ musste bald eine entsprechende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausbildungsrichtlinien<br />

folgen.<br />

Die <strong>Entwicklung</strong> des Transistors verän<strong>der</strong>t teilweise wesentlich<br />

die Anwendungsgebiete in <strong>der</strong> Elektrotechnik (vor allem zuerst<br />

in den industriellen Bereichen).<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Darstellung:<br />

Vom Siliziumgr<strong>und</strong>material bis zum Transistor bzw. Mikrochip<br />

(o<strong>der</strong> als Videoclip)<br />

49


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

EINHEIT 5 - MODUL 3<br />

Die Palette <strong>der</strong> elektronischen Bauteile wird immer größer.<br />

Die wichtigsten Gr<strong>und</strong>typen sind die Diode, <strong>der</strong> Transistor <strong>und</strong> <strong>der</strong> Thyristor.<br />

Zusätzlich wird eine Miniaturisierung <strong>der</strong> Bauteile <strong>und</strong> die Verbindung <strong>von</strong> Einzelbauteilen<br />

zu Funktionsbausteinen weiterentwickelt.<br />

Schaltschrankaufnahme <strong>von</strong> einer Aufzugsteuerung in „Mischtechnik“<br />

(Elektrotechnik – Elektronik auf Platinen)<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Die Wirkung <strong>der</strong> drei elektronischen Haupttypen (DIODE, TRAN-<br />

SISTOR, THYRISTOR) soll durch funktionsfähige Schaltungen<br />

<strong>und</strong> Oszilloskopbil<strong>der</strong> leicht verständlich dargestellt werden<br />

(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>).<br />

Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor o. Ä.) mit Halbleiterbauteilen<br />

(Beson<strong>der</strong>er Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden Schaltungsaufbau gelegt<br />

werden, um so die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong> die Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit<br />

sichtbar zu machen.)<br />

I N S E L E I N H E I T 6<br />

THEMA: 20. JAHRHUNDERT<br />

ENTWICKLUNG DER MODERNEN PC-TECHNIK<br />

MOTTO: „Der Computer erobert den privaten <strong>und</strong> beruflichen Lebensraum; neue technische<br />

<strong>Entwicklung</strong>en bestimmen die Berufsrichtung <strong>und</strong> die Ausbildung.“<br />

• Starker Einfluss <strong>und</strong> technische Revolution durch Masseneinsatz des Personalcomputers<br />

• Steigende Verzahnung <strong>der</strong> technischen Bereiche <strong>und</strong> Globalisierung <strong>der</strong> Firmenentwicklung<br />

<strong>und</strong> des Marktes<br />

• Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss neuer Technologien. Die schnelle technische<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Schalt- <strong>und</strong> Steuergeräten (gesteuert durch PC-Programme) wie<br />

auch Simulationsprogrammen erzwingen - auch bei den klassischen Elektroberufen im<br />

Handwerksbereich - eine Anpassung <strong>der</strong> Berufsausbildung in die neuen Technologien.<br />

• Die <strong>Entstehung</strong> völlig neuer Berufsbil<strong>der</strong> (z. B. Mechatroniker, Informationselektroniker,<br />

Mikrotechnologie, Fachkraft für Veranstaltungstechnik) ist feststellbar.<br />

EINHEIT 6 - MODUL 1<br />

Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss dieser neuen Technologien.<br />

Deshalb kommt es zu einer Überarbeitung, bzw. zu neuen<br />

Berufsrichtungen <strong>und</strong> Ausbildungsvorschriften. Zusätzlich wird <strong>der</strong><br />

eigenen Arbeitsplanung <strong>und</strong> <strong>der</strong> K<strong>und</strong>enberatung ein hoher Stellenwert<br />

zugemessen. Die Lehrpläne werden ebenfalls dieser <strong>Entwicklung</strong><br />

angepasst. Schwerpunkt ist dabei die selbstständige Wissenserarbeitung,<br />

die fachübergreifende Ausbildung <strong>und</strong> die Teamarbeit.<br />

Die Projektarbeit wird teilweise an <strong>der</strong> Berufsschule verwendet.<br />

Simulationsprogramme <strong>und</strong> neu entwickelte Schaltbausteine, die nur<br />

durch PC-Programme aktiviert <strong>und</strong> individuell beeinflusst werden<br />

können, benötigen auch ein angepasstes Wissen in <strong>der</strong> Ausbildung.<br />

50


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Eventuell Berufs-Werbematerial, Ausbildungsvorschriften,<br />

Lehrbücher/Lehrmittel, Bil<strong>der</strong> <strong>und</strong> Geräte aus Werkstätten <strong>und</strong><br />

Berufsschulbereich <strong>der</strong> Zeit u. Ä.<br />

EINHEIT 6 - MODUL 2<br />

Durch die Programmierung <strong>der</strong> Schaltbauteile ergibt sich eine<br />

logische Reihe zur Problemlösung.<br />

Funktionsfähiges Beispiel einer EIB-<br />

<strong>und</strong> funkgesteuerten Wohnungseinheit<br />

(bei dem dargestellten Lageplan ist nur<br />

eine Funksteuerung eingezeichnet)<br />

(z. B: vorhandene Ausstellungsbeispiele<br />

<strong>von</strong> ABB (Busch-<br />

Jaeger)/Jung/Merten u. Ä.)<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Lehrvideo über Anwendungsmöglichkeiten <strong>von</strong> EIB-Schaltungen<br />

für Komfort <strong>und</strong> Sicherheit in den privaten<br />

Haushalten<br />

(als durchgehendes Beispiel <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong>)<br />

Steuerung einer Schranke (Schiebetor, Rolltor<br />

o. Ä.) mit Halbleiterbauteilen (Beson<strong>der</strong>er<br />

Wert soll dabei auf einen gleich bleibenden<br />

Schaltungsaufbau gelegt werden, um so<br />

die Verkleinerung <strong>der</strong> Schaltanlage <strong>und</strong> die<br />

Verringerung <strong>der</strong> Verdrahtungsarbeit sichtbar zu machen.)<br />

Beispiel einer Rolltorsteuerung mit Speicher-<br />

Programm-Steuerung (SPS) als Brettmodell<br />

51


W. Heinrich Elektrotechnik: Energie<br />

I N S E L E I N H E I T 7:<br />

THEMA: Ende 20./21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Verän<strong>der</strong>ungen Ł Zukunft<br />

• Die Globalisierungstendenzen <strong>und</strong> die immer schnellere <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technologie<br />

verän<strong>der</strong>n in hohem Maße die vorhandenen Möglichkeiten <strong>der</strong> Anwendungen <strong>der</strong> Elektrotechnik<br />

im industriellen <strong>und</strong> handwerklichen Bereich.<br />

• Die Berufsausbildung steht unter dem Einfluss neuer Technologien <strong>und</strong><br />

Wettbewerbsbedingungen.<br />

• Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer ständigen Anpassung <strong>der</strong> Berufsinhalte an<br />

diese <strong>Entwicklung</strong>. Eine zunehmende Überschneidung <strong>der</strong> Fachdisziplinen führt dazu,<br />

dass die Berufe immer vielschichtiger werden. Daraus ergibt sich wohl für die Zukunft eine<br />

Konzentration <strong>der</strong> Einzelberufe zu einer übergeordneten Form o<strong>der</strong> bei weiterer Teilung<br />

<strong>der</strong> Berufsbezeichnungen eine Verschiebung <strong>der</strong> Inhalte.<br />

• Die Folge ist eine völlig neue Überarbeitung <strong>und</strong> eventuell auch Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbereiche<br />

<strong>und</strong> Berufsbil<strong>der</strong>. Fachübergreifende Aufgaben im Beruf erzwingen eine Anpassung<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsordnung mit mehr Fachkompetenz. Eine Vielzahl <strong>der</strong> Elektroberufe<br />

wandelt sich mit neuen Ausbildungsinhalten zurück in bestimmte Hauptbereiche mit starken<br />

Einflüssen an<strong>der</strong>er Fachbereiche. Deshalb wird die spezielle Fachausrichtung meist<br />

aufgegeben.<br />

• Ohne ständigen Willen zur Weiterbildung kann <strong>der</strong> Fachmann <strong>der</strong> Zukunft nicht mehr<br />

bestehen.<br />

• Ab Mitte des Jahres 2003 <strong>und</strong> in den folgenden Jahren werden fast alle Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Ausbildungsvorschriften verän<strong>der</strong>t. Dabei steht als Idee im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, dass weniger eine<br />

Spezialisierung, son<strong>der</strong>n die Fachkompetenz eine Rolle spielt.<br />

• Nach Schätzung <strong>von</strong> Experten führt dies in weiterer Zukunft eventuell zu einer Zusammenführung<br />

<strong>von</strong> Einzelberufen in wenige Gr<strong>und</strong>berufsrichtungen mit sehr breiter fachübergreifendem<br />

Wissensinhalt; z. B.: Automatisierungs- <strong>und</strong> Anlagentechniker, Haussystem-<br />

<strong>und</strong> Anlagentechniker, Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechniker, Medientechniker<br />

EINHEIT 7 - MODUL 1<br />

Ständige Anpassung an den schnellen Fortschritt in <strong>der</strong><br />

technischen <strong>Entwicklung</strong> erzwingt eine ständige <strong>und</strong> möglichst<br />

schnelle Anpassung an die Berufsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> die Ausbildungsrichtlinien.<br />

Neue Anfor<strong>der</strong>ungen an die Selbstständigkeit <strong>und</strong> Kompetenz<br />

<strong>der</strong> Fachkräfte <strong>der</strong> Zukunft erfor<strong>der</strong>n neue Ausbildungsrichtlinien.<br />

Deshalb erfolgte im August 2003 eine<br />

Neuordnung <strong>der</strong> Elektroberufe.<br />

<strong>Visualisierung</strong>:<br />

Beispiele mo<strong>der</strong>ner Ausbildung in Schule <strong>und</strong> Werkstätte<br />

Beispiel eines handlungsorientierten Unterrichts<br />

(Parkhausmodell)<br />

52


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

Inhaltsübersicht<br />

1. Interaktives Museumsportal zu den Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufen<br />

2. Kommunikation ist ein menschliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />

3. Interaktive Zeitreise durch die Jahrtausende <strong>der</strong> Telekommunikation <strong>und</strong><br />

Kommunikationsberufe<br />

4. Organisierte betriebliche <strong>und</strong> schulische Berufsbildung <strong>der</strong> Neuzeit<br />

1. Interaktives Museumsportal zu den Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufen<br />

Das Portal zum Modul Telekommunikations- <strong>und</strong> Informationsberufe besteht aus einem Nachbau in<br />

Holz eines optischen Telegrafenturms mit Signalmast (Semaphor, 1832, Berlin-Koblenz).<br />

Besucherinteraktionen:<br />

1. Der Besucher wählt mit seinem Handy (o<strong>der</strong> Leihhandy des DM) die Mobilfunknummer dieser<br />

optischen Telegraphenstation. Er tippt eine SMS Nachricht ein (einzelne Buchstaben o<strong>der</strong> Ziffern),<br />

diese wird an den Signalarmen in Figuren des Telegrafenalphabets Buchstabe für Buchstabe angezeigt.<br />

2. Die Telegraphenstation sendet als Antwort <strong>der</strong> Reihe nach die eingestellten<br />

Figuren auf das Display des Handys.<br />

3. Eine zweite Person kann im Inneren <strong>der</strong> Telegrafenstation an Hebeln<br />

wie 1832 eine Nachricht Buchstabe für Buchstabe nach dem Telegrafenalphabet<br />

– hängt an <strong>der</strong> Wand – einstellen. Diese Nachricht wird über<br />

das Mobilfunknetz an das Handy als SMS übertragen. Am Handy-<br />

Display wird jeweils die Signalmastfigur grafisch dargestellt <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

durch Buchstaben <strong>der</strong> Klartext.<br />

1.1 Technisches Konzept 1 des Portals:<br />

21. Jh. meets 18. Jh. o<strong>der</strong> SMS kommuniziert mit optischer Telegraphenstation<br />

In <strong>der</strong> Telegrafenstation ist ein Handy mit Prepaidkarte (= keine lfd. Betriebskosten fürs DM!), das<br />

<strong>von</strong> jedem Besucher mit Handy übers Mobilfunknetz<br />

angerufen werden kann. Das SMS wird aus diesem<br />

Handy über eine Leitung in einen Codierer geleitet, <strong>der</strong><br />

den SMS-Code in den Semaphor-Code umsetzt. Dieser<br />

Semaphorcode wird über einen Schrittmotortreiber an<br />

SMS:<br />

XYZ<br />

SMS: XYZ<br />

1.2 Technisches Konzept 2 des Portals<br />

die Schrittmotoren in den Wellen <strong>der</strong> Signalarme geleitet.<br />

Diese Schrittmotoren schwenken die Signalarme in<br />

die entsprechende Position. Umgekehrt wird ein manuell<br />

am Signalmast eingestelltes Zeichen über Sensorkontakte<br />

abgetastet <strong>und</strong> als SMS an den Anrufer gesendet.<br />

Innenraum des Signalturms<br />

Am Signalmast sind 6 Handhebel, die über Seilzüge mit den 6 Signalarmen<br />

verb<strong>und</strong>en sind. Wird ein Handhebel nach oben, unten o<strong>der</strong> in die<br />

Mitte gedreht, dann dreht sich <strong>der</strong> Signalarm synchron in die gleiche Lage.<br />

Das Innere des Signalturms trägt an den Wänden die Schautafeln <strong>und</strong><br />

Objekte <strong>der</strong> Epoche 1100 v. Chr. bis 1935.<br />

53


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

Themen- <strong>und</strong> Darstellungsschwerpunkt:<br />

1. Das Urbedürfnis des Menschen nach Telekommunikation aus militärischen, wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> privaten Motiven.<br />

2. Den vielfältigen Erfin<strong>der</strong>geist des Menschen, hierfür technische Lösungen herzustellen.<br />

Wobei <strong>der</strong> Komfort dieser Kommunikationsgeräte ein Abbild <strong>der</strong> kulturellen <strong>und</strong> technologischen<br />

<strong>Entwicklung</strong> wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />

3. Eine WEBCamera filmt die Telegrafenstation <strong>und</strong> überträgt live das Video auf Handys mit<br />

Multimediaausrüstung. Der Handytelefonierer kann dann die Nachricht des Signalmasts per<br />

Video verfolgen <strong>und</strong> mitlesen.<br />

4. Ein Festnetz-Telefonanschluss wird installiert. Die SMS-Nachricht vom optischen Telegraphen<br />

wird dann vom Computer in Sprache umgesetzt <strong>und</strong> vorgelesen.<br />

5. Bei Besuch <strong>von</strong> Schulklassen kann mit dem Telegraphen über die Steuerhebel (à la 1832)<br />

eine Nachricht eingegeben werden, die dann über das Mobilfunknetz (weltweit) an die zu<br />

Hause gebliebene Klasse als SMS-Nachricht auf den PCs im Klassenraum angezeigt wird.<br />

Parallel kann über Internet live das Video <strong>der</strong> WebCamera vom Telegraphen <strong>und</strong> den Schülern<br />

beobachtet werden.<br />

2. Kommunikation ist ein menschliches Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />

– Die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong> Beruflichkeit zu den Erfindungen zur Telekommunikation<br />

2.1 Botenläufer Diomedon. Trommeltelegraphie<br />

- Die Beruflichkeit des ersten Landbriefträgers <strong>und</strong> Telegraphisten<br />

Militär, Handel <strong>und</strong> Privatinteressen waren die Triebfe<strong>der</strong> um die Kommunikation über weite<br />

Entfernungen (Telekommunikation) zu organisieren <strong>und</strong> technische Hilfsmittel zu entwickeln.<br />

Aus China (1122 v. Chr.) <strong>und</strong> <strong>der</strong> griechischen Antike stammen erste Dokumente über organisierte<br />

Telekommunikation mittels Boten, Tonsignalen <strong>und</strong> Lichtsignalen:<br />

Botenläufer Diomedon (490 v. Chr.) -<br />

<strong>der</strong> Marathonläufer als erster Postbote.<br />

Trommeltelegrafie<br />

<strong>der</strong> Naturvölker in den Urwäl<strong>der</strong>n.<br />

2.2 Feuer- <strong>und</strong> Rauchzeichen. Signalturm <strong>von</strong> Hannibal<br />

- Die schnelleren Telegrafisten<br />

Feuerzeichen <strong>von</strong> Signalturm zu Signalturm<br />

Hannibal (247 v. Chr.)<br />

[Alt. Rauchzeichen <strong>der</strong> Indianer]<br />

54


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.3 Die Erfindung des Codeverfahrens vor 2000 Jahren:<br />

Gr<strong>und</strong>lage aller Telekommunikation <strong>und</strong> Computertechnik bis ins 21. Jh.<br />

– Basiswissen aller Kommunikationsberufe<br />

Polybios (200-120 v. Chr.) berichtet, dass die<br />

Buchstaben des Alphabets auf fünf Tafeln mit je fünf<br />

Buchstaben aufgeteilt wurden. Ein Buchstabe wird mit<br />

zwei Gruppen aus je fünf Fackeln übertragen. Die<br />

Anzahl <strong>der</strong> gezeigten Fackeln <strong>der</strong> ersten Gruppe<br />

bestimmt die Nummer <strong>der</strong> Alphabettafel <strong>und</strong> die <strong>der</strong><br />

zweiten bestimmt die Reihe in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Buchstabe steht.<br />

Codeverfahren gehören zur Basistechnik unserer<br />

heutigen Telekommunikationseinrichtungen.<br />

Auf dieser Basis ist es möglich, das SMS des Handys<br />

mit dem optischen Telegraph <strong>von</strong> 1792 an <strong>der</strong><br />

Eingangspforte funktionstüchtig zu verbinden<br />

(Besucherexperiment).<br />

2.4 Fortentwicklung zur Optischen Telegraphie am Beispiel des Tachygraph <strong>von</strong><br />

Chappe (1793, Codetabelle, Frankreich).<br />

- Der Beruf des Telegraphisten wird zum Anwen<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ner Technik<br />

Der Tachygraph ist ein Mast mit einem einstellbaren Signalarm <strong>der</strong> aus drei Glie<strong>der</strong>n besteht.<br />

Durch unterschiedliche Winkel <strong>der</strong> drei Glie<strong>der</strong><br />

zueinan<strong>der</strong> entstehen Figuren, die jeweils einem<br />

Buchstaben bzw. einer Ziffer entsprechen. In einer<br />

Codetabelle ist die Zuordnung zwischen Alphabet <strong>und</strong><br />

Signalfigur festgelegt. Die erste Betriebsstrecke wurde<br />

zwischen Lille <strong>und</strong> Paris errichtet.<br />

Die Nachrichtenübertragungsgeschwindigkeit betrug 1<br />

St<strong>und</strong>e. Eine Reiterstafette benötigte 24 St<strong>und</strong>en. Die<br />

beginnende Industrialisierung <strong>und</strong> die <strong>Entstehung</strong> <strong>der</strong><br />

Nationalstaaten in Europa im 18. Jh. sowie die<br />

französische Revolution <strong>und</strong> die Bedrohung durch die<br />

Herrscherhäuser Europas führten zum Ausbau eines<br />

optischen Telegraphenliniennetzes über ganz Frankreich.<br />

2.5 Fortentwicklung zur Optischen Telegraphie am Beispiel des Klappentelegraphs<br />

<strong>von</strong> Murray (binärer Parallelcode, England)<br />

Im Krieg Grossbritannien gegen<br />

Frankreich wurden bei einem<br />

Kriegsgefangenen die Pläne des<br />

Chappe‘schen Telegraphen entdeckt.<br />

Die englische Admiralität baute<br />

danach 1795 entlang <strong>der</strong> englischen Südküste ein optisches<br />

Telegraphennetz. Der englische Klappentelegraph nach Lord Murray<br />

bestand aus 2x3 Klappen. Die Umsetzung des Alphabets erfolgte nach<br />

einem binären Parallelcode.<br />

55


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.6 Einführung <strong>der</strong> Optischen Telegrafie am Beispiel des Semaphor-Systems in<br />

Deutschland 1832.<br />

- Der Aufstiegsberuf vom Untertelegraphisten zum Kgl. Preuss. Obertelegraphist<br />

Es wurde das fortentwickelte französische Semaphor-System übernommen um die<br />

Telegraphenlinie <strong>von</strong> Berlin nach Koblenz zu bauen. Das System<br />

bestand aus drei untereinan<strong>der</strong> angeordneten zweiflügligen<br />

Signalarmen. Die Zahl <strong>der</strong> einstellbaren Zeichen war dadurch<br />

erheblich grösser. Die Einstellung dauerte dadurch jedoch länger. Eine<br />

Nachricht <strong>von</strong> Berlin nach Koblenz benötigte eine St<strong>und</strong>e.<br />

Nach dem Wiener Kongress 1815 weitete Preussen seine Gebiete bis<br />

an den Rhein aus. Zur Sicherung <strong>der</strong> Gebiete wurde eine rasche<br />

Nachrichtenverbindung bis zu den Rheingebieten notwendig. König<br />

Friedrich Wilhelm III. erlaubte jedoch keine Benützung durch Handel<br />

<strong>und</strong> Private.<br />

Beobachtungszimmer einer Kgl.-Preussischen<br />

Telegraphenstation um 1845: Der Obertelegraphist liest<br />

mit dem Fernrohr die Signaleinstellung <strong>der</strong> nächsten<br />

Station ab. Der Untertelegraphist stellt dieses Zeichen<br />

über die Seilzughebel am Signalmast nach.<br />

2.7 Elektrische Telegrafie beför<strong>der</strong>t Industrialisierung, Globalisierung <strong>und</strong><br />

Marktöffnung für alle – Durch die elektrische Telegraphietechnik entsteht <strong>der</strong> erste<br />

Elektroberuf. Aus den optischen Ober- <strong>und</strong> Untertelegraphisten werden elektrische<br />

Telegraphisten. Aus Mechanikern (Metallhandwerk) entwickeln sich<br />

Schwachstrommechaniker.<br />

Gauß <strong>und</strong> Weber bauten 1833 in Deutsch-land den ersten<br />

elektromagnetischen Telegraphen. Die Zeichen wurden durch<br />

Auslenkung <strong>von</strong> Magnetnadeln dargestellt.<br />

Cook <strong>und</strong> Wheatstone entwickelten den Zeigertelegraphen.<br />

Ein Zeiger über einer kreisförmigen Anordnung des Alphabets<br />

drehte sich bei Sen<strong>der</strong> <strong>und</strong> Empfänger synchron. Werner <strong>von</strong><br />

Siemens erfand 1847 die elektrische Synchronisation <strong>und</strong><br />

schuf so den ersten fehlerfrei funktionierenden<br />

Zeigertelegraphen.<br />

56


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.8 Teil 2, Morse-Telegraphennetze – Die Kabelberufe entstehen<br />

W. Siemens begründet als Artillerieleutnant mit <strong>der</strong> Errichtung erster Telegraphenstrecken<br />

seine Karriere <strong>und</strong> wird mit <strong>der</strong> Erfindung <strong>der</strong> Guttaperchapresse zur Herstellung nahtloser<br />

wasserdichter Kabel zum Global Player, was zu vielfältigen Kabelberufen führte (Monteur für<br />

Kabelanlagen, Isolierer, Endemacher, Kabelprüfer, Umwickler u. a.).<br />

Morse entwickelte 1837 den schreibenden Telegraphen. Die<br />

Nachricht wurde aus Kombinationen <strong>von</strong> Punkt <strong>und</strong> Strich<br />

dargestellt (Morsealphabet).<br />

In <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die militärische<br />

Einflussnahme <strong>und</strong> Nutzung zurückgedrängt zugunsten <strong>der</strong><br />

wirtschaftlichen <strong>und</strong> privaten Nutzung. Die innerstaatliche<br />

Abschottung wurde aufgelöst. Es entstanden grosse nationale <strong>und</strong><br />

internationale Telegraphennetze: Europas längste Telegraphenlinie<br />

Berlin – Frankfurt, 15000 km innerhalb eines Jahres in den USA, in<br />

den weiteren Jahren eine Telegraphenverbindung <strong>von</strong> San Francisco<br />

bis Kalkutta, u. v. a.<br />

Auch hier zeigte sich die enorme <strong>Entwicklung</strong>sentfaltung durch<br />

Ablösung <strong>von</strong><br />

Monopolen. (Vgl.<br />

Produkt- <strong>und</strong><br />

Dienstevielfalt nach<br />

Beendigung des<br />

Telefonmonopols<br />

1995, des<br />

Handybooms, des<br />

Internets).<br />

2.9 Telefon: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“<br />

- Die Erfindung des Telephons wird zum Massenmarkt mit Hilfe <strong>der</strong> ersten<br />

Telephonberufe: Elektromechaniker-Schwachstrom, Telephonmechaniker<br />

Philipp Reis schuf eine elektroakustische Nachbildung des<br />

menschlichen Ohres. Die akustischen Schwingungen wurden über ein<br />

Membransystem in elektrische Schwingungen umgesetzt, die über<br />

Stromleiter zum Empfänger gesendet wurden. Um die Qualität <strong>der</strong><br />

Übertragung zu demonstrieren hat er bei <strong>der</strong> Präsentation 1861 den<br />

nicht trivialen Satz: „Das Pferd frisst keinen Gurkensalat“ übertragen.<br />

Jedoch erst die Erfindungen <strong>von</strong> Bell (Schallwandler), Siemens<br />

(Hufeisenmagnetsystem) <strong>und</strong> Edison (Kohlemikrofon) führten zur<br />

Markteinführung <strong>und</strong> ermöglichten die Sprachübertragung über grosse<br />

Entfernungen.<br />

1877 vereitelte <strong>der</strong> Generalpostmeister v. Stephan einen privaten öffentlichen<br />

Fernsprechdienst in Deutschland. Er erklärte den Fernsprechdienst zum Monopol <strong>der</strong><br />

Reichspost.<br />

57


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.10 Ph. Reis: Ein Lehrer, sein Eichenholzohrmodell <strong>und</strong> die Erfindung des Telefons<br />

Im selben Jahr, als Reis in seine ehemalige Schule als Lehrer<br />

eintrat, kaufte er sich mit dem <strong>von</strong> seinem Vater geerbten<br />

Vermögen ein Haus in Friedrichsdorf. Er hatte nun einen Beruf<br />

<strong>und</strong> ein Heim <strong>und</strong> feierte bald darauf Hochzeit. Als Lehrer<br />

verblüffte Reis seine Schüler nicht nur durch technische<br />

Spielereien, son<strong>der</strong>n auch durch seinen aufgelockerten Unterricht,<br />

<strong>der</strong> fern je<strong>der</strong> trockenen Paukerei Wissen zu vermitteln suchte. So<br />

demonstrierte er die Wirkung des galvanischen Stroms durch selbst<br />

gebastelte Instrumente o<strong>der</strong> versuchte beispielsweise, seiner Klasse<br />

die Funktionsweise <strong>der</strong> menschlichen Gehörwerkzeuge durch ein<br />

kunstvoll geschnitztes Eichenholzmodell einer Ohrmuschel näher<br />

zu bringen. Dieses Holzohr war <strong>der</strong> Ausgangspunkt für seine<br />

Erfindung, wie er in <strong>der</strong> Beschreibung seines Lebens berichtete:<br />

„Durch meinen physikalischen Unterricht dazu veranlaßt, griff ich im Jahre 1860 eine schon<br />

früher begonnene Arbeit über die Gehörwerkzeuge wie<strong>der</strong> auf <strong>und</strong> hatte bald die Freude, meine<br />

Mühe durch Erfolg belohnt zu sehen, indem es mir gelang, einen Apparat zu erfinden, durch<br />

welchen es möglich wird, die Funktionen <strong>der</strong> Gehörwerkzeuge klar <strong>und</strong> anschaulich zu machen,<br />

mit welchem man aber auch Töne aller Art durch den galvanischen Strom in beliebiger<br />

Entfernung reproduzieren kann.“<br />

G. Bell, ein Taubstummenlehrer, verhalf mit seiner Fortentwicklung zur breiten<br />

Markteinführung des Telephons.<br />

Gr<strong>und</strong>legende Versuche zur <strong>Entwicklung</strong> des Telephons eignen sich für Besucherexperimente:<br />

Oszilloskop mit Mikrofon um Sonagramme <strong>der</strong> eigenen Stimme darstellen; Messplatz für<br />

Stimmenidentifikation in <strong>der</strong> Kriminalistik, evt. PC-Stimmlautdarstellung <strong>und</strong> Analyse.<br />

2.11 Die Anfänge <strong>der</strong> ergonomischen Mensch-Maschine-Kommunikation mit<br />

Löffelhörer, Schnurzugmikrofon <strong>und</strong> Stöpselschnur.<br />

- Die neue Telephonvermittlungstechnik schafft den Beruf <strong>der</strong> Telephonistin<br />

Der Vermittlungsschrank <strong>von</strong> 1886 enthielt 100 Anschlüsse mit 100<br />

Fallklappen. Der Vermittlungswunsch eines Teilnehmers bewirkte,<br />

dass die ihm zugeordnete Klappe fiel, wonach das „Fräulein vom<br />

Amt“ - Telephonistin - über den Löffelhörer den Vermittlungswunsch<br />

entgegennahm <strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Stöpselschnur die Verbindung stöpselte.<br />

58


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.12 1. Deutsches Fernsprechamt 1881<br />

-Der Wandel vom Vermittlungsbeamten zur klassischen Vermittlungsbeamtin:<br />

Frauen im Kommunikationsberuf erobern eine Domäne „<strong>und</strong> schaffen das erste<br />

Call-Center“, <strong>und</strong> die ersten Ideen <strong>und</strong> Lösungen für das headset entstehen<br />

Im Postberuf <strong>der</strong> Fernsprechvermittlung vollzog sich ein tiefgreifen<strong>der</strong> Wandel: Anfänglich<br />

wurde <strong>der</strong> Beruf des Fernsprechvermittlers <strong>von</strong> Männern ausgeübt. Diese wurden <strong>von</strong> Frauen<br />

abgelöst, die diesen Beruf jahrzehntelang zu ihrer Domäne machten.<br />

Bild 2 zeigt die Idee eines ersten akustischen headsets, das sich aber gegen das elektrische<br />

headset in den Vermittlungsämtern nicht durchsetzte. Das headset hat in <strong>der</strong> heutigen<br />

Handygeneration eine Wie<strong>der</strong>belebung erlangt.<br />

2.13 Funknachrichten: Die weltumspannende Nachrichtenübertragung durch den<br />

Äther<br />

O<strong>der</strong>: Warum so wenige Passagiere beim Untergang <strong>der</strong> Titanic gerettet wurden.<br />

Der Beruf des Funkers <strong>und</strong> Funkmechanikers entstehen<br />

Durch die Entdeckung <strong>der</strong> elektromagnetischen Welle durch<br />

H. Hertz 1887 <strong>und</strong> <strong>der</strong> Erfindung <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Funken-Telegraphie durch Marconi <strong>und</strong> Braun wurde<br />

erstmals 1901 ein Funksignal über den Atlantik gesendet.<br />

Die ersten Funkgeräte wurden vor allem auf Kriegs- <strong>und</strong><br />

Handelsschiffen installiert.<br />

Beim Untergang <strong>der</strong> Titanic konnte nur ein Teil <strong>der</strong><br />

Passagiere gerettet werden, weil die wesentlich näher<br />

gelegenen Schiffe noch keine Funkgeräte besassen.<br />

In England strebte Marconi ein Monopol im Funkverkehr an. Dies<br />

führte in Deutschland zu verstärkten Anstrengungen. Kaiser Wilhelm<br />

II. bewirkte die Gründung <strong>der</strong> Telefunken-Gesellschaft aus den<br />

konkurrierenden Firmen Siemens <strong>und</strong> AEG. Diese baute den Sen<strong>der</strong><br />

Nauen, <strong>der</strong> nach Nord- <strong>und</strong> Südamerika <strong>und</strong> in die deutschen<br />

Kolonien in Afrika <strong>und</strong> in die deutschen Koloniuen in Afrika <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Südsee telegraphierte.<br />

Die Fortentwicklung zur drahtlosen Sprachübertragung gelang 1906<br />

in USA <strong>und</strong> kurz danach in Deutschland.<br />

59


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

2.14 Aus <strong>der</strong> Funk-Telephonie entwickelt sich die R<strong>und</strong>funktechnik<br />

-Die ersten Radioberufe entstehen<br />

Mit dem Bau des ersten deutschen R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong>s in<br />

Königswusterhausen, wo die erste R<strong>und</strong>funksendung –<br />

„Wirtschaftsfunk“ – ausgesendet wurde, begann <strong>der</strong><br />

Siegeszug <strong>der</strong> R<strong>und</strong>funktechnik. Berufe wie Radio- <strong>und</strong><br />

R<strong>und</strong>funkmechaniker entstanden in <strong>der</strong> Industrie bei <strong>der</strong><br />

Produktion <strong>und</strong> im Handwerk für Verkauf, Installation <strong>und</strong><br />

Reparatur. Es entstand zusätzlich ein Markt für Radioteile<br />

<strong>und</strong> Beratung für die aufkommende grosse Schar <strong>der</strong> Radio-<br />

Hobbyisten. Die ersten Radios ohne Batterie- o<strong>der</strong><br />

Netzanschluss, sog. Kristalldetektoren, konnten leicht selbst<br />

hergestellt werden. Eine Anregung zum Nachmachen für<br />

Museumsbesucher. In <strong>der</strong> Gesellschaft wurde diese neue<br />

R<strong>und</strong>funktechnik sowohl kritisch (Antennenstürmer) als auch<br />

euphorisch begleitet: Graf Arco schrieb 1924 „Der R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Tod mittelalterlicher<br />

Intrigen <strong>und</strong> <strong>der</strong> verzopften Diplomatie. Der R<strong>und</strong>funksen<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> zukünftige Sprecher <strong>der</strong><br />

öffentlichen Meinung, nicht nur <strong>der</strong> Europas, son<strong>der</strong>n überall in <strong>der</strong> ganzen Welt.“ Auch hier<br />

zeigt ein Vergleich mit <strong>der</strong> Gegenwart am Beispiel <strong>der</strong> Marktdurchdringung des Handys<br />

deutliche Parallelen.<br />

2.15 Internet: Der PC als multimediales Endgerät am Internet bietet grenzenlose<br />

Telekommunikation im Cyberspace.<br />

- Telekommunikationstechnik <strong>und</strong> Informationstechnik wachsen zusammen: Aus<br />

beiden Bereichen entstehen die IT-Berufe (Informations- <strong>und</strong><br />

Telekommunikations-Berufe)<br />

- Weltweite Bündelung <strong>der</strong> Ideen im <strong>und</strong> zum Internet verkürzen die<br />

Halbwertszeit des Wissens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausbildungspläne<br />

Als die erste elektrische Telegrafie erf<strong>und</strong>en wurde, sind<br />

bereits globale Kabelnetze gelegt worden. Ihre<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung, <strong>der</strong> weitere Ausbau bzw. Ergänzung durch<br />

Lichtwellenleiter <strong>und</strong> Satelliten bildeten die Gr<strong>und</strong>lage für<br />

die grenzenlose Telekommunikation. Dies <strong>und</strong> die<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Telegrafie, Telefonie, Bild- <strong>und</strong><br />

Tonübertragung auf den Multimediacomputer verlagerten<br />

die Telekommunikationsdienste direkt zu den Menschen im<br />

Büro, zu Hause o<strong>der</strong> auf Reisen. Das Internet bietet die<br />

Plattform für weltweiten unkomplizierten Nachrichtenaustausch, dem Cyberspace. (Abb:<br />

Internetnachrichten-ströme zwischen den Kontinenten <strong>der</strong> Erde). Nachrichtenübertragung <strong>und</strong><br />

Informationsverarbeitung auf dem PC wurden miteinan<strong>der</strong> eng verb<strong>und</strong>en. Entsprechend führte<br />

auch die Berufsausbildung zu den Informations- <strong>und</strong> Telekommunikations-Berufen inkl. <strong>der</strong><br />

rasanten Beschleunigung ihrer Weiterentwicklung. Bei <strong>der</strong> Neugestaltung <strong>der</strong> IT-Berufe wurde<br />

erkannt, dass die Verfahren zur Anpassung <strong>der</strong> Berufe in <strong>der</strong> Kürze dieser Verän<strong>der</strong>ungszyklen<br />

nicht mehr durchführbar ist. Es wurden deshalb weitgehend keine konkreten<br />

Ausbildungsinhalte mehr beschrieben, son<strong>der</strong>n Prozess- <strong>und</strong> Handlungsorientierung für<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Prüfung vorgegeben. Konkrete Ausbildungsinhalte werden aktuell nach Stand<br />

<strong>der</strong> Technik <strong>von</strong> Ausbildungsbetrieb <strong>und</strong> Schule vorgegeben. So war z. B. bei <strong>der</strong> Planung <strong>der</strong><br />

IT-Berufe <strong>der</strong> enorme <strong>Entwicklung</strong>sschub des Internets nicht vorausplanbar. Der neuen Art <strong>der</strong><br />

Ausbildungsprozessbeschreibung ist es zu verdanken, dass die Azubis aktuell in den Techniken<br />

des Internets auch ohne konkrete Nennung in den Ausbildungsplänen ausgebildet worden sind.<br />

60


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

3 Zeitreise durch die Jahrtausende <strong>der</strong> Telekommunikation <strong>und</strong><br />

Kommunikationsberufe <strong>von</strong> 500 v. Chr. bis 2000 nach Chr.<br />

61<br />

Telegrammtext:<br />

Erste Person einer Besuchergruppe (Klasse) schreibt einen Telegrammtext auf Papier<br />

<strong>und</strong> übergibt dieses einer zweiten Person, die auf das Laufrad steigt.<br />

490 v. Chr. Bote Diomedon<br />

Zweite Person mimt den Marathonläufer. Diese läuft auf einem Laufrad. Am<br />

Laufradmonitor (PC-Monitor) wird ein Streckenabschnitt zwischen Marathon<br />

<strong>und</strong> Athen gewählt. Durch das Laufen wird mit Faktor 100 die Laufstrecke<br />

auf einer Karte animiert, Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> klassischen Orte <strong>und</strong> Landschaften werden<br />

eingeblendet.<br />

Ca. 150 v. Chr. Fackeltelegraphie<br />

Die dritte Person übernimmt vom Marathonläufer das Telegramm <strong>und</strong><br />

überträgt die Nachricht nach <strong>der</strong> Codetabelle des Polybios in die Fackeltelegraphie<br />

(Die Fackeln bestehen im DM aus an <strong>der</strong> Schlitzwand angeketteten<br />

elektrischen Leuchtstäben).<br />

Optische Telegraphie 1832<br />

Die vierte Person liest den Telegrammtext <strong>der</strong> Fackeltelegraphie <strong>und</strong><br />

überträgt die Nachricht mit Hilfe <strong>der</strong> Codetabelle auf das optische Telegraphensystem<br />

Semaphor.<br />

1837 Morsetelegraph<br />

„DM ist super“<br />

Die fünfte Person liest die Nachricht an den Signalzeichen des Semaphor <strong>und</strong><br />

überträgt diese nach <strong>der</strong> Morse-Codetabelle auf die Morsetaste. Die Nachricht<br />

wird elektrisch auf den entfernten Morseschreiber übertragen <strong>und</strong> im<br />

Strich-Punkt-Code ausgedruckt.<br />

„DM ist super“<br />

„DM ist super“<br />

1847 Zeigertelegraph<br />

Die sechste Person liest die Nachricht auf dem Morsestreifen <strong>und</strong> überträgt<br />

diese auf den Zeigertelegraphen.<br />

„DM ist super“<br />

„DM ist super“<br />

1933 Fernschreibnetz<br />

Die siebte Person liest die Nachricht vom Zeigertelegraph <strong>und</strong> gibt diese<br />

über die Fernschreibertastatur<br />

in den Blattschreiber ein. Über die Nummernscheibe wird über einen<br />

Hebdrehwähler sichtbar die Verbindung zur Empfangsstation hergestellt.<br />

„DM ist super“


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

1956 Siemens-Hellschreiber<br />

Die achte Person liest die Nachricht vom Blatt-Fernschreiber <strong>und</strong><br />

überträgt diese handschriftlich auf ein DIN A 4-Blatt. Dieses wird<br />

auf die Walze des Hell-Schreibers gespannt, abgetastet <strong>und</strong> gesendet.<br />

Ca. 1996 SMS<br />

Die neunte Person liest die Nachricht vom Hellschreiber, tippt diese<br />

als SMS- Nachricht in den PC <strong>und</strong> wählt die Mobilfunkrufnummer<br />

<strong>der</strong> zehnten Person <strong>der</strong> Besuchergruppe (alternativ das Werbe-<br />

Grosshandy des DM).<br />

Ziel nach Durchlauf durch 2500 Jahre Telegraphietechnik<br />

Die zehnte Person empfängt das Telegramm, das vor „2500 Jahren“<br />

dem Botenläufer <strong>von</strong> Marathon übergeben wurde <strong>und</strong> <strong>von</strong> allen Meilensteinen<br />

<strong>der</strong> Telegraphietechnik weitervermittelt wurde.<br />

4. Systematische betriebliche <strong>und</strong> schulische Berufsbildung<br />

4.1 Erste Werkberufsschule: Lehrer-Schüler-Tafel-Schulbank: Was hat sich in 80 Jahren<br />

geän<strong>der</strong>t?<br />

Werkberufsschule Siemens, Berlin 1920<br />

Die rasche Ausweitung <strong>der</strong> Produktion in <strong>der</strong> Industrie führte<br />

um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende zu einem immer stärker werdenden<br />

Fachkräftemangel. Die bislang aus dem Handwerk<br />

übergewechselten Berufsfachkräfte konnten den Bedarf<br />

nicht mehr decken. So kam es z. B. 1906 bei Siemens zur<br />

Gründung <strong>der</strong> ersten Werkberufsschule <strong>und</strong> 1908 zur Einrichtung<br />

einer Lehrwerkstätte.<br />

4.2 Darstellung <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung über die Epochen an Beispielen im Bereich <strong>der</strong><br />

betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Berufsbildung<br />

Nebeneinan<strong>der</strong> werden die epochetypischen<br />

Ausbildungswerkbänke <strong>und</strong> gegenüber die<br />

entsprechenden Schulbänke aufgestellt. Darauf<br />

befinden sich zu ausgewählten Berufsbildungsthemen<br />

die entsprechenden Bildungsmedien.<br />

In <strong>der</strong> Gesamtschau kann so eine<br />

vergleichende Betrachtung <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Berufsbildung<br />

anhand ein <strong>und</strong> desselben Themas erfolgen. Ein Grossteil <strong>der</strong> Exponate ist zusätzlich für<br />

Besucherexperimente präpariert.<br />

4.2.1 Wandel <strong>der</strong> Qualifikation, Ziele, Arbeitstechniken, Werkzeuge, Methode <strong>und</strong> des Aus<br />

bildungsplatzes am Bsp. des gleichen Ausbildungsziels an äquivalenten Ausbildungsob<br />

jekten in den verschiedenen Epochen<br />

Beispiel Telefonvermittlungstechnik. Von <strong>der</strong> realen körperlichen Elektromechanik<br />

zur Blackbox mit immaterieller Bedienung mittels Software <strong>und</strong> Zugang über<br />

Modellabbild im Computer bis zur prozessorientierten ganzheitlichen Handlung<br />

62<br />

„DM ist super“<br />

„DM ist super“<br />

„DM ist super“


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

Aufbau des dualen betrieblichen Ausbildungsplatzes<br />

1. Ausbildungsordnung<br />

1936<br />

Fernmeldemonteur<br />

Ausbildungsplatz<br />

Hebdrehwähler, Werkzeuge:<br />

Fe<strong>der</strong>waage, Kontaktfe<strong>der</strong>zange,<br />

Lötkolben, Vielfachmessgerät<br />

Methode:<br />

Vormachen-Nachmachen<br />

Neuordnung 1972<br />

Fernmeldeelektroniker<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Edelmetall-Motor-<br />

Drehwähler<br />

Methode:<br />

Vormachen-Nachmachen<br />

63<br />

Neuordnung 1987<br />

Kommunikationselektroniker,Telekommunikationstechnik<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Programmierung <strong>der</strong> Betriebssoftware<br />

<strong>der</strong> Wähleinrichtung<br />

Methode:<br />

Projekt- u. transferorientierte<br />

Ausbildung<br />

PETRA<br />

Neuordnung 1997<br />

Informations- <strong>und</strong><br />

Telekommunikations-system-<br />

Elektroniker<br />

Ausbildungsplatz<br />

Organisatorisch<br />

<strong>und</strong> personell mit<br />

dem Betrieb vernetzt.<br />

-Programmierung<br />

<strong>der</strong> Software f. d.<br />

Wähleinrichtung<br />

Methode:<br />

Modell <strong>der</strong> vollständigenHandlung,Geschäftsprozess-<br />

<strong>und</strong><br />

K<strong>und</strong>enorientiert<br />

Aufbau des dualen schulischen Lernplatzes (gegenüber dem betrieblichen Ausbildungsplatz)<br />

Schulbank (antik)<br />

(Klassenzimmer)<br />

-Schreibzeug, Tintenfass<br />

-Tusche u. Tuschefe<strong>der</strong>n<br />

-Zeichen- u. Schriftschablonen<br />

-Rechenstab (aus Holz)<br />

-Logarithmentafel<br />

-Gemeinschaftsk<strong>und</strong>ebuch<br />

-Rechenbuch<br />

-Fachk<strong>und</strong>ebuch<br />

-Deutsches Sprachbuch<br />

-Fachzeichenbuch<br />

-Übungsblätter Normschrift<br />

-Arbeitsblätter Praktische<br />

Fachk<strong>und</strong>e<br />

-Schülerhefte<br />

Klassenzimmerausstattung:<br />

Kreidetafel, Waschschüssel,<br />

Wandtafeln, , Epidiaskop,<br />

Diaprojektor, Rohrstock<br />

kurz/lang, Lehrplan, Stoffverteilungsplan,<br />

Klassentagebuch<br />

Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />

Magnetismus am Beispiel<br />

Hebdrehwählerantrieb<br />

Besucherexperimente<br />

Schülerlernplatz in Praktischer<br />

Fachk<strong>und</strong>e<br />

-Schreibzeug, Tintenfass<br />

-Tusche u. Tuschefüller<br />

-Zeichen- u. Schriftschablonen<br />

-Taschenrechner<br />

-Logarithmentafel<br />

-Gemeinschaftsk<strong>und</strong>ebuch<br />

-Rechenbuch<br />

-Fachk<strong>und</strong>ebuch<br />

-Deutsches Sprachbuch<br />

-Fachzeichenbuch<br />

-Arbeitsblätter Praktische<br />

Fachk<strong>und</strong>e.<br />

-Schülerhefte<br />

(Klassenzimmerausstattung:<br />

Kreidetafel, Waschschüssel,<br />

Wandtafeln, Projektor, Diaprojektor<br />

Lehrplan, Stoffverteilungsplan,<br />

Klassentagebuch<br />

Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />

Impulsmessung mit Zeitschreiber,Impulszeitenberechnung<br />

am Wähler <strong>und</strong><br />

Relais<br />

Schülerlernplatz im Integrierten<br />

Fachunterrichtsraum<br />

(IFU)<br />

-Taschenrechner<br />

-Zeichenschablonen<br />

-Fachbücher<br />

-Handlungsorientierte<br />

Arbeitsblätter<br />

(Klassenzimmerausstattung:<br />

-Overheadprojektor<br />

- Foliensatz<br />

-Lehrplan,<br />

-Stoffverteilungsplan,<br />

-Klassentagebuch<br />

Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />

Steuern <strong>und</strong> Messen am Integrierten<br />

Schaltkreis<br />

(MUX)), Logikanalyse<br />

Besucherexperimente<br />

Multimedia-<br />

Computerlernplatz<br />

mit MM-Software<br />

MultiSkop Trainer<br />

zur Telekommunikationstechnik<br />

mit:<br />

Schaltplansimulator,<br />

Interaktive<br />

Prozessvisualisierung<br />

mit Echtzeit-<br />

Hardwaresteuerung<br />

Electronic Books:<br />

PC-Lexika, Bildlexika,<br />

Datenbuch,<br />

Prüfungsdatenbank,<br />

Arbeitsblätter- <strong>und</strong><br />

Foliendateien,<br />

Arbeitshefteditor<br />

(CAD), Medien für<br />

die Produktion <strong>der</strong><br />

K<strong>und</strong>enprojekte,<br />

Rechnerkopplungssysteme,Bürokommunikations- <br />

Übungsnetzwerk,<br />

Telekommunikati-<br />

onsnetz<br />

Darstellung Unterrichtsst<strong>und</strong>e:<br />

Mo<strong>der</strong>ne VermittlungstechnikBesucherexperimente


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

Einzelheiten zu 4.2.1: Multimedia-Lernplatz Vermittlungstechnik mit Prozessvisualisierung<br />

Telefone:<br />

Über die Telefone können reale<br />

Gesprächsverbindungen aufgebaut<br />

werden. Mo<strong>der</strong>ne Dienste wie<br />

Rufumleitung, Dreierkonferenz,<br />

Mitteilung bei unbezahlter Rechnung<br />

u. a. können aufgerufen<br />

werden. Deren Funktionsabläufe<br />

werden im Prozessabbild am<br />

Monitor online sichtbar.<br />

Zentrale Steuerung:<br />

Die zentrale Steuerung enthält<br />

mehrere H<strong>und</strong>ert Halbleiter-Koppelpunkte<br />

für die<br />

vielfältigen Verbindungswege,<br />

die Tongeneratoren für<br />

die Signaltöne <strong>und</strong> die Elektronik<br />

für die gesamte Steuerung.<br />

64<br />

PC o<strong>der</strong> Laptop<br />

Der PC enthält die Steuerung<br />

<strong>der</strong> Vermittlungsanlage <strong>und</strong> ist<br />

über die serielle Schnittstelle mit<br />

<strong>der</strong> Vermittlungsanlage (Koppelfel<strong>der</strong>)<br />

verb<strong>und</strong>en:<br />

Er „beobachtet“ die Benutzerbedienung<br />

an den angeschlossenen<br />

Telefonen <strong>und</strong> steuert entsprechend<br />

die Signaltöne <strong>und</strong><br />

Verbindungswege. Der Aufbau<br />

funktionieren<strong>der</strong> Verbindungswege<br />

kann auch virtuell mit <strong>der</strong><br />

Maus am Monitor (Hörer abheben)<br />

<strong>und</strong> mit <strong>der</strong> Tastatur (Rufnummer<br />

wählen) erfolgen. Über<br />

die Telefone kann dann gesprochen<br />

werden. Das Prozessabbild<br />

zeigt in Computeranimation die<br />

inneren Funktionsabläufe<br />

Monitorbild zur interaktiven Prozessvisualisierung:<br />

Bild zu 4.2.1: Darstellung <strong>der</strong> Unterrichtsst<strong>und</strong>e<br />

Logikanalyse


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

4.2.2 Ausbildungsbeispiel:„Leitungsverbindungen für Nachrichtensignale herstellen“<br />

–„Von <strong>der</strong> realen Kupfera<strong>der</strong> zur virtuell gesteuerten Leitungsverbindung in <strong>der</strong> un-<br />

sichtbaren Nanotechnik des Siliziumchips“<br />

Feinziel (1936):<br />

Drahtverbindungsweg<br />

planen, Nagelbrett erstellen,<br />

Kabel formen<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Nagelbrett mit Kabelbaum,<br />

Werkbank mit<br />

Kabelrollen, Form- u.<br />

Bindewerkzeuge<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

Feinziel (1972):<br />

Leiterbahnen kreuzungsfrei<br />

planen, auf Trägermaterial<br />

kopieren, entwickeln,<br />

ätzen<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück<br />

-Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Gedruckte Schaltung auf<br />

Leiterplatten<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

65<br />

Feinziel (1987):<br />

Drahtverbindungsweg<br />

planen<br />

Wire-Wrap-Pistole handhaben<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück<br />

-Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Bild: Wire-Wrap-<br />

Verdrahtung mit Pistole<br />

Methode:<br />

Projekt- u. transferorientierte<br />

Ausbildung<br />

Feinziel (1997):<br />

Programmierbarer Integrierter<br />

Schaltkreis:<br />

Koppel vielfach adressieren,<br />

Koppelpunkt konfi-<br />

gurieren<br />

Ausbildungsplatz<br />

Integrierter Schaltkreis<br />

(IC)<br />

Laptop o<strong>der</strong> PC zum<br />

Programmieren <strong>und</strong><br />

Simulieren <strong>und</strong> als<br />

Logikanalysator<br />

Bild:<br />

Koppelfeld<br />

Laptop mit Mess- <strong>und</strong><br />

Steuerungsschnittstelle<br />

Methode:<br />

Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />

Handlung.<br />

4.2.3 Beispiel: „Signalleitungen anschließen“- „Vom mechanischen Zurichten <strong>und</strong> Klemmen<br />

<strong>von</strong> Kupfera<strong>der</strong>n zur Spleissung <strong>von</strong> Lichtwellenleiter unter Mikroskop mit Mikroma-<br />

nipulator“<br />

Feinziel (1936):<br />

Anschließen <strong>von</strong><br />

Schalttafeln<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück<br />

-Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Schraubverbindung<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

Feinziel (1972):<br />

Leiterbahnen<br />

kreuzungsfrei planen,<br />

auf Trägermaterial<br />

kopieren, entwickeln<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück<br />

-Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Gedruckte Schaltung<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

Feinziel (1987):<br />

Löt- <strong>und</strong> schraubfreie<br />

Klemmverbindung<br />

handhaben<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück, Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Löt- u. Schraubfreie<br />

Anschlussverbindung<br />

LSA<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Projekt- u. transferorientierte<br />

Ausbildung PETRA<br />

Feinziel (1997):<br />

Glasfasern zurichten<br />

<strong>und</strong> spleissen<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück, Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Lichtwellenleiter-<br />

Spleisskoffer Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />

Handlung.


M. Roos Elektrotechnik: Telekommunikation<br />

4.2.4 Beispiel „Messen elektrischer Signale“ – „Vom analogen Signal zum digitalen Codewort“,<br />

„Vom Hitzdrahtmessgerät zu computergestütztem Messplatz“<br />

1. Ausbildungsordnung<br />

1936<br />

Fernmeldemonteur<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück, Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Einzelmessgeräte im<br />

Holzkasten (U, I, P, dB)<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

Neuordnung 1972<br />

Fernmeldeelektroniker<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück, Werkzeug<br />

Ausbildungsunterlagen<br />

Vielfachmessgerät<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Vormachen-<br />

Nachmachen<br />

66<br />

Neuordnung 1987<br />

KommunikationselektronikerTelekommunikations-<br />

technik<br />

Ausbildungsplatz<br />

- Oszilloskop-Messplatz<br />

Methode:<br />

Projekt- u. transferorientierte<br />

Ausbildung<br />

PETRA<br />

Neuordnung 1997<br />

Informations- <strong>und</strong> Telekommunikationssystem-Elektroniker<br />

Ausbildungsplatz<br />

-Werkstück, Werkzeug<br />

-Ausbildungsunterlagen<br />

Logikanalyse mit<br />

Logic-Analyzer o<strong>der</strong><br />

PC-gestützte Messung<br />

(Messen digitaler Codeworte)<br />

Besucherexperiment<br />

Methode:<br />

Modell <strong>der</strong> vollständigen<br />

Handlung. Geschäftsprozess-<br />

<strong>und</strong><br />

K<strong>und</strong>enorientiert.


T. Bauer Flugtechnik<br />

Flugtechnik<br />

Inhaltsübersicht<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen<br />

Stationen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausstellung als Bestandteil <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen<br />

Es gilt einen Mittelweg zwischen <strong>der</strong> bloßen Darstellung <strong>von</strong> - im wahrsten Sinne - begreifbaren<br />

einzelnen Objekten, <strong>der</strong>en Auswahl für den Besucher nicht unmittelbar deutlich wird, <strong>und</strong><br />

einer rein auf Bil<strong>der</strong>n, Grafiken <strong>und</strong> Texten beruhenden aber durchgängigen Ausstellung zu<br />

finden.<br />

Die zu zeigenden Objekte können nicht den Zusammenhang <strong>von</strong> Beruflichkeit <strong>und</strong> Ausbildung<br />

an verschiedenen Lernorten aufzeigen, binden aber, zumindest kurzfristig, das Besucherinteresse.<br />

Eine textlich basierte Ausstellung kann zwar viele Facetten in verschiedenen<br />

Epochen auf dem Weg des Dualen Systems nahe bringen, erregt aber nur für wenige Besucher<br />

eine anhaltende Aufmerksamkeit.<br />

Die zielgerichtete Auswahl <strong>von</strong> Objekten in Verbindung mit einer hinreichenden textbasierten<br />

Darstellung kann die Erwartung eines breiten Publikums bestätigen, ohne die <strong>Entwicklung</strong><br />

des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung im Bereich <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie zu zerreißen.<br />

Die Integration <strong>der</strong> Berufsausbildung in die bestehende Luftfahrtausstellung eröffnet aber<br />

auch die Möglichkeit, jene Besucher, die sich eigentlich nicht mit diesem Themenkomplex<br />

befassen wollten, durch die Produkte <strong>von</strong> beruflicher Bildung – den hier aus technischem<br />

Blickwinkel ausgestellten Flugzeugen – auf diesen Bereich aufmerksam zu machen. Dieser<br />

Weg wäre bei einer eigenen Ausstellung ungleich schwerer zu verdeutlichen <strong>und</strong> bedürfte<br />

einer größeren Anzahl an Objekten, die somit auch höhere Kosten nach sich ziehen würden.<br />

Ferner sollte die Ausstellung so angelegt sein, dass sie als Wan<strong>der</strong>ausstellung an<strong>der</strong>en Institutionen<br />

o<strong>der</strong> Betrieben <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie bei Interesse zugänglich gemacht werden kann.<br />

Somit ergibt sich eine breite Zusammenarbeit, die die Aktualität <strong>der</strong> Ausstellung aufrechtzuerhalten<br />

in <strong>der</strong> Lage ist <strong>und</strong> Impulse <strong>der</strong> Industrie o<strong>der</strong> Verbände zu berücksichtigen vermag.<br />

Diese Symbiose <strong>von</strong> Geschichte <strong>und</strong> beruflicher Realität wird so einem breiteren Publikum<br />

zugänglich <strong>und</strong> eröffnet möglicherweise verschiedene neue Quellen für eine differenziertere<br />

Betrachtung <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des Dualen Systems in Deutschland.<br />

Da <strong>der</strong> Einsatz <strong>von</strong> Personal, das eine aktive Rolle in <strong>der</strong> Ausstellung übernimmt <strong>und</strong> beispielsweise<br />

Hinweise <strong>und</strong> Unterstützung zur Ausführung <strong>von</strong> Tätigkeiten <strong>der</strong> Besucher an<br />

einem dafür zugänglichen Ausstellungsobjekt gibt, einen erheblichen Kostenfaktor darstellt,<br />

muss darauf weitgehend verzichtet werden, aber dennoch die Möglichkeit dazu in <strong>der</strong> Konzeption<br />

erhalten bleiben.<br />

Damit <strong>der</strong> Anspruch an eine auf die Bedürfnisse <strong>der</strong> Besucher abgestimmte Ausstellungskonzeption<br />

nicht unberücksichtigt bleibt, ist es unumgänglich eine, wenn auch in reduzierter<br />

Form angelegte, ständige Evaluation durchzuführen.<br />

Als Rahmenbedingungen für eine eingeschränkte Ausstellung werden folgende Punkte festgehalten:<br />

- Integration in die bestehende Luftfahrt-Ausstellung im Deutschen Museum München<br />

- Gestaltung so, dass eine Wan<strong>der</strong>ausstellung möglich wird<br />

- „begreifbare“ Objekte<br />

- Möglichkeit zur Darstellung einer „realen Ausbildungssituation“<br />

- kostengünstiger Aufbau / Unterhaltung<br />

67


T. Bauer Flugtechnik<br />

Gestaltungsmöglichkeiten<br />

Innerhalb <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung im Deutschen Museum steht gegebenenfalls<br />

eine Son<strong>der</strong>nutzungsfläche in <strong>der</strong> Größenordnung <strong>von</strong> etwa 130 qm zur Verfügung.<br />

Abbildung 1: Ausstellungsfläche in <strong>der</strong> Luftfahrthalle des Deutschen Museums<br />

Diese befindet sich im Untergeschoss <strong>der</strong> Luftfahrtausstellung <strong>und</strong> wird durch die Objekte<br />

ME 262, Starfighter <strong>und</strong> Spacelab begrenzt. Verschiedene Objekte sind aufgehängt, die die<br />

mögliche Ausstellungsfläche zwar nach oben hin tangieren, aber die geplanten Aufbauten in<br />

<strong>der</strong> aufzuzeigenden Ausstellung nicht behin<strong>der</strong>n.<br />

Abbildung 2: Blick <strong>von</strong> ME 262 Richtung Bell<br />

Abbildung 3: Blick vom Starfighter Richtung ESA<br />

Die eingeschränkten räumlichen Möglichkeiten ziehen eine starke Reduzierung <strong>der</strong> zu integrierenden<br />

Objekte nach sich. Die genannten Flugzeuge <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung beziehen<br />

aber die jeweilige technische <strong>Entwicklung</strong> im zeitlichen Kontext unmittelbar mit ein, sodass<br />

auf spezifische <strong>und</strong> große Objekte hier weitgehend verzichtet werden kann.<br />

Eine Insellösung, wie sie hier aufgezeigt werden soll, kann auch nicht auf die im Teil II dieser<br />

Arbeit gewünschten Ausstattungsressourcen zurückgreifen. Dies zwingt dazu, Interaktionsmöglichkeiten<br />

auf ein geringes Maß zu beschränken <strong>und</strong> im Deutschen Museum vorhandene<br />

Mittel zu nutzen.<br />

Folglich sind auch die Epochen bei <strong>der</strong> Genese des Dualen Systems in <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />

zusammenzufassen, um die Durchgängigkeit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> für den Besucher ebenso zu<br />

erhalten, wie die Akzentuierung wichtiger <strong>und</strong> herausragen<strong>der</strong> Ereignisse deutlich hervorzuheben.<br />

Dennoch wird versucht, an diesen beson<strong>der</strong>s zu betrachtenden Punkten auch eine Interaktion<br />

68


T. Bauer Flugtechnik<br />

zu ermöglichen, um das Besucherinteresse über einen längeren Zeitraum hinweg zu binden<br />

<strong>und</strong> den Wunsch nach weiteren Informationen zu wecken.<br />

Damit die Beson<strong>der</strong>heit dieser Ausstellung in <strong>der</strong> bestehenden Ausstellung auch nach außen<br />

hin deutlich hervortritt, sollte für den Bodenbelag eine an<strong>der</strong>e Ausführung gewählt werden.<br />

Diese optische Trennung eröffnet dem Besucher die Möglichkeit, sowohl die Berufsbildung<br />

als Bestandteil <strong>der</strong> Luftfahrt zu erkennen als auch gezielt diesen Aspekt <strong>von</strong> Beruflichkeit zu<br />

verfolgen 1 .<br />

Eine qualitative <strong>und</strong> quantitative Evaluation <strong>der</strong> Ausstellung lässt sich leicht durch eine Kamera,<br />

die im Obergeschoss <strong>der</strong> Luftfahrthalle angebracht wird, erfassen. Besucherströme<br />

können so gezielt in Beziehung zueinan<strong>der</strong> gesetzt werden <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Evaluationsmaßnahmen<br />

auf ihre Aussagekraft hin überprüft werden.<br />

Anordnung <strong>der</strong> Ausstellung<br />

Die in <strong>der</strong> Luftfahrtausstellung gezeigten Flugzeuge sind im zeitlichen Ablauf beginnend mit<br />

dem Strahlflugzeug ME 262 gegen den Uhrzeigersinn angeordnet 2 . Es bietet sich daher an die<br />

Ausstellung in gleicher Weise aufzubauen, um die Nähe <strong>von</strong> Produktion <strong>und</strong> Ausbildung<br />

deutlich in einen Zusammenhang zu stellen.<br />

Die Verwendung <strong>von</strong> Tafeln <strong>und</strong> Objekten sollte dabei so gewählt werden, dass es dem Besucher<br />

möglich ist, an beliebiger Stelle die Son<strong>der</strong>ausstellung zu betreten o<strong>der</strong> zu verlassen.<br />

An <strong>der</strong> so entstehenden „Nahtstelle“ <strong>von</strong> Geschichte<br />

<strong>und</strong> Zukunft des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

wird sowohl <strong>der</strong> Industrie als auch an<strong>der</strong>en Institutionen<br />

die Möglichkeit gegeben, sich selbst darzustellen<br />

<strong>und</strong> so Kontakte zu Besuchern unmittelbar zu knüpfen.<br />

Ein Informationspunkt im Zentrum <strong>der</strong> Ausstellung<br />

soll die Informationstiefe erhöhen <strong>und</strong> den Besuchern<br />

filmische Sequenzen aus Lehr- o<strong>der</strong> Werbefilmen zugänglich<br />

machen.<br />

Stationen <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>ausstellung als Bestandteil <strong>der</strong> bestehenden Luftfahrtausstellung<br />

Beginn <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Flugtechnik bis zum Ende <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

Die Anfänge <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Luftfahrt beginnen mit den Flugversuchen Lilienthals <strong>und</strong> sind<br />

zunächst die bescheidenen Versuche Einzelner, mit selbst konstruierten Apparaten die dritte<br />

Dimension zu erklimmen. Ganz im Gegensatz dazu stehen die Bemühungen des Grafen Zeppelin,<br />

<strong>der</strong> die ungesteuerten Ballone zu manövrierfähigen, weil maschinengetriebenen Luftschiffen<br />

umkonstruiert. Da diese technisch einmaligen <strong>und</strong> nicht nur im übertragenen Sinne<br />

großartigen Geräte die Stimmung in <strong>der</strong> Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wi<strong>der</strong>spiegelt,<br />

wird <strong>der</strong> Luftfahrtgedanke nachhaltig in das Bewusstsein <strong>der</strong> Bevölkerung einge-<br />

1 Es bietet sich die Verwendung <strong>von</strong> sog. OSB-Platten an, die eine feste Verankerung <strong>von</strong> Stellwänden <strong>und</strong> Exponaten<br />

sowohl im Deutschen Museum als auch an<strong>der</strong>en Ausstellungsorten ermöglichen.<br />

2 Die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Flugtechnik vor <strong>der</strong> Erfindung des Strahltriebwerkes ist im Obergeschoss <strong>der</strong> gleichen<br />

Ausstellung zu finden. Dort können Hinweistafeln an geeigneten Punkten auf die Son<strong>der</strong>ausstellung aufmerksam<br />

machen.<br />

69


T. Bauer Flugtechnik<br />

führt. Wirtschaftliche Impulse <strong>von</strong> bleiben<strong>der</strong> Bedeutung gehen <strong>von</strong> den Großluftschiffen<br />

jedoch nicht aus. Insbeson<strong>der</strong>e die Leichtmetallverarbeitung erfährt jedoch einen Aufschwung,<br />

<strong>der</strong> in künftigen Konstruktionen im Motorflugzeugbau <strong>von</strong> zentraler Bedeutung<br />

sein wird.<br />

Mit <strong>der</strong> gesellschaftlichen Unterstützung des Fluggedankens finden sich auch immer mehr<br />

Flugbegeisterte, die Flugzeuge englischer o<strong>der</strong> französischer Bauart zunächst kopieren <strong>und</strong><br />

systematisch optimieren. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges verlagert sich die <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>von</strong> handwerklich konstruierten Kleinstserien hin zu feldverwendungsfähigen Massenprodukten.<br />

Technische Innovationen richten sich nunmehr an <strong>der</strong> militärischen Notwendigkeit aus.<br />

Das erste Ganzmetallflugzeug <strong>von</strong> Hugo Junkers passt zunächst nicht in das Anfor<strong>der</strong>ungsprofil<br />

<strong>der</strong> kaiserlichen Armee, da es technisch aufwendig <strong>und</strong> nur mit Fachpersonal zu produzieren<br />

ist. Die Tatsache, dass es ein Metallflugzeug ist, macht es jedoch für den Einsatz als<br />

vergleichsweise beschussfestes Infanterieflugzeug dennoch interessant. Diese Junkers J 1 ist<br />

damit das erste Flugzeug, das nach den gleichen Konstruktionsprinzipien <strong>der</strong> heutigen Flugzeuge<br />

gebaut wurde <strong>und</strong> bereits eine Spezialisierung <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Produktion beteiligten Arbeiter<br />

erfor<strong>der</strong>lich machte. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bestand somit kein Bedarf an<br />

Personal, das eine beson<strong>der</strong>e Ausbildung in <strong>der</strong> Luftfahrt notwendig gemacht hätte.<br />

Die Beschränkungen des Versailler Vertrages ließen eine Ausweitung <strong>der</strong> Produktion zunächst<br />

nicht zu. Nunmehr beschäftigungslose Piloten wie Udet, Katzenstein o<strong>der</strong> Fieseler versuchten<br />

ihre Profession wirtschaftlich nutzbar zu machen <strong>und</strong> begannen mit <strong>der</strong> Konstruktion<br />

<strong>und</strong> Produktion <strong>von</strong> Kleinstserien. Einzig die Firmen Dornier <strong>und</strong> Junkers verfügten gegen<br />

Ende <strong>der</strong> 20er Jahre über eine nennenswerte Betriebsgröße. Die wirtschaftliche Lage setzte<br />

jedoch auch bei diesen beiden Firmen enge Grenzen.<br />

Während in allen an<strong>der</strong>en Fabrikationsstätten für Luftfahrzeuge die Ausbildung ohne spezielle<br />

Berufsbil<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> handwerklichen Beistelllehre erfolgte, konnte man bei<br />

Junkers ab 1929 in einer eigenen Werkberufsschule gezielt auf die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

auch im Flugzeugbau eingehen.<br />

Obwohl ab etwa 1910 nahezu flächendeckend eine staatlich getragene Berufsschulausbildung<br />

neben <strong>der</strong> eigentlichen praktischen Lehre anzutreffen war, existierten jedoch we<strong>der</strong> einheitliche<br />

Berufe noch entsprechende Lehrpläne. Die Fortbildungsschule o<strong>der</strong> spätere Berufsschule<br />

begnügte sich zunächst mit <strong>der</strong> Vermittlung <strong>von</strong> allgemeinen Fähigkeiten, die jedoch frühzeitig<br />

starke Bezüge zu den Tätigkeiten <strong>der</strong> Lehrlinge aufwiesen <strong>und</strong> sich stetig hin zu einer beruflichen<br />

Ausbildung verän<strong>der</strong>ten. Mit dieser <strong>Entwicklung</strong> ging auch die Herausbildung <strong>von</strong><br />

Berufen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Abgrenzung gegeneinan<strong>der</strong> einher. So wurden Flugzeugschlosser klar <strong>von</strong><br />

den Flugzeugwarten abgegrenzt, wenngleich für beide Berufe die nahe Verwandtschaft zum<br />

Kraftfahrzeugschlosser betont wurde.<br />

Bis zum Ende <strong>der</strong> Weimarer Republik hatten sich sowohl Berufe als auch die Institution Berufsschule<br />

fest in <strong>der</strong> Gesellschaft etabliert. Berufliche Inhalte, Regularien zur Lehre <strong>und</strong> zu<br />

Prüfungen, wie auch die Gestaltung <strong>der</strong> schulischen Ausbildung wiesen jedoch starke regionale<br />

Unterschiede auf <strong>und</strong> waren über die Län<strong>der</strong>grenzen hinweg nicht verbindlich.<br />

In <strong>der</strong> Frühzeit <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen beruflichen Ausbildung <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Herausbildung des heute<br />

in Deutschland zu findenden Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung dürften die eklatanten<br />

Unterschiede zu den Lebenserfahrungen heutiger Besucher beson<strong>der</strong>s beeindruckend sein.<br />

Es gilt daher, die nach heutigen Maßstäben unstrukturierte betriebliche Lehre <strong>und</strong> die da<strong>von</strong><br />

getrennte schulische Ausbildung ohne weitere betriebliche Bezüge darzustellen.<br />

Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gegebenen Raumsituation muss an dieser Stelle deshalb auf originalgetreue<br />

<strong>und</strong> begehbare Ausstellungsobjekte verzichtet werden.<br />

Eine Vorstellung <strong>der</strong> Produktionssituation um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende lässt sich jedoch auch in<br />

einem kleineren Modell erkennen. Gleiches gilt für das Selbstverständnis <strong>der</strong> Berufsschule zu<br />

jener Zeit. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird an diesem Punkt <strong>der</strong> Ausstellung auf ein Vitrinenmodell<br />

einer Flugzeugproduktion zurückgegriffen, bei dem <strong>der</strong> handwerkliche Charakter in Herstel-<br />

70


T. Bauer Flugtechnik<br />

lung <strong>und</strong> Lehre zu erkennen ist.<br />

Unmittelbar angrenzend kann dann ebenfalls ein Modell eines Klassenraumes die noch vorhandene<br />

Trennung <strong>von</strong> Betrieb <strong>und</strong> Schule sowohl inhaltlich als auch strukturell nachzeichnen.<br />

Bei diesem Klassenraum ist es wichtig, dass <strong>der</strong> Besucher erkennt, wie wenig die an diesem<br />

Lernort vermittelten Inhalte auf die spezifischen Anfor<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Luftfahrt einzugehen<br />

vermochten. Ebenfalls <strong>von</strong> Bedeutung ist die Zusammensetzung <strong>der</strong> darzustellenden<br />

Klasse in beruflicher Hinsicht. Durch entsprechende Erklärungen o<strong>der</strong> Kennzeichnungen<br />

muss <strong>der</strong> Besucher erkennen können, dass innerhalb einer Klasse auf ein o<strong>der</strong> zwei Lehrlinge<br />

im Flugzeugbau etwa 30 Lehrlinge aus an<strong>der</strong>en technischen Berufen kommen.<br />

Für beide Vitrinen müssen ausgewählte Informationen bereitgestellt werden, damit diese Darstellungen<br />

<strong>der</strong> Ausbildungssituation nicht zusammenhangslos bleiben. Es bietet sich daher an,<br />

solche Informationen in textlicher <strong>und</strong> bildlicher Darstellung in Form <strong>von</strong> Informationstafeln<br />

anzubieten.<br />

Das folgende Bild zeigt eine Produktionssituation um 1915 <strong>und</strong> ist als 1 : 1 Modell im Luftfahrt-Museum<br />

Laatzen-Hannover zu finden. Durch die Auswahl <strong>der</strong> Werkstattgröße, die Anordnung<br />

<strong>und</strong> Menge <strong>von</strong> Materialien <strong>und</strong> Werkzeugen ist <strong>der</strong> handwerkliche Charakter leicht<br />

nachzuempfinden.<br />

Ähnliche Bil<strong>der</strong> liegen als Originalfotografien<br />

für den Udet-Flugzeugbau o<strong>der</strong> den Raab-<br />

Katzenstein-Flugzeugbau vor <strong>und</strong> könnten an <strong>der</strong><br />

Informationstafel Verwendung finden. Für die<br />

letztgenannte Firma sind Klassenlisten <strong>und</strong> Lehrpläne<br />

für die Zeit <strong>der</strong> Weimarer Republik nachgewiesen,<br />

die es zulassen, eine originalgetreue<br />

Klassenzusammensetzung <strong>und</strong> eine<br />

entsprechende Unterrichtssituation zu gestalten.<br />

Abbildung 4: Darstellung einer Produktion 1915<br />

Massive Rüstung im Dritten Reich<br />

Die größten Verän<strong>der</strong>ungen im Dualen System <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland haben in<br />

<strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus stattgef<strong>und</strong>en. In <strong>der</strong> Anfangszeit, unmittelbar nach <strong>der</strong><br />

Machtergreifung, wurde die Berufsausbildung dem Erziehungsministerium unterstellt, was<br />

sich jedoch als nicht zweckmäßig erwies, woraufhin 1935 eine Rückunterstellung unter das<br />

Wirtschaftsministerium erfolgte. In dem gleichen Zeitraum begann die verdeckte Luftwaffenrüstung,<br />

die unmittelbar auf Konstruktionen <strong>und</strong> ein, wenn auch nicht <strong>der</strong>art umfangreiches,<br />

Beschaffungsprogramm aus <strong>der</strong> Endphase <strong>der</strong> Weimarer Republik aufbaute 3 . So kann in <strong>der</strong><br />

Frühzeit des Nationalsozialismus <strong>von</strong> einem quasi nahtlosen Übergang aus <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

sowohl auf Seiten <strong>der</strong> Berufsausbildung als auch <strong>der</strong> Luftrüstung gesprochen werden.<br />

Mit <strong>der</strong> Enttarnung <strong>der</strong> Luftwaffe <strong>und</strong> einer weiteren Forcierung <strong>der</strong> Produktion zeigte sich<br />

ein deutlicher Mangel an geeigneten Facharbeitern. Die meisten <strong>der</strong> Betriebe <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />

hatten nur kleine Belegschaften <strong>und</strong> handwerkliche Betriebs- <strong>und</strong> Führungsstrukturen.<br />

Einzig die Firma Heinkel hatte gegen Mitte des Jahres 1933 etwa 1000 Beschäftigte <strong>und</strong> die<br />

Firma Junkers im Bereich <strong>der</strong> Luftfahrzeugproduktion etwa 2500 Beschäftigte. Diese beiden<br />

Betriebe können nach heutigen Maßstäben als reine industrielle Produktionsstätten angesehen<br />

werden. Da Junkers neben Flugzeugen auch noch an<strong>der</strong>e Produkte fertigte, bestand seit 1929<br />

eine anerkannte Werkberufsschule, die auf die Belange <strong>der</strong> Fabrikation <strong>und</strong> <strong>der</strong> betrieblichen<br />

3 Vor allem die Firma Heinkel konnte auf Gr<strong>und</strong> dieses Beschaffungsprogrammes seine Kapazitäten in den spä-<br />

ten zwanziger Jahren ausbauen.<br />

71


T. Bauer Flugtechnik<br />

Facharbeiterqualifikation eingehen konnte. Diese Verzahnung <strong>von</strong> Schule <strong>und</strong> Betrieb entspricht<br />

dem Gr<strong>und</strong>gedanken im Dualen System <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> stellt den Kernpunkt<br />

seiner Leistungsfähigkeit dar. Durch die zentrale Führung in Berlin konnten nun binnen<br />

kürzester Zeit Strukturverän<strong>der</strong>ungen durchgesetzt werden, die in <strong>der</strong> Weimarer Republik<br />

zwar auf den Weg gebracht, aber an den Interessen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> gescheitert waren.<br />

Die Luftwaffenrüstungsindustrie expandierte in kürzester Zeit in einer Weise, die eine Gewinnung<br />

<strong>von</strong> Fachpersonal aus an<strong>der</strong>en Industriezweigen unmöglich machte. Auch das notwendige<br />

Personal für die Luftwaffe selbst konnte nicht aus <strong>der</strong> Industrie herausgezogen werden,<br />

da diese sonst selbst ihrer Produktionsfähigkeit beraubt worden wäre. Aus diesem Umstand<br />

heraus wurde die Facharbeiterausbildung für die Luftwaffenrüstungsindustrie, als Produktionskomplex<br />

<strong>von</strong> beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die politische <strong>und</strong> militärische Führung, einer<br />

eigenen Dienststelle zugeordnet. Damit unterstand die gesamte Facharbeiterausbildung dem<br />

Generalluftzeugmeister, also einer militärischen Dienststelle, an <strong>der</strong>en Spitze <strong>der</strong> Bevollmächtigte<br />

des Luftfahrtindustriepersonals (BfL) stand. Gr<strong>und</strong>lage aller Ausbildungen blieb jedoch<br />

das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung. Um diese Ausbildung effizient zu gestalten, griff<br />

man auf die Erfahrungen <strong>der</strong> Junkers-Werkberufsschule zurück <strong>und</strong> setzte durch, dass alle<br />

Luftwaffenrüstungsbetriebe nach gleichem Muster Werkberufsschulen einzurichten hatten.<br />

Auch die Lehrpläne <strong>und</strong> Lehrmittel wurden fortan zentral verwaltet <strong>und</strong> die Lehrmittelzentrale<br />

des BfL an <strong>der</strong> Junkers-Werkberufsschule eingerichtet.<br />

Die vielfach noch anzutreffenden unterschiedlichen Berufsbezeichnungen <strong>und</strong> Ausbildungsinhalte<br />

wurden vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer universellen Verwendbarkeit <strong>von</strong> Facharbeitern<br />

abgeschafft <strong>und</strong> reichseinheitliche Berufsbil<strong>der</strong> geschaffen. Da zunächst im Zellenbau <strong>der</strong><br />

größte Facharbeitermangel zu verzeichnen war, wurde als erstes das Berufsbild des Metallflugzeugbauers<br />

geschaffen <strong>und</strong> in Form <strong>und</strong> Inhalt verbindlich geregelt. Selbst die Prüfungsinhalte<br />

wurden in gleicher Form am selben Tag in den entsprechenden Betrieben abgeprüft.<br />

Später folgte die Einführung des Berufsbildes des Flugmotorenschlossers. Auch hier wurden<br />

Inhalte <strong>und</strong> Formen bis hin zu ersten Prüfungsdurchgängen einheitlich ausgerichtet.<br />

Die zunehmende Anzahl <strong>von</strong> elektrischen Systemen machte es notwendig, auch eine elektrotechnische<br />

Ausbildung einzuführen. Infolgedessen wurde das Berufsfeld des Flugzeugelektromechanikers<br />

neu geschaffen, konnte aber nicht mehr bis zur Prüfungsreife eingeführt werden.<br />

Den hohen Verlusten an Luftfahrzeugen während des Krieges <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Verknappung <strong>von</strong> Leichtmetallen sollte durch die Konstruktion <strong>von</strong> Holzflugzeugen bzw.<br />

Flugzeugen in Gemischtbauweise begegnet werden. Das Berufsbild des Holzflugzeugbauers<br />

wurde auf <strong>der</strong> administrativen Seite vollständig konzipiert <strong>und</strong> selbst Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

festgelegt, obwohl keine Lehrverhältnisse eingegangen wurden.<br />

Eine Ausbildung in diesem Beruf fand jedoch nie statt, weil <strong>der</strong> zur Verfügung stehende synthetische<br />

Holzleim den Ansprüchen im Flugzeugbau nicht genügte <strong>und</strong> so keine nennenswerte Produktion<br />

aufgenommen wurde. Das Berufsbild selbst bestand jedoch bis weit in die 50er Jahre.<br />

Neben <strong>der</strong> Qualifikation <strong>von</strong> Jugendlichen in <strong>der</strong> Industrie wurde eine Ausbildung für den Unteroffiziernachwuchs<br />

<strong>der</strong> Luftwaffe in gleicher Weise aufgebaut. Die sog. Militärschüler, die an den<br />

Fliegertechnischen Vorschulen ausgebildet wurden, sicherten <strong>der</strong> Luftwaffe den Facharbeiternachwuchs.<br />

Die Jugendlichen innerhalb dieses Ausbildungszweiges erhielten die selbe Ausbildung wie die<br />

Industrielehrlinge <strong>und</strong> wurden zusätzlich militärisch geschult. Sie waren zunächst Angehörige <strong>der</strong><br />

Luftwaffe aber keine Soldaten, unterstanden aber dem BfL unmittelbar. Zu Beginn ihrer Lehre<br />

hatten sie eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet, mit <strong>der</strong> sie nach erfolgreicher Facharbeiterprüfung<br />

als reguläre Angehörige <strong>der</strong> Luftwaffe übernommen werden würden.<br />

Um für die Luftwaffenrüstung auf das geeignete Personal zurückgreifen zu können, wurde einerseits<br />

die freie Berufswahl faktisch abgeschafft <strong>und</strong> Bewerber den Betrieben durch das Arbeitsamt<br />

nach einer Vorauswahl zu eigentlichen Einstellungstests zugeführt <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits die Nachfrage<br />

nach solchen Berufen durch den massiven Einsatz <strong>von</strong> Werbung nachhaltig geför<strong>der</strong>t.<br />

72


T. Bauer Flugtechnik<br />

So wurde bereits in die Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Volksschulen <strong>der</strong> Luftfahrtgedanke hineingetragen <strong>und</strong> durch<br />

Bücher o<strong>der</strong> Kinofilme unterstützt. Flankiert wurden diese Maßnahmen durch öffentliche Ausstellungen<br />

<strong>und</strong> Wochenschauberichte. Dass diese Maßnahmen sehr effektiv gewesen sein müssen<br />

lässt sich an <strong>der</strong> Tatsache ablesen, dass die Auswahlkriterien <strong>der</strong> künftigen Facharbeiter <strong>und</strong> die<br />

Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen über die Dauer des Krieges hinweg praktisch nicht herabgesetzt worden<br />

sind. Zurückzuführen ist dies unter an<strong>der</strong>em auf die ständig durchgeführte Evaluation <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />

So wurden nach jedem Prüfungsdurchgang Treffen mit allen an <strong>der</strong> Ausbildung<br />

Beteiligten durchgeführt, um Schwierigkeiten <strong>und</strong> Probleme sowohl bei <strong>der</strong> Aufgabenstellung als<br />

auch <strong>der</strong> Prüfungsorganisation zu diskutieren. In den dazu vorliegenden Protokollen ist die aktive<br />

Mitwirkung aller an <strong>der</strong> Perfektionierung <strong>der</strong> Berufsausbildung festzustellen.<br />

Der Höhepunkt dieser Vervollkommnung <strong>der</strong> Berufsausbildung ist etwa mit dem Jahre 1943 erreicht.<br />

Mit dem Gegenangriff alliierter Bomberverbände gehen auch Produktions- <strong>und</strong> Ausbildungseinrichtungen<br />

in <strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie verloren. Sie erschweren zunächst die<br />

Kontinuität <strong>der</strong> Ausbildung, verhin<strong>der</strong>n später den Austausch <strong>von</strong> Lehr- <strong>und</strong> Prüfpersonal <strong>und</strong><br />

machen schließlich die Verlagerung ganzer Produktionsbetriebe notwendig. Dennoch kann die<br />

Ausbildung in regional stark unterschiedlicher Weise auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Prüfungsordnungen<br />

weitergeführt werden. Selbst im März 1945 werden noch Facharbeiter- <strong>und</strong> sog.<br />

Kriegszwischenprüfungen mit bescheidenen Mitteln durchgeführt. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong><br />

in dieser Zeit eingeführten Verän<strong>der</strong>ungen auf dem Weg <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> des Dualen Systems<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tatsache, dass eben dieser Zeitabschnitt noch im Erfahrungshorizont<br />

vieler Besucher des Deutschen Museums steht, lässt es notwendig erscheinen, einen entsprechend<br />

breiten Raum innerhalb dieser Ausstellungskonzeption zur Verfügung zu stellen.<br />

Als Anknüpfungspunkte bieten sich deshalb an diesem Ausstellungsort die Berufsausbildung <strong>der</strong><br />

Messerschmitt AG o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fieseler-Flugzeugwerke an, da sowohl die Me 262 als auch die Fi<br />

103 (sog. V1) <strong>der</strong> Fieseler-Werke als Ausstellungsobjekte in unmittelbarer Nähe zu finden sind.<br />

Für beide Betriebe gilt, dass sie erst nach 1933 einen kometenhaften Aufstieg mit schließlich tausenden<br />

<strong>von</strong> Beschäftigten zu verzeichnen hatten. Da sich die Ausbildung im gesamten Bereich<br />

<strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie einheitlich gestaltete, können Aussagen zu diesen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Betrieben mit Bestimmtheit übertragen werden.<br />

Wegen <strong>der</strong> günstigen Materiallage wird in dieser Konzeption zunächst <strong>von</strong> einem Bezug auf die<br />

Fieseler-Werke ausgegangen, <strong>der</strong> aber bei Verwendung als Wan<strong>der</strong>ausstellung auch auf an<strong>der</strong>e<br />

Betriebe o<strong>der</strong> auf Fliegertechnische Vorschulen leicht angewendet werden kann.<br />

Die Bedeutung dieser Epoche auf dem Weg <strong>der</strong> Genese des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

kann dem Besucher beson<strong>der</strong>s durch die Darbietung <strong>von</strong> begreifbaren Objekten nahe gebracht<br />

werden. Wie bereits an an<strong>der</strong>er Stelle festgestellt, müssen diese Objekte in einer realistischen<br />

Umgebung mit beschränkter Komplexität das Bedürfnis zum Verweilen wecken <strong>und</strong> die<br />

Motivation zum weiten Durchstreifen <strong>der</strong> Ausstellung för<strong>der</strong>n.<br />

Da sich die Atmosphäre in einer theoretischen Ausbildungssituation innerhalb einer Werkberufsschule<br />

zu jener Zeit nur schlecht nachempfinden lässt erscheint es sinnvoller, eine praktische Unterweisung<br />

im Betrieb auszuwählen.<br />

Abbildung 5: Unterweisung eines Lehrlings in das Nieten<br />

73


T. Bauer Flugtechnik<br />

Die zu vermittelnden manuellen Tätigkeiten in <strong>der</strong> Metallgr<strong>und</strong>ausbildung, wie sie auch heute<br />

noch in vielen Berufen anzutreffen sind, bieten sich hier auch für ungeübte Besucher als leicht<br />

durchführbar <strong>und</strong> ressourcenschonend an.<br />

Das fachgerechte Feilen beispielsweise bedarf nur einer Werkbank mit Schraubstock, einer<br />

Schruppfeile <strong>und</strong> eines einfachen Baustahlprofils. Die dazu vorliegenden Ausbildungsanweisungen<br />

<strong>und</strong> bildlichen Darstellungen erlauben die Nachempfindung einer realen Ausbildungssituation<br />

zu jener Zeit. Nachteilig ist hier jedoch ein kaum zu kalkulierendes Verletzungsrisiko <strong>und</strong> die<br />

vermutlich geringe Motivation, ein Baustahlprofil zu bearbeiten. Als an<strong>der</strong>e, allerdings aufwendigere<br />

Möglichkeit, bietet sich die Auswahl einer vergleichsweise einfachen Tätigkeit aus dem 2.<br />

bis 4. Lehrjahr an. Denkbar ist hier <strong>der</strong> Nietvorgang beim Beplanken <strong>von</strong> Flügeln o<strong>der</strong> Zellen.<br />

Auch hier gilt, dass entsprechende Arbeitsanweisungen in geeigneter Weise vorliegen.<br />

In <strong>der</strong> konkreten Raumsituation des Deutschen Museums ist <strong>der</strong> Beplankung <strong>der</strong> Vorzug zu geben,<br />

da sich in unmittelbarer Nähe ein entsprechendes Objekt aus späterer Zeit, nämlich eine industriell<br />

genietete Tragflügelsequenz eines Starfighters, befindet. An Materialbedarf besteht für<br />

dieses begreifbare Objekt neben dem Nachbau einer zeitgemäßen Tragflügelkonstruktion noch<br />

<strong>der</strong> Bedarf an handelsüblichen Normnieten, kleineren vorgefertigten Blechstücken <strong>und</strong> geeigneten<br />

Nietwerkzeugen. Die Handhabung <strong>von</strong> Werkzeug, Niet <strong>und</strong> Blech ist durch die bebil<strong>der</strong>ten Handlungsanweisungen<br />

leicht nachzuvollziehen <strong>und</strong> für je<strong>der</strong>mann durchführbar.<br />

Auf diese Weise ist es möglich, an unterschiedlichen Orten <strong>der</strong> Ausstellung für verschiedene Besucher<br />

ein bleibendes Erlebnis zu schaffen.<br />

Um Materialbedarf, Verletzungsrisiko <strong>und</strong> den Verlust <strong>von</strong> Werkzeugen in Grenzen zu halten<br />

erscheint es sinnvoll, solche Ausbildungssequenzen unter Anleitung <strong>und</strong> Aufsicht eines „Lehrgesellen“<br />

durchführen zu lassen. Die Ausbildungssequenz wird damit lebhafter <strong>und</strong> realistischer,<br />

benötigt jedoch geeignetes <strong>und</strong> Kosten verursachendes Personal. Steht dieses für nur begrenzte<br />

Zeit o<strong>der</strong> gar nicht zur Verfügung, kann die Ausbildungssituation in gleicher Weise statisch durch<br />

Verwendung entsprechend gekleideter Puppen dargestellt werden. Vorteilhaft ist hierbei, dass<br />

keine weiteren Kosten entstehen <strong>und</strong> eine Belebung <strong>der</strong> Situation durch das Entfernen <strong>der</strong> Puppen<br />

<strong>und</strong> praktische Ausführung <strong>der</strong> Tätigkeit leicht <strong>und</strong> unmittelbar zu bewerkstelligen ist.<br />

Um den bereits genannten Bezug zu den Fieseler-Werken herzustellen, sollten die Lehrlinge <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Lehrgeselle in dieser Situation die Kennzeichen <strong>der</strong> Fieseler-Werke tragen 4 .<br />

Neben <strong>der</strong> zentralen Darstellung einer Ausbildungssituation besteht weiterhin die Notwendigkeit,<br />

auch die Ordnungs- <strong>und</strong> Innovationsaspekte innerhalb des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

zu beleuchten. Um keine weiteren Kosten auflaufen zu lassen, können hier bildliche Darstellungen<br />

<strong>der</strong> Ausbildungssituation in verschiedenen Betrieben <strong>der</strong> Luftwaffenrüstungsindustrie ebenso<br />

Verwendung finden wie eine Sammlung <strong>von</strong> Ausbildungs- <strong>und</strong> Lehrmitteln in entsprechenden<br />

Vitrinen. In <strong>der</strong> konkreten Ausstellungssituation wird daher da<strong>von</strong> ausgegangen, dass eine Vitrine<br />

mit Lehrbüchern, Arbeitsblättern o<strong>der</strong> einem Berichtsheft gefüllt werden könnte <strong>und</strong> eine an<strong>der</strong>e<br />

Vitrine Lehrmodelle aus <strong>der</strong> betrieblichen Unterweisung aufzunehmen vermag. Die Struktur <strong>der</strong><br />

Ausbildung bis hin zur Prüfungsdurchführung lässt sich mit reproduzierten Fotografien aus <strong>der</strong><br />

vorliegenden Literatur, entsprechenden Strukturgrammen <strong>und</strong> geeigneten textlichen Kommentierungen<br />

erzielen.<br />

Ein Hinweis auf weitere Informationen, die am „Zentralen Informationspunkt“ dem Besucher zur<br />

Verfügung stehen, erscheint ebenfalls sinnvoll.<br />

4 Findet diese Ausstellung bei einem an<strong>der</strong>en Betrieb <strong>der</strong> heutigen Luftfahrtindustrie o<strong>der</strong> einer Institution statt,<br />

kann <strong>der</strong> Regionalbezug leicht durch Verwendung entsprechen<strong>der</strong> Firmenembleme hergestellt werden.<br />

74


T. Bauer Flugtechnik<br />

Duales System in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde zunächst ein vollkommenes Produktionsverbot<br />

verhängt. Auf Gr<strong>und</strong> getroffener Übereinkünfte <strong>der</strong> Alliierten waren damit alle Betriebe<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Luftwaffenrüstungsindustrie gezwungen, ihre Fertigung aufzugeben o<strong>der</strong> sich auf<br />

an<strong>der</strong>e Produkte zu verlagern. Auf Seite <strong>der</strong> Westalliierten warb man vor allem das Führungs-<br />

<strong>und</strong> Funktionspersonal ab, um <strong>von</strong> den Erfahrungen <strong>der</strong> Betriebe profitieren zu können, während<br />

man im Falle <strong>der</strong> UdSSR „nur“ auf die nachgeordnete Produktionsebene <strong>und</strong> Facharbeiter zurückgreifen<br />

konnte.<br />

Der erfolgreiche Flug des Sputniks ist nicht zuletzt auf die nachhaltige Qualifikation dieser Meisterebene<br />

zurückzuführen, die über Fähigkeiten in <strong>der</strong> eigentlichen Produktion verfügt, die in einer<br />

zweigliedrigen Ausbildung nach amerikanischem Vorbild weniger effizient verlaufen zu sein<br />

scheint.<br />

Für 10 Jahre bestand eine Luftfahrtindustrie faktisch nicht. Die zunehmende Konfrontation <strong>der</strong><br />

nunmehr existierenden beiden Machtblöcke ließ es aus politischen Gründen opportun erscheinen,<br />

in beiden Teilen Deutschlands mit einer Armee auch wie<strong>der</strong> eine Luftfahrtindustrie zu implementieren.<br />

Während im östlichen Teil Deutschlands alle Facharbeiter zusammengezogen wurden <strong>und</strong> erfolgreich<br />

ein Strahlflugzeug konstruierten <strong>und</strong> produzierten, wurden die Betriebe auf <strong>der</strong> westlichen<br />

Seite Deutschlands zunächst durch militärische Wartungsaufträge <strong>und</strong> später durch die Zulassung<br />

<strong>von</strong> Eigenkonstruktionen wie<strong>der</strong>belebt. Aus politischen Gründen ist die Flugzeugproduktion in<br />

<strong>der</strong> nunmehr existenten DDR schließlich gänzlich eingestellt worden. Die Betriebe im Westen<br />

hingegen konnten sich durch marktreife Eigenkonstruktionen <strong>und</strong> betriebliche Konzentrationsprozesse<br />

auch auf dem Weltmarkt erfolgreich behaupten. Traditionsreiche Unternehmen wie<br />

Heinkel, Dornier o<strong>der</strong> Messerschmitt verschmolzen schließlich zu einem international tätigen<br />

Unternehmen, das über die Län<strong>der</strong>grenzen hinweg als EADS die europäische Flugzeugindustrie<br />

repräsentiert.<br />

Das Fehlen eines kompletten Industriezweiges verhin<strong>der</strong>t selbstverständlich auch dessen eigenständige<br />

Weiterentwicklung. Als im Jahr 1955 die Produktion – wenn auch in bescheidenem Umfang<br />

– wie<strong>der</strong> aufgenommen wurde, blieb den Betrieben also nichts an<strong>der</strong>es übrig, als an ihre<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Methoden aus dem Dritten Reich anzuknüpfen. Im Bereich <strong>der</strong> Ausbildung<br />

heißt dies, dass die bekannten <strong>und</strong> erprobten Berufsbil<strong>der</strong> des Flugmotorenschlossers <strong>und</strong> Metallflugzeugbauers<br />

in unverän<strong>der</strong>ter Weise übernommen wurden. Diese Übernahme erstreckt sich auf<br />

alle Lehr- <strong>und</strong> Ausbildungsmittel <strong>und</strong> ist nur durch den Wegfall nationalsozialistischer Symbole<br />

<strong>von</strong> den Unterlagen aus dem Dritten Reich zu unterscheiden.<br />

An den Ausbildungsprinzipien wurde bis weit in die 70er Jahre hinein festgehalten, wenngleich in<br />

<strong>der</strong> Zwischenzeit auch neue Berufsbil<strong>der</strong> geschaffen worden sind. Diese Einführung ist jedoch<br />

nicht auf gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> didaktische Konzeptionen zurückzuführen, son<strong>der</strong>n<br />

vielmehr durch technische Neuerungen in <strong>der</strong> Flugzeugausrüstung <strong>und</strong> -konstruktion zu suchen.<br />

Erst die mit <strong>der</strong> 68er Diskussion in die Gesellschaft hineingetragene Emanzipation des Individuums<br />

verän<strong>der</strong>te dieses Gefüge so nachhaltig, dass die Ausbildungskonzeptionen den gesellschaftlichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr gerecht werden konnten.<br />

Neben an<strong>der</strong>en Verän<strong>der</strong>ungen, auf Gr<strong>und</strong> dieser verän<strong>der</strong>ten Sichtweise <strong>von</strong> Ausbildung, setzte<br />

sich <strong>der</strong> Emanzipationsgedanke schließlich in <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Berufe 1983 durch. Der Auszubildende<br />

war nunmehr nicht nur untergeordneter Bestandteil eines Systems, son<strong>der</strong>n gestalten<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> verantwortlicher Teil des Ganzen.<br />

Die wachsende Zahl <strong>der</strong> elektrischen <strong>und</strong> elektronischen Komponenten im technischen System<br />

Flugzeug ging mit dieser <strong>Entwicklung</strong> einher <strong>und</strong> führte schließlich zu eigenen <strong>und</strong> neuen Berufsbil<strong>der</strong>n.<br />

Bemerkenswerterweise sind die in den neuen Berufen gefor<strong>der</strong>ten analytischen <strong>und</strong><br />

systemübergreifenden Fähigkeiten bereits in <strong>der</strong> Konzeption des Flugzeugelektromechanikers in<br />

75


T. Bauer Flugtechnik<br />

sehr ähnlicher Weise abzulesen. Eine direkte <strong>Entwicklung</strong>slinie ist im Gegensatz zu den Metall<br />

bearbeitenden Berufszweigen nicht festzustellen.<br />

Das unmittelbare Anknüpfen an die Ausbildungssystematik des Dritten Reiches ist ein beson<strong>der</strong>es<br />

Merkmal <strong>der</strong> Ausbildung in <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie bis in die 70er Jahre hinein. Da diese Systematik<br />

bereits hinreichend beleuchtet wurde ist es überflüssig, dies an diesem Punkt <strong>der</strong> Ausstellung<br />

erneut zu tun. Die Darbietung <strong>von</strong> geeigneten Fotografien aus dem zeitlichen Kontext <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />

Prüfungen bzw. Lehrgängen können dies deutlich belegen. Für diesen vergleichsweise beschränkten<br />

Zeitraum ist deshalb eine Hinweistafel <strong>und</strong> eine Ausstellungsvitrine als ausreichend zu erachten.<br />

Ein „Stammbaum“ <strong>der</strong> Berufe kann dabei als Bindeglied zwischen <strong>der</strong> vorangegangenen Station<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausstellungssequenz nach <strong>der</strong> Neuordnung fungieren.<br />

Europäische Luftfahrt<br />

Das Zusammenwachsen Europas in wirtschaftlicher <strong>und</strong> gesellschaftlicher Hinsicht machte auch<br />

vor <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie nicht Halt. Augenfälliger Ausdruck dieser Europäisierung <strong>der</strong> Luftfahrt<br />

ist die multinationale Konstruktion <strong>und</strong> Produktion des Airbus.<br />

In gleicher Weise verlief die Zusammenarbeit in <strong>der</strong> Luft- <strong>und</strong> Raumfahrt o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Konstruktion<br />

<strong>von</strong> Militärluftfahrzeugen. Der bis dahin vorherrschenden Rolle <strong>der</strong> USA steht seit dem eine<br />

gesamteuropäische Produktpalette mit zugehöriger Fertigungsstruktur gegenüber. Voraussetzung<br />

dafür war das Zusammenwachsen <strong>der</strong> bis zu diesem Zeitpunkt national organisierten Luftfahrtindustrien<br />

zu einer europäisch ausgerichteten Gesamtstruktur. Über Län<strong>der</strong>grenzen hinweg musste<br />

nun Produktion <strong>und</strong> Ausbildung organisiert <strong>und</strong> aufgebaut werden.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> immer größer werdenden Innovationsgeschwindigkeit insbeson<strong>der</strong>e in<br />

<strong>der</strong> Luftfahrt, verliert die Vermittlung einer Fertigkeit innerhalb des langen Ausbildungszeitraumes<br />

in <strong>der</strong> dualen Ausbildungssystematik an Bedeutung.<br />

An die Stelle <strong>der</strong> Fertigkeitenvermittlung ist die Qualifikationsvermittlung getreten, die auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Emanzipation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verantwortlichkeit gegenüber sich <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en als Triebfe<strong>der</strong><br />

für eine stetige Weiterqualifizierung dienen soll. Der Auszubildende in <strong>der</strong> heutigen Zeit benötigt<br />

nicht mehr die drillmäßig erlernte Perfektion <strong>von</strong> Einzelfertigkeiten, son<strong>der</strong>n einen Einblick<br />

in die Anfor<strong>der</strong>ungen des Berufsfeldes <strong>und</strong> die Fähigkeit, verän<strong>der</strong>te technische <strong>und</strong> strukturelle<br />

Situationen zu erfassen <strong>und</strong> sich durch selbstständiges Lernen diesen neuen Anfor<strong>der</strong>ungen zu<br />

stellen. Diese verän<strong>der</strong>ten Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Berufs- <strong>und</strong> Arbeitswelt sind in einer gänzlich neuen<br />

Form <strong>der</strong> Ausbildung berücksichtigt worden <strong>und</strong> mit Begriffen wie Ganzheitlichkeit <strong>und</strong><br />

Handlungsorientierung auf das Engste verknüpft.<br />

Vielen Besuchern dürfte aus dem eigenen beruflichen Erleben noch die Fertigkeitenvermittlung<br />

nach dem Prinzip „Vormachen – Nachmachen – Verbessern – Üben“ bekannt sein. Selbständiges<br />

Erlernen <strong>und</strong> die dazu notwendige Informationsbeschaffung innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens<br />

sowie die Präsentation dessen dürfte nur den wenigsten <strong>und</strong> vor allen Dingen jüngeren<br />

Besuchern bekannt sein.<br />

Diese tief greifende strukturelle Verän<strong>der</strong>ung gilt es deshalb beson<strong>der</strong>s darzustellen. Das Modell<br />

einer Lehrwerkstatt, die mit Lerninseln <strong>und</strong> Informationspunkten wie Internetzugang organisiert<br />

ist, steht damit im augenfälligen Gegensatz zu <strong>der</strong> hierarchisch <strong>und</strong> linear aufgebauten Lehrwerkstatt<br />

früherer Jahre. In gleicher Weise stellt sich die Ausbildung am Lernort Schule dar. Auch hier<br />

ist <strong>der</strong> lehrerzentrierte Unterricht dem selbst organisierten Lernen weitgehend gewichen. Die dazu<br />

notwendige enge Verknüpfung <strong>und</strong> Kooperation an beiden Lernorten ist für eine hinreichende<br />

Qualifikation <strong>von</strong> zentraler Bedeutung <strong>und</strong> muss deshalb erkennbar sein. Die Trennung <strong>von</strong> theoretischer<br />

<strong>und</strong> praktischer Ausbildung ist in dieser Konzeption nicht mehr in <strong>der</strong> bisher bekannten<br />

Trennschärfe vorhanden.<br />

Es bietet sich daher an, ein Modell im stark verkleinerten Maßstab zu schaffen, das sowohl die<br />

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T. Bauer Flugtechnik<br />

Produktion als auch die Lehrwerkstatt <strong>und</strong> Schule als einheitliches Ganzes abbildet. Durchgänge<br />

<strong>und</strong> geöffnete Türen können die Zusammengehörigkeit dieser Lernorte verdeutlichen <strong>und</strong> die<br />

einzelnen Aufgaben dem Besucher näher bringen.<br />

So kann eine Schülergruppe während <strong>der</strong> laufenden Produktion einen Fertigungsabschnitt erk<strong>und</strong>en,<br />

während eine an<strong>der</strong>e Gruppe die dazu notwendigen Fertigkeiten in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt erlernt<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig in <strong>der</strong> angrenzenden Berufsschule unter Mo<strong>der</strong>ation eines Lehrers eine Schülergruppe<br />

selbständig das entsprechende Thema bearbeitet.<br />

Neben den modellbautechnischen Materialien ist dafür nur eine Vitrine <strong>und</strong> drei Informationstafeln<br />

notwendig. Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> räumlichen Nähe zu dem ESA-Segment im Deutschen Museum<br />

<strong>und</strong> dem mo<strong>der</strong>nen Strahltriebwerk bietet es sich an, eine Ausbildungssequenz aus <strong>der</strong> Airbusfertigung<br />

o<strong>der</strong> dem Werftbetrieb <strong>der</strong> Lufthansa in Frankfurt nachzuempfinden.<br />

Auch an diesem Punkt kann bei <strong>der</strong> Verwendung als Wan<strong>der</strong>ausstellung auf die regionalen Belange<br />

an an<strong>der</strong>en Ausstellungsorten unmittelbar Bezug genommen werden.<br />

Für die Darstellung <strong>der</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich verän<strong>der</strong>ten didaktischen Konzeption dürften Erklärungen<br />

in graphischer wie schriftlicher Form im Umfang <strong>von</strong> etwa zwei Tafeln ausreichend sein.<br />

Portal zu Betrieben <strong>und</strong> Institutionen<br />

Wenn die Ausstellungskonzeption mit den Erwartungen <strong>der</strong> Besucher, die bewusst o<strong>der</strong> zufällig<br />

mit diesem Thema konfrontiert wurden, zur Übereinstimmung gebracht werden konnte, ist <strong>von</strong><br />

dem Bedürfnis auszugehen, sich weitere Informationen bei Betrieben <strong>und</strong> Institutionen zu beschaffen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Differenz <strong>von</strong> Bewerberaufkommen <strong>und</strong> <strong>der</strong> tatsächlich anzutreffenden<br />

Eingangsqualifikation, kann eine solche Station für die Betriebe <strong>der</strong> Luftfahrtindustrie<br />

als Quelle <strong>der</strong> Nachwuchsgewinnung <strong>und</strong> für das Arbeitsamt die Möglichkeit <strong>der</strong> qualifizierten<br />

<strong>und</strong> strukturierten Ausbildungsberatung bieten. Die Einrichtung eines Portals zu Betrieben <strong>und</strong><br />

Institutionen löst die Ausstellung an sich aus <strong>der</strong> Isoliertheit des Schonraums Museum heraus <strong>und</strong><br />

bringt den betrachteten geschichtlichen Themenkomplex in einen unmittelbar verwertbaren <strong>und</strong><br />

realen Sinnzusammenhang. Für Betriebe <strong>und</strong> Institutionen besteht somit die Möglichkeit einer<br />

unmittelbaren Kontaktaufnahme, ohne die eigene geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> in aufwendiger Art<br />

<strong>und</strong> Weise nachzeichnen zu müssen. Die Gestaltung dieser Station hängt selbstverständlich <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> externen Beteiligung in beson<strong>der</strong>er Weise ab <strong>und</strong> sollte in <strong>der</strong> Verantwortung dieser verbleiben.<br />

Eine Abstimmung über Form <strong>und</strong> Inhalt muss jedoch in jedem Einzelfall erfolgen, um das<br />

Gesamtkonzept <strong>der</strong> Darstellung des Dualen Systems <strong>der</strong> Berufsausbildung am Beispiel <strong>der</strong> luftfahrttechnischen<br />

Berufe an je<strong>der</strong> Stelle deutlich erkennbar hervortreten zu lassen.<br />

Am Beispiel des Ausstellungsortes Deutsches Museum in München bietet es sich an, sowohl dem<br />

Arbeitsamt als auch <strong>der</strong> Zweigstelle <strong>der</strong> EADS in Ottobrunn eine Zusammenarbeit an einer solchen<br />

Ausstellungskonzeption zu offerieren. Die große Besucherfrequenz vor allem Jugendlicher<br />

im Deutschen Museum bietet sicherlich interessante Möglichkeiten <strong>der</strong> Nachwuchsgewinnung<br />

einerseits <strong>und</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> innerbetrieblichen Berufsausbildung an<strong>der</strong>erseits. Für den Betrieb<br />

ist es allerdings nicht notwendig weitere Strukturen <strong>und</strong> Gewordenheiten <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

darstellen zu müssen, da dies ja bereits Bestandteil des Ausstellungskonzeptes ist.<br />

Denkbar ist in diesem Falle auch, dass das bereits erwähnte Tragflügelstück an <strong>der</strong> Station 1933 –<br />

1945 beispielsweise durch diese Firma erstellt <strong>und</strong> gegebenenfalls durch Abstellung geeigneten<br />

Personals teilweise mitbetreut werden kann. Durch eine solche Unterstützung eines real existierenden<br />

Betriebes kann je<strong>der</strong> Besucher an den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>und</strong> Erfahrungen im Dualen System<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung unmittelbar beteiligt werden. Die Ausstellung selbst wird damit lebendiger<br />

<strong>und</strong> interessanter.<br />

77


T. Bauer Flugtechnik<br />

Zentraler Informationspunkt <strong>und</strong> Evaluation<br />

Da alle bisher betrachteten Stationen weitgehend statisch organisiert sind, um anfallende Kosten<br />

in einem beherrschbaren Rahmen zu halten, ist dem Besucher lei<strong>der</strong> gleichzeitig die Möglichkeit<br />

genommen, bei Interesse weitere Informationen zu erhalten. Auch fehlt bisher eine Zone, in <strong>der</strong><br />

sich Besucher <strong>der</strong> Ausstellung zurückziehen können. Diese Doppelfunktion könnte <strong>der</strong> zentrale<br />

Informationspunkt übernehmen. Wichtig erscheint eine Interaktion zu erreichen, die keine mechanischen<br />

Ausfallerscheinungen <strong>und</strong> damit Unterhaltungskosten verursacht. Fällt eine solch eingerichtete<br />

Station aus technischen Gründen aus, stört das Vorhandensein in einem weit stärkerem<br />

Maße, als wenn sie gar nicht vorhanden wäre.<br />

Als denkbare Lösung im Spannungsfeld dieser Gr<strong>und</strong>überlegungen bietet sich die Anordnung <strong>von</strong><br />

mehreren (im günstigsten Fall 4) Multimediasystemen in einer festen geometrischen Konstruktion,<br />

z.B. Zylin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Kugelkalotte, an. Diese Anordnung vereint mehrere Vorteile bei nur geringen<br />

Nachteilen. Durch den Einbau in eine feste Konstruktion sind die Systeme dem unmittelbaren<br />

Zugriff <strong>der</strong> Besucher <strong>und</strong> damit Manipulationsmöglichkeiten entzogen. Über berührungslose<br />

Schalter (Touch-Screen) ist jedoch eine Interaktion mit dem Besucher technisch leicht machbar.<br />

Je nach tatsächlicher Ausgestaltung <strong>der</strong> Ausstellung können so Werbe- o<strong>der</strong> Lehrfilme im jeweiligen<br />

zeitlichen Kontext ebenso wie die Darstellung <strong>von</strong> Ausbildungssituationen unter politischen<br />

o<strong>der</strong> sozialkritischen Aspekten Eingang finden. Darüber hinaus ist es möglich, selbstlaufende o<strong>der</strong><br />

teilsteuerbare Präsentationen o<strong>der</strong> Animationen zu nutzen.<br />

Dem Besucher eröffnet sich damit die Gelegenheit, mit vielen Sinnen Ausbildungssituationen zu<br />

erfahren <strong>und</strong> die Informationstiefe selbst bestimmen zu können.<br />

Ein weiterer Vorteil ist hier, dass diese Rechnersysteme ferngewartet werden können <strong>und</strong> Inhalte<br />

leicht den spezifischen Bedürfnissen <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen des Ausstellungsortes angepasst werden<br />

können. Denkbar ist darüber hinaus auch, diesen Informationspunkt mehrsprachig zu gestalten,<br />

um ausländischen Besuchern das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung in Deutschland näher bringen<br />

zu können.<br />

Die zu erwartenden Kosten für Beschaffung, Einrichtung <strong>und</strong> Unterhaltung könnten durch Sponsoring<br />

beispielsweise jener Firmen, die an jenem Punkt gezeigt werden, gedämpft werden. Da an<br />

diesem Informationspunkt wohl Medien zum Einsatz kommen, die auch bei handelsüblichen Systemen<br />

zu finden sind, erscheint es sinnvoll, die dort angebotenen Informationen als CD/DVD<br />

einem interessierten Publikum zum Kauf anzubieten mit dem Ziel, die Ausstellung bei Bedarf zu<br />

Hause o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> betrieblichen o<strong>der</strong> schulischen Ausbildungswelt nochmals auf sich wirken zu<br />

lassen <strong>und</strong> gleichzeitig die Konzeption wirtschaftlich tragfähiger zu gestalten.<br />

Überdies ist es ebenfalls denkbar, auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Fernwartfähigkeit ein elektronisches Besucherbuch<br />

in strukturierter Form anzubieten, das beispielsweise in einer zu wählenden Kurz- o<strong>der</strong><br />

Langversion die Befindlichkeiten <strong>und</strong> Wünsche <strong>der</strong> Besucher zu erfassen vermag. In Verbindung<br />

mit einer Webcam kann zum einen ein unmittelbarer Kontakt „zur Außenwelt“ hergestellt <strong>und</strong><br />

ggf. gleichzeitig die Besucherströme in geeigneter Weise evaluiert werden.<br />

Durch diese Doppelnutzung in Verbindung mit dem elektronischen Besucherbuch ist es möglich,<br />

das Ausstellungskonzept an jedem beliebigen Ausstellungsort vor dem Hintergr<strong>und</strong> regionaler<br />

Unterschiede zu optimieren mit dem Ziel, das Duale System <strong>der</strong> Berufsausbildung einem breiten<br />

Publikum nahe zu bringen.<br />

Die Verwendung <strong>von</strong> mehreren Systemen soll es einer großen Zahl <strong>von</strong> Besuchern ermöglichen,<br />

sich ungestört in hinreichen<strong>der</strong> Zeit mit einem selbstgewählten Themenbereich auseinan<strong>der</strong>setzen<br />

zu können. Die Verwendung <strong>und</strong> Anordnung <strong>von</strong> Bänken in L-Form ist dabei bewusst gewählt,<br />

um vielen Besuchern einerseits den Zugriff auf den Informationspunkt zu ermöglichen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erseits<br />

Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen. Denkbar ist auch, dass hier Besuchergruppen, z.B.<br />

Schulklassen, Besprechungen abhalten können o<strong>der</strong> Arbeitsaufträge erhalten. Wichtig ist, die<br />

Bänke in <strong>der</strong> gezeigten Weise anzuordnen, da sonst leicht in <strong>der</strong> Draufsicht, die vom Obergeschoss<br />

im Deutschen Museum leicht zu erlangen ist, ein Hakenkreuz entsteht.<br />

78


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

„Von Archimedes bis Mercedes“<br />

„Mobilität“ war <strong>und</strong> ist entscheidend für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>von</strong> Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft.<br />

Ziel <strong>und</strong> Anspruch des Mobilseins war stets die Verbesserung <strong>der</strong> technischen Unterstützung<br />

für das Fortbewegen <strong>und</strong> das Transportieren zu Boden, Wasser <strong>und</strong> Luft.<br />

Mit <strong>der</strong> Erfindung des Scheibenrades, <strong>der</strong> Nutzung <strong>von</strong> Pferdestärken, des Straßenbaus über<br />

die Erfindung <strong>der</strong> Dampfmaschine bis hin zu den heutigen mo<strong>der</strong>nen Verbrennungsmotoren<br />

<strong>und</strong> Antriebstechniken – um nur einige markante Beispiele zu nennen – zieht sich eine stetige<br />

<strong>Entwicklung</strong> durch die Menschheitsgeschichte. Je<strong>der</strong> Baustein führte zu einer Verbesserung<br />

<strong>und</strong> zu einem Stück mehr Beweglichkeit <strong>und</strong> Komfort.<br />

Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist die rasante <strong>Entwicklung</strong> in den letzen Jahrh<strong>und</strong>erten – vor allem<br />

im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit vermehrte sich das Wissen nur langsam, Erfindungen o<strong>der</strong> Neuerungen<br />

entstanden eher zufällig <strong>und</strong> nicht unbedingt bewusst. Für die Unterstützung <strong>und</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

des Bedürfnisses Mobilität waren anfänglich nur wenige Kenntnisse, zu einem späteren Zeitpunkt<br />

nur wenige berufliche Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten bzw. nur wenige eigene Berufe speziell<br />

in <strong>der</strong> Holz- <strong>und</strong> Metallbearbeitung vorhanden o<strong>der</strong> notwendig.<br />

Ganz an<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> heutigen Zeit: Die gestiegenen Ansprüche – insbeson<strong>der</strong>e hervorzuheben<br />

die <strong>der</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> Umweltverträglichkeit in den mo<strong>der</strong>nen Industriegesellschaften<br />

– verlangen eine qualifizierte <strong>und</strong> spezialisierte Facharbeit. Die notwendigen Kenntnisse<br />

erstrecken sich heute nicht mehr nur auf Holz- <strong>und</strong> Metallverarbeitung. Alle Wissensbereiche<br />

sind einzubeziehen. Dies ist nicht mehr nur durch einen qualifizierten Facharbeiter zu<br />

leisten.<br />

Spezialkenntnisse <strong>und</strong> -fähigkeiten sind gefor<strong>der</strong>t.<br />

Diese Ansprüche, die sich hier in den letzten 100 bis 200 Jahren herauskristallisiert haben,<br />

spiegeln sich auch in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Kfz-technischen Berufs(aus)bildung wi<strong>der</strong>. Bis ins<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>ert waren überwiegend Schmiede, später auch Schlosser <strong>und</strong> Wagner für die Bereitstellung<br />

<strong>der</strong> notwendigen Fahrzeuge ausreichend.<br />

Mit dem ersten „Automobil“ in Deutschland <strong>und</strong> dem sehr schnell um sich greifenden Anspruch<br />

<strong>der</strong> deutschen Bevölkerung auch „auto“-mobil zu sein, verän<strong>der</strong>te sich auch die Berufewelt.<br />

Aus Schmieden/Schlossern wurden Kraftfahrzeugschlosser usw. Immer mehr Berufe<br />

mit zunehmen<strong>der</strong> Differenzierung waren für die <strong>und</strong> an <strong>der</strong> Produktion <strong>von</strong> Automobilen beteiligt.<br />

Aus dem ursprünglichen handwerklichen Bereich, <strong>der</strong> sowohl produzierte <strong>und</strong> instand<br />

setzte, entwickelte sich <strong>der</strong> industriell produzierende Zweig.<br />

So wurde z. B. 1939 <strong>der</strong> staatlich anerkannte Ausbildungsberuf „Kraftfahrzugschlosser (Instandsetzung)“<br />

geschaffen. Während <strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus wurden weitere Berufe<br />

im Kraftfahrzeugbereich geschaffen: z. B. Kraftfahrzeugelektriker, Fahrzeugpolsterer.<br />

Im Handwerksbereich erfolgte die Anerkennung des Kraftfahrzeugmechanikers erst im Jahre<br />

1957.<br />

Seit dieser Zeit entwickelten sich die Berufe sowohl inhaltlich als auch in <strong>der</strong> Bezeichnung in<br />

Handwerk <strong>und</strong> Industrie ständig fort.<br />

Dies wird z. B. bei Kraftfahrzeugschlossern <strong>und</strong> Kraftfahrzeugelektrikern deutlich. Mit <strong>der</strong><br />

Neuordnung im Jahr 2003 mündeten beide Berufe in einen Beruf: Kraftfahrzeugmechatroniker<br />

mit mehreren Schwerpunkten.<br />

79


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

Diese Neuordnung greift die mo<strong>der</strong>nen Anfor<strong>der</strong>ungen an Facharbeiter in diesem Bereich auf,<br />

da diese nicht mehr nur metallspezifische son<strong>der</strong>n in zunehmendem Maße elektrische/elektronische<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten benötigen <strong>und</strong> Systemzusammenhänge erkennen<br />

müssen.<br />

Der Bereich Mobilität beschränkt sich aber nicht nur auf den Kraftfahrzeugbereich. Insgesamt<br />

sind für die Mobilität alle Berufe r<strong>und</strong> um das Verkehrs- <strong>und</strong> Transportwesen ausschlaggebend.<br />

Es gibt eine Vielzahl <strong>von</strong> staatlich anerkannten Ausbildungsberufen im dualen System mit<br />

unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten im Fahrzeugbereich <strong>und</strong> darüber hinaus im Verkehrs-<br />

<strong>und</strong> Transportwesen.<br />

Einige unter ihnen wurden erst in <strong>der</strong> jüngsten Vergangenheit neu geschaffen bzw. neugeordnet,<br />

aber es gibt auch Berufe, die seit ihrer ersten Anerkennung (z. B. 1939) nicht mehr<br />

geordnet wurden. Nachfolgend einige ausgewählte Ausbildungsberufe:<br />

Ausbildungsberuf (Verordnung <strong>von</strong>) Ausbildung in Ausbildungszahlen<br />

2001 *)<br />

Asphaltbauer/-in (1984) Industrie 33<br />

Automobilkaufmann/-frau (1998) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 2580/6920<br />

Berufskraftfahrer/-in (2001) Industrie 1486<br />

Binnenschiffer/-in (1940) Industrie 223<br />

Bootsbauer/-in (2000) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 412/23<br />

Eisenbahner/-in im Betriebsdienst (1997) Industrie 1042<br />

Elektroniker/-in<br />

(mehrere Ausbildungsrichtungen) (2003)<br />

Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />

Ewerführer/-in (1962) Industrie 8<br />

Fachkraft für Brief- <strong>und</strong> Frachtverkehr (1995) Industrie 4117<br />

Fachkraft für Straßen- <strong>und</strong> Verkehrstechnik Industrie <strong>und</strong> öffentlicher 77<br />

(2000)<br />

Dienst<br />

Fachkraft für Wasserwirtschaft (2000) Industrie <strong>und</strong> öffentlicher<br />

Dienst<br />

27<br />

Fachkraft im Fahrbetrieb (2002) Industrie -<br />

Fahrradmonteur/-in (2004) Industrie -<br />

Fahrzeuginnenausstatter/-in (2003)<br />

Industrie 206<br />

Vorgänger: Fahrzeugpolsterer/-in (1937)<br />

Fahrzeuglackierer/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />

Feinsattler/-in (1950) Industrie 4<br />

Feinwerkmechaniker/-in (2002) Handwerk -<br />

Fertigungsmechaniker/-in (1997) Industrie 3260<br />

Flachglasmechaniker/-in (1991) Industrie 344<br />

Fluggerätelektroniker/-in (1997) Industrie 347<br />

Fluggerätmechaniker/-in (1997) Industrie 2325<br />

Fräser/-in (1958) Industrie 53<br />

Gerätezusammensetzer/-in (1939) Industrie 81<br />

Glasveredler/-in (2004) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 17/8<br />

Gleisbauer/-in (1999) Industrie 400<br />

Hafenschiffer/-in (1958) Industrie 22<br />

Industriemechaniker/in (1987) Industrie >40000<br />

80


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

Karosserie <strong>und</strong> Fahrzeugbaumechaniker/-in<br />

(2003)<br />

Handwerk <strong>und</strong> Industrie 6564<br />

Kaufmann/-frau für Verkehrsservice (1997) Industrie 2439<br />

Kaufmann/-frau im Eisenbahn- <strong>und</strong> Straßenverkehr<br />

(1999)<br />

Industrie 349<br />

Konstruktionsmechaniker/-in (2004) Industrie 11315<br />

Kraftfahrzeugmechatroniker/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie ~80000/~5000<br />

Leichtflugzeugbauer/-in (1986) Industrie 39<br />

Luftverkehrskaufmann/-frau (1996) Industrie 104<br />

Maler/-in <strong>und</strong> Lackierer/-in (2003) Handwerk 42977<br />

Maschinen- <strong>und</strong> Anlagenführer/-in (2004) Handwerk <strong>und</strong> Industrie -<br />

Maschinenzusammensetzer/-in (1939) Industrie 7<br />

Mechaniker/-in für<br />

Karosserieinstandhaltungstechnik (2003)<br />

Handwerk -<br />

Mechaniker/-in für Landmaschinentechnik (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 6402<br />

Mechatroniker/-in (1998) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 297/14599<br />

Metallbauer/-in (2002) Handwerk 29598<br />

Metallschleifer/-in (1939) Industrie 35<br />

Modellbauer/-in (1988) Handwerk 971<br />

Modellbaumechaniker/-in (1997) Industrie 723<br />

Reiseverkehrskaufmann/-frau (1998) Industrie 10713<br />

Sattler/-in (1983) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 337/29<br />

Schifffahrtskaufmann/-frau (2004) Industrie 699<br />

Servicemechaniker/-in (2004) Handwerk -<br />

Straßenbauer/-in (1999) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 3207/2485<br />

Straßenwärter/-in (2002) Industrie <strong>und</strong> öffentlicher<br />

Dienst<br />

1662<br />

Speditionskaufmann/-frau (1996) Industrie 13715<br />

Tankwart/-in (1952) Industrie 767<br />

Technische Zeichner/-in (1993) Industrie 916/8973<br />

Verfahrensmechaniker/-in für<br />

Beschichtungstechnik (1999)<br />

Industrie 542<br />

Verfahrensmechaniker/-in Glastechnik (2000) Industrie 203<br />

Verfahrensmechaniker/-in für<br />

Kunststoff- <strong>und</strong> Kautschuktechnik (1997)<br />

Handwerk <strong>und</strong> Industrie 55/5567<br />

Mechaniker/-in für Reifen- <strong>und</strong> Vulkanisationstechnik<br />

(2004)<br />

Handwerk 346<br />

Wagner/-in (1937) Handwerk 4<br />

Werkzeugmechaniker/-in (2004) Industrie 5548<br />

Werkstoffprüfer/-in (1996) Industrie 657<br />

Zerspanungsmechaniker/in (2004) Industrie 15955<br />

Zweiradmechaniker/-in (2003) Handwerk <strong>und</strong> Industrie 2161<br />

*)<br />

Quelle: Verzeichnis <strong>der</strong> anerkannten Ausbildungsberufe mit Verzeichnis <strong>der</strong> zuständigen Stellen vom 30. Mai<br />

2003, B<strong>und</strong>esinstitut für berufliche Bildung, Bonn, W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld 2003<br />

Die Liste ließe sich noch erweitern, da viele Berufe heutzutage ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Weiterentwicklung des Bereiches Verkehr/Mobilität leisten – z. B. die vielen<br />

Berufe, die wie<strong>der</strong>um die hoch technisierten Fertigungsmaschinen herstellen, warten <strong>und</strong> vertreiben.<br />

81


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

Exemplarisch sollen im engsten Sinne die Kfz-technischen Berufe im Produktions-, Instandsetzungs-<br />

<strong>und</strong> Wartungsbereich im Mittelpunkt stehen. Diese Berufe weisen die größten Ausbildungszahlen<br />

auf. Dennoch sind die vielen Berufsmöglichkeiten mit den unterschiedlichsten<br />

Schwerpunkten nicht zu vernachlässigen.<br />

Die Berufsausbildungen im fertigungs- <strong>und</strong> luftfahrttechnischen sowie im kaufmännischverwaltenden<br />

Bereich können hier ausgespart bleiben, da diese durch weitere Ausarbeitungen<br />

innerhalb des Modellversuchs Visuba an an<strong>der</strong>er Stelle aufgegriffen werden.<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s soll die Faszination, die <strong>von</strong> Automobilen ausgeht, aufgegriffen werden, die<br />

viele Jugendliche veranlasst, eine Kfz-technische Ausbildung aufzunehmen; insbeson<strong>der</strong>e das<br />

große Interesse am Handwerk, das überwiegend Wartungsarbeiten durchführt, ist zu betonen.<br />

Den Besuchern dieses Ausstellungsteils sollte deshalb die Möglichkeit gegeben werden, in<br />

<strong>der</strong> Ausstellung aktiv zu werden.<br />

Im Zentralbereich sowie bei den Insellösungen soll darüber hinaus die enorme <strong>und</strong> vor allem<br />

rasante <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Fahrzeugtechnik im vergangenen Jahrh<strong>und</strong>ert – auch im Hinblick auf<br />

soziokulturelle <strong>und</strong> sozioökonomische Gesichtpunkte – deutlich gemacht werden. Parallel<br />

dazu soll aufgezeigt werden, wie sich die Berufs(aus)bildung verän<strong>der</strong>t hat.<br />

Zur <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufe im fahrzeugtechnischen Bereich im engsten<br />

Sinne bietet sich im Zentralbereich als Motivationsanreiz eine Objekt-Gegenüberstellung<br />

„Erste Dampfmaschine versus mo<strong>der</strong>ner Verbrennungsmotor“ an. Beschreibungen bzw. Informationen<br />

zu Leistung, Know-how, Herstellung (Arbeitstechniken, Facharbeiten), Präzisionsgrad,<br />

verwendeten Werkstoffen, Gewicht, Verbrauch, an <strong>der</strong> Herstellung beteiligten Berufen,<br />

etc. sollten ausgewiesen werden. Die vorher ausgewiesene Liste mit ausgewählten Berufen<br />

r<strong>und</strong> um das Verkehrs- <strong>und</strong> Transportwesen könnte hier mit eingebaut werden.<br />

Für weitere Bausteine/Stationen (im Zentralbereich bzw. für die dezentralen Insellösungen,<br />

die evtl. auch im Verkehrszentrum des Deutschen Museums an <strong>der</strong> Theresienhöhe realisiert<br />

werden könnten) wäre Folgendes denkbar:<br />

Bausteine/Stationen im Bereich Metalltechnik - Fahrzeugtechnik<br />

§ „Mobil mit Rä<strong>der</strong>n“:<br />

Frühzeit Mittelalter Neuzeit Hinweise zur<br />

<strong>Visualisierung</strong>/<br />

Scheibenrad Eisenbereiftes Holzspeichenrad<br />

82<br />

mo<strong>der</strong>ne Leichtmetallfelge<br />

mit Hochleis-<br />

tungsreifen<br />

Menschenkraft Zugpferde Verbrennungsmotor,<br />

Getriebe, mo<strong>der</strong>ne La-<br />

„Rolleigenschaften<br />

r<strong>und</strong>er Gegenstände“ <br />

Schmelzeigenschaften<br />

<strong>von</strong> Eisen<br />

Statische Verhältnisse <br />

ger<br />

Physikalische Gesetzmäßigkeiten<br />

Chemisches Wissen<br />

Gestaltung<br />

jeweils gelagert<br />

auf entsprechen-<br />

<strong>der</strong> Achse<br />

Antrieb dargestellt<br />

auf stilisier-<br />

tem Hintergr<strong>und</strong><br />

Vorhandenes<br />

Wissen


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

einfacheres Transportieren<br />

<strong>von</strong> großen<br />

Gegenständen<br />

mit Karren<br />

nur (einfache)<br />

Holzbearbeitung<br />

Säge, Äxte, Beile/<br />

Holz<br />

Materialersatz (für<br />

gebrochene/s Rad,<br />

Achse)<br />

mündliche Wissensweitergabe,<br />

Nachahmung<br />

Verzögerung <strong>der</strong> Abnutzungserscheinungen<br />

Wagner <strong>und</strong><br />

Schmiede<br />

Schmiedeesse<br />

Schmiedehammer,<br />

Sägen, Feilen, etc./<br />

Eisen <strong>und</strong> Holz<br />

Materialersatz <strong>und</strong><br />

Nachbesserungen<br />

83<br />

Technische Mechanik<br />

Geschwindigkeit, Bequemlichkeit,Umwelt-<br />

verträglichkeit, …<br />

Ingenieure, Techniker,<br />

<strong>und</strong><br />

Facharbeiter (vgl. Liste<br />

ausgewählte Berufe)<br />

spezielle Fertigungsmaschinen/<br />

spezielle Metalllegierungen,<br />

synthetische<br />

Kunststoffe<br />

weniger Wartungsarbeiten<br />

im Werkstoffbereich,<br />

jetzt Wartung mit Diagnosegeräten<br />

(Elektronik), System-<br />

bau <br />

Mobilitätsansprüche<br />

Tätigkeiten/<br />

Berufe bei <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>/<br />

Herstellung <strong>und</strong><br />

benötigte Werkzeuge/<br />

Materialien<br />

Wartungsarbeiten<br />

Zunftregeln Ausbildungsordnungen Ausbildung:<br />

beispielhafte<br />

Auszüge <strong>von</strong><br />

Ausbildungsinhalten/-zielen<br />

Hier ist nur eine exemplarische Auswahl <strong>der</strong> wichtigsten Aspekte, die für die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong><br />

Berufs(aus)bildung entscheidend sind, aufgeführt. Die Zeitspanne glie<strong>der</strong>t sich in drei Epochen.<br />

Eine Ergänzung durch weitere Aspekte ist möglich.<br />

Der Focus soll hier schwerpunktmäßig auch auf die Wartung <strong>und</strong> Instandhaltung gelegt werden.<br />

Die Ausführung soll so sein, dass die Besucher die Möglichkeit haben, mit den Händen die<br />

<strong>Entwicklung</strong> zu begreifen, indem sie durch eigenes Drehen erleben können, welche Anstrengungen<br />

für die Drehbewegung notwendig waren/sind, wie stabil die Drehbewegung war/ist,<br />

welche Handgriffe beim Wechseln des Rades notwendig waren/sind, usw.<br />

Um sich auch gedanklich in <strong>der</strong> jeweiligen Zeitepoche einzufinden, sollte <strong>der</strong> stilisierte Hintergr<strong>und</strong><br />

neben dem angedeuteten Antrieb zusätzlich die zeitgenössische Umgebung (z. B. die<br />

Beschaffenheit <strong>der</strong> Straße) berücksichtigen.<br />

Die jeweiligen Informationen zu den weiteren Aspekten können evtl. über Videosequenzen/Tondokumente,<br />

z. B. auf Abruf <strong>von</strong> den Besuchern, eingespielt werden.<br />

Der Aspekt <strong>der</strong> „Wissensvermittlung/Ausbildung“ könnte mit weiteren gesellschaftlichen<br />

Hintergründen durch ein „Interview“ aufgegriffen werden: Auszubildende <strong>von</strong> heute <strong>und</strong> Berufsangehörige<br />

(zu früheren Zeiten) treffen sich in typischer Arbeitskleidung. Die Fragestellungen<br />

beziehen sich z. B. auf Ausbildungszeitraum, Wissensvermittlung bzw. Ausbildungsgeschehen,<br />

Arbeitszeit, Ausbildungsvergütung, Tätigkeiten, verwendete Werkzeuge, etc. aber<br />

auch auf das „allgemeine Privatleben“.


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

§ Vom ersten Automobil in Einzelfertigung im „Handwerk“ zur Serien-<br />

bzw. Massenproduktion in <strong>der</strong> „Industrie“ (<strong>Entwicklung</strong> im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert)<br />

I. Station II. Station<br />

84<br />

III. Station Hinweise<br />

ausgehendes<br />

20. Jh. beginnendes<br />

Zeitepoche<br />

19. Jh.<br />

21. Jh.<br />

Einzelanfertigung Serienfertigung<br />

Systembau Fertigungs-<br />

Massenproduktion<br />

aspekte<br />

Gr<strong>und</strong>berufe, erste staatlich<br />

Differenzierte Berufe beteiligte<br />

wie Schmiede, anerkannte<br />

bzw. Ausbildungsberufe Berufe<br />

Wagner, die sich Ausbildungsberufe<br />

im Bereich Fahrzeug-<br />

einarbeiten<br />

technik auch Berufe aus<br />

an<strong>der</strong>en Berufsbereichen,<br />

z. B. Automobilkaufmann<br />

manuelle Metall- Wechsel <strong>von</strong> manueller Pro- Tätigkeiten an computerhinzu- bzw. Holzbearduktion zur Tätigkeit an FergestütztenFertigungsmakommendebeitungtigungsmaschinenschinenArbeitsbereiche Gesellschaftlicher Anspruch: Gesellschaftlicher Druck gesellschaft-<br />

„Volkswagen“<br />

Berufe, z. B. ServicemelicheHinterchaniker,Fahrradmonteur für einfache Arbeiten<br />

<strong>und</strong> spezielle Berufe,<br />

z. B. Kfz-Mechatroniker<br />

für komplexere Aufgaben<br />

gründe<br />

noch zunftartige Ausbildung zunehmend stär- „Erneuerung“ <strong>der</strong> AusAusbilAusbildungsker durch den Staat geregelt bildungskonzeptedungsstrukstrukturen <strong>und</strong> gestufte Ausbildungsniveaus<br />

<strong>der</strong> Wartungs-<br />

<strong>und</strong> Instandhaltungsberufe:<br />

Servicemechaniker (2 Jahre)<br />

Kfz-Mechatroniker (3,5 Jahre)<br />

Servicetechniker (4,5 Jahre)<br />

Kfz-Techniker-Meister (5,5<br />

Jahre)<br />

tur<br />

Diese Station widmet sich schwerpunktmäßig <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> in <strong>der</strong> industriellen Fertigung<br />

<strong>und</strong> parallel dazu <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Ausbildung im industriellen Bereich.<br />

Die zunehmende Komplexität <strong>von</strong> Inhalten/Anfor<strong>der</strong>ungen an die Fahrzeugtechnik führte zu<br />

einer zunehmenden Spezialisierung <strong>der</strong> Berufe. Die neueren Berufe versuchen zudem ein<br />

Wissen unterschiedlicher Bereiche (metalltechnische <strong>und</strong> elektrotechnische/elektronische<br />

Bereiche → Kraftfahrzeugmechatroniker, fahrzeugtechnische <strong>und</strong> kaufmännische Bereiche →<br />

Automobilkaufmann) zu verknüpfen.<br />

Von Seiten <strong>der</strong> Ausbildung sollte die „Wie<strong>der</strong>“-Erneuerung <strong>der</strong> Ausbildungskonzepte in <strong>der</strong><br />

heutigen Zeit aufgezeigt werden, die versucht, diese Verknüpfung unterschiedlicher Bereiche<br />

durch die verstärkt handlungsorientierte/ganzheitliche Vermittlung <strong>von</strong> Zielen sicherzustellen.


J. Bux Metalltechnik: Fahrzeuge<br />

Ähnlich dem Baustein „Mobil mit Rä<strong>der</strong>n“ sind gesellschaftliche Hintergründe aufzugreifen.<br />

Denkbar wäre hier, die einzelnen Stationen abgegrenzt <strong>von</strong> einan<strong>der</strong> darzustellen. Die jeweilige<br />

Station könnte eingebettet sein in eine angedeutete zeitgemäße Produktionsstätte. Ggf.<br />

sollten jeweils <strong>der</strong> Produktionsstätte gegenüber die „Unterrichtsräumlichkeiten“ in <strong>der</strong> Schule<br />

dargestellt werden.<br />

Die I. Station könnte z. B. den „Allro<strong>und</strong>er“ (z. B. Wagner, <strong>der</strong> auch Arbeiten am Motor<br />

durchführt) darstellen. Die Darstellung einer damaligen Werkstatt (= betriebliche Ausbildungsstätte)<br />

sollte einen Einblick in das damalige Zeitgeschehen geben. Die Unterrichtssituation<br />

sollte durch die Beschulung einer gemeinsamen Klasse gezeigt werden, um zu zeigen,<br />

dass es noch keine spezialisierte schulische Ausbildung, son<strong>der</strong>n eine umfassende bzw. allgemeinere<br />

schulische Begleitung gab.<br />

Bei <strong>der</strong> II. Station ist <strong>der</strong> entscheidende Aspekt <strong>der</strong> Wechsel <strong>von</strong> <strong>der</strong> handwerklichen „Allro<strong>und</strong>“-Einzelfertigung<br />

bzw. Serienfertigung zur industriellen Massenfertigung. Dieser Aspekt<br />

könnte dargestellt werden durch eine große Anzahl <strong>von</strong> tätigen „Händen“ <strong>der</strong> Arbeiter<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Berufsgruppen, die für die Herstellung eines Automobils am „Band“ notwendig<br />

sind. Vielleicht bietet sich auch die Möglichkeit, die Arbeit am „Band“ für die Herstellung<br />

eines Autos real zu erleben, z. B. in <strong>der</strong> Form, einfache Handgriffe bei <strong>der</strong> Montage selbst am<br />

laufenden „Band“ auszuführen.<br />

Für die Ausbildungs- bzw. Unterrichtssituation ist es denkbar, die bereits notwendige spezialisierte<br />

Ausbildung durch mehrere unterschiedliche Lehrwerkstätten bzw. mehrere Unterrichtsräume<br />

(<strong>und</strong> den da<strong>von</strong> getrennten Schulwerkstätten), in denen die speziellen Berufe<br />

ausgebildet werden, sternförmig um diese Station anzuordnen.<br />

Die III. Station greift gezielt den Gedanken des System-/Modulbaus sowie des verstärkten<br />

Einzugs <strong>der</strong> elektronischen Systeme <strong>und</strong> <strong>der</strong> Automatisierung bestimmter Arbeitsgänge auf.<br />

Hier könnte das Berufsbild des heutigen Kraftfahrzeugmechatronikers exemplarisch aufgegriffen<br />

werden, <strong>der</strong> nunmehr Kombifunktionen erfüllen muss.<br />

Dazu könnte in dieser Station dargestellt werden, wie <strong>der</strong> heutige Ablauf für die Anschaffung<br />

eines Autos erfolgt. (→Verknüpfung mit dem Berufsbereich Wirtschaft <strong>und</strong> Verwaltung).<br />

Die Unterrichtssituation sollte in einem integrierten Fachunterrichtsraum (ganzheitliche Ausstattung<br />

mit Werkstatt <strong>und</strong> Unterrichtsraum) eingebettet sein.<br />

Ebenfalls sollten hier die aktuellen zweijährigen Ausbildungen <strong>von</strong> Serviceberufen (z. B. Servicemechaniker),<br />

die für eingeschränkte Wartungs-/Austauschaufgaben konzipiert sind, berücksichtigt<br />

werden. Die Diagnoseaufgaben werden durch technische Systeme wahrgenommen.<br />

Die Serviceaufgabe beschränkt sich auf den Austausch bestimmter Module/Systeme.<br />

Ausschlaggebend hierfür ist die jetzige Systembauweise <strong>von</strong> Fahrzeugen.<br />

Bei allen Stationen sollten generell Verän<strong>der</strong>ungen/<strong>Entwicklung</strong>en <strong>der</strong> gleichen Aspekte sowohl<br />

im Betrieb als auch bei <strong>der</strong> betrieblichen <strong>und</strong> schulischen Ausbildung exemplarisch veranschaulicht<br />

werden.<br />

Hierzu bieten sich z. B. Ausstattung des Betriebs, Betriebsabläufe, Arbeitszeiten, Ausbildungsvorgaben,<br />

Ausstattung <strong>der</strong> betrieblichen Lehrwerkstätten, Ausstattung des Unterrichtsraumes,<br />

St<strong>und</strong>enpläne, etc. an.<br />

85


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Metalltechnik: Fertigung<br />

Inhaltsübersicht<br />

0 Zusammenfassung<br />

1 Vorüberlegungen: Realisierung des Moduls 3: „Metalltechnik“<br />

2 Übersicht: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe<br />

3 Ausstellungskonzept<br />

Abb. 1. Nagelbaum: Kolbermoor/Obb.<br />

Der Nagelbaum kann als ein Symbol für das Arbeiten <strong>und</strong> Leben <strong>der</strong> Schmiede <strong>und</strong><br />

Schlosser in <strong>der</strong> mittelalterliche Wirtschafts- <strong>und</strong> Gesellschaftsordnung stehen.<br />

Die Rituale, die Geschichte <strong>und</strong> die „Geschichten“ um den Nagelbaum prädestinieren<br />

ihn „eyecatcher“ des Moduls „Metallbearbeitung“.<br />

Abb. 2: Katzenkopf - Vorhangschloß<br />

Prolog: „Stück da<strong>von</strong>“<br />

Sprach früher ein wan<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Schlossergeselle bei einem Meister um Arbeit vor, so<br />

entspann sich ein zwar regional verschiedener, doch im Wesentlichen genau<br />

ritualisierter Dialog. Der Geselle fragte: „Mit Gunst, Meister. Grüß Gott“.<br />

Der Meister: „Katzenkopf?“<br />

Der Geselle: „Stück da<strong>von</strong>“.<br />

Damit achtete <strong>der</strong> Geselle die umfangreiche <strong>und</strong> „grenzenlose“ Schlosserkunst, je<strong>der</strong> konnte nur ein „Stück<br />

da<strong>von</strong>“ beherrschen. Noch heute wird <strong>von</strong> Handwerksorganisationen verdienten Schlossermeistern als höchste<br />

Auszeichnung die „Goldene Katzenkopfnadel“ verliehen, ein letzter Rest eines Identifikationssymbols im<br />

Schlosserhandwerk. Das Schlosserhandwerk war bis zu Beginn <strong>der</strong> Industrialisierung – neben dem älteren<br />

Schmiedehandwerk - das Metallhandwerk schlechthin. Der Katzenkopf ist <strong>von</strong> <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Schlossplatte eines<br />

Vorhängeschlosses abgeleitet.<br />

0 Zusammenfassung<br />

Das vorliegende Konzept schlägt für das Modul 3 Metalltechnik <strong>der</strong> geplanten Dauerausstellung<br />

<strong>VISUBA</strong> eine <strong>Visualisierung</strong> anhand einzelner Stationen vor. Es geht da<strong>von</strong> aus, dass<br />

die Metalltechnik<br />

- sich im Forum (= „Marktplatz“) zusammen <strong>und</strong> in Konkurrenz mit an<strong>der</strong>en Berufsfel<strong>der</strong>n<br />

präsentiert <strong>und</strong><br />

- die BesucherInnen dann in den einschlägigen Abteilungen (= „Inseln“) weiter begleitet.<br />

Vorgestellt <strong>und</strong> mit ihren Inhalten <strong>und</strong> Exponaten beschrieben werden daher die beiden räumlich<br />

<strong>von</strong>einan<strong>der</strong> getrennten Bereiche<br />

- Marktplatz<br />

- Inseln.<br />

Auf dem Marktplatz steht im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> das „Interesse bei den BesucherInnen wecken“<br />

weniger die detailgenaue Information. Hier präsentiert sich die Metalltechnik deshalb mit<br />

„eye-catchern“ <strong>und</strong> „appetizern“ ohne Anspruch auf Vertiefung, allerdings in historischer<br />

Abfolge, die dann erst in den Abteilungen Metalltechnik <strong>und</strong> Werkzeugmaschinen des Deutschen<br />

Museum in den sog. „Inseln“ vertieft <strong>und</strong> fortgeführt wird. Der Marktplatz führt die<br />

Besucher wie im Zeitraffer vom „Schmied zum Mechatroniker“, vom <strong>der</strong> ersten primitivem<br />

Form <strong>der</strong> Eisengewinnung <strong>und</strong> -verarbeitung zum hochspezialisierten Prozessorganisator. Das<br />

86


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

ist des begrenzten Platzangebots wegen in wenigen Stationen zu leisten, die allerdings eine<br />

starke Motivation ausüben müssen, denn auf dem Marktplatz wird die Wahl für ein Berufsfeld<br />

getroffen – <strong>und</strong> damit die Entscheidung für einen „Ast“, für ein Berufsfeld <strong>von</strong> <strong>VISUBA</strong>. Da<br />

es aber denkbar ist, dass sich BesucherInnen nur auf einen Überblick zur Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

beschränken wollen, muss je<strong>der</strong> Teilbereich eine kurze aber in sich abgeschlossene<br />

Einheit bieten – einige tausend Jahre Metalltechnik in wenigen „Bil<strong>der</strong>n“.<br />

Der Teilbereich Metalltechnik empfängt den Besucher mit einem Nagelbaum, er visualisiert<br />

die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metalltechnik <strong>und</strong> damit die Genese <strong>der</strong> Berufe an wenigen berufstypisch<br />

ausgewählten Objekten, die in ihrer Gesamtheit alle Sinne ansprechen, Flachware zum<br />

Lesen <strong>von</strong> Zunftordnungen über touch-screen PCs bis hin zu „hand“werklichem Nagelschmieden.<br />

Der R<strong>und</strong>gang durch den Ast Metalltechnik auf dem Marktplatz entlässt die BesucherInnen<br />

mit einem sinnlichen Erlebnis, er kann sich mit einem eingeschlagenen Nagel<br />

späteren BesucherInnen in Erinnerung bringen.<br />

In den „einschlägigen“ Abteilungen, den Inseln, steht im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> die „Berufliche Bildung“<br />

im Kontext zu den Erzeugnissen – die vom Deutschen Museum primär in ihrer historischen<br />

<strong>Entwicklung</strong> bzw. Abfolge angeordnet sind. Im vorgeschlagenen Konzept ist die historische<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Eisenberufe sehr breit dargestellt, da sich viele Metallberufe <strong>und</strong> ihre<br />

Diversifikation in zahllose Spezialberufe, Berufsfel<strong>der</strong>, Monoberufe <strong>und</strong> Tätigkeiten im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe, den Erzeugnissen <strong>und</strong> den zur Herstellung<br />

<strong>von</strong> Gütern aus „Metall“ notwendigen Fertigkeiten erklären lassen. Das Konzept stützt sich<br />

also primär auf eine Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung, die über <strong>und</strong> durch die Exponate vermittelt<br />

wird. Die zu den einzelnen Stationen, den Inseln, angeregten Exponate werden entwe<strong>der</strong><br />

eingebracht o<strong>der</strong> es werden vorhandene Gegenstände, Dioramen, Modelle usw. zur Darstellung<br />

<strong>der</strong> Berufsausbildung in <strong>der</strong> jeweiligen Epoche aufgegriffen. Eine Übersicht gibt<br />

Auskunft an welchen Stellen <strong>und</strong> in welchen Abteilungen des deutschen Museums „Metalltechnik“<br />

Exponate <strong>und</strong> Stationen zu <strong>VISUBA</strong> vorgesehen sind. Bei <strong>der</strong> Darstellung vor Ort,<br />

in den Inseln, ist – wo immer möglich – Altes mit Neuen, Historisches mit Mo<strong>der</strong>nem verknüpft,<br />

so zum Beispiel ein Messer aus Meteoreisen mit einem mo<strong>der</strong>nen Ganzmetallmesser<br />

bzw. mit dessen industrieller Herstellung.<br />

Das vorgeschlagene Konzept Metalltechnik geht da<strong>von</strong> aus, das „<strong>VISUBA</strong>“ <strong>von</strong> MuseumsbesucherInnenn<br />

- auch <strong>von</strong> den Zielgruppen:<br />

- nur „mitgenommenen“ wird <strong>und</strong> selten Anlass eines Museumsbesuchs bzw. einer zielgerichteten<br />

Exkursion sein wird,<br />

- aktiv erlebt werden möchte <strong>und</strong> einen Eventcharakter haben muss um die erwünschte Aufmerksamkeit<br />

zu finden,<br />

- auf dem „Marktplatz“ beurteilt wird <strong>und</strong> die Insel „Metalltechnik“ nur dann aufgesucht<br />

wird, wenn die Präsentation auf dem Marktplatz genügend motivierend ist,<br />

- über Gegenständliches erfahrbar sein muss, deshalb handlungsorientiert gestaltet werden<br />

muss <strong>und</strong> die für eine umfassende Information notwendigen Texte, Verordnungen, Gesetze<br />

etc. nur als Kurztext auf Flachware vermittelbar sind,<br />

- nur beschränkte Ressourcen an Mittel <strong>und</strong> Fläche bereitstehen,<br />

- die „genutzten Inseln“ Metalle, Werkzeugmaschinen usw. in ihrer <strong>der</strong>zeitigen Anordnung<br />

<strong>und</strong> Art <strong>der</strong> Präsentation nicht o<strong>der</strong> nur unwesentlich verän<strong>der</strong>t werden, wo immer möglich<br />

wird deshalb ein schon vorhandenes Ausstellungsobjekt aufgegriffen <strong>und</strong> daran „VI-<br />

SUBA abgearbeitet“.<br />

87


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Aus diesen Einschränkungen folgen die Gr<strong>und</strong>annahmen, die in diesem Konzept Metalltechnik<br />

Leitfunktion haben:<br />

• Gegenstand <strong>der</strong> Dauerausstellung <strong>VISUBA</strong> ist die Berufliche Bildung <strong>und</strong> Ausbildung.<br />

• Berufs(aus)bildung in <strong>der</strong> Metalltechnik erfolgte bis in das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein<br />

ausschließlich durch eine sog. „Meisterlehre“ – also als betriebliche Ausbildung.<br />

• Die betriebliche Ausbildung ist bis heute <strong>der</strong> Regelfall <strong>der</strong> Berufsausbildung in <strong>der</strong><br />

Metalltechnik.<br />

• Die betriebliche Ausbildung hat im Modul Metalltechnik Priorität.<br />

• Schulische Bildungsgänge – ob begleitend o<strong>der</strong> ersetzend – spielen in <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

„Metall“ eine nur untergeordnete Rolle – auch heute <strong>und</strong> werden deshalb nicht näher<br />

betrachtet.<br />

• Weiterbildung in <strong>der</strong> Metalltechnik ist starr ge- <strong>und</strong> verordnet, im industriellen Bereich<br />

zum Techniker – Dipl.Ing. (FH) – Dipl. Ing. (TU), im handwerklichen Sektor teilweise<br />

noch mittelalterlich ritualisiert in <strong>der</strong> Meisterausbildung<br />

• Alle für die Berufsausbildung relevanten „Vorschriften“ werden bis dato ausschließlich<br />

<strong>von</strong> den Verbänden <strong>der</strong> Wirtschaft (+ Gewerkschaften) vorgegeben (z. B. Ausbildungsordnungen.<br />

• Die Prüfungshoheit in <strong>der</strong> Berufsausbildung <strong>und</strong> teilweise auch in <strong>der</strong> beruflichen<br />

Weiterbildung liegt ausschließlich bei Verbänden <strong>der</strong> Wirtschaft, z. B. den Handwerks-<br />

/Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern.<br />

• Der Terminus „Berufliche Bildung“ ist irreführend – „praktischer“ Qualifikationserwerb in<br />

<strong>der</strong> Metalltechnik erfolgt ausschließlich in <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />

1 Vorüberlegungen: Realisierung des Moduls 3: „Metalltechnik“ im Deutschen Museum<br />

München<br />

1.1 Darstellung <strong>der</strong> Berufs(aus)bildung in einem Technikmuseum<br />

Das Deutsche Museum in München war <strong>und</strong> ist ein Museum <strong>der</strong> Technik <strong>und</strong> <strong>der</strong> Naturwissenschaften<br />

– <strong>und</strong> kein Museum zur Geschichte <strong>der</strong> Arbeit, das ist bei <strong>der</strong> Implementierung<br />

<strong>der</strong> geplanten Dauerausstellung „<strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung“ zu<br />

bedenken. Das Deutsche Museum präsentiert in seinen Abteilungen Metalle, Werkzeugmaschinen,<br />

Schweißen <strong>und</strong> Löten explizit keine Exponate zur Berufsausbildung im Metallbereich,<br />

das ist aus <strong>der</strong> Gründungszeit des Museums erklärbar. In <strong>der</strong> Gründungsphase des Museums,<br />

um 1900, in einer Periode <strong>der</strong> „Technikgläubigkeit“ verstand man unter „Technik“<br />

primär Bergbau, Metallgewinnung, Metallverarbeitung <strong>und</strong> „Maschinen im weitesten Sinn“.<br />

In dieser Phase des Umbruchs <strong>der</strong> Produktionsweise – die Mechanisierung war fast abgeschlossen<br />

<strong>und</strong> die Elektrifizierung zog in die Werkstätten ein - dominierte „in <strong>der</strong> Wirtschaft“<br />

nicht mehr die Werkstatt des Handwerkers, es war „die Fabrik“, in <strong>der</strong> die Menschen um<br />

1900 arbeiteten <strong>und</strong> „industriell“, d. h. in Arbeitsteilung – genauer in Artteilung, Güter produzierten.<br />

Und diese Güter waren primär Investitionsgüter aus Guß <strong>und</strong> Stahl, Halbzeuge, Profile,<br />

Eisenbahnmaterial, einfache Kraft- <strong>und</strong> Arbeitsmaschinen, Werkzeugmaschinen <strong>und</strong> natürlich<br />

die „neuen“ Werkzeuge: nicht mehr Hammer <strong>und</strong> Schlägel, Meißel <strong>und</strong> Sense, son<strong>der</strong>n<br />

Drehmeißel <strong>und</strong> Gewindespindel, Sägeblätter <strong>und</strong> Zahnrä<strong>der</strong>, Pumpenteile <strong>und</strong> Elektromotore.<br />

Eine Konsumgüterindustrie spielte mangels Kaufkraft um 1900 noch keine bedeutende<br />

Rolle. Und war auch die Fertigungstechnik <strong>der</strong> handwerklichen Arbeitsweise noch sehr ähnlich<br />

– die Produktionsweise, die Taylorsche Arbeitsteilung nach den Prinzipien <strong>der</strong> „Scientific<br />

Management“ begann in dieser Phase <strong>der</strong> Industrialisierung bis in die zwanziger Jahre hinein<br />

„die Fabrik“ zu revolutionieren.<br />

Nicht mehr das „Werk“ selbst, seine Individualität <strong>und</strong> die <strong>von</strong> altersher überkommene Form<br />

<strong>und</strong> Gestaltung werden wichtig, son<strong>der</strong>n Stückzahl <strong>und</strong> Preis.<br />

88


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Werkzeugmaschinen mit Zentralantrieb durch Dampfmaschinen ersetzen seit <strong>der</strong> Mitte des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts die handwerkliche, die händische Bearbeitung <strong>von</strong> Metall am Schraubstock<br />

o<strong>der</strong> durch handbetriebene Einfachstmaschinen. Der Einzelantrieb <strong>der</strong> Werkzeugmaschinen<br />

durch Elektromotore setzte erst nach 1918 in größerem Umfang ein.<br />

Mit <strong>der</strong> Mechanisierung waren neue Qualifikationen gefragt – nicht mehr das „Abschauen =<br />

Meisterlehre“, genügte den Ansprüchen <strong>der</strong> „Fabrik“, <strong>der</strong> nunmehr zum „Maschinen“-<br />

Schlosser gewordene Schmiede- <strong>und</strong> Schlossergeselle konnte die potentiellen Probleme in <strong>der</strong><br />

Fertigung nicht mehr mit dem eher unsystematischen „Imitatio-Prinzip“ lösen, er bedurfte<br />

einer soliden <strong>und</strong> systematischen Ausbildung, durch Transfer <strong>von</strong> sachlogischen Handlungsmustern<br />

musste <strong>und</strong> muss er neue, immer komplexere Probleme lösen <strong>und</strong> gleichzeitig mit <strong>der</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Maschinen bzw. ihrer Peripherie <strong>und</strong> natürlich den neuen Eisenwerkstoffen<br />

Schritt halten – nur für die Darstellung <strong>der</strong> Erzeugnisse <strong>und</strong> Maschinen spielte die Art <strong>und</strong><br />

Weise <strong>der</strong> Ausbildung <strong>und</strong> die Ausbildungsinhalte keine Rolle – <strong>und</strong> konnte deshalb auch<br />

nicht Gegenstand eines Technikmuseums sein.<br />

Vom „neuen Facharbeiter“ in <strong>der</strong> Industrie war in dieser Periode gefor<strong>der</strong>t „Ratio statt Imitatio“<br />

– <strong>und</strong> die sich rasch entwickelnde Industrie regierte darauf: Sie ersetzte nicht nur den<br />

„hand“werklich geschickten „Hand“werksmeister durch den „Industrie“meister mit seiner<br />

speziellen Schulung in Ablauforganisation <strong>und</strong> Arbeitsplanung, sie „nahm <strong>der</strong> Werkstatt auch<br />

den Lehrling weg“ – <strong>und</strong> begann ihn systematisch in einer „Lehrwerkstatt“ auszubilden.<br />

Lehrwerkstatt als Abbild, als Miniaturisierung <strong>der</strong> Fabrik für die Zwecke <strong>der</strong> Ausbildung, in<br />

<strong>der</strong> Lehrling nicht nur die notwendigen Fertigkeiten erworben sollte, son<strong>der</strong>n auch durch berufspädagogische<br />

Maßnahmen zum „industriell denkenden“ „Fach“arbeiter erzogen wurde.<br />

Die „Stempeluhr“ <strong>und</strong> die Pflege <strong>der</strong> (teuren!) Maschinen wurden wichtigere Tugenden<br />

als <strong>der</strong> Entwurf <strong>und</strong> die Herstellung eines „Hand“ Werks, eines <strong>von</strong> Hand gefertigten<br />

Werks.<br />

Wie hätte sich ein Lehrling auch den Umgang mit den „neuen“ Maschinen in einer Meisterlehre aneignen können<br />

– gab diese doch primär „altes“, bewährtes Wissen <strong>und</strong> Können weiter <strong>und</strong> achtete dabei auf die detailgetreue<br />

Reproduktion aller Arbeitsschritte <strong>und</strong> Verfahren, nicht ihrer Weiterentwicklung in Abhängigkeit <strong>von</strong> den<br />

Zwängen kostengünstigen Produzierens. Die aus dem Mittelalter überkommene statische Wirtschaftsordnung<br />

schlug sich durch bis in die Ausbildung <strong>und</strong> Berufserziehung.<br />

Was folgt daraus für <strong>VISUBA</strong> in einem Technikmuseum?<br />

Es ist zu vermuten, dass die „durchschnittlichen“ BesucherInnen des Deutschen Museums<br />

• die historische <strong>Entwicklung</strong> „vom Handwerk zur Fabrik – <strong>von</strong> <strong>der</strong> Meisterlehre zur Lehrwerkstatt“<br />

nicht kennen,<br />

• keinen Bezug herstellen können <strong>von</strong> den vorhandenen Objekten im Sammlungsbau zu den<br />

jeweils herrschenden Produktions- <strong>und</strong> Ausbildungsverhältnissen,<br />

• „<strong>VISUBA</strong>“ nicht zum zentralen Anlass ihres Museumsbesuches machen, son<strong>der</strong>n „VISU-<br />

BA“ eher als Zugabe betrachten.<br />

<strong>VISUBA</strong> wird „mitgenommen“ – wird aber nicht Anlass eines Museumsbesuches sein.<br />

Die <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung muss also „am Marktplatz“ beginnen<br />

<strong>und</strong> erst ein Minimum an historischem Faktenwissen <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sgeschichte <strong>der</strong><br />

Produktionsverhältnisse anbieten, ehe die BesucherInnen zu die einzelnen „Abteilungen“ <strong>und</strong><br />

Schauräumen begleitet werden – wobei die „Führung“ Leitspuren <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Audiogeräte<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Arbeitsblätter“ <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> „Wegweiser“ übernehmen können.<br />

89


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

1.2 Ausstellungskonzept<br />

Die im Deutschen Museum zum Modul „Metalltechnik“ vorhandenen Abteilungen <strong>und</strong> Exponate<br />

zeigen nicht nur breit gefächert den Stand <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Technik – teilweise<br />

zwar aus <strong>der</strong> Sicht zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts – sie geben z. B. in Dioramen <strong>und</strong> nachgebauten<br />

Werkstätten auch ansatzweise Auskunft über die Menschen <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />

sie arbeiteten – in Hütten, später in kleinen Werkstätten, dann in Manufakturen <strong>und</strong> schließlich<br />

in Fabriken – aber nicht wie sie ausgebildet wurden, wie sie Fertigkeiten <strong>und</strong> erlernten <strong>und</strong> eine<br />

berufliche Sozialisation erfuhren. Gerade die Abteilungen „Metalle“ <strong>und</strong> „Werkzeugmaschinen“<br />

mit ihrer chronologischen Abfolge <strong>von</strong> den ersten Messern aus Meteoreisen bis zur CIM-<br />

Simulation <strong>und</strong> mit ihrer Fülle <strong>von</strong> Exponaten, auch „aktiven“, bieten sich in hervorragen<strong>der</strong><br />

Weise an, hier die technische <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallver- <strong>und</strong> bearbeitung mit <strong>der</strong> Berufsausbildung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Geschichte zu ergänzen <strong>und</strong> zu verknüpfen. Das ist bislang we<strong>der</strong> Inhalt <strong>und</strong><br />

Ziel <strong>der</strong> aktuellen Museumspädagogik <strong>und</strong> Ausstellungspolitik, alle Exponate <strong>und</strong> Mittel zur<br />

<strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung müssen eingebracht werden.<br />

In den Inseln „Metalltechnik“ präsentiert das Deutsche Museum den BesucherInnen das Erzeugnis,<br />

primär das Eisen <strong>und</strong> Stahl, dessen Gewinnung <strong>und</strong> Verarbeitung. In diese schon vorhandene<br />

Struktur lässt sich „<strong>VISUBA</strong>“ integrieren, als Ergänzung durch Exponate zur Berufsausbildung.<br />

Das erscheint realistisch zu sein, denn so bleiben die Kosten übersichtlich <strong>und</strong><br />

das Konzept umsetzbar. Es ist nicht anzunehmen, dass finanzielle Mittel <strong>und</strong> Personalressourcen<br />

in großem Umfang zu Verfügung stehen werden. Das Konzept „Metalltechnik in <strong>VISUBA</strong>“<br />

legt den Schwerpunkt in den Werkstoff Eisen, seine Gewinnung, Verarbeitung <strong>und</strong> die dafür<br />

notwendigen Qualifikationen <strong>und</strong> setzt historisch erst mit <strong>der</strong> Verarbeitung <strong>von</strong> Meteoreisen um<br />

3000 v. Chr. in Kleinasien ein – damit beginnt die „Eisenzeit“ – <strong>und</strong> damit die Geschichte einer<br />

Metalltechnik, die allerdings erst mit <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Bessemerbirne um 1850 zur Stahlgewinnung<br />

<strong>von</strong> epochaler Bedeutung wurde <strong>und</strong> eine Industrialisierung ermöglicht hat. Hier ist<br />

<strong>der</strong> Begriff zurückgeführt auf seine ursprüngliche Bedeutung – industria (lat.) = Fleiß – die Überwindung<br />

<strong>der</strong> starren <strong>und</strong> statischen mittelalterlichen Versorgungswirtschaft durch eine auf<br />

Kapitalbildung <strong>und</strong> -mehrung ausgerichtete Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft. Die folgenden Abbildungen<br />

<strong>von</strong> Exponaten aus dem Deutschen Museum spannen historisch den Bogen des Konzepts<br />

„Berufsausbildung in <strong>der</strong> Metalltechnik“ – allerdings nur den Hauptstrang „Eisenbe- <strong>und</strong><br />

Verarbeitung – ohne „Seitenlinien“, „Irrwege“ <strong>und</strong> Entgleisungen, wie z. B. den Klingenschmied.<br />

Abb. 3: Speer aus Meteoreisen<br />

Anfänge <strong>der</strong> Eisenbearbeitung: Beginn <strong>der</strong> Berufsgeschichte des<br />

Schmieds als universeller Metallhandwerker<br />

Abb. 4: Sensenschmied<br />

Differenzierung des Schmiedehandwerks nach dem Erzeugnis. Dieser Prozess setzt bereits<br />

um 800 n. Chr., ein, als nach einer Anordnung <strong>von</strong> Karl dem Großen jede Pfalz einen<br />

Waffen- <strong>und</strong> einen Hufschmied zu beschäftigen hatte. Die zunehmende Abkehr <strong>der</strong><br />

Berufsdifferenzierung – weg <strong>von</strong> <strong>der</strong> Art des Metalls – hin zur Orientierung am Erzeugnis ist<br />

bis zur letzten aktuellen Neuordnung <strong>der</strong> Berufe (2002) zu beobachten.<br />

Abb.5 : Drehmaschinen um 1880<br />

Mit <strong>der</strong> Mechanisierung <strong>und</strong> Industrialisierung werden die „alten“ Handwerkstugenden <strong>und</strong> -<br />

techniken zunehmend obsolet, <strong>der</strong> Schlosser wandelt sich zum „Maschinen“-schlosser,<br />

Bedienung <strong>und</strong> Wartung <strong>der</strong> teueren Werkzeugmaschinen werden zu Berufsinhalten – nicht<br />

die handwerkliche Fertigkeit <strong>und</strong> Geschicklichkeit.<br />

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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Abb. 6: Laserbearbeitung<br />

1.3 Erzeugnis als Informationsträger<br />

Die händische Bedienung <strong>von</strong> Werkzeugmaschinen wurde mit <strong>der</strong> CNC-<br />

Technik abgelöst, <strong>der</strong> Fertigungsprozess gesplittet in eine Rüsten fern <strong>der</strong><br />

Maschine (= Erstellen eines Programms) <strong>und</strong> ein Bestücken an <strong>der</strong> Maschine,<br />

wozu aber nur geringe Qualifikationen notwendig sind.<br />

Die berufliche Qualifikation wandelt sich vom „Maschinen“schlosser <strong>und</strong><br />

k<strong>und</strong>igen Maschinenbediener zum Prozessorganisator <strong>und</strong> Mechatroniker –<br />

einem Zwitter aus Mechaniker <strong>und</strong> Elektroniker, <strong>der</strong> imstande ist,<br />

Verknüpfungen im Fertigungsprozess nicht nur zu planen, son<strong>der</strong>n auch mit<br />

ERP (Enterprise Ressource-System-Software) <strong>und</strong> CNC (Computer Numeric<br />

Controll-Software)-Programmen zu realisieren.<br />

Das schon oben angesprochene Konzept – <strong>Visualisierung</strong> <strong>der</strong> Beruflichen Bildung <strong>und</strong> Ausbildung<br />

über das Erzeugnis – wird nicht deshalb gewählt, weil im Deutschen Museum bereits<br />

vorhanden, son<strong>der</strong>n auch aus pädagogischen Erwägungen.<br />

Das Erzeugnis kann – weil bekannt <strong>und</strong> „alltäglich“ – die Botschaft transportieren –<br />

ergänzt durch „dezente“ Hinweise auf den jeweiligen Stand <strong>der</strong> Berufsausbildung.<br />

Und eben diese „Hinweise“ sollten nicht abstrakt bleiben, nicht nur belehrende „Flachware“<br />

sein – son<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong>um durch Exponate vermittelt werden, die einen Bezug zur Gegenwart<br />

zulassen, herstellen o<strong>der</strong> überleiten sollen <strong>und</strong> können, <strong>und</strong> das in <strong>der</strong> Gegenüberstellung <strong>von</strong><br />

„historisch“ ⇔ „mo<strong>der</strong>n“<br />

Herstellung einer Sense (Abb. 4) gegenübergestellt Metallbearbeitung mit LASER (Abb. 6)<br />

Meteoreisen (Abb. 3) gegenübergestellt Edelstahl ROSTFREI (o. Abb.)<br />

Handspindel (Abb. 7) gegenübergestellt Roboter (Abb. 8)<br />

Abb. 7: Bohren mit <strong>der</strong> Handspindel<br />

Abb. 8: Roboter<br />

Diese Gegenüberstellung <strong>von</strong> „alter“ <strong>und</strong><br />

<strong>von</strong> „neuer“ Metallbearbeitung lässt sich<br />

ebenso übertragen auf die Medien <strong>und</strong><br />

pädagogischen Mittel, mit denen in den<br />

einzelnen Epochen ausgebildet wurde. Sie<br />

ergänzen „<strong>VISUBA</strong> Metalltechnik“ in den<br />

Inseln (jeweils o. Abb.)<br />

Historisch gegenübergestellt Mo<strong>der</strong>n<br />

Lehrherr <strong>und</strong> Meister gegenübergestellt PC-gestütztes Lernprogramm<br />

Lehrbuch Jousse Mathurin gegenübergestellt Lehrbuch Metallbau + CD-ROM<br />

Mittelalterliche Werkstattgemeinschaft<br />

gegenübergestellt Programmierplatz in Großraumbüro<br />

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J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

1.4 Gestaltung: Marktplatz<br />

Im Eingangsportal, in <strong>der</strong> Zentrale, am „Marktplatz“, sollen sich interessierte <strong>VISUBA</strong>-<br />

BesucherInnen einen Überblick verschaffen über „die Wirtschaft“, <strong>von</strong> Agrartechnik bis<br />

Kommunikation – sicher noch nicht über Berufliche Bildung <strong>und</strong> noch weniger über Ausbildung<br />

in einzelnen Berufen. Die einzelnen „Stände“ zu den Berufsfel<strong>der</strong>n werden wie „Marktstände<br />

auf einem Wochenmarkt“ in Konkurrenz zueinan<strong>der</strong> treten wollen <strong>und</strong> müssen, werden<br />

– alle Sinne ansprechend – auf sich aufmerksam machen müssen, werden „einladen“, die präsentierten<br />

„Exponate = Erzeugnisse zur beruflicher Ausbildung“ näher kennen lernen zu wollen.<br />

Setzt man das Bild vom Wochenmarkt fort, so werden zwar alle Stände „Spezialitäten =<br />

Berufe“ anbieten, doch ebenso groß wie die Unterschiede in Art, Form <strong>und</strong> Nährwert <strong>von</strong><br />

Bananen <strong>und</strong> Hartwürsten sind, so gr<strong>und</strong>sätzlich unterschiedlich werden auch die Erzeugnisse<br />

auf dem Marktplatz , dem Forum, <strong>der</strong> Berufsfel<strong>der</strong> sein.<br />

Leitlinie <strong>der</strong> folgenden Überlegungen ist: „Wie lässt sich <strong>der</strong> „Marktstand Metalltechnik“ so<br />

attraktiv gestalten, dass mit den Erzeugnissen auch eine Botschaft verkauft werden kann?<br />

Die Botschaft?.... Information über Berufliche Bildung <strong>und</strong> Ausbildung im Metallbereich mit<br />

dem Ziel<br />

• bei Jugendlichen bzw. ernsthaft „Suchenden“ zur Berufswahlreife beizutragen<br />

• bei den „sonstigen Interessierten“ das Wissen um einen Kontext zwischen<br />

historischer Periode – Erzeugnis - spezifische Berufsausbildung herzustellen<br />

Vorgeschlagen wird eine Art R<strong>und</strong>gang durch die Geschichte <strong>der</strong> Metalltechnik – respektive<br />

<strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen.<br />

R<strong>und</strong>gang am „Marktplatz“ durch den „Ast“ Metalltechnik =<br />

„Zeitreise“ durch die <strong>Entwicklung</strong> des Schmiedeberufs<br />

Beruf Exponat/Tätigkeit<br />

Schmied Nagelbaum, Amboß<br />

⇓ Nagel schmieden<br />

Schlosser Messer schärfen<br />

⇓ Beschlag bewegen<br />

⇓ Kunstschlosser ⇒Metallbauer Gitter/ skizzieren<br />

⇓<br />

Bauschlosser ⇒Konstruktionsmech. Schloß/- sperren<br />

⇓ ⇒Metallbauer<br />

⇓ Hammerschmiede<br />

Maschinenschlosser Sensenfabrik<br />

⇓ Techn. Zeichnung<br />

Industriemechaniker mit CAD zeichnen<br />

⇓ CNC - programmieren<br />

Mechatroniker Auftragsdurchlauf<br />

⇓ ERP-Programm<br />

??????????? e-manufactoring??<br />

Abb 9: R<strong>und</strong>gang am „Marktplatz“<br />

92


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Für die Metalltechnik wird ein Nagelbaum <strong>der</strong> sog. „eyecatcher“ auf dem Marktplatz sein.<br />

Mit dem Nagelbaum beginnt <strong>und</strong> endet <strong>der</strong> R<strong>und</strong>gang im Ast Metalltechnik auf dem Marktplatz.<br />

Die Mehrzahl <strong>der</strong> BesucherInnen, beson<strong>der</strong>s „suchende Jugendliche“, werden ihn kaum<br />

kennen, sind doch Kenntnisse zur Handwerksgeschichte größtenteils verschüttet bis noch nie<br />

vorhanden gewesen. Ein Text (= Flachware, ohne die es nicht geht) o<strong>der</strong> ein Videoclip („Der<br />

Schlosser zu Wien“) informiert zur Geschichte <strong>und</strong> Symbolik des Nagelbaums, an einem<br />

kleinen Schraubstock lassen sich ohne beson<strong>der</strong>e Vorkenntnisse mit Hilfe eines Nageleisens<br />

selbst Nägel schmieden <strong>und</strong> beim Verlassen des Marktplatzes Metalltechnik in den Nagelbaum<br />

einschlagen. Damit haben BesucherInnen ein „Zeichen“ hinterlassen, das an ihren Besuch<br />

erinnern wird – auch wenn sie sich jetzt nicht näher mit Metalltechnik in den Inseln, d. h.<br />

detailliert in den einschlägigen Abteilungen des Deutschen Museums, informieren möchten.<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip „hand“werklicher Tätigkeit konnten sie hier erfahren <strong>und</strong> „begreifen“ –<br />

handlungsorientiert.<br />

Sollten sich BesucherInnen aber weiter „in die Metalltechnik“ vertiefen wollen, weil sie sich<br />

über diesem Bereich informieren möchten, weil ihr Berufswunsch „irgendwie in Richtung<br />

Metall tendiert“ o<strong>der</strong> weil <strong>der</strong> Nagelbaum <strong>und</strong> die Berufe „dahinter“ ihr Interesse geweckt<br />

haben, so führen sie die weiteren Stationen innerhalb des Moduls „Metalltechnik“ exemplarisch<br />

durch die Welt <strong>der</strong> Metallbearbeitung <strong>und</strong> ihrer Berufe. Die BesucherInnen schlen<strong>der</strong>n<br />

bildlich gesprochen am „Marktstand Metalltechnik“ entlang, „probieren“ sich an den einzelnen<br />

Angeboten <strong>und</strong> „holen sich Appetit“ für das breite Angebot in den Insellösungen Metalltechnik.<br />

In acht „Stationen“ sollen die BesucherInnen in die Welt <strong>der</strong> Metalltechnik jeweils kurz eintauchen,<br />

über kleine Verrichtungen an den Exponaten <strong>und</strong> technischen Hilfsmitteln, wie PCs, die nicht zeigen,<br />

son<strong>der</strong>n an denen sie „arbeiten“ <strong>und</strong> tätig sein können, soll die Berufsausbildung als „Zugabe“ verkauft<br />

werden. Denn die Berufsausbildung in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> zu stellen, das erscheint für die ins Auge<br />

gefasste Zielgruppe wenig attraktiv zu sein – wohl aber die Frage „Wie mache ich mir selbst ein<br />

Messer“ o<strong>der</strong> „Wo im Museum steht das erste Auto?“ o<strong>der</strong> „Wozu braucht man eigentlich im Betrieb<br />

Zeichnungen?“<br />

Die Einschränkung auf den Beruf des Schmieds ist vertretbar, denn – wie später noch zu zeigen<br />

sein wird, die Differenzierung über den Werkstoff, das Erzeugnis <strong>und</strong> den Prozess hat<br />

eine so große Vielzahl an Berufen, Tätigkeiten <strong>und</strong> Tätigkeitsbezeichnungen hervorgebracht,<br />

dass auf dem „Marktplatz“ nur die Hauptstränge verfolgt werden können, Abspaltungen, Irrwege<br />

<strong>und</strong> verschw<strong>und</strong>ene Berufe müssen in dieser Kurzfassung <strong>und</strong> am Marktplatz außer<br />

Betracht bleiben. Sie werden in <strong>der</strong> ausführlichen Langfassung näher untersucht <strong>und</strong> bibliografisch<br />

nachgewiesen, leiten auf dem „Marktstand“ die BesucherInnen nur mit einer Zeitleiste/Berufe/Erzeugnisse<br />

etc.<br />

Für die Präsentation <strong>der</strong> Metalltechnik auf dem Marktplatz sind acht Stationen vorgesehen,<br />

analog <strong>der</strong> historischen <strong>Entwicklung</strong> des Leitberufs „Schmied“. In Abb. 10 sind sie mit Erzeugnis,<br />

<strong>der</strong> beabsichtigten Botschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tätigkeit vorgestellt. Der Ast – weil als R<strong>und</strong>gang<br />

mit dem Nagelbaum am Eingang konzipiert – lässt sich sowohl „vorwärts“, d. h. <strong>von</strong><br />

den Anfängen bis zur Jetztzeit, als auch „rückwärts“, d. h. zurück zu den Wurzeln <strong>der</strong> Metallbearbeitung,<br />

durchwan<strong>der</strong>n. Die Tätigkeit bzw. das Angebot an je<strong>der</strong> Station wird immer im<br />

Wechselspiel „Mo<strong>der</strong>n – Alt“ bzw. „historisch – aktuell“ angeboten, je nach Sichtweise. Das<br />

beugt einer möglicherweise ermüdenden Zeitreise vor <strong>und</strong> stellt in jedem Fall den Kontext zur<br />

Geschichte <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Berufsausbildung her:<br />

Berufe <strong>und</strong> Tätigkeiten haben eine Geschichte –<br />

sie entstehen nicht aus dem Nichts – <strong>und</strong><br />

sie entwickeln sich fort.<br />

93


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Stationen <strong>der</strong> Metalltechnik auf dem Marktplatz (historischer Kontext – Zeitreise):<br />

Bereich Erzeugnisse/ historische Botschaft an Besu- Tätigkeit<br />

Exponate Periode cherInnen<br />

Angebot<br />

Eingang Nagelbaum ------- „eyecatcher“ Nagel einschlagen<br />

= Ausgang<br />

„Denk“mal „Der Schlosser zu Wien“(Video)<br />

STATION 1 Hammer, Boh-<br />

- „Erste Werkzeuge“ „Auf einen Amboß schlagen“<br />

Anfänge rer, Amboß, ca. 3000 v. aus Metall, Meteor-<br />

Schmied Messer Chr. eisen<br />

STATION 2 - Pflug<br />

- Differenzierung „Messer schärfen“<br />

Differenziertes - Waffen Ca. 800 - des Metallhand- Messerherstellung „virtuell“ durch-<br />

Handwerk: - Gitter 1200 werkswan<strong>der</strong>n<br />

Vom Schmied - Messer<br />

Zunftordnung Steyrer Messer-<br />

zum Schlosser - Beschläge<br />

- Orientierung am schmiede ⇔ Lehrplan <strong>der</strong> FS So-<br />

Erzeugnis lingen<br />

„Tür öffnen“<br />

Alter Türbeschlag ⇔ Drehkippbeschlag<br />

Station 3 - Renaissance-<br />

- „Zunfthandwerk“ „Gitter skizzieren“<br />

gitter 1200 - 1800 - Meisterlehre Entwerfen ⇔ CAD-<br />

Kunsthand-<br />

- Statische Wirt- Gittergestaltung<br />

werk - Barockgitter<br />

schaftsordnung<br />

- Wan<strong>der</strong>schaft<br />

- Traditionen<br />

Lehrbuch ⇔ Mo<strong>der</strong>nes Lehrbuch<br />

Station 4 Schloß-<br />

- „Wissenschaft am „Schloß sperren“<br />

Wandel <strong>von</strong> mechanik 1800 - 1850 Schlossriegel“<br />

„Hand“-werk nach Ohm<br />

- erste Werkzeug- Schließkurven ⇔ mathematische<br />

zur Technik - Werkzeugmamaschinen<br />

Berechnung<br />

Ingenieur schinen<br />

„Der Ingenieur<br />

betritt die Bühne!“<br />

Station 5 - Sensen<br />

- Spezialisierung „Lied <strong>von</strong> den Hammerschmied-<br />

Frühe Indu-<br />

ca. 1850 - - Arbeitsteilung gesellen“strialisierung<br />

- Werkzeug- 1900 - Proletarisierung Sense ⇔ Mähdrescher<br />

maschinen<br />

- Stahlgewinnung<br />

- Fabrik<br />

Sensenfabrik ⇔<br />

Automobilmontage<br />

Station 6 - Techn. Zeich-<br />

- „Planung <strong>und</strong> „Konstruktion <strong>und</strong> Arbeitsplanung<br />

ca. 1920 - Scientific Mananung“Hochindus- - Arbeitsplan 1940<br />

gement“ Normgereche „Technische“ Zeichtrielle<br />

Phase - Einzelantriebe<br />

(= amerikanische nung ⇔<br />

„Elektrifizie- an Maschinen<br />

Methoden) „Händische“ Zeichnung z. B. <strong>von</strong><br />

rung“<br />

- Facharbeiter in <strong>der</strong><br />

Industrie<br />

Leonardo da Vinci (Feilmaschine)<br />

Station 7 - Erzeugnisse<br />

- Produktions- <strong>und</strong> „Bedürfnisbefriedigung, KunPostindustriel-<br />

<strong>der</strong> Serien + ca. 1950 - 90 Bedarfsplanung denorientierung“le<br />

Phase Massenferti-<br />

Planung mit PPS<br />

gung<br />

- Lean Management CAD –Software + GenerierungsComputeri-<br />

- NC-<br />

- Quality Manageprogramm CAD/CNC ⇔<br />

zing<br />

Programme<br />

ment<br />

Münchner Hammerlzunft<br />

- CNC-<br />

Maschinen<br />

- Marktorientierung<br />

Station 8 - Steuerungen<br />

- automatisierte Fa- „Enterprice Resource Planning<br />

Mechatronik - Vernetzung Ca.<br />

brik<br />

<strong>und</strong> Supply chain management“<br />

e-<br />

- ERP- 1990........ - Internet (LAN <strong>und</strong> Simulation eines Auftragsdurchmanufacto<br />

- one piece flow<br />

WAN)<br />

laufs mit z.B. SAP“ ⇔<br />

ring<br />

- „Mechatronik“ [Anweisung] „ Wie man das Eysen<br />

hart <strong>und</strong> weich machen sol“<br />

94


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Hinweise:<br />

1. Ein durchgehen<strong>der</strong> waagerechter „Balken“ in Form eines Schriftzugs auf Wand o<strong>der</strong> Boden<br />

begleitet den Besucher während seiner „Zeitreise durch die Metalltechnik“. Er listet<br />

alle Stationen <strong>und</strong> Berufe auf <strong>und</strong> macht sowohl „historisch vorwärts“ als auch „historisch<br />

rückwärts“ gelesen Sinn.<br />

2. In Station 6 wandelt sich die Betrachtungsweise, nicht mehr die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „alten“<br />

Produktionsweise zur neuen, son<strong>der</strong>n die Verselbständigung „neuer“ Fertigungsmethoden,<br />

sie lassen sich nicht mehr aus den „alten“ entwickeln o<strong>der</strong> auf sie zurückführen.<br />

Die detaillierte Beschreibung <strong>der</strong> Exponate auf dem „Marktplatz“ nach vorgegebener<br />

Matrix findet sich in Kap. 3.1<br />

Zur Umsetzung dieses Konzepts „Information am Marktplatz – Rallye durch das Museum“<br />

bedarf es in den angesprochenen Abteilungen we<strong>der</strong> großer Baumaßnahmen, noch einer Vielzahl<br />

<strong>von</strong> neuen Exponaten son<strong>der</strong>n nur Ergänzungen, sowohl durch „Flachware“ als auch<br />

durch PC-Terminals.<br />

Zur „Erarbeitung“ schlage ich eine „Rallye“ vor, die ausgehend vom „Marktplatz“ in die angesprochenen<br />

Abteilungen führt <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> einmünden muss in den „Marktplatz“. Die in <strong>der</strong> Rallye gewonnenen<br />

Informationen <strong>und</strong> Eindrücke bedürfen einer Rückmeldung. Das kann durch automatisierte<br />

Auswertung eines Fragenkatalogs geschehen o<strong>der</strong> durch die Betreuer <strong>von</strong> Besuchergruppen.<br />

2 Übersicht: <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe<br />

2.1 Historische <strong>Entwicklung</strong><br />

Die folgende Darstellung <strong>der</strong> historischen <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Metallberufe folgt <strong>der</strong> im Workshop<br />

vom Juli 2002 erarbeiteten Einteilung in die fünf Perioden:<br />

1 + 2 „Anfänge“<br />

3 Handwerkliche Gütererzeugung + Verarbeitung<br />

4 Ablösung <strong>der</strong> handwerklichen Produktion durch die Industrie<br />

5 Industrielle Fertigung<br />

6 Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe<br />

Für jede dieser Periode werden die bestimmenden Gr<strong>und</strong>sätze zur Berufsausbildung beschrieben<br />

– soweit vorhanden. Sie sind nicht deckungsgleich mit den Stationen auf dem Marktplatz,<br />

denn „Überlappungen“ sind zwangsläufig, da <strong>von</strong> Berufen, Regionen <strong>und</strong> Son<strong>der</strong>entwicklungen<br />

abhängig.<br />

2.1.1 Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung: „Periode 1 + 2“<br />

Wir können auch heute nicht mit Sicherheit sagen, wo <strong>und</strong> wann erstmals Metall verarbeitet<br />

worden ist, ob es Kupfer, Gold o<strong>der</strong> Silber war. Mit an Sicherheit grenzen<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit<br />

lassen sich die Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung in den alten Kulturen Mesopotamiens<br />

vermuten, denn dort fand sich Gold als Waschgold in Flüssen, Silber gediegen in „A<strong>der</strong>n“ <strong>der</strong><br />

Gebirge <strong>und</strong> Kupfer wohl als Zufallsprodukt beim Ausschmelzen <strong>von</strong> Silber. Eisen war lange<br />

Zeit nur als Meteoreisen verfügbar, das eine Laune des Universums gerade hier als stetigen<br />

Meteorregen nie<strong>der</strong>gehen ließ <strong>und</strong> lässt. So besitzt das Deutsche Museum eine Nachbildung<br />

eines frühen Messers aus Meteoreisen – man schätzt, dass schon um 4000 v. Chr. dieses stark<br />

nickelhaltige Material zu Messern verarbeitet wurde <strong>und</strong> damit den Bronzeschaber bzw. die<br />

Steinklinge ablöste. Materialbearbeitung wird in den Frühzeit <strong>der</strong> alten Hochkulturen noch<br />

Allgemeingut gewesen sein, fand im Sitzen am Steinboß statt <strong>und</strong> bediente sich einfacher<br />

Werkzeuge. Eine Spezialisierung in einzelne Handwerke dürfte sich erst mit dem Sesshaft-<br />

Werden entwickelt haben, so dass wir eine Berufsausbildung – in welcher Form auch immer –<br />

für die Periode „Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung“ verneinen müssen.<br />

95


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Es könnte wohl ein Übertragen <strong>von</strong> Fertigkeiten <strong>und</strong> <strong>von</strong> „Rezepten“ auf die jeweils nächste<br />

Generation stattgef<strong>und</strong>en haben, nach außen geschützt durch geheime Rituale, Tabuisierungen<br />

<strong>und</strong> Rollenzuweisungen. Zu bezweifeln ist, ob Handarbeit in dieser Periode, wie in <strong>der</strong> Literatur<br />

oft dargestellt, Sklavenarbeit war, frühe Quellen wie das Alte Testament lassen an<strong>der</strong>e<br />

Schlüsse zu. So galt Belazel als bei den Israeliten als angesehener Schmied, denn er hatte die<br />

Kultgeräte aus Metall zu fertigen. Das Gleichnis <strong>von</strong> Kain <strong>und</strong> Abel lässt sich als <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong><br />

Ackerbauernkultur über die Hirtenkultur deuten, Tubalkain gilt in <strong>der</strong> Überlieferung des Orients<br />

als das Sinnbild des Schmieds – womit die Anfänge <strong>der</strong> Metallbearbeitung sich auch auf<br />

den Schmied als den ersten Metallberuf konzentrieren dürften – die Verän<strong>der</strong>ungen seiner<br />

Tätigkeit <strong>und</strong> seiner Arbeitsweise, die Aufsplitterung nach Werkstoff, Erzeugnis <strong>und</strong> Arbeitsinhalt<br />

wird den interessierten Besucher im Modul „Metallbearbeitung“ in Form einer Zeitreise<br />

begleiten. Denn wir dürfen annehmen, dass die gesamte Metallbearbeitung <strong>und</strong> Weiterverarbeitung<br />

„in seiner Hand“ lag, es war <strong>der</strong> Schmied, <strong>der</strong> anfangs alle damals bekannten Metalle<br />

zu gewinnen <strong>und</strong> zu verarbeiten verstand.<br />

Interessant die Erzeugnisse, es waren primär die für das Überleben <strong>und</strong> die Sicherung <strong>der</strong><br />

Existenz notwendigen Dinge, ihnen war das Metall , welches auch immer, vorbehalten: Pfeilspitzen<br />

für die Jagd, Messer als Universalwerkzeug, später Beschläge für Türen <strong>und</strong> natürlich<br />

Hieb- <strong>und</strong> Stichwaffen als Weiterentwicklung des Messers, auch einfache Werkzeuge wie<br />

Hammer, Schlegel <strong>und</strong> Meißel <strong>und</strong> in den Anfängen <strong>der</strong> Hochkultur die Hilfsmittel zum Zusammenhalten<br />

<strong>der</strong> Kleidung <strong>und</strong> natürlich Schmuck als Konzentration <strong>von</strong> dauerhaften Werten<br />

in kleinstem Volumen.<br />

Für die Geschichte <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung gibt diese Periode wenig her, sehr<br />

wohl aber „das Messer“, das Universalwerkzeug, denn<br />

- es hat seine Gr<strong>und</strong>form <strong>und</strong> seine Zweckbestimmung, ist in allen Zeitläuften bis in die<br />

Jetztzeit gleich,<br />

- in <strong>der</strong> Variation <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong>form, Griffmaterialien, dekorativen Elementen <strong>und</strong> Mechanik<br />

<strong>und</strong> Produktionsweise hat es die Wirtschafts- <strong>und</strong> Produktionsverhältnisse je<strong>der</strong> Epoche<br />

aufgenommen<br />

- ein Messer lässt sich auch heute noch mit den einfachen Mitteln <strong>und</strong> Werkzeugen, wie sie<br />

in den Anfängen üblich waren, herstellen<br />

So eignet sich m. E. für die Station 2 des Moduls „Metallbearbeitung“ hervorragend ein Messer<br />

als Träger <strong>der</strong> Botschaft: „Je<strong>der</strong> ist sein eigener Schmied“, als Werkzeug zum „Begreifen“<br />

<strong>der</strong> Anfänge je<strong>der</strong> Metallbearbeitung.<br />

Der interessierte Besucher kann Messer aus diversen Werkstoffen an unterschiedlichen (ruhenden)<br />

Schleifstoffen, wie Sand, Kor<strong>und</strong>, Siliziumkarbid, Diamantstaub, etc. selbst schärfen<br />

<strong>und</strong> sich gleichzeitig auf „Flachware“ über den Stand <strong>und</strong> Geschichte <strong>der</strong> Messerherstellung<br />

informieren. Als Klingenwerkstoffe bieten sich an: Meteoreisen, Schweißeisen, Stahl, aber<br />

auch Keramik <strong>und</strong> pulvermetallurgische Stoffe. Ein erstes „sinnliches“ Begreifen ist hier<br />

möglich: Nicht jedes Schleifmittel ist für jeden Klingenwerkstoff geeignet.<br />

2.1.2. Handwerkliche Gütererzeugung/Verarbeitung Zunfthandwerk: „Periode 3“<br />

„Hand“werk im frühen Mittelalter ist gleichzusetzen mit Güterproduktion für den täglichen Bedarf<br />

durch händische Arbeit – ohne die Zuhilfenahme <strong>von</strong> Arbeitsmaschinen – da hat sich wenig verän<strong>der</strong>t<br />

seit den Anfängen <strong>der</strong> Metallbearbeitung in den alten Kulturen. Wohl dürften sich Handwerkerfamilien<br />

etabliert haben, Sippen, in denen das hier betrachtete Schmiedehandwerk auf die nachfolgende<br />

Generation überging, doch noch ist die Selbstversorgungswirtschaft gerade auf dem Land imstande,<br />

alle für den täglichen Bedarf notwendigen Güter selbst herzustellen. Eine erste Differenzierung ist um<br />

800 n. Chr. in Mitteleuropa festzustellen:<br />

96


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Dorfschmiede<br />

= Universal-<br />

Metallhandwerker<br />

arbeiten ausschließlich mit<br />

Eisen<br />

Schmiede<br />

Klingen- <strong>und</strong><br />

Messerschmiede<br />

(Waffenschmiede mit eigener<br />

Werkstatt) arbeiten mit Stahl,<br />

Eisen, Holz <strong>und</strong> Naturstoffen<br />

97<br />

Gießer <strong>und</strong> Kupferschmiede<br />

ziehen umher <strong>und</strong> bieten ihre<br />

Dienste „vor Ort“ an, z. B. für<br />

Beschläge, später auch für Glocken,<br />

arbeiten auch (noch) mit<br />

Bronze<br />

Mit dem Erstarken <strong>der</strong> Städte um 1200 <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> einer städtischen Handwerkskultur<br />

differenzieren sich die Schmiede neu in:<br />

Schmiede (Kunstschmiede) Schlosser „Bau“schlosser<br />

arbeiten am Feuer nach eigenen<br />

Entwürfen <strong>und</strong> stellen<br />

„Dekoration“ her.<br />

verarbeiten „Halbzeug“, verwenden<br />

Feile <strong>und</strong> Meißel <strong>und</strong><br />

stellen Schutzeinrichtungen<br />

her, z. B. Beschläge, Schlüssel<br />

sind Universal-Metallhandwerker<br />

<strong>und</strong> arbeiten nach Vorgaben ihrer<br />

Auftraggeber<br />

Die Klingen- <strong>und</strong> Messerschmiede bleiben erhalten, verlieren aber an Bedeutung.<br />

Zum Unterscheidungskriterium <strong>der</strong> Schmiede (Kunstschmiede) wird <strong>der</strong> Werkstoff, mit dem<br />

sie arbeiten:<br />

- Eisenschmiede<br />

- Kupferschmiede<br />

- Goldschmiede<br />

- Silberschmiede<br />

sowie die nur regional wichtigen Werkstoffe, z.B. Gußeisen in England, Messing in Belgien<br />

Die Anleitung <strong>und</strong> Unterweisung <strong>der</strong> Nachfolger – Lehrlinge können diese noch nicht genannt<br />

werden, da jede planmäßige Ausbildung fehlt – beschränkte sich auf die Imitierung <strong>der</strong><br />

Arbeit mit dem jeweiligen Werkstoff bzw. mit dem „zugelassenen“ Werkzeug, z. B. Hammer<br />

<strong>und</strong> Amboß bzw. Feile.<br />

Die Differenzierung nach dem Werkstoff hatte Bestand solange diese Werkstoffe teuer <strong>und</strong><br />

wertvoll waren, händisch bearbeitet wurden <strong>und</strong> es dazu eines großen Fachwissens bedurfte.<br />

Mit <strong>der</strong> leichteren Verfügbarkeit eines einzelnen Werkstoffs ging <strong>der</strong> zugehörige Beruf in<br />

seiner Bedeutung zurück, verschwand bisweilen sogar. So <strong>der</strong> Kupferschmied <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Zainschmied.<br />

Die technische <strong>Entwicklung</strong>, sie fand auch im Mittelalter statt, wenn auch nur sehr zögerlich<br />

<strong>und</strong> bescheiden in den Ergebnissen, machte eine weitere Differenzierung <strong>der</strong> Arbeitsgebiete<br />

<strong>der</strong> Schmiede <strong>und</strong> <strong>der</strong> aus ihrem Beruf heraus gelösten Schlosser <strong>von</strong>nöten. Nicht mehr primär<br />

<strong>der</strong> Werkstoff, son<strong>der</strong>n das technische Erzeugnis, das die Werkstatt fertigte, diente als<br />

„Glie<strong>der</strong>ungs- <strong>und</strong> Zuordnungsschema“ für die Metallberufe <strong>und</strong> damit auch <strong>der</strong> Lehrlinge –<br />

<strong>und</strong> es wurde strikt eingehalten. Als Überwachungsorgane dieser Ordnung bildeten sich die<br />

Zünfte, wohl nach dem Muster <strong>der</strong> nordischen Gilden <strong>der</strong> Kaufleute. Schon im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

sind sie nachzuweisen, immer als Überwachungs- <strong>und</strong> Abwehrorgan, jedoch nie als<br />

„Selbsthilfeeinrichtung“ o<strong>der</strong> „Einkaufsgenossenschaft“, was zumindest bei den hohen Materialpreisen<br />

gerade für Eisen vorstellbar wäre. So wurde es zur Hauptaufgabe <strong>der</strong> Zünfte durch<br />

die Zeitläufte hindurch, bis zu ihrem Nie<strong>der</strong>gang im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, akribisch darüber zu<br />

wachen, dass je<strong>der</strong> Handwerker bei seinem Gewerk blieb <strong>und</strong> nicht Arbeiten an<strong>der</strong>er Gewerke<br />

annahm („Schuster bleib bei deinen Leisten“).<br />

Eine Beson<strong>der</strong>heit ist bei den Bauschmieden (= Bauschlosser + teilweise Kunstschlosser)<br />

festzustellen. Sie arbeiteten „für den Bau“, ihre Erzeugnisse trugen in erheblichen Maß zur<br />

„Dekoration“ <strong>der</strong> Bauwerke bei, so die Gitter, Gelän<strong>der</strong>, Beschläge, etc. Das machte sie abhängig<br />

sowohl <strong>von</strong> <strong>der</strong> Baukonjunktur als auch <strong>von</strong> <strong>der</strong> Architektur. Die in <strong>der</strong> Gotik einset-


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

zende reiche Ausstattung <strong>der</strong> Sakralbauten mit Eisen för<strong>der</strong>te die Handwerkskunst, was sich<br />

bis in die Lehrlingsausbildung auswirkt. In <strong>der</strong> Renaissance kamen als Gestaltungsobjekte die<br />

Profanbauten dazu, sie brauchten Korbgitter, Türbeschläge u. ä. Den Höhepunkt <strong>der</strong> Dekorationskunst<br />

erreichte das Rokoko, als Eisenarbeiten gar vergoldet wurden, Goldschläger <strong>und</strong><br />

Vergol<strong>der</strong> bereicherten die Palette <strong>der</strong> Metallberufe. Der Klassizismus – nur unterbrochen<br />

vom Historismus – beendete die „Dekoration <strong>der</strong> Architektur mit Eisen“, <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong><br />

Kunstschmiede begann – die Aufträge fehlten ihnen. Gebäude bedurften keiner Eisenarbeiten<br />

mehr – die Kunstschmiede mussten sich neue Arbeitsgebiete <strong>und</strong> damit Erzeugnisse suchen,<br />

<strong>und</strong> fanden sie z. B. im Möbel. Eine weitere Verän<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Ausbildungsinhalten war die<br />

Folge.<br />

Diese „hand“werkliche Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> Güterproduktion – durch kopieren „ererbter“<br />

Techniken – war im dörflichen, wenig differenzierten Handwerk noch ausreichend, in <strong>der</strong><br />

Romanik aber nicht mehr möglich, denn <strong>der</strong> einsetzende Großkirchenbau verlangte nach dem<br />

Spezialisten, dem Meister seines Fachs, <strong>der</strong> seinen Beruf planmäßig gelernt hatte <strong>und</strong> nicht<br />

nur mehr als Dilettant arbeitete. War um 800 das „Hand“werk noch primär Haushandwerk mit<br />

wenigen „Spezialisten“, z. B. zum Weben o<strong>der</strong> Töpfern, so differenzierte sich das Handwerk<br />

um 1000, innerhalb eines Jahrh<strong>und</strong>erts. Mit <strong>der</strong> Spezialisierung reichte das bloße „Abschauen“,<br />

das Übernehmen <strong>von</strong> Fertigkeiten durch Nachahmen <strong>und</strong> „Begreifen“ nicht mehr aus, die<br />

Aneignung <strong>von</strong> händischen Fertigkeiten musste an<strong>der</strong>s organisiert werden – auch galt es nun,<br />

Kniffe <strong>und</strong> das Wissen um bestimmte Fertigungstechniken geheim zu halten. Das brachte<br />

Wohlstand, machte an<strong>der</strong>e abhängig <strong>und</strong> verschaffte dem Wissenden zumindest einen Vorteil,<br />

im Schmiedehandwerk z. B.<br />

- das Wissen um das Härten <strong>von</strong> Eisen,<br />

- die Herstellung <strong>von</strong> elastischem aber schneidhaltigen „Stahl“ durch Damaszieren.<br />

Das bedingte in diesen Zeiten eine organisierte <strong>und</strong> ritualisierte Form <strong>der</strong> Weitergabe <strong>von</strong><br />

händischen Fertigkeiten <strong>und</strong> ein Minimum an fachtheoretischem Wissen. Hier liegt <strong>der</strong> Anfang<br />

<strong>der</strong> sog. „Meisterlehre“. Sie fand statt<br />

• in den Städten, in denen sich Handwerk in <strong>der</strong> Folge des Kirchenbaus spezialisierte<br />

• in den Räumen des Meisters, des „Könners“, in seiner Werkstatt , <strong>und</strong><br />

• es profitierten sicher nur die eigenen Söhne – höchstens noch <strong>der</strong> männliche Nachwuchs im<br />

weiteren Familienverband.<br />

Wurde <strong>der</strong> Sohn, Neffe o<strong>der</strong> weitschichtig Verwandte mit ca. 12-13 Jahren voll zur Arbeit<br />

herangezogen, dann markierte das den Beginn <strong>der</strong> Lehre, das Ende war gleichzusetzen mit <strong>der</strong><br />

Beherrschung <strong>der</strong> Fertigkeiten. Kam <strong>der</strong> „Lehrling“ <strong>von</strong> außerhalb, dann trat er in den Haushalt<br />

des Meisters ein, wurde in den Arbeits- <strong>und</strong> Familienverband integriert <strong>und</strong> musste dafür<br />

eine „Gebühr“ entrichten (Lehrgeld!). Der Beginn <strong>der</strong> Lehre wird zuweilen heute noch markiert<br />

als das Datum, an dem „<strong>der</strong> Ernst des Lebens beginnt“, die Kindheit endet. Die Phase<br />

„Jugendlicher“ war im Mittelalter noch unbekannt.<br />

Gehörte <strong>der</strong> Lehrling nicht zur Familie, dann hatte er – ähnlich den Knechten <strong>und</strong> Mägden –<br />

den Status eines Unfreien, konnte die Meisterfamilie nicht verlassen, unterlag dem Erziehungs-<br />

<strong>und</strong> Züchtigungsrecht des Meisters <strong>und</strong> wurde erst an <strong>der</strong> Schwelle vom Kind zum<br />

Erwachsenen „freigesprochen“ – was gleichbedeutend war mit dem Austritt aus dem Haushalt<br />

des Meisters <strong>und</strong> dem Verlassen des Ortes – <strong>der</strong> Handwerker war „frei“ in je<strong>der</strong> Beziehung.<br />

Und da er auch nicht heiraten durfte, war sein Los das eines nichtsesshaften „Junggesellen“.<br />

Inhalt <strong>der</strong> „Meisterlehre im Metallhandwerk“ war die Übernahme <strong>der</strong> motorischen Fertigkeiten<br />

<strong>und</strong> ihre ritualisierte Ausübung nach dem „IMITATIO – Prinzip“, Gegenstand <strong>und</strong> Inhalt<br />

<strong>der</strong> Ausbildung waren nicht die berufsbezogenen kognitiven Fähigkeiten, sie waren dem<br />

Meister <strong>und</strong> höchstens noch seinen Söhnen vorbehalten, denn nur diese besaßen die Voraussetzung<br />

zur Meisterqualifikation. (Beispiel: Messerfertigung). Vielleicht konnte sich ein wan<strong>der</strong>n<strong>der</strong><br />

Geselle, war er geschickt, Kenntnisse bei an<strong>der</strong>en Meistern aneignen – o<strong>der</strong> auch<br />

nicht, wenn es z. B. ein „gesperrtes“ Handwerk war.<br />

98


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Erste Ansätze einer „RATIO STATT IMITATIO“ finden wir erst in den Sinnsprüchen, z. B.<br />

<strong>von</strong> Hans Sachs zum Schusterhandwerk. Für das Metallhandwerk sind solche Sprüche <strong>und</strong><br />

Gedichte, Meistersänge, kaum überliefert, sollte es sie je gegeben habe, dann sind sie nicht<br />

allgemein bekannt geworden, <strong>von</strong> wenigen Ausnahmen abgesehen, wie dem Lied <strong>der</strong> Hammerschmiedgesellen<br />

in Oberösterreich.<br />

Die mittelalterliche Wirtschaftsordnung war also eine statische <strong>und</strong> folgerichtig beschränkte<br />

sich die Meisterlehre im Metallhandwerk auf die Bewahrung, ja Konservierung, <strong>und</strong> die ausgewählte<br />

Weitergabe <strong>der</strong> Techniken <strong>und</strong> Arbeitstugenden. Nicht <strong>der</strong>en Weiterentwicklung<br />

war Ziel <strong>der</strong> Ausbildung, darüber wachten die Gilden als lockere Meistervereinigungen <strong>und</strong><br />

später die Zünfte als straffe Handwerksorganisationen.<br />

Spezialisierung in Dombauhütten<br />

Die Anfänge organisierter Berufsausbildung <strong>und</strong> damit die Vorläufer <strong>der</strong> „Meisterlehre“ im<br />

Metallbereich sind in den Dombauhütten des Mittelalters zu suchen. Die damals die Eisenverarbeitung<br />

dominierenden Grobschmiede trennten ihre Aufgabenbereiche:<br />

• Der größere Teil behielt den Status des dörflichen Universal(Metallhandwerkers).<br />

• Eine kleinere Zahl – möglicherweise Gesellen auf Wan<strong>der</strong>schaft – wan<strong>der</strong>te ab in die Städte,<br />

verdingte sich in den Dombauhütten <strong>und</strong> spezialisierte sich fortan auf die Herstellung<br />

<strong>von</strong> Baueisen <strong>und</strong> Ausstattungselementen aus Eisen in den gotischen Kathedralen, so Gitter,<br />

Lettner, Beschläge, etc. (Hinweis: In Frankreich ist noch eine Vielzahl dieser Arbeiten aus<br />

dieser Epoche erhalten, so z. B. in Paris, St. Denis <strong>und</strong> in Notre Dame: Annentor).<br />

• Von dieser <strong>Entwicklung</strong> nicht berührt waren die Waffenschmiede, sie galten schon seit einem<br />

Dekret Karls d. Großen aus dem Jahr 804 als selbständiges Schmiedehandwerk <strong>und</strong><br />

bildeten nur innerhalb des Familienverbandes aus.<br />

Hinweis: Jede Pfalz hatte eine Pflugschmiede <strong>und</strong> eine <strong>von</strong> ihr getrennte Waffenschmiede<br />

einzurichten.<br />

Bildung <strong>von</strong> Gilden, Weiterentwicklung zu Zünften<br />

Zur Abgrenzung gegenüber den Dorfschmieden nannten sich die „städtischen Schmiede“<br />

fortan „Kunst“schmiede <strong>und</strong> gaben ihr Wissen, ihre Erfahrung <strong>und</strong> ihre Fertigkeiten bei Beachtung<br />

<strong>der</strong> Regeln weiter, die sich in den Dombauhütten für alle Gewerke gemeinsam entwickelten,<br />

- zum ersten um die Handwerkskunst zu bewahren,<br />

- zum zweiten um den Kreis <strong>der</strong> K<strong>und</strong>igen klein zu halten.<br />

Die städtischen Meister schlossen sich zu lockeren Gemeinschaften zusammen, analog den<br />

Gilden <strong>der</strong> Kaufleute. Der Anlass für diese Art <strong>von</strong> Zusammenschlüssen ist uns heute nicht<br />

mehr bekannt, wir wissen aber, dass die Gilden noch sehr „offene“ Gemeinschaften waren.<br />

Erst mit <strong>der</strong> Differenzierung <strong>der</strong> Beschäftigten im Handwerk in Meister–Gesellen–Lehrlinge<br />

wandelten sich die Gilden <strong>der</strong> Handwerker zu Zünften, örtlich auch „Zechen“ genannt. Und<br />

das waren nun keine lockeren Gemeinschaften mehr son<strong>der</strong>n Ordnungsinstrumente zur Aufrechterhaltung<br />

einer ständischen Ordnung, in <strong>der</strong> je<strong>der</strong> seinen Platz in <strong>der</strong> Gesellschaft zugewiesen<br />

bekam, sich im Handwerk ritualisierten <strong>und</strong> starre Lebensläufe festigten; sogar die<br />

Dialoge <strong>und</strong> die Art <strong>und</strong> Weise, wie sich Handwerker verständigten, wurden reglementiert –<br />

siehe das Ritual <strong>der</strong> „Katzenköpfe“.<br />

Exkurs: Das Gebäude <strong>der</strong> Dorfschmiede, insb. <strong>der</strong>en Esse <strong>und</strong> Amboß, waren im Mittelalter<br />

Besitz <strong>der</strong> Dorfgemeinschaft, <strong>der</strong> Schmied musste die „Schmiedegerechtsame“ erwerben, er<br />

hatte den Status eines Pächters, war also kein freier Meister <strong>und</strong> bildete nur im Familienverband<br />

aus.<br />

Die „städtischen Kunstschmiedemeister“ dagegen waren Freie mit eigenem Werkzeug, eige-<br />

99


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

nem Haushalt <strong>und</strong> dem Recht, auch Fremde als Lehrlinge auszubilden, sie blieben es unter<br />

ihrer Herrschaft, ob Fürst o<strong>der</strong> Fürstbischof, weiterhin. So ist uns aus dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

<strong>von</strong> Johann Georg Oegg diese Konkurrenz <strong>von</strong> Kunstschmieden <strong>und</strong> „zünftigen“ Schmieden<br />

in Würzburg eindrucksvoll überliefert.<br />

Aus Paris ist bekannt, dass <strong>der</strong> Meister <strong>der</strong> Beschläge des Annentores an Notre Dame sich<br />

stolz Bicornette = „<strong>der</strong> Gehörnte“ nannte, <strong>und</strong> seine Entwürfe mit handschriftlichen Zusätzen<br />

ergänzte, die festlegten, welche Teile die Gesellen, welche die „Buben“ (= Lehrlinge) zu machen<br />

hatten <strong>und</strong> welche dem Meister vorbehalten blieben. Das entspricht <strong>der</strong> oben beschriebenen<br />

mittelalterlichen Wirtschaftsordnung, die den Menschen „ihren Platz“ zuwies.<br />

Man darf vermuten, dass mit <strong>der</strong> Fertigstellung einer Kathedrale zumindest ein Teil <strong>der</strong><br />

Handwerker in den Städten blieb <strong>und</strong> Aufträge für das sich entwickelnde Bürgertum ausführte.<br />

Die ständische <strong>und</strong> statische Wirtschaftsordnung des Mittelalters – ihr war das kapitalistische<br />

Prinzip des Wirtschaftswachstums noch fremd – musste nun Regularien entwickeln, die<br />

diesen statischen Zustand sicherten, <strong>und</strong> was lag näher als für jeden erkennbare Unterscheidungskriterien<br />

zu wählen.<br />

Im Metallhandwerk bot sich an, das verarbeitete Metall <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> das Haupterzeugnis als Unterscheidungs-<br />

<strong>und</strong> Abgrenzungskriterium heranzuziehen <strong>und</strong> durch Gremien mit Zwangsmitgliedschaft<br />

überwachen zu lassen. So differenzierten sich im Spätmittelalter die Metallberufe<br />

- zum einen in Werkstoff-bezogene, z. B. als Kupfer-, Eisen-, Schwarzschmiede, sowie<br />

- in produktorientierte, z. B. in Schlosser, Huf-, Pfannen-, Bergschmiede, etc..<br />

Auszug aus <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Metallberufe (in <strong>der</strong> Langfassung jeweils mit Arbeitsbeispielen <strong>und</strong><br />

Hinweisen zur Ausbildung, soweit festzustellen ist:<br />

Ahlenschmiede Angießer Armbruster Bergschmiede<br />

Bestandschlosser Bißmacher Blechschmiede Brucheisner<br />

Büchsenmacher Büchsenschmiede Damszenerschmied Degenschmied<br />

Drahtschmiede Drahtzieher Eisenstricker Feilenhauer<br />

Feilenschmiede Feitelmacher Fingerhüter Friemschlosser<br />

Gatterstricker Gelbschmiede Gitterschmied Geschützgießer<br />

Glockengießer Goldschlager Glötschlosser Graveure<br />

Hufschmiede Gschmeimacher Gürtler Hammerschmiede<br />

Haubenschmiede Helmschmiede Hüttenschmiede Kettenschmiede<br />

Kettenschmiede Klempner/Flaschner Kleinschmiede Laternenmacher<br />

Messerschmiede Klingenschmiede Löffelschmied Mallenschmiede<br />

Messerschmied Mühlenbauer Nadler Nagelschmiede<br />

Panzerschmiede Pfannenschmiede Pflugschmiede Plattner<br />

Plattschlosser Rotschmiede Rauhschlosser Reuzzenschlosser<br />

Rohrschmied Scharschmiede Pflugschmiede Schellenschmied<br />

Scherenschmiede Schil<strong>der</strong>er Schloßschmied Schwarzschmied<br />

Sporer Sensenschmiede Siebmacher Steigbügelmacher<br />

Uhrmacher Wagenschmiede Windenmacher Zainschmiede<br />

Zauckerlschmiede Zaumschmiede Zeugschmiede Zirkelschmiede<br />

Ziseleure<br />

Abb 10: „Mittelalterliche“ Metallberufe<br />

100


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Mit <strong>der</strong> Industrialisierung wurden diese Einteilungskriterien obsolet <strong>und</strong> abgelöst durch die<br />

Art <strong>der</strong> bedienten Maschine. Die Metallberufe orientierten sich fortan am Prozess <strong>und</strong> nicht<br />

mehr am Erzeugnis.<br />

So bildeten sich zwar die Zünfte primär als Bewahrer <strong>und</strong> Hüter <strong>der</strong> ständischen Ordnung im<br />

Handwerk. Doch sie regelten damit auch die Lehrlingsausbildung – sehr akribisch, dauerhaft<br />

mit nachhaltiger Wirkung, allerdings immer ohne formale Abschlussprüfung.<br />

Vieles was heute noch in <strong>der</strong> Berufsausbildung Usus ist, so<br />

- <strong>der</strong> Eintrag in die Handwerksrolle,<br />

- die Freisprechung,<br />

- die Unterscheidung in Lehrling, Geselle <strong>und</strong> Meister,<br />

- die Zuordnung zu Krankenkassen,<br />

- das Meisterstück, etc.<br />

- selbst die Dauer <strong>der</strong> Lehrzeit (3 - 4 Jahre)<br />

sind überkommene Relikte <strong>der</strong> ständischen Wirtschaftsordnung des Spätmittelalters <strong>und</strong> eines<br />

Berufsausbildungssystems, das hier seine Wurzeln hat. Zuweilen werden diese Relikte<br />

heute noch <strong>von</strong> den Organisationen <strong>der</strong> Wirtschaft wie den Innungen verteidigt bzw. gepflegt<br />

– <strong>und</strong> „vom Staat“ respektiert, z.B.<br />

- bei <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Prüfungshoheit an die Innungen <strong>und</strong> Kammern,<br />

- bei <strong>der</strong> Einstufung in Beschäftigungsverhältnisse im Öffentlichen Dienst o<strong>der</strong><br />

- bei Zugangsberechtigungen zu weiterführenden Beruflichen Schulen o<strong>der</strong> Fachhochschulen.<br />

Exkurs <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Langfassung weiter ausgeführt wird <strong>der</strong> in <strong>der</strong> NS-Zeit erzwungene<br />

radikale Bruch mit den Traditionen des Handwerks durch<br />

• Einführung <strong>der</strong> Facharbeiterprüfung<br />

• Ausnahmen <strong>von</strong> <strong>der</strong> Meisterprüfung<br />

• Verkürzung <strong>der</strong> Lehrzeiten (kriegsbedingt)<br />

• Ausbildungsbeihilfe für Lehrlinge<br />

• Einführung eines Arbeitsbuchs<br />

• Facharbeiterprivileg in <strong>der</strong> Rentenversicherung (bis 2001!)<br />

• Jugendarbeitsschutzgesetz<br />

Aufstieg vom Handwerk zur Kunst<br />

In Frankreich, zu Beginn des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts, revolutionierten die vom Staat eingerichteten<br />

Manufakturen die ständische Ordnung des Metallhandwerks <strong>und</strong> damit auch die Ausbildung<br />

in Form einer Meisterlehre. Im Metallbereich war es vor allem die Fertigung <strong>von</strong> Nadeln –<br />

später ein viel strapaziertes Beispiel – die die klassische „Meisterlehre“ in Frage stellte, denn<br />

die Fertigung in einer differenzierten Artteilung bedurfte keiner „hand“werklichen Kunstfertigkeiten<br />

mehr – die bisher <strong>von</strong> Personen gehüteten Meistergeheimnisse, wie z. B. das Härten,<br />

gingen „auf den Betrieb“ über <strong>und</strong> wurden zu „Betriebsgeheimnissen“. Ergebnis <strong>der</strong> Arbeitsteilung<br />

waren Abläufe <strong>von</strong> wenigen Sek<strong>und</strong>en Dauer, das erfor<strong>der</strong>te primär die Organisation<br />

<strong>der</strong> Teilabläufe, nicht mehr den Überblick über das Werk.<br />

Die Manufaktur als „ frühe Fabrik“ for<strong>der</strong>te in <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen:<br />

Der Primat <strong>der</strong> Arbeitsplanung vor <strong>der</strong> Gestaltung des Werks .<br />

Als „Arbeitsplanung“ ist das heute eines <strong>der</strong> zentralen „Fächer“ in <strong>der</strong> Berufsabschlussprüfung.<br />

Mit <strong>der</strong> „Umstellung“ <strong>der</strong> Lehrpläne – weg <strong>von</strong> <strong>der</strong> Fachsystematik, hin zu Lernfel<strong>der</strong>n – hat<br />

sich die schulische Berufsbildung den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> „Fabrik“, <strong>der</strong> industriellen Produktionsweise<br />

„angepasst“ <strong>und</strong> untergeordnet.<br />

Die Arbeitsteilung in Form <strong>der</strong> Artteilung, die komplexe Gewerke in kleine, einfache <strong>und</strong><br />

leicht zu lernende Ablaufabschnitte zerlegt, wurde insb. bei <strong>der</strong> Herstellung „neuartiger“ Erzeugnisse<br />

perfektioniert, die nicht Produkt eines klassischen Handwerks sein konnten, z. B.<br />

101


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

die Zigarrenfertigung. So begann mit <strong>der</strong> Einrichtung <strong>von</strong> Manufakturen <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong><br />

Meisterlehre – das organisierte Handwerk konnte diese <strong>Entwicklung</strong> jedoch bis in unsere Tage<br />

bremsen, boykottieren <strong>und</strong> in vielen Bereichen gar verhin<strong>der</strong>n – mehr noch:<br />

Obwohl das „Prinzip Manufaktur“ im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert als „Ablauforganisation“ zur Regel<br />

wurde <strong>und</strong> zu Beginn des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>von</strong> Taylor noch wissenschaftlich untermauert<br />

wurde, konnte diese Art <strong>der</strong> Produktion vom organisierten Handwerk als „nichtzünftig“ verunglimpft<br />

werden - mit <strong>der</strong> Folge, dass den in Manufakturen ausgebildeten jungen Menschen<br />

<strong>der</strong> Gesellenstatus verweigert wurde.<br />

Die Arbeitsteilung, <strong>der</strong> „Taylorismus“, verhin<strong>der</strong>te nicht nur in den USA eine organisierte<br />

Berufsausbildung, son<strong>der</strong>n auch in <strong>der</strong> Industrie in Deutschland. Erst 1935 wurde mit <strong>der</strong> Einrichtung<br />

<strong>der</strong> „Fach“arbeiterprüfung eine anerkannte Berufsausbildung in <strong>der</strong> Industrie möglich.<br />

Exkurs: Die Vorsilbe „Fach-“ war lange Zeit in <strong>der</strong> Diskussion <strong>und</strong> wurde als „Einengung“<br />

definiert, ein „Fach“arbeiter beherrscht ein engeres „Fach“Gebiet, während Gesellen<br />

<strong>und</strong> Meister im gesamten Werk k<strong>und</strong>ig sind. Eine Analogie ist in Berufsschulen<br />

festzustellen: „Fach“lehrer <strong>und</strong> Lehrer.<br />

Weitere Meilensteine für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung weg <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> klassischen Meisterlehre waren:<br />

• Das Dekret <strong>von</strong> König Franz um 1550: Er erhob die (Kunst)Schlosserei in den Stand <strong>der</strong><br />

Künste; nach ihm lernten alle französischen Könige das Kunstschlosserhandwerk <strong>und</strong> üben es<br />

auch aus.<br />

• das erste Lehrbuch <strong>der</strong> Schlosserkunst (nach seiner Verbreitung!) <strong>von</strong> Jousse Mathurin<br />

de la Fleche, veröffentlicht 1627 als „La fidèle Ouverture de l `Art de Serrurier etc. à la<br />

Flèche 1627". Es ist das erste geb<strong>und</strong>ene Vorlagenwerk in <strong>der</strong> Literaturgeschichte, wurde<br />

durch Kupferstich-Händler in ganz Europa verbreitet <strong>und</strong> beeinflusste in den folgenden Jahrzehnten<br />

viele Schlosser <strong>und</strong> Schmiede. „La fidele ouverture „ Umfasste 30 Holzschnitte <strong>und</strong><br />

22 Radierungen <strong>und</strong> enthielt nicht nur Vorlagen für Schmiede- <strong>und</strong> Schlosserarbeiten, son<strong>der</strong>n<br />

auch detaillierte Angaben zur Behandlung <strong>und</strong> Bearbeitung des Eisens. Es dürfte eines<br />

<strong>der</strong> frühesten Lehrbücher für Lehrlinge bzw. Gesellen sein, um diese in die Kunst <strong>der</strong> Schlosserei<br />

einzuführen, die „so mannigfaltig sei <strong>und</strong> große Erfahrung verlange“.<br />

Damit war zumindest in Frankreich das „Meisterprivileg“ gebrochen, Lehrlinge konnten sich<br />

fortan auch in Büchern <strong>und</strong> nicht nur durch „Abschauen“ <strong>und</strong> „Begreifen im wörtlichen Sinne“<br />

sachk<strong>und</strong>ig machen.<br />

2.1.3 Industrie versus Handwerk: „Periode 4, 5“<br />

Mechanisierung<br />

Das sich abzeichnende Ende <strong>der</strong> Meisterlehre wurde weniger vom Handwerk selbst denn <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> technischen <strong>Entwicklung</strong> bewirkt. Die im 18.Jahrh<strong>und</strong>ert einsetzende Mechanisierung <strong>der</strong><br />

Werkstätten läuten das Ende des Handwerks ein, die Manufaktur war <strong>der</strong> Vorläufer, das<br />

Flussprinzip als konsequente räumliche Anordnung <strong>der</strong> Artteilung war im Handwerk mangels<br />

Größe <strong>und</strong> Auftragsmenge nicht umsetzbar.<br />

Die in den Fabriken im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert üblichen Werkzeugmaschinen mit ihren sehr teueren<br />

Kraftmaschinen (Dampfmaschine!) verlangten nach größeren Wirtschaftseinheiten – das Kapital<br />

begann die Arbeitskraft als bestimmen<strong>der</strong> Wirtschaftsfaktor abzulösen.<br />

Exkurs: Berufsausbildung an <strong>der</strong> Schwelle zur Neuzeit<br />

Exemplarisch soll ein „Meister“ des Metallhandwerks aus <strong>der</strong> Vielzahl <strong>der</strong> möglichen herausgegriffen<br />

werden – denn seine „Werkstatt“aufgabe gab möglicherweise seinem Sohn <strong>der</strong> Anstoß<br />

für naturwissenschaftliches Denken mit weit reichenden Folgen.<br />

102


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Johann Wolfgang Ohm, <strong>und</strong> sein Wirken um 1800 in Erlangen:<br />

Er muss außergewöhnliche Fähigkeiten besessen haben. So ist laut einer Aufzeichnung seines Sohnes<br />

Martin überliefert, dass „er noch in seinen späteren Jahren den rühmlichen Entschluß faßte, Mathematik<br />

zu studieren <strong>und</strong> sich hierzu bei <strong>der</strong> Betreibung seines Metiers die nötigen St<strong>und</strong>en durch kärgliche<br />

Einteilung seiner Zeit, d. h. durch fast gänzliche Verzichtleistung auf Erholungsst<strong>und</strong>en, gleichsam<br />

zu stehlen. .....Zweck war, seine beiden Söhne selbst in <strong>der</strong> Mathematik zu unterrichten.“<br />

Ebenso hat <strong>der</strong> Meister eine Vielzahl <strong>von</strong> Entwürfen für Schlosserarbeiten, wie Türbeschläge, Türschlösser<br />

<strong>und</strong> Gitter, hinterlassen, <strong>von</strong> denen sich über 30 im Besitz des Stadtarchivs Erlangen befinden.<br />

Die Biographie <strong>von</strong> J. W. Ohm ist sehr gut dokumentiert <strong>und</strong> als Nachlass im Stadtarchiv Erlangen<br />

vorhanden. Er erscheint mir deshalb bemerkenswert, weil es in seiner Jugend wie sein Vater noch<br />

auf Wan<strong>der</strong>schaft war, also die Handwerkstraditionen des Spätmittelalters pflegte, in fortgeschrittenem<br />

Alter eine radikale Hinwendung zu naturwissenschaftlich begründeter Schlosserei beschritt <strong>und</strong> u.<br />

a. seinem Sohn Georg Simon über eine Aufgabe zur Schlossmechanik zum strengen naturwissenschaftlichen<br />

Denken anregte.<br />

Exkurs in <strong>der</strong> Langfassung: Das Nagelschmiedehandwerk als exemplarisches Beispiel für<br />

- die Kontinuität handwerklicher Tätigkeiten,<br />

- das „Nebeneinan<strong>der</strong>“ <strong>von</strong> Haus- <strong>und</strong> zünftigem Handwerk<br />

- die versäumte Mechanisierung <strong>und</strong> Spezialisierung<br />

- den vollständigen Untergang eines Metallhandwerks.<br />

Gewerbefreiheit - Ende <strong>der</strong> Meisterlehre<br />

Die mit <strong>der</strong> Industrialisierung obsolet gewordene Zunftordnung, die Aufhebung alter Privilegien<br />

im Deutschen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> später insbeson<strong>der</strong>e die Gewerbefreiheit nach <strong>der</strong> Reichsgründung<br />

1871 führte zu einem Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> organisierten Ausbildung im Metallhandwerk -<br />

<strong>und</strong> zum enormen Aufschwung, zum Boom <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit. Es war nicht mehr notwendig,<br />

die „Ochsentour <strong>der</strong> Meisterlehre“ zu durchlaufen um z. B. an <strong>der</strong> Ausstattung <strong>von</strong> Gebäuden<br />

mit Gittern, Aufzügen, Gelän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Eisentreppen zu arbeiten. Die Vielzahl <strong>und</strong> Vielfalt des<br />

städtischen Metallhandwerks im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert verb<strong>und</strong>en mit Landflucht, anwachsen<strong>der</strong><br />

Bevölkerungszahl <strong>und</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Süden <strong>und</strong> Osten hat den Bauboom <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit<br />

<strong>und</strong> die rasante Industrialisierung in Deutschland erst möglich gemacht. Handwerker, insb.<br />

Metallhandwerker, sanken herab zu Zulieferern, mussten plötzlich mit an<strong>der</strong>en konkurrieren,<br />

waren nicht mehr durch Zünfte <strong>und</strong> Kartelle geschützt <strong>und</strong> – bekämpften die industrialisierte<br />

Art <strong>der</strong> Produktion, die Arbeitsteilung. Ihre Lehrlinge, die sie nur noch wegen <strong>der</strong> herrschenden<br />

Arbeitslosigkeit bekamen, mussten durch längere Wochenarbeitszeit <strong>und</strong> eine längere<br />

Lehrzeit den Wettbewerbsnachteil des Handwerks ausgleichen.<br />

Und die Ausbildung war mangelhaft <strong>und</strong> schlecht, wie <strong>der</strong> folgende Auszug aus dem Beitrag<br />

eines Abgeordneten zum Reichstag aus dem Jahr 1875 zeigt:<br />

Exkurs:<br />

...„Die Krise <strong>der</strong> Handwerkslehre äußerte sich darin, dass im Ergebnis die Einteilung <strong>der</strong> Arbeitskräfte<br />

nach handwerklichen Berufen keine einheitlichen Qualifikationen in den einzelnen Fachrichtungen<br />

gewährleistete. Hinter <strong>der</strong> Berufsbezeichnung „Mechaniker“ bzw. Schlosser“ verbargen sich jeweils<br />

ganz unterschiedliche Qualifikationen. ... Der Begriff „gelernte“ Arbeiter ließ nur darauf schließen,<br />

dass diese im Handwerk gelernt hatten, nicht aber, was <strong>und</strong> wieviel sie gelernt hatten“.<br />

Als Reaktion auf diese Anwürfe reagierte das nun in Handwerkskammern „organisiere<br />

Handwerk“ mit einer Berufsabschlussprüfung – primär nicht um die Lehrlinge zu prüfen,<br />

son<strong>der</strong>n um festzustellen, was sie in den einzelnen Werkstätten während ihrer Lehrzeit gelernt<br />

hatten. Es war eher ein Akt <strong>der</strong> Überprüfung <strong>der</strong> „Lehre durch den Meister" denn <strong>der</strong> Kenntnisse<br />

des Lehrlings.<br />

Exkurs: Erst in <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit wurde die „Gesellenprüfung“ im Handwerk allgemein üblich<br />

103


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

<strong>und</strong> institutionalisiert <strong>und</strong> unterschied damit die Ausbildung im organisierten „zünftigen“,<br />

später innungsgeb<strong>und</strong>enen Handwerk, <strong>von</strong> <strong>der</strong> bei einem „Pfuscher“, bei dem die Lehrlinge –<br />

wie früher im Handwerk allgemein üblich – einige Jahre arbeiten <strong>und</strong> dann „freigesprochen“<br />

wurden. Doch was hatten sie gelernt? Überkommene Fertigkeiten, die den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Industrie nicht dienlich waren – höchstens noch die in <strong>der</strong> Handwerkslehre hoch gehaltenen<br />

Arbeitstugenden (mo<strong>der</strong>n: „softskills), wie Unterordnung, Gehorsam, Fleiß, Schicksalsergebenheit,<br />

etc.<br />

Dass im Handwerk krasse soziale Missstände die Regel waren, verw<strong>und</strong>ert nicht. Bekannt<br />

sind nur wenige Lösungsansätze, so die <strong>von</strong> Pfarrer Kolping für Gesellen <strong>und</strong> die „Sonntagsschulen“<br />

<strong>der</strong> Kirchen. Letztere widmeten sich neben <strong>der</strong> religiösen Unterweisung des städtischen<br />

Jugendproletariats zunehmend <strong>der</strong> beruflichen Unterweisung, begründeten so einen<br />

fachtheoretischen Unterricht, <strong>der</strong> vorher in <strong>der</strong> „Meisterlehre“ nicht notwendig gewesen war.<br />

Und <strong>der</strong> Unterricht beschränkte sich primär auf das Zeichnen. Diese „neue Disziplin“, vorher<br />

nur im Ingenieurbau = „Festungsbau“ gebraucht, gepflegt nur <strong>von</strong> Theoretikern wie Leonardo<br />

da Vinci, gewinnt mit <strong>der</strong> Industrialisierung eine herausragende Bedeutung.<br />

Bei <strong>der</strong> Einrichtung <strong>der</strong> Berufsschulen (in München: Kefer <strong>und</strong> Kerschensteiner – hier nicht<br />

behandelt) wehrte sich das organisierte Handwerk natürlich vehement gegen die damit einhergehende<br />

Verkürzung <strong>der</strong> Arbeitszeit im Betrieb <strong>und</strong> damit gegen die Einführung <strong>der</strong> Berufsschule<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Demontage des „Meister“ als alleinigen Inhaber <strong>von</strong> fachlichen Fertigkeiten<br />

<strong>und</strong> Berufsgeheimnissen. Noch heute versucht das organisierte Handwerk die Lerninhalte<br />

<strong>der</strong> Berufsschule als primär „theoretisch“ abzuqualifizieren. Mit <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Berufabschlussprüfungen<br />

2002 wurden die „Fachtheorie“ weiter vermin<strong>der</strong>t zugunsten <strong>der</strong> Planung<br />

eines Erzeugnisses. Erst mit dem Berufsbildungsgesetz <strong>von</strong> 1968 wurde die Berufsschule zum<br />

gleichwertigen „Dualen Partner“ – aber nur im Anspruch – nicht in <strong>der</strong> faktischen Ausbildungshoheit.<br />

Exkurs: Der Berufsschultag, die Ausbil<strong>der</strong>eignungsverordnung, die Blockwoche, <strong>der</strong> verlängerter<br />

Urlaub für Jugendliche <strong>und</strong> die Freistellung für Prüfungen während <strong>der</strong> Arbeitszeit gelten<br />

im organisierten Handwerk noch heute als „ausbildungshemmende Auflagen“.<br />

Eine völlig an<strong>der</strong>s geartete <strong>Entwicklung</strong> nahm an <strong>der</strong> Schwelle des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts die Industrie<br />

in <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Berufsausbildung, sie koppelte sich in Form <strong>und</strong> Organisation <strong>der</strong><br />

Berufsausbildung radikal <strong>von</strong> <strong>der</strong> handwerklichen Tradition ab. Die im Handwerk seit dem<br />

Frühmittelalter übliche Einheit <strong>von</strong> Produktion <strong>und</strong> Ausbildung wurde abgelöst durch die sog.<br />

Lehrwerkstätten. Das bedeutete ein Herauslösen <strong>der</strong> Lehrlinge aus dem Betrieb, aus <strong>der</strong> kapitalintensiven<br />

Produktion. Hier wurden erstmals die Tätigkeiten, die für die Herstellung <strong>der</strong><br />

industriellen Güter notwendigen Fertigkeiten <strong>und</strong> Kenntnisse, systematisch gelehrt <strong>und</strong> gelernt.<br />

Ein neuer Beruf, <strong>der</strong> des Lehrlingsausbil<strong>der</strong>s, entstand im späten 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Die<br />

vormals „nebenbei“ erledigte Ausbildung im Handwerksbetrieb, mehr ein „Zuschauen lassen<br />

denn ein Anleiten“ war jetzt zum einzigen Inhalt geworden. In 1-2 Jahren wurden die Kenntnisse<br />

vermittelt <strong>und</strong> anschließend im Betrieb für weitere 2 Jahre „on the job“ trainiert. Es hätte<br />

wohl die kurze Ausbildung in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt genügt, doch die Industrie übernahm stillschweigend<br />

die 3-4 jährige Ausbildungszeit aus dem Handwerk, konnte sich doch die kostenintensive<br />

Ausbildung in <strong>der</strong> Lehrwerkstatt anschließend noch während <strong>der</strong> Lehrzeit mit ihrer<br />

vormals bescheidenen Entlohnung in <strong>der</strong> Produktion amortisieren. Dem Handwerk war diese<br />

Amortisation ja noch fremd, da <strong>der</strong> Lehrling in den Haushalt des Meisters eintrat <strong>und</strong> dort wie<br />

das übliche Gesinde versorgt wurde – <strong>und</strong> natürlich musste er dazu nach seinen Kräften beitragen<br />

– als <strong>von</strong> Beginn <strong>der</strong> Lehre an vollwertige Arbeitskraft.<br />

Exkurs: Im ausgehenden 19. Jahrh<strong>und</strong>ert war in <strong>der</strong> Industrie die Notwendigkeit <strong>der</strong> Ausbildung<br />

noch umstritten. Anfangs deckte man noch den Bedarf an „Fach“arbeitern aus dem freigesetzten<br />

Angebot an Gesellen aus <strong>der</strong> Industrie, doch man glaubte ihrer mit zunehmen<strong>der</strong><br />

104


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

„Industrialisierung“ entbehren zu können. Es gab Stimmen die meinten: „...dass in nicht zu<br />

ferner Zukunft in einem Fabrikbetriebe keine Verwendung sein würde für gelernte Arbeiter,<br />

dass vielmehr die Maschine die bewußt schaffende Tätigkeit des geschickten Handwerks entbehrlich<br />

machen würde“ – <strong>und</strong> es ist bekannt, dass z. B. die Fa. Siemens in Berlin um 1885<br />

ausdrücklich die Ausbildung <strong>von</strong> Lehrlingen in ihrem Unternehmen verbot, mehr noch, <strong>der</strong><br />

Betriebsinhaber selbst hegte große Vorbehalte gegen die „Handwerker“ mit ihrem „Künstlerschlendrian“,<br />

denn „ihre in <strong>der</strong> Handwerkslehre geschulte Präzision hätte sie für eine energische<br />

<strong>und</strong> einseitige Tätigkeit gar verdorben“– meinte er.<br />

2.1.4 Industrielle Fertigung: „Periode 6, 7“<br />

Exkurs: Die Einrichtung <strong>der</strong> gewerblichen Fachschulen als Notmaßnahme <strong>von</strong> Staat <strong>und</strong><br />

Kommunen zur Sicherung eines minimalen Ausbildungsniveaus, z. B. Zeichenschule für<br />

Schmiede <strong>und</strong> Schlosser in München.<br />

„Bindung“ an die Maschine<br />

Mit <strong>der</strong> Mechanisierung <strong>und</strong> <strong>der</strong> nachfolgenden Industrialisierung wurden die vormals sinnigen<br />

Vorrichtungen <strong>und</strong> Geräte <strong>von</strong> Kraftmaschinen angetrieben <strong>und</strong> zu „Werkzeugmaschinen“<br />

weiterentwickelt – damit verän<strong>der</strong>ten sich radikal wie vorher zu keiner Zeit die Metallberufe<br />

<strong>und</strong> ihre Inhalte. Nicht mehr das Erzeugnis bestimmte den Beruf, son<strong>der</strong>n die Maschine,<br />

die es zu bedienen <strong>und</strong> zu reparieren galt. Allerdings war nicht in jeden <strong>der</strong> folgenden Metallberufe<br />

anfangs eine Ausbildung möglich, ein erheblicher Teil waren industrielle Metallberufe,<br />

hier war keine Ausbildung möglich – es war „nur“ ein Facharbeiterstatus zu erreichen.<br />

Exkurs: Bis heute unterscheiden sich Metallberufe <strong>der</strong> gleichen Tätigkeit – je nachdem ob sie<br />

in Handwerk o<strong>der</strong> Industrie tätig sind, in ihrer Bezeichnung, z. B.<br />

Industrie: Konstruktionsmechaniker<br />

Handwerk: Metallbauer<br />

Der bereits in <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit eingeschlagene Weg – Verlagerung <strong>der</strong> Ausbildung in die<br />

„Lehrwerkstatt“ wurde in <strong>der</strong> Phase <strong>der</strong> hektischen Industrialisierung weiter vorangetrieben.<br />

Die Ausbildung wurde „verschult“ <strong>und</strong> systematisiert, nicht mehr <strong>der</strong> „Produktionsbetrieb<br />

war Lernort son<strong>der</strong>n die „Arbeitsschule“ wurde zum Kern de Berufsausbildung.<br />

Auch verlangten die Maschinen nach völlig neuen Qualifikationen, nicht mehr <strong>der</strong><br />

„Hand“werker wurde ausgebildet <strong>und</strong> geformt, son<strong>der</strong>n die Bedienung einer Maschine, <strong>und</strong><br />

diese Tätigkeit schlug sich in <strong>der</strong> Berufsbezeichnung nie<strong>der</strong>.<br />

Auszug aus <strong>der</strong> Liste <strong>der</strong> Metallberufe, wie sie mit <strong>der</strong> Industrialisierung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

entstanden <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Fertigungstechnik bzw. <strong>der</strong> Maschinentechnik folgten (in<br />

<strong>der</strong> Langfassung jeweils mit Tätigkeiten <strong>und</strong> Hinweisen zu Inhalten <strong>und</strong> Ausbildung):<br />

- Automatendreher<br />

- Betriebsschlosser (als Universalberuf in <strong>der</strong> Instandhaltung)<br />

- Bohrer<br />

- Dreher<br />

- Feilenhauer<br />

- Fräser<br />

- Hobler<br />

- Mechaniker (als Universalberuf im Reparaturgewerbe)<br />

- Maschinenschlosser (als Universalberuf im Maschinenbau)<br />

- Schleifer<br />

- Schweißer (anfangs nur Gasschmelzschweisser)<br />

- Stahlbauschlosser (als Universalberuf für Stahlkonstruktionen)<br />

- Werkzeugmacher (als Universalberuf für Vorrichtungen <strong>und</strong> Maschinen zur Serien- <strong>und</strong><br />

Massenfertigung)<br />

105


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Eine deutliche Zäsur erfolge ab <strong>der</strong> Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts durch<br />

• den Preisverfall des Eisens in <strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> Einführung <strong>der</strong> Bessemerbirne zur Stahlgewinnung<br />

• die Ablösung <strong>der</strong> Dampfmaschine als Kraftmaschine durch den Einzelantrieb <strong>der</strong> Maschinen<br />

• den Ausbau des Eisenbahnnetzes<br />

• den Stahlhochbau<br />

• die <strong>Entwicklung</strong> einer Fahrzeugtechnik zu Beginn des 20.Jahr<strong>und</strong>erts.<br />

Diese <strong>Entwicklung</strong> revolutionierte nochmals nachhaltig die Berufsausbildung im Metallbereich,<br />

die im Mittelalter übliche Bindung <strong>der</strong> Ausbildungsinhalte an das Erzeugnis wurde weiter<br />

verfeinert – allerdings nach den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> Industrie. Die genormte zeichnerische<br />

Darstellung <strong>der</strong> Erzeugnisse, die Normung <strong>von</strong> Maschinenelementen <strong>und</strong> die Ausrichtung auf<br />

eine Massenfertigung bestimmten die Inhalte <strong>der</strong> Ausbildung in Metallberufen. Der „freie“<br />

Entwurf musste unter allen Umständen vermieden werden, die Austauschbarkeit gesichert<br />

<strong>und</strong> damit die Trennung <strong>von</strong> Herstellung <strong>und</strong> Montage zwingend. Exemplarisch dafür steht<br />

die Abspaltung <strong>von</strong> den Metallberufen: <strong>der</strong> Maschinist für Dampfmaschinen, <strong>der</strong> Automechanikers,<br />

<strong>der</strong> Installateur, <strong>der</strong> Heizungsbauer, usw. Sie waren <strong>von</strong> Anfang primär Mechaniker,<br />

Wartungsfachkräfte <strong>und</strong> damit Dienstleister für komplexe Systeme.<br />

„Bindung“ an den Prozess<br />

Die Einordnung <strong>von</strong> Berufen nach dem Erzeugnis, die Tätigkeit an einer bestimmten Maschine,<br />

die Dienstleistung als Mechaniker <strong>und</strong> die darauf begründeten – sich immer wie<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>nden<br />

– Lerninhalte hatten Bestand bis in die Zeit <strong>der</strong> Berufsbildungsreformen <strong>von</strong> 1968<br />

<strong>und</strong> darüber hinaus.<br />

Erst mit <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe, welche um 1980 einsetzte <strong>und</strong> im Metallbereich<br />

nur noch die „-Mechaniker“ in <strong>der</strong> Industrie <strong>und</strong> den „-Bauern“ im Handwerk übrig ließ, setzte<br />

eine weitere radikale Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Berufsbil<strong>der</strong> in Gang.<br />

Es wurden nicht mehr Berufe <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Inhalte „fortgeschrieben“, son<strong>der</strong>n neue Berufe <strong>und</strong><br />

die sie organisierenden Ausbildungsordnungen „kreiert“. Dabei orientieren sich die Gewerkschaften<br />

<strong>und</strong> Arbeitgeberverbände (nur ihnen obliegt die Schaffung <strong>von</strong> Ausbildungsordnungen!)<br />

zunehmend an den betrieblichen Prozessen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Steuerung <strong>von</strong> Abläufen.<br />

„Neue“ Berufe - Auswahl: Zerspanungsmechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />

Industriemechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />

Fertigungsmechaniker, Fachrichtung: X.Y,Z<br />

Mechatroniker<br />

IT-Fachkraft für…<br />

„Berufliche Bildung“ nach 1945<br />

In <strong>der</strong> Langfassung werden diese für den Wandel <strong>der</strong> Berufsausbildung wesentlichen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

untersucht. Sie sind für die Ausstellungskonzeption „<strong>VISUBA</strong>-Metalltechnik“ vor<br />

allem als Hintergr<strong>und</strong>information wesentlich, die zur Darstellung des Wandels geeigneten<br />

Exponate <strong>und</strong> Einrichtungen sind in Kap. 3.1 <strong>und</strong> 3.2 beschrieben.<br />

Der Terminus „Berufliche Bildung“ ist erst mit <strong>der</strong> Öffnung <strong>der</strong> Bildungswege <strong>und</strong> <strong>der</strong> Schaffung<br />

eigener „Anstalten“ für Berufstätige entstanden. Zur Ab- <strong>und</strong> Ausgrenzung <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

„Allgemeinen“ Bildung, den ehemals „sieben freien Künsten“, wie sie im Prinzip noch in den<br />

Gymnasien <strong>und</strong> „Hohen“ Schulen gepflegt wurden <strong>und</strong> werden, wurden die Einrichtungen für<br />

„Berufliche“ Bildung schon sprachlich ausgegrenzt. So z. B. als „Berufsaufbau“schulen, „Berufsober“schulen,<br />

„Fachober“schulen, „Fach“schulen, „Fachhoch“schulen usw.<br />

106


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Erst die Bildungsreform <strong>von</strong> 1968 hat <strong>der</strong> Beruflichen Bildung die Akzeptanz in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft <strong>und</strong> die Gleichwertigkeit <strong>der</strong> Abschlüsse gesichert. In <strong>der</strong> Langfassung<br />

werden untersucht:<br />

• Berufsbildungsgesetz<br />

• Einrichtung des BIB<br />

• Umbenennung: „Auszubildende“ statt Lehrlinge<br />

• Ausbildungsordnungen<br />

• Gleichwertigkeitsdebatte<br />

• Ausbil<strong>der</strong>eignungsprüfung für „Nicht-Meister“<br />

• Fachlehrpläne für Berufsschulen<br />

• Wissenschaftl. Ausbildung <strong>der</strong> Berufsschullehrer<br />

2.2 Neue Qualifikationen – Neuordnung <strong>der</strong> Metallberufe: „Periode 7, 8“<br />

Die durch den Fortschritt in <strong>der</strong> Technik <strong>und</strong> die verän<strong>der</strong>te Produktionsweise in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

notwendig gewordene Anpassung <strong>der</strong> Inhalte <strong>der</strong> organisierten Berufsausbildung hat<br />

um 1980 zu einer Neuordnung <strong>der</strong> Berufe durch die Sozialpartner <strong>und</strong> das BBiB geführt, die<br />

bis dato noch nicht abgeschlossen ist. Die Metallberufe erhielten teilweise neue Benennungen,<br />

Industriemechaniker statt Feinmechaniker, die Ausbildung wurde in Fachrichtungen<br />

gesplittet <strong>und</strong> mit vollkommen neuen Inhalten versehen. So wurde die fachsystematische<br />

Werkstoff-, Werkzeug- <strong>und</strong> Maschinenk<strong>und</strong>e zugunsten <strong>von</strong> Steuerungs- <strong>und</strong> Programmiertechnik<br />

stark eingeschränkt. Die dazu notwendigen Geräte <strong>und</strong> Einrichtungen haben die<br />

„Lehrwerkstätten“ ebenso wie Fachräume in den Berufsschulen verän<strong>der</strong>t <strong>und</strong> die „Arbeitsschule“<br />

Kerschensteinerscher Prägung abgelöst durch integrierte Fachräume, in denen Wissen,<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> berufliche Erfahrungen nicht mehr <strong>von</strong> Fachkräften vorgetragen <strong>und</strong> <strong>von</strong><br />

den Berufsschülern <strong>und</strong> Lehrlingen (Auszubildenden!) rezipiert, son<strong>der</strong>n handlungsorientiert<br />

in Eigenaktivität erarbeitet <strong>und</strong> erlernt wird. Damit wird die betriebliche <strong>und</strong> schulische Ausbildung<br />

(wie<strong>der</strong>!) zum Abbild <strong>der</strong> Berufstätigkeit – denn „in <strong>der</strong> Praxis produzieren“ die Mitarbeiter<br />

in Teams vorwiegend „Planung <strong>und</strong> Steuerung“ für automatisierte Produktionsanlagen.<br />

Es darf vermutet werden, dass in den hoch industrialisierten Län<strong>der</strong>n die „hand“werkliche<br />

Tätigkeit bis auf ein notwendiges Minimum in Service-, Wartung- <strong>und</strong> Rüstberufen verschwindet<br />

<strong>und</strong> damit auch die Notwenigkeit, diese planmäßig zu erlernen.<br />

Selbst die zeichnerische Darstellung <strong>von</strong> Erzeugnissen, <strong>von</strong> „Werkstücken“, ist kein eigener<br />

Prozess mehr son<strong>der</strong>n dank interaktiver CAD-3D-Programmen ein „Zwischenprodukt“ nach<br />

<strong>der</strong> Konzeptionsphase – notwendig für die Erstellung eines CNC-Programms zur Fertigung<br />

o<strong>der</strong> als Steuerungshilfsmittel <strong>der</strong> Werkstückherstellung durch Rapid Prototyyping –Printer.<br />

Die Steuerung <strong>und</strong> Regelung <strong>von</strong> Produktionsabläufen ist nicht mehr möglich durch das Organisationstalent<br />

eines „Meisters“ son<strong>der</strong>n wegen <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Abläufe <strong>und</strong> Erzeugnisse<br />

– bei gleichzeitiger Reduzierung <strong>der</strong> Varianten bis herunter zum „one-piece-flow – nur<br />

mehr durch umfassende „Enterprise –Ressource –Planning – Software“ zu realisieren .<br />

Parallel dazu wurde das Taylorsche „Scientific management“ mit seiner Fixierung auf die<br />

Artteilung abgelöst durch Quality management <strong>und</strong> systemtheoretischem Denken. Das erfor<strong>der</strong>t<br />

<strong>von</strong> den Mitarbeitern ein Denken in Systemen, nicht mehr die Fachkenntnisse des einzelnen<br />

Mitarbeiters sind für die Fertigung eines Erzeugnisses entscheidend, son<strong>der</strong>n das Zusammenwirken<br />

vieler Disziplinen in einem Wertschöpfungskette, die sich als „Supply Chain Management“<br />

vom K<strong>und</strong>enwunsch, <strong>der</strong> Beschaffung, Logistik, Fertigung bis zur Auslieferung an<br />

den K<strong>und</strong>en spannt <strong>und</strong> als „life cycle management“ die gesamte Lebensdauer des Erzeugnisses<br />

beim K<strong>und</strong>en begleitet.<br />

107


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Die in Kap. 3.1 zum „Marktplatz“ vorgeschlagenen Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten sollen <strong>der</strong> letzten<br />

Station <strong>der</strong> Zeitreise zur Berufsbildung Metalltechnik diesen Wandel in den Qualifikationen<br />

sichtbar machen.<br />

Einen ganz an<strong>der</strong>en Weg als den hier beschriebenen gehen – eine Son<strong>der</strong>entwicklung – die<br />

schon verschw<strong>und</strong>en geglaubten Kunstschmiede. Sie profitieren <strong>von</strong> <strong>der</strong> Renaissance <strong>der</strong><br />

Gestaltung, vom Wunsch vieler Menschen in ihrer hoch industrialisierten Umwelt Unikate zu<br />

entdecken.<br />

Dieser Rückgriff auf Handwerkstraditionen in <strong>der</strong> Kunstschlosserei wird in <strong>der</strong> Langfassung<br />

behandelt.<br />

Die Geschichte <strong>der</strong> Berufsausbildung in Metallberufen kann natürlich nicht als abgeschlossen<br />

betrachtet werden, deshalb bleibt auch die weitere <strong>Entwicklung</strong> offen, über ihre Richtung lässt<br />

sich nur spekulieren.<br />

Deshalb schließt <strong>der</strong> R<strong>und</strong>gang in den „Inseln“ mit <strong>der</strong> Darstellung des „Arbeitssystems“ eines<br />

Mitarbeiters, <strong>der</strong> in seinen Privaträumen vor einer Bildschirmwand sitzt, die ihm erlaubt,<br />

mehrere Monitore „hinter“ einer großen Wandfläche zu aktivieren <strong>und</strong> hier unter Zuhilfenahme<br />

<strong>von</strong> Internet, Datenbanken <strong>und</strong> Teammitglie<strong>der</strong>n mit ähnlicher persönlicher Arbeitssituation<br />

zu kommunizieren <strong>und</strong> sich mit ihnen zu vernetzen.<br />

Das wird zu einer völligen Abkehr <strong>von</strong> „hand“werklichen Qualifikationen führen, ausschließlich<br />

zu anspruchsvollen Planungs- <strong>und</strong> Steuerungsaufgaben. Aus „<strong>VISUBA</strong>“ sollen die BesucherInnen<br />

die Erkenntnis mitnehmen,<br />

• Berufliche Qualifikation wird zum permanenten Prozess,<br />

• die <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „Mechatronik“ wird zu einer Verschmelzung <strong>von</strong> Elektronik mit Mechanik/Metall<br />

führen,<br />

• die Vernetzung <strong>der</strong> Wirtschaft national <strong>und</strong> global ist Ausbildungsinhalt,<br />

• menschenzentrierten Entscheidungsprozesse werden durch e-gestützte Techniken abgelöst.<br />

Diesen R<strong>und</strong>gang durch die „Inseln“ im Museum – begleitet durch einen Führer (z. B. Plan,<br />

Blatt, headphone) führt zurück zum Marktplatz. Hier erhält <strong>der</strong> Besucher die Kurzfassung <strong>der</strong><br />

(ergänzten!) Broschüre:<br />

„Die geschichtliche <strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> Handwerkslehre“<br />

bzw. den Hinweis auf den downlod. (Herausgegeben vom Institut für Berufserziehung im<br />

Handwerk an <strong>der</strong> Universität Köln 1958. Man beachte den Terminus „Erziehung“!)<br />

108


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

3 Ausstellungskonzept<br />

3.1 Matrix: Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten auf dem „Marktplatz“<br />

Berufe <strong>der</strong> „Metalltechnik“ in historischer Abfolge als „R<strong>und</strong>gang“ begleitet durch einen Zeitbalken<br />

Ort <strong>der</strong><br />

Realisie-<br />

rung <br />

„Marktplatz“<br />

=<br />

Zentralbereich <br />

„Marktplatz“<br />

=<br />

Zentralbereich<br />

Exponate <strong>und</strong> „Zubehör“<br />

Nagelbaum, Befestigungsbock<br />

mit<br />

Schraubstock, Nageleisen,<br />

Hammer, Nagel-<br />

rohlingen<br />

Videoabspielgerät mit<br />

Monitor<br />

Video: „Der Schlosser<br />

<strong>von</strong> Wien“<br />

Amboß, Hammer,<br />

Einfachstwerkzeuge<br />

Romanisches Gitter,<br />

Messer (Meteoereisen)<br />

Messer mo<strong>der</strong>n, Flachschleifsteine,<br />

Schwert,<br />

zwei Laden Türbeschläge<br />

mit C-<br />

Motiven, Drehkippbe-<br />

schlag<br />

Renaissancegitter,<br />

Barockgitter<br />

Gitterentwurf auf<br />

Stahlstich, PC, Lehrbuch:<br />

J. Mathurin,<br />

Lehrbuch: Metallbau +<br />

CD-ROM<br />

Schloß mit „offener<br />

Schloßmechanik<br />

PC mit Excel-<br />

Programm<br />

Bil<strong>der</strong> zu mo<strong>der</strong>nen<br />

Schließanlagen, Bil<strong>der</strong><br />

mit „alten“ Werk-<br />

zeugmaschinen<br />

Sensen<br />

Bil<strong>der</strong> Mähdrescher,<br />

Sensenfabbrik (Michelstadt),<br />

PKW-<br />

Montage<br />

Video: „Hammerschmiedgesellen“<br />

Arbeitsfortschritt:<br />

Sensenfertigung (im<br />

DtM vorhanden)<br />

Technische Zeichnungen<br />

(händische Skizzen<br />

+ CAD erstellt<br />

PC mit 2D-Software<br />

zum Erstellen einer<br />

Zeichnung<br />

Arbeitspläne<br />

Feilenhaumaschine<br />

<strong>von</strong> Leonardo da Vinci<br />

Besucher-Aktivitäten PC-Station <strong>und</strong><br />

Software<br />

• Nagel „kalt“ schmieden<br />

• Nagel als symbolische<br />

Geste einschlagen<br />

Visuelle Information Alternativ zu<br />

Video:<br />

DVD<br />

„auf den Amboß schlagen“<br />

(nonverbale Kommunikation<br />

<strong>der</strong> Schmiede<br />

erk<strong>und</strong>en<br />

Visuelle Information<br />

Unterschiedliche Messer<br />

auf unterschiedlichen<br />

Flachsteinen schleifen<br />

Laden bewegen<br />

Visuelle Information<br />

Gitter skizzieren mit<br />

„GLASER-CAD“ in<br />

Eigenaktivität (selbsterklärendes<br />

Programm)<br />

Datenbankrecherche:<br />

„Was macht ein...“<br />

Visuelle Information<br />

Berechnen <strong>der</strong> Schließkurve<br />

mit Software<br />

Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />

Information<br />

Visuelle Information<br />

Eigenaktivität am PC:<br />

z.B. Konstruieren eines<br />

einfachen Bauteils<br />

109<br />

Flachware etc. Fläche<br />

(ca. m²)<br />

------------ ---------------- ≈ 2,0<br />

PC mit<br />

a) Gitterbausoftware<br />

z. B. <strong>der</strong> Fa.<br />

GLASER<br />

b) CD Metallbau<br />

c) Datenbank <strong>der</strong><br />

Metallberufe<br />

PC mit Excel-<br />

Program zur<br />

Schließkurve<br />

PC mit AUTO-<br />

SKETCH<br />

------------------ Wandmontage<br />

Themeninformation zur<br />

„Amboßsprache“<br />

Themeninformation zum<br />

Metallhandwerk (Karolinger<br />

Zeit bis Romanik)<br />

Zunftordnung <strong>der</strong> Steyrer<br />

Messerschmiede<br />

Lehrplan <strong>der</strong> Fachschule<br />

Solingen<br />

Themeninformation zum<br />

Metallhandwerk (Renaissance<br />

bis Barock)<br />

Stahlstich mit Gitterentwurf<br />

Lehrbuch J. Mathurin,<br />

Lehrbuch: Metallbau<br />

Themeninformation zu<br />

Georg Simon Ohm +<br />

Wolfgang Ohm<br />

Themeninformation zu<br />

Schließkurven<br />

mo<strong>der</strong>ne Schließanlagen<br />

alte Werkzeugmaschinen<br />

Themeninformation zur<br />

Sensenherstellung 1850<br />

<strong>und</strong> aktuell<br />

Themeninformation zum<br />

„frühen „Zeichnen, z. B.<br />

Leonardo da Vinci<br />

Themeninformation zum<br />

Zeichnen <strong>und</strong> Konstruieren<br />

mit CAD<br />

≈ 0,5<br />

Wandmontage <br />

Schleifsteine<br />

auf<br />

Befestigungbock<br />

≈ 0,5<br />

≈ 0,5<br />

Wandmontage<br />

≈ 0,5


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

„Marktplatz“<br />

=<br />

Zentralbereich<br />

PKW-Teile, Elektronikteile<br />

PC mit CNC <strong>und</strong><br />

CAD-<br />

Generierungsprogramm<br />

Modellskizze einer<br />

CNC-Maschinen<br />

PC mit einfacher Planungs-Software<br />

Datenbank zu Begriffen<br />

wie ERP, PPS,<br />

Mechatronik<br />

Skizze: Workflow,<br />

ERP, CRM<br />

Visuelle Information<br />

Eigenaktivität am PC, z.<br />

B. Konstruieren eines<br />

einfachen Bauteils <strong>und</strong><br />

Umwandeln in ein CNC-<br />

Programm<br />

•Visuelle Information<br />

Recherche in <strong>der</strong> Datenbank<br />

Einfache Planungsaufgaben<br />

lösen am PC<br />

110<br />

PC mit AUTO-<br />

SKETCH + Generierungsprogramm<br />

+ Richter –CNC-<br />

Software (o<strong>der</strong><br />

vergleichbare)<br />

PC mit<br />

a) Planungssoftware<br />

(Binner)<br />

(o<strong>der</strong> vergleichbare)<br />

b) Datenbank<br />

3.2 Matrix: Exponate <strong>und</strong> Aktivitäten in den „Inseln“<br />

Themeninformation zur<br />

CAD + CNC-Technik<br />

Themeninformation zu<br />

PPS <strong>und</strong> Quality Management<br />

Münchner Hammerlzunft<br />

Themeninformation zur<br />

automatisierten Fabrik<br />

„Lehrpläne: Schlos ser –<br />

Mechatroniker<br />

Anleitung: „Wie man das<br />

Eysen ....“<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>der</strong> „Metalltechnik“ <strong>und</strong> damit <strong>der</strong> Metallberufe in historischer Abfolge als „R<strong>und</strong>gang“<br />

durch die „Inseln“:<br />

• Metalle • Maschinenelemente<br />

• Schweißen <strong>und</strong> Löten • Kraft- <strong>und</strong> Arbeitsmaschinen<br />

• Werkzeugmaschinen • Brückenbau<br />

Ort <strong>der</strong><br />

Realisie-<br />

rung<br />

Insel: vor<br />

dem Eingang<br />

Abt.<br />

Metalle<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle vor<br />

Hochofenmodell<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle<br />

Nebenraum<br />

PhysikalischeGr<strong>und</strong>lagen<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle<br />

Nebenraum<br />

PhysikalischeGr<strong>und</strong>lagen<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle vor<br />

<strong>der</strong> Sensenschmiede<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle in<br />

Hochofennähe<br />

Insel: Abt.<br />

Metalle in<br />

gegenüber<br />

Kanonenrohr<br />

Exponate <strong>und</strong> „Zubehör“<br />

• Befestigungsbock<br />

mit Schraubstock,<br />

Nageleisen, Hammer<br />

<strong>und</strong> Nagelrohlingen<br />

• Wandtafel: Exegese<br />

Metallberufe<br />

• Gitter alt <strong>und</strong> Gitter<br />

neu<br />

• Schmiedetechniken:<br />

Modelle<br />

• PC mit Berechnungssoftware<br />

zu<br />

Schließanlagen +<br />

Datenbank <strong>und</strong> Videosequenzen<br />

zu Berufen<br />

• Schloßmodelle<br />

• historische Berufe<br />

exemplarisch: Arbeitsplatz<br />

eines Schlossers<br />

mo<strong>der</strong>n: Schlüsseldienst<br />

• Arbeitsplan: Sense<br />

• Arbeitsplan: aktuell<br />

• DVD-Sensenfabrik<br />

Micheldorf<br />

• Eisengewinnung<br />

alt – Rennofen<br />

• Stahlgewinnung<br />

mit Bessemer<br />

• Lehrbücher Metall<br />

• Aufgabenblätter<br />

• PC mit Berechnungssoftware:fachmathematischeProbleme,<br />

z. B. Masse eines<br />

Kanonenrohrs<br />

• Mendelsche Zwölfbrü<strong>der</strong>stiftung<br />

Besucher-<br />

Aktivitäten<br />

Visuelle Information<br />

• Nagel „kalt“ schmieden<br />

Visuelle Information<br />

Visuelle Information<br />

Recherche am PC zu<br />

Berufen (Berufe.net,<br />

Lehrpläne, Prüfungs-<br />

wesen: alt - neu<br />

Visuelle Information<br />

Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />

Information<br />

Visuelle Information<br />

• Modelle (vorh.)<br />

• Lehrbücher im<br />

Vergleich<br />

• Herstellkosten <strong>von</strong><br />

Werkstoffen<br />

Visuelle Information<br />

• Berechnung am PC:<br />

Masse, Kosten<br />

• Umsetzen fachl.<br />

Probleme in Rechenaufgaben<br />

(Adam<br />

Riese – Materialdisp.)<br />

PC-Station <strong>und</strong><br />

Software<br />

≈ 0,5<br />

≈ 0,5<br />

Flachware etc. Fläche<br />

(ca. m²)<br />

------------ • Themeninformation:<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Spezialisierung <strong>der</strong><br />

Metallberufe incl.<br />

„Personen <strong>und</strong> ihr<br />

Beruf“<br />

• Themeninformation<br />

zum Gitterbau <strong>und</strong><br />

zum Schmiede- <strong>und</strong><br />

Schlosserberuf<br />

PC mit<br />

a) Berechnungssoftware<br />

b) Datenbank<br />

PC mit Berechnungssoftware<br />

erstellt in<br />

Excel<br />

• Themeninformation<br />

zu Wan<strong>der</strong>schaft,<br />

Mittelalterliche Hand-<br />

Werkerlebensgemeinschaft,<br />

Freisprechung,<br />

Ohm als exempl. Beispiel<br />

• Themeninformation<br />

zum Wandel des<br />

Schlosserberufs<br />

• Themeninformation<br />

zum Wandel <strong>der</strong><br />

Arbeitsabläufe<br />

• Themeninformation<br />

zu metallischen Werkstoffen<br />

<strong>und</strong> ihrer Bearbeitung<br />

(in Lehr büchern)<br />

• Themeninformation<br />

zu fachlichen Berechnungen(Kontinuität<br />

<strong>der</strong> Probleme)<br />

Wandmontage<br />

≈ 2,0<br />

Wandmontage <br />

Wandmontage<br />

≈ 2,0<br />

Wandmontage<br />

+ ≈ 5,0<br />

Wandmontage <br />

Wandmontage<br />

Modell<br />

anlagen<br />

vorhanden<br />

≈ 2,0


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

Insel: Abt.<br />

Werkstoffprüfung<br />

Insel: Abt.<br />

Werkzeugmaschinen(alt<br />

=<br />

Halle I)<br />

Insel: Abt.<br />

Werkzeugm<br />

aschinen<br />

Halle II<br />

Insel: Abt.<br />

Werkzeugm<br />

aschinen<br />

Halle III<br />

Insel: Abt.<br />

Kraftmaschinen<br />

Rückwand<br />

hinter<br />

Großmotoren<br />

Insel: Abt.<br />

Maschinenelemente<br />

• einfache Versuche<br />

zur Werkstoffprüfung<br />

(teilw. vorhanden,<br />

ergänzen mit Zuordnung<br />

zu Berufen <strong>und</strong><br />

Tätigkeiten<br />

• Historische + mo<strong>der</strong>ne<br />

Verfahren<br />

• Videos:<br />

alte Fabrik, Kin<strong>der</strong>arbeit<br />

in Fabriken<br />

Maschinenstürmer<br />

Handwerkerproletarisierung<br />

• Schaubil<strong>der</strong>, Bil<strong>der</strong><br />

auf Flachware<br />

• Werkbank,<br />

Schraubstock,<br />

Bankwerkzeuge<br />

• Gr<strong>und</strong>lehrgang<br />

Metall<br />

• Zeichenplatte aus<br />

Konstruktionsbüro<br />

• Normblätter<br />

• Stempel-/Stoppuhr<br />

• Programmierplatz<br />

mit PC <strong>und</strong> Lernprogramm<br />

CNC<br />

sowie einf. CNC-<br />

Software + CAD<br />

• Programmierplatz<br />

mit PC, CNC-<br />

Programm, Designprogramm,Planungssoftware<br />

• CNC-<br />

Bolzenschweißanlage<br />

• Infotafeln zu Quality<br />

Management<br />

• PC mit Datenbank<br />

zum Quality Management<br />

Formularblättern<br />

Simulation ERP,<br />

QFD<br />

Visuelle Information<br />

• Eigenaktivität:<br />

Prüfen <strong>und</strong> Beurteilen<br />

<strong>von</strong> Werkstoffen<br />

• Berufe <strong>der</strong> Metallgewinnung<br />

<strong>und</strong> Urformung<br />

• Visuelle <strong>und</strong> akustische<br />

Information<br />

Visuelle Information<br />

• Feilversuche<br />

• Zeichenübung<br />

Visuelle Information<br />

• Aktivität am PC:<br />

zeichnen, programmieren<br />

Visuelle Information<br />

• Aktivität am PC:<br />

Zeichnen, programmieren,<br />

entwerfen <strong>von</strong><br />

„Mustern“ auf Blechtafeln<br />

• Planen des Auftragsdurchlaufs<br />

•Visuelle Information<br />

• Aktivität am PC:<br />

QM-Begriffe<br />

QFD eines Fahr<br />

rads, japanische<br />

Begriffe, SCM -<br />

Simulation<br />

111<br />

• PC mit CNC-<br />

Lernprogramm,<br />

CAD-Programm,<br />

z.B. AUTO-<br />

SKETCH<br />

• PC mit CNCprogramm,<br />

CAD-Programm,<br />

Designsoftware,<br />

Planungssoftware<br />

• PC mit Daten<br />

bank <strong>und</strong> QM-<br />

Software<br />

• Themeninformation zu<br />

Werkstoffgewinnung ,<br />

Prüfung <strong>und</strong> Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Werkstoffe in den<br />

Metallberufen<br />

• Themeninformation zu<br />

Gießen <strong>und</strong> Urformen<br />

• Themeninformation zur<br />

Situation <strong>der</strong> Arbeiter in<br />

<strong>der</strong> „jungen“ Industrie,<br />

Gesellenverarmung, erste<br />

Lehrwerkstätte<br />

Situation des Handwerks<br />

• Gr<strong>und</strong>lehrgang Metall<br />

• Berichtsheft<br />

• Konstruktionszeichnungen<br />

+ Normschrift<br />

• Betriebsordnung<br />

• Themeninformation zur<br />

Programmierung <strong>von</strong><br />

Werkzeugmaschinen <strong>und</strong><br />

CAD<br />

• Themeninformation zur<br />

Ideenfindung <strong>und</strong> zum<br />

Designprozess<br />

• Themeninformation zu<br />

Quality Management <strong>und</strong><br />

zum jap. Toyota-<br />

Produktions-System (TPS)<br />

(Hier könnte auch die<br />

Wand mit den Monitoren<br />

wie in <strong>der</strong> Dokumentation<br />

beschrieben – aufgebaut<br />

werden<br />

≈ 5,0<br />

Wandmontage<br />

≈ 10,0<br />

Der in <strong>der</strong> 1. „Insel“ geschmiedete Nagel wird zum Schluss des R<strong>und</strong>gangs in den Nagelbaum<br />

geschlagen<br />

Verwendete Literatur<br />

BARTELMESS, Albert: Geschichte des Nürnberger Schlosserhandwerks bis 1945. Nürnberg 1985<br />

BASNER, Emil: Geschichte <strong>der</strong> deutschen Schmiedebewegung. Hamburg 1912<br />

BAUR-HEINHOLD. Margarete: Geschmiedetes Eisen: vom Mittelalter bis zum 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Königstein<br />

im Taunus 1980<br />

BECK, Ludwig: Geschichte des Eisens in technischer <strong>und</strong> kulturgeschichtlicher Beziehung. Bd.<br />

I-IV. Braunschweig 1891 – 1901<br />

DAUKARDT, Michael (Hrsg.): Vom heißen Eisen. Zur Kulturgeschichte des Schmiedens. Hagen 1993<br />

FLAD, Max: Zur Geschichte des Schmiedehandwerks. Ravensburg 1989<br />

≈ 5,0<br />

≈ 5,0<br />

≈ 5,0


J. Moos Metalltechnik: Fertigung<br />

FRANCE-LANORD, Albert: Histoire de fer. Guide illustré du Musée du fer. Nancy 1977<br />

FRIESS, E.: Materialien <strong>und</strong> Beiträge zur Geschichte <strong>der</strong> Eisenarbeiter zu Waidhofen an <strong>der</strong> Ybbs in<br />

Nie<strong>der</strong>österreich. Wien 1909<br />

FÜCHTBAUR, Ritter <strong>von</strong>: Georg Simon Ohm. Ein Forscher wächst aus seiner Väter Art. Berlin 1931<br />

FUHSE, F.: Schmiede <strong>und</strong> verwandte Gewerbe in <strong>der</strong> Stadt Braunschweig. Ein Beitrag zur Geschichte<br />

des Handwerks <strong>und</strong> zur Familiengeschichte. Leipzig 1930<br />

GATZ, Konrad: Das alte deutsche Handwerk. Essen 1934<br />

GÖTSCHMANN, Dirk: Oberpfälzer Eisen. Bergbau- <strong>und</strong> Eisengewerbe im 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />

Theuern: 1985<br />

GROSSWINKELMANN, Johannes: Schmieden. <strong>Entwicklung</strong> eines Gewerbes vom Handwerk zur Fabrik.<br />

Koblenz 1989<br />

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