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EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel

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<strong>EQUIB</strong> ENTWICKLUNGSPLANUNG<br />

QUALIFIKATION<br />

IM LAND BREMEN<br />

Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer<br />

<strong>EQUIB</strong> ENTWICKLUNGSPLANUNG<br />

QUALIFIKATION<br />

IM LAND BREMEN<br />

Das Projekt <strong>EQUIB</strong> wird im Auftrag des<br />

Senators für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt <strong>und</strong> aus<br />

Landesmitteln sowie aus Mitteln des<br />

Europäischen Sozialfonds gefördert.<br />

Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> des<br />

demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

Bestandsaufnahme <strong>und</strong> qualitative Untersuchung<br />

in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Unternehmen<br />

Ulf Benedix<br />

Gerlinde Hammer<br />

Jutta Knuth<br />

Monitoring-Bericht 1/2002<br />

Bremen, August 2002<br />

Projektdurchführung Projektförderung<br />

Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Direktor: Prof. Dr. Rudolf Hickel<br />

Freie Hansestadt Bremen<br />

Der Senator für Arbeit,<br />

Frauen, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />

EUROPÄISCHE UNION<br />

Europäischer Sozialfonds


<strong>EQUIB</strong><br />

Regionales Monitoring-System Qualifikationsentwicklung (RMQ)<br />

Monitoring-Bericht 1/2002:<br />

Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

Bremen, August 2002<br />

Projektteam: Ulf Benedix, Gerlinde Hammer, Jutta Knuth<br />

Mitarbeit: Iskra Heja Kostov<br />

Kontakt:<br />

Gerlinde Hammer (Projektleitung)<br />

0421/218-95 14, ghammer@uni-bremen.de<br />

Ulf Benedix<br />

0421/218-95 19, ubenedix@uni-bremen.de<br />

Jutta Knuth<br />

0421/218-95 16, jknuth@uni-bremen.de<br />

Universität Bremen/IAW; FVG-Mitte;<br />

Postfach 330 440; 28334 Bremen<br />

Fax: 0421/218-45 60<br />

Im Internet: www.equib.de<br />

Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Direktor: Prof. Dr. Rudolf Hickel<br />

Forschungseinheit:<br />

Qualifikationsforschung<br />

<strong>und</strong> Kompetenzerwerb<br />

Im Internet: www.iaw.uni-bremen.de<br />

Im Projektbeirat des Projekts <strong>EQUIB</strong> sind folgende Institutionen bzw. Personen vertreten:<br />

Katja Barloschky bremer arbeit gmbh<br />

Bernd Gerke Arbeitsamt Bremerhaven<br />

Ursula von Haacke-Dahlbeck Handwerkskammer Bremen<br />

Heinz Horn Senator für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />

Martin Johannsen Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer Bremerhaven<br />

Marlies Kaap Bremerhavener Arbeit GmbH<br />

Rainer Kühtmann Arbeitsamt Bremerhaven<br />

Christoph Lamm Arbeitsamt Bremen<br />

Frank-D. Lutz Handelskammer Bremen<br />

Uwe Mögling Landesausschuss für Weiterbildung<br />

Volker Pusch Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Claus Schroer Senator für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

Gerlind Schütte Senator für Wirtschaft <strong>und</strong> Häfen<br />

Marion Seevers Senator für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />

Josef Solscheid Kreishandwerkerschaft Bremerhaven-Wesermünde<br />

Harald Stopschinski Arbeitsamt Bremen<br />

Wolfgang Stümper Arbeitnehmerkammer Bremen<br />

Gabriele Zaremba Senator für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />

Das Projekt <strong>EQUIB</strong> wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt<br />

<strong>und</strong> aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Das Projekt wird am<br />

Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft (IAW) der Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen durchgeführt.


1 Vorbemerkung<br />

1 Vorbemerkung<br />

„Wir müssen uns die Frage stellen, wie man in Zukunft<br />

mit einer Rentnerband innovative Produkte entwickelt.“<br />

So plakativ verdeutlicht Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger 1<br />

die Folgen, die der demographische <strong>Wandel</strong> für die Betriebe<br />

mit sich bringt. In Deutschland <strong>und</strong> den übrigen<br />

Ländern der Europäischen Union sind neue Konzepte<br />

der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> umzusetzen, um diesen <strong>Wandel</strong> aktiv zu gestalten.<br />

Konsequenzen Herausforderungen<br />

- Wahrscheinlichkeit von qualifikatorischen<br />

<strong>und</strong> regionalen Ungleichgewichten<br />

zwischen Angebot <strong>und</strong> Nachfrage steigt<br />

- Rekrutierungsspielraum der<br />

Unternehmen im Segment der jüngeren<br />

Alterskohorten wird eingeschränkt<br />

- Deutliche Alterung der Belegschaften,<br />

steigender Anteil der über 50-Jährigen<br />

- Aufgr<strong>und</strong> der demographischen Veränderungen<br />

wird aus dem Arbeitskräfteüberschuss ein<br />

flächendeckender Arbeitskräftemangel<br />

- Angepasste Rekrutierungs-<br />

strategien entwickeln<br />

- Mitarbeiterbindung forcieren<br />

- alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong><br />

Personalpolitik entwickeln<br />

- Lebensbegleitende Kompetenz-<br />

entwicklung fördern<br />

<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Auswirkungen auf die Erwerbsarbeit<br />

(nach Buck 2001:11)<br />

Die derzeitige Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik ist<br />

auf die Herausforderungen nicht eingestellt <strong>und</strong> führt<br />

sogar zu Fehlsteuerungen (Buck 2001:12). So hat sich<br />

etwa in jüngster Zeit der Altersdurchschnitt in vielen<br />

Branchen deutlich verjüngt. Durch politische Anreize<br />

zur Frühverrentung zusätzlich verstärkt, haben sich viele<br />

Betriebe „sozialverträglich“ von älteren Mitarbeitern<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen 2 getrennt. Oft wurde erst zu spät<br />

offenbar, dass mit den „Alten“ auch ein unersetzbares<br />

Know-how verloren ging. Ein Aderlass von wertvollen<br />

Qualifikationen, insbesondere auch von in langjähriger<br />

Praxis erworbenem Erfahrungswissen fand statt,<br />

der sich nicht ohne weiteres rückgängig machen lässt:<br />

die Vorteile Älterer für den Betrieb erhalten sich im Arbeitsprozess<br />

<strong>und</strong> durch kontinuierliche Qualifizierung<br />

– erst einmal in die Arbeitslosigkeit entlassen, verfallen<br />

die bei Älteren geschätzten Qualifikationen relativ<br />

schnell.<br />

Auch die heute übliche Gestaltung von Arbeitsbedingungen<br />

<strong>und</strong> Arbeitsorganisationsformen kann nicht<br />

fortgeschrieben werden. „Nicht einmal die Hälfte der<br />

Beschäftigten des gewerblichen Bereichs erreicht das<br />

derzeitige Rentenalter, weil diese vorzeitig aufgr<strong>und</strong><br />

von Frühinvalidität aus dem Berufsleben ausscheiden“,<br />

Inhalt<br />

1 Vorbemerkung 3<br />

2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />

5<br />

Teil A: Der demographische <strong>Wandel</strong> <strong>und</strong> seine Folgen<br />

7<br />

3 Konsequenzen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

für den Arbeitsmarkt 7<br />

4 Ältere Arbeitnehmer im Betrieb <strong>und</strong> am Arbeitsmarkt<br />

7<br />

5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen 8<br />

6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

13<br />

7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen<br />

<strong>und</strong> Perspektiven 17<br />

Teil B: Ergebnisse der Betriebsbefragung 23<br />

8 Ziele, Methoden, Instrumente 23<br />

9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />

in den Betrieben des Panels 24<br />

10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal<strong>und</strong><br />

Qualifikationsplanung 28<br />

11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb 33<br />

12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

38<br />

Teil C: Resümee 43<br />

Anhang 47<br />

so bringt es erneut Prof. Bullinger auf den Punkt (Miller<br />

2002:29). Ganz abgesehen von den individuellen<br />

Folgen für die Betroffenen wird sich die Gesellschaft<br />

einen solchen vorzeitigen Verschleiß ihres Arbeitskräftepotenzials<br />

in Zukunft nicht mehr leisten können.<br />

Ein Umdenken, ein Paradigmenwechsel (Bündnis für<br />

Arbeit) ist also dringend erforderlich. Dabei ist ein Ende<br />

der bisherigen jugendzentrierten Rekrutierungspraxis<br />

nur ein Aspekt. Wichtiger noch erscheint ein umfassender<br />

<strong>Wandel</strong> in der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

der Unternehmen. Einer alternsgerechten Gestaltung<br />

der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> insbesondere einem<br />

1 Prof. Bullinger ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation IAO; zit. nach Miller 2002:28.<br />

2 Zur Vereinfachung der Lesbarkeit wird im Folgenden in der Regel auf die ausdrückliche Ausschreibung der männlichen <strong>und</strong> weiblichen<br />

Bezeichnung verzichtet <strong>und</strong> stattdessen Formen wie „Mitarbeitern“, „ältere Arbeitnehmer“ usw. verwendet, die geschlechtsneutral verstanden<br />

werden sollen.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 3


präventiven Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz kommen<br />

zentrale Funktionen zu, wenn es gilt, das in den Betrieben<br />

vorhandene Potenzial des „Humankapitals“ besser,<br />

weil „nachhaltiger“ zu nutzen.<br />

Dieser <strong>Wandel</strong> muss bereits heute in den Betrieben eingeleitet<br />

werden.<br />

Aus der Forschung liegen zahlreiche Ergebnisse vor,<br />

die die notwendigen Veränderungen beschreiben. Staatliche<br />

Förderprogramme wurden aufgelegt, um die Betriebe<br />

bei den erforderlichen Veränderungen zu unterstützen.<br />

Dennoch, trotz dieser Fördermaßnahmen <strong>und</strong><br />

zahlreicher Initiativen von Verbänden, Kammern <strong>und</strong><br />

Instituten bleibt festzustellen, dass die betriebliche Resonanz<br />

<strong>und</strong> entsprechend die Beschäftigungseffekte für<br />

Ältere noch hinter den Erwartungen zurück bleiben.<br />

Den skizzierten „Paradigmenwechsel“ zu einer alternsgerechten<br />

Unternehmensführung haben einige „Vorreiterunternehmen“<br />

bereits vollzogen; für das Gros der Betriebe<br />

steht er noch bevor.<br />

Untersuchung im „Regionalen Monitoring-<br />

System Qualifikationsentwicklung (RMQ)“<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde <strong>EQUIB</strong> damit beauftragt<br />

3 , eine empirische Untersuchung in den regionalen<br />

Betrieben durchzuführen:<br />

⊲ Wie bezieht sich die Personalpolitik der Betriebe aktuell<br />

auf ältere Arbeitnehmer?<br />

⊲ Welche Qualifizierungsbedarfe spezifisch für ältere<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Ansprüche an Qualifizierungsmaßnahmen<br />

gibt es?<br />

⊲ Wie bezieht sich die betriebliche Personalrekrutierung<br />

auf ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> auf die Förderprogramme<br />

zur Unterstützung ihrer vermehrten Einstellung?<br />

Für die Erhebung wurde das „Regionale Monitoring-<br />

System Qualifikationsentwicklung (RMQ)“ eingesetzt.<br />

Dieses zwischen 2000/2001 aufgebaute <strong>und</strong> erprobte<br />

Instrument dient einerseits der kontinuierlichen Erhebung<br />

neuer Qualifikationstrends <strong>und</strong> ihrer Folgen für<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung. Hier wurde das RMQ in seiner<br />

zweiten Funktion zur Untersuchung branchenübergreifender<br />

aktueller Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Qualifizierungsthemen,<br />

die mit Auftraggeber <strong>und</strong> Projektbeirat jeweils<br />

abgestimmt werden, eingesetzt.<br />

Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse sollen insbesondere einen Beitrag dazu<br />

leisten, den praktischen Bezug der regionalen Betriebe<br />

1 Vorbemerkung<br />

auf die im Land Bremen aufgelegten Förderprogramme<br />

zur Unterstützung der Neueinstellung Älterer aufzuklären<br />

sowie weitere Bedarfe für eine alternsgerechte<br />

Personalpolitik aufzuzeigen <strong>und</strong> damit für die regionale<br />

Gestaltung der Förderpolitik empirische Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

zu liefern.<br />

Besonders nützlich können die Ergebnisse auch für die<br />

Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen sein, die vor<br />

der Frage stehen, welche Veränderungen an ihrem Angebot<br />

jetzt in die Wege geleitet werden müssen, um den<br />

sich durch die demographische Entwicklung wandelnden<br />

Ansprüchen von Betrieben <strong>und</strong> Beschäftigten mit<br />

attraktiven Angeboten zu entsprechen.<br />

Aufbau dieses Monitoring-Berichts<br />

Der Monitoring-Bericht ist in drei Teile gegliedert, die<br />

auch unabhängig voneinander zur Kenntnis genommen<br />

werden können.<br />

Teil A: Aufgr<strong>und</strong> der Brisanz des Themas erschien es<br />

sinnvoll, eine knapp gehaltene allgemeine Darstellung<br />

der Problematik den aktuell erhobenen<br />

empirischen Bef<strong>und</strong>en voranzustellen. Ein Anspruch<br />

auf Vollständigkeit ist damit angesichts<br />

der Fülle des vorliegenden Materials selbstverständlich<br />

nicht verb<strong>und</strong>en. Die Zusammenfassung<br />

soll auch einem zeitknappen Leser einen<br />

schnellen Überblick über das Thema geben. Dabei<br />

werden Datenlage, Forschungsstand <strong>und</strong> die<br />

Ergebnisse dreier aktueller empirischer überregional<br />

angelegter Untersuchungen berücksichtigt.<br />

Teil B: Auswertung der Befragung der regionalen Betriebe<br />

im RMQ. Dabei orientiert sich die Darstellung<br />

an der Reihenfolge der Erörterung des Themas<br />

in den Interviews, mithin am Aufbau des Gesprächsleitfadens<br />

(s. Anhang, S. 51). Ein Resümee<br />

in Form von Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

findet sich am Ende jedes Einzelkapitels.<br />

Teil C: Zusammenfassung der wichtigsten Resultate<br />

<strong>und</strong> Empfehlungen in Kurzform.<br />

—<br />

Das Projektteam möchte sich an dieser Stelle erneut<br />

für die fre<strong>und</strong>liche Mitwirkung der betrieblichen Expertinnen<br />

<strong>und</strong> Experten sowie bei den Mitgliedern des<br />

Experten-Pools für ihre vielfältigen zielführenden Beiträge<br />

zur Untersuchung bedanken.<br />

3 Auftraggeber der Untersuchungen ist der Senator für Arbeit, Frauen, Jugend, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales der Freien Hansestadt Bremen.<br />

Finanziert wird das Projekt <strong>EQUIB</strong> aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds <strong>und</strong> Landesmitteln.<br />

4 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />

2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden<br />

Untersuchung<br />

Für die vorliegende Befragung wurde erstmalig das<br />

2001 aufgebaute Betriebspanel erneut für die Durchführung<br />

einer Befragungsr<strong>und</strong>e angesprochen. Es musste<br />

sich also zeigen, in welchem Maß die betrieblichen Ansprechpartner<br />

tatsächlich zu einer kontinuierlichen Teilnahme<br />

am Monitoring-System bereit sind.<br />

Entwicklung des Panels: „Panelpflege“<br />

Das Monitoring-System ist als Panel-Untersuchung angelegt,<br />

um eine Beobachtung der konkreten betrieblichen<br />

Innovations- <strong>und</strong> Qualifikationsentwicklungen<br />

im Längsschnitt zu ermöglichen. Auch reduziert die<br />

Kooperation mit einem Netz „fest zuständiger“ betrieblicher<br />

Ansprechpartner die Gefahr von „ad-hoc“-<br />

Antworten <strong>und</strong> steigert damit die Qualität der Interviews.<br />

Daher wird ein möglichst stabiler Kreis der am<br />

Panel teilnehmenden Betriebe angestrebt. Dies erfordert<br />

zur Erhaltung <strong>und</strong> Optimierung des Panels in seiner<br />

Funktion als empirischer Kern des Monitoring-Systems<br />

eine systematische „Panelpflege“.<br />

Als zentrale Instanz des qualitativen Untersuchungsdesigns<br />

des RMQ erfolgt die Auswahl der teilnehmenden<br />

Betriebe im Sinne eines „theoretischen Sampling“:<br />

es erfolgt keine zufällige, sondern eine gezielte Auswahl<br />

von Betrieben, von denen wichtige Beiträge zu<br />

den Fragestellungen der Untersuchung (v.a. also hinsichtlich<br />

innovativer Entwicklungen <strong>und</strong> deren Qualifikationsfolgen)<br />

erwartet werden können. Insofern ist<br />

jeder „Abgang“ eines Betriebes, der sich im Panel in<br />

diesem Sinn „bewährt“ hat, zu bedauern. 4 Andererseits<br />

wirft der Ersatz eines Teilnehmers durch einen anderen,<br />

vergleichbar strukturierten Betrieb bei einem qualitativ<br />

ausgerichteten Panel kein gr<strong>und</strong>sätzliches methodisches<br />

Problem auf, kommt es doch darauf an, dass das<br />

Panel insgesamt die Repräsentanz der Auswahl sicherstellt.<br />

Mit einem gewissen Anteil von Betrieben, die sich aus<br />

dem Panel zurückziehen wollen, ist zu rechnen. Die<br />

ausscheidenden Betriebe (sog. „Panelmortalität“) sind<br />

daher im Rahmen der Panelpflege zu ersetzen. Der<br />

Nachrückerbetrieb sollte entsprechend dem qualitativen<br />

Auswahlverfahren möglichst ähnliche Eigenschaf-<br />

ten aufweisen.<br />

Unabhängig davon können zur Optimierung des Panels<br />

Betriebe zusätzlich integriert werden, die zur Erhöhung<br />

der Repräsentanz der Auswahl beitragen oder – etwa<br />

durch Einbezug weiterer Trendsetter-Betriebe – wichtige<br />

Beiträge zu den Fragestellungen liefern können.<br />

Zum Monitoring-Prozess gehört also eine kontinuierliche<br />

Neugewinnung von Betrieben hinzu. Die Mitglieder<br />

des Experten-Pools wurden daher erneut angeschrieben<br />

<strong>und</strong> um Empfehlung geeigneter Betriebe gebeten.<br />

Außerdem konnten Betriebe angesprochen werden,<br />

die im letzten Jahr ihr prinzipielles Interesse an der<br />

Teilnahme geäußert hatten, in denen sich aber aus verschiedenen<br />

Gründen zu diesem Zeitpunkt eine Befragung<br />

nicht realisieren ließ.<br />

Die folgende Tabelle bildet die Entwicklung des Panels<br />

in seiner Gesamtheit ab. 5<br />

Entwicklung des Betriebspanels des RMQ<br />

12/2001 6/2002<br />

Anzahl darunter dar. Ab- Zu- Anz. dar. dar.<br />

Betriebe Handw. Brhv. gang gang Betr. Handw. Brhv.<br />

Metall/<br />

Elektro<br />

Nahrung/<br />

37 27 9 -1 7 43 32 10<br />

Genussm. 18 5 8 2 20 6 8<br />

Handel 19 – 5 -2 17 – 5<br />

TUL/<br />

Logistik 18 – 2 -4∗ 2 16 – 4<br />

Call Center/<br />

Medien-DL 15 – 3 -3 3 15 – 5<br />

gesamt 107 32 27 -10 14 111 38 32<br />

Anzahl der Betriebe, die ihre Bereitschaft zur Mitwirkung am RMQ<br />

erklärt haben.<br />

∗ Zwei der Betriebe wurden aufgr<strong>und</strong> der Funktion der Gesprächspartner<br />

dem begleitenden Experten-Pool zugeordnet <strong>und</strong> entfallen daher hier.<br />

Insgesamt ist damit eine erfreuliche Kontinuität in der<br />

Teilnahmebereitschaft der Betriebe festzustellen. Die<br />

für das Monitoring-System gewonnenen Experten <strong>und</strong><br />

Expertinnen stehen zu ihrer Bereitschaft zur Mitwirkung.<br />

Bei einem Ausscheiden oder Funktionswechsel<br />

des bisherigen Ansprechpartners konnte in der Regel<br />

auf dessen Unterstützung bei der Findung eines neuen<br />

Ansprechpartners gebaut werden.<br />

Ersatz von Abgängen <strong>und</strong> Aufnahme zusätzlicher<br />

Betriebe<br />

Ein Teil der Betriebe (insgesamt 8) äußerte den<br />

Wunsch, nicht mehr länger als Teil des Betriebspanels<br />

geführt zu werden. Als häufigster Gr<strong>und</strong> wurde eine auf<br />

absehbare Zeit anhaltende hohe Auslastung angeführt,<br />

4 Dies muss nicht in jedem Fall so sein. In einigen Fällen wird sich bei der Durchführung des Interviews herausstellen, dass der Betrieb<br />

den „Erwartungen“ nicht entspricht, <strong>und</strong> sein Ausscheiden für die Durchführung des Monitorings daher leicht „verschmerzt“ werden<br />

kann. Bislang wird dies für unser Panel aber erst im Einzelfall beobachtet. Die Einschätzung der Mitglieder des Experten-Pools, die zur<br />

Empfehlung <strong>und</strong> Aufnahme in das Betriebspanel geführt haben, hat sich insofern als sehr treffsichere Gr<strong>und</strong>lage des Auswahlprozesses<br />

bewährt.<br />

5 Als weitere Branchen sollen Betriebe der Tourismus-, Bau- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft in das Panel integriert werden.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 5


die keine Ressourcen für eine weitere Beteiligung am<br />

Monitoring-System übrig lasse.<br />

Die Abgänge konnten in der Regel mit vergleichbaren<br />

Betrieben ersetzt werden. Darüber hinaus wurde das Panel<br />

um zusätzliche Betriebe erweitert, wobei insbesondere<br />

die Vertretung des Handwerks <strong>und</strong> der Anteil von<br />

Betrieben am Standort Bremerhaven ausgebaut wurde.<br />

Zusammensetzung des Panels für die aktuelle<br />

Befragung<br />

Nahrungs- <strong>und</strong><br />

Genussmittelbranche<br />

(darunter Handwerk: 5)<br />

Zusammensetzung des Betriebspanels<br />

Handel<br />

18<br />

39<br />

17 14<br />

12<br />

Metall- <strong>und</strong><br />

Elektrobetriebe<br />

(darunter Handwerk: 30)<br />

Call Center /<br />

Medien-Dienstleister<br />

TUL / Logistik<br />

RMQ-Befragung "Ältere Arbeitnehmer" 2002, Anzahl der Interviews<br />

An der aktuellen Befragung waren insgesamt 100 Betriebe<br />

beteiligt. Darunter sind 35 Handwerksbetriebe.<br />

27 Betriebe wurden in Bremerhaven zu Interviews auf-<br />

2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />

gesucht.<br />

Die Abbildung zeigt, wie sich die befragten Betriebe<br />

auf die einbezogenen Wirtschaftsbereiche verteilen. 6 7<br />

Nicht alle Betriebe, die in der oben stehenden Tabelle<br />

dem Panel zugerechnet werden, haben somit auch an<br />

der aktuellen Befragungsr<strong>und</strong>e teilgenommen. Insgesamt<br />

11 Betriebe (also ungefähr 10 Prozent) baten darum,<br />

in der aktuellen Befragungsr<strong>und</strong>e auszusetzen. Bei<br />

genereller Bereitschaft zur weiteren Teilnahme am Monitoring<br />

war auch hier aktuelle Zeitknappheit der meistgenannte<br />

Gr<strong>und</strong>. Die für diese Befragungsr<strong>und</strong>e ausgefallenen<br />

Medien-Betriebe äußerten allerdings inhaltliche<br />

Bedenken: auf Gr<strong>und</strong> der Altersstruktur (keine „älteren“<br />

Beschäftigten) könne man zu dem Thema nichts<br />

beitragen, <strong>und</strong> wollte deshalb von der Beteiligung an<br />

dieser Befragungsr<strong>und</strong>e absehen.<br />

Die Beteiligung liegt damit erwartungsgemäß deutlich<br />

über den bei quantitativen Befragungen üblichen Rücklaufquoten.<br />

Ein Betriebspanel, das auf der freiwilligen<br />

Beteiligung betrieblicher Experten an einem relativ<br />

„anspruchsvollen“ Befragungskonzept beruht, wird,<br />

auch wenn der zeitliche Befragungsaufwand so gering<br />

wir möglich gehalten wird, mit einer Nichtbeteiligung<br />

in dieser Größe rechnen <strong>und</strong> leben müssen.<br />

6 Die Befragung geht davon aus, dass mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ Fragen von allgemeinem Charakter aufgeworfen werden,<br />

die sich zwar in durch branchenspezifische Besonderheiten verursachten spezifischen Problemlagen in den Betrieben niederschlagen,<br />

auf die jedoch zunächst Lösungen bzw. Handlungsempfehlungen gesucht werden, die branchenübergreifend greifen sollen. Eine systematisch<br />

nach Wirtschaftsbereichen differenzierte Darstellung der Ergebnisse erscheint somit wenig sinnvoll. Die Darstellung der<br />

Ergebnisse (Teil B) geht daher in erster Linie vom Gesamtpanel aus. Wo der Blick auf Branchenbesonderheiten wichtige Aspekte<br />

beiträgt, werden diese berücksichtigt.<br />

7 Dem zahlenmäßig stark vertretenen Wirtschaftsbereich Metall/Elektro sind seitens des Handwerks Betriebe aus Metallbau, SHK, Kfz-<br />

Handwerk <strong>und</strong> Elektroinstallation zugeordnet. Die Gr<strong>und</strong>lage dieser Zuordnung ergibt sich aus der vorwiegenden Beschäftigung handwerklicher<br />

Metall- <strong>und</strong> Elektroberufe in diesen Gewerken, die seitens der Wirtschaftszweigsystematik anderen Abteilungen zuzuordnen<br />

wären. Weitere Angaben zu den im Panel vertretenen Branchen im Monitoring-Bericht 2001/1, www.equib.de.<br />

6 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


3 Konsequenzen des demographischen <strong>Wandel</strong>s für den Arbeitsmarkt<br />

Teil A: Der demographische <strong>Wandel</strong><br />

<strong>und</strong> seine Folgen<br />

3 Konsequenzen des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s für den Arbeitsmarkt<br />

Auf Gr<strong>und</strong>lage von aktuellen Modellrechnungen des<br />

Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)<br />

kommt die Enquete-Kommission des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />

in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis,<br />

dass ein demographischer <strong>Wandel</strong> den Altersaufbau der<br />

Bevölkerung erheblich verändern wird. Sinkende Geburtenrate<br />

<strong>und</strong> steigende Lebenserwartung führen dazu,<br />

dass das Durchschnittsalter der Bevölkerung von gegenwärtig<br />

41 Jahren bis zum Jahre 2050 auf mehr als<br />

48 Jahre anwachsen wird. Gleichzeitig schrumpft die<br />

Bevölkerungszahl um gut ein Viertel oder 23 Millionen<br />

auf etwa 59 Millionen Menschen zur Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />

Diese Entwicklung ist auch durch eine verstärkte<br />

Zuwanderung prinzipiell nicht umzukehren. 8<br />

Daraus ergeben sich tiefgreifende Konsequenzen für die<br />

Situation am Arbeitsmarkt. Bis zum Jahre 2020 wird<br />

das Angebot an Arbeitskräften auf Gr<strong>und</strong> des natürlichen<br />

Bevölkerungsrückgangs insgesamt abnehmen. Zugleich<br />

wird es mehr ältere <strong>und</strong> weniger jüngere Erwerbspersonen<br />

geben (ibv 44/2001:3364). Der bereits<br />

heute in manchen Regionen oder Branchen verzeichnete<br />

Mangel an Fachkräften wird damit tendenziell verstärkt<br />

<strong>und</strong> verallgemeinert. Allerdings darf diese mitunter<br />

als Demografiefalle etikettierte Entwicklung nicht<br />

missverstanden werden. Ein absoluter Mangel an Arbeitskräften<br />

steht nicht am Ende der rückläufigen Bevölkerungszahl,<br />

weil im Zuge weitergehender Rationalisierungsprozesse<br />

in der Arbeitswelt menschliche Arbeitskraft<br />

durch innovative Technik in zunehmendem<br />

Maße wenigstens partiell ersetzt werden kann. Auch<br />

in der Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts wird es aller Voraussicht<br />

nach einen gewissen Umfang an Arbeitslosigkeit geben.<br />

Gleichwohl führt der demographische <strong>Wandel</strong> dazu,<br />

dass ein Mangel an Fachkräften sich auf jeden Fall<br />

regional sowie branchenspezifisch bemerkbar machen<br />

wird. 9<br />

Um wirtschaftliche Friktionen in den einzelnen Betrieben<br />

sowie auf die Volkswirtschaft als ganze gesehen<br />

zu vermeiden, müssen die Weichen für eine der demographischen<br />

Entwicklung angemessene Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik rechtzeitig gestellt werden. Gerade<br />

die älteren Arbeitnehmer, aktuell bevorzugtes Objekt<br />

betriebswirtschaftlicher Externalisierung, geraten<br />

unter diesem Blickwinkel zu einer wertvollen Ressource,<br />

die für die neuen Aufgaben „erhalten“ <strong>und</strong> qualifiziert<br />

werden muss.<br />

4 Ältere Arbeitnehmer im Betrieb<br />

<strong>und</strong> am Arbeitsmarkt<br />

Ein gutes Drittel aller abhängig Beschäftigten ist 45<br />

Jahre oder älter <strong>und</strong> gehört damit nach offizieller Lesart<br />

zu den sogenannten älteren Arbeitnehmern (Koller/Gruber<br />

2001:479). Gleichzeitig ist diese Gruppe den<br />

Risiken des Arbeitsmarktes auf überproportionale Weise<br />

ausgesetzt. Ihr Anteil an den Belegschaften der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />

Betriebe nimmt stetig ab. Weit über die<br />

Hälfte der Unternehmungen in Deutschland beschäftigt<br />

überhaupt keine Mitarbeiter mehr, die 50 Jahre oder älter<br />

sind (Bellmann/Lahner 2002:3).<br />

Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen<br />

alte Länder neue Länder<br />

50 bis 55 Jahre 12.0% 23.6%<br />

55 bis 60 Jahre 18.7% 28.5%<br />

60 bis 65 Jahre 21.0% 32.9%<br />

Alle Arbeitslosen 9.6% 20.2%<br />

Quelle: Strukturanalyse 09/2000, nach: Jagoda 2001:19<br />

B<strong>und</strong>esgebiet Anteil der Langzeitarbeitslosen<br />

in der Altersgruppe<br />

50 bis 55 Jahre 48.5%<br />

55 bis 60 Jahre 62.5%<br />

60 bis 65 Jahre 58.9%<br />

Alle Arbeitslosen 36.4%<br />

Quelle: Strukturanalyse 09/2000, nach: Jagoda 2001:19<br />

8 Ausführliche Modellrechnungen unter Berücksichtigung diverser Faktoren <strong>und</strong> Trends wie Migrationsbewegungen finden sich im<br />

Schlussbericht der Enquete-Kommission „<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an<br />

den Einzelnen <strong>und</strong> die Politik“. (Enquete 2002)<br />

9 „Trotz der zu erwartenden regionalen, qualifikatorischen oder berufsfachlichen Diskrepanzen ist festzuhalten, dass die skizzierten Prognosen<br />

des Arbeitsangebotes alleine keine Aussage über die Arbeitsmarktbilanz der Zukunft erlauben, weil sie – bewusst oder unbewusst<br />

– nur die eine Seite der Medaille, nämlich die Angebotsseite des Arbeitsmarktes betrachten. (...) Auch neuere Vorausschauen der<br />

Arbeitsmarktbilanzen sehen keine ‚Räumung des Arbeitsmarktes‘ voraus, sondern allenfalls Lücken bei einzelnen Qualifikationen bzw.<br />

Berufen.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:23)<br />

Zu einem ähnlichen Bef<strong>und</strong> kommt die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit:<br />

„Es wird nicht mit einem generellen Arbeitskräftemangel gerechnet. Die erwartete Abnahme des Potenzials an Fachkräften mittlerer<br />

<strong>und</strong> höherer Qualifikation wird jedoch als zentrales Problem eingestuft.“ (ibv 44/2001:3364)<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 7


Die arbeitsmarktpolitischen Folgen sind deutlich spürbar.<br />

Von den zirka 3.74 Millionen Arbeitslosen sind im<br />

Jahre 2001 etwa 1.11 Millionen (29.4%) ältere Arbeitnehmer<br />

gewesen. Mit zunehmendem Alter steigt zugleich<br />

die Dauer der Arbeitslosigkeit dieser Klientel signifikant<br />

an. 10<br />

Auch regional stellen über 50-Jährige r<strong>und</strong> ein Viertel<br />

der Arbeitslosen (s. Tabelle).<br />

Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer auf dem regionalen<br />

Arbeitsmarkt (Juli 2002)<br />

Arbeitsamts- Bestand (Ende 6/2002)<br />

Veränderung (in %<br />

geg. Vorjahresmonat)<br />

bezirk gesamt Ältere∗ in% gesamt Ältere∗ Bremen 34591 9477 27.4 +3.3 -3.9<br />

Bremerhaven 13706 3237 23.6 +2.5 -10.2<br />

∗ 50 Jahre <strong>und</strong> älter<br />

Quelle: Presseinformationen der Arbeitsämter Bremen (Nr. 48/2002) <strong>und</strong><br />

Bremerhaven (Nr. 28/2002) vom 8.7.2002.<br />

Der sowohl im B<strong>und</strong>esgebiet wie in der Region beobachtbare<br />

Rückgang des Prozentsatzes Älterer an den<br />

Arbeitslosen geht dabei im Wesentlichen nicht auf eine<br />

zunehmende Wiedereingliederung in Beschäftigungsverhältnisse,<br />

sondern auf einen vorzeitigen Wechsel in<br />

die Rente zurück. 11<br />

Besorgnis erregend sind in diesem Zusammenhang<br />

auch die Daten zu ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen<br />

<strong>und</strong> Frühinvalidität bei älteren Arbeitslosen, die oft<br />

den „harten Kern“ ihres vorzeitigen Ausscheidens aus<br />

dem Betrieb bzw. ihrer geringen Neueinstellungschancen<br />

bilden. 12<br />

Der Prozess der Externalisierung älterer Arbeitnehmer<br />

führt zu immensen individuellen, volkswirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> sozialen Kosten. Private Lebensperspektiven werden<br />

in Frage gestellt, eine wichtige wirtschaftliche Ressource<br />

der Gesellschaft bleibt ungenutzt <strong>und</strong> schließlich<br />

steigen infolge dessen auch noch die Belastungen für<br />

die sozialen Sicherungssysteme bis an die Grenze ihrer<br />

5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

Funktionsfähigkeit.<br />

Diese Entwicklung, die sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

des eingangs skizzierten dramatischen <strong>Wandel</strong>s im Altersaufbau<br />

der Bevölkerung abspielt, wird die Gesellschaft<br />

vor enorme Probleme stellen, wenn Politik <strong>und</strong><br />

Unternehmen nicht rechtzeitig die erforderlichen Weichenstellungen<br />

einleiten.<br />

5 Neue Herausforderungen für Politik,<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

Das Problembewusstsein ist in Wirtschaft <strong>und</strong> Politik,<br />

bei den Sozialpartnern <strong>und</strong> Verbänden vorhanden.<br />

Wichtige Beschlüsse sind gefasst, um den demographischen<br />

<strong>Wandel</strong> aktiv zu gestalten <strong>und</strong> insbesondere ältere<br />

Arbeitnehmer als Potenzial der wirtschaftlichen Entwicklung<br />

zu „pflegen“, statt sie von dieser abzukoppeln.<br />

5.1 Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik<br />

So hat das Bündnis für Arbeit in seinem siebten Bündnisgespräch<br />

die Verbesserung der Beschäftigungsaussichten<br />

für ältere Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />

zum zentralen Anliegen erhoben. Statt vorzeitiger Ausgliederung<br />

wird die Beschäftigung Älterer sowie die<br />

Wiedereingliederung arbeitsloser Älterer angestrebt. Zu<br />

diesem Zweck sollen Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> soziale<br />

Rahmenbedingungen so verbessert werden, dass eine<br />

vermehrte Einstellung <strong>und</strong> Qualifizierung möglich<br />

wird. Eine Qualifizierungsoffensive zur Sensibilisierung<br />

der Betriebe gehört zum Beschlusspaket ebenso<br />

wie ein Auftrag zur finanziellen Förderung von Weiterbildungskosten<br />

Älterer durch die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />

Arbeit. 13<br />

10<br />

„1.11 Mio. der insgesamt 3.74 Mio. registrierten Arbeitslosen waren Ende September 2001 50–64 Jahre alt, 0.67 Mio. davon über 55<br />

Jahre. 40.4 Prozent der 55–60 jährigen Arbeitslosen waren schon über zwei Jahre arbeitslos, insgesamt fast 60 Prozent mindestens ein<br />

Jahr.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:30)<br />

11<br />

Als Gr<strong>und</strong> spielt insb. die Zunahme von Leistungsempfängern nach § 428 SGB III (Anträge auf Altersrente über 58-jähriger Arbeitsloser)<br />

eine Rolle (Arbeitsmarkt 2001:64, 84f).<br />

12<br />

„Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten des gewerblichen Bereichs erreicht das derzeitige Rentenalter, weil diese vorzeitig aufgr<strong>und</strong><br />

von Frühinvalidität aus dem Berufsleben ausscheiden.“ (Miller 2002:29, bereits einleitend zitiert.)<br />

Auch die gewerkschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema betont das Problem des vorzeitigen Verschleißes des Arbeitsvermögens:<br />

„Nach der hier zitierten Untersuchung der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit vom September 2000 waren von den 45- bis 55-Jährigen<br />

34.2% (280 000) <strong>und</strong> bei den 55- bis 65-Jährigen 39.2% (310 000) mit ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen arbeitslos gemeldet. Das ist<br />

überdurchschnittlich viel. Der Prozentsatz der Arbeitslosen mit ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen bei allen Arbeitslosen lag zu diesem<br />

Zeitpunkt bei 26.1%. Unter den 45- bis 65-Jährigen waren 7.6% Schwerbehinderte. Bei allen Arbeitslosen betrug dieser Prozentsatz<br />

4.9%. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass diese ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen in vielen Fällen Resultat langer<br />

Belastungen am Arbeitsplatz <strong>und</strong> insofern die Folge mangelnder Prävention sind – Folgen, die nun durch Hinausdrängen der Älteren<br />

aus dem Arbeitsmarkt individuell <strong>und</strong> auf die Sozialsysteme abgewälzt werden.“ (Arbeit & Ökologie-Briefe 5/2002:20)<br />

13<br />

„Im Interesse der älteren Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer selbst sowie in Anbetracht der zu erwartenden demografischen Entwicklung<br />

<strong>und</strong> im Hinblick auf eine zunehmende Arbeitskräfteknappheit in bestimmten regionalen <strong>und</strong> berufsfachlichen Teilarbeitsmärkten<br />

stimmen die Bündnispartner darin überein, dass es gr<strong>und</strong>sätzlich notwendig ist, die bisherige Politik gegenüber älteren Arbeitnehmern<br />

zu verändern. Wurde bislang versucht, auch durch den vorzeitigen Ruhestand älterer Arbeitnehmer, die Beschäftigungschancen<br />

8 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

Politik zur Förderung des aktiven Alterns<br />

(Leitlinie 3)<br />

Die Mitgliedstaaten sollten eine Politik zur Förderung<br />

des aktiven Alterns erarbeiten, indem sie Maßnahmen<br />

beschließen, die darauf abstellen, Arbeitsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Qualifikationen älterer Arbeitskräfte zu erhalten,<br />

flexible Arbeitsmodelle einzuführen <strong>und</strong> Arbeitgeber<br />

für das Potenzial älterer Arbeitnehmer zu sensibilisieren.<br />

Sie sollten dafür sorgen, dass ältere Arbeitnehmer<br />

ausreichenden Zugang zu Bildung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

erhalten, <strong>und</strong> sollten die Steuer- <strong>und</strong> Sozialleistungssysteme<br />

mit dem Ziel überprüfen, negative<br />

Anreize abzubauen <strong>und</strong> Anreize zu schaffen, damit ältere<br />

Arbeitnehmer weiterhin am Arbeitsmarkt teilnehmen.<br />

(Quelle: europa.eu.int/comm/employment_social/empl&esf/<br />

support2001_de.pdf)<br />

Auch auf europäischer Ebene wird diese Strategie zur<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> Beschäftigung Älterer mit Nachdruck<br />

verfolgt. Eine Politik zur Förderung des aktiven<br />

Alterns bildet einen Bestandteil der beschäftigungspolitischen<br />

Leitlinien der EU. Im März 2001 hat der Europäische<br />

Rat in Stockholm beschlossen, die Erwerbsquote<br />

Älterer zwischen 55 <strong>und</strong> 64 Jahren in allen EU-<br />

Mitgliedstaaten bis zum Jahre 2010 auf 50% anzuhe-<br />

ben <strong>und</strong> alle dafür nötigen politischen Fördermaßnahmen<br />

einzuleiten (BLK 2001). 14<br />

Die Unternehmen <strong>und</strong> ihre Verbände tragen diese Politik<br />

mit. Der bisherigen Praxis von Frühverrentung 15<br />

erteilen sie eine Absage, weil sich der angestrebte Beschäftigungseffekt<br />

nicht einstellt. 16 Der Versuch, durch<br />

die vorzeitige Verrentung Älterer Arbeitsplätze für junge<br />

Nachrücker freizumachen, geht von einem fixen<br />

Arbeitsvolumen eines Produktionsjahres aus, das in<br />

der betrieblichen Praxis gar nicht vorliegt. Markt- <strong>und</strong><br />

Konjunkturschwankungen machen daraus eine variable<br />

Größe. Die Effizienz, mit der sich Betriebe am Markt<br />

behaupten <strong>und</strong> auf deren Gr<strong>und</strong>lage sie überhaupt nur<br />

neue Arbeitsplätze schaffen können, hängt wesentlich<br />

von den Arbeitskosten ab. Und diese wiederum können<br />

sinken, wenn durch eine zunehmende Beschäftigung<br />

Älterer die Lohnnebenkosten fallen. Gerade dann,<br />

wenn sich Betriebe auf den demographischen <strong>Wandel</strong><br />

einstellen <strong>und</strong> zunehmend ältere Arbeitnehmer als Potenzial<br />

pflegen, ist auch dem Unternehmenserfolg sowie<br />

der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besser gedient als<br />

durch antiquierte Defensivstrategien nach dem Muster<br />

der Frühverrentung. 17<br />

Jüngerer zu erhöhen, so halten die Bündnispartner es für angezeigt, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Auch Änderungen bei den<br />

Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> den sozialrechtlichen Rahmenbedingungen müssen einen wichtigen Beitrag leisten,<br />

damit ältere Menschen länger erwerbstätig bleiben. (...) Für die Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitsloser schlagen<br />

die Bündnispartner vor, bei den Eingliederungszuschüssen für ältere Arbeitnehmer die bisherige Altersgrenze von 55 auf 50 Jahre<br />

herabzusetzen. (...) Angesichts des steigenden Qualifikationsbedarfs <strong>und</strong> der geringen bisherigen Beteiligung älterer Arbeitnehmer<br />

an Weiterbildungsmaßnahmen sollte nach Auffassung der Bündnispartner auch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit für eine stärkere Qualifizierung<br />

gerade älterer Arbeitnehmer Schrittmacherdienste leisten. Sie schlagen deshalb vor, dass sich die B<strong>und</strong>esanstalt für einen<br />

befristeten Zeitraum von vier Jahren durch neue Schwerpunktsetzung im Rahmen des jeweiligen Eingliederungstitels an der Finanzierung<br />

der Weiterbildungskosten von Arbeitnehmern über 50 Jahre beteiligen kann.“ (Bündnis für Arbeit, 7. Bündnisgespräch, 2002.<br />

(Download: www.dgb.de/themen/buendnisArb/buen_04-03-01-aeltan.htm)<br />

14 Vgl. aeltere.arbeitsamt.de/pages/europa.html<br />

Umfangreiches Material zum europäischen Ländervergleich findet sich in Ilmarinen/Tempel 2002.<br />

15 „Die frühzeitige Ausgliederung der älteren Arbeitskräfte in den Vorruhestand bzw. in die Arbeitslosigkeit wurde in der Vergangenheit<br />

durch gesetzliche <strong>und</strong> tarifvertragliche Regelungen gestützt bzw. forciert. Damit sollte der Arbeitsmarkt entlastet, den von dem<br />

Strukturwandel betroffenen Unternehmen ein „sozialverträglicher“ Personalabbau erleichtert sowie auch dem Bedürfnis der älteren<br />

Arbeitskräfte selbst nach der Beendigung eines anstrengenden Erwerbslebens entsprochen werden.“ (Heimer/Mohr/Wolff 2001b:3)<br />

16 „Lange Zeit haben die Arbeitgeber <strong>und</strong> große Teile von Industrie <strong>und</strong> Wirtschaft das eigentlich marktfremde Ziel Frühverrentung mitgetragen.<br />

Wer Statistiken lesen <strong>und</strong> deuten kann, hat über diese Maßnahmen von Anfang an nur den Kopf geschüttelt. Heute distanzieren<br />

sich auch die Arbeitgeber mehr <strong>und</strong> mehr von der Idee der Frühverrentung. ‚Eine Fortsetzung dieser Politik ist verantwortungslos‘, sagte<br />

kürzlich BDA-Präsident Dieter H<strong>und</strong>t. ‚Die gewünschten positiven Umverteilungswirkungen von Alt <strong>und</strong> Jung gibt es nicht.‘ Der geringe<br />

Anteil älterer Arbeitnehmer in den Betrieben ist eindeutig ein Indikator für die strukturelle Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes,<br />

so der BDA-Präsident. In einem Trend-Vergleich des IW-Instituts wurden Daten verwendet, die Teil-Ergebnisse eines Projektes sind,<br />

das vom Verband der Bayerischen Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie (VBM) unter dem Titel ‚Vollbeschäftigung ist möglich – der deutsche<br />

Arbeitsmarkt an der Schwelle zum 21. Jahrh<strong>und</strong>ert‘ gefördert worden ist. Die IW-Trends konstatieren ein sehr unterschiedliches Abschneiden<br />

der Industrieländer (OECD) bei der Eingliederung älterer Menschen: Während in der Schweiz über 70 Prozent der 55- bis<br />

64-Jährigen erwerbstätig sind, kommt man in Belgien nur auf r<strong>und</strong> 20 Prozent. Deutschland liegt mit 39 Prozent um 10 Prozentpunkte<br />

unter dem OECD-Durchschnitt.“ (Creditreform 5/2002, zit. nach G.I.B. Newsletter 32 www.gib.nrw.de)<br />

17 „Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte sind die Arbeitnehmer in den Industriestaaten immer früher in den Ruhestand getreten. Doch seit<br />

Mitte der neunziger Jahre ist der Trend zur Frühverrentung gestoppt. Denn immer mehr Länder haben eingesehen, dass das frühe Ausscheiden<br />

älterer Menschen aus dem Erwerbsleben nicht zu der alternden Bevölkerung passt. (. . . ) Wenn relativ viele ältere Menschen in<br />

einem Land arbeiten gehen, werden die Sozialkassen weniger belastet. Dies wiederum führt zu niedrigeren Sozialbeiträgen <strong>und</strong> damit<br />

zu geringeren Arbeitskosten. Die Unternehmen können sich dadurch mehr Arbeitsplätze leisten – die Arbeitslosigkeit sinkt in allen<br />

Altersgruppen.“ (iwd 28/2000)<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 9


Die Gewerkschaften weisen insbesondere auf die fälligen<br />

Änderungen zu einer alternsgerechten Arbeitsorganisation<br />

in den Betrieben sowie auf die wichtige Rolle<br />

des Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes im Rahmen<br />

einer generationenübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

hin. Neueste Publikationen argumentieren<br />

auf Basis aktueller arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen aus anderen europäischen<br />

Staaten, insbesondere aus Finnland, für ein mehrdimensionales<br />

Verständnis von Arbeitsfähigkeit, das Bedingungen<br />

des Arbeitslebens <strong>und</strong> individuelle Entwicklungen<br />

einbezieht (vgl. Ilmarinen/Tempel 2002:158–181).<br />

5.2 Betriebliche Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

im Zeichen des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s<br />

Wollen die Betriebe nicht Gefahr laufen, durch einen<br />

verschärften Mangel an Fachkräften im Wettbewerb an<br />

Boden zu verlieren, muss bereits jetzt eine Personal<strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik betrieben werden, die den<br />

betrieblichen Erfordernissen angesichts des veränderten<br />

Altersaufbaus der Bevölkerung in 15 bis 20 Jahren<br />

entspricht. Das heißt im Klartext, dass die bislang jugendzentrierte<br />

Einstellungspolitik zu den Akten gelegt<br />

werden muss. Darin sind sich mittlerweile alle Experten<br />

einig.<br />

Ältere Arbeitnehmer sind per se <strong>und</strong> unabhängig von<br />

der Bevölkerungsentwicklung ein betriebliches Potenzial,<br />

dass nicht ungenutzt brachliegen darf. Erfahrung,<br />

Routine, Verhandlungsgeschick, Zuverlässigkeit <strong>und</strong><br />

Verantwortungsbewusstsein sind ein Betriebskapital sui<br />

generis. Darüber hinaus aber ist die Belegschaft der<br />

heute 30- bis 45-Jährigen neu in den Blick zu nehmen.<br />

Sie verkörpert ein Gutteil des Potenzials, mit dem<br />

die Unternehmen die Demografiefalle umgehen können.<br />

Nicht die Freisetzung dieser Altersgruppe bei Erreichen<br />

einer betriebsindividuell unterhalb des Rentenalters<br />

angesiedelten „Altersschwelle“ <strong>und</strong> ihr vorzeitiger<br />

Ersatz durch jüngere Nachrücker ist das Mittel der<br />

Wahl, sondern die kontinuierliche Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Damit schafft <strong>und</strong> bindet ein Unternehmen nämlich<br />

die Fachkräfte, die in anderthalb bis zwei Jahrzehnten<br />

so dringend gebraucht werden, weil das Arbeitskräfteangebot<br />

nicht nur insgesamt, sondern speziell im Seg-<br />

5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

ment der jüngeren qualifizierten Anbieter drastisch sinken<br />

wird. 18<br />

Personalstrategien. . .<br />

. . . der Gegenwart . . . der Zukunft<br />

Zielsetzungen<br />

Altersstrukturen ohne Relevanz Permanenter Generationenaustausch<br />

<strong>und</strong> Altersmischung<br />

als integrierte Zielsetzung<br />

Strategien<br />

Widersprüchliche Teilstrategien An altersstrukturellen<br />

Zielsetzungen orientierte<br />

Teilstrategien (Offenlegung von<br />

Konflikten <strong>und</strong> Kompromissen)<br />

Voneinander isolierte<br />

Miteinander vernetzte<br />

personalpolitische Teilstrategien Teilstrategien (Rekrutierung,<br />

Personalentwicklung, Arbeits<strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsschutz)<br />

Personalmanagement<br />

Kurzfristige Planungshorizonte Kohorteneffekte über 10–20<br />

Jahre berücksichtigen (Kurz-,<br />

Mittel- <strong>und</strong> Langfristplanung)<br />

Eine Lösung für alle Weite Lösungsräume mit<br />

Optionen (Individualisierung<br />

<strong>und</strong> Differenzierung)<br />

Unternehmenskultur<br />

„Senioritätsprinzip“ oder<br />

„Jugendkultur“ als<br />

beherrschende Elemente<br />

(Quelle: Köchling 2000:42)<br />

Generationenvertrag als<br />

Ausgleich zwischen<br />

verschiedenartigen<br />

altersgruppenspezifischen<br />

Anforderungen an betriebliche<br />

Attraktivität („Alterskultur“)<br />

Eine dem Alterungsprozess der arbeitenden Bevölkerung<br />

angemessene betriebliche Personalpolitik sollte also<br />

weder jugend- noch altenzentriert, sondern generationenübergreifend<br />

operieren.<br />

Eine alternsgerechte Strategie verlangt also – erstens –<br />

nach einer heterogenen Altersstruktur der Belegschaften.<br />

Verjüngung um jeden Preis geht an den veränderten<br />

demographischen Daten vorbei.<br />

Zweitens muss das Prinzip kontinuierlicher <strong>und</strong> zeitnaher<br />

Weiterbildung der ganzen Belegschaft beherzigt<br />

werden. Alle Unterschiede zwischen jungen <strong>und</strong> alten<br />

Mitarbeitern hinsichtlich Erfahrung <strong>und</strong> Routine, aber<br />

auch Kreativität <strong>und</strong> Spontaneität, müssen für einen<br />

Wissenstransfer zwischen Alt <strong>und</strong> Jung genutzt werden.<br />

Nicht Diskriminierung <strong>und</strong> Bildungsausschluss, sondern<br />

Fortbildung in altersgemischten Teams ist nötig.<br />

Nur so gelingt die Allokation der Ressource Bildung<br />

optimal: Zum richtigen Zeitpunkt muss das erforderliche<br />

Know-how an der richtigen Stelle im Betrieb ver-<br />

18 Deutliche Worte spricht hier der Bericht der B<strong>und</strong>-Länder-Kommission:<br />

„Die Weiterbildung muss in ein Konzept lebensbegleitenden Lernens mit entsprechender Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen<br />

eingeb<strong>und</strong>en werden. Eine Berufsausbildung oder ein Studium qualifizierte früher für das ganze Leben. Heute <strong>und</strong> in Zukunft ist<br />

die einmal erworbene Qualifikation F<strong>und</strong>ament für weitere Lern- <strong>und</strong> Wissensbausteine. Künftig wird es immer wichtiger werden, dass<br />

die vorhandene Handlungskompetenz erweitert werden kann. Das gilt im besonderen für die heute 30- bis 45-Jährigen. Wenn dieser<br />

Personenkreis nicht heute schon in kontinuierliche Weiterbildungsmaßnahmen eingeb<strong>und</strong>en wird, dürfte es schwierig sein, ihn in zehn<br />

Jahren für Weiterbildungsmaßnahmen zu gewinnen.“ (BLK 2001:12)<br />

10 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

fügbar gemacht werden. 19<br />

Drittens schließlich sollte die betriebsinterne Organisation<br />

von Arbeitsplatz <strong>und</strong> Arbeitsablauf dem unterschiedlichen<br />

Leistungsprofil von Älteren <strong>und</strong> Jüngeren<br />

gerecht werden. Physisch mag der gealterte Mitarbeiter<br />

in mancher Hinsicht weniger belastbar sein als Jüngere,<br />

obwohl auch hier die biologische Entwicklung von<br />

privaten Lebensstilen überlagert wird. Aber einmal erworbene<br />

Erfahrung sowie das gewachsene Verantwortungsbewusstsein<br />

stellen eine soziale Kompetenz dar,<br />

die für andere betriebliche Arbeitsbereiche qualifiziert.<br />

Solchen Unterschieden im Leistungsprofil sollte die Arbeitsorganisation<br />

Rechnung tragen.<br />

Viertens sollte das Prinzip der Prävention / ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Prophylaxe die Personalpolitik anleiten. Die demographische<br />

Entwicklung macht im Großen <strong>und</strong> Ganzen<br />

aus der vorhandenen Belegschaft das Potenzial,<br />

dessen Zukunftsfähigkeit der Betrieb durch einen effektiven<br />

Umgang erhalten <strong>und</strong> ausbauen muss. Und dazu<br />

gehört unabdingbar, durch ergonomische Arbeitsplatzgestaltung<br />

<strong>und</strong> eine Humanisierung von Arbeitsabläufen<br />

die Ressource Ges<strong>und</strong>heit zu pflegen, um die Arbeitsfähigkeit<br />

dauerhaft zu erhalten.<br />

5.3 Hemmnisse für Beschäftigung <strong>und</strong><br />

Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer<br />

Die allgemeine „Marschrichtung“ ist damit abgesteckt<br />

– eine rasche betriebliche Umsetzung der Prinzipien einer<br />

generationenübergreifenden Personalpolitik scheint<br />

damit jedoch nicht automatisch angestoßen zu sein.<br />

Die Diskrepanz zwischen dem politisch gewollten <strong>und</strong><br />

von den Verbänden unterstützten Paradigmenwechsel<br />

<strong>und</strong> dessen nur zögernd erfolgender betriebspraktischer<br />

Umsetzung ist nicht zu übersehen. Nicht zuletzt die aus<br />

Sicht der fördernden Instanzen unzureichende Annahme<br />

der in Kapitel 6 kurz vorgestellten Programme zur<br />

Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer lässt<br />

auf die Existenz von ernstzunehmenden Umsetzungshemmnissen<br />

in den Betrieben schließen.<br />

Die zentralen Hemmfaktoren sind dabei recht gut bekannt.<br />

Zum einen handelt es sich um betriebswirtschaft-<br />

liche Rechnungsweisen, die im Zusammenwirken mit<br />

sozialrechtlichen Rahmenbedingungen einer Beschäftigung<br />

Älterer entgegenstehen:<br />

⊲ Missverhältnis von Investitionskosten <strong>und</strong> Amortisationszeit:<br />

die Aufwändungen für die Qualifizierung<br />

Älterer sind erheblich angesichts einer vergleichsweise<br />

kurzen Nutzungsdauer der Ressource.<br />

⊲ Prinzip der Senioritätsentlohnung: in einigen Branchen<br />

wächst, auch auf Gr<strong>und</strong>lage von Tarifverträgen,<br />

mit der Beschäftigungsdauer die Entgeltstufe<br />

leistungsunabhängig, so dass die Beschäftigung<br />

gleich qualifizierter Jüngerer betriebliche Kostenvorteile<br />

mit sich bringt.<br />

⊲ Spezifische sozialrechtliche Regelungen für Ältere<br />

gelten als Beschäftigungshindernis: darunter fällt<br />

beispielsweise der besondere Kündigungsschutz,<br />

der in manchen Fällen als Einschränkung der betrieblichen<br />

Handlungsfreiheit gewertet wird.<br />

Aber auch persistierende Defizitmodelle des Alterns<br />

spielen eine Rolle: von der Wirksamkeit gängiger Vorbehalte<br />

gegen Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Qualifizierungsfähigkeit<br />

älterer Arbeitnehmer in den Betrieben ist auszugehen.<br />

Es griffe jedoch zu kurz, lediglich „altes Denken“<br />

verantwortlich zu machen, das mit Hinweis auf<br />

die wissenschaftliche Widerlegung der Defizitmodelle<br />

mit Information <strong>und</strong> Aufklärung zurückgedrängt werden<br />

könnte. Allein mit einer Einstellungsänderung von<br />

Personalverantwortlichen ist dem Problem nicht beizukommen,<br />

weil sich durch Fehlsteuerungen der Vergangenheit<br />

Strukturen herausgebildet haben, die den Defizitmodellen<br />

Recht zu geben scheinen <strong>und</strong> eine entsprechende<br />

betriebliche Praxis prolongieren:<br />

⊲ Ältere Arbeitnehmer gelten als eingeschränkt leistungsfähig<br />

<strong>und</strong> belastbar.<br />

Seitens der Arbeitswissenschaft gilt diese Defizittheorie<br />

als widerlegt 20 , <strong>und</strong> zahlreiche Studien zeigen<br />

ein wesentlich differenzierteres Bild. Danach<br />

nehmen zwar insbesondere die rein körperlichen Kapazitäten<br />

mit dem biologischen Alter ab. Andere dagegen<br />

wie etwa die kognitiven Fähigkeiten der Intelligenz,<br />

Vorstellungskraft <strong>und</strong> Kreativität bleiben<br />

gleich. Und ein drittes Spektrum verzeichnet sogar<br />

19 „Humankapital ist schon jetzt der bestimmende Faktor für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft <strong>und</strong> wird in Zukunft noch wichtiger<br />

werden. Neben dem reinen Bestand oder auch Zuwachs an Humankapital kommt jedoch der ‚Logistik‘ immer größere Bedeutung<br />

zu. Wissen kann nur dann Nutzen bringen, wenn es zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht <strong>und</strong> an der richtigen Stelle eingesetzt<br />

wird.“ (BLK 2001, Anhang S. 5)<br />

20 „Das Ergebnis aller einschlägigen Untersuchungen ist eindeutig: Im Laufe der 30 bis 40 Jahre einer Erwerbsbiografie, die zudem bei<br />

vielen <strong>und</strong> insbesondere bei Frauen noch durch Nichterwerbsphasen unterbrochen ist, ändern sich Qualifikationsprofil <strong>und</strong> Einsatzfähigkeit<br />

der Arbeitskräfte, nicht aber die Arbeits- <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit. Empirische Untersuchungen zeigen bei der Altersgruppe der über<br />

45-Jährigen eine ansteigende Streuung der Leistungsfähigkeit, keineswegs aber einen generellen Rückgang; bei vielen Arbeitskräften<br />

nimmt die individuelle Leistungsfähigkeit im Gegenteil nach dem 45. Lebensjahr weiter zu.“ (Wolff/Spieß/Mohr 2001:21)<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 11


mit dem Alter einen Zuwachs an Leistungsfähigkeit.<br />

Hier sind insbesondere die sozialen Kompetenzen<br />

wie das Verantwortungsbewusstsein oder die Team<strong>und</strong><br />

Führungsfähigkeit zu nennen. So lässt sich insgesamt<br />

eher von einem Leistungswandel als von einer<br />

Leistungsabnahme auf Gr<strong>und</strong> des fortschreitenden<br />

Alters sprechen. 21<br />

Es ist aber festzuhalten, dass bei einem erheblichen<br />

Anteil der älteren Arbeitnehmer heute von ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Einschränkungen auszugehen ist, die<br />

sich in einer verminderten Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />

Belastbarkeit niederschlagen. 22 Versäumnisse beim<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz <strong>und</strong> eine nicht alternsgerechte<br />

Arbeitsorganisation haben nicht unwesentlich<br />

zum Entstehen dieser Lage beigetragen.<br />

Es wird allgemein anerkannt, dass frühzeitiger<br />

Verschleiß in vielen Fällen auf einseitig belastende<br />

Tätigkeiten zurückgeht (Heimer/Mohr/Wolff<br />

2001b:3), somit aber durch konsequenten betrieblichen<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz minimiert<br />

werden kann. Die Forderung, dem betrieblichen<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

des demographischen <strong>Wandel</strong>s eine wesentlich<br />

höhere Priorität einzuräumen, zieht sich daher<br />

durch die Mehrheit der aktuellen Publikationen<br />

zum Thema „ältere Arbeitnehmer". Umgekehrt<br />

bezieht sich auch die Fachöffentlichkeit zum Thema<br />

„Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz“ verstärkt auf<br />

den demographischen <strong>Wandel</strong>, da die Ergebnisse<br />

der modernen Arbeitswissenschaft viel zur Herstellung<br />

der „neuen Qualität der Arbeit“, wie sie für<br />

einen längeren Verbleib im Erwerbsleben erforderlich<br />

wird, beitragen können <strong>und</strong> müssen. 23<br />

⊲ Ältere Arbeitnehmer gelten als weniger flexibel <strong>und</strong><br />

motiviert, sich der kontinuierlichen Anpassung ihrer<br />

Qualifikation zu unterziehen, sowie als eingeschränkt<br />

lernfähig.<br />

Auch hier kann zunächst auf entgegenlautende Forschungsergebnisse<br />

verwiesen werden. Gleichwohl<br />

ist ebenso festzuhalten, dass die Wahrnehmung von<br />

Qualifizierungsverantwortlichen, dass sich bei Älteren<br />

Probleme bei der Motivation für <strong>und</strong> der<br />

Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen häufen,<br />

nicht nur als Folge einer vorurteilsbehafteten<br />

Sichtweise Älterer abgetan werden dürfen, sondern<br />

5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />

eine reelle strukturelle Basis im Sinne einer „Dequalifizierungsfalle“<br />

(Frölich u.a. 2002:230) haben:<br />

ein einseitiges, die geistigen Potenzen wenig forderndes<br />

Arbeitsumfeld <strong>und</strong> die Nichtbeteiligung an<br />

Qualifizierungsmaßnahmen führen zu Lernentwöhnung,<br />

die ihrerseits die beschriebenen Probleme<br />

zeugt, worauf sich weiterer Ausschluss von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

anschießt. Der Teufelskreis ist<br />

perfekt, <strong>und</strong> es bedarf daher gesonderter Anstrengungen,<br />

ihn zu überwinden <strong>und</strong> lernungewöhnte Erwachsene<br />

wieder an Qualifizierungsprozesse heranzuführen.<br />

Die Beurteilung des Potenzials von Jung <strong>und</strong> Alt entzieht<br />

sich damit einem Schwarz-Weiß-Schema. Beide<br />

Lebensalter sind durch ein unterschiedliches Leistungsprofil<br />

mit seinen jeweiligen Stärken <strong>und</strong> Schwächen gekennzeichnet:<br />

„Neue Besen kehren gut, aber die alten<br />

kennen die Ecken.“ (Politische Studien 2/2001:21) Der<br />

sinnvolle betriebliche Einsatz der verschiedenen Kapazitäten<br />

setzt natürlich eine Arbeitsorganisation voraus,<br />

bei der die beteiligten Mitarbeiter auch ihre jeweiligen<br />

Stärken zur Anwendung bringen können. Wichtig sind<br />

daher Förderprogramme <strong>und</strong> Modellprojekte, die besonders<br />

den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen helfen,<br />

einen alternsgerechten Umbau der betrieblichen Strukturen<br />

einzuleiten, der die beschriebenen Fehlentwicklungen<br />

längerfristig vermeidet.<br />

Integrativer Wissens- <strong>und</strong> Erfahrungstransfer<br />

WISSEN<br />

Stärken von Jüngeren Stärken von Älteren<br />

SCHLÜSSEL-<br />

QUALIFIKATIONEN<br />

GESUNDHEITLICHE<br />

LEISTUNGSFÄHIGKEIT<br />

Allgemeinwissen Ges<strong>und</strong>heitskompetenz<br />

neues Wissen (Produkte,<br />

Prozesse, Methoden, Stoffe)<br />

f<strong>und</strong>iertes Basiswissen<br />

(in sich strukturiert)<br />

f<strong>und</strong>iertes Spezialwissen<br />

(Randprobleme, Nischenwissen,<br />

Spezialprobleme)<br />

f<strong>und</strong>iertes Überblickwissen,<br />

Trendwissen<br />

f<strong>und</strong>ierte<br />

Problemlösungsstrategien<br />

(Quelle: Köchling 2000:37)<br />

organisatorisch-soziale<br />

Kompetenz<br />

Arbeitstugenden<br />

Veränderungskompetenz<br />

körperliche<br />

Leistungsfähigkeit<br />

geistige<br />

Leistungsfähigkeit<br />

Krankenstand,<br />

Fehlzeiten<br />

21 „Das Leistungspotenzial wächst mit dem Älterwerden qualitativ. Untersuchungen, Erfahrungen <strong>und</strong> Praxisevaluation bestätigen, dass<br />

beim Älterwerden ein Umbauprozess <strong>und</strong> kein Abbauprozess stattfindet:<br />

– Abbau körperlicher Leistungskapazitäten<br />

– Gleichbleiben in den psychischen Leistungskapazitäten (Aufmerksamkeit, Konzentration)<br />

– Zunahme der geistig-sozialen Kompetenz.“ (Buck u.a. 2002:86)<br />

22 S. Fußnote 12<br />

23 S. hierzu insb. Ilmarinen/Tempel 2002; als ein weiteres Beispiel von vielen: Arbeit & Ökologie-Briefe 8/2002:26–31.<br />

12 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

Darüber relativieren sich auch die eingangs zitierten<br />

Vorbehalte bezüglich zu hoher Qualifizierungskosten<br />

beim Humankapital älterer Mitarbeiter bei verkürzter<br />

Amortisationszeit sowie zu hoher Lohnkosten infolge<br />

des Senioritätsprinzips bei der Entgeltgestaltung. Denn<br />

der betriebswirtschaftliche Effekt Älterer entscheidet<br />

sich wie immer nicht ausschließlich an den aufgewändeten<br />

Kosten, sondern gleichfalls an der damit für<br />

den Betrieb erschlossenen Leistung. Und insofern hier<br />

sogar bei innovativer Arbeitsorganisation Vorteile erschlossen<br />

werden können, wird der betriebswirtschaftliche<br />

Effekt auch bei vergleichsweise höheren Kosten<br />

erreicht.<br />

Dass in vielen Fällen eine solche betriebswirtschaftliche<br />

Kalkulation vermutlich gar nicht mehr angestellt<br />

wurde, ist auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> zu sehen, dass ein<br />

jahrelang eingeschliffener Umgang mit dem Potenzial<br />

älterer Arbeitnehmer auch zu gewissen Verkrustungen<br />

geführt hat. Die lange Zeit gehegte Praxis der Frühverrentung,<br />

von der sich viele Unternehmen, wie oben<br />

gezeigt, bereits distanzieren, dürfte in einem gewissen<br />

Maße zu einer Stigmatisierung Älterer beigetragen haben.<br />

Es galt eben als „normal“, Ältere auf das ihrem<br />

Namen entsprechende Altenteil zu schicken. 24<br />

Diese Praxis, die schon in der Vergangenheit hinsichtlich<br />

des beabsichtigten Beschäftigungseffekts auf die<br />

Jüngeren zweifelhaft war, wird nun angesichts des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s endgültig prekär. Verschiedene<br />

staatliche Förderprogramme <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Initiativen wurden ins Leben gerufen, um „altem Denken“<br />

hinsichtlich älterer Arbeitnehmer entgegenzusteuern<br />

<strong>und</strong> die Betriebe beim Wechsel zu einer generationenübergreifenden,<br />

neuen Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

konzeptionell <strong>und</strong> finanziell zu unterstützen.<br />

6 Staatliche Fördermaßnahmen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen<br />

für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

6.1 Maßnahmen auf B<strong>und</strong>esebene<br />

Im Zentrum aller politischen Förderstrategien stehen<br />

die Unterstützung der Qualifizierung sowie die finanzielle<br />

Förderung von Beschäftigung <strong>und</strong> Wiedereingliederung<br />

Älterer.<br />

Arbeitsmarktpolitische Instrumente<br />

für die Älteren (50 Jahre <strong>und</strong> älter)<br />

Anteil der Älteren an<br />

Maßnahmen insgesamt allen Geförderten (%)<br />

Berufliche<br />

Weiterbildung 351 960 7.5<br />

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

203 601 33.5<br />

Strukturanpassungsmaßnahmen<br />

109 756 24.5<br />

Eingliederungszuschuss 90 535 39.2<br />

Trainingsmaßnahmen 47 492 12.3<br />

Jahresdurchschnittsbestand 2000.<br />

Quelle: B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (ibv 44/2001:3372)<br />

50 plus – die können es<br />

Auf B<strong>und</strong>esebene ist das Programm „50 plus - die<br />

können es“ zu nennen. 25 Mit diesem Projekt bemüht<br />

sich die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit, ältere Arbeitnehmer<br />

am Arbeitsmarkt besser zu positionieren. Die intensivierte<br />

Vermittlungstätigkeit wird durch Eingliederungszuschüsse<br />

(EGZ) flankiert. Für die Einarbeitungsphase<br />

werden auf 6 Monate 30% Lohnkostenzuschuss gezahlt,<br />

bei erschwerter Vermittelbarkeit sogar 50% auf<br />

12 Monate. Ältere über 50 Jahre können sogar mit einer<br />

Subventionierung von 50% auf 24 Monate rechnen.<br />

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Nutzung<br />

des Programms in den Arbeitsamtsbezirken Bremen<br />

<strong>und</strong> Bremerhaven:<br />

Nutzung des Programms „50 plus“<br />

in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven<br />

Arbeitsamtsbezirk<br />

Jahr Bremen Bremerhaven<br />

2001 113 116<br />

2002 (1.1.-30.6.) 121 66<br />

Eingliederungszuschüsse an Wirtschaftsbetriebe für Ältere (EGZ) in<br />

den 1. Arbeitsmarkt, Anzahl der Eingliederungen. Quelle: Arbeitsamt<br />

Bremen, Arbeitsamt Bremerhaven.<br />

24 „Das heißt, dass es den Unternehmen bisher gelang, sich eines Teils der Älteren in ihren Belegschaften durch die Praxis der Frühverrentung<br />

scheinbar sozialverträglich <strong>und</strong> im gesellschaftlichen Konsens zu entledigen. (...) Es hat sich offensichtlich so etwas wie eine<br />

(Un-)Kultur der Vorzeitverrentung herausgebildet.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:27)<br />

„Es gilt, die jahrzehntelang geförderte <strong>und</strong> praktizierte Altersdiskriminierung in den Betrieben <strong>und</strong> auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden.“<br />

(Enquete 2002:90)<br />

25 Im Internet: aeltere.arbeitsamt.de<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 13


6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

Die Eingliederungen erfolgten schwerpunktmäßig in<br />

Bremen in den Branchen Dienstleistung, Handel, Datenverarbeitung,<br />

Bau, Metall sowie im Handwerk, in<br />

Bremerhaven in der Metallbranche, Einzelhandel sowie<br />

in Büroberufen.<br />

Job-Aqtiv-Gesetz<br />

Das Job-Aqtiv-Gesetz effektiviert nicht nur die Vermittlungstätigkeit,<br />

sondern generiert auch neue Instrumente<br />

der Wiedereingliederung. Job-Rotation ist ein dual-use-<br />

Verfahren, das Belegschaftsangehörigen eines Betriebes<br />

den Weg in die Weiterbildung freimacht <strong>und</strong> in der<br />

Phase der Fortbildung externe arbeitslose Arbeitnehmer<br />

zur Einarbeitung <strong>und</strong> Eingewöhnung auf den temporär<br />

freien Arbeitsplatz führt. Das Ziel besteht letztlich in einem<br />

gleitenden Übergang zur Festeinstellung. Das Programm<br />

schließt zwar Ältere über 50 Jahre ein, ist aber<br />

nicht ausdrücklich auf diesen Kreis zugeschnitten. Zusätzlich<br />

werden nach dem Job-Aqtiv-Gesetz auch noch<br />

die Weiterbildungskosten für Mitarbeiter über 50 Jahre<br />

durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit übernommen, sofern<br />

die Betriebsgröße 100 Mitarbeiter nicht überschreitet.<br />

Altersteilzeitgesetz (AtG)<br />

In der Diskussion umstritten ist das Altersteilzeitgesetz<br />

(AtG). Damit wird älteren Arbeitnehmern ein gleitender<br />

Übergang in den Ruhestand eröffnet. Arbeitnehmer<br />

ab 55 Jahre können ihre Arbeitszeit halbieren <strong>und</strong> auf<br />

bis zu fünf Jahre verteilen. Allerdings zeigt die Praxis<br />

eine Annäherung dieses Modells an die alte Praxis der<br />

Frühverrentung. Das Blockmodell, das in manchen Tarifverträgen<br />

vereinbart ist, sieht nämlich vor, dass die<br />

Mitarbeiter in den ersten zweieinhalb Jahren in Vollzeit<br />

arbeiten bei vollen Bezügen, um anschließend in<br />

die Rente zu gehen (Heimer/Mohr/Wolff 2001b).<br />

6.2 Programme auf Länderebene<br />

Bremen/Bremerhaven: Landesprogramm „Ältere<br />

in Arbeit“<br />

Aber auch die Länder setzen eigene Schwerpunkte.<br />

So ist beispielsweise im Land Bremen das „Landesprogramm<br />

Ältere in Arbeit – Neue Beschäftigungschancen<br />

für ältere Arbeitnehmer“ (2001) hervorzuheben.<br />

Landes- sowie ESF-Mittel ergänzen die Eingliederungszuschüsse<br />

der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Ansprechpartner<br />

für dieses Programm sind die bremer arbeit<br />

gmbh (bag) <strong>und</strong> die Bremerhavener Arbeit GmbH<br />

(BRAG) (siehe Kasten). Sogenannte Strukturanpas-<br />

sungsmaßnahmen (SAM) fördern die Weiterbildung älterer<br />

Arbeitnehmer.<br />

Nutzung des Bremer Landesprogramms<br />

„Ältere in Arbeit“<br />

Jahr Bremen Bremerhaven<br />

2001 16 a<br />

2002 (1.1.-30.6.) 62 b 9 c<br />

Das Bremer Landesprogramm fördert mit ergänzenden Zuwendungen<br />

zum Zuschuss der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (Programm 50 plus) die<br />

Eingliederung Älterer in den 1. Arbeitsmarkt. Anzahl der geförderten<br />

Eingliederungen. a Zuständigkeit beim Senator für Arbeit. b Zuständigkeit<br />

BAG. c Zuständigkeit BRAG. Quelle: BAG, BRAG.<br />

Andere B<strong>und</strong>esländer wie etwa NRW flankieren die<br />

b<strong>und</strong>esweiten Programme wie „50 plus – die können<br />

es“ durch weitere Initiativen. Landesarbeitsministerien<br />

<strong>und</strong> Arbeitsämter haben hier mit einer Zeitarbeitsfirma<br />

eine Zusatzvereinbarung getroffen, nach der ältere Arbeitslose,<br />

die nicht länger als 12 Monate arbeitslos gemeldet<br />

sind, bevorzugt eingestellt werden. Mit einem<br />

Anschreiben an den betreffenden Adressatenkreis werden<br />

Interessenten für diesen Wiedereinstieg ins Berufsleben<br />

geworben.<br />

Ansprechpartner in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven<br />

Programm 50 plus<br />

⊲ Arbeitsamt Bremen: Herr Gerdes, 0421/178-10 13<br />

⊲ Arbeitsamt Bremerhaven: Herr Gruhl, 0471/94 49-201<br />

Bremer Landesprogramm „Ältere in Arbeit“<br />

⊲ Bremen (bag): Frau Jahn, 0421/95 84 89 333<br />

⊲ Bremerhaven (BRAG): Frau Kaap, 0471/92 63 66<br />

Info-Blatt zum Programm „Ältere in Arbeit“ in Bremerhaven im Anhang,<br />

Seite 50.<br />

Bremen/Bremerhaven: JobRotation<br />

JobRotation, nunmehr als Regelinstrument im SGB III<br />

verankert, bietet sich an, um gezielt die Arbeitsmarktchancen<br />

älterer Arbeitsloser im Rahmen von Stellvertreterlösungen<br />

zu verbessern. Die Kombination von<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> betriebspraktischem Einsatz setzt an<br />

zentralen Vorbehalten an, die oft gegen ältere arbeitslose<br />

Stellenbewerber ausschlagen. Auch im Land Bremen<br />

wird JobRotation unter diesem Gesichtspunkt eingesetzt<br />

(siehe Kasten). 26<br />

Andere beispielhafte Initiativen<br />

Zusätzlich existieren zahlreiche Initiativen von Handelskammern,<br />

Handwerkskammern, regionalen Arbeitsämtern<br />

<strong>und</strong> Instituten.<br />

So ist beispielsweise der überbetriebliche Qualifizierungsverb<strong>und</strong><br />

Chemnitz (TINA Netzwerk Chemnitz,<br />

siehe Kasten) mit einem Projekt in Erscheinung getreten,<br />

das Qualifizierungsmaßnahmen entwickelt <strong>und</strong> koordiniert,<br />

die den Wissenstransfer zwischen jüngeren<br />

26 Auch in anderen B<strong>und</strong>esländern richten sich JobRotation-Projekte primär an Problemgruppen des Arbeitsmarkts wie ältere Arbeitslose<br />

<strong>und</strong> Berufsrückkehrerinnen. (Beispiel: Job-Rotation in Mannheim, zusammengefasst in Heimer/Mohr/Wolff 2001a:18)<br />

14 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

JobRotation für ältere Arbeitnehmer 50+ beim alz<br />

Bremen-Nord<br />

⊲ 10 Teilnehmer, alle männlich.<br />

⊲ Laufzeit: Beginn 05.09.01–01.09.02, unterschiedliche<br />

Anfangszeiten je Teilnehmer, Laufzeit jeweils 2 Jahre,<br />

d.h. die Laufzeit des letzten Teilnehmers wird voraussichtlich<br />

am 30.08.04 beendet sein.<br />

⊲ Alter: 50 bis 60 Jahre, davon sind 6 Teilnehmer über 55<br />

Jahre.<br />

⊲ Berufe: Zimmerer, Tischler, Schlosser,<br />

Dreher, Elektroinstallateur <strong>und</strong> Großhandelskaufmann/<br />

Handelsfachpacker.<br />

⊲ Qualifizierungsplan: interne individuelle Qualifizierung<br />

an Hand von Qualifizierungsmodulen <strong>und</strong> externe Kurse<br />

der Teilnehmer je nach Notwendigkeit auf der Basis<br />

ihres Wissens- <strong>und</strong> Kenntnisstandes, Vorbereitung auf<br />

Stellvertretung.<br />

⊲ Betriebsakquisition: Verstärkte Werbung für Qualifizierung<br />

älterer Stammkräfte <strong>und</strong> Einsatz von älteren Stellvertretern<br />

im Betrieb, mit beruflicher Perspektive.<br />

Quelle: alz Bremen-Nord<br />

<strong>und</strong> älteren Mitarbeitern gewährleisten <strong>und</strong> unmittelbar<br />

praxisrelevant sind. Unter Federführung der IHK Südwestsachsen<br />

haben sich zahlreiche Betriebe in einem<br />

Projektverb<strong>und</strong> für betriebliche Weiterbildung zusammengef<strong>und</strong>en,<br />

um eine „generationen- <strong>und</strong> unternehmensübergreifende<br />

Rotation von Erfahrungen <strong>und</strong> Wissen“<br />

(Heimer/Mohr/Wolff 2001a:11) zu organisieren.<br />

Für eine optimale Praxisnähe wurde die von den Weiterbildungsinstituten<br />

konzipierte Qualifizierung in die<br />

Unternehmen selbst verlagert. Damit ist für ein permanentes<br />

Feedback zwischen Theoriebildung <strong>und</strong> Anwendung<br />

gesorgt, das die Feinabstimmung zwischen Qualifizierung<br />

<strong>und</strong> betrieblichem Nutzen verbessern hilft.<br />

Die Handwerkskammer Hamburg beschreitet neue Wege<br />

in der Arbeitsvermittlung <strong>und</strong> Personalberatung.<br />

Ausgangspunkt der Überlegungen ist das bekannte Mismatch<br />

am Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite klagen<br />

Handwerksbetriebe über fehlende Fachkräfte. Auf der<br />

anderen Seite suchen jüngere wie ältere Facharbeiter<br />

einen Arbeitsplatz. Die von der Handwerkskammer gegründete<br />

Personalberatungsagentur will Betriebe <strong>und</strong><br />

Langzeitarbeitslose zusammenführen <strong>und</strong> nutzt dazu<br />

die einschlägigen Fördermaßnahmen der BfA. Die Personalberatungsagentur<br />

ist mittlerweile zu einem privatwirtschaftlich<br />

organisierten Dienstleister des gesamten<br />

Handwerks aufgestiegen. Sie übernimmt die Suche<br />

nach geeigneten Arbeitskräften, erstellt Leistungs- <strong>und</strong><br />

Anforderungsprofile <strong>und</strong> trifft eine Vorauswahl unter<br />

den möglichen Bewerbern. Damit übernimmt sie in Bezug<br />

auf eine Vielzahl von kleinen Handwerksbetrieben<br />

die Funktion einer Personalabteilung in einem Großbetrieb<br />

(Heimer/Mohr/Wolff 2001a:17).<br />

27 Eine umfassende Sammlung von Strukturdaten bietet auch BeitrAB 218 1999.<br />

Das TINA Netzwerk in Chemnitz: Altersgerechte Weiterbildung<br />

im Projektverb<strong>und</strong><br />

1992/93 fanden sich unter der Leitung der IHK Südwestsachsen<br />

vorrangig technologieorientierte Forschungs- <strong>und</strong><br />

Beratungsfirmen <strong>und</strong> Unternehmen aus der Region zu einem<br />

Projektverb<strong>und</strong> für betriebliche Weiterbildung zusammen.<br />

Durch die frühzeitige Einbeziehung der Unternehmen<br />

<strong>und</strong> ihrer Mitarbeiter in die Planung von Weiterbildungsprozessen<br />

konnte von Anfang an eine große Praxisrelevanz erreicht<br />

werden. Das führte wiederum zu einer großen Akzeptanz<br />

bei den zu qualifizierenden Mitarbeitern.<br />

Durch die externe Unterstützung bei der Themensuche <strong>und</strong><br />

-formulierung <strong>und</strong> der konzeptionellen Gestaltung von Lehrinhalten<br />

stellten die beteiligten Unternehmen fest, dass sie<br />

selbst (zumeist ältere) kompetente Mitarbeiter haben, die<br />

zu einigen Themen bereits Erfahrungen <strong>und</strong> entsprechendes<br />

Wissen besitzen. Diese Mitarbeiter wurden als Trainer<br />

gewonnen <strong>und</strong> vermittelten ihr Wissen an Mitarbeiter auch<br />

anderer Unternehmen. Da aus den verschiedenen Unternehmen<br />

sowohl die älteren, erfahrenen als auch junge, mit<br />

neuem Wissen ausgestattete Mitarbeiter mitwirkten, entwickelte<br />

sich eine generationen- <strong>und</strong> unternehmensübergreifende<br />

Rotation von Erfahrungen <strong>und</strong> Wissen.<br />

Die Qualifizierung wurde von den Weiterbildungsinstituten<br />

in die Unternehmen verlagert, d.h. die klassische Gestaltung<br />

der Qualifizierung wurde aufgelöst zugunsten einer<br />

problem- <strong>und</strong> unternehmensorientierten Weiterbildung vor<br />

Ort. Damit können die theoretischen Erkenntnisse <strong>und</strong> Inhalte<br />

auf ihren praktischen Bestand getestet werden <strong>und</strong> in<br />

der Konfrontation mit praktischen Problemen einen dynamischen<br />

Charakter erhalten. Der Trainer wächst immer mehr<br />

in die Rolle eines Moderators selbstgesteuerter Wissensaneignung<br />

<strong>und</strong> Erfahrungsgewinnung hinein.<br />

Die enge Verbindung von Wissensvermittlung mit praktischen<br />

Unternehmenserfahrungen macht die in dieser Form<br />

organisierte Weiterbildung auch für ältere Arbeitnehmer besonders<br />

attraktiv. Sie können ihre Erfahrungen, z.B. auch<br />

als Trainer in bestimmten Themenfeldern, aktiv einbringen<br />

<strong>und</strong> erhalten damit die Möglichkeit, neues Wissen zu generieren<br />

<strong>und</strong> mit ihren Erfahrungen zu vergleichen. Durch<br />

den Ausgleich der Veränderungen in den körperlichen Leistungsvoraussetzungen<br />

mit einer erfolgsgeleiteten Wissensweitergabe<br />

können sie besser den Wert ihrer Arbeit bis zum<br />

Ende ihrer Erwerbstätigkeit erhalten <strong>und</strong> mit dem Tempo der<br />

andauernden Veränderungen Schritt halten. Für die Unternehmen<br />

bedeutet das eine verbesserte Chance, die Erfahrungen<br />

kombiniert mit aktuellem Wissen länger verfügbar<br />

zu haben.<br />

D. Israel, B. Schädlich, ATB GmbH Chemnitz<br />

(Quelle: Heimer/Mohr/Wolff 2001a:11)<br />

Erfahrungen aus dem europäischen Ausland<br />

Auch Erfahrungen aus dem europäischen Ausland können<br />

Diskussion <strong>und</strong> Umsetzung alternsgerechter Strukturen<br />

befördern. Ilmarinen/Tempel (2002) bieten umfangreiche<br />

Ländervergleiche zu relevanten Parametern<br />

<strong>und</strong> interessante Beispiele vor dem Hintergr<strong>und</strong> des finnischen<br />

Nationalprogramms „Altern <strong>und</strong> Arbeit“ in den<br />

Jahren 1998–2002. 27<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 15


6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

6.3 Internet-Plattform www.demotrans.de<br />

Unter www.demotrans.de erreicht man die Homepage<br />

des Projekts „Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong><br />

demografischer <strong>Wandel</strong>“. Dieses Transferprojekt wurde<br />

vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung im<br />

Herbst 1999 gestartet, um bereits im Rahmen des Forschungsverb<strong>und</strong>es<br />

„Demografischer <strong>Wandel</strong>“ erarbeitete<br />

Lösungsansätze zur Förderung der Alterserwerbstätigkeit<br />

auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen. Das<br />

Projekt soll damit zur aktiven Gestaltung des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s beitragen, für dessen Folgen sensibilisieren,<br />

gesellschaftliche Akteure, Erwerbstätige <strong>und</strong><br />

Betriebe beraten <strong>und</strong> praktische Lösungen erarbeiten<br />

<strong>und</strong> verbreiten.<br />

Demotrans|Öffentlichkeits - <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong>|Demografischer <strong>Wandel</strong><br />

http://www.demotrans.de/<br />

Seite 1 von 1<br />

Das Projekt wird vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) im Rahmen des Programmes "Innovative Arbeitsgestaltung - Zukunft der<br />

Arbeit"gefördert.<br />

Förderkennzeichen: 01HH9901/0<br />

Auf der Homepage findet sich neben zahlreichen Links<br />

<strong>und</strong> Literaturhinweisen zum Thema reichhaltiges Material<br />

zum Projekt, den Projektpartnern <strong>und</strong> Projektergebnissen.<br />

Das inhaltliche Angebot deckt folgende Felder<br />

ab:<br />

⊲ Thematische Schwerpunkte<br />

Themeneinstieg: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit,<br />

ausgewogene Altersstrukturen <strong>und</strong> betriebliche Innovationsfähigkeit,<br />

alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong><br />

Personalpolitik, Beschäftigung <strong>und</strong> neue Tätigkeitsfelder<br />

für Ältere<br />

⊲ Zielgruppen/Branchen<br />

Produktionsbereich, IT-Bereich, FuE-Bereich,<br />

Handwerk, Pflegebereich, Arbeitsmarktakteure,<br />

Kammern/Verbände, Berater<br />

⊲ Lösungsansätze/Good Practices<br />

Beschäftigung, Arbeits- <strong>und</strong> Laufbahngestaltung,<br />

altersgemischte Teamarbeit, Kompetenzerhalt <strong>und</strong><br />

-entwicklung, Sicherstellung der Innovationsfähigkeit,<br />

Bewältigung von Altersstrukturproblemen,<br />

Demographie-Initiative<br />

Insbesondere die letzten beiden Punkte bieten eine Fülle<br />

praxisrelevanten Materials, das bei der Gestaltung regionaler<br />

Projekte zur Unterstützung des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s in den Betrieben wertvolle Beispiele<br />

<strong>und</strong> Anregungen liefern kann. 28<br />

6.4 Internet-Plattform www.inqa.de<br />

Unter www.inqa.de präsentiert sich, gefördert vom<br />

B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, die<br />

„Initiative Neue Qualität der Arbeit“ als Zusammenschluss<br />

von B<strong>und</strong>, Ländern, Sozialversicherungspartnern<br />

<strong>und</strong> Gemeinden. „Mit INQA wollen die Initiativpartner<br />

die Interessen der Menschen an positiven,<br />

ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen<br />

mit der Notwendigkeit wettbewerbsfähiger<br />

Arbeitsplätze verbinden. Der Leitgedanke lautet:<br />

‚Gemeinsam handeln – jeder in seiner Verantwortung.‘<br />

“ (www.inqa.de/middle.php)<br />

inqa.de - Initiative Neue Qualität der Arbeit<br />

Zur Version für<br />

sehbehinderte <strong>und</strong> blinde Menschen<br />

http://www.inqa.de<br />

Seite 1 von 1<br />

Die Initiative strebt dabei auch vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der demographischen Entwicklung anforderungsreiche<br />

Arbeitsinhalte, partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />

zwischen Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern, berufliche<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Ges<strong>und</strong>heitsschutz <strong>und</strong> eine<br />

menschengerechte Gestaltung der Arbeitswelt, mehr<br />

Flexibilität in der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> eine stärkere<br />

Berücksichtigung familiärer Interessen an. Hierfür wird<br />

ein breiter gesellschaftlicher Diskurs angestrebt. Es sollen<br />

gemeinsam Konzepte zu einer Verbesserung der Arbeit<br />

<strong>und</strong> entsprechende Maßnahmen entwickelt werden.<br />

Verfahren <strong>und</strong> Instrumente sowie Beispiele „guter Praxis“<br />

sollen erarbeitet oder vorhandene gesammelt <strong>und</strong><br />

verbreitet werden.<br />

28 Eine gute Übersicht bietet die Veröffentlichung „Handlungsanleitungen für eine alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong> Personalpolitik“ (Demographie<br />

<strong>und</strong> Erwerbsarbeit 2000; Download unter www.demotrans.de/documents/BR_DE_BR5.pdf.)<br />

16 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

Die Internetplattform bietet Links <strong>und</strong> Informationen<br />

über bereits heute verfügbare Beispiele aus Betrieben,<br />

die zeigen, wie Arbeitsbedingungen zukunftsgerecht<br />

gestaltet werden können.<br />

Ältere Mitarbeiter – Leitfaden für die Praxis<br />

Die B<strong>und</strong>esvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA)<br />

hat einen Leitfaden für Unternehmen herausgebracht, der<br />

sich mit dem Zukunftsthema „Ältere Mitarbeiter im Betrieb“<br />

beschäftigt. Stark anwendungsorientiert behandelt wird zunächst<br />

die betriebliche Personalpolitik als „Schlüssel zur Erhaltung<br />

generationsübergreifender Innovations- <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit“.<br />

Es schließen sich an eine aktuelle Darstellung<br />

der Fördermöglichkeiten für Betriebe <strong>und</strong> ältere Arbeitnehmer<br />

(SGB III, Altersteilzeit, Zeitarbeit) <strong>und</strong> Forderungen<br />

der BDA zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.<br />

BDA (Hrsg.): Ältere Mitarbeiter im Betrieb – Ein Leitfaden<br />

für Unternehmer, 62 Seiten, Berlin 2002, kostenloser<br />

Bezug bei der BDA, FAX: 030/20 33 14 05 oder eMail<br />

Abt_04@bda-online.de.<br />

Quelle: Bildungsbrief, Informationen für die Personalarbeit. Ein Service<br />

des Fachverlags Deutscher Wirtschaftsdienst, 4/2002. – Die<br />

genannte Broschüre kann auch als PDF-Datei von den Internetseiten<br />

der BDA heruntergeladen werden.<br />

7 Stand der Forschung: Ergebnisse,<br />

offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

Das Thema „Ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen“<br />

ist in jüngster Zeit zu einem wichtigen Gegenstand<br />

der sozialwissenschaftlichen Forschung geworden.<br />

Zahlreiche Forschungsprojekte haben sich den<br />

vielfältigen Facetten des Untersuchungsfelds angenommen.<br />

29<br />

Eine umfassende Zusammenstellung von Material zum<br />

Thema bietet die regelmäßig aktualisierte Dokumentation<br />

des Instituts für Arbeitsmarkt <strong>und</strong> Berufsforschung<br />

(IAB) (Wagner 2000). In dieser mehr als 3 cm<br />

starken Dokumentationsmappe sind Literaturnachweise<br />

<strong>und</strong> Archivmaterial zu den Themen „Soziodemografische<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Arbeitsmarkt“, „Zur Arbeitsmarktsituation<br />

Älterer“, „Von der jugendzentrierten zur<br />

generationenübergreifenden Personalpolitik in Unternehmen“,<br />

„Altersgrenzenpolitik“ <strong>und</strong> „Arbeitsmarktpolitische<br />

Herausforderungen“ zusammengestellt.<br />

Ein ebenfalls noch aktueller Dokumentationsband des<br />

B<strong>und</strong>esinstituts für Berufsbildung (BIBB) (Gravalas<br />

1999) bietet unter anderem <strong>und</strong> ohne Anspruch auf<br />

Vollständigkeit Hinweise auf allein über 232 deutschsprachige<br />

Veröffentlichungen zwischen 1992–1999 zu<br />

den verschiedenen Aspekten des Gegenstands. In ihrem<br />

Vorwort weist Gravalas jedoch auch darauf hin,<br />

dass sich die vorliegenden sozialwissenschaftlichen<br />

Forschungsarbeiten dem Thema bisher vorwiegend mit<br />

sek<strong>und</strong>ärstatistischen Methoden <strong>und</strong> Literaturanalysen<br />

angenähert haben, also „das Forschungsfeld erst einmal<br />

sondiert“ haben; empirische Erhebungen, insbesondere<br />

umfassende Repräsentativerhebungen gab es nur wenige.<br />

(Gravalas 1999:9)<br />

Im Folgenden werden daher drei aktuelle empirische<br />

Studien kurz vorgestellt, die zugleich einen Bezugsrahmen<br />

für die vorliegende regionale qualitative Studie bildeten:<br />

⊲ eine quantitative, repräsentative b<strong>und</strong>esweite Befragung<br />

in Ausbildungsbetrieben, durchgeführt im<br />

Rahmen des Referenz-Betriebs-Systems (RBS) des<br />

BIBB im Frühjahr 1999,<br />

⊲ eine quantitative, repräsentative Erhebung mit regional<br />

auswertbaren Ergebnissen, erhoben im Zuge der<br />

Durchführung des IAB-Panels 2000,<br />

⊲ eine qualitative Untersuchung (Expertengespräche<br />

mit Personalverantwortlichen) im Auftrag des IAB,<br />

Expertengespräche in 154 deutschen Unternehmen,<br />

veröffentlicht in den MitAB 2001/4.<br />

7.1 Aktuelle empirische Bef<strong>und</strong>e zum Thema<br />

„Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“<br />

7.1.1 Quantitative Befragung im Rahmen des<br />

BIBB Referenz-Betriebs-Systems (RBS)<br />

Das Referenz-Betriebs-System (RBS) wurde vom<br />

BIBB als Instrument zur regelmäßigen Erhebung empirischer<br />

Daten zu aktuellen Fragen der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

ins Leben gerufen. Seit 1994 werden regelmäßig<br />

Betriebsbefragungen durchgeführt.<br />

Das zugr<strong>und</strong>e liegende Panel von Ausbildungsbetrieben<br />

umfasst derzeit ca. 1 500 Betriebe, die sich zur regelmäßigen<br />

Teilnahme an bis zu vier Befragungsr<strong>und</strong>en<br />

pro Jahr bereit erklärt haben. Die einzelnen Befragungen<br />

sind jeweils aktuellen Fragestellungen gewidmet,<br />

die nicht nur berufsbildungspolitische Fragestellungen<br />

umfassen. So widmet sich die aktuellste Auswertung<br />

dem Thema „grenzüberschreitende Mobilität“.<br />

29 Das Anliegen, den Stand der Forschung auch nur annähernd vollständig darzustellen, liegt jenseits der Funktion dieses Monitoring-<br />

Berichts. Vielmehr soll ein knapper Überblick über den Gegenstand gegeben werden; die dabei zitierte Literatur stellt somit nur einen<br />

kleinen Ausschnitt des vorliegenden Materials dar. Ein weitergehendes Interesse sei insbesondere auf die beiden im Folgenden genannten<br />

Literaturzusammenstellungen des BIBB (Gravalas 1999) <strong>und</strong> des IAB (Wagner 2000) verwiesen.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 17


Die Ergebnisse, die auch den teilnehmenden Betrieben<br />

zur Verfügung gestellt werden, stehen im Internet zum<br />

Download bereit. 30<br />

Altersstruktur <strong>und</strong> Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />

für die Betriebe<br />

Die RBS-Information 14 vom August 1999 wertet die<br />

Ergebnisse einer Befragungsr<strong>und</strong>e aus, die unter dem<br />

Thema „ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen“ im<br />

Frühjahr 1999 durchgeführt wurde. Neben einer Auswertung<br />

der Altersstruktur, die ausgerichtet am Durchschnittsalter<br />

der Beschäftigten zu einer Aufteilung in<br />

„junge, mittlere, alte“ Betriebe genutzt wird, die in<br />

der weiteren Auswertung als Differenzierungskriterium<br />

dient, wurden die Betriebe nach der erwarteten Entwicklung<br />

des Durchschnittsalters gefragt. R<strong>und</strong> 60 Prozent<br />

der Betriebe erwarteten keine Änderung. Von den<br />

Übrigen rechnete allerdings eine Mehrheit mit einer<br />

weiteren Verjüngung der Belegschaft (30 Prozent der<br />

Betriebe), während nur 10 Prozent von einem steigenden<br />

Altersdurchschnitt ausgingen.<br />

Die RBS-Befragung ermittelte auch die betriebliche<br />

Einschätzung der Bedeutung älterer Arbeitnehmer. Die<br />

folgende Tabelle gibt Fragestellung <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

wieder.<br />

Bedeutung Älterer für die Betriebe (BIBB-RBS 1999)<br />

Ältere sind eine Belastung<br />

Ältere sind in ihrer Leistungsfähigkeit<br />

eingeschränkt<br />

Ältere sind unverzichtbar<br />

Ältere sind ein wichtiges Potential<br />

Quelle: BIBB (RBS 14/1999)<br />

1%<br />

2%<br />

8%<br />

6%<br />

18%<br />

30%<br />

41%<br />

57%<br />

43%<br />

51%<br />

0 20 40 60 80<br />

trifft gar nicht zu trifft überwiegend zu trifft voll zu<br />

7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

62%<br />

81%<br />

Die Resultate vermitteln ein widersprüchliches Bild. 92<br />

Prozent der Betriebe halten ältere Arbeitnehmer für unverzichtbar;<br />

ein wichtiges Potenzial können aber nur<br />

57 Prozent in den älteren Arbeitnehmern entdecken.<br />

43 Prozent sehen die Leistungsfähigkeit Älterer eingeschränkt,<br />

<strong>und</strong> immerhin 20 Prozent stimmen der Aussage<br />

zu, Ältere seien eine Belastung für den Betrieb.<br />

Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Befragung:<br />

nur ein geringer Teil der Betriebe führt besondere innerbetriebliche<br />

Maßnahmen <strong>und</strong> Programme spezifisch<br />

für Ältere durch. In Bezug auf die Weiterbildung geben<br />

30 www.bibb.de/forum/projekte/rbs/rbs_info.htm<br />

31 S. hierzu die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung in Kapitel 11.<br />

beispielsweise nur 18 Prozent der Befragten an, Weiterbildungsmaßnahmen<br />

spezifisch für Ältere durchzuführen.<br />

Die Aufklärung des Hintergr<strong>und</strong>s dieses Ergebnisses<br />

muss im Rahmen der quantitativen Befragungsmethode<br />

offen bleiben 31 : „Dieser Bef<strong>und</strong> mag darauf<br />

verweisen, dass es von Seiten der Betriebe keinen weitergehenden<br />

Bedarf an speziellen Maßnahmen für ältere<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen gibt, weil Ältere<br />

in die allgemeinen betrieblichen Aktivitäten integriert<br />

sind <strong>und</strong> von sich aus mithalten können. Er kann jedoch<br />

auch dahin gehend interpretiert werden, dass in<br />

Betrieben angesichts alternder Belegschaften nur ganz<br />

allmählich die Erkenntnis wächst, dass Älteren im Rahmen<br />

von Maßnahmen <strong>und</strong> Programmen spezielle Aufmerksamkeit<br />

zuteil werden muss.“ (RBS 14/1999, 4)<br />

7.1.2 Quantitative Befragung im Rahmen des<br />

IAB-Betriebspanels 2000<br />

Das IAB-Betriebspanel ist eine auf Fragestellungen<br />

der Arbeitsmarktforschung ausgerichtete, umfangreiche<br />

<strong>und</strong> thematisch breit angelegte Betriebsbefragung,<br />

die seit 1993 – seit 1996 auch in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />

– regelmäßig im Auftrag der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />

durch Infratest Sozialforschung durchgeführt wird.<br />

Seit 2000 wurden die regionalen Stichproben u.a. in<br />

Bremen/Bremerhaven deutlich aufgestockt, um länderspezifische<br />

Auswertungen <strong>und</strong> Vergleiche zu ermöglichen.<br />

Die Auswertung des Panels Bremen 2000 oblag<br />

dem BAW Institut für Wirtschaftsforschung, erfolgte im<br />

Auftrag des Senators für Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit, Frauen,<br />

Jugend <strong>und</strong> Soziales sowie des Senators für Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Häfen <strong>und</strong> wurde im Oktober 2001 veröffentlicht<br />

(Wehling 2001).<br />

Die Stichprobenziehung basiert auf der Betriebsdatei<br />

der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit, bezieht also alle Betriebe<br />

mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen<br />

Beschäftigten ein <strong>und</strong> ermöglicht eine hohe Qualität<br />

der gewonnenen Stichproben. Im Land Bremen wurden<br />

3 026 Betriebe in das Panel aufgenommen.<br />

Bei einer Rücklaufquote von 30% lagen der regionalen<br />

Auswertung Fragebögen aus 647 Bremer <strong>und</strong> 261<br />

Bremerhavener Betrieben (insgesamt 908 Betriebe) zugr<strong>und</strong>e.<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

Im Rahmen des umfassenden Befragungskonzepts des<br />

IAB-Betriebspanels wurde den Betrieben auch ein Fra-<br />

18 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

genkomplex zum Thema „Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“<br />

vorgelegt. Fragestellungen <strong>und</strong> Ergebnisse<br />

werden in der folgenden Tabelle wiedergegeben.<br />

Einschätzung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

(IAB-Betriebspanel 2000)<br />

Land Bremen westl. B<strong>und</strong>esgebiet<br />

alle größere∗ alle größere<br />

Betriebe Betriebe Betriebe Betriebe<br />

im Prinzip genauso<br />

leistungsfähig<br />

71 67 77 72<br />

Mangel an Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> -bereitschaft<br />

Probleme nur bei<br />

altersgerechtem Einsatz<br />

zu vermeiden<br />

sinnvoll, altersgemischte<br />

Teams zu bilden<br />

ältere Arbeitnehmer in<br />

Qualifizierungsmaßnahmen<br />

einbeziehen<br />

von älteren Arbeitnehmern<br />

trennen, um Über-<br />

alterung zu verhindern<br />

26 38 21 26<br />

45 55 52 44<br />

81 73 81 87<br />

73 80 80 84<br />

6 13 6 8<br />

Anteil der Nennungen an Betrieben, die Erfahrungen mit älteren<br />

Arbeitnehmern haben, in %. ∗ Betriebe mit 100–499 Beschäftigten.<br />

Quelle: Infratest - III - 7 (Wehling 2001:43).<br />

Die Auswertung führt auch hier zu einem widersprüchlichen<br />

Bef<strong>und</strong>. Zum einen lassen sich die Antworten in<br />

dem Sinn interpretieren, dass die Betriebe nur geringe<br />

Probleme bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />

sehen. Der detaillierte Blick führt jedoch auch hier zu<br />

einer skeptischeren Einschätzung. Zwei Drittel der im<br />

IAB-Panel beteiligten Betriebe beschäftigen keine älteren<br />

Arbeitnehmer; ihre Stellung zu Älteren geht daher<br />

nicht in die Befragung <strong>und</strong> Auswertung ein. 32 Auch<br />

weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass von<br />

den Betrieben, die diesen Fragenkomplex beantwortet<br />

haben, Probleme mit Älteren implizit eingeräumt werden,<br />

wenn sie einen „altersgerechten Einsatz“ für unverzichtbar<br />

halten. Den Einbezug Älterer in Qualifizierungsmaßnahmen<br />

befürwortet eine große Mehrheit der<br />

Betriebe, wobei aber offen bleibt, ob <strong>und</strong> wie dies bereits<br />

in den Betrieben erfolgt. (Wehling 2001:42f)<br />

Von einer bremenspezifischen Abweichung der Antworten<br />

vom B<strong>und</strong>esschnitt geht die BAW-Auswertung<br />

nicht aus; die feststellbaren Unterschiede werden als<br />

methodenbedingt erklärt. (Wehling 2001:43)<br />

7.1.3 Qualitative Studie des IAB (Koller/Gruber<br />

2001)<br />

Unter den zahlreichen Arbeiten zu diesem Thema ist<br />

des Weiteren die jüngst erschienene Studie von Barbara<br />

Koller <strong>und</strong> Hannelore Gruber (IAB) hervorzuheben,<br />

die einen qualitativen Forschungsansatz verfolgt.<br />

Gegenstand war die Frage, wie Personalverantwortliche<br />

in den Betrieben ältere Arbeitnehmer als Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> als Stellenbewerber einschätzen <strong>und</strong> bewerten.<br />

Konkret hatte die Untersuchung zum Ziel, „möglichst<br />

offen, aber basierend auf dem bisherigen Forschungsstand,<br />

die Rolle des Alters bei Personalentscheidungen<br />

<strong>und</strong> den Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine<br />

Rolle spielen, nachzugehen.“ (Koller/Gruber 2001:483)<br />

Die Ergebnisse basieren hier auf Experteninterviews<br />

mit 154 Personalverantwortlichen. Eine Repräsentativität<br />

wurde nicht angestrebt, vielmehr sollten die Einstellungen,<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Bewertungen der Gesprächspartner<br />

in ihrer Differenziertheit erfasst werden. Dieses<br />

Kriterium bestimmte auch die Betriebsauswahl (Branchen,<br />

B<strong>und</strong>esländer, Betriebsgrößen).<br />

Die Interviews wurden bereits Ende 1997 durchgeführt.<br />

Vermutlich auch bedingt durch den hohen Aufwand einer<br />

qualitativen Datenanalyse erfolgte die Veröffentlichung<br />

jedoch erst in MitAb 4/2001 <strong>und</strong> konnte daher<br />

bei der Vorbereitung unserer regionalen Befragung<br />

nicht mehr so berücksichtigt werden, wie es auf Gr<strong>und</strong><br />

der thematischen <strong>und</strong> methodischen Nähe wünschenswert<br />

gewesen wäre.<br />

Ergebnisse 33<br />

Koller/Gruber geben zunächst einen f<strong>und</strong>ierten Überblick<br />

über die verschiedenen theoretischen Ansätze zur<br />

Erklärung der geringeren Wiedereinstellungschancen<br />

älterer Arbeitnehmer. Dabei werden Weiterentwicklungen<br />

der neoklassischen Arbeitsmarktmodelle (Humankapitaltheorie,<br />

Modell der Senioritätsentlohnung u.a.),<br />

Segmentationsansätze <strong>und</strong> sozialwissenschaftliche Ansätze<br />

berücksichtigt.<br />

32 Die Fragen zum Thema „ältere Arbeitnehmer“ waren nur von den Betrieben des IAB-Panels zu beantworten, die Erfahrungen mit älteren<br />

Arbeitnehmern haben. In der Auswertung wird davon ausgegangen, dass dies mit den Betrieben, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen,<br />

in eins fällt. Man kann – wie im Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft geschehen (iwd 33 vom 15.8.2002) – diese<br />

Gleichsetzung kritisch hinterfragen. In der Tat könnten einzelne Unternehmen, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen, die Frage nach<br />

„Erfahrungen mit Älteren“ verneint haben, da „es in der Zusammenarbeit mit der reiferen Generation besondere Vorkommnisse“ (ebd.)<br />

nicht gab. Die Gültigkeit der IAB-Ergebnisse dürfte davon insgesamt aber nur wenig tangiert sein.<br />

33 Eine umfassende Würdigung der Ergebnisse liegt außerhalb des Rahmens des vorliegenden Monitoring-Berichts. Im Folgenden wird<br />

daher nur auf einige Ergebnisse eingegangen, die als Hintergr<strong>und</strong> der regionalen Untersuchung besonders wichtig erscheinen. Für einen<br />

Gesamteindruck drucken wir den Abstract der Untersuchungsergebnisse im Kasten (Seite 20) ab. Es sei jedoch allen Akteuren ans Herz<br />

gelegt, die Studie in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis zu nehmen.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 19


Zentrale Ergebnisse der qualitativen IAB-<br />

Untersuchung<br />

⊲ Die allgemeine Haltung war: Man braucht junge<br />

<strong>und</strong> ältere Mitarbeiter. Junge Mitarbeiter für die Arbeitsplätze,<br />

die „neue“ Qualifikationen erfordern,<br />

bei denen es auf körperliche <strong>und</strong> nervliche Belastbarkeit<br />

oder auf Schnelligkeit <strong>und</strong> Flexibilität ankommt.<br />

Ältere Mitarbeiter braucht man für Führungsfunktionen<br />

auf allen Hierarchieebenen, für<br />

Ausbildungsfunktionen <strong>und</strong> ganz allgemein, wenn<br />

Erfahrung sowie fachliches <strong>und</strong> betriebsspezifisches<br />

Wissen gefragt sind.<br />

⊲ Daraus ergeben sich nicht automatisch gute Beschäftigungschancen<br />

für externe ältere Bewerber.<br />

Von diesen Arbeitsplätzen gibt es insgesamt weniger,<br />

es handelt sich um attraktive Aufstiegspositionen<br />

für die eigenen Mitarbeiter <strong>und</strong> es gibt gute<br />

Gründe, diese als Stellenbewerber zu berücksichtigen.<br />

Auch die Vorstellungen von einer wünschenswerten<br />

oder „normalen“ Altersstruktur des<br />

Betriebes, die immer noch am Bild einer Alterspyramide<br />

orientiert sind, wenden sich gegen ältere<br />

Bewerber.<br />

⊲ Gegen die Einstellung Älterer spricht aus Sicht<br />

der Personalverantwortlichen auch das Interesse<br />

der Betriebe an möglichst langfristigen Beschäftigungsverhältnissen.<br />

Gleichzeitig wird die Befürchtung<br />

geäußert, Ältere nicht mehr los zu werden<br />

<strong>und</strong> zwar nicht allein wegen Kündigungsschutzvorschriften,<br />

sondern auch, weil man sich in einer größeren<br />

sozialen Verpflichtung sieht – um diese zu<br />

vermeiden, werden Ältere gar nicht erst eingestellt.<br />

⊲ Den Personalverantwortlichen ist bewusst, dass<br />

Arbeitslosigkeit jeden treffen kann, aber viele gehen<br />

davon aus, dass man bei Eigeninitiative <strong>und</strong><br />

der Bereitschaft, zurückzustecken, nicht arbeitslos<br />

bleiben muss. Vor allem wird Arbeitslosen unterstellt,<br />

dass sie sehr schnell die Eigenschaften, für<br />

die das Alter eigentlich steht, nämlich Zuverlässigkeit,<br />

gefestigtes Wissen <strong>und</strong> Arbeitsdisziplin, verlieren.<br />

Insgesamt ergab sich durch die Untersuchung, dass<br />

in vielen unterschiedlichen Bereichen angesetzt werden<br />

muss, wenn eine Verbesserung der Eingliederungschancen<br />

Älterer erreicht werden soll.<br />

Quelle: Koller/Gruber 2001<br />

Die Untersuchung hält hierzu im Resultat fest, dass jeder<br />

der vorgestellten Ansätze seine Berechtigung <strong>und</strong><br />

Plausibilität hat, aber für sich allein nicht befriedigt,<br />

<strong>und</strong> plädiert damit für eine multikausale Betrachtung,<br />

7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

die die verschiedenen Ansätze nicht als konkurrierende<br />

Alternativen, sondern als sich wechselseitig ergänzende<br />

Momente betrachtet. 34<br />

Rolle des Alters der Beschäftigten im Betrieb<br />

<strong>und</strong> von Stellenbewerbern im Urteil der Personalverantwortlichen<br />

Die IAB-Untersuchung bietet ein äußerst differenziertes<br />

Bild betrieblicher Stellungnahmen zu älteren Arbeitnehmern,<br />

das die große Breite des Antwortspektrums<br />

der befragten Personalverantwortlichen widerspiegelt.<br />

In den Interviews bestätigte sich für die Autorinnen<br />

der Studie der Eindruck, dass die Befragten sich „um<br />

eine differenzierte Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />

bemühten <strong>und</strong> keinesfalls gängige Vorurteile reproduzieren<br />

wollten“ (Koller/Gruber 2001:488), eine Beobachtung,<br />

die im übrigen auch die vorliegende Untersuchung<br />

vollauf bestätigen kann. 35 In der Beschreibung<br />

des Leistungsbildes älterer Arbeitnehmer in den Betrieben<br />

durch die Befragten werden daher zwar generelle<br />

Trends ermittelt, aber auch dezidiert hiervon abweichende<br />

Meinungen festgestellt.<br />

In den Leitfadengesprächen ergab sich, dass das Alter<br />

von den meisten der befragten Personalverantwortlichen<br />

als Kriterium personalpolitischer Entscheidungen<br />

in ihrem Betrieb zurückgewiesen wurde. Die Vorstellung<br />

altersbedingter Defizite wurde in der Regel<br />

zurückgewiesen. Jedoch: „Aus der Tatsache, dass die<br />

meisten Personalverantwortlichen ein positives Bild<br />

von älteren Arbeitnehmern haben <strong>und</strong> von guten Erfahrungen<br />

im Betrieb sprechen, <strong>und</strong> dass sie vor allem die<br />

für den Betrieb wichtigen Tätigkeitsbereiche <strong>und</strong> Funktionen<br />

mit älteren Mitarbeitern besetzt haben wollen,<br />

folgen nicht automatisch gute Beschäftigungschancen<br />

für ältere externe Bewerber oder Arbeitslose.“ (502)<br />

Als Facetten des Ursachenbündels, das zu geringeren<br />

Arbeitsmarktchancen Älterer beiträgt, weist die<br />

IAB-Untersuchung auf folgende Punkte besonders hin<br />

(502f):<br />

⊲ Die Leistungsfähigkeit Älterer wird bei der Besetzung<br />

körperlich <strong>und</strong> nervlich belastender Tätigkeiten<br />

kritisch gesehen <strong>und</strong> behandelt.<br />

⊲ Insbesondere an die Dauer der Arbeitslosigkeit geknüpfte<br />

Defizitvorstellungen sind ausgeprägt vorhanden.<br />

34 Diese Überlegung ist für die Gestaltung von Programmen zur Förderung der Einstellungschancen Älterer nicht unwichtig, da diese bislang<br />

meist auf einen monokausalen Erklärungsansatz aufsetzen: „Geht man andererseits von den Maßnahmen zur Bekämpfung der<br />

Arbeitslosigkeit Älterer aus, entsteht der Eindruck, dass in erster Linie auf neoklassische Konzepte, die bei der Kosten-Ertrags-Relation<br />

ansetzen, gesetzt wird. Dahinter steht die Hypothese eines Zusammenhangs von Alter <strong>und</strong> abnehmender Leistungsfähigkeit, wobei es<br />

für den Einsatz der Maßnahmen relativ irrelevant ist, ob dieser Zusammenhang tatsächlich gegeben ist oder ob er lediglich von den<br />

Personalverantwortlichen in den Betrieben . . . unterstellt wird.“ (Koller/Gruber 2001:482)<br />

35 Unsere Untersuchung konnte viele der hier ermittelten Bef<strong>und</strong>e bestätigen; siehe hierzu Teil B des vorliegenden Berichts.<br />

20 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

⊲ Für das an Älteren geschätzte Leistungsprofil (höhere<br />

Qualifikation, Verantwortungsbewusstsein, soziale<br />

Kompetenz), das insbesondere für leitende Tätigkeiten<br />

qualifiziert, sind nicht in hinreichendem Maße<br />

Stellen in den Betrieben verfügbar.<br />

⊲ Viele Betriebe orientieren sich noch an der Vorstellung<br />

einer „normalen“ Personalpolitik, die eine<br />

„normale“ Altersstruktur erhalten soll: ein Älterer<br />

scheidet aus, dafür „rückt“ ein Jüngerer „nach“. Eine<br />

Umstellung, die auf den demographischen <strong>Wandel</strong><br />

Bezug nimmt, hat hier noch nicht eingesetzt. 36<br />

⊲ Die Amortisation der Einarbeitungskosten (Qualifizierungskosten,<br />

anfangs noch keine volle Leistung)<br />

erfordert aus betrieblicher Sicht eine Mindestbeschäftigungsdauer.<br />

⊲ Auch Gehaltsstufe <strong>und</strong> Sozialklauseln werden z.T.<br />

als Hemmnis <strong>und</strong> Einschränkung der betrieblichen<br />

Handlungsfreiheit eingestuft.<br />

Kündigungsschutz <strong>und</strong> ältere Arbeitnehmer<br />

„Beim Kündigungsschutz ist zu unterscheiden zwischen tarifvertraglichen<br />

<strong>und</strong> gesetzlichen Regelungen (die zudem<br />

den Gerichten einen großen Auslegungsspielraum eröffnen).<br />

Nach dem Kündigungsschutzgesetz haben neueingestellte<br />

Ältere gegenüber Jüngeren kaum einen vorrangigen<br />

Kündigungsschutz. Als Kriterien dafür, dass eine Kündigung<br />

nicht als rechtswirksam, weil sozial ungerechtfertigt<br />

(§ 1 Kündigungsschutzgesetz) eingestuft wird, werden<br />

in der Rechtsprechung Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten<br />

<strong>und</strong> Alter herangezogen (...). Lediglich in Ausnahmefällen<br />

könnte das Alter bereits bei kurzer Betriebszugehörigkeit<br />

den Ausschlag bei der Sozialauswahl geben. Weiterhin<br />

ist zu bedenken, dass Betriebe (seit 1996) bei Kündigungen<br />

unverzichtbare (jüngere) Mitarbeiter von vornherein<br />

aus der Sozialauswahl herausnehmen können. Schließlich<br />

sei noch angemerkt, dass die Kündigungsschutzbestimmungen<br />

für Betriebe bis zu 10 Beschäftigten gar nicht zur<br />

Anwendung kommen. Der gesetzliche Kündigungsschutz<br />

betrifft also in erster Linie ältere langjährig Beschäftigte <strong>und</strong><br />

nicht Neueingestellte. Es gibt jedoch im Geltungsbereich einiger<br />

Tarifverträge Regelungen, durch die Ältere (in der Regel<br />

ab 50 Jahren) bereits bei relativ kurzer Beschäftigungszeit<br />

vor Kündigung geschützt sind.“<br />

Quelle: Koller/Gruber 2001:498<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ergeben sich interessante Hinweise<br />

auf die Chancen der Wirksamkeit von Förderprogrammen,<br />

die eindimensional auf eine Entgeltsubventionierung<br />

bei Neueinstellung Älterer ausgerichtet sind.<br />

Die genannten Faktoren lassen sich – insbesondere, wo<br />

vermutete Defizite Älterer doch eine Rolle spielen – mit<br />

niedrigeren Beschäftigungskosten nicht kompensieren.<br />

Geringere Lohnkosten für den Betriebe bedeuten daher<br />

nicht automatisch höhere Einstellungschancen für Ältere.<br />

Zu Einstellungszuschüssen nehmen die Betriebe daher<br />

in der Regel eine indifferente Haltung ein: vielleicht<br />

als Anreiz für andere Betriebe denkbar, aber für den eigenen<br />

Betrieb nicht interessant; hier käme es primär auf<br />

die Qualifikation des Bewerbers an (501).<br />

Die Autorinnen der IAB-Untersuchung kommen daher<br />

zu einer eher pessimistischen Einschätzung entsprechender<br />

Förderprogramme: „Eine gr<strong>und</strong>sätzliche Wende<br />

in den Eingliederungschancen von Älteren ist durch<br />

verstärkte Förderung (sofern sie finanzierbar ist) allerdings<br />

nicht zu erwarten: Vermutete Defizite von Älteren,<br />

die durch Lohnkostenzuschüsse ausgeglichen werden<br />

könnten, spielen in der Argumentation der Personalverantwortlichen<br />

keine vorherrschende Rolle.“ (503)<br />

Resümierend lässt sich also festhalten, dass die Betriebe<br />

in ihrer Mehrzahl durchaus für die Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer gute Gründe wissen <strong>und</strong> im Regelfall<br />

auch von gängigen Vorurteilen nach dem Muster von<br />

Defizithypothesen frei sind. Gleichwohl zeigt sich in jedem<br />

betrieblichen Einzelfall, dass spezielle Hemmnisse<br />

für die Beschäftigung Älterer im Spiel sind, die so gewichtig<br />

scheinen, dass selbst staatliche Fördermaßnahmen<br />

in ihrer heutigen Ausrichtung nur bedingt zu ihrer<br />

Überwindung beitragen.<br />

7.2 Ziele <strong>und</strong> Funktion einer regionalen<br />

qualitativen Untersuchung<br />

Es liegt in der Natur quantitativer Befragungen, dass<br />

sie einen sehr globalen Ansatz verfolgen <strong>und</strong> die Fragestellungen<br />

deshalb sehr allgemein ausfallen. Auf dieser<br />

Gr<strong>und</strong>lage liefern sie oft wichtige Strukturdaten.<br />

Ein weiteres Einsatzfeld quantitativer Untersuchungen<br />

ist die statistische Verifizierung von Hypothesen, wie<br />

sie sich beispielsweise als Resultat qualitativer Studien<br />

ergeben können. Umgekehrt können sich als Ergebnis<br />

quantitativer Untersuchungen Problemfelder abzeichnen,<br />

denen in vertiefenden qualitativen Studien nachzugehen<br />

ist.<br />

Geht es daher darum, betriebliche Entwicklungen<br />

<strong>und</strong> Standpunkte als Material für handlungsleitende<br />

Schlussfolgerungen für die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsstrategie<br />

zu analysieren, kommt man an qualitativen<br />

Untersuchungsansätzen nicht vorbei. 37 Bei einer<br />

36<br />

Zur Problematik betrieblicher Altersstrukturen vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s siehe auch Buck/Kistler/Mendius<br />

2002:49–58, sowie Köchling 2000:35f.<br />

Vergleichende Daten zum Altersaufbau in verschiedenen Branchen finden sich in George/Struck 2000:31–34.<br />

37<br />

Zur Verdeutlichung der Problematik ein Beispiel: Ob Ältere im Urteil der Personalverantwortlichen brauchbar sind, ist die eine Seite, ob<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 21


komplexen Problematik wie der der Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer besteht darüber hinaus die Gefahr,<br />

dass Fragestellungen, soweit sie sich auf pauschale Urteile<br />

über Ältere beziehen, diese Stereotypen in den vorgegebenen<br />

Antwortmöglichkeiten zumindest teilweise<br />

ungewollt reproduzieren müssen.<br />

Mit der detaillierten qualitativen Untersuchung von<br />

Koller/Gruber ist daher ein wichtiger Schritt gemacht<br />

worden, die betriebliche Stellung zur Beschäftigung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer aufzuklären.<br />

7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />

Koller/Gruber beziehen ihre Resultate allerdings primär<br />

auf die vorhandenen arbeitsmarkttheoretischen Erklärungsansätze.<br />

Die vorliegende Untersuchung im RMQ<br />

zielt dagegen darauf, unter Berücksichtigung regionaler<br />

<strong>und</strong> lokaler Besonderheiten zu Schlussfolgerungen<br />

zu kommen, die Empfehlungen für regionale betriebliche<br />

<strong>und</strong> staatliche Strategien begründen können<br />

<strong>und</strong> in Richtung einer praktischen Umsetzung der<br />

Untersuchungsergebnisse in neue Förderschwerpunkte,<br />

-strukturen <strong>und</strong> -programme zielen.<br />

sich Ältere für diesen Arbeitsplatz in einem speziellen Betrieb eignen, ist die andere Seite der Medaille. So kann durchaus der Fall vorliegen,<br />

dass die Personalabteilung die Qualifikation eines Älteren hoch einschätzt, sie aber für die zu besetzende Stelle als ungeeignet<br />

einstuft. Es ist also streng zu scheiden, ob die Beurteilung sich auf die Qualität des Älteren als solchen oder auf seine Eignung für einen<br />

besonderen Arbeitsplatz bezieht.<br />

Diese Ambivalenz macht deutlich, warum quantitative Forschungsansätze nicht an die Lösung der offenen Fragen heranreichen. Auch<br />

bei noch so umfangreichen Betriebspanels ist die eindimensionale Festlegung der Befragten in einem Ja-Nein-Schema unbefriedigend,<br />

wie aus dem oben erörterten Fallbeispiel deutlich wird. Die Frage, ob ein älterer Mitarbeiter für den besonderen betrieblichen Arbeitsplatz<br />

geeignet ist oder nicht, fällt eben nicht mit einer Beurteilung der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer überhaupt zusammen.<br />

22 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


8 Ziele, Methoden, Instrumente<br />

Teil B: Ergebnisse der Betriebsbefragung<br />

8 Ziele, Methoden, Instrumente<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

<strong>und</strong> der besonderen Situation älterer Arbeitnehmer im<br />

Betrieb <strong>und</strong> am Arbeitsmarkt verfolgt diese regionale<br />

Untersuchung primär die folgenden Fragestellungen:<br />

Welche Rolle spielen ältere Arbeitnehmer in der betrieblichen<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik? Welche<br />

speziellen Qualifizierungsbedarfe für ältere Arbeitnehmer<br />

bestehen in den Betrieben? Wie stehen die Unternehmen<br />

der Region zur Neueinstellung Älterer?<br />

Diese Fragestellungen werden auch unter dem übergeordneten<br />

Gesichtspunkt verfolgt, inwieweit sich die<br />

regionalen Unternehmen bereits auf die neuen Erfordernisse<br />

durch eine Umstellung auf eine alterngerechte<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik einzustellen beginnen,<br />

<strong>und</strong> welche Unterstützungsbedarfe sie hierbei<br />

sehen. Denn öffentliche Fördermaßnahmen für die<br />

Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer,<br />

die seit mehreren Jahren intensiv verfolgt werden,<br />

treffen bislang auf eine hinter den Erwartungen<br />

zurückbleibende Resonanz. Die Akzeptanz flankierender<br />

politischer Förderstrategien für Qualifizierung <strong>und</strong><br />

Beschäftigung insbesondere Älterer trifft offenk<strong>und</strong>ig<br />

im betrieblichen Einzelfall häufig auf Barrieren. Diese<br />

gilt es zu ermitteln, um Schlussfolgerungen <strong>und</strong><br />

Empfehlungen abzuleiten, <strong>und</strong> zwar für die betriebliche<br />

Qualifizierungs- <strong>und</strong> Personalpolitik ebenso wie für die<br />

Akzentuierung öffentlicher Förderprogramme.<br />

Methodisches Vorgehen<br />

Die Befragung erfolgt im Rahmen des Regionalen<br />

Monitoring-Systems Qualifikationsentwicklung<br />

(RMQ). Im Zentrum seines methodischen Ansatzes<br />

steht ein unter qualitativen Gesichtspunkten zusammengestelltes<br />

Panel von Betrieben, die regelmäßig zu neuen<br />

Trends der Innovationsentwicklung <strong>und</strong> davon angestoßenen<br />

neuen Qualifikationsanforderungen befragt werden<br />

sollen. Dieses Panel kann parallel auch zu Erhebungen<br />

genutzt werden, die aktuell für die regionalen Akteure<br />

wichtige Fragestellungen von branchenübergreifendem<br />

Charakter zum Gegenstand haben. 38<br />

Als qualitatives Untersuchungsinstrument basiert die<br />

38 Z.B.: Befragung zum Thema „JobRotation“ in 2001, „Ältere Arbeitnehmer“ in 2002.<br />

39 S. hierzu die Kurzdarstellung des RMQ im Internet, www.equib.de.<br />

40 Beschreibung der Zusammensetzung des Panels auf Seite 6.<br />

41 Gesprächsleitfaden <strong>und</strong> Mind-Maps sind im Anhang wiedergegeben.<br />

empirische Datenerhebung somit vorwiegend auf Experteninterviews<br />

mit betrieblichen Verantwortungsträgern<br />

für Qualifizierung bzw. Personalverantwortlichen.<br />

Die Betriebsauswahl folgt dem Ansatz des „theoretischen<br />

Sampling“ <strong>und</strong> strebt dabei – unterstützt durch<br />

Hinweise <strong>und</strong> Vorschläge aus regionalen Expertenkreisen<br />

(„begleitender Experten-Pool“) – eine größtmögliche<br />

Repräsentanz der gezielt vorgenommenen Auswahl<br />

der Teilnehmerbetriebe an. 39 Die Auswertung der Interviews<br />

wurde mit MaxQDA, einem Tool zur qualtitativen<br />

Datenanalyse, unterstützt.<br />

Die Befragung des eingangs dargelegten Betriebspanels<br />

von 100 Unternehmen 40 ist somit nicht auf eine quantitative<br />

statistische Analyse ausgelegt. Dergleichen fällt<br />

nicht in die Absicht dieser Studie <strong>und</strong> ist auch vom Umfang<br />

des Panels her nicht möglich.<br />

Kombinierter Gesprächsleitfaden<br />

Die Befragung der betrieblichen Experten erfolgte anhand<br />

eines Leitfadens, der in einer bereits in den bisherigen<br />

Befragungsr<strong>und</strong>en des RMQ praktisch bewährten<br />

Form offene Fragestellungen mit Mind-Maps kombiniert,<br />

die den konzeptionellen Rahmen der Befragung<br />

abbilden. Diese Form unterstützt die erforderliche Freiheit<br />

der Gesprächsführung mit einem theoretisch f<strong>und</strong>ierten<br />

Strukturierungsangebot, <strong>und</strong> sichert damit die<br />

gr<strong>und</strong>legende Vergleichbarkeit der durch betriebsindividuelle<br />

Besonderheiten geprägten Interviews ab. 41<br />

Die Konstruktion des Fragebogens erfolgte unter dem<br />

Gesichtspunkt, die vielfältigen betrieblichen Positionen<br />

<strong>und</strong> Bedarfe im Hinblick auf die Beschäftigung Älterer<br />

sowie die politischen Fördermaßnahmen zu eruieren,<br />

um arbeitsmarktpolitische Konsequenzen zu diskutieren<br />

<strong>und</strong> eine verbesserte Feinabstimmung zwischen<br />

Unternehmungen <strong>und</strong> öffentlicher Förderstrategie anzuregen.<br />

Zur Abstimmung mit den regionalen Akteuren<br />

wurde der Leitfadenentwurf vor der Versendung an die<br />

betrieblichen Ansprechpartner ca. 40 Mitgliedern des<br />

begleitenden Experten-Pools zur Stellungnahme vorgelegt,<br />

woraus sich weitere Differenzierungen der einzelnen<br />

Aspekte <strong>und</strong> Ergänzungen der Mind-Maps ergaben.<br />

Entsprechend dem oben dargestellten Forschungsinteresse<br />

stellt der Leitfaden die kurz- <strong>und</strong> mittelfristigen<br />

Aspekte des demographischen <strong>Wandel</strong>s (Neueinstellung<br />

älterer Arbeitnehmer / Qualifizierung älterer<br />

Arbeitnehmer in den Betrieben) in den Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Die im Befragungsansatz angelegte Offenheit der Ge-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 23


sprächsführung erlaubt aber zugleich, den erforderlichen<br />

gr<strong>und</strong>legenden <strong>Wandel</strong> der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

in den Unternehmen anzusprechen <strong>und</strong><br />

so Hinweise zum Stand praktischer Umsetzungsschritte<br />

auf diesem Feld zu gewinnen.<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage wurden den Gesprächspartnern<br />

drei Themenbereiche zur offenen Beantwortung vorgelegt:<br />

9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />

• Themenbereich 1: Die Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />

für den Betrieb <strong>und</strong> seine Branche,<br />

„Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik“ bezogen<br />

auf ältere Arbeitnehmer. (Kapitel 10)<br />

Das Themenfeld untergliedert sich in drei Dimensionen<br />

(vgl. Mind-Map). Erstens: Welche<br />

Rolle spielt das Alter im Rahmen der betrieblichen<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik? Findet<br />

das Kriterium Alter darin besondere Berücksichtigung?<br />

Zweitens: Gibt es betriebliche Spezifika<br />

beim Einsatz älterer Mitarbeiter, differenziert<br />

nach Funktionen oder Abteilungen des Unternehmens?<br />

Drittens: Welche Faktoren beeinflussen<br />

nach Meinung der Gesprächspartner den Einsatz<br />

älterer Arbeitnehmer (Leistungsfähigkeit, Qualifikation,<br />

Gehaltsstufe, Sozialgesetze etc.)?<br />

• Themenbereich Frage 2: Spezifische Qualifizierungsbedarfe<br />

<strong>und</strong> Formen der Qualifizierung für<br />

ältere AN. (Kapitel 11)<br />

Auch dieser Komplex umfasst drei Dimensionen.<br />

Erstens: Welche besonderen Qualifizierungsinhalte<br />

sind notwendig? Zweitens: Gibt es spezifische<br />

Qualifizierungsformen, die sich für ältere<br />

Mitarbeiter im Unterschied zur übrigen Belegschaft<br />

empfehlen? Drittens: Sehen die Personalverantwortlichen<br />

einen Unterstützungsbedarf bei<br />

der Qualifizierung durch externe Anbieter von<br />

Weiterbildung <strong>und</strong> durch politische Fördermaßnahmen?<br />

• Themenbereich 3: Möglichkeiten <strong>und</strong> Bedingungen<br />

der Neueinstellung von älteren AN. (Kapitel<br />

12)<br />

Hier stehen drei Aspekte im Vordergr<strong>und</strong>. Erstens:<br />

In welchem Umfang sind Neueinstellungen<br />

geplant <strong>und</strong> wie werden ältere Arbeitnehmer<br />

dabei berücksichtigt? Zweitens: Sind dem<br />

Unternehmen die öffentlichen Förderprogramme<br />

für die Beschäftigung Älterer bekannt, werden<br />

sie genutzt <strong>und</strong> wie werden sie beurteilt? Drittens:<br />

Welche besonderen Voraussetzungen müssen<br />

erfüllt sein, damit Unternehmen vermehrt ältere<br />

Arbeitnehmer beschäftigen (Qualifizierung,<br />

Entgeltregeln, Zeitarbeitsformen etc.)?<br />

Diese drei Themenbereiche wurden auf Basis der diese<br />

Untersuchung vorbereitenden Arbeiten nicht noch einmal<br />

systematisch nach einer potenziell unterschiedlichen<br />

Geschlechterbetroffenheit differenziert. Denn weder<br />

aus der herangezogenen Literatur, noch aus den<br />

vorliegenden aktuellen qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />

empirischen Untersuchungen, aus den Stellungnahmen<br />

der politisch Verantwortlichen oder aus dem Meinungsbild<br />

des regionalen begleitenden Experten-Pools ergaben<br />

sich Hinweise auf die Notwendigkeit eines solchen<br />

Vorgehens.<br />

Gleichwohl wurde in den Mind-Maps, die den Gesprächsleitfaden<br />

flankierten, eine mögliche Geschlechterspezifität<br />

mit aufgenommen (s. Anhang, S. 52). In<br />

keinem der in den Betrieben geführten Interviews ergaben<br />

sich jedoch in Bezug auf den Problemkreis „Ältere<br />

Arbeitnehmer/<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong>“ Anhaltspunkte<br />

für eine geschlechtsspezifische Ausprägung der<br />

betrieblichen Strukturen <strong>und</strong> Handlungsstrategien. Im<br />

Rahmen dieser Untersuchung wird daher von einer weitestgehend<br />

gleichen Betroffenheit älterer Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> älterer Mitarbeiter in Bezug auf die hier untersuchten<br />

Fragestellungen ausgegangen. 42<br />

9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung<br />

älterer Arbeitnehmer in den Betrieben<br />

des Panels<br />

Dem qualitativen, auf offene Fragestellungen aufbauenden<br />

Teil des Experteninterviews war eine kurze Liste<br />

von „Ankreuzfragen“ vorgeschaltet. Es ging hier um die<br />

Ermittlung des Anteils der älteren Arbeitnehmer im befragten<br />

Betrieb, die zukünftige Entwicklung dieses Anteils<br />

<strong>und</strong> um eine allgemeine Einschätzung der Bedeutung<br />

Älterer für den Betrieb: wie schätzt der Gesprächspartner<br />

Arbeitnehmer als Potenzial sowie deren Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Qualifikationsniveau im Vergleich<br />

zur übrigen Belegschaft ein?<br />

Diese Fragestellungen folgen in ihrer Form zwar Mustern,<br />

wie sie in quantitativen Befragungen üblich sind.<br />

42 Auch daher erschien es vertretbar, zur Vereinfachung der Lesbarkeit in der Regel auf die ausdrückliche Ausschreibung der männlichen<br />

<strong>und</strong> weiblichen Bezeichnung zu verzichten <strong>und</strong> stattdessen Formen wie „Mitarbeitern“, „ältere Arbeitnehmer“ usw. zu verwenden, die<br />

geschlechtsneutral verstanden werden sollen.<br />

24 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />

Ihre Aufnahme in den Gesprächsleitfaden zielte jedoch<br />

darauf, eine allgemeine Einordnung der betrieblichen<br />

Urteile vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in der wissenschaftlichen<br />

Diskussion <strong>und</strong> empirischen Forschung bekannten<br />

betrieblichen Positionen zu diesen Themenkomplexen<br />

vornehmen zu können. Ergeben sich dabei deutlich abweichende<br />

Positionen der im Panel enthaltenen Unternehmen,<br />

werden diese in der Auswertung berücksichtigt.<br />

Ursprünglich sollten die betrieblichen Antworten konkret<br />

in Bezug zum Antwortverhalten der Betriebe<br />

in der bereits vorgestellten Repräsentativerhebung des<br />

Referenz-Betriebs-Systems (RBS) des BIBB 43 gesetzt<br />

werden. Daher sollten sich auch die Frageformulierungen<br />

eng an die im RBS gewählten anlehnen. In der Diskussion<br />

des Gesprächsleitfadens mit Mitgliedern des<br />

begleitenden Experten-Pools während der Vorbereitung<br />

der Befragung wurden die Fragestellungen in der im<br />

RBS gewählten Form jedoch hinterfragt <strong>und</strong> eine neutralere,<br />

weniger auf Stereotype Bezug nehmende Fragestellung<br />

angeregt. Im endgültigen Gesprächsleitfaden<br />

wurden diese Bedenken berücksichtigt. 44<br />

Entsprechend der Intention, die Antworten primär zur<br />

Beschreibung des Panels zu nutzen, bleibt die folgende<br />

Darstellung rein deskriptiv; ein Schluss auf die Einstellungen<br />

in der Gesamtheit der regionalen Betriebe<br />

ist weder möglich noch gewollt. Aus dem gleichen<br />

Gr<strong>und</strong> unterbleibt auch eine weitere Differenzierung<br />

nach Wirtschaftszweigen, Betriebstyp oder Ort der Betriebsniederlassung.<br />

45<br />

Anteil älterer Arbeitnehmer (50+) an den Belegschaften<br />

Die Betriebe wurden gebeten, die ungefähre Gesamtzahl<br />

der Beschäftigten am Standort sowie die Anzahl<br />

der beschäftigten älteren Arbeitnehmer anzugeben.<br />

Hierbei wurde als Definition der älteren Arbeitnehmer<br />

in Anlehnung an die Förderprogramme „50 plus“ eine<br />

Altersgrenze von 50 Jahren vorgegeben. Die Gesprächspartner<br />

formulierten in der Regel keine Bedenken<br />

46 , von dieser Grenze als Arbeitsdefinition für das<br />

gesamte Interview auszugehen.<br />

Im Folgenden wird auf Angabe der absoluten Summen<br />

sowie der Minimal- <strong>und</strong> Maximalwerte aus Gründen<br />

der Anonymisierung der Daten verzichtet. Dies er-<br />

folgt unabhängig davon, ob die angegebenen Zahlen tatsächlich<br />

einen Rückschluss auf Teilnahme bestimmter<br />

Betriebe erlauben würden oder nicht. Stattdessen beschränkt<br />

sich die Darstellung auf die Angabe des prozentualen<br />

Anteils Älterer an der Summe der Beschäftigten<br />

im jeweiligen Wirtschaftszweig. Erneut sei darauf<br />

hingewiesen, dass hier keine Aussagen über die Altersstruktur<br />

der jeweiligen Branchen in der Region abgeleitet<br />

werden können, sondern lediglich eine Beschreibung<br />

des befragten Panels intendiert ist.<br />

Anteil älterer AN ∗ (%)<br />

alle Panelbetriebe 13.1<br />

nach Wirtschaftszweigen:<br />

Metall- <strong>und</strong> Elektro 7.9<br />

Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittel 20.5<br />

Handel 19.0<br />

TUL/Logistik 23.0<br />

Call Center/Medien-DL 4.0<br />

nach Betriebstyp:<br />

Industrie/Dienstleister 12.6<br />

Handwerk 19.4<br />

∗ Anteil der Summe der Beschäftigten über 50 an der Summe der insge-<br />

samt Beschäftigten in der jeweiligen Gruppe der Panelbetriebe.<br />

Angaben aus 99 Betrieben; 1 Betrieb: keine Antwort.<br />

Von der Summe der mit dem befragten Panel erfassten<br />

Beschäftigten gehören 13 Prozent der Gruppe der älteren<br />

Arbeitnehmer an.<br />

Dabei finden sich in den von uns befragten Handwerksbetrieben<br />

in der Regel prozentual mehr ältere Beschäftigte<br />

als in Industrie- <strong>und</strong> Dienstleistungsbetrieben.<br />

In den befragten Betrieben des Metall- <strong>und</strong> Elektrobereichs<br />

liegt der Anteil der älteren Arbeitnehmer mit 8<br />

Prozent deutlich geringer als in den übrigen einbezogenen<br />

großen Branchen.<br />

Die Charakterisierung der Call Center- sowie Medienbranche<br />

als „junge Branchen“ mit unterdurchschnittlicher<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer spiegelt sich<br />

erwartungsgemäß auch im Panel wieder.<br />

Seitens der absoluten Anzahl Älterer sei hier nur ergänzend<br />

darauf hingewiesen, dass sich in allen Branchen<br />

Betriebe finden, die keine oder nur geringfügig (weniger<br />

als 3, in Handel <strong>und</strong> Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelbranche)<br />

ältere Arbeitnehmer beschäftigen.<br />

43 Vgl. Kurze Darstellung des RBS <strong>und</strong> der Untersuchung zu älteren Arbeitnehmern in Kapitel 7.1.1.<br />

44 Der beabsichtigte unmittelbare Vergleich mit den Ergebnissen der RBS-Erhebung des BIBB ist daher nicht mehr möglich.<br />

45 Soweit branchenspezifische Unterschiede einen wichtigen Aspekt zur Darstellung beitragen können, werden sie im Rahmen der unten<br />

folgenden Darstellung des qualitativen Gesprächsteils (offene Fragestellungen) berücksichtigt.<br />

46 In der Regel variiert die Definition des „älteren Arbeitnehmers“ in Abhängigkeit von Betriebs- <strong>und</strong> Branchenspezifika. Vom Alter des<br />

Befragten ist sie dagegen offenbar weitgehend nicht abhängig. (Koller/Gruber 2001)<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 25


Entwicklung der Altersstruktur<br />

Anzahl Betriebe<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

22<br />

44<br />

9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />

geringer gleich höher keine Antwort<br />

Zukünftiger Anteil älterer AN an den Beschäftigten<br />

Eine Mehrheit der Betriebe (44) geht davon aus, dass<br />

sich in absehbarer Zeit die Altersstruktur der Belegschaft<br />

nicht wesentlich verändern wird. Von den übrigen<br />

Betrieben rechnen mehr mit einer Zunahme des<br />

Anteils Älterer (33) als mit einer Verjüngung der Belegschaft<br />

(22).<br />

Das Antwortverhalten der Panelbetriebe unterscheidet<br />

sich somit in diesem Punkt von den Ergebnissen der<br />

Befragung im Rahmen des BIBB-Referenz-Betriebs-<br />

Systems 47 von 1999. Hier überwogen die Betriebe, die<br />

von einem weiteren relativen Abbau des Anteils älterer<br />

Arbeitnehmer ausgingen.<br />

Zur Erklärung der Differenz kann herangezogen werden:<br />

⊲ Der zeitliche Abstand: die BIBB-Befragung erfolgte<br />

vor dem vom Bündnis für Arbeit ausgerufenen<br />

„Paradigmenwechsel“ zu einem Zeitpunkt, als eine<br />

Verjüngung der Belegschaft noch auf eine politische<br />

Landschaft stieß, die diese förderte. Seitdem hat sich<br />

auch in den Betrieben die Sichtweise bereits verändert.<br />

⊲ Das regionale Panel des RMQ ist unter den Gesichtspunkten<br />

der Repräsentanz <strong>und</strong> des qualitativen<br />

Beitrags zu den Befragungszielen zusammengestellt<br />

<strong>und</strong> daher mehr von Trendsetter-Betrieben<br />

bestimmt als das nach den Gütekriterien der quantitativen<br />

Forschung unter dem Gesichtspunkt der Repräsentativität<br />

ausgewählte BIBB-Panel. Diese Betriebe<br />

sind vermutlich auch in ihrer Auseinandersetzung<br />

mit den Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

weiter fortgeschritten.<br />

33<br />

1<br />

Bedeutung älterer Arbeitnehmer als Potenzial<br />

Anzahl Betriebe<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

12<br />

25<br />

51<br />

unwichtig wenig wichtig wichtig sehr wichtig keine Antwort<br />

Ältere AN als Potenzial<br />

Eine deutliche Mehrheit der Betriebe (61 von 100) beantwortet<br />

die Frage nach der Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />

als Potenzial mit „wichtig“ oder „sehr wichtig“.<br />

Diese Frage wurde in der Regel ohne Zögern beantwortet;<br />

das Bedürfnis, die getroffene Einschätzung zu erläutern<br />

oder zu relativieren, hatten im Unterschied zu<br />

den folgenden Fragestellungen nur wenige Gesprächspartner.<br />

Die „Negativantworten“ sollten darüber jedoch nicht<br />

übersehen werden. Wenn ein Viertel der Betriebe in Älteren<br />

nur wenig <strong>und</strong> 12 Prozent im Gr<strong>und</strong>e gar kein<br />

nutzbares Potenzial sehen, ist dies vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der Auswirkungen, die der demographische <strong>Wandel</strong> mit<br />

sich bringen wird, bemerkenswert. Ein relevanter Teil<br />

der Betriebe wird demnach von den Vorteilen einer<br />

Personalpolitik, die sich auch das Potenzial Älterer erschließt,<br />

noch zu überzeugen sein. 48<br />

Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer<br />

Anzahl Betriebe<br />

70<br />

65<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

geringer gleich höher keine Antwort<br />

Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer AN<br />

47 S. Seite 17.<br />

48 Auf die in der Regel branchenspezifischen Hintergründe der „Negativantworten“ wird im Zuge der Auswertung des qualitativen Inter-<br />

viewanteils eingegangen.<br />

26 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong><br />

22<br />

63<br />

9<br />

10<br />

6<br />

2


9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />

Die Mehrzahl der Befragten (63 von 100) sieht im<br />

Durchschnitt keine Unterschiede der Leistungsfähigkeit<br />

oder Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer im Vergleich<br />

zur übrigen Belegschaft. Eine Minderheit (9 von 100)<br />

gibt – meist unter Hinweis auf Arbeitstugenden (insb.<br />

Loyalität, Übernahme von Verantwortung für den Betrieb,<br />

Sorgfalt <strong>und</strong> Ausdauer usw.) eine höhere Belastbarkeit<br />

an. Für ein knappes Viertel (22 von 100) stellt<br />

sich die Belastbarkeit Älterer als im Vergleich zur übrigen<br />

Belegschaft vermindert dar.<br />

Immerhin 6 der befragten Experten haben die Frage in<br />

der gestellten Form nicht beantworten können oder wollen.<br />

Begründet wurde dies mit der Schwierigkeit, hier<br />

generalisierende Aussagen zu machen. Aber auch diejenigen,<br />

die die Frage beantwortet haben, haben zumeist<br />

länger gezögert, auf die Schwierigkeit einer pauschalen<br />

Antwort hingewiesen oder ergänzende Erläuterungen<br />

für unverzichtbar gehalten <strong>und</strong> so ihre Zuordnungsentscheidung<br />

teilweise relativiert.<br />

Qualifikationsniveau älterer Arbeitnehmer<br />

Eine knappe Mehrheit der Befragten sieht im allgemeinen<br />

keine Unterschiede des Qualifikationsniveaus zwischen<br />

älteren <strong>und</strong> den übrigen Beschäftigten. In ca. jedem<br />

vierten Fall (28 von 100 Betrieben) wird von einem<br />

höheren Qualifikationsniveau ausgegangen, meist<br />

mit Hinweis auf eine überproportionale Beschäftigung<br />

Älterer in Leitungsfunktionen.<br />

Auch hier stellte sich heraus, dass die Beantwortung oft<br />

„nur mit Bauchschmerzen", also nicht ohne ergänzende<br />

Erläuterung möglich war.<br />

Anzahl Betriebe<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

12<br />

52<br />

geringer gleich höher keine Antwort<br />

Qualifikationsniveau älterer AN<br />

Acht der befragten Experten konnten bzw. wollten die<br />

Frage überhaupt nicht beantworten, da der unterstellte<br />

Zusammenhang zwischen Alter <strong>und</strong> Qualifikation nicht<br />

vorliege. Auch viele derjenigen, die sich insbesondere<br />

für die Antwortalternative des gleichen Qualifikationsniveaus<br />

entschieden haben, begriffen diese Einschätzung<br />

als Resultat von Abwägungen, die eine Differen-<br />

28<br />

8<br />

zierung der Qualifikationen (z.B. Know-how <strong>und</strong> Erfahrungswissen<br />

hier, aktuelles IT-Wissen dort) voraussetzt.<br />

In der Regel war damit zugleich ein Einstiegspunkt in<br />

die Diskussion der offenen Fragestellungen gef<strong>und</strong>en.<br />

Zur Problematik quantitativer Erhebungen zum<br />

Thema „ältere Arbeitnehmer“<br />

Es bietet sich an, an dieser Stelle in Form eines kurzen<br />

methodischen Exkurses auf die Frage einzugehen, welche<br />

Schlussfolgerungen aus dem Antwortverhalten der<br />

Gesprächspartner für die Gestaltung von Untersuchungen<br />

zum Thema „ältere Arbeitnehmer“ (<strong>und</strong> ähnlich gelagerter<br />

Fragestellungen) zu ziehen sind.<br />

Nicht nur die hohe Anzahl von „Antwortverweigerern“,<br />

die die inhaltliche Ausrichtung der „Ankreuzfragen“<br />

z.T. als „irrelevant“ oder „in die Irre führend“ bezeichneten,<br />

gibt zu denken. Auch das regelmäßig angetroffene<br />

Bedürfnis, die gewählte Antwortalternative zu begründen<br />

oder zu relativieren, zeigt, dass Fragestellungen<br />

dieser Art die Thematik <strong>und</strong> die betriebliche Realität<br />

der Beschäftigung Älterer nur eingeschränkt zu erfassen<br />

vermögen.<br />

Offenbar besteht in vielen Betrieben das Bedürfnis<br />

nach einer der Sache angemessenen Differenziertheit<br />

der Darstellung sowie eine hohe Sensibilität in Bezug<br />

auf pauschalisierende Wertungen der Beschäftigten.<br />

Den befragten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsverantwortlichen<br />

war es wichtiger, ihre Gründe, Kriterien<br />

<strong>und</strong> Überlegungen zum Thema vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

ihrer konkreten Lage im Betrieb auszuführen, als zu<br />

vorgegebenen Stereotypen Stellung zu nehmen. Gerade<br />

zu einem Thema wie dem hier behandelten, das<br />

nicht nur vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines äußerst komplexen<br />

sozio-ökonomischen Bedingungsgefüges gesehen werden<br />

muss, sondern insbesondere auch stark von Werthaltungen<br />

mit beeinflusst wird, bieten daher nach dem<br />

Muster quantitativer Befragungen angelegte Fragestellungen<br />

keinen angemessenen Zugang.<br />

So würden z.B. die „Antwortverweigerer“, die im Rahmen<br />

eines Expertengesprächs ihre Zurückweisung der<br />

Fragestellung argumentativ begründen konnten <strong>und</strong> damit<br />

einen positiven Beitrag zur Untersuchung leisteten,<br />

im Rahmen einer postalischen Repräsentativ-Erhebung<br />

nur als „fehlende Werte“ registriert werden <strong>und</strong> nicht<br />

selten im Auswertungsbild gar nicht mehr in Erscheinung<br />

treten. Aber auch die auswertbaren Antworten<br />

sind ihrer Begründungen <strong>und</strong> Relativierungen beraubt.<br />

Beispielsweise scheint die Auswahl einer positiven<br />

Antwortalternative auf das Statement „Ältere sind eine<br />

Belastung“ in einem gewissen Prozentsatz der Betriebe<br />

auf das Fortleben von Defizitzuweisungen in den Be-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 27


trieben hinzudeuten – <strong>und</strong> zum Teil wird dies auch so<br />

sein. Ohne eine Kenntnis der zugr<strong>und</strong>e liegenden Argumentation<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong> der konkreten betrieblichen<br />

Bedingungen dürfen aber Zweifel an der Aussagekraft<br />

entsprechender Schlussfolgerungen angemeldet<br />

werden.<br />

So bestätigen die während der Durchführung der Expertengespräche<br />

gemachten Erfahrungen die Richtigkeit<br />

der Entscheidung, die Frage der Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer im Rahmen des qualitativen Untersuchungsansatzes<br />

des Regionalen Monitoring-Systems<br />

zu untersuchen.<br />

10 Ansätze zu einer altersübergreifenden<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

Der Wechsel zu einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik ist, wie in Teil A ausgeführt, einer<br />

der zentralen Säulen bei der Bewältigung der Folgen<br />

des demographischen <strong>Wandel</strong>s in der Arbeitswelt. Die<br />

Interviews konzentrierten sich daher auf die Frage, welche<br />

Rolle das Alter für die Betriebe bei Qualifizierungs<strong>und</strong><br />

Personalentscheidungen spielt: Ist das Alter der Beschäftigten<br />

hierbei ein wirksames Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungskriterium?<br />

Im Zuge der Erörterung, welche<br />

Faktoren für die Betriebe bei Einsatz <strong>und</strong> Qualifizierung<br />

der älteren Mitarbeiter von Bedeutung sind, ergeben<br />

sich zugleich Hinweise, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang<br />

die Betriebe bereits beginnen, neue Konzepte einer<br />

generationsübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />

umzusetzen.<br />

10.1 Das Alter als Kriterium der Personal<strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik<br />

Die große Mehrzahl der befragten Unternehmen hält<br />

das Alter von Mitarbeitern wie Bewerbern nicht für ein<br />

Kriterium, das handlungsleitend ist. „Wir orientieren<br />

uns nicht am Alter, sondern an der Qualifikation <strong>und</strong><br />

an den Qualifikationserfordernissen im Einzelfall.“ So<br />

lässt sich die allgemeine Position der Betriebe zusammenfassen.<br />

Einige Personalverantwortliche haben bereits<br />

die Frage nach dem Alter als Kriterium ihrer Entscheidungen<br />

als „in die Irre führend“ oder „für ältere<br />

Mitarbeiter diskriminierend“ zurückgewiesen.<br />

Als Ziel ihrer Personalentscheidungen geben die Betriebsexperten<br />

in der Regel die Erhaltung einer „aus-<br />

10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

gewogenen Altersstruktur“ an. Was hierunter zu verstehen<br />

ist, ist nicht immer eindeutig bestimmt. Nicht<br />

selten wird z.B. eine Normalverteilung als Ideal der<br />

Belegschaftsstruktur beschrieben. Während junge <strong>und</strong><br />

alte Mitarbeiter in dieser „Glockenkurve“ die Minderheit<br />

stellen, stellt der Mittelbau das Gros. Bei der Erhaltung<br />

einer solchen Alterszusammensetzung sehen<br />

die Betriebsexperten dann zukünftig Probleme auf sich<br />

zukommen: wenn die Rekrutierung von Nachwuchs<br />

schwieriger wird, <strong>und</strong> daher Mitarbeiter länger als heute<br />

noch üblich im Betrieb verbleiben müssen, um den<br />

Fachkräftebedarf zu decken, verschiebt sich der Durchschnitt<br />

zu den älteren Jahrgängen, was in einigen Interviews<br />

als „drohende Überalterung“ der Belegschaft beschrieben<br />

wurde. 49 Daraus kann gefolgert werden, dass<br />

in der Beurteilung der Altersstruktur jugendzentrierte<br />

Sichtweisen oft noch nicht überw<strong>und</strong>en sind, denn als<br />

Überalterung erscheint die gealterte Belegschaft nur gemessen<br />

an ihrer derzeitigen Alterszusammensetzung.<br />

Das Unternehmensziel einer „ausgewogenen Altersstruktur“<br />

ist somit nicht automatisch der Auftakt für<br />

eine generationsübergreifende Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung;<br />

sie kann auch mit einem unveränderten<br />

Festhalten an einer herkömmlich ausgerichteten Rekrutierungspolitik<br />

einhergehen. „Altern tut die Belegschaft<br />

von alleine; wenn ich eine ausgewogene Struktur erhalten<br />

will, muss ich mich um die Integration von jungem<br />

Nachwuchs kümmern“ – so könnte man verkürzt <strong>und</strong><br />

zugespitzt eine in manchen Betrieben noch vorhandene<br />

Haltung charakterisieren.<br />

10.2 Betrieblicher Einsatz älterer Arbeitnehmer<br />

Im Panel der befragten Betriebe fanden sich solche mit<br />

außergewöhnlich hohem Anteil älterer Arbeitnehmer an<br />

der Belegschaft. Eine hohe Produktspezifität, bei der<br />

die Betriebe aus einem möglichst langen Verbleib der<br />

Know-how-Träger Nutzen ziehen, oder mit deutlichem<br />

Personalabbau verb<strong>und</strong>ene Umstrukturierungen, in deren<br />

Verlauf Kündigungsschutzvorschriften <strong>und</strong> die im<br />

Durchschnitt höhere Qualifikation der Älteren eine Rolle<br />

gespielt haben, bilden im konkreten Fall den Hintergr<strong>und</strong><br />

– um die Folge einer gezielt auf ältere Arbeitnehmer<br />

ausgerichteten Personalpolitik handelt es sich<br />

somit ausdrücklich nicht.<br />

Auf der anderen Seite finden sich im Panel auch Betriebe,<br />

die keine über 50-Jährigen beschäftigten. Die<br />

49 Zur Problematik der „Mittelbauchstruktur“ im Altersaufbau vieler Betriebe s. auch Köchling 2000:35f.<br />

28 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

hierfür angegebenen Gründe sind vielfältig. Neben Zufälligkeiten<br />

der Entwicklung der Personalstruktur (wäre<br />

man einen Monat eher zum Interview gekommen,<br />

hätte man noch 10 Prozent über 50-Jährige vorgef<strong>und</strong>en),<br />

handelt es sich z.T. um das Resultat einer Strategie<br />

zur gezielten Belegschaftsverjüngung, die teilweise<br />

rückblickend mit Fragezeichen versehen wird. Darüber<br />

hinaus spielen Branchenbesonderheiten (s.u.) eine Rolle.<br />

Gibt es Schwerpunkte des Einsatzes älterer Arbeitnehmer?<br />

In der Regel, so die große Mehrheit der Befragten, lassen<br />

sich in den Betrieben keine besonderen Schwerpunkte<br />

der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer benennen.<br />

Die Arbeit in altersgemischten Teams gilt als Idealfall.<br />

Es gibt keine Leitlinie des Personaleinsatzes, die<br />

für bestimmte Funktionen, Tätigkeiten, Qualifikationen<br />

usw. Ältere präferiert.<br />

Diese Aussagen schließen ein, dass in den Betrieben<br />

kaum noch altersspezifische „Reservate“ existieren.<br />

Zum Teil bedauern die befragten Experten, dass im Zuge<br />

der Rationalisierungen der letzten Jahre gerade auch<br />

solche Stellen – z.B. so genannte „Faktotum-Stellen“<br />

– weggefallen sind, die geeignet waren, leistungsmäßig<br />

eingeschränkten Mitarbeitern entgegenzukommen,<br />

um ihre Beschäftigung weiterführen zu können. Bei einer<br />

hochgradig rationalisierten betrieblichen Organisationsstruktur<br />

wird heute keine Möglichkeit mehr gesehen,<br />

Mitarbeiter trotz Einbußen der Leistungsfähigkeit<br />

„mit durchzuziehen“. Oft erlauben es betriebswirtschaftliche<br />

Faktoren daher nicht, eine Umsetzung auf<br />

eine andere Position, die dem Mitarbeiter einen Verbleib<br />

im Betrieb ermöglichen würde, einzurichten. So<br />

hat beispielsweise die Praxis von Speditionen mit eigener<br />

Lkw-Flotte, Lkw-Fahrern im Lager einen neuen<br />

Funktionskreis zu eröffnen, im Bedarf <strong>und</strong> in den steigenden<br />

Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter<br />

im Lager seine Grenze.<br />

Von der Regel eines altersneutralen Einsatzes werden<br />

zwei wichtige Ausnahmen beschrieben:<br />

⊲ Vor allem bedingt durch das höhere Qualifikationsniveau<br />

finden sich ältere Beschäftigte generell überproportional<br />

in Leitungstätigkeiten <strong>und</strong> Entscheiderfunktionen<br />

der Verantwortungshierarchie.<br />

⊲ In bestimmten Funktionen innerhalb der betrieblichen<br />

Arbeitsteilung sind Ältere dagegen unterdurchschnittlich<br />

vertreten. Wo körperlich schwere Arbeit<br />

<strong>und</strong> Belastungen durch Nacht- <strong>und</strong> Schichtarbeit<br />

50 Die Untersuchung von Koller/Gruber wird in Teil A auf Seite 19 knapp vorgestellt.<br />

zum Anforderungskatalog gehören, gilt vielen Gesprächspartnern<br />

das Alter als Problem. Dies trifft<br />

insbesondere in den gewerblichen Funktionsbereichen<br />

des Handels <strong>und</strong> des Logistiksektors, zum Teil<br />

aber auch im Handwerk zu. Erst wenige der Gesprächspartner<br />

stellten jedoch an dieser Stelle eine<br />

Verbindung zu Maßnahmen des Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />

her, die – verb<strong>und</strong>en mit einer<br />

alternsgerechten Arbeitsorganisation – auch in diesen<br />

Einsatzfeldern dazu beitragen könnten, einer altersheterogeneren<br />

Struktur der jeweiligen Teilbelegschaft<br />

näher zu kommen.<br />

10.3 Faktoren, die den Einsatz älterer Arbeitnehmer<br />

im Betrieb beeinflussen<br />

Die Argumente der Ausführungen der Experten waren<br />

um eine differenzierte, nicht vorurteilsbestimmte Einschätzung<br />

bemüht, sehr breit gestreut <strong>und</strong> deutlich von<br />

betriebs- <strong>und</strong> branchenspezifischen Besonderheiten geprägt.<br />

Die Aussagen deckten das gesamte breite Spektrum<br />

von Stellungnahmen ab, die auch in der oben genannten<br />

qualitativen IAB-Studie 50 das Bild bestimmten.<br />

Die von den Experten gewählte Form der Darstellung<br />

ihrer Überlegungen folgte in der Regel dem Muster einer<br />

Gegenüberstellung: unter dem Vorbehalt der Verallgemeinerbarkeit<br />

wurden „jugend-“ bzw. „alterstypische“<br />

Vorteile <strong>und</strong> Nachteile gegenübergestellt <strong>und</strong> in<br />

Bezug auf den Betriebsnutzen abgewogen.<br />

Die offenbar übliche Betrachtung der Beschäftigung<br />

Älterer unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-Nutzen-<br />

Analyse weist zwar zum einen auf die praktische Relevanz<br />

humankapitaltheoretischer Modelle in den betrieblichen<br />

Personalentscheidungen hin. Interessant ist<br />

aber, dass für die Mehrzahl der Befragten keineswegs<br />

als sicher gilt, dass Ältere in einer Kosten-Nutzen-<br />

Bilanz von vornherein schlechter abschneiden als Jüngere.<br />

Vielmehr gehen die befragten Experten in der Regel<br />

von einem Kompensationsverhältnis der Fähigkeiten<br />

aus.<br />

Auf der einen Seite stehen oft abnehmende körperliche<br />

Leistungsfähigkeit, geringere Motivation <strong>und</strong> Flexibilität<br />

sowie die abnehmende Bereitschaft oder Fähigkeit<br />

zu einer prozessübergreifenden Sichtweise. Auf der<br />

anderen Seite dominieren Hinweise auf in langer Berufstätigkeit<br />

gewonnenes Erfahrungswissen <strong>und</strong> Knowhow,<br />

auf zum größten Teil im Betrieb hergestellte betriebsspezifische<br />

Qualifikationen sowie auf Arbeitstu-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 29


genden wie Ausdauer, Sorgfalt der Arbeitsausführung<br />

<strong>und</strong> Loyalität (Bereitschaft zu Überst<strong>und</strong>en, „ Alte sind<br />

krank, Junge machen krank“). Ältere zeichnen sich<br />

demnach nicht durch ein schlechteres, sondern durch<br />

ein anders strukturiertes Belastbarkeits- <strong>und</strong> Qualifikationsprofil<br />

aus.<br />

Die Diskussion mit den betrieblichen Experten ergab<br />

ein überaus differenziertes Bild, das zwar die oben beschriebenen<br />

Trends in der Zustimmung bzw. Ablehnung<br />

bestimmter Zuschreibungen erkennen lässt. In<br />

vielen Fällen wurden jedoch diese Zuschreibungen unter<br />

Hinweis auf das Primat der Beurteilung des Einzelfalls<br />

relativiert. Generalisierende Urteile, die sich am<br />

Alter festmachen, galten vielfach als problematisch, eine<br />

Einstellung, die sich schon im Antwortverhalten auf<br />

die Frage nach der generellen Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />

51 zeigte. In Einzelfällen wurden die gängigen<br />

Zuschreibungen sogar insgesamt als vorurteilsbeladen,<br />

klischeehaft <strong>und</strong> in die Irre führend zurückgewiesen.<br />

Die Interviews in den regionalen Betrieben bestätigen<br />

somit ein zentrales Ergebnis der oben angeführten<br />

IAB-Studie, „dass das allgemeine Bild von älteren<br />

Arbeitnehmern als zuverlässige, verantwortungsbewusste<br />

Erfahrungsträger, die jedoch krankheitsanfälliger,<br />

nicht mehr voll belastbar <strong>und</strong> weniger flexibel sind,<br />

zwar in der Tendenz dem Bild entspricht, das Personalverantwortliche<br />

von Älteren haben, dass es aber auch<br />

sehr dezidierte abweichende Meinungen gibt.“ (Koller/Gruber:490)<br />

Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> präventiver Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />

Auf der „Negativseite“ wurde besonders häufig auf eine<br />

nachlassende physische Leistungsfähigkeit älterer<br />

Arbeitnehmer verwiesen; sie ist für viele Betriebe ein<br />

„Fakt“ <strong>und</strong> stellt als solcher einen Faktor bei betrieblichen<br />

Entscheidungen dar. Oft verbinden die Gesprächspartner<br />

die Darstellung der absinkenden Leistungskurve<br />

mit dem Hinweis auf kompensierende Vorteile älterer<br />

Beschäftigter, aufgr<strong>und</strong> derer damit nicht notwendig<br />

eine nachlassende Arbeitsproduktivität verb<strong>und</strong>en sei.<br />

Nur vereinzelt wurde die Auffassung angetroffen, ein<br />

Abfallen der Leistungskurve im Alter sei quasi naturbedingt.<br />

Die Mehrheit der Gesprächspartner zieht dagegen<br />

eine Verbindung zwischen belastenden Arbeitsbedingungen<br />

<strong>und</strong> einseitiger Belastung <strong>und</strong> nachlassender<br />

Leistungsfähigkeit im Alter. In Einzelfällen – ins-<br />

10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

besondere im gewerblichen Bereich – wird von einem<br />

frühzeitigen Verschleiß berichtet, der bereits die 30- bis<br />

40-Jährigen ereilt.<br />

Maßnahmen zum vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutz,<br />

die diesem Verschleiß <strong>und</strong> damit dem Absinken der<br />

physischen Leistungsfähigkeit entgegen wirken, kommt<br />

daher eine wichtige Funktion für die Sicherung der Arbeitsfähigkeit<br />

52 im Verlauf des gesamten Arbeitslebens<br />

zu, die bei alternden Belegschaften zunehmend wichtig<br />

wird. Eine präventive, strategische Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />

zur Erhaltung der Humanressource findet sich jedoch<br />

erst in wenigen Vorreiterbetrieben.<br />

Senioritätsentlohnung <strong>und</strong> rechtliche Schutzvorschriften<br />

für Ältere werden sehr unterschiedlich<br />

bewertet<br />

In Bezug auf rechtliche Rahmenbedingungen als Einflussfaktoren<br />

auf die Beschäftigung Älterer ist keine<br />

Verallgemeinerbarkeit der Expertenaussagen möglich.<br />

Zu unterschiedlich sind die branchenspezifischen Bedingungen.<br />

Lohnhöhe <strong>und</strong> Kündigungsschutz haben für<br />

einige Betriebe überhaupt keine Auswirkungen. Im Urteil<br />

anderer Betriebe gelten sie als wichtige Beschäftigungshemmnisse;<br />

auch Extrempositionen („Ältere wird<br />

man irgendwann nicht mehr los“) sind im Einzelfall zu<br />

hören. Als verallgemeinerbares Beschäftigungshemmnis<br />

lassen sich Senioritätsentlohnung <strong>und</strong> rechtliche<br />

Schutzvorschriften für Ältere somit jedoch nicht fassen.<br />

Positive Erfahrungen mit abgestimmten<br />

Altersteilzeit-Modellen<br />

Einige Experten brachten positive Erfahrungen mit<br />

individuell abgestimmten Altersteilzeit-Modellen ins<br />

Spiel als Weg, auf nachlassende physische Leistungsfähigkeit<br />

Rücksicht nehmen zu können, einen „sanften“<br />

Übergang aus dem Berufsleben zu ermöglichen<br />

<strong>und</strong> dabei den Beschäftigten als Träger von Know-how<br />

im Betrieb zu erhalten. Man plädiert hier für eine differenzierte<br />

Betrachtung der Altersteilzeit, die nicht nur<br />

unter dem Gesichtspunkt ihrer Verwendung als Mittel,<br />

um sich von älteren Mitarbeitern vor dem Erreichen<br />

des Rentenalters („Blockmodell‘“) zu trennen, betrachtet<br />

werden dürfe, sondern im Gegenteil in der genannten<br />

Funktion sinnvoll sei <strong>und</strong> erhalten werden solle.<br />

51 Siehe Kapitel 9.<br />

52 Zum erweiterten Verständnis des Begriffs der Arbeitsfähigkeit in der aktuellen arbeitswissenschaftlichen Literatur s. Teil A, Seite 10,<br />

sowie: Arbeit & Ökologie Briefe, 5/2002, S. 22f.<br />

30 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

Gewicht des Faktors „Know-how“ hängt vom<br />

Qualifikationsniveau ab<br />

Verschiedentlich wiesen Experten auf den aus ihrer<br />

Sicht wichtigen Einfluss des Qualifikationsniveaus auf<br />

das Gewicht des Know-hows hin. Je höher qualifiziert<br />

die Tätigkeit, um so wichtiger wird das Erfahrungswissen<br />

eingeschätzt. Umgekehrt: je „einfacher“ die Tätigkeit,<br />

um so schneller droht das Erfahrungswissen<br />

vom raschen technologisch-organisatorischen <strong>Wandel</strong><br />

entwertet zu werden.<br />

Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Frage<br />

der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer: bei<br />

geringer qualifizierten Tätigkeiten wird nicht nur das<br />

fehlende betriebsspezifische Erfahrungswissen gegen<br />

eine Neueinstellung ausschlagen; die geringe Halbwertszeit<br />

des tätigkeitsspezifischen Erfahrungswissens<br />

schlägt hier zusätzlich zu Buche (s. hierzu Kapitel 12).<br />

10.4 Branchenbesonderheiten<br />

Handwerk: Insbesondere das Kfz-Gewerbe sowie der<br />

Bereich Sanitär/Heizung (SHK) fällt durch einen hohen<br />

Belegschaftsdurchsatz mit älteren Arbeitnehmern<br />

auf. Hier bezieht man sich sehr explizit auf das Modell<br />

„altersgemischter Teams“. Sie sind ausdrücklich<br />

gewünscht <strong>und</strong> stellen in der Werkstattarbeit der Kfz-<br />

Betriebe, aber auch bei der Außenmontage im Heizungsbau<br />

die Normalform der Kooperation dar, bei der<br />

ein erfahrener Meister oder Altgeselle die Jüngeren an<br />

das Know-how der Branche heranführt. Allerdings wird<br />

in derselben Branche überproportional darüber geklagt,<br />

dass bei allen physisch belastenden Arbeiten das Alter<br />

als negative Bedingung in Erscheinung tritt. Über Möglichkeiten,<br />

dem mit ges<strong>und</strong>heitspräventiven Ansätzen in<br />

der Personalpolitik entgegenzuwirken, wird jedoch im<br />

Handwerk – auch mit Hinweis auf einen engen Finanzrahmen<br />

– als systematische Strategie in aller Regel noch<br />

nicht nachgedacht.<br />

Gesprächspartner aus dem Bereich Transport-<br />

Umschlag-Lagerei/Logistik, deren Betriebe sich<br />

durch einen eher niedrigen Altersdurchschnitt auszeichnen,<br />

erklärten dies mit branchenspezifischen Besonderheiten.<br />

• Im gewerblichen Bereich finden sich auch hier<br />

noch deutliche von körperlicher Tätigkeit geprägte<br />

Aufgaben, für die bevorzugt jüngere Mitarbeiter<br />

mit voller Leistungsfähigkeit gebraucht werden.<br />

• Doch auch im kaufmännischen Bereich werden<br />

TUL-Betriebe oft von „jungen Teams“ geprägt.<br />

Zum einen wird die in Logistikbetrieben verlangte<br />

hohe Dynamik <strong>und</strong> Flexibilität ins Feld<br />

geführt. Die rasche <strong>und</strong> termingerechte Organisation<br />

von Transportketten in immer komplexeren<br />

logistischen Systemen, sowie die Übernahme<br />

neuer Aufgaben (z.B. Supply Chain Management)<br />

durch Logistikbetriebe ist mit eingeschliffener<br />

Routine kaum zu bewältigen <strong>und</strong> erfordert<br />

die Bereitschaft zu einer flexiblen Gestaltung<br />

der Arbeitszeiten. Daraus ergibt sich ein Termindruck<br />

<strong>und</strong> mitunter auch Arbeitsstress, der von<br />

Jüngeren in der Regel besser gemeistert wird.<br />

Auch die Bereitschaft zu Ortswechseln <strong>und</strong> Auslandseinsätzen<br />

ist bei Jüngeren höher. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> führt die Konkurrenz mit anderen<br />

Branchen, vorwiegend der Industrie, um qualifizierte<br />

Logistikfachkräfte zu einem kontinuierlichen<br />

Abfluss von Mitarbeitern, da andere Betriebe<br />

mit ebenso interessanten Arbeitsfeldern, aber<br />

„geregelteren“ Arbeitszeiten <strong>und</strong> höherer Vergütung<br />

attraktiver erscheinen. Hier schlägt die sonst<br />

geschätzte Flexibilität <strong>und</strong> Bereitschaft zu beruflicher<br />

Neuorientierung der jüngeren Beschäftigten<br />

zum Nachteil des Betriebes aus, wie ein Gesprächspartner<br />

bemerkte, da er auf diese Weise<br />

einem kontinuierlichen Know-how-Abfluss unterliegt.<br />

Ältere kaufmännische Beschäftigte sind<br />

daher überdurchschnittlich oft Mitarbeiter, die<br />

sich für eine Aufstiegsfortbildung im Unternehmen<br />

entschieden haben <strong>und</strong> leitende Funktionen<br />

wahrnehmen.<br />

Im Bereich Call Center wurden Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />

-bereitschaft älterer Arbeitnehmer nicht in Frage gestellt.<br />

Aber sie wurden doch in der Mehrzahl der Fälle<br />

als für die spezifischen Anforderungen der Branche ungeeignet<br />

eingestuft. Das deckt sich auch mit den erhobenen<br />

Beschäftigtenzahlen, die im Branchenvergleich<br />

signifikant unterdurchschnittlich sind. Im ausführlichen<br />

Gespräch gaben die Personalverantwortlichen zu Protokoll,<br />

dass aus ihrer Sicht einer der Hauptgründe für<br />

diesen Umstand darin zu suchen ist, dass Ältere im Regelfall<br />

ein eher distanziertes Verhältnis zu modernen<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien haben<br />

<strong>und</strong> mit der Bedienung von Personalcomputern <strong>und</strong> der<br />

Vielzahl verfügbarer Programme nicht vertraut sind. Im<br />

Gegenzug gehört dergleichen aber bei der jungen Generation<br />

schon zum festen Bestandteil des privaten Lebens<br />

<strong>und</strong> ist mehr <strong>und</strong> mehr als Bestandteil von Allgemeinbildung<br />

vorhanden.<br />

Auch Mediendienstleister können in der Regel nicht<br />

auf Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern verwei-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 31


sen. 53<br />

Die befragten Experten gehen zum Teil jedoch davon<br />

aus, dass sich die betriebliche Alterszusammensetzung<br />

zukünftig „normalisieren“, der in der IT-Branche<br />

üblichen anpassen wird: „Die Branche wird erwachsen.“<br />

Bei sich normalisierenden Wachstumserwartungen<br />

wird K<strong>und</strong>enorientierung zur unverzichtbaren Bedingung<br />

des Geschäftserfolgs. Seitens der Folgen dieser<br />

Entwicklung wird jedoch differenziert zwischen dem<br />

„Entwickler“ (Programmierer/Grafiker) <strong>und</strong> den Mitarbeitern,<br />

die in Akquisition, Projektmanagement <strong>und</strong><br />

Vermarktung, also in den kaufmännischen Funktionen,<br />

tätig sind.<br />

• Entwickler: diese Tätigkeitsfelder sind Domäne<br />

junger Beschäftigter <strong>und</strong> werden es nach übereinstimmender<br />

Einschätzung auch zukünftig bleiben.<br />

Gegen ältere Arbeitnehmer sprechen hier<br />

Qualifikationsdefizite: die Beherrschung aktueller<br />

Software-Werkzeuge <strong>und</strong> -Systeme ist unverzichtbar.<br />

Auf der anderen Seite wird das Phänomen<br />

beobachtet, dass die Beschäftigten selber<br />

nach einer gewissen Zeit eine Änderung ihrer<br />

Aufgaben anstreben. Insbesondere Programmiertätigkeit<br />

wird zunehmend als eintönig <strong>und</strong> wenig<br />

befriedigend empf<strong>und</strong>en.<br />

Der Umgang mit diesem Bef<strong>und</strong> ist in den befragten<br />

Betrieben unterschiedlich. Offenbar werden<br />

nur im Einzelfall im Betrieb Lösungen gesucht,<br />

die gemeinsam mit den Beschäftigten den<br />

Übergang in die Wahrnehmung anderer Aufgaben,<br />

flankiert durch entsprechende Qualifizierung,<br />

vorbereitet <strong>und</strong> absichert, indem die Entwickler<br />

z.B. stärker in das Projektmanagement<br />

einbezogen <strong>und</strong> ihnen die hierfür erforderlichen<br />

Qualifikationen vermittelt werden.<br />

• Kaufmännische Funktionen: Zunehmend wichtig<br />

wird Konzeptstärke, Managementerfahrung <strong>und</strong><br />

Erfahrung im K<strong>und</strong>enumgang <strong>und</strong> damit Qualifikationen,<br />

die zu den Stärken älterer Arbeitnehmer<br />

zählen. Als Hemmnis für eine Beschäftigung<br />

älterer Arbeitnehmer wird hier auf die geringen<br />

Lohnspielräume in der kleinbetrieblich strukturierten<br />

Medienbranche hingewiesen, die es nicht<br />

10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

möglich macht, geeigneten Bewerbern bei den<br />

Gehaltsvorstellungen entgegen zu kommen. Die<br />

Bewerber ihrerseits sind aufgr<strong>und</strong> ihrer vorherigen<br />

Vergütung <strong>und</strong> sozialen Situation z.T. nicht<br />

zu Abstrichen bereit.<br />

10.5 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

Das nahezu einmütige Bemühen der befragten betrieblichen<br />

Experten, den Verdacht, Vorurteile gegenüber Älteren<br />

könnten die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

prägen, zurückzuweisen <strong>und</strong> zu entkräften, darf nicht<br />

als oberflächliches „politisch korrektes“, dem Zeitgeist<br />

angepasstes Antwortverhalten abgetan werden. Die Ergebnisse<br />

der Expertengespräche belegen vielmehr, dass<br />

in der Mehrzahl der Unternehmen unseres Betriebspanels<br />

bereits ein Umdenkprozess in Gang gekommen ist,<br />

als dessen Resultat die Betriebe deutlich auf Distanz zur<br />

bisherigen jugendzentrierten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

gehen. Von Ausnahmen abgesehen, stellen<br />

sich die Unternehmen darauf ein, dass in Zukunft eine<br />

Neuausrichtung erforderlich sein wird, um auf die im<br />

Zuge des demographischen <strong>Wandel</strong>s geänderten sozioökonomischen<br />

Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />

Die Zurückweisung einer Ausrichtung ihrer Personal<strong>und</strong><br />

Qualifizierungsplanung nach dem Kriterium des<br />

Alters als inadäquat bzw. in die Irre führend ordnet<br />

sich in dieses Bild ein. Ein neues Leitbild, das nicht<br />

das Alter, wohl aber das Altern der Belegschaft zum<br />

Ausgangspunkt für eine generationsübergreifende Gestaltung<br />

der Rekrutierungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsprozesse<br />

macht, ist jedoch noch nicht allgemein als Zielvorstellung<br />

in den Betrieben verankert. Dem entsprechend<br />

gibt es erst sehr wenige Anzeichen <strong>und</strong> Beispiele für die<br />

aktive Umsetzung des erforderlichen Paradigmenwechsels.<br />

54<br />

Die meisten Betriebe haben insofern die zweite Hälfte<br />

des zu gehenden Weges noch vor sich. Denn insgesamt<br />

wird der demographische <strong>Wandel</strong> noch zu sehr<br />

als „zukünftiges“ Problem gesehen. Und nur gemessen<br />

an heute üblichen Altersstrukturen erscheint deren<br />

<strong>Wandel</strong> als eine in der Zukunft dem Betrieb „drohende“<br />

53 Siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Panelzusammensetzung auf S. 6.<br />

54 Einige der befragten betrieblichen Entscheidungsträger haben gegen den Begriff „Paradigmenwechsel“ Bedenken vorgetragen. Man<br />

befürchtet unter diesem Titel nach der heute als verfehlt beurteilten politischen Unterstützung für eine jugendzentrierte Rekrutierungspolitik<br />

<strong>und</strong> der Frühverrentung der Vergangenheit einen Umschlag in das andere Extrem, das ebenso an den Bedürfnissen der Betriebe<br />

<strong>und</strong> Beschäftigten vorbei gehe. Um hier Missverständnisse zu vermeiden, sollte in der Information der Betriebe deutlicher gemacht<br />

werden, dass der erforderliche Wechsel der Leitlinien der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik tatsächlich nicht auf das Alter abzielt,<br />

das lediglich als (negatives) Kriterium außer Kraft gesetzt oder zum „positiven“ Kriterium umgewertet werden soll. Stattdessen bedeutet<br />

der Paradigmenwechsel, das Altern der Belegschaft als Kriterium der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik zu etablieren.<br />

32 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />

„problematische Überalterung“ der Belegschaft; dass in<br />

Zukunft ein höheres Durchschnittsalter der Belegschaft<br />

der Normalfall werden dürfte, auf den sich die Betriebe<br />

einstellen müssen, ist insofern noch kein Allgemeingut.<br />

Auch, dass die heute neu eingestellten jungen Auszubildenden<br />

die im Betrieb zu haltenden „Alten“ von<br />

morgen sind, <strong>und</strong> daher eine neue Form des nachhaltigen<br />

Managements des Humankapitals erforderlich ist,<br />

ist somit in vielen Betrieben bei weitem noch nicht der<br />

handlungsleitende Gedanke.<br />

So findet erst in wenigen, meist großen Vorreiterbetrieben<br />

eine systematische Auseinandersetzung mit den<br />

Folgen der demographischen Veränderungen statt, die<br />

sich in der konkreten Änderung von Arbeitsorganisationsformen<br />

unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschutzes ausdrückt. 55<br />

Die Förderung der Verankerung einer alternsgerechten<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik in den kleinen <strong>und</strong><br />

mittleren Unternehmen der Region sollte daher ein Förderschwerpunkt<br />

bei der Flankierung des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s werden. Handlungsoptionen bestehen<br />

auf folgenden Feldern:<br />

• Information: Der Kenntnisstand über die weitreichenden<br />

Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s,<br />

auf die heute bereits in der betrieblichen Organisationsentwicklung<br />

zu reagieren ist, muss als<br />

noch zu gering angesehen werden. Berücksichtigt<br />

man, dass in unserem Panel Trendsetterbetriebe<br />

überdurchschnittlich vertreten sind, dürfte<br />

der Informations- <strong>und</strong> Unterstützungsbedarf für<br />

das Gros der kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />

erheblich sein, damit diese rechtzeitig die erforderlichen<br />

Veränderungen erkennen <strong>und</strong> gestalten<br />

können.<br />

• Entwicklung von regionalen Modellprojekten,<br />

die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen beim Aufbau<br />

einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />

unterstützen. Die Integration<br />

eines generationsübergreifenden vorbeugenden<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschutzes sollte dabei ein zentraler<br />

Gesichtspunkt sein. Vorhandene Beispiele <strong>und</strong><br />

Projekte aus anderen Regionen könnten hier Impulse<br />

geben. 56<br />

• Vorstellung von „best practice“-Beispielen einer<br />

alternsgerechten Personalpolitik, die Möglichkeiten<br />

für die Umsetzung eines betrieblichen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsschutzes unter der Perspektive einer<br />

„nachhaltigen Nutzung“ des Humankapitals insbesondere<br />

für kleine <strong>und</strong> mittlere Betriebe aufzeigen<br />

können. Die Organisation eines Betriebsbesuchsprogramms<br />

– analog dem Best Practice-<br />

Programm für neue Technologien TOP 57 – könnte<br />

hierfür eine ansprechende Form darstellen.<br />

Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Basis<br />

für die Verankerung neuer alternsgerechter Konzepte<br />

in den Betrieben vorliegt. Gr<strong>und</strong>sätzliches Problembewusstsein<br />

<strong>und</strong> Interesse an der Umsetzung von Antworten<br />

auf den demographischen <strong>Wandel</strong> ist in vielen Betrieben<br />

zu finden.<br />

Es sei jedoch abschließend darauf hingewiesen, dass<br />

einzelne betriebliche Entscheidungsträger zumindest<br />

Teile wissenschaftlich widerlegter Defizittheorien noch<br />

nicht als Vorurteil, sondern als Fakt begreifen. Insbesondere<br />

gilt vereinzelt eine mit dem Alter nachlassende<br />

Leistungs- <strong>und</strong> Lernfähigkeit noch als unabwendbarer<br />

natürlicher Vorgang. Offenbar liegt hier weiterhin ein<br />

Feld für Aufklärungsarbeit durch Kammern <strong>und</strong> Verbände<br />

vor.<br />

11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />

im Betrieb<br />

Neben den im Vorkapitel angesprochenen Maßnahmen<br />

des vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutzes ist die kontinuierliche<br />

Qualifikation älterer Arbeitnehmer wichtiger<br />

Bestandteil von Strategien, ihre Beschäftigungs<strong>und</strong><br />

Innovationsfähigkeit zu erhalten. Nur eine betriebliche<br />

integrierte Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik,<br />

die heute organisationsstrukturelle Voraussetzungen<br />

schafft, wird in 10 bis 15 Jahren für die Folgen des<br />

demographischen <strong>Wandel</strong>s gewappnet sein.<br />

Doch auch kurzfristig kommt der kontinuierlichen Qualifizierung<br />

älterer Beschäftigter zur Erhaltung ihres Potenzials<br />

in den Betrieben eine große Bedeutung zu. 58<br />

55 Auch eine Qualifizierungspolitik, die die Beschäftigten einbezieht <strong>und</strong> sich in Richtung einer individuellen betrieblichen Erwerbsbiographiegestaltung<br />

bewegt, wird erst in wenigen Vorreiterbetrieben betrieben, vgl. Kapitel 11.<br />

56 S. u.a. http://www.demotrans.de sowie: Projekt TransAlt (www.aiq.de/TransAlt.htm; vorgestellt auch in: Arbeit & Ökologie Briefe<br />

5/2002, S. 23f).<br />

57 „Technologie-orientiertes Besuchs- <strong>und</strong> Informationsprogramm“, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie,<br />

www.top-online.de<br />

58 Die Weiterbildungsstatistik (Berichtssystem Weiterbildung) belegt die unterdurchschnittliche Beteiligung Älterer an Qualifizierungs-<br />

maßnahmen; vgl. zusammenfassend Barkhold 2001:24f.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 33


Für Weiterbildungsträger stellt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

die Frage, ob ein Angebot speziell auf ältere Arbeitnehmer<br />

ausgerichteter Kurse, in deren Gestaltung<br />

die aktuellen Ergebnisse der berufspädagogischen Forschung<br />

aufzugreifen wären, auf einen wachsenden betrieblichen<br />

Bedarf treffen.<br />

11.1 Das Alter als Kriterium der Qualifizierung<br />

Die große Mehrzahl der Befragten betont, dass besondere<br />

Inhalte für eine Weiterbildung nicht aus dem Kriterium<br />

Alter, sondern ausschließlich aus den spezifischen<br />

Anforderungen des Arbeitsplatzes abgeleitet werden<br />

können. Insofern wird auch keine besondere Qualifizierung<br />

für Ältere favorisiert. 59 In den Interviews wurden<br />

jedoch Gründe thematisiert, die dazu führen, dass<br />

die Praxis der Qualifizierung von älteren Mitarbeitern<br />

in etlichen Betrieben nicht immer so reibungslos erfolgt,<br />

wie es im Rahmen der von den Betrieben favorisierten<br />

altersunabhängigen Qualifizierungsplanung<br />

wünschenswert wäre.<br />

Lernentwöhnung <strong>und</strong> Motivationsdefizite können<br />

die kontinuierliche Qualifizierung Älterer<br />

erschweren<br />

Wie schon in der Diskussion des ersten Themenfelds<br />

legten die Experten in aller Regel Wert auf das Primat<br />

der Beurteilung des Einzelfalls <strong>und</strong> wollten ihre Aussagen<br />

nicht als generalisierende Urteile über Ältere verstanden<br />

wissen.<br />

Nicht wenige Betriebe berichten jedoch, dass die betriebliche<br />

Innovationsentwicklung an den älteren Beschäftigten<br />

vorbeigegangen sei. Motivation, aber auch<br />

die Lernfähigkeit sei im Alter geringer. In Einzelfällen<br />

war diese Einschätzung mit einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Skepsis<br />

gegenüber der Qualifizierbarkeit Älterer verb<strong>und</strong>en:<br />

im Alter lasse die Lernfähigkeit quasi natürlicherweise<br />

<strong>und</strong> unabwendbar nach. Die wissenschaftliche Widerlegung<br />

dieser „Defizittheorie“ 60 ist somit noch nicht in<br />

allen Betrieben zum Allgemeingut geworden.<br />

Auf der anderen Seite überwiegen aber die Betriebe,<br />

für die es selbstverständlich ist, dass alle Beschäftigten,<br />

die von Innovationen betroffen sind, im Prinzip hierfür<br />

qualifiziert werden müssen. „Wenn ich SAP einführe,<br />

müssen alle, die damit arbeiten sollen, dafür qualifiziert<br />

werden. Das kann ich doch nicht vom Alter abhän-<br />

11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />

gig machen.“ Dabei wird im Prinzip davon ausgegangen,<br />

dass gr<strong>und</strong>sätzlich keine Qualifizierungshemmnisse<br />

oder eine verminderte Lernfähigkeit am Alter festgemacht<br />

werden können. Eventuelle Ausnahmen („lernunfähige<br />

oder -unwillige Beschäftigte“) werden an der<br />

Einzelperson, nicht am Alter festgemacht.<br />

In diesen Betrieben kennt man auch den Teufelskreis<br />

von Lernentwöhnung, Lernproblemen <strong>und</strong> mangelnder<br />

Lernmotivation, <strong>und</strong> geht davon aus, dass dieser Zusammenhang<br />

im Rahmen einer generationsübergreifenden<br />

Qualifizierungspolitik überw<strong>und</strong>en werden kann.<br />

Eventuelle Motivationsprobleme geht man in Einzelgesprächen<br />

an. So berichtete ein Gesprächspartner, dass<br />

beim Aufbau einer betrieblichen Weiterbildungsdatenbank,<br />

in die die Beschäftigten selber ihre Bedarfe einpflegen<br />

können, die Zurückhaltung der älteren Beschäftigten<br />

hinsichtlich EDV- <strong>und</strong> Internetschulungen aufgefallen<br />

sei. In Gesprächen mit diesen Mitarbeitern stellte<br />

sich dann heraus, dass diese zwar einen Schulungsbedarf<br />

für sich sehen <strong>und</strong> Interesse an einem Kurs haben,<br />

aber davon ausgegangen waren, ihnen würde man auf<br />

Gr<strong>und</strong> ihres Alters einen solchen Kurs ohnehin nicht<br />

mehr zubilligen.<br />

Als interessanter Aspekt ergab sich aus den Diskussionen,<br />

dass die Etablierung selbstbestimmten Lernens<br />

in den Betrieben oft auf das Problem trifft, dass die<br />

Selbsteinschätzung des Qualifizierungsbedarfs selbst<br />

eine Qualifikation ist, über die erst sehr wenig Beschäftigte<br />

verfügen.<br />

Spezifische Qualifizierungsbedarfe älterer Beschäftigter<br />

Da die große Mehrzahl der Befragten betont, dass<br />

besondere Inhalte für eine betriebliche Qualifizierung<br />

nicht aus dem Kriterium Alter, sondern ausschließlich<br />

aus den im Zuge von Innovationen sich ändernden Anforderungen<br />

abgeleitet werden können, wurden kaum<br />

Qualifizierungsinhalte genannt, die in besonderem Maß<br />

älteren Arbeitnehmern zu vermitteln sind. Ausnahmen<br />

bestehen auf folgenden Gebieten:<br />

• EDV <strong>und</strong> IT-Technik:<br />

Hervorzuheben ist hier der Verweis auf mangelnde<br />

Vertrautheit mit Kenntnissen im EDV-Bereich.<br />

Die Handhabung des PC, die Beherrschung gängiger<br />

Software im Bereich Internet <strong>und</strong> E-Mail<br />

kann vorrangig bei Älteren nicht als sicher unterstellt<br />

werden.<br />

59 Branchenspezifische Unterschiede spielten in der Diskussion des gesamten thematischen Felds kaum eine Rolle. Zwar wurden von den<br />

Gesprächspartnern branchen- oder betriebsspezifische Qualifizierungsinhalte angeführt, meist aber um daran die Altersunabhängigkeit<br />

der betrieblichen Bedarfe aufzuzeigen.<br />

60 Vgl. zusammenfassend u.a. Hübner/Wachtveitl 2000:36–38; Axhausen/Röhrig 1999:12f.<br />

34 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />

Beispielsweise im Handel haben zahlreiche Gesprächspartner<br />

unterstrichen, dass die Einführung<br />

von Warenwirtschaftssystemen große Probleme<br />

bereitet, weil die Mitarbeiter, vorwiegend Frauen<br />

in den mittleren Jahren, keine entsprechenden<br />

Vorkenntnisse im PC-Bereich aufzuweisen<br />

haben.<br />

Aber auch in anderen Branchen bilden EDV <strong>und</strong><br />

IT-Technik einen Bereich, in dem von einem allgemeinen<br />

Qualifikationsdefizit älterer Arbeitnehmer<br />

weiterhin auszugehen ist.<br />

• Managementkurse:<br />

Andere Branchenvertreter haben es als zunehmend<br />

erforderlich bezeichnet, Managementkurse<br />

insbesondere für Ältere anzubieten, da sie in<br />

besonderem Maße für leitende Funktionen im<br />

Betrieb in Betracht gezogen werden <strong>und</strong> daher<br />

mit modernen Führungsmethoden <strong>und</strong> -stilen vertraut<br />

gemacht werden sollten, die in ihrer bisherigen<br />

Qualifikationsbiographie noch nicht vermittelt<br />

wurden.<br />

11.2 Altersspezifische Qualifizierungsformen<br />

gelten nur eingeschränkt als<br />

sinnvoll<br />

Die berufspädagogische Forschung <strong>und</strong> Diskussion hat<br />

sich insbesondere in jüngster Zeit intensiv mit der Frage<br />

von Lernmethoden <strong>und</strong> Lernstilen befasst, die speziell<br />

ältere <strong>und</strong> lernentwöhnte Mitarbeiter fördern sollen.<br />

Eine Ausbildung, die vom Konkreten zum Abstrakten<br />

fortschreitet, die das praktische Problem an den Ausgangspunkt<br />

stellt, um daraus theoretische Kenntnisse<br />

abzuleiten, gilt als besonders förderlich. Auch liegen<br />

heute Erfahrungen aus der modellhaften Umsetzung<br />

neuer Lehr-Lern-Formen in die betriebliche Qualifizierungspraxis<br />

vor. 61<br />

In den Stellungnahmen der betrieblichen Experten wurden<br />

zwar durchaus spezifische Lernformen favorisiert,<br />

auch wenn sie nicht ausdrücklich im berufspädagogischen<br />

Kontext genannt wurden. Fast ausnahmslos wurde<br />

das Lernen in „altersgemischten Teams“ als die gewünschte<br />

Normalform des Lernprozesses genannt. Dies<br />

gilt im besonderen Maße für den innerbetrieblichen<br />

Wissenstransfer zwischen älteren <strong>und</strong> jüngeren Mitarbeitern,<br />

aber auch für externe Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Eine „wechselseitige Befruchtung im Lernprozess“,<br />

in den beispielsweise die Jüngeren aktuelle technologische<br />

Kenntnisse, die Älteren Erfahrungswissen<br />

einbringen, gilt als Idealfall.<br />

Das Interesse an einer altersspezifischen Didaktik muss<br />

jedoch als eher zurückhaltend eingeschätzt werden,<br />

auch wenn die Spanne der Meinungen hier erneut<br />

sehr weit streut. Während einige Gesprächspartner die<br />

Notwendigkeit einer altersspezifischen Gestaltung des<br />

Lehr-Lern-Prozesses gr<strong>und</strong>sätzlich in Abrede stellten<br />

<strong>und</strong> aus ihrer Erfahrung heraus keine Besonderheit in<br />

Lernfähigkeit <strong>und</strong> -prozessen Älterer im Vergleich zu<br />

Jüngeren bestätigen können, meldeten andere Betriebe<br />

ein Interesse an altersspezifischer Qualifikation an.<br />

Generell erbrachte die Diskussion Hinweise, dass die<br />

Betriebe gerade bei der Qualifizierung Älterer im EDV-<br />

Bereich mit dem Standard der bestehenden Maßnahmendurchführung<br />

nicht zufrieden sind. Oft werden hier<br />

Probleme geschildert, die sich bei „Standardkursen“<br />

mit altersgemischter Durchführung für den Teilnahmeerfolg<br />

Älterer ergaben.<br />

• Ältere bevorzugen andere Lernformen, Jüngere<br />

ein „trial and error“-Verfahren in der PC-<br />

Ausbildung. Die intuitive Nutzung von Icons, der<br />

Mausklick <strong>und</strong> die Beobachtung von Wirkungen,<br />

die sich einstellen oder auch ausbleiben, kennzeichnet<br />

einen Lernmodus, der als spielerischer<br />

Umgang mit der Materie erscheint, der nicht der<br />

Lernbiographie Älterer entspricht. Richtet sich<br />

die methodisch-didaktische Durchführung an den<br />

Jüngeren aus, fühlen sich die Älteren mit ihren<br />

Bedürfnissen <strong>und</strong> Fragen übergangen.<br />

• Die geringere Vertrautheit der älteren Teilnehmer<br />

mit EDV – die jüngeren sind bereits mit<br />

dem PC aufgewachsen – erfordert mehr Möglichkeiten,<br />

sich mit der Technik vertraut zu machen,<br />

was im Lerntempo berücksichtigt werden<br />

muss. Richtet sich die Kursleitung an den Jüngeren<br />

aus, stellt sich oft Frustration bei den Teilnehmern<br />

ein: das Gefühl, „nicht mitzukommen“, untergräbt<br />

die Motivation <strong>und</strong> damit den angestrebten<br />

Qualifizierungserfolg.<br />

61 Die bereits genannte Dokumentation des BIBB (Gravalas 1999, 387–418) führt unter dem Titel „Qualifizierung älterer Arbeitnehmer“<br />

über 40 aktuelle Arbeiten zum Thema auf. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Projekte <strong>und</strong> Modellversuche (z.B. SELA,<br />

TECA) verwiesen, die von oder unter Beteiligung der Forschungsgruppe LOS der Universität Bremen (Lernen, Organisiert <strong>und</strong> Selbstgesteuert,<br />

Prof. Straka, Teil der Abteilung Lernen, Lehren + Organisation (LLO) des Instituts Technik <strong>und</strong> Bildung (ITB)) durchgeführt<br />

wurden. Das arbeitsplatzbezogene selbstorganisierte Lernen älterer Erwachsener bildet hier einen wichtigen Forschungsschwerpunkt.<br />

Informationen im Internet: www.los-forschung.de. Zur Didaktik der Berufsbildung älterer Arbeitnehmer s. auch Röhrig 1998.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 35


Schlechte Erfahrungen der genannten Art haben sich<br />

jedenfalls, darin stimmen zahlreiche Gesprächspartner<br />

überein, bei vielen älteren Mitarbeitern zu einer Motivationsbarriere<br />

verfestigt. Viele fühlen sich „überfordert“,<br />

weil sie in vermutlich ungeeigneten Kursen wenig verstanden<br />

haben <strong>und</strong> münzen die negative Erfahrung in<br />

ein persönliches Defizit um.<br />

Nur im Einzelfall folgt jedoch hieraus, dass Bedarf nach<br />

„altengerechten“ EDV-Kursen angemeldet wird. Eher<br />

dienen die beschriebenen Szenarien dazu, eine inhaltliche<br />

<strong>und</strong> methodisch-didaktische Gestaltung der Kurse<br />

zu empfehlen, die in der Lage ist, auf die z.T. mit<br />

dem Alter verknüpften unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />

der Teilnehmer einzugehen <strong>und</strong> die Stärken<br />

der älteren Teilnehmer für die erfolgreiche Durchführung<br />

der Maßnahme zu erschließen. Einzelne Betriebe<br />

führten Erfahrungen aus ihrer innerbetrieblichen Weiterbildungspraxis<br />

an, um zu belegen, dass dies bei entsprechender<br />

Zielsetzung <strong>und</strong> Qualifikation der Ausbilder<br />

bzw. Kursleiter durchaus funktionieren kann.<br />

Lernfördernde Arbeitsorganisation erst am Anfang<br />

Insgesamt haben durchweg alle Gesprächspartner die<br />

Bedeutung des life long learning hervorgehoben. Der<br />

sich in immer rascheren Schüben vollziehende technologische<br />

<strong>Wandel</strong> bringt es mit sich, dass eine einmal<br />

erworbene Qualifikation <strong>und</strong> Berufsausbildung nicht<br />

durch das ganze Arbeitsleben trägt <strong>und</strong> eine kontinuierliche<br />

Weiterbildung verlangt.<br />

Als Resultat der Gespräche muss jedoch davon ausgegangen<br />

werden, dass die Umsetzung dieser Erkenntnis<br />

in eine lernfördernde Betriebs- <strong>und</strong> Arbeitsorganisation<br />

in den Betrieben erst am Anfang steht. Lebenslanges<br />

Lernen wird zu oft nur als Anforderung an die Arbeitnehmer<br />

definiert, die in erster Linie eine verstärkte Bereitschaft<br />

zur Weiterbildung in der Freizeit erfordere.<br />

Ansätze zu einer Qualifizierungsplanung, die die Beschäftigten<br />

aktiv einbezieht, Selbstlernprozesse durch<br />

entsprechende Angebote (z.B. e-learning-Programme)<br />

im Betrieb unterstützt, den kontinuierlichen Qualifikationserwerb<br />

dokumentierbar macht (Qualifizierungspass<br />

o.ä.) gibt es erst in wenigen Vorreiterbetrieben. Auch<br />

hier sieht man sich zwar auf das Engagement der Beschäftigten<br />

angewiesen, weiß aber, dass man dazu Seitens<br />

des Betriebs entsprechende Bedingungen schaffen<br />

muss. Die Einrichtung einer lernfördernden Arbeitsorganisation<br />

ist im Urteil der Experten ein langfristiger<br />

Prozess, der von Management <strong>und</strong> Beschäftigten<br />

11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />

Einstellungs- <strong>und</strong> Verhaltensänderungen verlangt.<br />

Viele Betriebe scheinen Aufwand <strong>und</strong> Zeit eines solchen<br />

Prozesses zu unterschätzen, <strong>und</strong> sehen daher nicht<br />

den dringenden Bedarf, heute bereits auf diesem Feld<br />

aktiv zu werden.<br />

Wissensmanagement kann Ältere im Betrieb<br />

einbinden<br />

Im Zuge der Diskussion der Frage, ob die Qualifizierung<br />

Älterer im Betrieb spezifische Probleme aufwirft,<br />

wurde nicht selten angesprochen, dass man „eher umgekehrt“<br />

ein Problem der Qualifizierung jüngerer Arbeitnehmer<br />

habe, <strong>und</strong> zwar in Bezug auf den Wissenstransfer<br />

von Erfahrung bzw. Know-how der Älteren zu<br />

den Jüngeren. 62<br />

Zwar findet in der Regel in altersgemischten Teams ein<br />

Austausch statt. Nicht immer lässt sich jedoch eine solche<br />

den Wissenstransfer fördernde Arbeitsorganisation<br />

einrichten, oder der Wissenstransfer bleibt aus anderen<br />

Gründen suboptimal: erstens bleibt sein Stattfinden in<br />

vielen Fällen ohne organisatorische Absicherung <strong>und</strong><br />

findet somit „naturwüchsig“ <strong>und</strong> zufallsbestimmt statt;<br />

darüber hinaus wird oft berichtet, dass ältere Arbeitnehmer<br />

beginnen, bei ihrem Wissen zu „mauern“, zumindest<br />

aber von sich aus keine Anstrengungen unternehmen,<br />

ihr Wissen weiterzugeben. Dabei scheint die<br />

Angst vor der Betroffenheit von Kündigung eine zentrale<br />

Rolle zu spielen. Sein exklusives Know-how ist<br />

bis dato das Pf<strong>und</strong>, mit dem der Ältere in der Konkurrenz<br />

mit Jüngeren seinen Arbeitsplatz „verteidigen“<br />

kann. Hinter dem Verlangen, der Ältere habe sein Wissen<br />

an die Jüngeren weiterzugeben, wird oft der Versuch<br />

befürchtet, dem Älteren die Stellung <strong>und</strong> Stelle im<br />

Betrieb streitig zu machen.<br />

Ansätze zum Aufbau eines systematischen Wissensmanagements,<br />

das als Antwort hierauf die Älteren in institutionalisierter<br />

Form einbezieht <strong>und</strong> ihre Ängste darin<br />

berücksichtigt, um den Transfer ihres Erfahrungsschatzes<br />

– <strong>und</strong> damit auch dessen Erhaltung für den Betrieb<br />

nach ihrem Ausscheiden – als kontinuierlichen Prozess<br />

zu sichern, finden sich jedoch wiederum nur in wenigen<br />

Fällen. Vereinzelt suchen allerdings kleinere Betriebe<br />

nach Möglichkeiten, erfahrene ältere Mitarbeiter noch<br />

stärker als bisher in die Ausbildung einzubeziehen, um<br />

ihr Wissen <strong>und</strong> ihre Vorbildfunktion auch jenseits einer<br />

vorliegenden Ausbildereignung für die Auszubildenden<br />

zu mobilisieren.<br />

62 Zu den Elementen eines intergenerativen Wissenstransfers s. Köchling 2000:38; zusammenfassende Grafik S. 12.<br />

36 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />

11.3 Unterstützungsbedarfe<br />

Zu diesem Themenkomplex waren nur sehr vereinzelt<br />

dezidierte Stellungnahmen zu hören. Da ein spezifischer<br />

Bedarf für altenspezifische Kurse nur vereinzelt<br />

angemeldet wurde, gibt es kaum Material für diesbezügliche<br />

betriebliche Überlegungen.<br />

In den Gesprächen ergaben sich Hinweise, dass den Betrieben<br />

in der Regel die neuen Fördermöglichkeiten 63<br />

der Qualifizierung älterer Arbeitnehmer über das Job-<br />

Aqtiv-Gesetz noch kaum bekannt sind. Vereinzelt wurde<br />

über mangelhafte Information hierzu geklagt; in diesem<br />

Fall konnten die Interviews zur Information <strong>und</strong> für<br />

Hinweise auf weiterführende Informationsquellen genutzt<br />

werden.<br />

11.4 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

Im Urteil der Betriebe ist das Alter kein eigenständiges<br />

Kriterium der Personalplanung (Kapitel 10). Insofern<br />

ist es konsequent, dass auch kein eigenständiger Qualifizierungsbedarf<br />

umrissen wird, der speziell den älteren<br />

Beschäftigten vorbehalten wäre.<br />

Gleichwohl zeigt die betriebliche Praxis Unterschiede<br />

zwischen jüngeren <strong>und</strong> älteren Arbeitnehmern auf, die<br />

erst selten unter dem Gesichtspunkt der Bewältigung<br />

des demographischen <strong>Wandel</strong>s betrachtet werden. Auch<br />

hier ist daher festzuhalten, dass sich die Betriebe zwar<br />

von jugendzentrierten Sichtweisen abgewendet haben<br />

<strong>und</strong> daher dem Alter keine Bedeutung für betriebliche<br />

Qualifizierungsprozesse beimessen wollen, aber im allgemeinen<br />

noch nicht dazu übergegangen sind, das Altern<br />

der Belegschaften systematisch in ihrer Qualifizierungsplanung<br />

zu berücksichtigen. Es besteht daher<br />

Handlungsbedarf mit Optionen auf folgenden Feldern:<br />

• EDV bzw. moderne IT-Technik sind weiterhin<br />

Felder eines Qualifizierungsdefizits älterer Arbeitnehmer;<br />

ein Aufholen dieses Defizits ist kurzfristig<br />

erforderlich, um die Innovations- <strong>und</strong> Beschäftigungsfähigkeit<br />

älterer Arbeitnehmer abzusichern.<br />

• Die Information der Betriebe über das Job-Aqtiv-<br />

Gesetz, auch in Verbindung mit dem arbeitsmarktpolitischen<br />

Instrument JobRotation, sollte<br />

dessen Möglichkeiten der Qualifikationsförderung<br />

älterer Beschäftigter im Betrieb mehr in den<br />

Vordergr<strong>und</strong> stellen.<br />

63 S. Seite 14.<br />

• Die Weiterbildungsträger müssen sich darauf einstellen,<br />

dass die Betriebe im Zuge des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s vermehrt das Kursangebot daran<br />

messen, ob es ein Lernen in altersgemischten<br />

Gruppen ermöglicht <strong>und</strong> optimal unterstützt.<br />

Der erwachsenenpädagogischen Kompetenz der<br />

Qualifikateure kommt damit ein deutlich höherer<br />

Stellenwert zu.<br />

Insofern ist – soweit nicht bereits in Angriff<br />

genommen – eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse<br />

der erwachsenenpädagogischen Forschungsergebnisse<br />

im Angebot der Weiterbildungsträger<br />

erforderlich. Dass die Betriebe diese<br />

Notwendigkeit oft nicht sehen, deren Praxisrelevanz<br />

bestreiten oder sogar die Forschungsresultate<br />

insgesamt als Produkte des „Elfenbeinturms“<br />

Wissenschaft abtun, verweist darauf, dass entsprechende<br />

Forschungsprojekte nach Wegen suchen<br />

sollten, wie sich die Ergebnisse <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />

für die Praxis besser <strong>und</strong> betriebsorientiert<br />

verbreiten lassen.<br />

• Wissensmanagement könnte in Zukunft verstärkt<br />

eine Funktion für eine Absicherung der Beschäftigung<br />

Älterer im Betrieb erhalten. Durch eine<br />

institutionalisierte Form der Einbindung der<br />

Älteren in das betriebliche Wissensmanagement<br />

könnte eine Vertrauensbasis geschaffen werden,<br />

die dem „Mauern“ Älterer beim Know-how-<br />

Transfer entgegenwirkt, <strong>und</strong> im allgemeinen der<br />

Prozess des Wissenstransfers optimiert werden,<br />

der bislang eher zufällig <strong>und</strong> unkontrolliert stattfindet.<br />

Wissensmanagement sollte daher – unter diesem<br />

Gesichtspunkt betrachtet – Bestandteil von Projekten<br />

sein, die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

bei der Implementierung einer neuen alternsgerechten<br />

Personalpolitik unterstützen.<br />

• Vereinzelt finden sich noch Betriebe, in denen<br />

im Sinne von wissenschaftlich überholten Defizitmodellen<br />

von einer gr<strong>und</strong>sätzlich, quasi natürlich<br />

abnehmenden Lernfähigkeit älterer Arbeitnehmer<br />

ausgegangen wird. Es wäre Aufgabe insbesondere<br />

der Kammern, diesem betrieblichen<br />

Informationsdefizit entgegen zu wirken.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 37


12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />

bei Neueinstellungen<br />

Ein wichtiges Anliegen der Befragung bestand wie eingangs<br />

erwähnt darin, Gründe für die aus Sicht der fördernden<br />

Instanzen hinter den Erwartungen zurückbleibende<br />

Nutzung der Förderprogramme zur Neueinstellung<br />

älterer Arbeitnehmer durch die regionalen Unternehmen<br />

zu ermitteln. Die Gesprächsführung konzentrierte<br />

sich daher in diesem Punkt auf die Frage nach<br />

der Stellung der befragten Betriebe zur Neueinstellung<br />

älterer Arbeitnehmer, nach möglichen Vorbehalten sowie<br />

nach Qualifizierungsdefiziten bei arbeitslosen Bewerbern.<br />

In diesem Zusammenhang wurden Bekanntheit,<br />

Nutzung <strong>und</strong> Optimierungsmöglichkeiten der Förderprogramme<br />

erörtert.<br />

12.1 Ältere Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

nicht im Blick<br />

Auf die Neueinstellung von älteren Arbeitslosen angesprochen,<br />

verweisen viele Betriebe zunächst darauf,<br />

dass Neueinstellungen derzeit nicht oder nur in geringem<br />

Umfang geplant sind. Die Gründe dafür liegen<br />

hauptsächlich in der immer noch nicht vollständig überw<strong>und</strong>enen<br />

Konjunkturschwäche. Dieser Sachverhalt ist<br />

bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Programme<br />

zur Förderung der Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />

als Hintergr<strong>und</strong> mit zu berücksichtigen.<br />

In Bezug auf die Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />

bei tatsächlich oder möglicherweise in Zukunft geplanten<br />

Neueinstellungen schälten sich in den Interviews<br />

vier generalisierbare Richtungen der Argumentation<br />

heraus:<br />

1. Vorbehalte gegen (Langzeit-)Arbeitslose:<br />

Generelle Vorbehalte gegen (Langzeit-)Arbeitslose<br />

wurden zwar nur in einzelnen Betrieben angetroffen.<br />

Von diesen Vorbehalten sind aber ältere Arbeitslose<br />

besonders betroffen, die einen überproportionalen<br />

Anteil der Langzeitarbeitslosen stellen. 64 Von<br />

den betrieblichen Ansprechpartnern wird hier auf<br />

schlechte Erfahrungen verwiesen, die sie im Umgang<br />

mit Arbeitslosen im Betrieb gemacht haben.<br />

Auch gr<strong>und</strong>sätzliche Einwände werden vorgetragen.<br />

Arbeitslosigkeit gilt dann als Indiz einer Negativselektion<br />

am Arbeitsmarkt. Wer entlassen wurde, gilt<br />

als „Spreu“, die vom „Weizen“ getrennt wurde. Echte<br />

Leistungsträger, so ist in diesem Zusammenhang<br />

zu hören, würden eben zuletzt entlassen.<br />

64 S. Seite 7.<br />

12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

Aufgr<strong>und</strong> der spezifischen Zusammensetzung des<br />

befragten Betriebspanels, das überproportional technologische<br />

<strong>und</strong> arbeitsorganisatorische Trendsetter-<br />

Betriebe berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass<br />

dieser Standpunkt in der Gesamtheit der regionalen<br />

Betriebe eine größere Wirksamkeit hat als im befragten<br />

Expertenkreis. Daher sollten die genannten<br />

Vorbehalte bei der inhaltlichen Gestaltung von Informationskampagnen<br />

zur Nutzung der Programme<br />

zur Unterstützung der Einstellung älterer Arbeitnehmer<br />

verstärkt berücksichtigt werden.<br />

2. Betriebsspezifische Anforderungen:<br />

Die Wahrscheinlichkeit für die Neueinstellung Älterer<br />

gilt als sehr gering. Nach Einschätzung der Befragten<br />

sind ältere Bewerber mit der passenden Qualifikation<br />

auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden. Die<br />

stark betriebsspezifisch definierten Anforderungen<br />

an die Mitarbeiter bringen es mit sich, dass die erforderlichen<br />

Spezialisten im Betrieb selbst „produziert“<br />

werden müssen.<br />

3. Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten:<br />

Eine Neueinstellung Älterer erscheint prinzipiell<br />

möglich, gilt aber als wenig wahrscheinlich. Der<br />

Vorteil älterer Arbeitnehmer im Betrieb, ihr großes<br />

betriebsspezifisches Know-how, kehrt sich hier quasi<br />

gegen ältere Bewerber; darüber hinaus entwertet<br />

sich die fachliche Qualifikation je nach ihrer<br />

„Halbwertszeit“ mehr oder weniger schnell. Einarbeitung,<br />

Aktualisierung der fachlichen Qualifikation<br />

<strong>und</strong> betriebsspezifische Qualifizierung erfordern daher<br />

einen finanziellen <strong>und</strong> zeitlichen Aufwand, der<br />

in Bezug auf die „Nutzungszeit“ der auf diese Weise<br />

herzustellenden nutzbaren Qualifikation gesetzt<br />

wird. Daher geben nicht wenige Betriebe ein (offenbar<br />

betriebsspezifisch <strong>und</strong> nach gesuchter Qualifikation<br />

stark streuendes) Alterslimit an, ab dem eine<br />

Einstellung unter betriebswirtschaftlichen Aspekten<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich als problematisch gilt.<br />

Betriebe, die eine potenzielle Neueinstellung von älteren<br />

Arbeitnehmern nach diesem Muster beschreiben,<br />

stellen einen großen Anteil an den befragten<br />

Unternehmen. In diesen Betrieben könnten Förderprogramme,<br />

die den Betrieben die Einarbeitungs<strong>und</strong><br />

Qualifizierungskosten senken, zu einer veränderten<br />

betrieblichen Kalkulation führen <strong>und</strong> daher<br />

zur vermehrten Neueinstellung von älteren Arbeitnehmern<br />

beitragen. Eine relativ große Basis für die<br />

Nutzung der Förderprogramme sollte somit in der<br />

Region vorhanden sein.<br />

38 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

4. Systematische Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik:<br />

Im Rahmen einer systematischen Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik sind Neueinstellungen dem<br />

Gesichtspunkt der systematischen Nachwuchsrekrutierung<br />

untergeordnet. Insbesondere Betriebe, die in<br />

Bezug auf eine generationsübergreifende, alternsgerechte<br />

Personalplanungs- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />

als Vorreiter gelten müssen, also Betriebe, in denen<br />

Qualifizierung systematisch geplant wird <strong>und</strong><br />

unter Beteiligung der Mitarbeiter in Richtung einer<br />

lebensbegleitenden Qualifizierungsplanung fortgeschritten<br />

wird, ist die Neueinstellung im Wesentlichen<br />

auf die Ausbildung der benötigten Fachkräfte<br />

für den konkreten Bedarf des Betriebs <strong>und</strong> die sich<br />

anschließende kontinuierliche Qualifikationsanpassung<br />

ausgerichtet. In der Entwicklung <strong>und</strong> nachhaltigen<br />

„Pflege“ einer solchen altersgemischten Stammbelegschaft<br />

spielt eine Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />

als Strategie zur Deckung des Fachkräftebedarfs<br />

so gut wie keine Rolle. Diese Betriebe sind<br />

wichtige Vorbilder für die langfristige Lösung der<br />

Probleme des demographischen <strong>Wandel</strong>s; für das<br />

Kurzfristziel der Verminderung der Arbeitslosigkeit<br />

Älterer ergeben sich hier jedoch nur wenig Ansatzpunkte.<br />

Als Zwischenfazit kann hier festgehalten werden, dass<br />

die Rekrutierungspolitik der meisten Betriebe den älteren<br />

Arbeitnehmer nicht im Blick hat. Obwohl im allgemeinen<br />

kein Vorbehalt gegen die Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer geltend gemacht wird <strong>und</strong> die älteren<br />

Mitarbeiter im Betrieb sehr geschätzt werden, wird<br />

bei Neueinstellungen weiterhin fast ausschließlich jugendzentriert<br />

gedacht. Als Hintergr<strong>und</strong> der betrieblichen<br />

Skepsis hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass<br />

es zu Neueinstellungen älterer Arbeitnehmer kommt,<br />

ist zum einen die aktuell allgemein geringe Arbeitskräftenachfrage<br />

der befragten Betriebe, zum anderen<br />

der heute noch nicht gespürte Problemdruck zu nennen:<br />

noch kann die betriebliche Nachfrage mit jüngeren Bewerbern<br />

gedeckt werden.<br />

12.2 Branchenbesonderheiten<br />

Im allgemeinen kommt der Branchenzugehörigkeit keine<br />

ausschlaggebende Rolle für die allgemeine Stellung<br />

der Betriebe zur Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />

zu. Bei der Beurteilung der Beschäftigungschancen arbeitsloser<br />

Bewerber scheint der Unterscheidung zwischen<br />

„kaufmännischen“ <strong>und</strong> „gewerblichen“ Funktionen<br />

im Unternehmen eine weitaus größere Bedeutung<br />

zuzukommen, wobei in der Regel im gewerblichen Be-<br />

reich die Chancen der Neueinstellung älterer Bewerber<br />

als noch geringer gelten. Dies findet sich insbesondere<br />

dort, wo die körperliche Leistungsfähigkeit weiterhin<br />

als wichtiges Einstellungskriterium gilt.<br />

In Medienbetrieben erscheint vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />

Ausführungen in Kapitel 10 die Möglichkeit der Neueinstellung<br />

Älterer äußerst gering. Zwar hielt es ein Teil<br />

der Gesprächspartner für im Prinzip möglich, dass sich<br />

auch ältere Arbeitslose (Qualifikation: Programmierer,<br />

IT-Fachleute) mit einer auf den Bedarf des Betriebs<br />

abgestimmten Qualifizierung einen Wiedereinstieg verschaffen<br />

könnten. Gr<strong>und</strong>lage: die informationstechnischen<br />

Basistechnologien <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen der Anwendungen<br />

ändern sich zum Teil nur langsam; beispielsweise<br />

sollte daher die Kenntnis von Datenbanksystemen/SQL<br />

ermöglichen, sich flexibel <strong>und</strong> schnell in eine<br />

bestimmte Umgebung <strong>und</strong> SQL-Variante einzuarbeiten.<br />

Auf der anderen Seite sind jedoch auch Stellungnahmen<br />

zur Kenntnis zu nehmen, die sich recht kategorisch eine<br />

Beschäftigung Älterer in diesen Funktionsbereichen<br />

nicht vorstellen konnten.<br />

Es bestehen somit, wenn auch nur in beschränktem<br />

Umfang, Möglichkeiten, mit gezielter Qualifizierung<br />

älteren IT-Fachleuten einen Wiedereinstieg bei Mediendienstleistern<br />

zu ermöglichen. Eine konkrete Abstimmung<br />

mit dem zukünftigen Arbeitgeber ist dabei<br />

jedoch unerlässlich: Branchenfremde Qualifikationen<br />

sind nicht nützlich, <strong>und</strong> in einem Fall wurde deutliche<br />

Kritik an den Anbietern von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

für arbeitslose IT-Fachleute geübt: „Ältere Bewerber<br />

kommen oft mit tollen Zertifikaten, die sie mit<br />

viel Aufwand erworben haben, die aber an unserem<br />

Bedarf vorbeigehen.“ Demzufolge produziert die eindimensionale<br />

Ausrichtung von Weiterbildungsträgern auf<br />

Microsoft-Produkte bezogen auf den Bedarf der Medienbetriebe<br />

einen Qualifikations-Mismatch, der sich<br />

aus Sicht des Gesprächspartners zukünftig zu verallgemeinern<br />

droht, wofür die zunehmende Verdrängung von<br />

Microsoft-Produkten durch andere (z.T. Open-Source-)<br />

Systeme in den Verwaltungen als Beleg diente.<br />

Im Logistikbereich (insb. Spedition) wird besonders<br />

oft auf das allgemein eher knappe Angebot von Speditionskaufleuten<br />

mit Speditionserfahrung auf dem Arbeitsmarkt<br />

hingewiesen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erscheint<br />

es den Interviewpartnern als eher unwahrscheinlich,<br />

dass eine qualifizierte Fachkraft länger arbeitslos<br />

bleiben könne. Hieraus speist sich der Vorbehalt<br />

gegen längerfristig arbeitslose Bewerber, die man<br />

jedoch ohnehin nicht auf dem Arbeitsmarkt vorhanden<br />

sieht. Als Hintergr<strong>und</strong> ist hier auf die oben angeführte<br />

Einschätzung zu verweisen, dass aufgr<strong>und</strong> von Be-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 39


sonderheiten des Speditionsgewerbes <strong>und</strong> der Konkurrenz<br />

der Speditionen mit der Industrie um Logistik-<br />

Fachkräfte deren kaufmännische Abteilungen in der<br />

Regel von „jungen Teams“ dominiert werden. 65<br />

Auch im Handel setzen einige Sparten ganz auf jüngere<br />

Mitarbeiter. Jugendliches Alter <strong>und</strong> modernes Outfit<br />

rechnet man hier zum Betriebskapital von Young Generation<br />

Shops.<br />

12.3 Bekanntheit, Nutzung <strong>und</strong> Optimierungsmöglichkeiten<br />

der Förderprogramme<br />

zur Einstellung von älteren<br />

Arbeitslosen<br />

Zentrales Anliegen der Untersuchung war es, Möglichkeiten<br />

zu ermitteln, wie die Akzeptanz der Förderprogramme,<br />

insb. des Landesprogramms verbessert werden<br />

kann. 66<br />

Die Frage nach der Bekanntheit der Förderprogramme<br />

bringt zu Tage, dass diese Programme in einem erheblichen<br />

Teil der Betriebe weitgehend unbekannt sind, <strong>und</strong><br />

zwar in dem Sinn, dass die befragten Experten zwar<br />

meist von der Existenz der Programme wissen, aber<br />

über die Inhalte, Bedingung <strong>und</strong> Umfang der Fördermöglichkeiten<br />

nur sehr rudimentär informiert sind. 67<br />

In den Gesprächen wurde deutlich, dass der Gr<strong>und</strong> nur<br />

sehr teilweise in einer eventuell suboptimal durchgeführten<br />

Informationspolitik der fördernden Stellen <strong>und</strong><br />

Kammern zu suchen sein dürfte. Denn bei realistischem<br />

Blick erscheint ein anderer Faktor ausschlaggebend dafür,<br />

dass sich der Bedarf an Informationen über die einschlägigen<br />

Förderprogramme <strong>und</strong> damit die Informiertheit<br />

der Betriebe in Grenzen hält. Die dargestellte geringe<br />

Bedeutung, die die Betriebe der Neueinstellung<br />

älterer Arbeitnehmer zumessen, bzw. das geringe Interesse<br />

an der Berücksichtigung Älterer im Rahmen der<br />

Rekrutierungsstrategien lassen auch das Interesse an Informiertheit<br />

über die einschlägigen Förderprogramme<br />

eher gering ausfallen.<br />

12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

Lohnkostenzuschüsse sind nicht der primäre<br />

Hebel für eine verstärkte Neueinstellung älterer<br />

Arbeitnehmer, aber eine wichtige Bedingung<br />

Nicht wenige, insb. kleinere Betriebe sehen zwar die<br />

Subventionierung von Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten<br />

in der Rolle eines „Züngleins an der Waage“,<br />

die bei vergleichbarer Gr<strong>und</strong>qualifikation die Entscheidung<br />

zugunsten des älteren Stellenbewerbers beeinflussen<br />

kann. Wenn die befragten Experten unabhängig<br />

von ihrem Personalbedarf über die politische<br />

Bedeutung der Förderprogramme urteilen, werden diese<br />

als unverzichtbare Bedingung dafür wahrgenommen,<br />

die Chancen der Einstellung älterer Arbeitsloser zu steigern.<br />

Jede auf Basis dieser Programme vorgenommene<br />

Reintegration eines älteren Arbeitnehmers in ein Beschäftigungsverhältnis<br />

unterstreicht dies auch aus Sicht<br />

der Gesprächspartner. Mitnahmeeffekte, die nicht auszuschließen<br />

sind, sollten daher das Instrument insgesamt<br />

nicht in Frage stellen.<br />

Es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass in<br />

aller Regel die Förderung nicht den Ausschlag für eine<br />

vorgenommene oder für möglich gehaltene Neueinstellung<br />

eines älteren Arbeitslosen gab, sondern dessen<br />

Qualifikation. So berichten Betriebe über Neueinstellungen<br />

älterer Arbeitnehmer auf Basis dessen, dass<br />

ihnen der Bewerber <strong>und</strong> seine Qualifikation detailliert<br />

bekannt war (im Beispiel: vorheriger Arbeitgeber ist<br />

Geschäftspartner, der Personal reduzieren musste). Seine<br />

Qualifikation machte ihn trotz relativ hohen Lohnniveaus<br />

interessant für den Betrieb. Es zeigt sich auch<br />

in diesem Beispiel, dass die Lohnkosten eben nur ein<br />

Bilanzposten sind; Leistung durch Qualifikation, Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Belastbarkeit stehen auf der anderen<br />

Seite. Und erst das Verhältnis über Kosten <strong>und</strong> Ertrag<br />

pro Mitarbeiter entscheidet über den betriebswirtschaftlichen<br />

Nutzen der Beschäftigung.<br />

65 Vgl. Kapitel 10.<br />

66 Kurze Vorstellung der Förderprogramme in Teil A, ab S. 13.<br />

67 Bei der Auswertung der Expertenantworten ist zu berücksichtigen, dass bei der Auswahl der betrieblichen Experten für das Monitoring-<br />

System, das in erster Linie auf die Ermittlung neuer Qualifikationsanforderungen ausgerichtet ist, Qualifizierungsverantwortliche präferiert<br />

wurden, so dass sich vereinzelt (Großbetriebe) der befragte Experte nicht als der ideale Ansprechpartner für die hier diskutierte<br />

Fragestellung herausstellte. Es kann daher nicht ausgeschossen werden, dass eine ausdrückliche Befragung der Personalverantwortlichen<br />

zu diesem Punkt unter Umständen ein in der Tendenz etwas „besseres“ Ergebnis erbracht hätte. In der Mehrzahl gerade der<br />

kleineren Betriebe fallen die Antwortkompetenzen jedoch in der befragten Person zusammen.<br />

40 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

Wie lassen sich die Förderprogramme aus<br />

Sicht der Betriebe optimieren?<br />

Wenn die reine Lohnsubvention somit nicht als hinreichend<br />

gelten kann, um die Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />

zu fördern, stellt sich die Frage, wie die<br />

oft als Einstellungshindernis genannten Qualifikationslücken<br />

älterer Bewerber im Rahmen einer Förderstrategie<br />

angegangen werden könnten. Das Gespräch mit<br />

den betrieblichen Experten konzentrierte sich daher hier<br />

meist schnell auf die Frage, ob <strong>und</strong> welche Qualifizierungsmaßnahmen<br />

möglich sind, um älteren Arbeitnehmern<br />

dennoch den Weg in ein Beschäftigungsverhältnis<br />

zu öffnen.<br />

Von den betrieblichen Experten wurden Strategien angeregt,<br />

die in folgende Richtung zielen:<br />

1. Stärkere Einzelfallausrichtung der Vermittlung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung, wie sie mit „Job-Aqtiv“ bereits<br />

auf den Weg gebracht ist.<br />

Je besser das „Profiling“, um so besser können<br />

die Betriebe vorhandene <strong>und</strong> evtl. noch herzustellende<br />

Qualifikationen <strong>und</strong> damit die Einarbeitungskosten<br />

einschätzen. Dies schafft eine verbesserte<br />

Basis zur Kalkulation mit den gebotenen<br />

Lohnzuschüssen.<br />

2. Individuelle betriebsspezifische Anpassung der<br />

Qualifikation.<br />

Beispiel: In einem kleinen Metallbetrieb werden<br />

Präzisionsteile in Einzelfertigung (Prototypen)<br />

<strong>und</strong> Kleinserien hergestellt. Hierbei kommt es sowohl<br />

auf die „handwerkliche“ Basisqualifikation<br />

<strong>und</strong> Erfahrung an wie auf die Beherrschung der<br />

aktuellen CNC-Maschinengeneration. Ältere Bewerber<br />

verfügen zwar über „Metall-Erfahrung“,<br />

oft aber nicht über die Qualifikation in den aktuell<br />

modernen Fertigungstechniken, die eine relativ<br />

kurze Halbwertszeit aufweisen. Eine entsprechende<br />

Nachqualifikation arbeitsloser älterer<br />

Metallfacharbeiter bezeichnete ein Gesprächspartner<br />

als „Tüpfelchen auf dem I“, das den Bewerber<br />

für den Betrieb trotz der hier als Problem<br />

gesehenen Gehaltsvorstellungen älterer Bewerber<br />

wieder interessant machen könnte.<br />

Eine solche Qualifizierung wird jedoch meist mit<br />

der Vorstellung verb<strong>und</strong>en, dass sie in konkreter<br />

Abstimmung mit dem Betrieb erfolgen sollte.<br />

68 S. hierzu auch S. 15.<br />

3. Zeitarbeit als Gr<strong>und</strong>lage für eine mögliche folgende<br />

Festeinstellung.<br />

Zeitarbeit, die in dieser Funktion besonders oft in<br />

Logistikbetrieben ins Spiel gebracht wurde, erlaubt,<br />

potenzielle Mitarbeiter kennen zu lernen<br />

<strong>und</strong> mögliche Qualifizierungsdefizite zu bestimmen.<br />

Eine Förderung dieser spezifischen Qualifizierung<br />

könne daher die Chancen für eine Übernahme<br />

in ein festes Beschäftigungsverhältnis im<br />

Betrieb verbessern.<br />

4. Einige Betriebe schlugen aus ihrer praktischen<br />

Erfahrung heraus vor, sich bei der Organisation<br />

von Qualifizierungsmaßnahmen älterer<br />

Arbeitnehmer an erfolgreichen Modellen von<br />

Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsgesellschaften<br />

zu orientieren. 68<br />

12.4 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

Auch wenn es längerfristig darauf ankommt, dass sich<br />

die Betriebe mit einer neuen alternsgerechten Personalpolitik<br />

auf den demographischen <strong>Wandel</strong> einstellen,<br />

bleibt kurzfristig die Reintegration Älterer in den ersten<br />

Arbeitsmarkt ein wichtiges, zugleich aber schwieriges<br />

Unterfangen.<br />

Programme wie „50+ – die können es“ sind daher –<br />

auch im Urteil der Betriebe – eine unverzichtbare Basis<br />

zur Verbesserung der Neueinstellungschancen älterer<br />

Arbeitnehmer <strong>und</strong> haben auch weiterhin ihre Berechtigung.<br />

Erforderlich ist daher zunächst eine Verbesserung des<br />

Informationsangebots, denn der Informationsstand in<br />

den Betrieben über diese Förderprogramme muss als<br />

defizitär bezeichnet werden. Insbesondere das genaue<br />

Angebot des Landesprogramms ist vielen Betrieben unbekannt.<br />

Ein Interesse an mehr Informationen kann vorausgesetzt<br />

werden: In den Interviews, die auch zur Information<br />

der Betriebe über die Förderangebote genutzt<br />

wurden, zeigten sich die Gesprächspartner oft interessiert<br />

an den Details der Programme, an weiteren Informationsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Ansprechpartnern. Die dargestellten<br />

Gründe des Informationsdefizits machen jedoch<br />

deutlich, dass ein bloßes Mehr an Information allein<br />

nicht ausreichen wird, um die Kenntnis <strong>und</strong> Nutzung<br />

der Programme in den Betrieben zu verbessern.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 41


Passgenaue Qualifizierung<br />

Überlegungen in Richtung einer Änderung der Bedingungen<br />

der Förderung (etwa zur Weiterbeschäftigungsverpflichtung)<br />

können im Einzelfall zu einer Einstellung<br />

beitragen; ein Durchbruch kann hiervon jedoch<br />

nicht erwartet werden. Ebenso scheint auch eine Ausweitung<br />

des Umfangs der Förderung – etwa im Sinne<br />

einer Erhöhung des prozentualen Anteils, in dem<br />

Lohnkosten übernommen werden – nur begrenzt Erfolg<br />

versprechend. Unsere Untersuchung kommt hier zu einer<br />

ähnlich skeptischen Einschätzung wie die in Teil A<br />

vorgestellte IAB-Untersuchung (Koller/Gruber 2001, s.<br />

Seite 21).<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten sich Überlegungen zur<br />

Optimierung der Förderprogramme vor allem auf die<br />

betriebsspezifische Qualifizierung konzentrieren <strong>und</strong><br />

die Möglichkeit einer Modifikation des Bremer Landesprogramms<br />

in diesem Sinn diskutiert werden. Eine<br />

stärkere Ausrichtung der regionalen Förderung auf eine<br />

mit den Betrieben abgestimmte Qualifizierung dürfte<br />

ein größeres Potenzial zur Verbesserung der Beschäftigungschancen<br />

älterer Arbeitnehmer haben als ein ergänzender<br />

„nackter“ Lohnkostenzuschuss.<br />

Einige Module des Berichts der Hartz-Kommission 69 ,<br />

12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />

die zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht vorlagen,<br />

daher nicht mit den Betrieben erörtert werden konnten,<br />

aber hier trotz ihrer aktuellen Umstrittenheit Erwähnung<br />

finden müssen, könnten mit betrieblicher Akzeptanz<br />

rechnen.<br />

Insbesondere Überlegungen, in die Arbeitsverwaltung<br />

neue Formen von Zeitarbeitsgesellschaften („Personal<br />

Service Agenturen“, Kurzfassung S. 29) zu integrieren,<br />

die zugleich eine betriebsnahe Qualifizierung ermöglichen,<br />

kommen den Betrieben entgegen <strong>und</strong> könnten ein<br />

Ansatz sein, in dessen Rahmen die spezifische finanzielle<br />

Förderung der Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />

eine optimale Wirksamkeit mit hohen Chancen auf eine<br />

Integration in Beschäftigungsverhältnisse entfalten<br />

könnte.<br />

Die Vorschläge zur Einrichtung eines „Bridge-<br />

Systems“ (S. 26 der Kurzfassung des Hartz-Berichts),<br />

das es über 55-Jährigen ermöglichen soll, vorzeitig aus<br />

der Betreuung durch das Job-Center auszusteigen, reflektieren<br />

allerdings die realistische Skepsis bezüglich<br />

der Chancen, durch Förderung <strong>und</strong> Qualifizierung einen<br />

gr<strong>und</strong>legenden Abbau der Arbeitslosigkeit Älterer erreichen<br />

zu können.<br />

69 Download der Kurzfassung: bmairacer.workbox.de/Hartz-Kommission/download/Bericht-Kurzfassung.pdf<br />

42 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


Resümee<br />

Teil C: Resümee<br />

1. Betriebliche Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmern<br />

sind nicht die Ursache für eine<br />

mangelnde Inanspruchnahme öffentlicher Fördermaßnahmen.<br />

Nahezu ausnahmslos haben sich die befragten Personalverantwortlichen<br />

sachlich <strong>und</strong> frei von immer noch gängigen<br />

Vorurteilen dem Problem der Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer gestellt. Defizithypothesen, die dem<br />

Alter pauschal eine geminderte Leistungsfähigkeit oder<br />

Qualifikation nachsagen, wurden teilweise sogar vehement<br />

zurückgewiesen. Stattdessen haben die Befragten<br />

betont, dass die Qualifikation <strong>und</strong> Eignung, nicht das<br />

Alter maßgebliches Kriterium ihrer Personalentscheidungen<br />

sei.<br />

Dieses erste Resümee verdient deshalb festgehalten zu<br />

werden, weil in der Diskussion über die Akzeptanz öffentlicher<br />

Fördermaßnahmen für ältere Arbeitnehmer<br />

häufig die Hypothese zu hören ist, dass Vorurteile seitens<br />

der Betriebe über die Eignung Älterer das erste <strong>und</strong><br />

größte Hindernis auf dem Weg zu ihrer Beschäftigung<br />

darstellen. Diese Untersuchung kommt zu dem Schluss,<br />

dass die befragten Unternehmungen für die Problematik<br />

älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> ihrer Beschäftigung sensibilisiert<br />

sind <strong>und</strong> Stereotypen nur noch am Rande eine<br />

Rolle spielen.<br />

2. Eine alternsgerechte betriebliche Personal<strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik erfordert innovative<br />

Arbeitsorganisation sowie präventiven<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz.<br />

In den meisten Betrieben ist ein Umdenkprozess in<br />

Gang gekommen. Es kann festgehalten werden, dass<br />

die Betriebe in ihren Einstellungen bereits deutlich auf<br />

Distanz zur bisherigen jugendzentrierten Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik gehen. Die Arbeit in altersgemischten<br />

Teams gilt als Idealfall. „Nicht das Alter, die<br />

individuelle Eignung <strong>und</strong> Qualifikation entscheidet.“ –<br />

so der Tenor der betrieblichen Stellungnahmen.<br />

Allerdings muss diese Einstellung zum größten Teil erst<br />

noch die betriebliche Praxis ergreifen <strong>und</strong> entsprechend<br />

die Arbeitsbedingungen verändern.<br />

Eine Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik, die das Altern<br />

der Belegschaft zu einem zentralen Ansatzpunkt<br />

für betriebliche Entscheidungen macht, geht über die<br />

bloße Abkehr vom Alter als (negativem) Kriterium hinaus,<br />

<strong>und</strong> erfordert eine Neuorientierung insbesondere<br />

auf den folgenden betrieblichen Handlungsfeldern:<br />

⊲ Innovative Arbeitsorganisation<br />

Die von den Betrieben geschätzten Vorteile der Arbeit<br />

in altersgemischten Teams stellen sich nicht<br />

automatisch ein, sondern erfordern eine neue Gestaltung<br />

der Arbeitsprozesse. Jung <strong>und</strong> Alt weisen<br />

verschiedene Leistungsprofile auf: während jüngere<br />

Mitarbeiter in der Regel bei körperlich schweren<br />

Arbeiten oder in Stresssituationen die höhere Belastbarkeit<br />

aufweisen, dominieren Ältere in Funktionen,<br />

bei denen Erfahrung, Routine <strong>und</strong> soziale Kompetenz<br />

den Ausschlag geben. Es ist also eine Frage<br />

innovativer Arbeitsorganisation, die richtige Qualifikation<br />

an die passende Stelle des Betriebes zu platzieren,<br />

um durch die Allokation auch die optimale<br />

Nutzung der Humanressource zu gewährleisten.<br />

⊲ Präventiver Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />

Die dauerhafte <strong>und</strong> nachhaltige Nutzung der Humanressource<br />

verlangt einen betriebswirtschaftlich<br />

vertretbaren <strong>und</strong> schonenden Umgang mit der<br />

Ges<strong>und</strong>heit. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung,<br />

kraftsparende Technik, flexible Arbeitsorganisation,<br />

die Stress <strong>und</strong> Monotonie meidet – das sind Eckpfeiler<br />

moderner Personalpolitik. Je mehr sie Berücksichtigung<br />

finden, desto weniger schlägt der Unterschied<br />

im Leistungsprofil zwischen Jüngeren <strong>und</strong><br />

Älteren überhaupt zu Buche. Und der Erhaltung einer<br />

insgesamt betriebsnützlichen Belegschaft ist so<br />

optimal gedient.<br />

Eine wesentlich von diesen Momenten getragene betriebliche<br />

Managementleitlinie, die nicht das Alter,<br />

wohl aber das Altern der Belegschaft zum Ausgangspunkt<br />

für eine generationsübergreifende Gestaltung der<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsentscheidungen macht, ist<br />

jedoch noch nicht allgemein als Zielvorstellung in den<br />

Betrieben verankert. Bei heute noch geringem Problemdruck<br />

werden die Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

noch zu sehr als „zukünftiges“ Problem gesehen.<br />

Eine systematische Auseinandersetzung mit den Folgen<br />

der demographischen Veränderungen findet erst in wenigen<br />

Vorreiterbetrieben statt.<br />

Die Förderung einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik in den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />

der Region sollte daher ein Förderschwerpunkt<br />

bei der Flankierung des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

werden. Handlungsoptionen bestehen auf folgenden<br />

Feldern:<br />

⊲ Information: Der Kenntnisstand über die weitreichenden<br />

Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s, auf<br />

die heute bereits in der betrieblichen Organisationsentwicklung<br />

zu reagieren ist, muss als noch zu ge-<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 43


ing angesehen werden. Berücksichtigt man, dass<br />

in unserem Panel Trendsetterbetriebe überdurchschnittlich<br />

vertreten sind, dürfte der Informations<strong>und</strong><br />

Unterstützungsbedarf für das Gros der kleinen<br />

<strong>und</strong> mittleren Unternehmen erheblich sein, damit<br />

diese rechtzeitig die erforderlichen Veränderungen<br />

erkennen <strong>und</strong> gestalten können.<br />

⊲ Entwicklung von regionalen Modellprojekten, die<br />

kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen beim Aufbau einer<br />

alternsgerechten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />

unterstützen. Die Integration eines generationsübergreifenden<br />

vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />

sollte dabei ein zentraler Gesichtspunkt<br />

sein. Vorhandene Beispiele <strong>und</strong> Projekte aus anderen<br />

Regionen könnten hier Impulse geben.<br />

⊲ Vorstellung von „best practice“-Beispielen einer alternsgerechten<br />

Personalpolitik, die Möglichkeiten<br />

für die Umsetzung eines betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />

unter der Perspektive einer „nachhaltigen<br />

Nutzung“ des Humankapitals insbesondere für kleine<br />

<strong>und</strong> mittlere Betriebe aufzeigen können. Die Organisation<br />

eines Betriebsbesuchsprogramms könnte<br />

hierfür eine ansprechende Form darstellen.<br />

3. Qualifizierung in altersheterogenen Teams<br />

stellt Betriebe <strong>und</strong> Weiterbildungsträger vor<br />

neue Aufgaben.<br />

Die Betriebe formulieren als ihr Ziel die Integration<br />

der älteren Mitarbeiter in die Qualifizierungsplanung:<br />

„Nicht das Alter entscheidet über die Teilnahme an<br />

Qualifizierung, sondern der Bedarf.“ Es ist somit festzuhalten,<br />

dass sich die Betriebe auch in Fragen der<br />

Qualifizierung von jugendzentrierten Sichtweisen deutlich<br />

distanzieren. Sie sind jedoch im Allgemeinen noch<br />

nicht dazu übergegangen, das Altern der Belegschaften,<br />

feststellbare altersspezifische Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />

sowie Fragen des Lernens in altersgemischten<br />

Teams systematisch in ihrer Qualifizierungsplanung zu<br />

berücksichtigen. Zugleich formulieren sie jedoch bereits<br />

entsprechende Kritik an herkömmlichen Formen<br />

der Wissensvermittlung. Es besteht Handlungsbedarf<br />

mit Optionen auf folgenden Feldern:<br />

⊲ EDV bzw. moderne IT-Technik sind weiterhin Felder<br />

eines Qualifizierungsdefizits älterer Arbeitnehmer;<br />

ein Aufholen dieses Defizits ist kurzfristig erforderlich,<br />

um die Innovations- <strong>und</strong> Beschäftigungsfähigkeit<br />

älterer Arbeitnehmer abzusichern.<br />

⊲ Die Information der Betriebe über das Job-Aqtiv-<br />

Gesetz, auch in Verbindung mit dem arbeitsmarktpolitischen<br />

Instrument JobRotation, sollte dessen Möglichkeiten<br />

der Qualifikationsförderung älterer Be-<br />

Resümee<br />

schäftigter im Betrieb mehr in den Vordergr<strong>und</strong> stellen.<br />

⊲ Die Weiterbildungsträger müssen sich darauf einstellen,<br />

dass die Betriebe im Zuge des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s vermehrt das Kursangebot daran<br />

messen, ob es ein Lernen in altersgemischten<br />

Gruppen ermöglicht <strong>und</strong> optimal unterstützt. Der erwachsenenpädagogischen<br />

Kompetenz der Qualifikateure<br />

kommt damit ein deutlich höherer Stellenwert<br />

zu. Insofern ist – soweit nicht bereits in Angriff<br />

genommen – eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse<br />

der erwachsenenpädagogischen Forschungsergebnisse<br />

im Angebot der Weiterbildungsträger erforderlich.<br />

⊲ Wissensmanagement könnte in Zukunft verstärkt eine<br />

Funktion für eine Absicherung der Beschäftigung<br />

Älterer im Betrieb erhalten. Durch eine institutionalisierte<br />

Form der Einbindung der Älteren in das betriebliche<br />

Wissensmanagement könnte eine Vertrauensbasis<br />

geschaffen werden, die dem „Mauern“ Älterer<br />

beim Know-how-Transfer entgegenwirkt; dies<br />

wäre zugleich ein Beitrag zur Optimierung des Wissenstransfers,<br />

der bislang eher zufällig <strong>und</strong> unkontrolliert<br />

stattfindet.<br />

Wissensmanagement sollte daher – unter diesem Gesichtspunkt<br />

betrachtet – Bestandteil von Projekten<br />

sein, die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen bei der<br />

Implementierung einer neuen alternsgerechten Personalpolitik<br />

unterstützen.<br />

⊲ Vereinzelt finden sich noch Betriebe, in denen im<br />

Sinne von wissenschaftlich überholten Defizitmodellen<br />

von einer gr<strong>und</strong>sätzlich, quasi natürlich abnehmenden<br />

Lernfähigkeit älterer Arbeitnehmer ausgegangen<br />

wird. Es wäre Aufgabe insbesondere der<br />

Kammern, diesem betrieblichen Informationsdefizit<br />

entgegen zu wirken.<br />

4. Förderung der Neueinstellung von Älteren<br />

sollte stärker auf individuelle Qualifizierung<br />

ausgerichtet werden.<br />

Unter gesamtgesellschaftlichen <strong>und</strong> volkswirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten stellt die Arbeitslosigkeit anerkanntermaßen<br />

ein großes Problem dar, für die Betroffenen,<br />

aber auch für die sozialen Sicherungssysteme, die<br />

bei sinkenden Einnahmen <strong>und</strong> steigenden Ausgaben an<br />

die Grenzen ihrer Funktionsfähigkeit stoßen. Überproportional<br />

sind dabei ältere Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit<br />

betroffen.<br />

Die Förderung der Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />

bei Neueinstellungen bleibt damit ein wichtiges<br />

Ziel. Die vorliegende Untersuchung kommt jedoch zu<br />

44 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


Resümee<br />

dem Resultat, dass die Rekrutierungspolitik der meisten<br />

Betriebe den älteren Arbeitnehmer nicht im Blick<br />

hat. Obwohl im allgemeinen kein Vorbehalt gegen die<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer geltend gemacht<br />

wird <strong>und</strong> die älteren Mitarbeiter im Betrieb sehr geschätzt<br />

werden, wird bei Neueinstellungen weiterhin<br />

fast ausschließlich jugendzentriert gedacht. Als Hintergr<strong>und</strong><br />

der betrieblichen Skepsis hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit,<br />

dass es zu Neueinstellungen älterer Arbeitnehmer<br />

kommt, ist zum einen die aktuell allgemein<br />

geringe Arbeitskräftenachfrage der befragten Betriebe,<br />

zum anderen der heute noch nicht gespürte Problemdruck<br />

zu nennen: noch kann die betriebliche Nachfrage<br />

mit jüngeren Bewerbern gedeckt werden. Auf dieser<br />

Basis bleiben die vorhandenen <strong>und</strong> allgemein bekannten<br />

Beschäftigungshemmnisse für ältere Arbeitnehmer<br />

weiter wirksam.<br />

Da Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten in vielen<br />

Betrieben eine zentrale Rolle als Hemmnis für die Einstellung<br />

Älterer spielen, sind Programme, die die Betriebe<br />

im Sinne einer Lohnsubventionierung unterstützen,<br />

eine unverzichtbare Basis zur Verbesserung der<br />

Neueinstellungschancen älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> haben<br />

auch weiterhin ihre Berechtigung. Die Lohnsubventionierung<br />

wird als „Zünglein an der Waage“ gewertet,<br />

das dann die Entscheidung beeinflusst, wenn alle<br />

anderen Kriterien erfüllt sind, darunter vorrangig Qualifikation<br />

<strong>und</strong> Eignung.<br />

Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass in aller Regel<br />

die Förderung nicht den Ausschlag für eine vorgenommene<br />

oder für möglich gehaltene Neueinstellung<br />

eines älteren Arbeitslosen gab, sondern dessen Qualifikation.<br />

Eine reine Lohnsubvention kann somit nicht<br />

als hinreichend gelten, um die Neueinstellung älterer<br />

Arbeitnehmer zu fördern. Aus den Betrieben wurden<br />

in diesem Zusammenhang folgende Anregungen eingebracht:<br />

⊲ Stärkere Einzelfallausrichtung der Vermittlung <strong>und</strong><br />

Qualifizierung: Das „Profiling“ erlaubt es den Betrieben,<br />

vorhandene <strong>und</strong> evtl. noch herzustellende<br />

Qualifikationen <strong>und</strong> damit die Einarbeitungskosten<br />

besser einzuschätzen. Dies schafft eine verbesserte<br />

Basis zur Kalkulation mit den gebotenen Lohnzuschüssen.<br />

⊲ Individuelle betriebsspezifische Anpassung der Qualifikation:<br />

Durch eine mit dem Betrieb abgestimmte<br />

Nachqualifikation arbeitsloser älterer Bewerber als<br />

„Tüpfelchen auf dem I“ kann dieser für den Betrieb<br />

interessant gemacht werden.<br />

⊲ Zeitarbeit als Gr<strong>und</strong>lage für eine mögliche folgende<br />

Festeinstellung: Zeitarbeit erlaubt den Betrieben,<br />

potenzielle Mitarbeiter kennen zu lernen <strong>und</strong> mögliche<br />

Qualifizierungsdefizite zu bestimmen. Auf dieser<br />

Basis kann die Förderung dieser spezifischen<br />

Qualifizierung die Chancen für eine Übernahme in<br />

ein festes Beschäftigungsverhältnis im Betrieb verbessern.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> lassen sich die folgenden Optionen<br />

zur Verbesserung der Akzeptanz der Förderprogramme<br />

angeben:<br />

⊲ Information<br />

Erforderlich ist daher zunächst eine Verbesserung<br />

des Informationsangebots, denn der Informationsstand<br />

in den Betrieben über diese Förderprogramme<br />

muss als defizitär bezeichnet werden. Insbesondere<br />

das genaue Angebot des Landesprogramms ist vielen<br />

Betrieben unbekannt. Ein Interesse an mehr Informationen<br />

kann vorausgesetzt werden: In den Interviews,<br />

die auch zur Information der Betriebe über<br />

die Förderangebote genutzt wurden, zeigten sich die<br />

Gesprächspartner oft interessiert an den Details der<br />

Programme, an weiteren Informationsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Ansprechpartnern. Ein bloßes Mehr an Information<br />

wird allerdings allein nicht ausreichen, um die<br />

Akzeptanz der Programme in den Betrieben zu verbessern.<br />

⊲ Passgenaue Qualifizierung<br />

Überlegungen zur Optimierung der Förderprogramme<br />

sollten sich vor allem auf die betriebsspezifische<br />

Qualifizierung konzentrieren, <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />

einer Modifikation des Bremer Landesprogramms<br />

sollte in diesem Sinn diskutiert werden. Eine stärkere<br />

Ausrichtung der regionalen Förderung auf eine<br />

mit den Betrieben abgestimmte Qualifizierung dürfte<br />

ein größeres Potenzial zur Verbesserung der Beschäftigungschancen<br />

älterer Arbeitnehmer haben als<br />

ein ergänzender „nackter“ Lohnkostenzuschuss.<br />

Einige Module des Berichts der Hartz-Kommission<br />

könnten hier auf betriebliche Akzeptanz rechnen.<br />

Insbesondere Überlegungen, in die Arbeitsverwaltung<br />

neue Formen von Zeitarbeitsgesellschaften<br />

(„Personal Service Agenturen“) zu integrieren, die<br />

zugleich eine betriebsnahe Qualifizierung ermöglichen,<br />

kommen den Betrieben entgegen <strong>und</strong> könnten<br />

ein Ansatz sein, in dessen Rahmen die spezifische<br />

finanzielle Förderung der Qualifizierung älterer<br />

Arbeitnehmer eine optimale Wirksamkeit mit hohen<br />

Chancen auf eine Integration in Beschäftigungsverhältnisse<br />

entfalten könnte.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 45


Auch wenn diese Optionen genutzt werden können <strong>und</strong><br />

sollten, um die Vermittlungschancen älterer Arbeitsloser<br />

auf Basis der bestehenden bzw. eventuell zu modifizierenden<br />

Förderprogramme zu verbessern, kommt<br />

auch die vorliegende Untersuchung nicht umhin, sich<br />

skeptisch bezüglich der Chancen zu äußern, durch Förderung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung einen gr<strong>und</strong>legenden Abbau<br />

der heutigen Arbeitslosigkeit Älterer erreichen zu können.<br />

Die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Einrichtung<br />

eines „Bridge-Systems“, das es über 55-Jährigen ermöglichen<br />

soll, vorzeitig aus der Betreuung durch das<br />

Job-Center auszusteigen, belegen, dass auch andernorts<br />

davon ausgegangen wird, dass die Aufnahme einer Beschäftigung<br />

nicht für alle älteren Arbeitslosen realisierbar<br />

sein wird, <strong>und</strong> dass daher auch andere Wege gef<strong>und</strong>en<br />

werden müssen, um mit dem Problem der Arbeitslosigkeit<br />

Älterer sozialverträglich umzugehen.<br />

5. Eine projektorientierte Kooperation zwischen<br />

Kammern, Verbänden, Gewerkschaften<br />

<strong>und</strong> Ämtern kann zusätzliche erfolgversprechende<br />

Initiativen für die Beschäftigung Älterer<br />

auf den Weg bringen <strong>und</strong> alternsgerechte<br />

Personalpolitik fördern.<br />

Diese Untersuchung fühlt sich zu dieser Schlussfolgerung<br />

ermutigt, weil zahlreiche Personalverantwortliche<br />

in den Expertengesprächen für eine neue Kreativität votiert<br />

haben.<br />

So schlugen einige Betriebe aus ihrer praktischen Erfahrung<br />

heraus vor, sich bei der Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

für ältere Arbeitnehmer an erfolgreichen<br />

Modellen von Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsgesellschaften<br />

zu orientieren.<br />

In Kapitel 6 wurde auf einige innovative Projekte verwiesen,<br />

in denen Handels- <strong>und</strong> Handwerkskammern,<br />

Arbeitsämter, Weiterbildungsträger <strong>und</strong> Verbände kooperieren,<br />

um neue Wege zur Beschäftigung älterer<br />

Arbeitnehmer zu gehen. Die genannten Praxisbeispiele<br />

– erneut sei insbesondere auf das Internetportal<br />

www.demotrans.de verwiesen – können den regionalen<br />

Akteuren Anregungen für neue Initiativen im Lande<br />

Bremen geben.<br />

Nicht jede neue Idee muss notwendig erfolgreich sein<br />

– aber die auch andernorts erzielten Erfolge sind Gr<strong>und</strong><br />

genug, darüber nachzudenken.<br />

Resümee<br />

46 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


Literatur<br />

Literatur<br />

[Arbeit & Ökologie-Briefe 5/2002] Arbeit & Ökologie-Briefe, Fachzeitschrift für Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits-, Umweltschutz<br />

<strong>und</strong> Nachhaltigkeit, Heft 5/2002.<br />

[Arbeit & Ökologie-Briefe 8/2002] Arbeit & Ökologie-Briefe, Fachzeitschrift für Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits-, Umweltschutz<br />

<strong>und</strong> Nachhaltigkeit, Heft 8/2002, Internet: www.oekobriefe.de.<br />

[Arbeitsmarkt 2001] Arbeitsmarkt 2001, Amtliche Nachrichten der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Sondernummer vom<br />

17. Juni 2002.<br />

[Axhausen/Röhrig 1999] Axhausen, Silke; Rolf Röhrig: Bericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Projekt<br />

„Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen in den neuen B<strong>und</strong>esländern aus der Metall<strong>und</strong><br />

Elektroindustrie: Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung von Unterrichtskonzepten, Methoden <strong>und</strong> Materialien zur<br />

Förderung der beruflichen Handlungskompetenz in den Bereichen CNC <strong>und</strong> Steuerungstechnik“. Unveröff.<br />

Zwischenbericht, Veröffentlichung (Hg. B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB)) für 2002 geplant.<br />

[Barkholdt 2001] Barkholdt, Corinna: Qualifizierung älterer Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer. (Gesprächskreis<br />

Arbeit <strong>und</strong> Soziales, Friedrich-Ebert-Stiftung.) Bonn, 2001.<br />

[BeitrAB 218] Kiehl, Melanie; Barbara Koller: Lebensalter, Erwerbsbeteiligung <strong>und</strong> Altersgrenzenpolitik in den<br />

Ländern der Europäischen Union. Empirische Situation <strong>und</strong> sozialrechtliche Regelungen beim Übergang in<br />

den Ruhestand. Beiträge zur Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung (BetrAB) 218. Hg. Institut für Arbeitsmarkt<strong>und</strong><br />

Berufsforschung (IAB) der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Nürnberg, 1999.<br />

[Bellmann/Lahner 2002] Bellmann, Lutz; Manfred Lahner: Wider den populären Unsinn. In: IAB Materialien Nr.<br />

1, 2002.<br />

[BLK 2001] Zukunft von Arbeit <strong>und</strong> Bildung. Perspektiven von Arbeitskräftebedarf <strong>und</strong> -angebot bis 2015. Bericht<br />

der B<strong>und</strong>-Länder-Kommission für Bildungsplanung <strong>und</strong> Forschungsförderung (BLK) an die Regierungschefs<br />

von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern, 29. Oktober 2001.<br />

[Buck 2001] Buck, Hartmut: Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong> demographischer <strong>Wandel</strong> – Ziele <strong>und</strong> Herausforderungen.<br />

In: Bullinger, Hans-Jörg [Hg.]: Zukunft der Arbeit in einer alternden Gesellschaft. (Broschürenreihe:<br />

Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit.) Stuttgart, 2001.<br />

[Buck/Kistler/Mendius 2002] Buck, Hartmut; Ernst Kistler; Hans Gerhard Mendius: <strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> in<br />

der Arbeitswelt. (Broschürenreihe: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium für<br />

Bildung <strong>und</strong> Forschung.) Stuttgart, 2002. (Download: www.demotrans.de)<br />

[Bündnis für Arbeit 2002] Bündnis für Arbeit: 7. Bündnisgespräch, 2002.<br />

(Download: www.dgb.de/themen/buendnisArb/buen_04-03-01-aeltan.htm)<br />

[Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit 2002] Projektverb<strong>und</strong> Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong> demographischer<br />

<strong>Wandel</strong> [Hg.]: Handlungsanleitungen für eine alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong> Personalpolitik – Ergebnisse<br />

aus dem Transferprojekt. (Broschürenreihe: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

für Bildung <strong>und</strong> Forschung.) Stuttgart, 2002. (Download: www.demotrans.de)<br />

[Enquete 2002] Schlussbericht der Enquete-Kommission „<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Herausforderungen unserer<br />

älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen <strong>und</strong> die Politik“. Deutscher B<strong>und</strong>estag, 14. Wahlperiode,<br />

Drucksache 14/8800. Berlin, 2002.<br />

[Frölich 2002] Frölich, Melanie; Monique Wölk; Ingrid Schmidt; Marie-Christine Stemann: Ältere Arbeitskräfte<br />

– ein unterschätztes Potenzial. In: WSI-Mitteilungen, Heft 4, 2002, S. 227–231.<br />

[George/Struck 2000] George, Rainer; Olaf Struck: Generationenaustausch im Unternehmen. München, 2000.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 47


Literatur<br />

[Gravalas 1999] Gravalas, Brigitte: Ältere Arbeitnehmer. Eine Dokumentation. Hg.: B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />

(BIBB). Berlin, 1999.<br />

[Hartz-Kommission 2002] Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Bericht der Kommission. Kurzfassung:<br />

bmairacer.workbox.de/Hartz-Kommission/download/Bericht-Kurzfassung.pdf<br />

[Heimer/Mohr/Wolff 2001a] Heimer, Andreas; Henrike Mohr; Heimfried Wolff: Alters- <strong>und</strong> alternsgerechte Qualifizierung<br />

<strong>und</strong> Beschäftigung – eine Herausforderung für Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern <strong>und</strong> Handwerkskammern.<br />

Basel, Februar 2001 (Prognos Arbeitspapiere).<br />

[Heimer/Mohr/Wolff 2001b] Heimer, Andreas; Henrike Mohr; Heimfried Wolff: Handlungsmöglichkeiten der<br />

Gewerkschaften zur Unterstützung einer alters- <strong>und</strong> alternsgerechten Erwerbsarbeit. Basel, April 2001 (Prognos<br />

Arbeitspapiere).<br />

[Hübner/Wachtveitl 2000] Hübner, Christoph; Angelika Wachtveitl: Quatro-Studie: Modulares Qualifizierungsprogramm<br />

betriebliche Modernisierung mit Schwerpunkt-Zielgruppe „ältere Arbeitnehmer“. Hg. Büro für<br />

Arbeitswissenschaft <strong>und</strong> Weiterbildung. Dortm<strong>und</strong>, 2000.<br />

[ibv 44/2001] Älterer Arbeitnehmer. Kompetent, leistungsstark <strong>und</strong> flexibel. Informationen für die Beratungs- <strong>und</strong><br />

Vermittlungsdienste (ibv). Hg.: B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Heft 44, Oktober 2001.<br />

[Ilmarinen/Tempel 2002] Ilmarinen, Juhani; Jürgen Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010. Was können wir tun, damit<br />

Sie ges<strong>und</strong> bleiben? Hg. Marianne Giesert im Auftrag des DGB-Bildungswerks e.V. Hamburg, 2002.<br />

[iwd 28/2000] Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd). Heft 28, Jahrgang 26, 13. Juli<br />

2000.<br />

[Jürgenhake/Schumacher 2000] Jürgenhake, Uwe; Dieter Schumacher [Hg.]: Qualifizierung alternder Belegschaften.<br />

Gröditz/Dortm<strong>und</strong>, 2000.<br />

[Koller/Gruber 2001] Koller, Barbara; Hannelore Gruber: Ältere Arbeitnehmer im Betrieb <strong>und</strong> als Stellenbewerber<br />

aus der Sicht der Personalverantwortlichen. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung<br />

(MittAB), 34. Jg./2001, Hg. Allmendinger,Buttler u.a. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz, 2001.<br />

[Köchling 2000] Köchling, Annegret: Betriebliche Altersstrukturen als Gestaltungsfeld der Zukunft. In: Jürgenhake,<br />

Uwe; Dieter Schumacher [Hg.]: Qualifizierung alternder Belegschaften. Gröditz/Dortm<strong>und</strong> 2000, S.<br />

35–46.<br />

[Leber 2001] Leber, Ute: Ältere – ein Schatz muss gehoben werden. In: IAB Materialien Nr. 2/2001.<br />

[Miller 2002] Miller, Franz: Die Zukunft der Arbeit – die Arbeit der Zukunft. In: Fraunhofer Magazin, Zeitschrift<br />

für Forschung, Technik <strong>und</strong> Innovation. Hg.: Fraunhofer-Gesellschaft, München, Heft 2/2002, S. 28–30.<br />

[Politische Studien 2/2001] Politische Studien. Zweimonatszeitschrift für Politik <strong>und</strong> Zeitgeschehen. Hg.: Hans-<br />

Seidel-Stiftung e.V., Sonderheft 2/2001.<br />

[RBS 14/1999] B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB) [Hg.]: Referenz-Betriebs-System RBS, Information Nr.<br />

14. Ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen. Bonn, August 1999.<br />

[RBS 14/1999] B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB) [Hg.]: Referenz-Betriebs-System RBS,<br />

Information Nr. 14, Ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen, 5. Jahrgang, August 1999.<br />

www.bibb.de/forum/projekte/rbs/info14.pdf<br />

[Röhrig 1998] Röhrig, Rolf: Didaktik der Berufsbildung älterer Arbeitnehmer. Prinzipien, Methoden, Instrumente.<br />

Bericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Projekt „Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />

in den neuen B<strong>und</strong>esländern aus der Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie: Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung<br />

von Unterrichtskonzepten, Methoden <strong>und</strong> Materialien zur Förderung der beruflichen Handlungskompetenz<br />

48 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


Abbildungsverzeichnis<br />

in den Bereichen CNC <strong>und</strong> Steuerungstechnik“. Unveröff. Zwischenbericht, Veröffentlichung (Hg. B<strong>und</strong>esinstitut<br />

für Berufsbildung (BIBB)) für 2002 geplant.<br />

[Wagner 2000] Wagner, Petra [Bearbeitung]: Informationsmappe Ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen.<br />

Dokumentation 1990–2000. Hg. Institut für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />

(IAB). Nürnberg, Juni 2000.<br />

[Wehling 2001] Wehling, Walter: IAB-Betriebspanel Bremen 2000. Auswertung im Auftrag des Senators für Arbeit,<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Frauen, Jugend <strong>und</strong> Soziales sowie des Senators für Wirtschaft <strong>und</strong> Häfen der Freien Hansestadt<br />

Bremen mit finanzieller Unterstützung durch den Europäischen Sozialfonds (ESF). Hg. BAW Institut<br />

für Wirtschaftsforschung. Bremen, 2001.<br />

[Wolff/Spieß/Mohr 2001] Wolff, Heimfried; Katharina Spieß; Henrike Mohr: Arbeit, Altern, Innovation. Wiesbaden,<br />

2001.<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Zusammensetzung des Panels (durchgeführte Interviews) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

Integrativer Wissens- <strong>und</strong> Erfahrungstransfer (Köchling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

Bedeutung Älterer für den Betrieb (BIBB/RBS 1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Zukünftiger Anteil älterer Arbeitnehmer an den Beschäftigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Ältere Arbeitnehmer als Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Qualifikationsniveau älterer Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

Tabellenverzeichnis<br />

Entwicklung des Betriebspanels des RMQ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Langzeitarbeitslose nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer auf dem regionalen Arbeitsmarkt (Juli 2002) . . . . . . . . . . . 8<br />

Personalstrategien der Gegenwart <strong>und</strong> der Zukunft (Köchling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

Arbeitsmarktpolitische Instrumente für die Älteren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Nutzung des Programms „50 plus“ in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

Nutzung des Bremer Landesprogramms „Ältere in Arbeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

Einschätzung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer (IAB-Betriebspanel) . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in den Panelbetrieben (Anteile) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 49


Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

Ältere in Arbeit – Neue Beschäftigungschancen<br />

für ältere Arbeitnehmer<br />

Infoblatt: Bremer Landesprogramm „Ältere in Arbeit“<br />

wir möchten Sie auf das Landesprogramm „Ältere in Arbeit – Neue<br />

Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer“ aufmerksam machen.<br />

Dieses Förderprogramm bietet Ihnen die Möglichkeit zum Eingliederungszuschuss des<br />

Arbeitsamtes eine Ergänzung über Landesmittel in Anspruch zu nehmen.<br />

Vorraussetzung ist, dass Ihre neue Mitarbeiterin oder Ihr neuer Mitarbeiter über 50 Jahre alt,<br />

bei den Arbeitsämtern Bremen oder Bremerhaven arbeitslos gemeldet <strong>und</strong> Einwohner des<br />

Landes Bremen ist.<br />

Ihre Finanzierung der Personalkosten könnte für zwei Jahre folgendermaßen aussehen:<br />

Zum Verfahren:<br />

B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit: 50%<br />

ergänzende Landesmittel:20%<br />

Anteil Arbeitgeber: 30%<br />

Anträge auf Eingliederungszuschüsse für ältere Arbeitnehmer können beim Arbeitsamt<br />

Bremerhaven gestellt werden.<br />

Anträge auf Landesmittel können bei der<br />

gestellt werden.<br />

Bremerhavener Arbeit GmbH<br />

Friedrich-Ebert-Straße 6<br />

27570 Bremerhaven<br />

Bitte verwenden Sie hierfür die von der Bremerhavener Arbeit GmbH bereitgestellten<br />

Antragsformulare, die wir Ihnen gerne zusenden.<br />

Bitte beachten Sie bei Ihrer Planung, dass Maßnahmen nur dann bezuschusst werden<br />

können, wenn mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Wenn Sie also einen Antrag<br />

auf Eingliederungszuschuss beim Arbeitsamt stellen, wenden Sie sich bitte gleichzeitig an<br />

uns, damit Ihr Antrag auf ergänzende Landesmittel rechtzeitig bei uns eingeht.<br />

Ihre Ansprechpartner<br />

Bremerhavener Arbeit GmbH Geschäftsführung Sachbearbeitung<br />

Friedrich – Ebert- Straße 6 Frau Kaap Tel. -70 Frau Bühmann Tel. - 75<br />

27570 Bremerhaven m.kaap@brag-bremerhaven.de b.buehmann@brag-bremerhaven.de<br />

Tel.: 0471 / 92636-6<br />

Frau Laue Tel. -74<br />

c.laue@brag-bremerhaven.de<br />

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte den beiliegenden Förderrichtlinien oder setzen Sie sich mit uns in<br />

Verbindung.<br />

50 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong><br />

1


Befragungsleitfaden<br />

<strong>EQUIB</strong><br />

Betriebsbefragung 2. Quartal 2002<br />

Leitfaden für Expertengespräche zum Schwerpunktthema:<br />

Qualifizierung <strong>und</strong> Beschäftigung älterer Arbeitnehmer-/innen<br />

Der <strong>Wandel</strong> der Altersstruktur der Gesellschaft droht zukünftig den Fachkräftemangel zu verschärfen. Allgemein<br />

besteht daher Einigkeit darüber, dass ältere Arbeitnehmer/-innen zunehmend ein wichtiges qualifikatorisches<br />

Potential darstellen. Ein Umdenken bei ihrer Integration in die betriebliche Personalplanungs<strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik erscheint notwendig, stößt in der Praxis jedoch offenbar auf Hemmnisse, über<br />

deren konkrete betriebliche Hintergründe bislang wenig bekannt ist.<br />

Hier soll unser Gespräch ansetzen. Mit Ihrer Hilfe möchten wir herausfinden, wie sich das Thema in Ihrem<br />

Betrieb bzw. Ihrer Branche darstellt, <strong>und</strong> welche betrieblichen Problemlagen <strong>und</strong> Unterstützungsbedarfe<br />

aus Ihrer Sicht bestehen. Die Ergebnisse unserer Untersuchung sollen die regionale Qualifizierungs- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmarktpolitik, aber auch die Anbieter von Weiterbildung in Ihren Planungen unterstützen.<br />

Welche Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen (AN) als „ältere AN“ gelten sollen, ist eine Definitionsfrage.<br />

Wir wollen im Folgenden Arbeitnehmer über 50 Jahre als „ältere AN“ verstehen.<br />

Wir bitten Sie zunächst um folgende Angaben:<br />

• Altersstruktur im Betrieb (ungefähre Angaben):<br />

Beschäftigte insgesamt Beschäftigte über 50 Jahre<br />

• Tendenz der Altersstruktur: Anteil der Beschäftigten über 50 Jahre zukünftig<br />

0 höher 1 gleichbleibend 2 geringer<br />

Wir bitten Sie um eine Einschätzung bezogen auf Ihren Betrieb:<br />

unwichtig wenig wichtig wichtig sehr wichtig<br />

Die Bedeutung älterer AN als Potential ist. . . 0 1 2 3<br />

Die Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer AN<br />

(im Vergleich zur übrigen Belegschaft) ist. . .<br />

Das Qualifikationsniveau älterer AN<br />

(im Vergleich zur übrigen Belegschaft) ist. . .<br />

geringer gleich höher<br />

0 1 2<br />

geringer gleich höher<br />

0 1 2<br />

Wir möchten mit Ihnen über folgende offene Themen sprechen:<br />

• Die Bedeutung der Frage für Ihren Betrieb / Ihre Branche:<br />

„Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik“ bezogen auf ältere AN<br />

• Spezifische Qualifizierungsbedarfe <strong>und</strong> Formen der Qualifizierung für ältere AN<br />

• Möglichkeiten <strong>und</strong> Bedingungen der Neueinstellung von älteren AN<br />

Kontakt: Projekt <strong>EQUIB</strong>, Postfach 330440, 28334 Bremen, Fax: 0421/218-4560.<br />

Mitarbeiter: Ulf Benedix (ubenedix@uni-bremen.de Tel.: 0421/218-9519); Jutta Knuth (jknuth@uni-bremen.de, Tel.: 0421/218-<br />

9516); Iskra Heja Kostov (ihkostov@uni-bremen.de, Tel.: 0421/218-9521); Projektleitung: Gerlinde Hammer (ghammer@unibremen.de,<br />

Tel.: 0421/218-9514).<br />

Das Projekt <strong>EQUIB</strong> – Entwicklungsplanung Qualifikation im Land Bremen – wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen,<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt <strong>und</strong> aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.<br />

Das Projekt wird am Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft (IAW) der Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen durchgeführt.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 51


Unterstützung/Förderung<br />

- sind die entsprechenden Förderprogramme bekannt?<br />

- werden sie genutzt, in welchem Umfang, mit welcher<br />

Perspektive für den Betrieb <strong>und</strong> den neu eingestellten älteren<br />

AN?<br />

- Reichen die bestehenden Programme, oder gibt es<br />

Vorschäge/Ideen für neue Ansätze?<br />

Allgemein ein Faktor in der Personal- <strong>und</strong><br />

Qualifizierungspolitik?<br />

- ist das ein Thema?<br />

- gibt es Ansätze für eine besondere Berücksichtigung von<br />

älteren AN in der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />

Spezifika des Einsatzes der älteren AN im Betrieb?<br />

- Abteilungen / Funktionen / Aufgaben<br />

- Geschlechtsspezifische Unterschiede<br />

- Qualifizierungs-Niveaus<br />

- Arbeitszeit-/Entlohnungsmodelle<br />

- Einsatz in "gemischten Teams"<br />

Frage 3: Neueinstellung von älteren AN<br />

Frage 1: Ältere AN in der betrieblichen<br />

Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik:<br />

Qualifizierung?<br />

- spezielle Qualifizierung erforderlich?<br />

Welche?<br />

- Qualifizierung im Rahmen bestehender<br />

Lösungen (z.B. JobRotation) oder andere<br />

Formen erforderlich?<br />

- Einstellung über Zeitarbeit?<br />

Qualifizierungsinhalte?<br />

- Konkrete Qualifizierungsbedarfe für ältere AN?<br />

- Spezifische Umsetzungsprobleme?<br />

Faktoren, die Einsatz/Qualifizierung/Beschäftigung von<br />

älteren AN beeinflussen?<br />

- Leitgedanke des Unternehmens / "Unternehmensphilosophie"<br />

- Altersstruktur (Belegschaft / Leitungsebene)<br />

- Arbeits- <strong>und</strong> sozialrechtliche Faktoren<br />

- Regionale Faktoren (Arbeitsmarktstruktur)<br />

- Betriebswirtschaftliche Faktoren<br />

- Branchen-Besonderheiten?<br />

- Betriebliche Besonderheiten?<br />

- Qualifikationen:<br />

-- fachliche Qualifikationen<br />

-- Schlüssel-Qualifikationen: soziale Qualifikationen,<br />

Lernfähigkeit...<br />

- Leistungsfähigkeit<br />

Qualifizierungsformen<br />

- Weitergabe von Wissen/Erfahrung von älteren AN an<br />

jüngere AN<br />

- Anforderungen an die Durchführung<br />

-- getrennte oder gemeinsame Schulung mit jüngeren<br />

AN: sind speziell für ältere<br />

AN zugeschnittene Kurse sinnvoll, wenn ja, für<br />

welche Inhalte? Warum?<br />

-- spezielle methodisch-didaktische Anforderungen an<br />

die Qualifikatoren?<br />

Frage 2: Spezifische<br />

Qualifizierungsbedarfe für ältere AN<br />

Befragungsleitfaden<br />

Unterstützungsbedarfe?<br />

- durch WB-Anbieter?<br />

- durch spezielle Förderprogramme?<br />

Befragung "Ältere Arbeitnehmer"<br />

"Mindmaps" zur Strukturierung des<br />

Interviewverlaufs / <strong>EQUIB</strong> 2002<br />

52 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>


Veröffentlichungen des Projekts <strong>EQUIB</strong><br />

Veröffentlichungen des Projekts <strong>EQUIB</strong><br />

⊲ Neue Technologien <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen im distributiven<br />

Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 1<br />

(1995)<br />

Informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnische Innovationen<br />

<strong>und</strong> logistische Integration<br />

⊲ Neue Technologien <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen im distributiven<br />

Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 2<br />

(1996)<br />

Repräsentativuntersuchung in Verkehrs- <strong>und</strong> Handelsbetrieben<br />

⊲ Das Druck- <strong>und</strong> Verlagswesen auf dem Weg zum Mediendienstleister:<br />

Neue Technologien <strong>und</strong> Produkte: Folgen für<br />

Arbeitsorganisation <strong>und</strong> Qualifikation (1996)<br />

Empirische Untersuchung in Institutionen <strong>und</strong> Betrieben der<br />

Wirtschaftsregion Bremen<br />

⊲ Technologieentwicklung <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen in Metallindustrie<br />

<strong>und</strong> Metallhandwerk (1997)<br />

Repräsentativuntersuchung in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Betrieben<br />

⊲ IuK-Technik <strong>und</strong> Neue Technologien im Metallhandwerk:<br />

Einsatz, Beratung, Verb<strong>und</strong>ausbildung (1997)<br />

Ausgewählte Ergebnisse einer empirischen Untersuchung in<br />

Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Metallbetrieben<br />

⊲ Städtetourismus, Messe- <strong>und</strong> Kongreßwesen: Dienstleistungsperspektiven<br />

<strong>und</strong> Qualifikationsfolgen (1997)<br />

Empirische Studie in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Unternehmen<br />

<strong>und</strong> Institutionen<br />

⊲ Qualifikationsentwicklung im Nahrungs -<strong>und</strong> Genußmittelgewerbe:<br />

Technologieeinsatz, Organisationsstruktur <strong>und</strong><br />

Qualifikationsfolgen (1999)<br />

Repräsentativuntersuchung in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Betrieben<br />

⊲ Qualifizierung für die Wissensgesellschaft (2000)<br />

Erstausbildung, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Trends der Qualifikationsentwicklung<br />

in der Informationstechnik-Branche des Landes<br />

Bremen<br />

⊲ Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialpflegedienste auf dem Weg zu modernen<br />

Dienstleistern (2000)<br />

Beschäftigungsentwicklung <strong>und</strong> Qualifikationsbedarf, Anforderungen<br />

an die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

⊲ Berufs- <strong>und</strong> Qualifikationsentwicklungen im Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />

Sozialpflegesektor (2001)<br />

Tagungsdokumentation zur Veranstaltung am 22. November<br />

2000 in Bremen<br />

⊲ E-Commerce in deutschen Unternehmen – mit einer empirischen<br />

Erhebung in kleinen <strong>und</strong> mittleren Handelsunternehmen<br />

des Landes Bremen (2001)<br />

Anwendung – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen<br />

(Schutzgebühr 7,67 EUR (15.- DM))<br />

Reihe: Betriebliche Innovationen <strong>und</strong> Qualifizierung<br />

Beiträge zur Umsetzung in die Praxis<br />

⊲ Band 1: Oberflächentechnologie (1998)<br />

Untersuchung über verwandte Verfahren, Informations- <strong>und</strong><br />

Qualifikationsbedarfe in Betrieben der Industrieregion Bremen<br />

⊲ Band 2: IuK-Technikeinsatz <strong>und</strong> Qualifikationsbedarf in den<br />

Speditionsbetrieben der Wirtschaftsregion Bremen (1998)<br />

Untersuchung über die Folgen des Strukturwandels <strong>und</strong> der<br />

technologischen Innovation für die Mitarbeiterqualifizierung<br />

Veröffentlichungen im Rahmen des Regionalen Monitoring-Systems Qualifikationsentwicklung:<br />

⊲ Monitoring-Bericht 2001/1<br />

Metall- <strong>und</strong> Elektrobranche, Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelbranche,Transport–Umschlag–Lagerei/Logistik,<br />

Handel<br />

⊲ Monitoring-Bericht 2001/2<br />

Internet- <strong>und</strong> Multimedia-Dienstleister, Call-Center,<br />

Expertise: Digital Economy<br />

⊲ Dienstleistungsorientierung im produzierenden<br />

Handwerk (2001)<br />

⊲ Monitoring-Bericht 2002/1<br />

Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />

<strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />

Diese <strong>und</strong> weitere Veröffentlichungen (vor 1995) können über die genannten Kontaktadressen angefordert werden<br />

oder unter www.equib.de online bestellt werden.<br />

Dort stehen auch neben den oben genannten Veröffentlichungen die Monitoring-Berichte (Gesamtberichte <strong>und</strong><br />

ausgekoppelte Kapitel) zum Download bereit.<br />

<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 53

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