EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
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<strong>EQUIB</strong> ENTWICKLUNGSPLANUNG<br />
QUALIFIKATION<br />
IM LAND BREMEN<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer<br />
<strong>EQUIB</strong> ENTWICKLUNGSPLANUNG<br />
QUALIFIKATION<br />
IM LAND BREMEN<br />
Das Projekt <strong>EQUIB</strong> wird im Auftrag des<br />
Senators für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt <strong>und</strong> aus<br />
Landesmitteln sowie aus Mitteln des<br />
Europäischen Sozialfonds gefördert.<br />
Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> des<br />
demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
Bestandsaufnahme <strong>und</strong> qualitative Untersuchung<br />
in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Unternehmen<br />
Ulf Benedix<br />
Gerlinde Hammer<br />
Jutta Knuth<br />
Monitoring-Bericht 1/2002<br />
Bremen, August 2002<br />
Projektdurchführung Projektförderung<br />
Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Direktor: Prof. Dr. Rudolf Hickel<br />
Freie Hansestadt Bremen<br />
Der Senator für Arbeit,<br />
Frauen, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />
EUROPÄISCHE UNION<br />
Europäischer Sozialfonds
<strong>EQUIB</strong><br />
Regionales Monitoring-System Qualifikationsentwicklung (RMQ)<br />
Monitoring-Bericht 1/2002:<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
Bremen, August 2002<br />
Projektteam: Ulf Benedix, Gerlinde Hammer, Jutta Knuth<br />
Mitarbeit: Iskra Heja Kostov<br />
Kontakt:<br />
Gerlinde Hammer (Projektleitung)<br />
0421/218-95 14, ghammer@uni-bremen.de<br />
Ulf Benedix<br />
0421/218-95 19, ubenedix@uni-bremen.de<br />
Jutta Knuth<br />
0421/218-95 16, jknuth@uni-bremen.de<br />
Universität Bremen/IAW; FVG-Mitte;<br />
Postfach 330 440; 28334 Bremen<br />
Fax: 0421/218-45 60<br />
Im Internet: www.equib.de<br />
Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Direktor: Prof. Dr. Rudolf Hickel<br />
Forschungseinheit:<br />
Qualifikationsforschung<br />
<strong>und</strong> Kompetenzerwerb<br />
Im Internet: www.iaw.uni-bremen.de<br />
Im Projektbeirat des Projekts <strong>EQUIB</strong> sind folgende Institutionen bzw. Personen vertreten:<br />
Katja Barloschky bremer arbeit gmbh<br />
Bernd Gerke Arbeitsamt Bremerhaven<br />
Ursula von Haacke-Dahlbeck Handwerkskammer Bremen<br />
Heinz Horn Senator für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />
Martin Johannsen Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer Bremerhaven<br />
Marlies Kaap Bremerhavener Arbeit GmbH<br />
Rainer Kühtmann Arbeitsamt Bremerhaven<br />
Christoph Lamm Arbeitsamt Bremen<br />
Frank-D. Lutz Handelskammer Bremen<br />
Uwe Mögling Landesausschuss für Weiterbildung<br />
Volker Pusch Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Claus Schroer Senator für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />
Gerlind Schütte Senator für Wirtschaft <strong>und</strong> Häfen<br />
Marion Seevers Senator für Bildung <strong>und</strong> Wissenschaft<br />
Josef Solscheid Kreishandwerkerschaft Bremerhaven-Wesermünde<br />
Harald Stopschinski Arbeitsamt Bremen<br />
Wolfgang Stümper Arbeitnehmerkammer Bremen<br />
Gabriele Zaremba Senator für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales<br />
Das Projekt <strong>EQUIB</strong> wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen, Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt<br />
<strong>und</strong> aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. Das Projekt wird am<br />
Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft (IAW) der Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen durchgeführt.
1 Vorbemerkung<br />
1 Vorbemerkung<br />
„Wir müssen uns die Frage stellen, wie man in Zukunft<br />
mit einer Rentnerband innovative Produkte entwickelt.“<br />
So plakativ verdeutlicht Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger 1<br />
die Folgen, die der demographische <strong>Wandel</strong> für die Betriebe<br />
mit sich bringt. In Deutschland <strong>und</strong> den übrigen<br />
Ländern der Europäischen Union sind neue Konzepte<br />
der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> umzusetzen, um diesen <strong>Wandel</strong> aktiv zu gestalten.<br />
Konsequenzen Herausforderungen<br />
- Wahrscheinlichkeit von qualifikatorischen<br />
<strong>und</strong> regionalen Ungleichgewichten<br />
zwischen Angebot <strong>und</strong> Nachfrage steigt<br />
- Rekrutierungsspielraum der<br />
Unternehmen im Segment der jüngeren<br />
Alterskohorten wird eingeschränkt<br />
- Deutliche Alterung der Belegschaften,<br />
steigender Anteil der über 50-Jährigen<br />
- Aufgr<strong>und</strong> der demographischen Veränderungen<br />
wird aus dem Arbeitskräfteüberschuss ein<br />
flächendeckender Arbeitskräftemangel<br />
- Angepasste Rekrutierungs-<br />
strategien entwickeln<br />
- Mitarbeiterbindung forcieren<br />
- alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong><br />
Personalpolitik entwickeln<br />
- Lebensbegleitende Kompetenz-<br />
entwicklung fördern<br />
<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Auswirkungen auf die Erwerbsarbeit<br />
(nach Buck 2001:11)<br />
Die derzeitige Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik ist<br />
auf die Herausforderungen nicht eingestellt <strong>und</strong> führt<br />
sogar zu Fehlsteuerungen (Buck 2001:12). So hat sich<br />
etwa in jüngster Zeit der Altersdurchschnitt in vielen<br />
Branchen deutlich verjüngt. Durch politische Anreize<br />
zur Frühverrentung zusätzlich verstärkt, haben sich viele<br />
Betriebe „sozialverträglich“ von älteren Mitarbeitern<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterinnen 2 getrennt. Oft wurde erst zu spät<br />
offenbar, dass mit den „Alten“ auch ein unersetzbares<br />
Know-how verloren ging. Ein Aderlass von wertvollen<br />
Qualifikationen, insbesondere auch von in langjähriger<br />
Praxis erworbenem Erfahrungswissen fand statt,<br />
der sich nicht ohne weiteres rückgängig machen lässt:<br />
die Vorteile Älterer für den Betrieb erhalten sich im Arbeitsprozess<br />
<strong>und</strong> durch kontinuierliche Qualifizierung<br />
– erst einmal in die Arbeitslosigkeit entlassen, verfallen<br />
die bei Älteren geschätzten Qualifikationen relativ<br />
schnell.<br />
Auch die heute übliche Gestaltung von Arbeitsbedingungen<br />
<strong>und</strong> Arbeitsorganisationsformen kann nicht<br />
fortgeschrieben werden. „Nicht einmal die Hälfte der<br />
Beschäftigten des gewerblichen Bereichs erreicht das<br />
derzeitige Rentenalter, weil diese vorzeitig aufgr<strong>und</strong><br />
von Frühinvalidität aus dem Berufsleben ausscheiden“,<br />
Inhalt<br />
1 Vorbemerkung 3<br />
2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />
5<br />
Teil A: Der demographische <strong>Wandel</strong> <strong>und</strong> seine Folgen<br />
7<br />
3 Konsequenzen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
für den Arbeitsmarkt 7<br />
4 Ältere Arbeitnehmer im Betrieb <strong>und</strong> am Arbeitsmarkt<br />
7<br />
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen<br />
<strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen 8<br />
6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
13<br />
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen<br />
<strong>und</strong> Perspektiven 17<br />
Teil B: Ergebnisse der Betriebsbefragung 23<br />
8 Ziele, Methoden, Instrumente 23<br />
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />
in den Betrieben des Panels 24<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal<strong>und</strong><br />
Qualifikationsplanung 28<br />
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb 33<br />
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
38<br />
Teil C: Resümee 43<br />
Anhang 47<br />
so bringt es erneut Prof. Bullinger auf den Punkt (Miller<br />
2002:29). Ganz abgesehen von den individuellen<br />
Folgen für die Betroffenen wird sich die Gesellschaft<br />
einen solchen vorzeitigen Verschleiß ihres Arbeitskräftepotenzials<br />
in Zukunft nicht mehr leisten können.<br />
Ein Umdenken, ein Paradigmenwechsel (Bündnis für<br />
Arbeit) ist also dringend erforderlich. Dabei ist ein Ende<br />
der bisherigen jugendzentrierten Rekrutierungspraxis<br />
nur ein Aspekt. Wichtiger noch erscheint ein umfassender<br />
<strong>Wandel</strong> in der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
der Unternehmen. Einer alternsgerechten Gestaltung<br />
der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> insbesondere einem<br />
1 Prof. Bullinger ist Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft <strong>und</strong> Organisation IAO; zit. nach Miller 2002:28.<br />
2 Zur Vereinfachung der Lesbarkeit wird im Folgenden in der Regel auf die ausdrückliche Ausschreibung der männlichen <strong>und</strong> weiblichen<br />
Bezeichnung verzichtet <strong>und</strong> stattdessen Formen wie „Mitarbeitern“, „ältere Arbeitnehmer“ usw. verwendet, die geschlechtsneutral verstanden<br />
werden sollen.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 3
präventiven Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz kommen<br />
zentrale Funktionen zu, wenn es gilt, das in den Betrieben<br />
vorhandene Potenzial des „Humankapitals“ besser,<br />
weil „nachhaltiger“ zu nutzen.<br />
Dieser <strong>Wandel</strong> muss bereits heute in den Betrieben eingeleitet<br />
werden.<br />
Aus der Forschung liegen zahlreiche Ergebnisse vor,<br />
die die notwendigen Veränderungen beschreiben. Staatliche<br />
Förderprogramme wurden aufgelegt, um die Betriebe<br />
bei den erforderlichen Veränderungen zu unterstützen.<br />
Dennoch, trotz dieser Fördermaßnahmen <strong>und</strong><br />
zahlreicher Initiativen von Verbänden, Kammern <strong>und</strong><br />
Instituten bleibt festzustellen, dass die betriebliche Resonanz<br />
<strong>und</strong> entsprechend die Beschäftigungseffekte für<br />
Ältere noch hinter den Erwartungen zurück bleiben.<br />
Den skizzierten „Paradigmenwechsel“ zu einer alternsgerechten<br />
Unternehmensführung haben einige „Vorreiterunternehmen“<br />
bereits vollzogen; für das Gros der Betriebe<br />
steht er noch bevor.<br />
Untersuchung im „Regionalen Monitoring-<br />
System Qualifikationsentwicklung (RMQ)“<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wurde <strong>EQUIB</strong> damit beauftragt<br />
3 , eine empirische Untersuchung in den regionalen<br />
Betrieben durchzuführen:<br />
⊲ Wie bezieht sich die Personalpolitik der Betriebe aktuell<br />
auf ältere Arbeitnehmer?<br />
⊲ Welche Qualifizierungsbedarfe spezifisch für ältere<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> Ansprüche an Qualifizierungsmaßnahmen<br />
gibt es?<br />
⊲ Wie bezieht sich die betriebliche Personalrekrutierung<br />
auf ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> auf die Förderprogramme<br />
zur Unterstützung ihrer vermehrten Einstellung?<br />
Für die Erhebung wurde das „Regionale Monitoring-<br />
System Qualifikationsentwicklung (RMQ)“ eingesetzt.<br />
Dieses zwischen 2000/2001 aufgebaute <strong>und</strong> erprobte<br />
Instrument dient einerseits der kontinuierlichen Erhebung<br />
neuer Qualifikationstrends <strong>und</strong> ihrer Folgen für<br />
Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung. Hier wurde das RMQ in seiner<br />
zweiten Funktion zur Untersuchung branchenübergreifender<br />
aktueller Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Qualifizierungsthemen,<br />
die mit Auftraggeber <strong>und</strong> Projektbeirat jeweils<br />
abgestimmt werden, eingesetzt.<br />
Ergebnisse<br />
Die Ergebnisse sollen insbesondere einen Beitrag dazu<br />
leisten, den praktischen Bezug der regionalen Betriebe<br />
1 Vorbemerkung<br />
auf die im Land Bremen aufgelegten Förderprogramme<br />
zur Unterstützung der Neueinstellung Älterer aufzuklären<br />
sowie weitere Bedarfe für eine alternsgerechte<br />
Personalpolitik aufzuzeigen <strong>und</strong> damit für die regionale<br />
Gestaltung der Förderpolitik empirische Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
zu liefern.<br />
Besonders nützlich können die Ergebnisse auch für die<br />
Anbieter von Weiterbildungsmaßnahmen sein, die vor<br />
der Frage stehen, welche Veränderungen an ihrem Angebot<br />
jetzt in die Wege geleitet werden müssen, um den<br />
sich durch die demographische Entwicklung wandelnden<br />
Ansprüchen von Betrieben <strong>und</strong> Beschäftigten mit<br />
attraktiven Angeboten zu entsprechen.<br />
Aufbau dieses Monitoring-Berichts<br />
Der Monitoring-Bericht ist in drei Teile gegliedert, die<br />
auch unabhängig voneinander zur Kenntnis genommen<br />
werden können.<br />
Teil A: Aufgr<strong>und</strong> der Brisanz des Themas erschien es<br />
sinnvoll, eine knapp gehaltene allgemeine Darstellung<br />
der Problematik den aktuell erhobenen<br />
empirischen Bef<strong>und</strong>en voranzustellen. Ein Anspruch<br />
auf Vollständigkeit ist damit angesichts<br />
der Fülle des vorliegenden Materials selbstverständlich<br />
nicht verb<strong>und</strong>en. Die Zusammenfassung<br />
soll auch einem zeitknappen Leser einen<br />
schnellen Überblick über das Thema geben. Dabei<br />
werden Datenlage, Forschungsstand <strong>und</strong> die<br />
Ergebnisse dreier aktueller empirischer überregional<br />
angelegter Untersuchungen berücksichtigt.<br />
Teil B: Auswertung der Befragung der regionalen Betriebe<br />
im RMQ. Dabei orientiert sich die Darstellung<br />
an der Reihenfolge der Erörterung des Themas<br />
in den Interviews, mithin am Aufbau des Gesprächsleitfadens<br />
(s. Anhang, S. 51). Ein Resümee<br />
in Form von Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
findet sich am Ende jedes Einzelkapitels.<br />
Teil C: Zusammenfassung der wichtigsten Resultate<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen in Kurzform.<br />
—<br />
Das Projektteam möchte sich an dieser Stelle erneut<br />
für die fre<strong>und</strong>liche Mitwirkung der betrieblichen Expertinnen<br />
<strong>und</strong> Experten sowie bei den Mitgliedern des<br />
Experten-Pools für ihre vielfältigen zielführenden Beiträge<br />
zur Untersuchung bedanken.<br />
3 Auftraggeber der Untersuchungen ist der Senator für Arbeit, Frauen, Jugend, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales der Freien Hansestadt Bremen.<br />
Finanziert wird das Projekt <strong>EQUIB</strong> aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds <strong>und</strong> Landesmitteln.<br />
4 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />
2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden<br />
Untersuchung<br />
Für die vorliegende Befragung wurde erstmalig das<br />
2001 aufgebaute Betriebspanel erneut für die Durchführung<br />
einer Befragungsr<strong>und</strong>e angesprochen. Es musste<br />
sich also zeigen, in welchem Maß die betrieblichen Ansprechpartner<br />
tatsächlich zu einer kontinuierlichen Teilnahme<br />
am Monitoring-System bereit sind.<br />
Entwicklung des Panels: „Panelpflege“<br />
Das Monitoring-System ist als Panel-Untersuchung angelegt,<br />
um eine Beobachtung der konkreten betrieblichen<br />
Innovations- <strong>und</strong> Qualifikationsentwicklungen<br />
im Längsschnitt zu ermöglichen. Auch reduziert die<br />
Kooperation mit einem Netz „fest zuständiger“ betrieblicher<br />
Ansprechpartner die Gefahr von „ad-hoc“-<br />
Antworten <strong>und</strong> steigert damit die Qualität der Interviews.<br />
Daher wird ein möglichst stabiler Kreis der am<br />
Panel teilnehmenden Betriebe angestrebt. Dies erfordert<br />
zur Erhaltung <strong>und</strong> Optimierung des Panels in seiner<br />
Funktion als empirischer Kern des Monitoring-Systems<br />
eine systematische „Panelpflege“.<br />
Als zentrale Instanz des qualitativen Untersuchungsdesigns<br />
des RMQ erfolgt die Auswahl der teilnehmenden<br />
Betriebe im Sinne eines „theoretischen Sampling“:<br />
es erfolgt keine zufällige, sondern eine gezielte Auswahl<br />
von Betrieben, von denen wichtige Beiträge zu<br />
den Fragestellungen der Untersuchung (v.a. also hinsichtlich<br />
innovativer Entwicklungen <strong>und</strong> deren Qualifikationsfolgen)<br />
erwartet werden können. Insofern ist<br />
jeder „Abgang“ eines Betriebes, der sich im Panel in<br />
diesem Sinn „bewährt“ hat, zu bedauern. 4 Andererseits<br />
wirft der Ersatz eines Teilnehmers durch einen anderen,<br />
vergleichbar strukturierten Betrieb bei einem qualitativ<br />
ausgerichteten Panel kein gr<strong>und</strong>sätzliches methodisches<br />
Problem auf, kommt es doch darauf an, dass das<br />
Panel insgesamt die Repräsentanz der Auswahl sicherstellt.<br />
Mit einem gewissen Anteil von Betrieben, die sich aus<br />
dem Panel zurückziehen wollen, ist zu rechnen. Die<br />
ausscheidenden Betriebe (sog. „Panelmortalität“) sind<br />
daher im Rahmen der Panelpflege zu ersetzen. Der<br />
Nachrückerbetrieb sollte entsprechend dem qualitativen<br />
Auswahlverfahren möglichst ähnliche Eigenschaf-<br />
ten aufweisen.<br />
Unabhängig davon können zur Optimierung des Panels<br />
Betriebe zusätzlich integriert werden, die zur Erhöhung<br />
der Repräsentanz der Auswahl beitragen oder – etwa<br />
durch Einbezug weiterer Trendsetter-Betriebe – wichtige<br />
Beiträge zu den Fragestellungen liefern können.<br />
Zum Monitoring-Prozess gehört also eine kontinuierliche<br />
Neugewinnung von Betrieben hinzu. Die Mitglieder<br />
des Experten-Pools wurden daher erneut angeschrieben<br />
<strong>und</strong> um Empfehlung geeigneter Betriebe gebeten.<br />
Außerdem konnten Betriebe angesprochen werden,<br />
die im letzten Jahr ihr prinzipielles Interesse an der<br />
Teilnahme geäußert hatten, in denen sich aber aus verschiedenen<br />
Gründen zu diesem Zeitpunkt eine Befragung<br />
nicht realisieren ließ.<br />
Die folgende Tabelle bildet die Entwicklung des Panels<br />
in seiner Gesamtheit ab. 5<br />
Entwicklung des Betriebspanels des RMQ<br />
12/2001 6/2002<br />
Anzahl darunter dar. Ab- Zu- Anz. dar. dar.<br />
Betriebe Handw. Brhv. gang gang Betr. Handw. Brhv.<br />
Metall/<br />
Elektro<br />
Nahrung/<br />
37 27 9 -1 7 43 32 10<br />
Genussm. 18 5 8 2 20 6 8<br />
Handel 19 – 5 -2 17 – 5<br />
TUL/<br />
Logistik 18 – 2 -4∗ 2 16 – 4<br />
Call Center/<br />
Medien-DL 15 – 3 -3 3 15 – 5<br />
gesamt 107 32 27 -10 14 111 38 32<br />
Anzahl der Betriebe, die ihre Bereitschaft zur Mitwirkung am RMQ<br />
erklärt haben.<br />
∗ Zwei der Betriebe wurden aufgr<strong>und</strong> der Funktion der Gesprächspartner<br />
dem begleitenden Experten-Pool zugeordnet <strong>und</strong> entfallen daher hier.<br />
Insgesamt ist damit eine erfreuliche Kontinuität in der<br />
Teilnahmebereitschaft der Betriebe festzustellen. Die<br />
für das Monitoring-System gewonnenen Experten <strong>und</strong><br />
Expertinnen stehen zu ihrer Bereitschaft zur Mitwirkung.<br />
Bei einem Ausscheiden oder Funktionswechsel<br />
des bisherigen Ansprechpartners konnte in der Regel<br />
auf dessen Unterstützung bei der Findung eines neuen<br />
Ansprechpartners gebaut werden.<br />
Ersatz von Abgängen <strong>und</strong> Aufnahme zusätzlicher<br />
Betriebe<br />
Ein Teil der Betriebe (insgesamt 8) äußerte den<br />
Wunsch, nicht mehr länger als Teil des Betriebspanels<br />
geführt zu werden. Als häufigster Gr<strong>und</strong> wurde eine auf<br />
absehbare Zeit anhaltende hohe Auslastung angeführt,<br />
4 Dies muss nicht in jedem Fall so sein. In einigen Fällen wird sich bei der Durchführung des Interviews herausstellen, dass der Betrieb<br />
den „Erwartungen“ nicht entspricht, <strong>und</strong> sein Ausscheiden für die Durchführung des Monitorings daher leicht „verschmerzt“ werden<br />
kann. Bislang wird dies für unser Panel aber erst im Einzelfall beobachtet. Die Einschätzung der Mitglieder des Experten-Pools, die zur<br />
Empfehlung <strong>und</strong> Aufnahme in das Betriebspanel geführt haben, hat sich insofern als sehr treffsichere Gr<strong>und</strong>lage des Auswahlprozesses<br />
bewährt.<br />
5 Als weitere Branchen sollen Betriebe der Tourismus-, Bau- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft in das Panel integriert werden.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 5
die keine Ressourcen für eine weitere Beteiligung am<br />
Monitoring-System übrig lasse.<br />
Die Abgänge konnten in der Regel mit vergleichbaren<br />
Betrieben ersetzt werden. Darüber hinaus wurde das Panel<br />
um zusätzliche Betriebe erweitert, wobei insbesondere<br />
die Vertretung des Handwerks <strong>und</strong> der Anteil von<br />
Betrieben am Standort Bremerhaven ausgebaut wurde.<br />
Zusammensetzung des Panels für die aktuelle<br />
Befragung<br />
Nahrungs- <strong>und</strong><br />
Genussmittelbranche<br />
(darunter Handwerk: 5)<br />
Zusammensetzung des Betriebspanels<br />
Handel<br />
18<br />
39<br />
17 14<br />
12<br />
Metall- <strong>und</strong><br />
Elektrobetriebe<br />
(darunter Handwerk: 30)<br />
Call Center /<br />
Medien-Dienstleister<br />
TUL / Logistik<br />
RMQ-Befragung "Ältere Arbeitnehmer" 2002, Anzahl der Interviews<br />
An der aktuellen Befragung waren insgesamt 100 Betriebe<br />
beteiligt. Darunter sind 35 Handwerksbetriebe.<br />
27 Betriebe wurden in Bremerhaven zu Interviews auf-<br />
2 Empirische Gr<strong>und</strong>lage der vorliegenden Untersuchung<br />
gesucht.<br />
Die Abbildung zeigt, wie sich die befragten Betriebe<br />
auf die einbezogenen Wirtschaftsbereiche verteilen. 6 7<br />
Nicht alle Betriebe, die in der oben stehenden Tabelle<br />
dem Panel zugerechnet werden, haben somit auch an<br />
der aktuellen Befragungsr<strong>und</strong>e teilgenommen. Insgesamt<br />
11 Betriebe (also ungefähr 10 Prozent) baten darum,<br />
in der aktuellen Befragungsr<strong>und</strong>e auszusetzen. Bei<br />
genereller Bereitschaft zur weiteren Teilnahme am Monitoring<br />
war auch hier aktuelle Zeitknappheit der meistgenannte<br />
Gr<strong>und</strong>. Die für diese Befragungsr<strong>und</strong>e ausgefallenen<br />
Medien-Betriebe äußerten allerdings inhaltliche<br />
Bedenken: auf Gr<strong>und</strong> der Altersstruktur (keine „älteren“<br />
Beschäftigten) könne man zu dem Thema nichts<br />
beitragen, <strong>und</strong> wollte deshalb von der Beteiligung an<br />
dieser Befragungsr<strong>und</strong>e absehen.<br />
Die Beteiligung liegt damit erwartungsgemäß deutlich<br />
über den bei quantitativen Befragungen üblichen Rücklaufquoten.<br />
Ein Betriebspanel, das auf der freiwilligen<br />
Beteiligung betrieblicher Experten an einem relativ<br />
„anspruchsvollen“ Befragungskonzept beruht, wird,<br />
auch wenn der zeitliche Befragungsaufwand so gering<br />
wir möglich gehalten wird, mit einer Nichtbeteiligung<br />
in dieser Größe rechnen <strong>und</strong> leben müssen.<br />
6 Die Befragung geht davon aus, dass mit dem Thema „ältere Arbeitnehmer“ Fragen von allgemeinem Charakter aufgeworfen werden,<br />
die sich zwar in durch branchenspezifische Besonderheiten verursachten spezifischen Problemlagen in den Betrieben niederschlagen,<br />
auf die jedoch zunächst Lösungen bzw. Handlungsempfehlungen gesucht werden, die branchenübergreifend greifen sollen. Eine systematisch<br />
nach Wirtschaftsbereichen differenzierte Darstellung der Ergebnisse erscheint somit wenig sinnvoll. Die Darstellung der<br />
Ergebnisse (Teil B) geht daher in erster Linie vom Gesamtpanel aus. Wo der Blick auf Branchenbesonderheiten wichtige Aspekte<br />
beiträgt, werden diese berücksichtigt.<br />
7 Dem zahlenmäßig stark vertretenen Wirtschaftsbereich Metall/Elektro sind seitens des Handwerks Betriebe aus Metallbau, SHK, Kfz-<br />
Handwerk <strong>und</strong> Elektroinstallation zugeordnet. Die Gr<strong>und</strong>lage dieser Zuordnung ergibt sich aus der vorwiegenden Beschäftigung handwerklicher<br />
Metall- <strong>und</strong> Elektroberufe in diesen Gewerken, die seitens der Wirtschaftszweigsystematik anderen Abteilungen zuzuordnen<br />
wären. Weitere Angaben zu den im Panel vertretenen Branchen im Monitoring-Bericht 2001/1, www.equib.de.<br />
6 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
3 Konsequenzen des demographischen <strong>Wandel</strong>s für den Arbeitsmarkt<br />
Teil A: Der demographische <strong>Wandel</strong><br />
<strong>und</strong> seine Folgen<br />
3 Konsequenzen des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s für den Arbeitsmarkt<br />
Auf Gr<strong>und</strong>lage von aktuellen Modellrechnungen des<br />
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)<br />
kommt die Enquete-Kommission des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
in ihrem Abschlussbericht zu dem Ergebnis,<br />
dass ein demographischer <strong>Wandel</strong> den Altersaufbau der<br />
Bevölkerung erheblich verändern wird. Sinkende Geburtenrate<br />
<strong>und</strong> steigende Lebenserwartung führen dazu,<br />
dass das Durchschnittsalter der Bevölkerung von gegenwärtig<br />
41 Jahren bis zum Jahre 2050 auf mehr als<br />
48 Jahre anwachsen wird. Gleichzeitig schrumpft die<br />
Bevölkerungszahl um gut ein Viertel oder 23 Millionen<br />
auf etwa 59 Millionen Menschen zur Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Diese Entwicklung ist auch durch eine verstärkte<br />
Zuwanderung prinzipiell nicht umzukehren. 8<br />
Daraus ergeben sich tiefgreifende Konsequenzen für die<br />
Situation am Arbeitsmarkt. Bis zum Jahre 2020 wird<br />
das Angebot an Arbeitskräften auf Gr<strong>und</strong> des natürlichen<br />
Bevölkerungsrückgangs insgesamt abnehmen. Zugleich<br />
wird es mehr ältere <strong>und</strong> weniger jüngere Erwerbspersonen<br />
geben (ibv 44/2001:3364). Der bereits<br />
heute in manchen Regionen oder Branchen verzeichnete<br />
Mangel an Fachkräften wird damit tendenziell verstärkt<br />
<strong>und</strong> verallgemeinert. Allerdings darf diese mitunter<br />
als Demografiefalle etikettierte Entwicklung nicht<br />
missverstanden werden. Ein absoluter Mangel an Arbeitskräften<br />
steht nicht am Ende der rückläufigen Bevölkerungszahl,<br />
weil im Zuge weitergehender Rationalisierungsprozesse<br />
in der Arbeitswelt menschliche Arbeitskraft<br />
durch innovative Technik in zunehmendem<br />
Maße wenigstens partiell ersetzt werden kann. Auch<br />
in der Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts wird es aller Voraussicht<br />
nach einen gewissen Umfang an Arbeitslosigkeit geben.<br />
Gleichwohl führt der demographische <strong>Wandel</strong> dazu,<br />
dass ein Mangel an Fachkräften sich auf jeden Fall<br />
regional sowie branchenspezifisch bemerkbar machen<br />
wird. 9<br />
Um wirtschaftliche Friktionen in den einzelnen Betrieben<br />
sowie auf die Volkswirtschaft als ganze gesehen<br />
zu vermeiden, müssen die Weichen für eine der demographischen<br />
Entwicklung angemessene Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik rechtzeitig gestellt werden. Gerade<br />
die älteren Arbeitnehmer, aktuell bevorzugtes Objekt<br />
betriebswirtschaftlicher Externalisierung, geraten<br />
unter diesem Blickwinkel zu einer wertvollen Ressource,<br />
die für die neuen Aufgaben „erhalten“ <strong>und</strong> qualifiziert<br />
werden muss.<br />
4 Ältere Arbeitnehmer im Betrieb<br />
<strong>und</strong> am Arbeitsmarkt<br />
Ein gutes Drittel aller abhängig Beschäftigten ist 45<br />
Jahre oder älter <strong>und</strong> gehört damit nach offizieller Lesart<br />
zu den sogenannten älteren Arbeitnehmern (Koller/Gruber<br />
2001:479). Gleichzeitig ist diese Gruppe den<br />
Risiken des Arbeitsmarktes auf überproportionale Weise<br />
ausgesetzt. Ihr Anteil an den Belegschaften der b<strong>und</strong>esdeutschen<br />
Betriebe nimmt stetig ab. Weit über die<br />
Hälfte der Unternehmungen in Deutschland beschäftigt<br />
überhaupt keine Mitarbeiter mehr, die 50 Jahre oder älter<br />
sind (Bellmann/Lahner 2002:3).<br />
Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen<br />
alte Länder neue Länder<br />
50 bis 55 Jahre 12.0% 23.6%<br />
55 bis 60 Jahre 18.7% 28.5%<br />
60 bis 65 Jahre 21.0% 32.9%<br />
Alle Arbeitslosen 9.6% 20.2%<br />
Quelle: Strukturanalyse 09/2000, nach: Jagoda 2001:19<br />
B<strong>und</strong>esgebiet Anteil der Langzeitarbeitslosen<br />
in der Altersgruppe<br />
50 bis 55 Jahre 48.5%<br />
55 bis 60 Jahre 62.5%<br />
60 bis 65 Jahre 58.9%<br />
Alle Arbeitslosen 36.4%<br />
Quelle: Strukturanalyse 09/2000, nach: Jagoda 2001:19<br />
8 Ausführliche Modellrechnungen unter Berücksichtigung diverser Faktoren <strong>und</strong> Trends wie Migrationsbewegungen finden sich im<br />
Schlussbericht der Enquete-Kommission „<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an<br />
den Einzelnen <strong>und</strong> die Politik“. (Enquete 2002)<br />
9 „Trotz der zu erwartenden regionalen, qualifikatorischen oder berufsfachlichen Diskrepanzen ist festzuhalten, dass die skizzierten Prognosen<br />
des Arbeitsangebotes alleine keine Aussage über die Arbeitsmarktbilanz der Zukunft erlauben, weil sie – bewusst oder unbewusst<br />
– nur die eine Seite der Medaille, nämlich die Angebotsseite des Arbeitsmarktes betrachten. (...) Auch neuere Vorausschauen der<br />
Arbeitsmarktbilanzen sehen keine ‚Räumung des Arbeitsmarktes‘ voraus, sondern allenfalls Lücken bei einzelnen Qualifikationen bzw.<br />
Berufen.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:23)<br />
Zu einem ähnlichen Bef<strong>und</strong> kommt die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit:<br />
„Es wird nicht mit einem generellen Arbeitskräftemangel gerechnet. Die erwartete Abnahme des Potenzials an Fachkräften mittlerer<br />
<strong>und</strong> höherer Qualifikation wird jedoch als zentrales Problem eingestuft.“ (ibv 44/2001:3364)<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 7
Die arbeitsmarktpolitischen Folgen sind deutlich spürbar.<br />
Von den zirka 3.74 Millionen Arbeitslosen sind im<br />
Jahre 2001 etwa 1.11 Millionen (29.4%) ältere Arbeitnehmer<br />
gewesen. Mit zunehmendem Alter steigt zugleich<br />
die Dauer der Arbeitslosigkeit dieser Klientel signifikant<br />
an. 10<br />
Auch regional stellen über 50-Jährige r<strong>und</strong> ein Viertel<br />
der Arbeitslosen (s. Tabelle).<br />
Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer auf dem regionalen<br />
Arbeitsmarkt (Juli 2002)<br />
Arbeitsamts- Bestand (Ende 6/2002)<br />
Veränderung (in %<br />
geg. Vorjahresmonat)<br />
bezirk gesamt Ältere∗ in% gesamt Ältere∗ Bremen 34591 9477 27.4 +3.3 -3.9<br />
Bremerhaven 13706 3237 23.6 +2.5 -10.2<br />
∗ 50 Jahre <strong>und</strong> älter<br />
Quelle: Presseinformationen der Arbeitsämter Bremen (Nr. 48/2002) <strong>und</strong><br />
Bremerhaven (Nr. 28/2002) vom 8.7.2002.<br />
Der sowohl im B<strong>und</strong>esgebiet wie in der Region beobachtbare<br />
Rückgang des Prozentsatzes Älterer an den<br />
Arbeitslosen geht dabei im Wesentlichen nicht auf eine<br />
zunehmende Wiedereingliederung in Beschäftigungsverhältnisse,<br />
sondern auf einen vorzeitigen Wechsel in<br />
die Rente zurück. 11<br />
Besorgnis erregend sind in diesem Zusammenhang<br />
auch die Daten zu ges<strong>und</strong>heitlichen Beeinträchtigungen<br />
<strong>und</strong> Frühinvalidität bei älteren Arbeitslosen, die oft<br />
den „harten Kern“ ihres vorzeitigen Ausscheidens aus<br />
dem Betrieb bzw. ihrer geringen Neueinstellungschancen<br />
bilden. 12<br />
Der Prozess der Externalisierung älterer Arbeitnehmer<br />
führt zu immensen individuellen, volkswirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> sozialen Kosten. Private Lebensperspektiven werden<br />
in Frage gestellt, eine wichtige wirtschaftliche Ressource<br />
der Gesellschaft bleibt ungenutzt <strong>und</strong> schließlich<br />
steigen infolge dessen auch noch die Belastungen für<br />
die sozialen Sicherungssysteme bis an die Grenze ihrer<br />
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
Funktionsfähigkeit.<br />
Diese Entwicklung, die sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
des eingangs skizzierten dramatischen <strong>Wandel</strong>s im Altersaufbau<br />
der Bevölkerung abspielt, wird die Gesellschaft<br />
vor enorme Probleme stellen, wenn Politik <strong>und</strong><br />
Unternehmen nicht rechtzeitig die erforderlichen Weichenstellungen<br />
einleiten.<br />
5 Neue Herausforderungen für Politik,<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
Das Problembewusstsein ist in Wirtschaft <strong>und</strong> Politik,<br />
bei den Sozialpartnern <strong>und</strong> Verbänden vorhanden.<br />
Wichtige Beschlüsse sind gefasst, um den demographischen<br />
<strong>Wandel</strong> aktiv zu gestalten <strong>und</strong> insbesondere ältere<br />
Arbeitnehmer als Potenzial der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
zu „pflegen“, statt sie von dieser abzukoppeln.<br />
5.1 Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik<br />
So hat das Bündnis für Arbeit in seinem siebten Bündnisgespräch<br />
die Verbesserung der Beschäftigungsaussichten<br />
für ältere Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer<br />
zum zentralen Anliegen erhoben. Statt vorzeitiger Ausgliederung<br />
wird die Beschäftigung Älterer sowie die<br />
Wiedereingliederung arbeitsloser Älterer angestrebt. Zu<br />
diesem Zweck sollen Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> soziale<br />
Rahmenbedingungen so verbessert werden, dass eine<br />
vermehrte Einstellung <strong>und</strong> Qualifizierung möglich<br />
wird. Eine Qualifizierungsoffensive zur Sensibilisierung<br />
der Betriebe gehört zum Beschlusspaket ebenso<br />
wie ein Auftrag zur finanziellen Förderung von Weiterbildungskosten<br />
Älterer durch die B<strong>und</strong>esanstalt für<br />
Arbeit. 13<br />
10<br />
„1.11 Mio. der insgesamt 3.74 Mio. registrierten Arbeitslosen waren Ende September 2001 50–64 Jahre alt, 0.67 Mio. davon über 55<br />
Jahre. 40.4 Prozent der 55–60 jährigen Arbeitslosen waren schon über zwei Jahre arbeitslos, insgesamt fast 60 Prozent mindestens ein<br />
Jahr.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:30)<br />
11<br />
Als Gr<strong>und</strong> spielt insb. die Zunahme von Leistungsempfängern nach § 428 SGB III (Anträge auf Altersrente über 58-jähriger Arbeitsloser)<br />
eine Rolle (Arbeitsmarkt 2001:64, 84f).<br />
12<br />
„Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten des gewerblichen Bereichs erreicht das derzeitige Rentenalter, weil diese vorzeitig aufgr<strong>und</strong><br />
von Frühinvalidität aus dem Berufsleben ausscheiden.“ (Miller 2002:29, bereits einleitend zitiert.)<br />
Auch die gewerkschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema betont das Problem des vorzeitigen Verschleißes des Arbeitsvermögens:<br />
„Nach der hier zitierten Untersuchung der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit vom September 2000 waren von den 45- bis 55-Jährigen<br />
34.2% (280 000) <strong>und</strong> bei den 55- bis 65-Jährigen 39.2% (310 000) mit ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen arbeitslos gemeldet. Das ist<br />
überdurchschnittlich viel. Der Prozentsatz der Arbeitslosen mit ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen bei allen Arbeitslosen lag zu diesem<br />
Zeitpunkt bei 26.1%. Unter den 45- bis 65-Jährigen waren 7.6% Schwerbehinderte. Bei allen Arbeitslosen betrug dieser Prozentsatz<br />
4.9%. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass diese ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen in vielen Fällen Resultat langer<br />
Belastungen am Arbeitsplatz <strong>und</strong> insofern die Folge mangelnder Prävention sind – Folgen, die nun durch Hinausdrängen der Älteren<br />
aus dem Arbeitsmarkt individuell <strong>und</strong> auf die Sozialsysteme abgewälzt werden.“ (Arbeit & Ökologie-Briefe 5/2002:20)<br />
13<br />
„Im Interesse der älteren Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer selbst sowie in Anbetracht der zu erwartenden demografischen Entwicklung<br />
<strong>und</strong> im Hinblick auf eine zunehmende Arbeitskräfteknappheit in bestimmten regionalen <strong>und</strong> berufsfachlichen Teilarbeitsmärkten<br />
stimmen die Bündnispartner darin überein, dass es gr<strong>und</strong>sätzlich notwendig ist, die bisherige Politik gegenüber älteren Arbeitnehmern<br />
zu verändern. Wurde bislang versucht, auch durch den vorzeitigen Ruhestand älterer Arbeitnehmer, die Beschäftigungschancen<br />
8 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
Politik zur Förderung des aktiven Alterns<br />
(Leitlinie 3)<br />
Die Mitgliedstaaten sollten eine Politik zur Förderung<br />
des aktiven Alterns erarbeiten, indem sie Maßnahmen<br />
beschließen, die darauf abstellen, Arbeitsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Qualifikationen älterer Arbeitskräfte zu erhalten,<br />
flexible Arbeitsmodelle einzuführen <strong>und</strong> Arbeitgeber<br />
für das Potenzial älterer Arbeitnehmer zu sensibilisieren.<br />
Sie sollten dafür sorgen, dass ältere Arbeitnehmer<br />
ausreichenden Zugang zu Bildung <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
erhalten, <strong>und</strong> sollten die Steuer- <strong>und</strong> Sozialleistungssysteme<br />
mit dem Ziel überprüfen, negative<br />
Anreize abzubauen <strong>und</strong> Anreize zu schaffen, damit ältere<br />
Arbeitnehmer weiterhin am Arbeitsmarkt teilnehmen.<br />
(Quelle: europa.eu.int/comm/employment_social/empl&esf/<br />
support2001_de.pdf)<br />
Auch auf europäischer Ebene wird diese Strategie zur<br />
Qualifizierung <strong>und</strong> Beschäftigung Älterer mit Nachdruck<br />
verfolgt. Eine Politik zur Förderung des aktiven<br />
Alterns bildet einen Bestandteil der beschäftigungspolitischen<br />
Leitlinien der EU. Im März 2001 hat der Europäische<br />
Rat in Stockholm beschlossen, die Erwerbsquote<br />
Älterer zwischen 55 <strong>und</strong> 64 Jahren in allen EU-<br />
Mitgliedstaaten bis zum Jahre 2010 auf 50% anzuhe-<br />
ben <strong>und</strong> alle dafür nötigen politischen Fördermaßnahmen<br />
einzuleiten (BLK 2001). 14<br />
Die Unternehmen <strong>und</strong> ihre Verbände tragen diese Politik<br />
mit. Der bisherigen Praxis von Frühverrentung 15<br />
erteilen sie eine Absage, weil sich der angestrebte Beschäftigungseffekt<br />
nicht einstellt. 16 Der Versuch, durch<br />
die vorzeitige Verrentung Älterer Arbeitsplätze für junge<br />
Nachrücker freizumachen, geht von einem fixen<br />
Arbeitsvolumen eines Produktionsjahres aus, das in<br />
der betrieblichen Praxis gar nicht vorliegt. Markt- <strong>und</strong><br />
Konjunkturschwankungen machen daraus eine variable<br />
Größe. Die Effizienz, mit der sich Betriebe am Markt<br />
behaupten <strong>und</strong> auf deren Gr<strong>und</strong>lage sie überhaupt nur<br />
neue Arbeitsplätze schaffen können, hängt wesentlich<br />
von den Arbeitskosten ab. Und diese wiederum können<br />
sinken, wenn durch eine zunehmende Beschäftigung<br />
Älterer die Lohnnebenkosten fallen. Gerade dann,<br />
wenn sich Betriebe auf den demographischen <strong>Wandel</strong><br />
einstellen <strong>und</strong> zunehmend ältere Arbeitnehmer als Potenzial<br />
pflegen, ist auch dem Unternehmenserfolg sowie<br />
der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besser gedient als<br />
durch antiquierte Defensivstrategien nach dem Muster<br />
der Frühverrentung. 17<br />
Jüngerer zu erhöhen, so halten die Bündnispartner es für angezeigt, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Auch Änderungen bei den<br />
Arbeitsbedingungen, der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> den sozialrechtlichen Rahmenbedingungen müssen einen wichtigen Beitrag leisten,<br />
damit ältere Menschen länger erwerbstätig bleiben. (...) Für die Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitsloser schlagen<br />
die Bündnispartner vor, bei den Eingliederungszuschüssen für ältere Arbeitnehmer die bisherige Altersgrenze von 55 auf 50 Jahre<br />
herabzusetzen. (...) Angesichts des steigenden Qualifikationsbedarfs <strong>und</strong> der geringen bisherigen Beteiligung älterer Arbeitnehmer<br />
an Weiterbildungsmaßnahmen sollte nach Auffassung der Bündnispartner auch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit für eine stärkere Qualifizierung<br />
gerade älterer Arbeitnehmer Schrittmacherdienste leisten. Sie schlagen deshalb vor, dass sich die B<strong>und</strong>esanstalt für einen<br />
befristeten Zeitraum von vier Jahren durch neue Schwerpunktsetzung im Rahmen des jeweiligen Eingliederungstitels an der Finanzierung<br />
der Weiterbildungskosten von Arbeitnehmern über 50 Jahre beteiligen kann.“ (Bündnis für Arbeit, 7. Bündnisgespräch, 2002.<br />
(Download: www.dgb.de/themen/buendnisArb/buen_04-03-01-aeltan.htm)<br />
14 Vgl. aeltere.arbeitsamt.de/pages/europa.html<br />
Umfangreiches Material zum europäischen Ländervergleich findet sich in Ilmarinen/Tempel 2002.<br />
15 „Die frühzeitige Ausgliederung der älteren Arbeitskräfte in den Vorruhestand bzw. in die Arbeitslosigkeit wurde in der Vergangenheit<br />
durch gesetzliche <strong>und</strong> tarifvertragliche Regelungen gestützt bzw. forciert. Damit sollte der Arbeitsmarkt entlastet, den von dem<br />
Strukturwandel betroffenen Unternehmen ein „sozialverträglicher“ Personalabbau erleichtert sowie auch dem Bedürfnis der älteren<br />
Arbeitskräfte selbst nach der Beendigung eines anstrengenden Erwerbslebens entsprochen werden.“ (Heimer/Mohr/Wolff 2001b:3)<br />
16 „Lange Zeit haben die Arbeitgeber <strong>und</strong> große Teile von Industrie <strong>und</strong> Wirtschaft das eigentlich marktfremde Ziel Frühverrentung mitgetragen.<br />
Wer Statistiken lesen <strong>und</strong> deuten kann, hat über diese Maßnahmen von Anfang an nur den Kopf geschüttelt. Heute distanzieren<br />
sich auch die Arbeitgeber mehr <strong>und</strong> mehr von der Idee der Frühverrentung. ‚Eine Fortsetzung dieser Politik ist verantwortungslos‘, sagte<br />
kürzlich BDA-Präsident Dieter H<strong>und</strong>t. ‚Die gewünschten positiven Umverteilungswirkungen von Alt <strong>und</strong> Jung gibt es nicht.‘ Der geringe<br />
Anteil älterer Arbeitnehmer in den Betrieben ist eindeutig ein Indikator für die strukturelle Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes,<br />
so der BDA-Präsident. In einem Trend-Vergleich des IW-Instituts wurden Daten verwendet, die Teil-Ergebnisse eines Projektes sind,<br />
das vom Verband der Bayerischen Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie (VBM) unter dem Titel ‚Vollbeschäftigung ist möglich – der deutsche<br />
Arbeitsmarkt an der Schwelle zum 21. Jahrh<strong>und</strong>ert‘ gefördert worden ist. Die IW-Trends konstatieren ein sehr unterschiedliches Abschneiden<br />
der Industrieländer (OECD) bei der Eingliederung älterer Menschen: Während in der Schweiz über 70 Prozent der 55- bis<br />
64-Jährigen erwerbstätig sind, kommt man in Belgien nur auf r<strong>und</strong> 20 Prozent. Deutschland liegt mit 39 Prozent um 10 Prozentpunkte<br />
unter dem OECD-Durchschnitt.“ (Creditreform 5/2002, zit. nach G.I.B. Newsletter 32 www.gib.nrw.de)<br />
17 „Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte sind die Arbeitnehmer in den Industriestaaten immer früher in den Ruhestand getreten. Doch seit<br />
Mitte der neunziger Jahre ist der Trend zur Frühverrentung gestoppt. Denn immer mehr Länder haben eingesehen, dass das frühe Ausscheiden<br />
älterer Menschen aus dem Erwerbsleben nicht zu der alternden Bevölkerung passt. (. . . ) Wenn relativ viele ältere Menschen in<br />
einem Land arbeiten gehen, werden die Sozialkassen weniger belastet. Dies wiederum führt zu niedrigeren Sozialbeiträgen <strong>und</strong> damit<br />
zu geringeren Arbeitskosten. Die Unternehmen können sich dadurch mehr Arbeitsplätze leisten – die Arbeitslosigkeit sinkt in allen<br />
Altersgruppen.“ (iwd 28/2000)<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 9
Die Gewerkschaften weisen insbesondere auf die fälligen<br />
Änderungen zu einer alternsgerechten Arbeitsorganisation<br />
in den Betrieben sowie auf die wichtige Rolle<br />
des Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes im Rahmen<br />
einer generationenübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
hin. Neueste Publikationen argumentieren<br />
auf Basis aktueller arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse<br />
<strong>und</strong> Erfahrungen aus anderen europäischen<br />
Staaten, insbesondere aus Finnland, für ein mehrdimensionales<br />
Verständnis von Arbeitsfähigkeit, das Bedingungen<br />
des Arbeitslebens <strong>und</strong> individuelle Entwicklungen<br />
einbezieht (vgl. Ilmarinen/Tempel 2002:158–181).<br />
5.2 Betriebliche Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
im Zeichen des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s<br />
Wollen die Betriebe nicht Gefahr laufen, durch einen<br />
verschärften Mangel an Fachkräften im Wettbewerb an<br />
Boden zu verlieren, muss bereits jetzt eine Personal<strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik betrieben werden, die den<br />
betrieblichen Erfordernissen angesichts des veränderten<br />
Altersaufbaus der Bevölkerung in 15 bis 20 Jahren<br />
entspricht. Das heißt im Klartext, dass die bislang jugendzentrierte<br />
Einstellungspolitik zu den Akten gelegt<br />
werden muss. Darin sind sich mittlerweile alle Experten<br />
einig.<br />
Ältere Arbeitnehmer sind per se <strong>und</strong> unabhängig von<br />
der Bevölkerungsentwicklung ein betriebliches Potenzial,<br />
dass nicht ungenutzt brachliegen darf. Erfahrung,<br />
Routine, Verhandlungsgeschick, Zuverlässigkeit <strong>und</strong><br />
Verantwortungsbewusstsein sind ein Betriebskapital sui<br />
generis. Darüber hinaus aber ist die Belegschaft der<br />
heute 30- bis 45-Jährigen neu in den Blick zu nehmen.<br />
Sie verkörpert ein Gutteil des Potenzials, mit dem<br />
die Unternehmen die Demografiefalle umgehen können.<br />
Nicht die Freisetzung dieser Altersgruppe bei Erreichen<br />
einer betriebsindividuell unterhalb des Rentenalters<br />
angesiedelten „Altersschwelle“ <strong>und</strong> ihr vorzeitiger<br />
Ersatz durch jüngere Nachrücker ist das Mittel der<br />
Wahl, sondern die kontinuierliche Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />
Damit schafft <strong>und</strong> bindet ein Unternehmen nämlich<br />
die Fachkräfte, die in anderthalb bis zwei Jahrzehnten<br />
so dringend gebraucht werden, weil das Arbeitskräfteangebot<br />
nicht nur insgesamt, sondern speziell im Seg-<br />
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
ment der jüngeren qualifizierten Anbieter drastisch sinken<br />
wird. 18<br />
Personalstrategien. . .<br />
. . . der Gegenwart . . . der Zukunft<br />
Zielsetzungen<br />
Altersstrukturen ohne Relevanz Permanenter Generationenaustausch<br />
<strong>und</strong> Altersmischung<br />
als integrierte Zielsetzung<br />
Strategien<br />
Widersprüchliche Teilstrategien An altersstrukturellen<br />
Zielsetzungen orientierte<br />
Teilstrategien (Offenlegung von<br />
Konflikten <strong>und</strong> Kompromissen)<br />
Voneinander isolierte<br />
Miteinander vernetzte<br />
personalpolitische Teilstrategien Teilstrategien (Rekrutierung,<br />
Personalentwicklung, Arbeits<strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutz)<br />
Personalmanagement<br />
Kurzfristige Planungshorizonte Kohorteneffekte über 10–20<br />
Jahre berücksichtigen (Kurz-,<br />
Mittel- <strong>und</strong> Langfristplanung)<br />
Eine Lösung für alle Weite Lösungsräume mit<br />
Optionen (Individualisierung<br />
<strong>und</strong> Differenzierung)<br />
Unternehmenskultur<br />
„Senioritätsprinzip“ oder<br />
„Jugendkultur“ als<br />
beherrschende Elemente<br />
(Quelle: Köchling 2000:42)<br />
Generationenvertrag als<br />
Ausgleich zwischen<br />
verschiedenartigen<br />
altersgruppenspezifischen<br />
Anforderungen an betriebliche<br />
Attraktivität („Alterskultur“)<br />
Eine dem Alterungsprozess der arbeitenden Bevölkerung<br />
angemessene betriebliche Personalpolitik sollte also<br />
weder jugend- noch altenzentriert, sondern generationenübergreifend<br />
operieren.<br />
Eine alternsgerechte Strategie verlangt also – erstens –<br />
nach einer heterogenen Altersstruktur der Belegschaften.<br />
Verjüngung um jeden Preis geht an den veränderten<br />
demographischen Daten vorbei.<br />
Zweitens muss das Prinzip kontinuierlicher <strong>und</strong> zeitnaher<br />
Weiterbildung der ganzen Belegschaft beherzigt<br />
werden. Alle Unterschiede zwischen jungen <strong>und</strong> alten<br />
Mitarbeitern hinsichtlich Erfahrung <strong>und</strong> Routine, aber<br />
auch Kreativität <strong>und</strong> Spontaneität, müssen für einen<br />
Wissenstransfer zwischen Alt <strong>und</strong> Jung genutzt werden.<br />
Nicht Diskriminierung <strong>und</strong> Bildungsausschluss, sondern<br />
Fortbildung in altersgemischten Teams ist nötig.<br />
Nur so gelingt die Allokation der Ressource Bildung<br />
optimal: Zum richtigen Zeitpunkt muss das erforderliche<br />
Know-how an der richtigen Stelle im Betrieb ver-<br />
18 Deutliche Worte spricht hier der Bericht der B<strong>und</strong>-Länder-Kommission:<br />
„Die Weiterbildung muss in ein Konzept lebensbegleitenden Lernens mit entsprechender Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen<br />
eingeb<strong>und</strong>en werden. Eine Berufsausbildung oder ein Studium qualifizierte früher für das ganze Leben. Heute <strong>und</strong> in Zukunft ist<br />
die einmal erworbene Qualifikation F<strong>und</strong>ament für weitere Lern- <strong>und</strong> Wissensbausteine. Künftig wird es immer wichtiger werden, dass<br />
die vorhandene Handlungskompetenz erweitert werden kann. Das gilt im besonderen für die heute 30- bis 45-Jährigen. Wenn dieser<br />
Personenkreis nicht heute schon in kontinuierliche Weiterbildungsmaßnahmen eingeb<strong>und</strong>en wird, dürfte es schwierig sein, ihn in zehn<br />
Jahren für Weiterbildungsmaßnahmen zu gewinnen.“ (BLK 2001:12)<br />
10 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
fügbar gemacht werden. 19<br />
Drittens schließlich sollte die betriebsinterne Organisation<br />
von Arbeitsplatz <strong>und</strong> Arbeitsablauf dem unterschiedlichen<br />
Leistungsprofil von Älteren <strong>und</strong> Jüngeren<br />
gerecht werden. Physisch mag der gealterte Mitarbeiter<br />
in mancher Hinsicht weniger belastbar sein als Jüngere,<br />
obwohl auch hier die biologische Entwicklung von<br />
privaten Lebensstilen überlagert wird. Aber einmal erworbene<br />
Erfahrung sowie das gewachsene Verantwortungsbewusstsein<br />
stellen eine soziale Kompetenz dar,<br />
die für andere betriebliche Arbeitsbereiche qualifiziert.<br />
Solchen Unterschieden im Leistungsprofil sollte die Arbeitsorganisation<br />
Rechnung tragen.<br />
Viertens sollte das Prinzip der Prävention / ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Prophylaxe die Personalpolitik anleiten. Die demographische<br />
Entwicklung macht im Großen <strong>und</strong> Ganzen<br />
aus der vorhandenen Belegschaft das Potenzial,<br />
dessen Zukunftsfähigkeit der Betrieb durch einen effektiven<br />
Umgang erhalten <strong>und</strong> ausbauen muss. Und dazu<br />
gehört unabdingbar, durch ergonomische Arbeitsplatzgestaltung<br />
<strong>und</strong> eine Humanisierung von Arbeitsabläufen<br />
die Ressource Ges<strong>und</strong>heit zu pflegen, um die Arbeitsfähigkeit<br />
dauerhaft zu erhalten.<br />
5.3 Hemmnisse für Beschäftigung <strong>und</strong><br />
Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer<br />
Die allgemeine „Marschrichtung“ ist damit abgesteckt<br />
– eine rasche betriebliche Umsetzung der Prinzipien einer<br />
generationenübergreifenden Personalpolitik scheint<br />
damit jedoch nicht automatisch angestoßen zu sein.<br />
Die Diskrepanz zwischen dem politisch gewollten <strong>und</strong><br />
von den Verbänden unterstützten Paradigmenwechsel<br />
<strong>und</strong> dessen nur zögernd erfolgender betriebspraktischer<br />
Umsetzung ist nicht zu übersehen. Nicht zuletzt die aus<br />
Sicht der fördernden Instanzen unzureichende Annahme<br />
der in Kapitel 6 kurz vorgestellten Programme zur<br />
Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer lässt<br />
auf die Existenz von ernstzunehmenden Umsetzungshemmnissen<br />
in den Betrieben schließen.<br />
Die zentralen Hemmfaktoren sind dabei recht gut bekannt.<br />
Zum einen handelt es sich um betriebswirtschaft-<br />
liche Rechnungsweisen, die im Zusammenwirken mit<br />
sozialrechtlichen Rahmenbedingungen einer Beschäftigung<br />
Älterer entgegenstehen:<br />
⊲ Missverhältnis von Investitionskosten <strong>und</strong> Amortisationszeit:<br />
die Aufwändungen für die Qualifizierung<br />
Älterer sind erheblich angesichts einer vergleichsweise<br />
kurzen Nutzungsdauer der Ressource.<br />
⊲ Prinzip der Senioritätsentlohnung: in einigen Branchen<br />
wächst, auch auf Gr<strong>und</strong>lage von Tarifverträgen,<br />
mit der Beschäftigungsdauer die Entgeltstufe<br />
leistungsunabhängig, so dass die Beschäftigung<br />
gleich qualifizierter Jüngerer betriebliche Kostenvorteile<br />
mit sich bringt.<br />
⊲ Spezifische sozialrechtliche Regelungen für Ältere<br />
gelten als Beschäftigungshindernis: darunter fällt<br />
beispielsweise der besondere Kündigungsschutz,<br />
der in manchen Fällen als Einschränkung der betrieblichen<br />
Handlungsfreiheit gewertet wird.<br />
Aber auch persistierende Defizitmodelle des Alterns<br />
spielen eine Rolle: von der Wirksamkeit gängiger Vorbehalte<br />
gegen Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Qualifizierungsfähigkeit<br />
älterer Arbeitnehmer in den Betrieben ist auszugehen.<br />
Es griffe jedoch zu kurz, lediglich „altes Denken“<br />
verantwortlich zu machen, das mit Hinweis auf<br />
die wissenschaftliche Widerlegung der Defizitmodelle<br />
mit Information <strong>und</strong> Aufklärung zurückgedrängt werden<br />
könnte. Allein mit einer Einstellungsänderung von<br />
Personalverantwortlichen ist dem Problem nicht beizukommen,<br />
weil sich durch Fehlsteuerungen der Vergangenheit<br />
Strukturen herausgebildet haben, die den Defizitmodellen<br />
Recht zu geben scheinen <strong>und</strong> eine entsprechende<br />
betriebliche Praxis prolongieren:<br />
⊲ Ältere Arbeitnehmer gelten als eingeschränkt leistungsfähig<br />
<strong>und</strong> belastbar.<br />
Seitens der Arbeitswissenschaft gilt diese Defizittheorie<br />
als widerlegt 20 , <strong>und</strong> zahlreiche Studien zeigen<br />
ein wesentlich differenzierteres Bild. Danach<br />
nehmen zwar insbesondere die rein körperlichen Kapazitäten<br />
mit dem biologischen Alter ab. Andere dagegen<br />
wie etwa die kognitiven Fähigkeiten der Intelligenz,<br />
Vorstellungskraft <strong>und</strong> Kreativität bleiben<br />
gleich. Und ein drittes Spektrum verzeichnet sogar<br />
19 „Humankapital ist schon jetzt der bestimmende Faktor für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft <strong>und</strong> wird in Zukunft noch wichtiger<br />
werden. Neben dem reinen Bestand oder auch Zuwachs an Humankapital kommt jedoch der ‚Logistik‘ immer größere Bedeutung<br />
zu. Wissen kann nur dann Nutzen bringen, wenn es zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht <strong>und</strong> an der richtigen Stelle eingesetzt<br />
wird.“ (BLK 2001, Anhang S. 5)<br />
20 „Das Ergebnis aller einschlägigen Untersuchungen ist eindeutig: Im Laufe der 30 bis 40 Jahre einer Erwerbsbiografie, die zudem bei<br />
vielen <strong>und</strong> insbesondere bei Frauen noch durch Nichterwerbsphasen unterbrochen ist, ändern sich Qualifikationsprofil <strong>und</strong> Einsatzfähigkeit<br />
der Arbeitskräfte, nicht aber die Arbeits- <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit. Empirische Untersuchungen zeigen bei der Altersgruppe der über<br />
45-Jährigen eine ansteigende Streuung der Leistungsfähigkeit, keineswegs aber einen generellen Rückgang; bei vielen Arbeitskräften<br />
nimmt die individuelle Leistungsfähigkeit im Gegenteil nach dem 45. Lebensjahr weiter zu.“ (Wolff/Spieß/Mohr 2001:21)<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 11
mit dem Alter einen Zuwachs an Leistungsfähigkeit.<br />
Hier sind insbesondere die sozialen Kompetenzen<br />
wie das Verantwortungsbewusstsein oder die Team<strong>und</strong><br />
Führungsfähigkeit zu nennen. So lässt sich insgesamt<br />
eher von einem Leistungswandel als von einer<br />
Leistungsabnahme auf Gr<strong>und</strong> des fortschreitenden<br />
Alters sprechen. 21<br />
Es ist aber festzuhalten, dass bei einem erheblichen<br />
Anteil der älteren Arbeitnehmer heute von ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Einschränkungen auszugehen ist, die<br />
sich in einer verminderten Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />
Belastbarkeit niederschlagen. 22 Versäumnisse beim<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz <strong>und</strong> eine nicht alternsgerechte<br />
Arbeitsorganisation haben nicht unwesentlich<br />
zum Entstehen dieser Lage beigetragen.<br />
Es wird allgemein anerkannt, dass frühzeitiger<br />
Verschleiß in vielen Fällen auf einseitig belastende<br />
Tätigkeiten zurückgeht (Heimer/Mohr/Wolff<br />
2001b:3), somit aber durch konsequenten betrieblichen<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz minimiert<br />
werden kann. Die Forderung, dem betrieblichen<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
des demographischen <strong>Wandel</strong>s eine wesentlich<br />
höhere Priorität einzuräumen, zieht sich daher<br />
durch die Mehrheit der aktuellen Publikationen<br />
zum Thema „ältere Arbeitnehmer". Umgekehrt<br />
bezieht sich auch die Fachöffentlichkeit zum Thema<br />
„Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz“ verstärkt auf<br />
den demographischen <strong>Wandel</strong>, da die Ergebnisse<br />
der modernen Arbeitswissenschaft viel zur Herstellung<br />
der „neuen Qualität der Arbeit“, wie sie für<br />
einen längeren Verbleib im Erwerbsleben erforderlich<br />
wird, beitragen können <strong>und</strong> müssen. 23<br />
⊲ Ältere Arbeitnehmer gelten als weniger flexibel <strong>und</strong><br />
motiviert, sich der kontinuierlichen Anpassung ihrer<br />
Qualifikation zu unterziehen, sowie als eingeschränkt<br />
lernfähig.<br />
Auch hier kann zunächst auf entgegenlautende Forschungsergebnisse<br />
verwiesen werden. Gleichwohl<br />
ist ebenso festzuhalten, dass die Wahrnehmung von<br />
Qualifizierungsverantwortlichen, dass sich bei Älteren<br />
Probleme bei der Motivation für <strong>und</strong> der<br />
Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen häufen,<br />
nicht nur als Folge einer vorurteilsbehafteten<br />
Sichtweise Älterer abgetan werden dürfen, sondern<br />
5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
eine reelle strukturelle Basis im Sinne einer „Dequalifizierungsfalle“<br />
(Frölich u.a. 2002:230) haben:<br />
ein einseitiges, die geistigen Potenzen wenig forderndes<br />
Arbeitsumfeld <strong>und</strong> die Nichtbeteiligung an<br />
Qualifizierungsmaßnahmen führen zu Lernentwöhnung,<br />
die ihrerseits die beschriebenen Probleme<br />
zeugt, worauf sich weiterer Ausschluss von Qualifizierungsmaßnahmen<br />
anschießt. Der Teufelskreis ist<br />
perfekt, <strong>und</strong> es bedarf daher gesonderter Anstrengungen,<br />
ihn zu überwinden <strong>und</strong> lernungewöhnte Erwachsene<br />
wieder an Qualifizierungsprozesse heranzuführen.<br />
Die Beurteilung des Potenzials von Jung <strong>und</strong> Alt entzieht<br />
sich damit einem Schwarz-Weiß-Schema. Beide<br />
Lebensalter sind durch ein unterschiedliches Leistungsprofil<br />
mit seinen jeweiligen Stärken <strong>und</strong> Schwächen gekennzeichnet:<br />
„Neue Besen kehren gut, aber die alten<br />
kennen die Ecken.“ (Politische Studien 2/2001:21) Der<br />
sinnvolle betriebliche Einsatz der verschiedenen Kapazitäten<br />
setzt natürlich eine Arbeitsorganisation voraus,<br />
bei der die beteiligten Mitarbeiter auch ihre jeweiligen<br />
Stärken zur Anwendung bringen können. Wichtig sind<br />
daher Förderprogramme <strong>und</strong> Modellprojekte, die besonders<br />
den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen helfen,<br />
einen alternsgerechten Umbau der betrieblichen Strukturen<br />
einzuleiten, der die beschriebenen Fehlentwicklungen<br />
längerfristig vermeidet.<br />
Integrativer Wissens- <strong>und</strong> Erfahrungstransfer<br />
WISSEN<br />
Stärken von Jüngeren Stärken von Älteren<br />
SCHLÜSSEL-<br />
QUALIFIKATIONEN<br />
GESUNDHEITLICHE<br />
LEISTUNGSFÄHIGKEIT<br />
Allgemeinwissen Ges<strong>und</strong>heitskompetenz<br />
neues Wissen (Produkte,<br />
Prozesse, Methoden, Stoffe)<br />
f<strong>und</strong>iertes Basiswissen<br />
(in sich strukturiert)<br />
f<strong>und</strong>iertes Spezialwissen<br />
(Randprobleme, Nischenwissen,<br />
Spezialprobleme)<br />
f<strong>und</strong>iertes Überblickwissen,<br />
Trendwissen<br />
f<strong>und</strong>ierte<br />
Problemlösungsstrategien<br />
(Quelle: Köchling 2000:37)<br />
organisatorisch-soziale<br />
Kompetenz<br />
Arbeitstugenden<br />
Veränderungskompetenz<br />
körperliche<br />
Leistungsfähigkeit<br />
geistige<br />
Leistungsfähigkeit<br />
Krankenstand,<br />
Fehlzeiten<br />
21 „Das Leistungspotenzial wächst mit dem Älterwerden qualitativ. Untersuchungen, Erfahrungen <strong>und</strong> Praxisevaluation bestätigen, dass<br />
beim Älterwerden ein Umbauprozess <strong>und</strong> kein Abbauprozess stattfindet:<br />
– Abbau körperlicher Leistungskapazitäten<br />
– Gleichbleiben in den psychischen Leistungskapazitäten (Aufmerksamkeit, Konzentration)<br />
– Zunahme der geistig-sozialen Kompetenz.“ (Buck u.a. 2002:86)<br />
22 S. Fußnote 12<br />
23 S. hierzu insb. Ilmarinen/Tempel 2002; als ein weiteres Beispiel von vielen: Arbeit & Ökologie-Briefe 8/2002:26–31.<br />
12 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
Darüber relativieren sich auch die eingangs zitierten<br />
Vorbehalte bezüglich zu hoher Qualifizierungskosten<br />
beim Humankapital älterer Mitarbeiter bei verkürzter<br />
Amortisationszeit sowie zu hoher Lohnkosten infolge<br />
des Senioritätsprinzips bei der Entgeltgestaltung. Denn<br />
der betriebswirtschaftliche Effekt Älterer entscheidet<br />
sich wie immer nicht ausschließlich an den aufgewändeten<br />
Kosten, sondern gleichfalls an der damit für<br />
den Betrieb erschlossenen Leistung. Und insofern hier<br />
sogar bei innovativer Arbeitsorganisation Vorteile erschlossen<br />
werden können, wird der betriebswirtschaftliche<br />
Effekt auch bei vergleichsweise höheren Kosten<br />
erreicht.<br />
Dass in vielen Fällen eine solche betriebswirtschaftliche<br />
Kalkulation vermutlich gar nicht mehr angestellt<br />
wurde, ist auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> zu sehen, dass ein<br />
jahrelang eingeschliffener Umgang mit dem Potenzial<br />
älterer Arbeitnehmer auch zu gewissen Verkrustungen<br />
geführt hat. Die lange Zeit gehegte Praxis der Frühverrentung,<br />
von der sich viele Unternehmen, wie oben<br />
gezeigt, bereits distanzieren, dürfte in einem gewissen<br />
Maße zu einer Stigmatisierung Älterer beigetragen haben.<br />
Es galt eben als „normal“, Ältere auf das ihrem<br />
Namen entsprechende Altenteil zu schicken. 24<br />
Diese Praxis, die schon in der Vergangenheit hinsichtlich<br />
des beabsichtigten Beschäftigungseffekts auf die<br />
Jüngeren zweifelhaft war, wird nun angesichts des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s endgültig prekär. Verschiedene<br />
staatliche Förderprogramme <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Initiativen wurden ins Leben gerufen, um „altem Denken“<br />
hinsichtlich älterer Arbeitnehmer entgegenzusteuern<br />
<strong>und</strong> die Betriebe beim Wechsel zu einer generationenübergreifenden,<br />
neuen Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
konzeptionell <strong>und</strong> finanziell zu unterstützen.<br />
6 Staatliche Fördermaßnahmen<br />
<strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen<br />
für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
6.1 Maßnahmen auf B<strong>und</strong>esebene<br />
Im Zentrum aller politischen Förderstrategien stehen<br />
die Unterstützung der Qualifizierung sowie die finanzielle<br />
Förderung von Beschäftigung <strong>und</strong> Wiedereingliederung<br />
Älterer.<br />
Arbeitsmarktpolitische Instrumente<br />
für die Älteren (50 Jahre <strong>und</strong> älter)<br />
Anteil der Älteren an<br />
Maßnahmen insgesamt allen Geförderten (%)<br />
Berufliche<br />
Weiterbildung 351 960 7.5<br />
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
203 601 33.5<br />
Strukturanpassungsmaßnahmen<br />
109 756 24.5<br />
Eingliederungszuschuss 90 535 39.2<br />
Trainingsmaßnahmen 47 492 12.3<br />
Jahresdurchschnittsbestand 2000.<br />
Quelle: B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (ibv 44/2001:3372)<br />
50 plus – die können es<br />
Auf B<strong>und</strong>esebene ist das Programm „50 plus - die<br />
können es“ zu nennen. 25 Mit diesem Projekt bemüht<br />
sich die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit, ältere Arbeitnehmer<br />
am Arbeitsmarkt besser zu positionieren. Die intensivierte<br />
Vermittlungstätigkeit wird durch Eingliederungszuschüsse<br />
(EGZ) flankiert. Für die Einarbeitungsphase<br />
werden auf 6 Monate 30% Lohnkostenzuschuss gezahlt,<br />
bei erschwerter Vermittelbarkeit sogar 50% auf<br />
12 Monate. Ältere über 50 Jahre können sogar mit einer<br />
Subventionierung von 50% auf 24 Monate rechnen.<br />
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Nutzung<br />
des Programms in den Arbeitsamtsbezirken Bremen<br />
<strong>und</strong> Bremerhaven:<br />
Nutzung des Programms „50 plus“<br />
in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven<br />
Arbeitsamtsbezirk<br />
Jahr Bremen Bremerhaven<br />
2001 113 116<br />
2002 (1.1.-30.6.) 121 66<br />
Eingliederungszuschüsse an Wirtschaftsbetriebe für Ältere (EGZ) in<br />
den 1. Arbeitsmarkt, Anzahl der Eingliederungen. Quelle: Arbeitsamt<br />
Bremen, Arbeitsamt Bremerhaven.<br />
24 „Das heißt, dass es den Unternehmen bisher gelang, sich eines Teils der Älteren in ihren Belegschaften durch die Praxis der Frühverrentung<br />
scheinbar sozialverträglich <strong>und</strong> im gesellschaftlichen Konsens zu entledigen. (...) Es hat sich offensichtlich so etwas wie eine<br />
(Un-)Kultur der Vorzeitverrentung herausgebildet.“ (Buck/Kistler/Mendius 2002:27)<br />
„Es gilt, die jahrzehntelang geförderte <strong>und</strong> praktizierte Altersdiskriminierung in den Betrieben <strong>und</strong> auf dem Arbeitsmarkt zu überwinden.“<br />
(Enquete 2002:90)<br />
25 Im Internet: aeltere.arbeitsamt.de<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 13
6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
Die Eingliederungen erfolgten schwerpunktmäßig in<br />
Bremen in den Branchen Dienstleistung, Handel, Datenverarbeitung,<br />
Bau, Metall sowie im Handwerk, in<br />
Bremerhaven in der Metallbranche, Einzelhandel sowie<br />
in Büroberufen.<br />
Job-Aqtiv-Gesetz<br />
Das Job-Aqtiv-Gesetz effektiviert nicht nur die Vermittlungstätigkeit,<br />
sondern generiert auch neue Instrumente<br />
der Wiedereingliederung. Job-Rotation ist ein dual-use-<br />
Verfahren, das Belegschaftsangehörigen eines Betriebes<br />
den Weg in die Weiterbildung freimacht <strong>und</strong> in der<br />
Phase der Fortbildung externe arbeitslose Arbeitnehmer<br />
zur Einarbeitung <strong>und</strong> Eingewöhnung auf den temporär<br />
freien Arbeitsplatz führt. Das Ziel besteht letztlich in einem<br />
gleitenden Übergang zur Festeinstellung. Das Programm<br />
schließt zwar Ältere über 50 Jahre ein, ist aber<br />
nicht ausdrücklich auf diesen Kreis zugeschnitten. Zusätzlich<br />
werden nach dem Job-Aqtiv-Gesetz auch noch<br />
die Weiterbildungskosten für Mitarbeiter über 50 Jahre<br />
durch die B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit übernommen, sofern<br />
die Betriebsgröße 100 Mitarbeiter nicht überschreitet.<br />
Altersteilzeitgesetz (AtG)<br />
In der Diskussion umstritten ist das Altersteilzeitgesetz<br />
(AtG). Damit wird älteren Arbeitnehmern ein gleitender<br />
Übergang in den Ruhestand eröffnet. Arbeitnehmer<br />
ab 55 Jahre können ihre Arbeitszeit halbieren <strong>und</strong> auf<br />
bis zu fünf Jahre verteilen. Allerdings zeigt die Praxis<br />
eine Annäherung dieses Modells an die alte Praxis der<br />
Frühverrentung. Das Blockmodell, das in manchen Tarifverträgen<br />
vereinbart ist, sieht nämlich vor, dass die<br />
Mitarbeiter in den ersten zweieinhalb Jahren in Vollzeit<br />
arbeiten bei vollen Bezügen, um anschließend in<br />
die Rente zu gehen (Heimer/Mohr/Wolff 2001b).<br />
6.2 Programme auf Länderebene<br />
Bremen/Bremerhaven: Landesprogramm „Ältere<br />
in Arbeit“<br />
Aber auch die Länder setzen eigene Schwerpunkte.<br />
So ist beispielsweise im Land Bremen das „Landesprogramm<br />
Ältere in Arbeit – Neue Beschäftigungschancen<br />
für ältere Arbeitnehmer“ (2001) hervorzuheben.<br />
Landes- sowie ESF-Mittel ergänzen die Eingliederungszuschüsse<br />
der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Ansprechpartner<br />
für dieses Programm sind die bremer arbeit<br />
gmbh (bag) <strong>und</strong> die Bremerhavener Arbeit GmbH<br />
(BRAG) (siehe Kasten). Sogenannte Strukturanpas-<br />
sungsmaßnahmen (SAM) fördern die Weiterbildung älterer<br />
Arbeitnehmer.<br />
Nutzung des Bremer Landesprogramms<br />
„Ältere in Arbeit“<br />
Jahr Bremen Bremerhaven<br />
2001 16 a<br />
2002 (1.1.-30.6.) 62 b 9 c<br />
Das Bremer Landesprogramm fördert mit ergänzenden Zuwendungen<br />
zum Zuschuss der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit (Programm 50 plus) die<br />
Eingliederung Älterer in den 1. Arbeitsmarkt. Anzahl der geförderten<br />
Eingliederungen. a Zuständigkeit beim Senator für Arbeit. b Zuständigkeit<br />
BAG. c Zuständigkeit BRAG. Quelle: BAG, BRAG.<br />
Andere B<strong>und</strong>esländer wie etwa NRW flankieren die<br />
b<strong>und</strong>esweiten Programme wie „50 plus – die können<br />
es“ durch weitere Initiativen. Landesarbeitsministerien<br />
<strong>und</strong> Arbeitsämter haben hier mit einer Zeitarbeitsfirma<br />
eine Zusatzvereinbarung getroffen, nach der ältere Arbeitslose,<br />
die nicht länger als 12 Monate arbeitslos gemeldet<br />
sind, bevorzugt eingestellt werden. Mit einem<br />
Anschreiben an den betreffenden Adressatenkreis werden<br />
Interessenten für diesen Wiedereinstieg ins Berufsleben<br />
geworben.<br />
Ansprechpartner in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven<br />
Programm 50 plus<br />
⊲ Arbeitsamt Bremen: Herr Gerdes, 0421/178-10 13<br />
⊲ Arbeitsamt Bremerhaven: Herr Gruhl, 0471/94 49-201<br />
Bremer Landesprogramm „Ältere in Arbeit“<br />
⊲ Bremen (bag): Frau Jahn, 0421/95 84 89 333<br />
⊲ Bremerhaven (BRAG): Frau Kaap, 0471/92 63 66<br />
Info-Blatt zum Programm „Ältere in Arbeit“ in Bremerhaven im Anhang,<br />
Seite 50.<br />
Bremen/Bremerhaven: JobRotation<br />
JobRotation, nunmehr als Regelinstrument im SGB III<br />
verankert, bietet sich an, um gezielt die Arbeitsmarktchancen<br />
älterer Arbeitsloser im Rahmen von Stellvertreterlösungen<br />
zu verbessern. Die Kombination von<br />
Qualifizierung <strong>und</strong> betriebspraktischem Einsatz setzt an<br />
zentralen Vorbehalten an, die oft gegen ältere arbeitslose<br />
Stellenbewerber ausschlagen. Auch im Land Bremen<br />
wird JobRotation unter diesem Gesichtspunkt eingesetzt<br />
(siehe Kasten). 26<br />
Andere beispielhafte Initiativen<br />
Zusätzlich existieren zahlreiche Initiativen von Handelskammern,<br />
Handwerkskammern, regionalen Arbeitsämtern<br />
<strong>und</strong> Instituten.<br />
So ist beispielsweise der überbetriebliche Qualifizierungsverb<strong>und</strong><br />
Chemnitz (TINA Netzwerk Chemnitz,<br />
siehe Kasten) mit einem Projekt in Erscheinung getreten,<br />
das Qualifizierungsmaßnahmen entwickelt <strong>und</strong> koordiniert,<br />
die den Wissenstransfer zwischen jüngeren<br />
26 Auch in anderen B<strong>und</strong>esländern richten sich JobRotation-Projekte primär an Problemgruppen des Arbeitsmarkts wie ältere Arbeitslose<br />
<strong>und</strong> Berufsrückkehrerinnen. (Beispiel: Job-Rotation in Mannheim, zusammengefasst in Heimer/Mohr/Wolff 2001a:18)<br />
14 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
JobRotation für ältere Arbeitnehmer 50+ beim alz<br />
Bremen-Nord<br />
⊲ 10 Teilnehmer, alle männlich.<br />
⊲ Laufzeit: Beginn 05.09.01–01.09.02, unterschiedliche<br />
Anfangszeiten je Teilnehmer, Laufzeit jeweils 2 Jahre,<br />
d.h. die Laufzeit des letzten Teilnehmers wird voraussichtlich<br />
am 30.08.04 beendet sein.<br />
⊲ Alter: 50 bis 60 Jahre, davon sind 6 Teilnehmer über 55<br />
Jahre.<br />
⊲ Berufe: Zimmerer, Tischler, Schlosser,<br />
Dreher, Elektroinstallateur <strong>und</strong> Großhandelskaufmann/<br />
Handelsfachpacker.<br />
⊲ Qualifizierungsplan: interne individuelle Qualifizierung<br />
an Hand von Qualifizierungsmodulen <strong>und</strong> externe Kurse<br />
der Teilnehmer je nach Notwendigkeit auf der Basis<br />
ihres Wissens- <strong>und</strong> Kenntnisstandes, Vorbereitung auf<br />
Stellvertretung.<br />
⊲ Betriebsakquisition: Verstärkte Werbung für Qualifizierung<br />
älterer Stammkräfte <strong>und</strong> Einsatz von älteren Stellvertretern<br />
im Betrieb, mit beruflicher Perspektive.<br />
Quelle: alz Bremen-Nord<br />
<strong>und</strong> älteren Mitarbeitern gewährleisten <strong>und</strong> unmittelbar<br />
praxisrelevant sind. Unter Federführung der IHK Südwestsachsen<br />
haben sich zahlreiche Betriebe in einem<br />
Projektverb<strong>und</strong> für betriebliche Weiterbildung zusammengef<strong>und</strong>en,<br />
um eine „generationen- <strong>und</strong> unternehmensübergreifende<br />
Rotation von Erfahrungen <strong>und</strong> Wissen“<br />
(Heimer/Mohr/Wolff 2001a:11) zu organisieren.<br />
Für eine optimale Praxisnähe wurde die von den Weiterbildungsinstituten<br />
konzipierte Qualifizierung in die<br />
Unternehmen selbst verlagert. Damit ist für ein permanentes<br />
Feedback zwischen Theoriebildung <strong>und</strong> Anwendung<br />
gesorgt, das die Feinabstimmung zwischen Qualifizierung<br />
<strong>und</strong> betrieblichem Nutzen verbessern hilft.<br />
Die Handwerkskammer Hamburg beschreitet neue Wege<br />
in der Arbeitsvermittlung <strong>und</strong> Personalberatung.<br />
Ausgangspunkt der Überlegungen ist das bekannte Mismatch<br />
am Arbeitsmarkt. Auf der einen Seite klagen<br />
Handwerksbetriebe über fehlende Fachkräfte. Auf der<br />
anderen Seite suchen jüngere wie ältere Facharbeiter<br />
einen Arbeitsplatz. Die von der Handwerkskammer gegründete<br />
Personalberatungsagentur will Betriebe <strong>und</strong><br />
Langzeitarbeitslose zusammenführen <strong>und</strong> nutzt dazu<br />
die einschlägigen Fördermaßnahmen der BfA. Die Personalberatungsagentur<br />
ist mittlerweile zu einem privatwirtschaftlich<br />
organisierten Dienstleister des gesamten<br />
Handwerks aufgestiegen. Sie übernimmt die Suche<br />
nach geeigneten Arbeitskräften, erstellt Leistungs- <strong>und</strong><br />
Anforderungsprofile <strong>und</strong> trifft eine Vorauswahl unter<br />
den möglichen Bewerbern. Damit übernimmt sie in Bezug<br />
auf eine Vielzahl von kleinen Handwerksbetrieben<br />
die Funktion einer Personalabteilung in einem Großbetrieb<br />
(Heimer/Mohr/Wolff 2001a:17).<br />
27 Eine umfassende Sammlung von Strukturdaten bietet auch BeitrAB 218 1999.<br />
Das TINA Netzwerk in Chemnitz: Altersgerechte Weiterbildung<br />
im Projektverb<strong>und</strong><br />
1992/93 fanden sich unter der Leitung der IHK Südwestsachsen<br />
vorrangig technologieorientierte Forschungs- <strong>und</strong><br />
Beratungsfirmen <strong>und</strong> Unternehmen aus der Region zu einem<br />
Projektverb<strong>und</strong> für betriebliche Weiterbildung zusammen.<br />
Durch die frühzeitige Einbeziehung der Unternehmen<br />
<strong>und</strong> ihrer Mitarbeiter in die Planung von Weiterbildungsprozessen<br />
konnte von Anfang an eine große Praxisrelevanz erreicht<br />
werden. Das führte wiederum zu einer großen Akzeptanz<br />
bei den zu qualifizierenden Mitarbeitern.<br />
Durch die externe Unterstützung bei der Themensuche <strong>und</strong><br />
-formulierung <strong>und</strong> der konzeptionellen Gestaltung von Lehrinhalten<br />
stellten die beteiligten Unternehmen fest, dass sie<br />
selbst (zumeist ältere) kompetente Mitarbeiter haben, die<br />
zu einigen Themen bereits Erfahrungen <strong>und</strong> entsprechendes<br />
Wissen besitzen. Diese Mitarbeiter wurden als Trainer<br />
gewonnen <strong>und</strong> vermittelten ihr Wissen an Mitarbeiter auch<br />
anderer Unternehmen. Da aus den verschiedenen Unternehmen<br />
sowohl die älteren, erfahrenen als auch junge, mit<br />
neuem Wissen ausgestattete Mitarbeiter mitwirkten, entwickelte<br />
sich eine generationen- <strong>und</strong> unternehmensübergreifende<br />
Rotation von Erfahrungen <strong>und</strong> Wissen.<br />
Die Qualifizierung wurde von den Weiterbildungsinstituten<br />
in die Unternehmen verlagert, d.h. die klassische Gestaltung<br />
der Qualifizierung wurde aufgelöst zugunsten einer<br />
problem- <strong>und</strong> unternehmensorientierten Weiterbildung vor<br />
Ort. Damit können die theoretischen Erkenntnisse <strong>und</strong> Inhalte<br />
auf ihren praktischen Bestand getestet werden <strong>und</strong> in<br />
der Konfrontation mit praktischen Problemen einen dynamischen<br />
Charakter erhalten. Der Trainer wächst immer mehr<br />
in die Rolle eines Moderators selbstgesteuerter Wissensaneignung<br />
<strong>und</strong> Erfahrungsgewinnung hinein.<br />
Die enge Verbindung von Wissensvermittlung mit praktischen<br />
Unternehmenserfahrungen macht die in dieser Form<br />
organisierte Weiterbildung auch für ältere Arbeitnehmer besonders<br />
attraktiv. Sie können ihre Erfahrungen, z.B. auch<br />
als Trainer in bestimmten Themenfeldern, aktiv einbringen<br />
<strong>und</strong> erhalten damit die Möglichkeit, neues Wissen zu generieren<br />
<strong>und</strong> mit ihren Erfahrungen zu vergleichen. Durch<br />
den Ausgleich der Veränderungen in den körperlichen Leistungsvoraussetzungen<br />
mit einer erfolgsgeleiteten Wissensweitergabe<br />
können sie besser den Wert ihrer Arbeit bis zum<br />
Ende ihrer Erwerbstätigkeit erhalten <strong>und</strong> mit dem Tempo der<br />
andauernden Veränderungen Schritt halten. Für die Unternehmen<br />
bedeutet das eine verbesserte Chance, die Erfahrungen<br />
kombiniert mit aktuellem Wissen länger verfügbar<br />
zu haben.<br />
D. Israel, B. Schädlich, ATB GmbH Chemnitz<br />
(Quelle: Heimer/Mohr/Wolff 2001a:11)<br />
Erfahrungen aus dem europäischen Ausland<br />
Auch Erfahrungen aus dem europäischen Ausland können<br />
Diskussion <strong>und</strong> Umsetzung alternsgerechter Strukturen<br />
befördern. Ilmarinen/Tempel (2002) bieten umfangreiche<br />
Ländervergleiche zu relevanten Parametern<br />
<strong>und</strong> interessante Beispiele vor dem Hintergr<strong>und</strong> des finnischen<br />
Nationalprogramms „Altern <strong>und</strong> Arbeit“ in den<br />
Jahren 1998–2002. 27<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 15
6 Staatliche Fördermaßnahmen <strong>und</strong> gesellschaftliche Initiativen zur Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
6.3 Internet-Plattform www.demotrans.de<br />
Unter www.demotrans.de erreicht man die Homepage<br />
des Projekts „Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong><br />
demografischer <strong>Wandel</strong>“. Dieses Transferprojekt wurde<br />
vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung im<br />
Herbst 1999 gestartet, um bereits im Rahmen des Forschungsverb<strong>und</strong>es<br />
„Demografischer <strong>Wandel</strong>“ erarbeitete<br />
Lösungsansätze zur Förderung der Alterserwerbstätigkeit<br />
auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen. Das<br />
Projekt soll damit zur aktiven Gestaltung des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s beitragen, für dessen Folgen sensibilisieren,<br />
gesellschaftliche Akteure, Erwerbstätige <strong>und</strong><br />
Betriebe beraten <strong>und</strong> praktische Lösungen erarbeiten<br />
<strong>und</strong> verbreiten.<br />
Demotrans|Öffentlichkeits - <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong>|Demografischer <strong>Wandel</strong><br />
http://www.demotrans.de/<br />
Seite 1 von 1<br />
Das Projekt wird vom B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) im Rahmen des Programmes "Innovative Arbeitsgestaltung - Zukunft der<br />
Arbeit"gefördert.<br />
Förderkennzeichen: 01HH9901/0<br />
Auf der Homepage findet sich neben zahlreichen Links<br />
<strong>und</strong> Literaturhinweisen zum Thema reichhaltiges Material<br />
zum Projekt, den Projektpartnern <strong>und</strong> Projektergebnissen.<br />
Das inhaltliche Angebot deckt folgende Felder<br />
ab:<br />
⊲ Thematische Schwerpunkte<br />
Themeneinstieg: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit,<br />
ausgewogene Altersstrukturen <strong>und</strong> betriebliche Innovationsfähigkeit,<br />
alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong><br />
Personalpolitik, Beschäftigung <strong>und</strong> neue Tätigkeitsfelder<br />
für Ältere<br />
⊲ Zielgruppen/Branchen<br />
Produktionsbereich, IT-Bereich, FuE-Bereich,<br />
Handwerk, Pflegebereich, Arbeitsmarktakteure,<br />
Kammern/Verbände, Berater<br />
⊲ Lösungsansätze/Good Practices<br />
Beschäftigung, Arbeits- <strong>und</strong> Laufbahngestaltung,<br />
altersgemischte Teamarbeit, Kompetenzerhalt <strong>und</strong><br />
-entwicklung, Sicherstellung der Innovationsfähigkeit,<br />
Bewältigung von Altersstrukturproblemen,<br />
Demographie-Initiative<br />
Insbesondere die letzten beiden Punkte bieten eine Fülle<br />
praxisrelevanten Materials, das bei der Gestaltung regionaler<br />
Projekte zur Unterstützung des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s in den Betrieben wertvolle Beispiele<br />
<strong>und</strong> Anregungen liefern kann. 28<br />
6.4 Internet-Plattform www.inqa.de<br />
Unter www.inqa.de präsentiert sich, gefördert vom<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung, die<br />
„Initiative Neue Qualität der Arbeit“ als Zusammenschluss<br />
von B<strong>und</strong>, Ländern, Sozialversicherungspartnern<br />
<strong>und</strong> Gemeinden. „Mit INQA wollen die Initiativpartner<br />
die Interessen der Menschen an positiven,<br />
ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> persönlichkeitsförderlichen Arbeitsbedingungen<br />
mit der Notwendigkeit wettbewerbsfähiger<br />
Arbeitsplätze verbinden. Der Leitgedanke lautet:<br />
‚Gemeinsam handeln – jeder in seiner Verantwortung.‘<br />
“ (www.inqa.de/middle.php)<br />
inqa.de - Initiative Neue Qualität der Arbeit<br />
Zur Version für<br />
sehbehinderte <strong>und</strong> blinde Menschen<br />
http://www.inqa.de<br />
Seite 1 von 1<br />
Die Initiative strebt dabei auch vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der demographischen Entwicklung anforderungsreiche<br />
Arbeitsinhalte, partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
zwischen Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern, berufliche<br />
Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Ges<strong>und</strong>heitsschutz <strong>und</strong> eine<br />
menschengerechte Gestaltung der Arbeitswelt, mehr<br />
Flexibilität in der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> eine stärkere<br />
Berücksichtigung familiärer Interessen an. Hierfür wird<br />
ein breiter gesellschaftlicher Diskurs angestrebt. Es sollen<br />
gemeinsam Konzepte zu einer Verbesserung der Arbeit<br />
<strong>und</strong> entsprechende Maßnahmen entwickelt werden.<br />
Verfahren <strong>und</strong> Instrumente sowie Beispiele „guter Praxis“<br />
sollen erarbeitet oder vorhandene gesammelt <strong>und</strong><br />
verbreitet werden.<br />
28 Eine gute Übersicht bietet die Veröffentlichung „Handlungsanleitungen für eine alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong> Personalpolitik“ (Demographie<br />
<strong>und</strong> Erwerbsarbeit 2000; Download unter www.demotrans.de/documents/BR_DE_BR5.pdf.)<br />
16 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
Die Internetplattform bietet Links <strong>und</strong> Informationen<br />
über bereits heute verfügbare Beispiele aus Betrieben,<br />
die zeigen, wie Arbeitsbedingungen zukunftsgerecht<br />
gestaltet werden können.<br />
Ältere Mitarbeiter – Leitfaden für die Praxis<br />
Die B<strong>und</strong>esvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA)<br />
hat einen Leitfaden für Unternehmen herausgebracht, der<br />
sich mit dem Zukunftsthema „Ältere Mitarbeiter im Betrieb“<br />
beschäftigt. Stark anwendungsorientiert behandelt wird zunächst<br />
die betriebliche Personalpolitik als „Schlüssel zur Erhaltung<br />
generationsübergreifender Innovations- <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit“.<br />
Es schließen sich an eine aktuelle Darstellung<br />
der Fördermöglichkeiten für Betriebe <strong>und</strong> ältere Arbeitnehmer<br />
(SGB III, Altersteilzeit, Zeitarbeit) <strong>und</strong> Forderungen<br />
der BDA zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die<br />
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.<br />
BDA (Hrsg.): Ältere Mitarbeiter im Betrieb – Ein Leitfaden<br />
für Unternehmer, 62 Seiten, Berlin 2002, kostenloser<br />
Bezug bei der BDA, FAX: 030/20 33 14 05 oder eMail<br />
Abt_04@bda-online.de.<br />
Quelle: Bildungsbrief, Informationen für die Personalarbeit. Ein Service<br />
des Fachverlags Deutscher Wirtschaftsdienst, 4/2002. – Die<br />
genannte Broschüre kann auch als PDF-Datei von den Internetseiten<br />
der BDA heruntergeladen werden.<br />
7 Stand der Forschung: Ergebnisse,<br />
offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
Das Thema „Ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen“<br />
ist in jüngster Zeit zu einem wichtigen Gegenstand<br />
der sozialwissenschaftlichen Forschung geworden.<br />
Zahlreiche Forschungsprojekte haben sich den<br />
vielfältigen Facetten des Untersuchungsfelds angenommen.<br />
29<br />
Eine umfassende Zusammenstellung von Material zum<br />
Thema bietet die regelmäßig aktualisierte Dokumentation<br />
des Instituts für Arbeitsmarkt <strong>und</strong> Berufsforschung<br />
(IAB) (Wagner 2000). In dieser mehr als 3 cm<br />
starken Dokumentationsmappe sind Literaturnachweise<br />
<strong>und</strong> Archivmaterial zu den Themen „Soziodemografische<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Arbeitsmarkt“, „Zur Arbeitsmarktsituation<br />
Älterer“, „Von der jugendzentrierten zur<br />
generationenübergreifenden Personalpolitik in Unternehmen“,<br />
„Altersgrenzenpolitik“ <strong>und</strong> „Arbeitsmarktpolitische<br />
Herausforderungen“ zusammengestellt.<br />
Ein ebenfalls noch aktueller Dokumentationsband des<br />
B<strong>und</strong>esinstituts für Berufsbildung (BIBB) (Gravalas<br />
1999) bietet unter anderem <strong>und</strong> ohne Anspruch auf<br />
Vollständigkeit Hinweise auf allein über 232 deutschsprachige<br />
Veröffentlichungen zwischen 1992–1999 zu<br />
den verschiedenen Aspekten des Gegenstands. In ihrem<br />
Vorwort weist Gravalas jedoch auch darauf hin,<br />
dass sich die vorliegenden sozialwissenschaftlichen<br />
Forschungsarbeiten dem Thema bisher vorwiegend mit<br />
sek<strong>und</strong>ärstatistischen Methoden <strong>und</strong> Literaturanalysen<br />
angenähert haben, also „das Forschungsfeld erst einmal<br />
sondiert“ haben; empirische Erhebungen, insbesondere<br />
umfassende Repräsentativerhebungen gab es nur wenige.<br />
(Gravalas 1999:9)<br />
Im Folgenden werden daher drei aktuelle empirische<br />
Studien kurz vorgestellt, die zugleich einen Bezugsrahmen<br />
für die vorliegende regionale qualitative Studie bildeten:<br />
⊲ eine quantitative, repräsentative b<strong>und</strong>esweite Befragung<br />
in Ausbildungsbetrieben, durchgeführt im<br />
Rahmen des Referenz-Betriebs-Systems (RBS) des<br />
BIBB im Frühjahr 1999,<br />
⊲ eine quantitative, repräsentative Erhebung mit regional<br />
auswertbaren Ergebnissen, erhoben im Zuge der<br />
Durchführung des IAB-Panels 2000,<br />
⊲ eine qualitative Untersuchung (Expertengespräche<br />
mit Personalverantwortlichen) im Auftrag des IAB,<br />
Expertengespräche in 154 deutschen Unternehmen,<br />
veröffentlicht in den MitAB 2001/4.<br />
7.1 Aktuelle empirische Bef<strong>und</strong>e zum Thema<br />
„Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“<br />
7.1.1 Quantitative Befragung im Rahmen des<br />
BIBB Referenz-Betriebs-Systems (RBS)<br />
Das Referenz-Betriebs-System (RBS) wurde vom<br />
BIBB als Instrument zur regelmäßigen Erhebung empirischer<br />
Daten zu aktuellen Fragen der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
ins Leben gerufen. Seit 1994 werden regelmäßig<br />
Betriebsbefragungen durchgeführt.<br />
Das zugr<strong>und</strong>e liegende Panel von Ausbildungsbetrieben<br />
umfasst derzeit ca. 1 500 Betriebe, die sich zur regelmäßigen<br />
Teilnahme an bis zu vier Befragungsr<strong>und</strong>en<br />
pro Jahr bereit erklärt haben. Die einzelnen Befragungen<br />
sind jeweils aktuellen Fragestellungen gewidmet,<br />
die nicht nur berufsbildungspolitische Fragestellungen<br />
umfassen. So widmet sich die aktuellste Auswertung<br />
dem Thema „grenzüberschreitende Mobilität“.<br />
29 Das Anliegen, den Stand der Forschung auch nur annähernd vollständig darzustellen, liegt jenseits der Funktion dieses Monitoring-<br />
Berichts. Vielmehr soll ein knapper Überblick über den Gegenstand gegeben werden; die dabei zitierte Literatur stellt somit nur einen<br />
kleinen Ausschnitt des vorliegenden Materials dar. Ein weitergehendes Interesse sei insbesondere auf die beiden im Folgenden genannten<br />
Literaturzusammenstellungen des BIBB (Gravalas 1999) <strong>und</strong> des IAB (Wagner 2000) verwiesen.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 17
Die Ergebnisse, die auch den teilnehmenden Betrieben<br />
zur Verfügung gestellt werden, stehen im Internet zum<br />
Download bereit. 30<br />
Altersstruktur <strong>und</strong> Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />
für die Betriebe<br />
Die RBS-Information 14 vom August 1999 wertet die<br />
Ergebnisse einer Befragungsr<strong>und</strong>e aus, die unter dem<br />
Thema „ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen“ im<br />
Frühjahr 1999 durchgeführt wurde. Neben einer Auswertung<br />
der Altersstruktur, die ausgerichtet am Durchschnittsalter<br />
der Beschäftigten zu einer Aufteilung in<br />
„junge, mittlere, alte“ Betriebe genutzt wird, die in<br />
der weiteren Auswertung als Differenzierungskriterium<br />
dient, wurden die Betriebe nach der erwarteten Entwicklung<br />
des Durchschnittsalters gefragt. R<strong>und</strong> 60 Prozent<br />
der Betriebe erwarteten keine Änderung. Von den<br />
Übrigen rechnete allerdings eine Mehrheit mit einer<br />
weiteren Verjüngung der Belegschaft (30 Prozent der<br />
Betriebe), während nur 10 Prozent von einem steigenden<br />
Altersdurchschnitt ausgingen.<br />
Die RBS-Befragung ermittelte auch die betriebliche<br />
Einschätzung der Bedeutung älterer Arbeitnehmer. Die<br />
folgende Tabelle gibt Fragestellung <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
wieder.<br />
Bedeutung Älterer für die Betriebe (BIBB-RBS 1999)<br />
Ältere sind eine Belastung<br />
Ältere sind in ihrer Leistungsfähigkeit<br />
eingeschränkt<br />
Ältere sind unverzichtbar<br />
Ältere sind ein wichtiges Potential<br />
Quelle: BIBB (RBS 14/1999)<br />
1%<br />
2%<br />
8%<br />
6%<br />
18%<br />
30%<br />
41%<br />
57%<br />
43%<br />
51%<br />
0 20 40 60 80<br />
trifft gar nicht zu trifft überwiegend zu trifft voll zu<br />
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
62%<br />
81%<br />
Die Resultate vermitteln ein widersprüchliches Bild. 92<br />
Prozent der Betriebe halten ältere Arbeitnehmer für unverzichtbar;<br />
ein wichtiges Potenzial können aber nur<br />
57 Prozent in den älteren Arbeitnehmern entdecken.<br />
43 Prozent sehen die Leistungsfähigkeit Älterer eingeschränkt,<br />
<strong>und</strong> immerhin 20 Prozent stimmen der Aussage<br />
zu, Ältere seien eine Belastung für den Betrieb.<br />
Ein weiteres interessantes Ergebnis dieser Befragung:<br />
nur ein geringer Teil der Betriebe führt besondere innerbetriebliche<br />
Maßnahmen <strong>und</strong> Programme spezifisch<br />
für Ältere durch. In Bezug auf die Weiterbildung geben<br />
30 www.bibb.de/forum/projekte/rbs/rbs_info.htm<br />
31 S. hierzu die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung in Kapitel 11.<br />
beispielsweise nur 18 Prozent der Befragten an, Weiterbildungsmaßnahmen<br />
spezifisch für Ältere durchzuführen.<br />
Die Aufklärung des Hintergr<strong>und</strong>s dieses Ergebnisses<br />
muss im Rahmen der quantitativen Befragungsmethode<br />
offen bleiben 31 : „Dieser Bef<strong>und</strong> mag darauf<br />
verweisen, dass es von Seiten der Betriebe keinen weitergehenden<br />
Bedarf an speziellen Maßnahmen für ältere<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen gibt, weil Ältere<br />
in die allgemeinen betrieblichen Aktivitäten integriert<br />
sind <strong>und</strong> von sich aus mithalten können. Er kann jedoch<br />
auch dahin gehend interpretiert werden, dass in<br />
Betrieben angesichts alternder Belegschaften nur ganz<br />
allmählich die Erkenntnis wächst, dass Älteren im Rahmen<br />
von Maßnahmen <strong>und</strong> Programmen spezielle Aufmerksamkeit<br />
zuteil werden muss.“ (RBS 14/1999, 4)<br />
7.1.2 Quantitative Befragung im Rahmen des<br />
IAB-Betriebspanels 2000<br />
Das IAB-Betriebspanel ist eine auf Fragestellungen<br />
der Arbeitsmarktforschung ausgerichtete, umfangreiche<br />
<strong>und</strong> thematisch breit angelegte Betriebsbefragung,<br />
die seit 1993 – seit 1996 auch in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />
– regelmäßig im Auftrag der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />
durch Infratest Sozialforschung durchgeführt wird.<br />
Seit 2000 wurden die regionalen Stichproben u.a. in<br />
Bremen/Bremerhaven deutlich aufgestockt, um länderspezifische<br />
Auswertungen <strong>und</strong> Vergleiche zu ermöglichen.<br />
Die Auswertung des Panels Bremen 2000 oblag<br />
dem BAW Institut für Wirtschaftsforschung, erfolgte im<br />
Auftrag des Senators für Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit, Frauen,<br />
Jugend <strong>und</strong> Soziales sowie des Senators für Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Häfen <strong>und</strong> wurde im Oktober 2001 veröffentlicht<br />
(Wehling 2001).<br />
Die Stichprobenziehung basiert auf der Betriebsdatei<br />
der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit, bezieht also alle Betriebe<br />
mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten ein <strong>und</strong> ermöglicht eine hohe Qualität<br />
der gewonnenen Stichproben. Im Land Bremen wurden<br />
3 026 Betriebe in das Panel aufgenommen.<br />
Bei einer Rücklaufquote von 30% lagen der regionalen<br />
Auswertung Fragebögen aus 647 Bremer <strong>und</strong> 261<br />
Bremerhavener Betrieben (insgesamt 908 Betriebe) zugr<strong>und</strong>e.<br />
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
Im Rahmen des umfassenden Befragungskonzepts des<br />
IAB-Betriebspanels wurde den Betrieben auch ein Fra-<br />
18 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
genkomplex zum Thema „Beschäftigung älterer Arbeitnehmer“<br />
vorgelegt. Fragestellungen <strong>und</strong> Ergebnisse<br />
werden in der folgenden Tabelle wiedergegeben.<br />
Einschätzung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
(IAB-Betriebspanel 2000)<br />
Land Bremen westl. B<strong>und</strong>esgebiet<br />
alle größere∗ alle größere<br />
Betriebe Betriebe Betriebe Betriebe<br />
im Prinzip genauso<br />
leistungsfähig<br />
71 67 77 72<br />
Mangel an Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> -bereitschaft<br />
Probleme nur bei<br />
altersgerechtem Einsatz<br />
zu vermeiden<br />
sinnvoll, altersgemischte<br />
Teams zu bilden<br />
ältere Arbeitnehmer in<br />
Qualifizierungsmaßnahmen<br />
einbeziehen<br />
von älteren Arbeitnehmern<br />
trennen, um Über-<br />
alterung zu verhindern<br />
26 38 21 26<br />
45 55 52 44<br />
81 73 81 87<br />
73 80 80 84<br />
6 13 6 8<br />
Anteil der Nennungen an Betrieben, die Erfahrungen mit älteren<br />
Arbeitnehmern haben, in %. ∗ Betriebe mit 100–499 Beschäftigten.<br />
Quelle: Infratest - III - 7 (Wehling 2001:43).<br />
Die Auswertung führt auch hier zu einem widersprüchlichen<br />
Bef<strong>und</strong>. Zum einen lassen sich die Antworten in<br />
dem Sinn interpretieren, dass die Betriebe nur geringe<br />
Probleme bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer<br />
sehen. Der detaillierte Blick führt jedoch auch hier zu<br />
einer skeptischeren Einschätzung. Zwei Drittel der im<br />
IAB-Panel beteiligten Betriebe beschäftigen keine älteren<br />
Arbeitnehmer; ihre Stellung zu Älteren geht daher<br />
nicht in die Befragung <strong>und</strong> Auswertung ein. 32 Auch<br />
weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass von<br />
den Betrieben, die diesen Fragenkomplex beantwortet<br />
haben, Probleme mit Älteren implizit eingeräumt werden,<br />
wenn sie einen „altersgerechten Einsatz“ für unverzichtbar<br />
halten. Den Einbezug Älterer in Qualifizierungsmaßnahmen<br />
befürwortet eine große Mehrheit der<br />
Betriebe, wobei aber offen bleibt, ob <strong>und</strong> wie dies bereits<br />
in den Betrieben erfolgt. (Wehling 2001:42f)<br />
Von einer bremenspezifischen Abweichung der Antworten<br />
vom B<strong>und</strong>esschnitt geht die BAW-Auswertung<br />
nicht aus; die feststellbaren Unterschiede werden als<br />
methodenbedingt erklärt. (Wehling 2001:43)<br />
7.1.3 Qualitative Studie des IAB (Koller/Gruber<br />
2001)<br />
Unter den zahlreichen Arbeiten zu diesem Thema ist<br />
des Weiteren die jüngst erschienene Studie von Barbara<br />
Koller <strong>und</strong> Hannelore Gruber (IAB) hervorzuheben,<br />
die einen qualitativen Forschungsansatz verfolgt.<br />
Gegenstand war die Frage, wie Personalverantwortliche<br />
in den Betrieben ältere Arbeitnehmer als Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> als Stellenbewerber einschätzen <strong>und</strong> bewerten.<br />
Konkret hatte die Untersuchung zum Ziel, „möglichst<br />
offen, aber basierend auf dem bisherigen Forschungsstand,<br />
die Rolle des Alters bei Personalentscheidungen<br />
<strong>und</strong> den Faktoren, die in diesem Zusammenhang eine<br />
Rolle spielen, nachzugehen.“ (Koller/Gruber 2001:483)<br />
Die Ergebnisse basieren hier auf Experteninterviews<br />
mit 154 Personalverantwortlichen. Eine Repräsentativität<br />
wurde nicht angestrebt, vielmehr sollten die Einstellungen,<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> Bewertungen der Gesprächspartner<br />
in ihrer Differenziertheit erfasst werden. Dieses<br />
Kriterium bestimmte auch die Betriebsauswahl (Branchen,<br />
B<strong>und</strong>esländer, Betriebsgrößen).<br />
Die Interviews wurden bereits Ende 1997 durchgeführt.<br />
Vermutlich auch bedingt durch den hohen Aufwand einer<br />
qualitativen Datenanalyse erfolgte die Veröffentlichung<br />
jedoch erst in MitAb 4/2001 <strong>und</strong> konnte daher<br />
bei der Vorbereitung unserer regionalen Befragung<br />
nicht mehr so berücksichtigt werden, wie es auf Gr<strong>und</strong><br />
der thematischen <strong>und</strong> methodischen Nähe wünschenswert<br />
gewesen wäre.<br />
Ergebnisse 33<br />
Koller/Gruber geben zunächst einen f<strong>und</strong>ierten Überblick<br />
über die verschiedenen theoretischen Ansätze zur<br />
Erklärung der geringeren Wiedereinstellungschancen<br />
älterer Arbeitnehmer. Dabei werden Weiterentwicklungen<br />
der neoklassischen Arbeitsmarktmodelle (Humankapitaltheorie,<br />
Modell der Senioritätsentlohnung u.a.),<br />
Segmentationsansätze <strong>und</strong> sozialwissenschaftliche Ansätze<br />
berücksichtigt.<br />
32 Die Fragen zum Thema „ältere Arbeitnehmer“ waren nur von den Betrieben des IAB-Panels zu beantworten, die Erfahrungen mit älteren<br />
Arbeitnehmern haben. In der Auswertung wird davon ausgegangen, dass dies mit den Betrieben, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen,<br />
in eins fällt. Man kann – wie im Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft geschehen (iwd 33 vom 15.8.2002) – diese<br />
Gleichsetzung kritisch hinterfragen. In der Tat könnten einzelne Unternehmen, die ältere Arbeitnehmer beschäftigen, die Frage nach<br />
„Erfahrungen mit Älteren“ verneint haben, da „es in der Zusammenarbeit mit der reiferen Generation besondere Vorkommnisse“ (ebd.)<br />
nicht gab. Die Gültigkeit der IAB-Ergebnisse dürfte davon insgesamt aber nur wenig tangiert sein.<br />
33 Eine umfassende Würdigung der Ergebnisse liegt außerhalb des Rahmens des vorliegenden Monitoring-Berichts. Im Folgenden wird<br />
daher nur auf einige Ergebnisse eingegangen, die als Hintergr<strong>und</strong> der regionalen Untersuchung besonders wichtig erscheinen. Für einen<br />
Gesamteindruck drucken wir den Abstract der Untersuchungsergebnisse im Kasten (Seite 20) ab. Es sei jedoch allen Akteuren ans Herz<br />
gelegt, die Studie in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis zu nehmen.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 19
Zentrale Ergebnisse der qualitativen IAB-<br />
Untersuchung<br />
⊲ Die allgemeine Haltung war: Man braucht junge<br />
<strong>und</strong> ältere Mitarbeiter. Junge Mitarbeiter für die Arbeitsplätze,<br />
die „neue“ Qualifikationen erfordern,<br />
bei denen es auf körperliche <strong>und</strong> nervliche Belastbarkeit<br />
oder auf Schnelligkeit <strong>und</strong> Flexibilität ankommt.<br />
Ältere Mitarbeiter braucht man für Führungsfunktionen<br />
auf allen Hierarchieebenen, für<br />
Ausbildungsfunktionen <strong>und</strong> ganz allgemein, wenn<br />
Erfahrung sowie fachliches <strong>und</strong> betriebsspezifisches<br />
Wissen gefragt sind.<br />
⊲ Daraus ergeben sich nicht automatisch gute Beschäftigungschancen<br />
für externe ältere Bewerber.<br />
Von diesen Arbeitsplätzen gibt es insgesamt weniger,<br />
es handelt sich um attraktive Aufstiegspositionen<br />
für die eigenen Mitarbeiter <strong>und</strong> es gibt gute<br />
Gründe, diese als Stellenbewerber zu berücksichtigen.<br />
Auch die Vorstellungen von einer wünschenswerten<br />
oder „normalen“ Altersstruktur des<br />
Betriebes, die immer noch am Bild einer Alterspyramide<br />
orientiert sind, wenden sich gegen ältere<br />
Bewerber.<br />
⊲ Gegen die Einstellung Älterer spricht aus Sicht<br />
der Personalverantwortlichen auch das Interesse<br />
der Betriebe an möglichst langfristigen Beschäftigungsverhältnissen.<br />
Gleichzeitig wird die Befürchtung<br />
geäußert, Ältere nicht mehr los zu werden<br />
<strong>und</strong> zwar nicht allein wegen Kündigungsschutzvorschriften,<br />
sondern auch, weil man sich in einer größeren<br />
sozialen Verpflichtung sieht – um diese zu<br />
vermeiden, werden Ältere gar nicht erst eingestellt.<br />
⊲ Den Personalverantwortlichen ist bewusst, dass<br />
Arbeitslosigkeit jeden treffen kann, aber viele gehen<br />
davon aus, dass man bei Eigeninitiative <strong>und</strong><br />
der Bereitschaft, zurückzustecken, nicht arbeitslos<br />
bleiben muss. Vor allem wird Arbeitslosen unterstellt,<br />
dass sie sehr schnell die Eigenschaften, für<br />
die das Alter eigentlich steht, nämlich Zuverlässigkeit,<br />
gefestigtes Wissen <strong>und</strong> Arbeitsdisziplin, verlieren.<br />
Insgesamt ergab sich durch die Untersuchung, dass<br />
in vielen unterschiedlichen Bereichen angesetzt werden<br />
muss, wenn eine Verbesserung der Eingliederungschancen<br />
Älterer erreicht werden soll.<br />
Quelle: Koller/Gruber 2001<br />
Die Untersuchung hält hierzu im Resultat fest, dass jeder<br />
der vorgestellten Ansätze seine Berechtigung <strong>und</strong><br />
Plausibilität hat, aber für sich allein nicht befriedigt,<br />
<strong>und</strong> plädiert damit für eine multikausale Betrachtung,<br />
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
die die verschiedenen Ansätze nicht als konkurrierende<br />
Alternativen, sondern als sich wechselseitig ergänzende<br />
Momente betrachtet. 34<br />
Rolle des Alters der Beschäftigten im Betrieb<br />
<strong>und</strong> von Stellenbewerbern im Urteil der Personalverantwortlichen<br />
Die IAB-Untersuchung bietet ein äußerst differenziertes<br />
Bild betrieblicher Stellungnahmen zu älteren Arbeitnehmern,<br />
das die große Breite des Antwortspektrums<br />
der befragten Personalverantwortlichen widerspiegelt.<br />
In den Interviews bestätigte sich für die Autorinnen<br />
der Studie der Eindruck, dass die Befragten sich „um<br />
eine differenzierte Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />
bemühten <strong>und</strong> keinesfalls gängige Vorurteile reproduzieren<br />
wollten“ (Koller/Gruber 2001:488), eine Beobachtung,<br />
die im übrigen auch die vorliegende Untersuchung<br />
vollauf bestätigen kann. 35 In der Beschreibung<br />
des Leistungsbildes älterer Arbeitnehmer in den Betrieben<br />
durch die Befragten werden daher zwar generelle<br />
Trends ermittelt, aber auch dezidiert hiervon abweichende<br />
Meinungen festgestellt.<br />
In den Leitfadengesprächen ergab sich, dass das Alter<br />
von den meisten der befragten Personalverantwortlichen<br />
als Kriterium personalpolitischer Entscheidungen<br />
in ihrem Betrieb zurückgewiesen wurde. Die Vorstellung<br />
altersbedingter Defizite wurde in der Regel<br />
zurückgewiesen. Jedoch: „Aus der Tatsache, dass die<br />
meisten Personalverantwortlichen ein positives Bild<br />
von älteren Arbeitnehmern haben <strong>und</strong> von guten Erfahrungen<br />
im Betrieb sprechen, <strong>und</strong> dass sie vor allem die<br />
für den Betrieb wichtigen Tätigkeitsbereiche <strong>und</strong> Funktionen<br />
mit älteren Mitarbeitern besetzt haben wollen,<br />
folgen nicht automatisch gute Beschäftigungschancen<br />
für ältere externe Bewerber oder Arbeitslose.“ (502)<br />
Als Facetten des Ursachenbündels, das zu geringeren<br />
Arbeitsmarktchancen Älterer beiträgt, weist die<br />
IAB-Untersuchung auf folgende Punkte besonders hin<br />
(502f):<br />
⊲ Die Leistungsfähigkeit Älterer wird bei der Besetzung<br />
körperlich <strong>und</strong> nervlich belastender Tätigkeiten<br />
kritisch gesehen <strong>und</strong> behandelt.<br />
⊲ Insbesondere an die Dauer der Arbeitslosigkeit geknüpfte<br />
Defizitvorstellungen sind ausgeprägt vorhanden.<br />
34 Diese Überlegung ist für die Gestaltung von Programmen zur Förderung der Einstellungschancen Älterer nicht unwichtig, da diese bislang<br />
meist auf einen monokausalen Erklärungsansatz aufsetzen: „Geht man andererseits von den Maßnahmen zur Bekämpfung der<br />
Arbeitslosigkeit Älterer aus, entsteht der Eindruck, dass in erster Linie auf neoklassische Konzepte, die bei der Kosten-Ertrags-Relation<br />
ansetzen, gesetzt wird. Dahinter steht die Hypothese eines Zusammenhangs von Alter <strong>und</strong> abnehmender Leistungsfähigkeit, wobei es<br />
für den Einsatz der Maßnahmen relativ irrelevant ist, ob dieser Zusammenhang tatsächlich gegeben ist oder ob er lediglich von den<br />
Personalverantwortlichen in den Betrieben . . . unterstellt wird.“ (Koller/Gruber 2001:482)<br />
35 Unsere Untersuchung konnte viele der hier ermittelten Bef<strong>und</strong>e bestätigen; siehe hierzu Teil B des vorliegenden Berichts.<br />
20 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
⊲ Für das an Älteren geschätzte Leistungsprofil (höhere<br />
Qualifikation, Verantwortungsbewusstsein, soziale<br />
Kompetenz), das insbesondere für leitende Tätigkeiten<br />
qualifiziert, sind nicht in hinreichendem Maße<br />
Stellen in den Betrieben verfügbar.<br />
⊲ Viele Betriebe orientieren sich noch an der Vorstellung<br />
einer „normalen“ Personalpolitik, die eine<br />
„normale“ Altersstruktur erhalten soll: ein Älterer<br />
scheidet aus, dafür „rückt“ ein Jüngerer „nach“. Eine<br />
Umstellung, die auf den demographischen <strong>Wandel</strong><br />
Bezug nimmt, hat hier noch nicht eingesetzt. 36<br />
⊲ Die Amortisation der Einarbeitungskosten (Qualifizierungskosten,<br />
anfangs noch keine volle Leistung)<br />
erfordert aus betrieblicher Sicht eine Mindestbeschäftigungsdauer.<br />
⊲ Auch Gehaltsstufe <strong>und</strong> Sozialklauseln werden z.T.<br />
als Hemmnis <strong>und</strong> Einschränkung der betrieblichen<br />
Handlungsfreiheit eingestuft.<br />
Kündigungsschutz <strong>und</strong> ältere Arbeitnehmer<br />
„Beim Kündigungsschutz ist zu unterscheiden zwischen tarifvertraglichen<br />
<strong>und</strong> gesetzlichen Regelungen (die zudem<br />
den Gerichten einen großen Auslegungsspielraum eröffnen).<br />
Nach dem Kündigungsschutzgesetz haben neueingestellte<br />
Ältere gegenüber Jüngeren kaum einen vorrangigen<br />
Kündigungsschutz. Als Kriterien dafür, dass eine Kündigung<br />
nicht als rechtswirksam, weil sozial ungerechtfertigt<br />
(§ 1 Kündigungsschutzgesetz) eingestuft wird, werden<br />
in der Rechtsprechung Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten<br />
<strong>und</strong> Alter herangezogen (...). Lediglich in Ausnahmefällen<br />
könnte das Alter bereits bei kurzer Betriebszugehörigkeit<br />
den Ausschlag bei der Sozialauswahl geben. Weiterhin<br />
ist zu bedenken, dass Betriebe (seit 1996) bei Kündigungen<br />
unverzichtbare (jüngere) Mitarbeiter von vornherein<br />
aus der Sozialauswahl herausnehmen können. Schließlich<br />
sei noch angemerkt, dass die Kündigungsschutzbestimmungen<br />
für Betriebe bis zu 10 Beschäftigten gar nicht zur<br />
Anwendung kommen. Der gesetzliche Kündigungsschutz<br />
betrifft also in erster Linie ältere langjährig Beschäftigte <strong>und</strong><br />
nicht Neueingestellte. Es gibt jedoch im Geltungsbereich einiger<br />
Tarifverträge Regelungen, durch die Ältere (in der Regel<br />
ab 50 Jahren) bereits bei relativ kurzer Beschäftigungszeit<br />
vor Kündigung geschützt sind.“<br />
Quelle: Koller/Gruber 2001:498<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ergeben sich interessante Hinweise<br />
auf die Chancen der Wirksamkeit von Förderprogrammen,<br />
die eindimensional auf eine Entgeltsubventionierung<br />
bei Neueinstellung Älterer ausgerichtet sind.<br />
Die genannten Faktoren lassen sich – insbesondere, wo<br />
vermutete Defizite Älterer doch eine Rolle spielen – mit<br />
niedrigeren Beschäftigungskosten nicht kompensieren.<br />
Geringere Lohnkosten für den Betriebe bedeuten daher<br />
nicht automatisch höhere Einstellungschancen für Ältere.<br />
Zu Einstellungszuschüssen nehmen die Betriebe daher<br />
in der Regel eine indifferente Haltung ein: vielleicht<br />
als Anreiz für andere Betriebe denkbar, aber für den eigenen<br />
Betrieb nicht interessant; hier käme es primär auf<br />
die Qualifikation des Bewerbers an (501).<br />
Die Autorinnen der IAB-Untersuchung kommen daher<br />
zu einer eher pessimistischen Einschätzung entsprechender<br />
Förderprogramme: „Eine gr<strong>und</strong>sätzliche Wende<br />
in den Eingliederungschancen von Älteren ist durch<br />
verstärkte Förderung (sofern sie finanzierbar ist) allerdings<br />
nicht zu erwarten: Vermutete Defizite von Älteren,<br />
die durch Lohnkostenzuschüsse ausgeglichen werden<br />
könnten, spielen in der Argumentation der Personalverantwortlichen<br />
keine vorherrschende Rolle.“ (503)<br />
Resümierend lässt sich also festhalten, dass die Betriebe<br />
in ihrer Mehrzahl durchaus für die Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer gute Gründe wissen <strong>und</strong> im Regelfall<br />
auch von gängigen Vorurteilen nach dem Muster von<br />
Defizithypothesen frei sind. Gleichwohl zeigt sich in jedem<br />
betrieblichen Einzelfall, dass spezielle Hemmnisse<br />
für die Beschäftigung Älterer im Spiel sind, die so gewichtig<br />
scheinen, dass selbst staatliche Fördermaßnahmen<br />
in ihrer heutigen Ausrichtung nur bedingt zu ihrer<br />
Überwindung beitragen.<br />
7.2 Ziele <strong>und</strong> Funktion einer regionalen<br />
qualitativen Untersuchung<br />
Es liegt in der Natur quantitativer Befragungen, dass<br />
sie einen sehr globalen Ansatz verfolgen <strong>und</strong> die Fragestellungen<br />
deshalb sehr allgemein ausfallen. Auf dieser<br />
Gr<strong>und</strong>lage liefern sie oft wichtige Strukturdaten.<br />
Ein weiteres Einsatzfeld quantitativer Untersuchungen<br />
ist die statistische Verifizierung von Hypothesen, wie<br />
sie sich beispielsweise als Resultat qualitativer Studien<br />
ergeben können. Umgekehrt können sich als Ergebnis<br />
quantitativer Untersuchungen Problemfelder abzeichnen,<br />
denen in vertiefenden qualitativen Studien nachzugehen<br />
ist.<br />
Geht es daher darum, betriebliche Entwicklungen<br />
<strong>und</strong> Standpunkte als Material für handlungsleitende<br />
Schlussfolgerungen für die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsstrategie<br />
zu analysieren, kommt man an qualitativen<br />
Untersuchungsansätzen nicht vorbei. 37 Bei einer<br />
36<br />
Zur Problematik betrieblicher Altersstrukturen vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s siehe auch Buck/Kistler/Mendius<br />
2002:49–58, sowie Köchling 2000:35f.<br />
Vergleichende Daten zum Altersaufbau in verschiedenen Branchen finden sich in George/Struck 2000:31–34.<br />
37<br />
Zur Verdeutlichung der Problematik ein Beispiel: Ob Ältere im Urteil der Personalverantwortlichen brauchbar sind, ist die eine Seite, ob<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 21
komplexen Problematik wie der der Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer besteht darüber hinaus die Gefahr,<br />
dass Fragestellungen, soweit sie sich auf pauschale Urteile<br />
über Ältere beziehen, diese Stereotypen in den vorgegebenen<br />
Antwortmöglichkeiten zumindest teilweise<br />
ungewollt reproduzieren müssen.<br />
Mit der detaillierten qualitativen Untersuchung von<br />
Koller/Gruber ist daher ein wichtiger Schritt gemacht<br />
worden, die betriebliche Stellung zur Beschäftigung<br />
<strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer aufzuklären.<br />
7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
Koller/Gruber beziehen ihre Resultate allerdings primär<br />
auf die vorhandenen arbeitsmarkttheoretischen Erklärungsansätze.<br />
Die vorliegende Untersuchung im RMQ<br />
zielt dagegen darauf, unter Berücksichtigung regionaler<br />
<strong>und</strong> lokaler Besonderheiten zu Schlussfolgerungen<br />
zu kommen, die Empfehlungen für regionale betriebliche<br />
<strong>und</strong> staatliche Strategien begründen können<br />
<strong>und</strong> in Richtung einer praktischen Umsetzung der<br />
Untersuchungsergebnisse in neue Förderschwerpunkte,<br />
-strukturen <strong>und</strong> -programme zielen.<br />
sich Ältere für diesen Arbeitsplatz in einem speziellen Betrieb eignen, ist die andere Seite der Medaille. So kann durchaus der Fall vorliegen,<br />
dass die Personalabteilung die Qualifikation eines Älteren hoch einschätzt, sie aber für die zu besetzende Stelle als ungeeignet<br />
einstuft. Es ist also streng zu scheiden, ob die Beurteilung sich auf die Qualität des Älteren als solchen oder auf seine Eignung für einen<br />
besonderen Arbeitsplatz bezieht.<br />
Diese Ambivalenz macht deutlich, warum quantitative Forschungsansätze nicht an die Lösung der offenen Fragen heranreichen. Auch<br />
bei noch so umfangreichen Betriebspanels ist die eindimensionale Festlegung der Befragten in einem Ja-Nein-Schema unbefriedigend,<br />
wie aus dem oben erörterten Fallbeispiel deutlich wird. Die Frage, ob ein älterer Mitarbeiter für den besonderen betrieblichen Arbeitsplatz<br />
geeignet ist oder nicht, fällt eben nicht mit einer Beurteilung der Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer überhaupt zusammen.<br />
22 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
8 Ziele, Methoden, Instrumente<br />
Teil B: Ergebnisse der Betriebsbefragung<br />
8 Ziele, Methoden, Instrumente<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
<strong>und</strong> der besonderen Situation älterer Arbeitnehmer im<br />
Betrieb <strong>und</strong> am Arbeitsmarkt verfolgt diese regionale<br />
Untersuchung primär die folgenden Fragestellungen:<br />
Welche Rolle spielen ältere Arbeitnehmer in der betrieblichen<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik? Welche<br />
speziellen Qualifizierungsbedarfe für ältere Arbeitnehmer<br />
bestehen in den Betrieben? Wie stehen die Unternehmen<br />
der Region zur Neueinstellung Älterer?<br />
Diese Fragestellungen werden auch unter dem übergeordneten<br />
Gesichtspunkt verfolgt, inwieweit sich die<br />
regionalen Unternehmen bereits auf die neuen Erfordernisse<br />
durch eine Umstellung auf eine alterngerechte<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik einzustellen beginnen,<br />
<strong>und</strong> welche Unterstützungsbedarfe sie hierbei<br />
sehen. Denn öffentliche Fördermaßnahmen für die<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer,<br />
die seit mehreren Jahren intensiv verfolgt werden,<br />
treffen bislang auf eine hinter den Erwartungen<br />
zurückbleibende Resonanz. Die Akzeptanz flankierender<br />
politischer Förderstrategien für Qualifizierung <strong>und</strong><br />
Beschäftigung insbesondere Älterer trifft offenk<strong>und</strong>ig<br />
im betrieblichen Einzelfall häufig auf Barrieren. Diese<br />
gilt es zu ermitteln, um Schlussfolgerungen <strong>und</strong><br />
Empfehlungen abzuleiten, <strong>und</strong> zwar für die betriebliche<br />
Qualifizierungs- <strong>und</strong> Personalpolitik ebenso wie für die<br />
Akzentuierung öffentlicher Förderprogramme.<br />
Methodisches Vorgehen<br />
Die Befragung erfolgt im Rahmen des Regionalen<br />
Monitoring-Systems Qualifikationsentwicklung<br />
(RMQ). Im Zentrum seines methodischen Ansatzes<br />
steht ein unter qualitativen Gesichtspunkten zusammengestelltes<br />
Panel von Betrieben, die regelmäßig zu neuen<br />
Trends der Innovationsentwicklung <strong>und</strong> davon angestoßenen<br />
neuen Qualifikationsanforderungen befragt werden<br />
sollen. Dieses Panel kann parallel auch zu Erhebungen<br />
genutzt werden, die aktuell für die regionalen Akteure<br />
wichtige Fragestellungen von branchenübergreifendem<br />
Charakter zum Gegenstand haben. 38<br />
Als qualitatives Untersuchungsinstrument basiert die<br />
38 Z.B.: Befragung zum Thema „JobRotation“ in 2001, „Ältere Arbeitnehmer“ in 2002.<br />
39 S. hierzu die Kurzdarstellung des RMQ im Internet, www.equib.de.<br />
40 Beschreibung der Zusammensetzung des Panels auf Seite 6.<br />
41 Gesprächsleitfaden <strong>und</strong> Mind-Maps sind im Anhang wiedergegeben.<br />
empirische Datenerhebung somit vorwiegend auf Experteninterviews<br />
mit betrieblichen Verantwortungsträgern<br />
für Qualifizierung bzw. Personalverantwortlichen.<br />
Die Betriebsauswahl folgt dem Ansatz des „theoretischen<br />
Sampling“ <strong>und</strong> strebt dabei – unterstützt durch<br />
Hinweise <strong>und</strong> Vorschläge aus regionalen Expertenkreisen<br />
(„begleitender Experten-Pool“) – eine größtmögliche<br />
Repräsentanz der gezielt vorgenommenen Auswahl<br />
der Teilnehmerbetriebe an. 39 Die Auswertung der Interviews<br />
wurde mit MaxQDA, einem Tool zur qualtitativen<br />
Datenanalyse, unterstützt.<br />
Die Befragung des eingangs dargelegten Betriebspanels<br />
von 100 Unternehmen 40 ist somit nicht auf eine quantitative<br />
statistische Analyse ausgelegt. Dergleichen fällt<br />
nicht in die Absicht dieser Studie <strong>und</strong> ist auch vom Umfang<br />
des Panels her nicht möglich.<br />
Kombinierter Gesprächsleitfaden<br />
Die Befragung der betrieblichen Experten erfolgte anhand<br />
eines Leitfadens, der in einer bereits in den bisherigen<br />
Befragungsr<strong>und</strong>en des RMQ praktisch bewährten<br />
Form offene Fragestellungen mit Mind-Maps kombiniert,<br />
die den konzeptionellen Rahmen der Befragung<br />
abbilden. Diese Form unterstützt die erforderliche Freiheit<br />
der Gesprächsführung mit einem theoretisch f<strong>und</strong>ierten<br />
Strukturierungsangebot, <strong>und</strong> sichert damit die<br />
gr<strong>und</strong>legende Vergleichbarkeit der durch betriebsindividuelle<br />
Besonderheiten geprägten Interviews ab. 41<br />
Die Konstruktion des Fragebogens erfolgte unter dem<br />
Gesichtspunkt, die vielfältigen betrieblichen Positionen<br />
<strong>und</strong> Bedarfe im Hinblick auf die Beschäftigung Älterer<br />
sowie die politischen Fördermaßnahmen zu eruieren,<br />
um arbeitsmarktpolitische Konsequenzen zu diskutieren<br />
<strong>und</strong> eine verbesserte Feinabstimmung zwischen<br />
Unternehmungen <strong>und</strong> öffentlicher Förderstrategie anzuregen.<br />
Zur Abstimmung mit den regionalen Akteuren<br />
wurde der Leitfadenentwurf vor der Versendung an die<br />
betrieblichen Ansprechpartner ca. 40 Mitgliedern des<br />
begleitenden Experten-Pools zur Stellungnahme vorgelegt,<br />
woraus sich weitere Differenzierungen der einzelnen<br />
Aspekte <strong>und</strong> Ergänzungen der Mind-Maps ergaben.<br />
Entsprechend dem oben dargestellten Forschungsinteresse<br />
stellt der Leitfaden die kurz- <strong>und</strong> mittelfristigen<br />
Aspekte des demographischen <strong>Wandel</strong>s (Neueinstellung<br />
älterer Arbeitnehmer / Qualifizierung älterer<br />
Arbeitnehmer in den Betrieben) in den Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Die im Befragungsansatz angelegte Offenheit der Ge-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 23
sprächsführung erlaubt aber zugleich, den erforderlichen<br />
gr<strong>und</strong>legenden <strong>Wandel</strong> der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
in den Unternehmen anzusprechen <strong>und</strong><br />
so Hinweise zum Stand praktischer Umsetzungsschritte<br />
auf diesem Feld zu gewinnen.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage wurden den Gesprächspartnern<br />
drei Themenbereiche zur offenen Beantwortung vorgelegt:<br />
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />
• Themenbereich 1: Die Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />
für den Betrieb <strong>und</strong> seine Branche,<br />
„Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik“ bezogen<br />
auf ältere Arbeitnehmer. (Kapitel 10)<br />
Das Themenfeld untergliedert sich in drei Dimensionen<br />
(vgl. Mind-Map). Erstens: Welche<br />
Rolle spielt das Alter im Rahmen der betrieblichen<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik? Findet<br />
das Kriterium Alter darin besondere Berücksichtigung?<br />
Zweitens: Gibt es betriebliche Spezifika<br />
beim Einsatz älterer Mitarbeiter, differenziert<br />
nach Funktionen oder Abteilungen des Unternehmens?<br />
Drittens: Welche Faktoren beeinflussen<br />
nach Meinung der Gesprächspartner den Einsatz<br />
älterer Arbeitnehmer (Leistungsfähigkeit, Qualifikation,<br />
Gehaltsstufe, Sozialgesetze etc.)?<br />
• Themenbereich Frage 2: Spezifische Qualifizierungsbedarfe<br />
<strong>und</strong> Formen der Qualifizierung für<br />
ältere AN. (Kapitel 11)<br />
Auch dieser Komplex umfasst drei Dimensionen.<br />
Erstens: Welche besonderen Qualifizierungsinhalte<br />
sind notwendig? Zweitens: Gibt es spezifische<br />
Qualifizierungsformen, die sich für ältere<br />
Mitarbeiter im Unterschied zur übrigen Belegschaft<br />
empfehlen? Drittens: Sehen die Personalverantwortlichen<br />
einen Unterstützungsbedarf bei<br />
der Qualifizierung durch externe Anbieter von<br />
Weiterbildung <strong>und</strong> durch politische Fördermaßnahmen?<br />
• Themenbereich 3: Möglichkeiten <strong>und</strong> Bedingungen<br />
der Neueinstellung von älteren AN. (Kapitel<br />
12)<br />
Hier stehen drei Aspekte im Vordergr<strong>und</strong>. Erstens:<br />
In welchem Umfang sind Neueinstellungen<br />
geplant <strong>und</strong> wie werden ältere Arbeitnehmer<br />
dabei berücksichtigt? Zweitens: Sind dem<br />
Unternehmen die öffentlichen Förderprogramme<br />
für die Beschäftigung Älterer bekannt, werden<br />
sie genutzt <strong>und</strong> wie werden sie beurteilt? Drittens:<br />
Welche besonderen Voraussetzungen müssen<br />
erfüllt sein, damit Unternehmen vermehrt ältere<br />
Arbeitnehmer beschäftigen (Qualifizierung,<br />
Entgeltregeln, Zeitarbeitsformen etc.)?<br />
Diese drei Themenbereiche wurden auf Basis der diese<br />
Untersuchung vorbereitenden Arbeiten nicht noch einmal<br />
systematisch nach einer potenziell unterschiedlichen<br />
Geschlechterbetroffenheit differenziert. Denn weder<br />
aus der herangezogenen Literatur, noch aus den<br />
vorliegenden aktuellen qualitativen <strong>und</strong> quantitativen<br />
empirischen Untersuchungen, aus den Stellungnahmen<br />
der politisch Verantwortlichen oder aus dem Meinungsbild<br />
des regionalen begleitenden Experten-Pools ergaben<br />
sich Hinweise auf die Notwendigkeit eines solchen<br />
Vorgehens.<br />
Gleichwohl wurde in den Mind-Maps, die den Gesprächsleitfaden<br />
flankierten, eine mögliche Geschlechterspezifität<br />
mit aufgenommen (s. Anhang, S. 52). In<br />
keinem der in den Betrieben geführten Interviews ergaben<br />
sich jedoch in Bezug auf den Problemkreis „Ältere<br />
Arbeitnehmer/<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong>“ Anhaltspunkte<br />
für eine geschlechtsspezifische Ausprägung der<br />
betrieblichen Strukturen <strong>und</strong> Handlungsstrategien. Im<br />
Rahmen dieser Untersuchung wird daher von einer weitestgehend<br />
gleichen Betroffenheit älterer Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> älterer Mitarbeiter in Bezug auf die hier untersuchten<br />
Fragestellungen ausgegangen. 42<br />
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung<br />
älterer Arbeitnehmer in den Betrieben<br />
des Panels<br />
Dem qualitativen, auf offene Fragestellungen aufbauenden<br />
Teil des Experteninterviews war eine kurze Liste<br />
von „Ankreuzfragen“ vorgeschaltet. Es ging hier um die<br />
Ermittlung des Anteils der älteren Arbeitnehmer im befragten<br />
Betrieb, die zukünftige Entwicklung dieses Anteils<br />
<strong>und</strong> um eine allgemeine Einschätzung der Bedeutung<br />
Älterer für den Betrieb: wie schätzt der Gesprächspartner<br />
Arbeitnehmer als Potenzial sowie deren Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Qualifikationsniveau im Vergleich<br />
zur übrigen Belegschaft ein?<br />
Diese Fragestellungen folgen in ihrer Form zwar Mustern,<br />
wie sie in quantitativen Befragungen üblich sind.<br />
42 Auch daher erschien es vertretbar, zur Vereinfachung der Lesbarkeit in der Regel auf die ausdrückliche Ausschreibung der männlichen<br />
<strong>und</strong> weiblichen Bezeichnung zu verzichten <strong>und</strong> stattdessen Formen wie „Mitarbeitern“, „ältere Arbeitnehmer“ usw. zu verwenden, die<br />
geschlechtsneutral verstanden werden sollen.<br />
24 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />
Ihre Aufnahme in den Gesprächsleitfaden zielte jedoch<br />
darauf, eine allgemeine Einordnung der betrieblichen<br />
Urteile vor dem Hintergr<strong>und</strong> der in der wissenschaftlichen<br />
Diskussion <strong>und</strong> empirischen Forschung bekannten<br />
betrieblichen Positionen zu diesen Themenkomplexen<br />
vornehmen zu können. Ergeben sich dabei deutlich abweichende<br />
Positionen der im Panel enthaltenen Unternehmen,<br />
werden diese in der Auswertung berücksichtigt.<br />
Ursprünglich sollten die betrieblichen Antworten konkret<br />
in Bezug zum Antwortverhalten der Betriebe<br />
in der bereits vorgestellten Repräsentativerhebung des<br />
Referenz-Betriebs-Systems (RBS) des BIBB 43 gesetzt<br />
werden. Daher sollten sich auch die Frageformulierungen<br />
eng an die im RBS gewählten anlehnen. In der Diskussion<br />
des Gesprächsleitfadens mit Mitgliedern des<br />
begleitenden Experten-Pools während der Vorbereitung<br />
der Befragung wurden die Fragestellungen in der im<br />
RBS gewählten Form jedoch hinterfragt <strong>und</strong> eine neutralere,<br />
weniger auf Stereotype Bezug nehmende Fragestellung<br />
angeregt. Im endgültigen Gesprächsleitfaden<br />
wurden diese Bedenken berücksichtigt. 44<br />
Entsprechend der Intention, die Antworten primär zur<br />
Beschreibung des Panels zu nutzen, bleibt die folgende<br />
Darstellung rein deskriptiv; ein Schluss auf die Einstellungen<br />
in der Gesamtheit der regionalen Betriebe<br />
ist weder möglich noch gewollt. Aus dem gleichen<br />
Gr<strong>und</strong> unterbleibt auch eine weitere Differenzierung<br />
nach Wirtschaftszweigen, Betriebstyp oder Ort der Betriebsniederlassung.<br />
45<br />
Anteil älterer Arbeitnehmer (50+) an den Belegschaften<br />
Die Betriebe wurden gebeten, die ungefähre Gesamtzahl<br />
der Beschäftigten am Standort sowie die Anzahl<br />
der beschäftigten älteren Arbeitnehmer anzugeben.<br />
Hierbei wurde als Definition der älteren Arbeitnehmer<br />
in Anlehnung an die Förderprogramme „50 plus“ eine<br />
Altersgrenze von 50 Jahren vorgegeben. Die Gesprächspartner<br />
formulierten in der Regel keine Bedenken<br />
46 , von dieser Grenze als Arbeitsdefinition für das<br />
gesamte Interview auszugehen.<br />
Im Folgenden wird auf Angabe der absoluten Summen<br />
sowie der Minimal- <strong>und</strong> Maximalwerte aus Gründen<br />
der Anonymisierung der Daten verzichtet. Dies er-<br />
folgt unabhängig davon, ob die angegebenen Zahlen tatsächlich<br />
einen Rückschluss auf Teilnahme bestimmter<br />
Betriebe erlauben würden oder nicht. Stattdessen beschränkt<br />
sich die Darstellung auf die Angabe des prozentualen<br />
Anteils Älterer an der Summe der Beschäftigten<br />
im jeweiligen Wirtschaftszweig. Erneut sei darauf<br />
hingewiesen, dass hier keine Aussagen über die Altersstruktur<br />
der jeweiligen Branchen in der Region abgeleitet<br />
werden können, sondern lediglich eine Beschreibung<br />
des befragten Panels intendiert ist.<br />
Anteil älterer AN ∗ (%)<br />
alle Panelbetriebe 13.1<br />
nach Wirtschaftszweigen:<br />
Metall- <strong>und</strong> Elektro 7.9<br />
Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittel 20.5<br />
Handel 19.0<br />
TUL/Logistik 23.0<br />
Call Center/Medien-DL 4.0<br />
nach Betriebstyp:<br />
Industrie/Dienstleister 12.6<br />
Handwerk 19.4<br />
∗ Anteil der Summe der Beschäftigten über 50 an der Summe der insge-<br />
samt Beschäftigten in der jeweiligen Gruppe der Panelbetriebe.<br />
Angaben aus 99 Betrieben; 1 Betrieb: keine Antwort.<br />
Von der Summe der mit dem befragten Panel erfassten<br />
Beschäftigten gehören 13 Prozent der Gruppe der älteren<br />
Arbeitnehmer an.<br />
Dabei finden sich in den von uns befragten Handwerksbetrieben<br />
in der Regel prozentual mehr ältere Beschäftigte<br />
als in Industrie- <strong>und</strong> Dienstleistungsbetrieben.<br />
In den befragten Betrieben des Metall- <strong>und</strong> Elektrobereichs<br />
liegt der Anteil der älteren Arbeitnehmer mit 8<br />
Prozent deutlich geringer als in den übrigen einbezogenen<br />
großen Branchen.<br />
Die Charakterisierung der Call Center- sowie Medienbranche<br />
als „junge Branchen“ mit unterdurchschnittlicher<br />
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer spiegelt sich<br />
erwartungsgemäß auch im Panel wieder.<br />
Seitens der absoluten Anzahl Älterer sei hier nur ergänzend<br />
darauf hingewiesen, dass sich in allen Branchen<br />
Betriebe finden, die keine oder nur geringfügig (weniger<br />
als 3, in Handel <strong>und</strong> Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelbranche)<br />
ältere Arbeitnehmer beschäftigen.<br />
43 Vgl. Kurze Darstellung des RBS <strong>und</strong> der Untersuchung zu älteren Arbeitnehmern in Kapitel 7.1.1.<br />
44 Der beabsichtigte unmittelbare Vergleich mit den Ergebnissen der RBS-Erhebung des BIBB ist daher nicht mehr möglich.<br />
45 Soweit branchenspezifische Unterschiede einen wichtigen Aspekt zur Darstellung beitragen können, werden sie im Rahmen der unten<br />
folgenden Darstellung des qualitativen Gesprächsteils (offene Fragestellungen) berücksichtigt.<br />
46 In der Regel variiert die Definition des „älteren Arbeitnehmers“ in Abhängigkeit von Betriebs- <strong>und</strong> Branchenspezifika. Vom Alter des<br />
Befragten ist sie dagegen offenbar weitgehend nicht abhängig. (Koller/Gruber 2001)<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 25
Entwicklung der Altersstruktur<br />
Anzahl Betriebe<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
22<br />
44<br />
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />
geringer gleich höher keine Antwort<br />
Zukünftiger Anteil älterer AN an den Beschäftigten<br />
Eine Mehrheit der Betriebe (44) geht davon aus, dass<br />
sich in absehbarer Zeit die Altersstruktur der Belegschaft<br />
nicht wesentlich verändern wird. Von den übrigen<br />
Betrieben rechnen mehr mit einer Zunahme des<br />
Anteils Älterer (33) als mit einer Verjüngung der Belegschaft<br />
(22).<br />
Das Antwortverhalten der Panelbetriebe unterscheidet<br />
sich somit in diesem Punkt von den Ergebnissen der<br />
Befragung im Rahmen des BIBB-Referenz-Betriebs-<br />
Systems 47 von 1999. Hier überwogen die Betriebe, die<br />
von einem weiteren relativen Abbau des Anteils älterer<br />
Arbeitnehmer ausgingen.<br />
Zur Erklärung der Differenz kann herangezogen werden:<br />
⊲ Der zeitliche Abstand: die BIBB-Befragung erfolgte<br />
vor dem vom Bündnis für Arbeit ausgerufenen<br />
„Paradigmenwechsel“ zu einem Zeitpunkt, als eine<br />
Verjüngung der Belegschaft noch auf eine politische<br />
Landschaft stieß, die diese förderte. Seitdem hat sich<br />
auch in den Betrieben die Sichtweise bereits verändert.<br />
⊲ Das regionale Panel des RMQ ist unter den Gesichtspunkten<br />
der Repräsentanz <strong>und</strong> des qualitativen<br />
Beitrags zu den Befragungszielen zusammengestellt<br />
<strong>und</strong> daher mehr von Trendsetter-Betrieben<br />
bestimmt als das nach den Gütekriterien der quantitativen<br />
Forschung unter dem Gesichtspunkt der Repräsentativität<br />
ausgewählte BIBB-Panel. Diese Betriebe<br />
sind vermutlich auch in ihrer Auseinandersetzung<br />
mit den Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
weiter fortgeschritten.<br />
33<br />
1<br />
Bedeutung älterer Arbeitnehmer als Potenzial<br />
Anzahl Betriebe<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
12<br />
25<br />
51<br />
unwichtig wenig wichtig wichtig sehr wichtig keine Antwort<br />
Ältere AN als Potenzial<br />
Eine deutliche Mehrheit der Betriebe (61 von 100) beantwortet<br />
die Frage nach der Bedeutung älterer Arbeitnehmer<br />
als Potenzial mit „wichtig“ oder „sehr wichtig“.<br />
Diese Frage wurde in der Regel ohne Zögern beantwortet;<br />
das Bedürfnis, die getroffene Einschätzung zu erläutern<br />
oder zu relativieren, hatten im Unterschied zu<br />
den folgenden Fragestellungen nur wenige Gesprächspartner.<br />
Die „Negativantworten“ sollten darüber jedoch nicht<br />
übersehen werden. Wenn ein Viertel der Betriebe in Älteren<br />
nur wenig <strong>und</strong> 12 Prozent im Gr<strong>und</strong>e gar kein<br />
nutzbares Potenzial sehen, ist dies vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Auswirkungen, die der demographische <strong>Wandel</strong> mit<br />
sich bringen wird, bemerkenswert. Ein relevanter Teil<br />
der Betriebe wird demnach von den Vorteilen einer<br />
Personalpolitik, die sich auch das Potenzial Älterer erschließt,<br />
noch zu überzeugen sein. 48<br />
Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer<br />
Anzahl Betriebe<br />
70<br />
65<br />
60<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
geringer gleich höher keine Antwort<br />
Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer AN<br />
47 S. Seite 17.<br />
48 Auf die in der Regel branchenspezifischen Hintergründe der „Negativantworten“ wird im Zuge der Auswertung des qualitativen Inter-<br />
viewanteils eingegangen.<br />
26 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong><br />
22<br />
63<br />
9<br />
10<br />
6<br />
2
9 Beschäftigung <strong>und</strong> Einschätzung älterer Arbeitnehmer in den Betrieben des Panels<br />
Die Mehrzahl der Befragten (63 von 100) sieht im<br />
Durchschnitt keine Unterschiede der Leistungsfähigkeit<br />
oder Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer im Vergleich<br />
zur übrigen Belegschaft. Eine Minderheit (9 von 100)<br />
gibt – meist unter Hinweis auf Arbeitstugenden (insb.<br />
Loyalität, Übernahme von Verantwortung für den Betrieb,<br />
Sorgfalt <strong>und</strong> Ausdauer usw.) eine höhere Belastbarkeit<br />
an. Für ein knappes Viertel (22 von 100) stellt<br />
sich die Belastbarkeit Älterer als im Vergleich zur übrigen<br />
Belegschaft vermindert dar.<br />
Immerhin 6 der befragten Experten haben die Frage in<br />
der gestellten Form nicht beantworten können oder wollen.<br />
Begründet wurde dies mit der Schwierigkeit, hier<br />
generalisierende Aussagen zu machen. Aber auch diejenigen,<br />
die die Frage beantwortet haben, haben zumeist<br />
länger gezögert, auf die Schwierigkeit einer pauschalen<br />
Antwort hingewiesen oder ergänzende Erläuterungen<br />
für unverzichtbar gehalten <strong>und</strong> so ihre Zuordnungsentscheidung<br />
teilweise relativiert.<br />
Qualifikationsniveau älterer Arbeitnehmer<br />
Eine knappe Mehrheit der Befragten sieht im allgemeinen<br />
keine Unterschiede des Qualifikationsniveaus zwischen<br />
älteren <strong>und</strong> den übrigen Beschäftigten. In ca. jedem<br />
vierten Fall (28 von 100 Betrieben) wird von einem<br />
höheren Qualifikationsniveau ausgegangen, meist<br />
mit Hinweis auf eine überproportionale Beschäftigung<br />
Älterer in Leitungsfunktionen.<br />
Auch hier stellte sich heraus, dass die Beantwortung oft<br />
„nur mit Bauchschmerzen", also nicht ohne ergänzende<br />
Erläuterung möglich war.<br />
Anzahl Betriebe<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
12<br />
52<br />
geringer gleich höher keine Antwort<br />
Qualifikationsniveau älterer AN<br />
Acht der befragten Experten konnten bzw. wollten die<br />
Frage überhaupt nicht beantworten, da der unterstellte<br />
Zusammenhang zwischen Alter <strong>und</strong> Qualifikation nicht<br />
vorliege. Auch viele derjenigen, die sich insbesondere<br />
für die Antwortalternative des gleichen Qualifikationsniveaus<br />
entschieden haben, begriffen diese Einschätzung<br />
als Resultat von Abwägungen, die eine Differen-<br />
28<br />
8<br />
zierung der Qualifikationen (z.B. Know-how <strong>und</strong> Erfahrungswissen<br />
hier, aktuelles IT-Wissen dort) voraussetzt.<br />
In der Regel war damit zugleich ein Einstiegspunkt in<br />
die Diskussion der offenen Fragestellungen gef<strong>und</strong>en.<br />
Zur Problematik quantitativer Erhebungen zum<br />
Thema „ältere Arbeitnehmer“<br />
Es bietet sich an, an dieser Stelle in Form eines kurzen<br />
methodischen Exkurses auf die Frage einzugehen, welche<br />
Schlussfolgerungen aus dem Antwortverhalten der<br />
Gesprächspartner für die Gestaltung von Untersuchungen<br />
zum Thema „ältere Arbeitnehmer“ (<strong>und</strong> ähnlich gelagerter<br />
Fragestellungen) zu ziehen sind.<br />
Nicht nur die hohe Anzahl von „Antwortverweigerern“,<br />
die die inhaltliche Ausrichtung der „Ankreuzfragen“<br />
z.T. als „irrelevant“ oder „in die Irre führend“ bezeichneten,<br />
gibt zu denken. Auch das regelmäßig angetroffene<br />
Bedürfnis, die gewählte Antwortalternative zu begründen<br />
oder zu relativieren, zeigt, dass Fragestellungen<br />
dieser Art die Thematik <strong>und</strong> die betriebliche Realität<br />
der Beschäftigung Älterer nur eingeschränkt zu erfassen<br />
vermögen.<br />
Offenbar besteht in vielen Betrieben das Bedürfnis<br />
nach einer der Sache angemessenen Differenziertheit<br />
der Darstellung sowie eine hohe Sensibilität in Bezug<br />
auf pauschalisierende Wertungen der Beschäftigten.<br />
Den befragten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsverantwortlichen<br />
war es wichtiger, ihre Gründe, Kriterien<br />
<strong>und</strong> Überlegungen zum Thema vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
ihrer konkreten Lage im Betrieb auszuführen, als zu<br />
vorgegebenen Stereotypen Stellung zu nehmen. Gerade<br />
zu einem Thema wie dem hier behandelten, das<br />
nicht nur vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines äußerst komplexen<br />
sozio-ökonomischen Bedingungsgefüges gesehen werden<br />
muss, sondern insbesondere auch stark von Werthaltungen<br />
mit beeinflusst wird, bieten daher nach dem<br />
Muster quantitativer Befragungen angelegte Fragestellungen<br />
keinen angemessenen Zugang.<br />
So würden z.B. die „Antwortverweigerer“, die im Rahmen<br />
eines Expertengesprächs ihre Zurückweisung der<br />
Fragestellung argumentativ begründen konnten <strong>und</strong> damit<br />
einen positiven Beitrag zur Untersuchung leisteten,<br />
im Rahmen einer postalischen Repräsentativ-Erhebung<br />
nur als „fehlende Werte“ registriert werden <strong>und</strong> nicht<br />
selten im Auswertungsbild gar nicht mehr in Erscheinung<br />
treten. Aber auch die auswertbaren Antworten<br />
sind ihrer Begründungen <strong>und</strong> Relativierungen beraubt.<br />
Beispielsweise scheint die Auswahl einer positiven<br />
Antwortalternative auf das Statement „Ältere sind eine<br />
Belastung“ in einem gewissen Prozentsatz der Betriebe<br />
auf das Fortleben von Defizitzuweisungen in den Be-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 27
trieben hinzudeuten – <strong>und</strong> zum Teil wird dies auch so<br />
sein. Ohne eine Kenntnis der zugr<strong>und</strong>e liegenden Argumentation<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong> der konkreten betrieblichen<br />
Bedingungen dürfen aber Zweifel an der Aussagekraft<br />
entsprechender Schlussfolgerungen angemeldet<br />
werden.<br />
So bestätigen die während der Durchführung der Expertengespräche<br />
gemachten Erfahrungen die Richtigkeit<br />
der Entscheidung, die Frage der Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer im Rahmen des qualitativen Untersuchungsansatzes<br />
des Regionalen Monitoring-Systems<br />
zu untersuchen.<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
Der Wechsel zu einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik ist, wie in Teil A ausgeführt, einer<br />
der zentralen Säulen bei der Bewältigung der Folgen<br />
des demographischen <strong>Wandel</strong>s in der Arbeitswelt. Die<br />
Interviews konzentrierten sich daher auf die Frage, welche<br />
Rolle das Alter für die Betriebe bei Qualifizierungs<strong>und</strong><br />
Personalentscheidungen spielt: Ist das Alter der Beschäftigten<br />
hierbei ein wirksames Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungskriterium?<br />
Im Zuge der Erörterung, welche<br />
Faktoren für die Betriebe bei Einsatz <strong>und</strong> Qualifizierung<br />
der älteren Mitarbeiter von Bedeutung sind, ergeben<br />
sich zugleich Hinweise, ob <strong>und</strong> in welchem Umfang<br />
die Betriebe bereits beginnen, neue Konzepte einer<br />
generationsübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />
umzusetzen.<br />
10.1 Das Alter als Kriterium der Personal<strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik<br />
Die große Mehrzahl der befragten Unternehmen hält<br />
das Alter von Mitarbeitern wie Bewerbern nicht für ein<br />
Kriterium, das handlungsleitend ist. „Wir orientieren<br />
uns nicht am Alter, sondern an der Qualifikation <strong>und</strong><br />
an den Qualifikationserfordernissen im Einzelfall.“ So<br />
lässt sich die allgemeine Position der Betriebe zusammenfassen.<br />
Einige Personalverantwortliche haben bereits<br />
die Frage nach dem Alter als Kriterium ihrer Entscheidungen<br />
als „in die Irre führend“ oder „für ältere<br />
Mitarbeiter diskriminierend“ zurückgewiesen.<br />
Als Ziel ihrer Personalentscheidungen geben die Betriebsexperten<br />
in der Regel die Erhaltung einer „aus-<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
gewogenen Altersstruktur“ an. Was hierunter zu verstehen<br />
ist, ist nicht immer eindeutig bestimmt. Nicht<br />
selten wird z.B. eine Normalverteilung als Ideal der<br />
Belegschaftsstruktur beschrieben. Während junge <strong>und</strong><br />
alte Mitarbeiter in dieser „Glockenkurve“ die Minderheit<br />
stellen, stellt der Mittelbau das Gros. Bei der Erhaltung<br />
einer solchen Alterszusammensetzung sehen<br />
die Betriebsexperten dann zukünftig Probleme auf sich<br />
zukommen: wenn die Rekrutierung von Nachwuchs<br />
schwieriger wird, <strong>und</strong> daher Mitarbeiter länger als heute<br />
noch üblich im Betrieb verbleiben müssen, um den<br />
Fachkräftebedarf zu decken, verschiebt sich der Durchschnitt<br />
zu den älteren Jahrgängen, was in einigen Interviews<br />
als „drohende Überalterung“ der Belegschaft beschrieben<br />
wurde. 49 Daraus kann gefolgert werden, dass<br />
in der Beurteilung der Altersstruktur jugendzentrierte<br />
Sichtweisen oft noch nicht überw<strong>und</strong>en sind, denn als<br />
Überalterung erscheint die gealterte Belegschaft nur gemessen<br />
an ihrer derzeitigen Alterszusammensetzung.<br />
Das Unternehmensziel einer „ausgewogenen Altersstruktur“<br />
ist somit nicht automatisch der Auftakt für<br />
eine generationsübergreifende Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung;<br />
sie kann auch mit einem unveränderten<br />
Festhalten an einer herkömmlich ausgerichteten Rekrutierungspolitik<br />
einhergehen. „Altern tut die Belegschaft<br />
von alleine; wenn ich eine ausgewogene Struktur erhalten<br />
will, muss ich mich um die Integration von jungem<br />
Nachwuchs kümmern“ – so könnte man verkürzt <strong>und</strong><br />
zugespitzt eine in manchen Betrieben noch vorhandene<br />
Haltung charakterisieren.<br />
10.2 Betrieblicher Einsatz älterer Arbeitnehmer<br />
Im Panel der befragten Betriebe fanden sich solche mit<br />
außergewöhnlich hohem Anteil älterer Arbeitnehmer an<br />
der Belegschaft. Eine hohe Produktspezifität, bei der<br />
die Betriebe aus einem möglichst langen Verbleib der<br />
Know-how-Träger Nutzen ziehen, oder mit deutlichem<br />
Personalabbau verb<strong>und</strong>ene Umstrukturierungen, in deren<br />
Verlauf Kündigungsschutzvorschriften <strong>und</strong> die im<br />
Durchschnitt höhere Qualifikation der Älteren eine Rolle<br />
gespielt haben, bilden im konkreten Fall den Hintergr<strong>und</strong><br />
– um die Folge einer gezielt auf ältere Arbeitnehmer<br />
ausgerichteten Personalpolitik handelt es sich<br />
somit ausdrücklich nicht.<br />
Auf der anderen Seite finden sich im Panel auch Betriebe,<br />
die keine über 50-Jährigen beschäftigten. Die<br />
49 Zur Problematik der „Mittelbauchstruktur“ im Altersaufbau vieler Betriebe s. auch Köchling 2000:35f.<br />
28 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
hierfür angegebenen Gründe sind vielfältig. Neben Zufälligkeiten<br />
der Entwicklung der Personalstruktur (wäre<br />
man einen Monat eher zum Interview gekommen,<br />
hätte man noch 10 Prozent über 50-Jährige vorgef<strong>und</strong>en),<br />
handelt es sich z.T. um das Resultat einer Strategie<br />
zur gezielten Belegschaftsverjüngung, die teilweise<br />
rückblickend mit Fragezeichen versehen wird. Darüber<br />
hinaus spielen Branchenbesonderheiten (s.u.) eine Rolle.<br />
Gibt es Schwerpunkte des Einsatzes älterer Arbeitnehmer?<br />
In der Regel, so die große Mehrheit der Befragten, lassen<br />
sich in den Betrieben keine besonderen Schwerpunkte<br />
der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer benennen.<br />
Die Arbeit in altersgemischten Teams gilt als Idealfall.<br />
Es gibt keine Leitlinie des Personaleinsatzes, die<br />
für bestimmte Funktionen, Tätigkeiten, Qualifikationen<br />
usw. Ältere präferiert.<br />
Diese Aussagen schließen ein, dass in den Betrieben<br />
kaum noch altersspezifische „Reservate“ existieren.<br />
Zum Teil bedauern die befragten Experten, dass im Zuge<br />
der Rationalisierungen der letzten Jahre gerade auch<br />
solche Stellen – z.B. so genannte „Faktotum-Stellen“<br />
– weggefallen sind, die geeignet waren, leistungsmäßig<br />
eingeschränkten Mitarbeitern entgegenzukommen,<br />
um ihre Beschäftigung weiterführen zu können. Bei einer<br />
hochgradig rationalisierten betrieblichen Organisationsstruktur<br />
wird heute keine Möglichkeit mehr gesehen,<br />
Mitarbeiter trotz Einbußen der Leistungsfähigkeit<br />
„mit durchzuziehen“. Oft erlauben es betriebswirtschaftliche<br />
Faktoren daher nicht, eine Umsetzung auf<br />
eine andere Position, die dem Mitarbeiter einen Verbleib<br />
im Betrieb ermöglichen würde, einzurichten. So<br />
hat beispielsweise die Praxis von Speditionen mit eigener<br />
Lkw-Flotte, Lkw-Fahrern im Lager einen neuen<br />
Funktionskreis zu eröffnen, im Bedarf <strong>und</strong> in den steigenden<br />
Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter<br />
im Lager seine Grenze.<br />
Von der Regel eines altersneutralen Einsatzes werden<br />
zwei wichtige Ausnahmen beschrieben:<br />
⊲ Vor allem bedingt durch das höhere Qualifikationsniveau<br />
finden sich ältere Beschäftigte generell überproportional<br />
in Leitungstätigkeiten <strong>und</strong> Entscheiderfunktionen<br />
der Verantwortungshierarchie.<br />
⊲ In bestimmten Funktionen innerhalb der betrieblichen<br />
Arbeitsteilung sind Ältere dagegen unterdurchschnittlich<br />
vertreten. Wo körperlich schwere Arbeit<br />
<strong>und</strong> Belastungen durch Nacht- <strong>und</strong> Schichtarbeit<br />
50 Die Untersuchung von Koller/Gruber wird in Teil A auf Seite 19 knapp vorgestellt.<br />
zum Anforderungskatalog gehören, gilt vielen Gesprächspartnern<br />
das Alter als Problem. Dies trifft<br />
insbesondere in den gewerblichen Funktionsbereichen<br />
des Handels <strong>und</strong> des Logistiksektors, zum Teil<br />
aber auch im Handwerk zu. Erst wenige der Gesprächspartner<br />
stellten jedoch an dieser Stelle eine<br />
Verbindung zu Maßnahmen des Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />
her, die – verb<strong>und</strong>en mit einer<br />
alternsgerechten Arbeitsorganisation – auch in diesen<br />
Einsatzfeldern dazu beitragen könnten, einer altersheterogeneren<br />
Struktur der jeweiligen Teilbelegschaft<br />
näher zu kommen.<br />
10.3 Faktoren, die den Einsatz älterer Arbeitnehmer<br />
im Betrieb beeinflussen<br />
Die Argumente der Ausführungen der Experten waren<br />
um eine differenzierte, nicht vorurteilsbestimmte Einschätzung<br />
bemüht, sehr breit gestreut <strong>und</strong> deutlich von<br />
betriebs- <strong>und</strong> branchenspezifischen Besonderheiten geprägt.<br />
Die Aussagen deckten das gesamte breite Spektrum<br />
von Stellungnahmen ab, die auch in der oben genannten<br />
qualitativen IAB-Studie 50 das Bild bestimmten.<br />
Die von den Experten gewählte Form der Darstellung<br />
ihrer Überlegungen folgte in der Regel dem Muster einer<br />
Gegenüberstellung: unter dem Vorbehalt der Verallgemeinerbarkeit<br />
wurden „jugend-“ bzw. „alterstypische“<br />
Vorteile <strong>und</strong> Nachteile gegenübergestellt <strong>und</strong> in<br />
Bezug auf den Betriebsnutzen abgewogen.<br />
Die offenbar übliche Betrachtung der Beschäftigung<br />
Älterer unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-Nutzen-<br />
Analyse weist zwar zum einen auf die praktische Relevanz<br />
humankapitaltheoretischer Modelle in den betrieblichen<br />
Personalentscheidungen hin. Interessant ist<br />
aber, dass für die Mehrzahl der Befragten keineswegs<br />
als sicher gilt, dass Ältere in einer Kosten-Nutzen-<br />
Bilanz von vornherein schlechter abschneiden als Jüngere.<br />
Vielmehr gehen die befragten Experten in der Regel<br />
von einem Kompensationsverhältnis der Fähigkeiten<br />
aus.<br />
Auf der einen Seite stehen oft abnehmende körperliche<br />
Leistungsfähigkeit, geringere Motivation <strong>und</strong> Flexibilität<br />
sowie die abnehmende Bereitschaft oder Fähigkeit<br />
zu einer prozessübergreifenden Sichtweise. Auf der<br />
anderen Seite dominieren Hinweise auf in langer Berufstätigkeit<br />
gewonnenes Erfahrungswissen <strong>und</strong> Knowhow,<br />
auf zum größten Teil im Betrieb hergestellte betriebsspezifische<br />
Qualifikationen sowie auf Arbeitstu-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 29
genden wie Ausdauer, Sorgfalt der Arbeitsausführung<br />
<strong>und</strong> Loyalität (Bereitschaft zu Überst<strong>und</strong>en, „ Alte sind<br />
krank, Junge machen krank“). Ältere zeichnen sich<br />
demnach nicht durch ein schlechteres, sondern durch<br />
ein anders strukturiertes Belastbarkeits- <strong>und</strong> Qualifikationsprofil<br />
aus.<br />
Die Diskussion mit den betrieblichen Experten ergab<br />
ein überaus differenziertes Bild, das zwar die oben beschriebenen<br />
Trends in der Zustimmung bzw. Ablehnung<br />
bestimmter Zuschreibungen erkennen lässt. In<br />
vielen Fällen wurden jedoch diese Zuschreibungen unter<br />
Hinweis auf das Primat der Beurteilung des Einzelfalls<br />
relativiert. Generalisierende Urteile, die sich am<br />
Alter festmachen, galten vielfach als problematisch, eine<br />
Einstellung, die sich schon im Antwortverhalten auf<br />
die Frage nach der generellen Einschätzung älterer Arbeitnehmer<br />
51 zeigte. In Einzelfällen wurden die gängigen<br />
Zuschreibungen sogar insgesamt als vorurteilsbeladen,<br />
klischeehaft <strong>und</strong> in die Irre führend zurückgewiesen.<br />
Die Interviews in den regionalen Betrieben bestätigen<br />
somit ein zentrales Ergebnis der oben angeführten<br />
IAB-Studie, „dass das allgemeine Bild von älteren<br />
Arbeitnehmern als zuverlässige, verantwortungsbewusste<br />
Erfahrungsträger, die jedoch krankheitsanfälliger,<br />
nicht mehr voll belastbar <strong>und</strong> weniger flexibel sind,<br />
zwar in der Tendenz dem Bild entspricht, das Personalverantwortliche<br />
von Älteren haben, dass es aber auch<br />
sehr dezidierte abweichende Meinungen gibt.“ (Koller/Gruber:490)<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> präventiver Ges<strong>und</strong>heitsschutz<br />
Auf der „Negativseite“ wurde besonders häufig auf eine<br />
nachlassende physische Leistungsfähigkeit älterer<br />
Arbeitnehmer verwiesen; sie ist für viele Betriebe ein<br />
„Fakt“ <strong>und</strong> stellt als solcher einen Faktor bei betrieblichen<br />
Entscheidungen dar. Oft verbinden die Gesprächspartner<br />
die Darstellung der absinkenden Leistungskurve<br />
mit dem Hinweis auf kompensierende Vorteile älterer<br />
Beschäftigter, aufgr<strong>und</strong> derer damit nicht notwendig<br />
eine nachlassende Arbeitsproduktivität verb<strong>und</strong>en sei.<br />
Nur vereinzelt wurde die Auffassung angetroffen, ein<br />
Abfallen der Leistungskurve im Alter sei quasi naturbedingt.<br />
Die Mehrheit der Gesprächspartner zieht dagegen<br />
eine Verbindung zwischen belastenden Arbeitsbedingungen<br />
<strong>und</strong> einseitiger Belastung <strong>und</strong> nachlassender<br />
Leistungsfähigkeit im Alter. In Einzelfällen – ins-<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
besondere im gewerblichen Bereich – wird von einem<br />
frühzeitigen Verschleiß berichtet, der bereits die 30- bis<br />
40-Jährigen ereilt.<br />
Maßnahmen zum vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutz,<br />
die diesem Verschleiß <strong>und</strong> damit dem Absinken der<br />
physischen Leistungsfähigkeit entgegen wirken, kommt<br />
daher eine wichtige Funktion für die Sicherung der Arbeitsfähigkeit<br />
52 im Verlauf des gesamten Arbeitslebens<br />
zu, die bei alternden Belegschaften zunehmend wichtig<br />
wird. Eine präventive, strategische Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />
zur Erhaltung der Humanressource findet sich jedoch<br />
erst in wenigen Vorreiterbetrieben.<br />
Senioritätsentlohnung <strong>und</strong> rechtliche Schutzvorschriften<br />
für Ältere werden sehr unterschiedlich<br />
bewertet<br />
In Bezug auf rechtliche Rahmenbedingungen als Einflussfaktoren<br />
auf die Beschäftigung Älterer ist keine<br />
Verallgemeinerbarkeit der Expertenaussagen möglich.<br />
Zu unterschiedlich sind die branchenspezifischen Bedingungen.<br />
Lohnhöhe <strong>und</strong> Kündigungsschutz haben für<br />
einige Betriebe überhaupt keine Auswirkungen. Im Urteil<br />
anderer Betriebe gelten sie als wichtige Beschäftigungshemmnisse;<br />
auch Extrempositionen („Ältere wird<br />
man irgendwann nicht mehr los“) sind im Einzelfall zu<br />
hören. Als verallgemeinerbares Beschäftigungshemmnis<br />
lassen sich Senioritätsentlohnung <strong>und</strong> rechtliche<br />
Schutzvorschriften für Ältere somit jedoch nicht fassen.<br />
Positive Erfahrungen mit abgestimmten<br />
Altersteilzeit-Modellen<br />
Einige Experten brachten positive Erfahrungen mit<br />
individuell abgestimmten Altersteilzeit-Modellen ins<br />
Spiel als Weg, auf nachlassende physische Leistungsfähigkeit<br />
Rücksicht nehmen zu können, einen „sanften“<br />
Übergang aus dem Berufsleben zu ermöglichen<br />
<strong>und</strong> dabei den Beschäftigten als Träger von Know-how<br />
im Betrieb zu erhalten. Man plädiert hier für eine differenzierte<br />
Betrachtung der Altersteilzeit, die nicht nur<br />
unter dem Gesichtspunkt ihrer Verwendung als Mittel,<br />
um sich von älteren Mitarbeitern vor dem Erreichen<br />
des Rentenalters („Blockmodell‘“) zu trennen, betrachtet<br />
werden dürfe, sondern im Gegenteil in der genannten<br />
Funktion sinnvoll sei <strong>und</strong> erhalten werden solle.<br />
51 Siehe Kapitel 9.<br />
52 Zum erweiterten Verständnis des Begriffs der Arbeitsfähigkeit in der aktuellen arbeitswissenschaftlichen Literatur s. Teil A, Seite 10,<br />
sowie: Arbeit & Ökologie Briefe, 5/2002, S. 22f.<br />
30 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
Gewicht des Faktors „Know-how“ hängt vom<br />
Qualifikationsniveau ab<br />
Verschiedentlich wiesen Experten auf den aus ihrer<br />
Sicht wichtigen Einfluss des Qualifikationsniveaus auf<br />
das Gewicht des Know-hows hin. Je höher qualifiziert<br />
die Tätigkeit, um so wichtiger wird das Erfahrungswissen<br />
eingeschätzt. Umgekehrt: je „einfacher“ die Tätigkeit,<br />
um so schneller droht das Erfahrungswissen<br />
vom raschen technologisch-organisatorischen <strong>Wandel</strong><br />
entwertet zu werden.<br />
Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Frage<br />
der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer: bei<br />
geringer qualifizierten Tätigkeiten wird nicht nur das<br />
fehlende betriebsspezifische Erfahrungswissen gegen<br />
eine Neueinstellung ausschlagen; die geringe Halbwertszeit<br />
des tätigkeitsspezifischen Erfahrungswissens<br />
schlägt hier zusätzlich zu Buche (s. hierzu Kapitel 12).<br />
10.4 Branchenbesonderheiten<br />
Handwerk: Insbesondere das Kfz-Gewerbe sowie der<br />
Bereich Sanitär/Heizung (SHK) fällt durch einen hohen<br />
Belegschaftsdurchsatz mit älteren Arbeitnehmern<br />
auf. Hier bezieht man sich sehr explizit auf das Modell<br />
„altersgemischter Teams“. Sie sind ausdrücklich<br />
gewünscht <strong>und</strong> stellen in der Werkstattarbeit der Kfz-<br />
Betriebe, aber auch bei der Außenmontage im Heizungsbau<br />
die Normalform der Kooperation dar, bei der<br />
ein erfahrener Meister oder Altgeselle die Jüngeren an<br />
das Know-how der Branche heranführt. Allerdings wird<br />
in derselben Branche überproportional darüber geklagt,<br />
dass bei allen physisch belastenden Arbeiten das Alter<br />
als negative Bedingung in Erscheinung tritt. Über Möglichkeiten,<br />
dem mit ges<strong>und</strong>heitspräventiven Ansätzen in<br />
der Personalpolitik entgegenzuwirken, wird jedoch im<br />
Handwerk – auch mit Hinweis auf einen engen Finanzrahmen<br />
– als systematische Strategie in aller Regel noch<br />
nicht nachgedacht.<br />
Gesprächspartner aus dem Bereich Transport-<br />
Umschlag-Lagerei/Logistik, deren Betriebe sich<br />
durch einen eher niedrigen Altersdurchschnitt auszeichnen,<br />
erklärten dies mit branchenspezifischen Besonderheiten.<br />
• Im gewerblichen Bereich finden sich auch hier<br />
noch deutliche von körperlicher Tätigkeit geprägte<br />
Aufgaben, für die bevorzugt jüngere Mitarbeiter<br />
mit voller Leistungsfähigkeit gebraucht werden.<br />
• Doch auch im kaufmännischen Bereich werden<br />
TUL-Betriebe oft von „jungen Teams“ geprägt.<br />
Zum einen wird die in Logistikbetrieben verlangte<br />
hohe Dynamik <strong>und</strong> Flexibilität ins Feld<br />
geführt. Die rasche <strong>und</strong> termingerechte Organisation<br />
von Transportketten in immer komplexeren<br />
logistischen Systemen, sowie die Übernahme<br />
neuer Aufgaben (z.B. Supply Chain Management)<br />
durch Logistikbetriebe ist mit eingeschliffener<br />
Routine kaum zu bewältigen <strong>und</strong> erfordert<br />
die Bereitschaft zu einer flexiblen Gestaltung<br />
der Arbeitszeiten. Daraus ergibt sich ein Termindruck<br />
<strong>und</strong> mitunter auch Arbeitsstress, der von<br />
Jüngeren in der Regel besser gemeistert wird.<br />
Auch die Bereitschaft zu Ortswechseln <strong>und</strong> Auslandseinsätzen<br />
ist bei Jüngeren höher. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> führt die Konkurrenz mit anderen<br />
Branchen, vorwiegend der Industrie, um qualifizierte<br />
Logistikfachkräfte zu einem kontinuierlichen<br />
Abfluss von Mitarbeitern, da andere Betriebe<br />
mit ebenso interessanten Arbeitsfeldern, aber<br />
„geregelteren“ Arbeitszeiten <strong>und</strong> höherer Vergütung<br />
attraktiver erscheinen. Hier schlägt die sonst<br />
geschätzte Flexibilität <strong>und</strong> Bereitschaft zu beruflicher<br />
Neuorientierung der jüngeren Beschäftigten<br />
zum Nachteil des Betriebes aus, wie ein Gesprächspartner<br />
bemerkte, da er auf diese Weise<br />
einem kontinuierlichen Know-how-Abfluss unterliegt.<br />
Ältere kaufmännische Beschäftigte sind<br />
daher überdurchschnittlich oft Mitarbeiter, die<br />
sich für eine Aufstiegsfortbildung im Unternehmen<br />
entschieden haben <strong>und</strong> leitende Funktionen<br />
wahrnehmen.<br />
Im Bereich Call Center wurden Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />
-bereitschaft älterer Arbeitnehmer nicht in Frage gestellt.<br />
Aber sie wurden doch in der Mehrzahl der Fälle<br />
als für die spezifischen Anforderungen der Branche ungeeignet<br />
eingestuft. Das deckt sich auch mit den erhobenen<br />
Beschäftigtenzahlen, die im Branchenvergleich<br />
signifikant unterdurchschnittlich sind. Im ausführlichen<br />
Gespräch gaben die Personalverantwortlichen zu Protokoll,<br />
dass aus ihrer Sicht einer der Hauptgründe für<br />
diesen Umstand darin zu suchen ist, dass Ältere im Regelfall<br />
ein eher distanziertes Verhältnis zu modernen<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnologien haben<br />
<strong>und</strong> mit der Bedienung von Personalcomputern <strong>und</strong> der<br />
Vielzahl verfügbarer Programme nicht vertraut sind. Im<br />
Gegenzug gehört dergleichen aber bei der jungen Generation<br />
schon zum festen Bestandteil des privaten Lebens<br />
<strong>und</strong> ist mehr <strong>und</strong> mehr als Bestandteil von Allgemeinbildung<br />
vorhanden.<br />
Auch Mediendienstleister können in der Regel nicht<br />
auf Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern verwei-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 31
sen. 53<br />
Die befragten Experten gehen zum Teil jedoch davon<br />
aus, dass sich die betriebliche Alterszusammensetzung<br />
zukünftig „normalisieren“, der in der IT-Branche<br />
üblichen anpassen wird: „Die Branche wird erwachsen.“<br />
Bei sich normalisierenden Wachstumserwartungen<br />
wird K<strong>und</strong>enorientierung zur unverzichtbaren Bedingung<br />
des Geschäftserfolgs. Seitens der Folgen dieser<br />
Entwicklung wird jedoch differenziert zwischen dem<br />
„Entwickler“ (Programmierer/Grafiker) <strong>und</strong> den Mitarbeitern,<br />
die in Akquisition, Projektmanagement <strong>und</strong><br />
Vermarktung, also in den kaufmännischen Funktionen,<br />
tätig sind.<br />
• Entwickler: diese Tätigkeitsfelder sind Domäne<br />
junger Beschäftigter <strong>und</strong> werden es nach übereinstimmender<br />
Einschätzung auch zukünftig bleiben.<br />
Gegen ältere Arbeitnehmer sprechen hier<br />
Qualifikationsdefizite: die Beherrschung aktueller<br />
Software-Werkzeuge <strong>und</strong> -Systeme ist unverzichtbar.<br />
Auf der anderen Seite wird das Phänomen<br />
beobachtet, dass die Beschäftigten selber<br />
nach einer gewissen Zeit eine Änderung ihrer<br />
Aufgaben anstreben. Insbesondere Programmiertätigkeit<br />
wird zunehmend als eintönig <strong>und</strong> wenig<br />
befriedigend empf<strong>und</strong>en.<br />
Der Umgang mit diesem Bef<strong>und</strong> ist in den befragten<br />
Betrieben unterschiedlich. Offenbar werden<br />
nur im Einzelfall im Betrieb Lösungen gesucht,<br />
die gemeinsam mit den Beschäftigten den<br />
Übergang in die Wahrnehmung anderer Aufgaben,<br />
flankiert durch entsprechende Qualifizierung,<br />
vorbereitet <strong>und</strong> absichert, indem die Entwickler<br />
z.B. stärker in das Projektmanagement<br />
einbezogen <strong>und</strong> ihnen die hierfür erforderlichen<br />
Qualifikationen vermittelt werden.<br />
• Kaufmännische Funktionen: Zunehmend wichtig<br />
wird Konzeptstärke, Managementerfahrung <strong>und</strong><br />
Erfahrung im K<strong>und</strong>enumgang <strong>und</strong> damit Qualifikationen,<br />
die zu den Stärken älterer Arbeitnehmer<br />
zählen. Als Hemmnis für eine Beschäftigung<br />
älterer Arbeitnehmer wird hier auf die geringen<br />
Lohnspielräume in der kleinbetrieblich strukturierten<br />
Medienbranche hingewiesen, die es nicht<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
möglich macht, geeigneten Bewerbern bei den<br />
Gehaltsvorstellungen entgegen zu kommen. Die<br />
Bewerber ihrerseits sind aufgr<strong>und</strong> ihrer vorherigen<br />
Vergütung <strong>und</strong> sozialen Situation z.T. nicht<br />
zu Abstrichen bereit.<br />
10.5 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Das nahezu einmütige Bemühen der befragten betrieblichen<br />
Experten, den Verdacht, Vorurteile gegenüber Älteren<br />
könnten die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
prägen, zurückzuweisen <strong>und</strong> zu entkräften, darf nicht<br />
als oberflächliches „politisch korrektes“, dem Zeitgeist<br />
angepasstes Antwortverhalten abgetan werden. Die Ergebnisse<br />
der Expertengespräche belegen vielmehr, dass<br />
in der Mehrzahl der Unternehmen unseres Betriebspanels<br />
bereits ein Umdenkprozess in Gang gekommen ist,<br />
als dessen Resultat die Betriebe deutlich auf Distanz zur<br />
bisherigen jugendzentrierten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
gehen. Von Ausnahmen abgesehen, stellen<br />
sich die Unternehmen darauf ein, dass in Zukunft eine<br />
Neuausrichtung erforderlich sein wird, um auf die im<br />
Zuge des demographischen <strong>Wandel</strong>s geänderten sozioökonomischen<br />
Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />
Die Zurückweisung einer Ausrichtung ihrer Personal<strong>und</strong><br />
Qualifizierungsplanung nach dem Kriterium des<br />
Alters als inadäquat bzw. in die Irre führend ordnet<br />
sich in dieses Bild ein. Ein neues Leitbild, das nicht<br />
das Alter, wohl aber das Altern der Belegschaft zum<br />
Ausgangspunkt für eine generationsübergreifende Gestaltung<br />
der Rekrutierungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsprozesse<br />
macht, ist jedoch noch nicht allgemein als Zielvorstellung<br />
in den Betrieben verankert. Dem entsprechend<br />
gibt es erst sehr wenige Anzeichen <strong>und</strong> Beispiele für die<br />
aktive Umsetzung des erforderlichen Paradigmenwechsels.<br />
54<br />
Die meisten Betriebe haben insofern die zweite Hälfte<br />
des zu gehenden Weges noch vor sich. Denn insgesamt<br />
wird der demographische <strong>Wandel</strong> noch zu sehr<br />
als „zukünftiges“ Problem gesehen. Und nur gemessen<br />
an heute üblichen Altersstrukturen erscheint deren<br />
<strong>Wandel</strong> als eine in der Zukunft dem Betrieb „drohende“<br />
53 Siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Panelzusammensetzung auf S. 6.<br />
54 Einige der befragten betrieblichen Entscheidungsträger haben gegen den Begriff „Paradigmenwechsel“ Bedenken vorgetragen. Man<br />
befürchtet unter diesem Titel nach der heute als verfehlt beurteilten politischen Unterstützung für eine jugendzentrierte Rekrutierungspolitik<br />
<strong>und</strong> der Frühverrentung der Vergangenheit einen Umschlag in das andere Extrem, das ebenso an den Bedürfnissen der Betriebe<br />
<strong>und</strong> Beschäftigten vorbei gehe. Um hier Missverständnisse zu vermeiden, sollte in der Information der Betriebe deutlicher gemacht<br />
werden, dass der erforderliche Wechsel der Leitlinien der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik tatsächlich nicht auf das Alter abzielt,<br />
das lediglich als (negatives) Kriterium außer Kraft gesetzt oder zum „positiven“ Kriterium umgewertet werden soll. Stattdessen bedeutet<br />
der Paradigmenwechsel, das Altern der Belegschaft als Kriterium der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik zu etablieren.<br />
32 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
„problematische Überalterung“ der Belegschaft; dass in<br />
Zukunft ein höheres Durchschnittsalter der Belegschaft<br />
der Normalfall werden dürfte, auf den sich die Betriebe<br />
einstellen müssen, ist insofern noch kein Allgemeingut.<br />
Auch, dass die heute neu eingestellten jungen Auszubildenden<br />
die im Betrieb zu haltenden „Alten“ von<br />
morgen sind, <strong>und</strong> daher eine neue Form des nachhaltigen<br />
Managements des Humankapitals erforderlich ist,<br />
ist somit in vielen Betrieben bei weitem noch nicht der<br />
handlungsleitende Gedanke.<br />
So findet erst in wenigen, meist großen Vorreiterbetrieben<br />
eine systematische Auseinandersetzung mit den<br />
Folgen der demographischen Veränderungen statt, die<br />
sich in der konkreten Änderung von Arbeitsorganisationsformen<br />
unter dem Gesichtspunkt des vorbeugenden<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutzes ausdrückt. 55<br />
Die Förderung der Verankerung einer alternsgerechten<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik in den kleinen <strong>und</strong><br />
mittleren Unternehmen der Region sollte daher ein Förderschwerpunkt<br />
bei der Flankierung des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s werden. Handlungsoptionen bestehen<br />
auf folgenden Feldern:<br />
• Information: Der Kenntnisstand über die weitreichenden<br />
Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s,<br />
auf die heute bereits in der betrieblichen Organisationsentwicklung<br />
zu reagieren ist, muss als<br />
noch zu gering angesehen werden. Berücksichtigt<br />
man, dass in unserem Panel Trendsetterbetriebe<br />
überdurchschnittlich vertreten sind, dürfte<br />
der Informations- <strong>und</strong> Unterstützungsbedarf für<br />
das Gros der kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
erheblich sein, damit diese rechtzeitig die erforderlichen<br />
Veränderungen erkennen <strong>und</strong> gestalten<br />
können.<br />
• Entwicklung von regionalen Modellprojekten,<br />
die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen beim Aufbau<br />
einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
unterstützen. Die Integration<br />
eines generationsübergreifenden vorbeugenden<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutzes sollte dabei ein zentraler<br />
Gesichtspunkt sein. Vorhandene Beispiele <strong>und</strong><br />
Projekte aus anderen Regionen könnten hier Impulse<br />
geben. 56<br />
• Vorstellung von „best practice“-Beispielen einer<br />
alternsgerechten Personalpolitik, die Möglichkeiten<br />
für die Umsetzung eines betrieblichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitsschutzes unter der Perspektive einer<br />
„nachhaltigen Nutzung“ des Humankapitals insbesondere<br />
für kleine <strong>und</strong> mittlere Betriebe aufzeigen<br />
können. Die Organisation eines Betriebsbesuchsprogramms<br />
– analog dem Best Practice-<br />
Programm für neue Technologien TOP 57 – könnte<br />
hierfür eine ansprechende Form darstellen.<br />
Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Basis<br />
für die Verankerung neuer alternsgerechter Konzepte<br />
in den Betrieben vorliegt. Gr<strong>und</strong>sätzliches Problembewusstsein<br />
<strong>und</strong> Interesse an der Umsetzung von Antworten<br />
auf den demographischen <strong>Wandel</strong> ist in vielen Betrieben<br />
zu finden.<br />
Es sei jedoch abschließend darauf hingewiesen, dass<br />
einzelne betriebliche Entscheidungsträger zumindest<br />
Teile wissenschaftlich widerlegter Defizittheorien noch<br />
nicht als Vorurteil, sondern als Fakt begreifen. Insbesondere<br />
gilt vereinzelt eine mit dem Alter nachlassende<br />
Leistungs- <strong>und</strong> Lernfähigkeit noch als unabwendbarer<br />
natürlicher Vorgang. Offenbar liegt hier weiterhin ein<br />
Feld für Aufklärungsarbeit durch Kammern <strong>und</strong> Verbände<br />
vor.<br />
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />
im Betrieb<br />
Neben den im Vorkapitel angesprochenen Maßnahmen<br />
des vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutzes ist die kontinuierliche<br />
Qualifikation älterer Arbeitnehmer wichtiger<br />
Bestandteil von Strategien, ihre Beschäftigungs<strong>und</strong><br />
Innovationsfähigkeit zu erhalten. Nur eine betriebliche<br />
integrierte Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik,<br />
die heute organisationsstrukturelle Voraussetzungen<br />
schafft, wird in 10 bis 15 Jahren für die Folgen des<br />
demographischen <strong>Wandel</strong>s gewappnet sein.<br />
Doch auch kurzfristig kommt der kontinuierlichen Qualifizierung<br />
älterer Beschäftigter zur Erhaltung ihres Potenzials<br />
in den Betrieben eine große Bedeutung zu. 58<br />
55 Auch eine Qualifizierungspolitik, die die Beschäftigten einbezieht <strong>und</strong> sich in Richtung einer individuellen betrieblichen Erwerbsbiographiegestaltung<br />
bewegt, wird erst in wenigen Vorreiterbetrieben betrieben, vgl. Kapitel 11.<br />
56 S. u.a. http://www.demotrans.de sowie: Projekt TransAlt (www.aiq.de/TransAlt.htm; vorgestellt auch in: Arbeit & Ökologie Briefe<br />
5/2002, S. 23f).<br />
57 „Technologie-orientiertes Besuchs- <strong>und</strong> Informationsprogramm“, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium für Wirtschaft <strong>und</strong> Technologie,<br />
www.top-online.de<br />
58 Die Weiterbildungsstatistik (Berichtssystem Weiterbildung) belegt die unterdurchschnittliche Beteiligung Älterer an Qualifizierungs-<br />
maßnahmen; vgl. zusammenfassend Barkhold 2001:24f.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 33
Für Weiterbildungsträger stellt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
die Frage, ob ein Angebot speziell auf ältere Arbeitnehmer<br />
ausgerichteter Kurse, in deren Gestaltung<br />
die aktuellen Ergebnisse der berufspädagogischen Forschung<br />
aufzugreifen wären, auf einen wachsenden betrieblichen<br />
Bedarf treffen.<br />
11.1 Das Alter als Kriterium der Qualifizierung<br />
Die große Mehrzahl der Befragten betont, dass besondere<br />
Inhalte für eine Weiterbildung nicht aus dem Kriterium<br />
Alter, sondern ausschließlich aus den spezifischen<br />
Anforderungen des Arbeitsplatzes abgeleitet werden<br />
können. Insofern wird auch keine besondere Qualifizierung<br />
für Ältere favorisiert. 59 In den Interviews wurden<br />
jedoch Gründe thematisiert, die dazu führen, dass<br />
die Praxis der Qualifizierung von älteren Mitarbeitern<br />
in etlichen Betrieben nicht immer so reibungslos erfolgt,<br />
wie es im Rahmen der von den Betrieben favorisierten<br />
altersunabhängigen Qualifizierungsplanung<br />
wünschenswert wäre.<br />
Lernentwöhnung <strong>und</strong> Motivationsdefizite können<br />
die kontinuierliche Qualifizierung Älterer<br />
erschweren<br />
Wie schon in der Diskussion des ersten Themenfelds<br />
legten die Experten in aller Regel Wert auf das Primat<br />
der Beurteilung des Einzelfalls <strong>und</strong> wollten ihre Aussagen<br />
nicht als generalisierende Urteile über Ältere verstanden<br />
wissen.<br />
Nicht wenige Betriebe berichten jedoch, dass die betriebliche<br />
Innovationsentwicklung an den älteren Beschäftigten<br />
vorbeigegangen sei. Motivation, aber auch<br />
die Lernfähigkeit sei im Alter geringer. In Einzelfällen<br />
war diese Einschätzung mit einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Skepsis<br />
gegenüber der Qualifizierbarkeit Älterer verb<strong>und</strong>en:<br />
im Alter lasse die Lernfähigkeit quasi natürlicherweise<br />
<strong>und</strong> unabwendbar nach. Die wissenschaftliche Widerlegung<br />
dieser „Defizittheorie“ 60 ist somit noch nicht in<br />
allen Betrieben zum Allgemeingut geworden.<br />
Auf der anderen Seite überwiegen aber die Betriebe,<br />
für die es selbstverständlich ist, dass alle Beschäftigten,<br />
die von Innovationen betroffen sind, im Prinzip hierfür<br />
qualifiziert werden müssen. „Wenn ich SAP einführe,<br />
müssen alle, die damit arbeiten sollen, dafür qualifiziert<br />
werden. Das kann ich doch nicht vom Alter abhän-<br />
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
gig machen.“ Dabei wird im Prinzip davon ausgegangen,<br />
dass gr<strong>und</strong>sätzlich keine Qualifizierungshemmnisse<br />
oder eine verminderte Lernfähigkeit am Alter festgemacht<br />
werden können. Eventuelle Ausnahmen („lernunfähige<br />
oder -unwillige Beschäftigte“) werden an der<br />
Einzelperson, nicht am Alter festgemacht.<br />
In diesen Betrieben kennt man auch den Teufelskreis<br />
von Lernentwöhnung, Lernproblemen <strong>und</strong> mangelnder<br />
Lernmotivation, <strong>und</strong> geht davon aus, dass dieser Zusammenhang<br />
im Rahmen einer generationsübergreifenden<br />
Qualifizierungspolitik überw<strong>und</strong>en werden kann.<br />
Eventuelle Motivationsprobleme geht man in Einzelgesprächen<br />
an. So berichtete ein Gesprächspartner, dass<br />
beim Aufbau einer betrieblichen Weiterbildungsdatenbank,<br />
in die die Beschäftigten selber ihre Bedarfe einpflegen<br />
können, die Zurückhaltung der älteren Beschäftigten<br />
hinsichtlich EDV- <strong>und</strong> Internetschulungen aufgefallen<br />
sei. In Gesprächen mit diesen Mitarbeitern stellte<br />
sich dann heraus, dass diese zwar einen Schulungsbedarf<br />
für sich sehen <strong>und</strong> Interesse an einem Kurs haben,<br />
aber davon ausgegangen waren, ihnen würde man auf<br />
Gr<strong>und</strong> ihres Alters einen solchen Kurs ohnehin nicht<br />
mehr zubilligen.<br />
Als interessanter Aspekt ergab sich aus den Diskussionen,<br />
dass die Etablierung selbstbestimmten Lernens<br />
in den Betrieben oft auf das Problem trifft, dass die<br />
Selbsteinschätzung des Qualifizierungsbedarfs selbst<br />
eine Qualifikation ist, über die erst sehr wenig Beschäftigte<br />
verfügen.<br />
Spezifische Qualifizierungsbedarfe älterer Beschäftigter<br />
Da die große Mehrzahl der Befragten betont, dass<br />
besondere Inhalte für eine betriebliche Qualifizierung<br />
nicht aus dem Kriterium Alter, sondern ausschließlich<br />
aus den im Zuge von Innovationen sich ändernden Anforderungen<br />
abgeleitet werden können, wurden kaum<br />
Qualifizierungsinhalte genannt, die in besonderem Maß<br />
älteren Arbeitnehmern zu vermitteln sind. Ausnahmen<br />
bestehen auf folgenden Gebieten:<br />
• EDV <strong>und</strong> IT-Technik:<br />
Hervorzuheben ist hier der Verweis auf mangelnde<br />
Vertrautheit mit Kenntnissen im EDV-Bereich.<br />
Die Handhabung des PC, die Beherrschung gängiger<br />
Software im Bereich Internet <strong>und</strong> E-Mail<br />
kann vorrangig bei Älteren nicht als sicher unterstellt<br />
werden.<br />
59 Branchenspezifische Unterschiede spielten in der Diskussion des gesamten thematischen Felds kaum eine Rolle. Zwar wurden von den<br />
Gesprächspartnern branchen- oder betriebsspezifische Qualifizierungsinhalte angeführt, meist aber um daran die Altersunabhängigkeit<br />
der betrieblichen Bedarfe aufzuzeigen.<br />
60 Vgl. zusammenfassend u.a. Hübner/Wachtveitl 2000:36–38; Axhausen/Röhrig 1999:12f.<br />
34 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
Beispielsweise im Handel haben zahlreiche Gesprächspartner<br />
unterstrichen, dass die Einführung<br />
von Warenwirtschaftssystemen große Probleme<br />
bereitet, weil die Mitarbeiter, vorwiegend Frauen<br />
in den mittleren Jahren, keine entsprechenden<br />
Vorkenntnisse im PC-Bereich aufzuweisen<br />
haben.<br />
Aber auch in anderen Branchen bilden EDV <strong>und</strong><br />
IT-Technik einen Bereich, in dem von einem allgemeinen<br />
Qualifikationsdefizit älterer Arbeitnehmer<br />
weiterhin auszugehen ist.<br />
• Managementkurse:<br />
Andere Branchenvertreter haben es als zunehmend<br />
erforderlich bezeichnet, Managementkurse<br />
insbesondere für Ältere anzubieten, da sie in<br />
besonderem Maße für leitende Funktionen im<br />
Betrieb in Betracht gezogen werden <strong>und</strong> daher<br />
mit modernen Führungsmethoden <strong>und</strong> -stilen vertraut<br />
gemacht werden sollten, die in ihrer bisherigen<br />
Qualifikationsbiographie noch nicht vermittelt<br />
wurden.<br />
11.2 Altersspezifische Qualifizierungsformen<br />
gelten nur eingeschränkt als<br />
sinnvoll<br />
Die berufspädagogische Forschung <strong>und</strong> Diskussion hat<br />
sich insbesondere in jüngster Zeit intensiv mit der Frage<br />
von Lernmethoden <strong>und</strong> Lernstilen befasst, die speziell<br />
ältere <strong>und</strong> lernentwöhnte Mitarbeiter fördern sollen.<br />
Eine Ausbildung, die vom Konkreten zum Abstrakten<br />
fortschreitet, die das praktische Problem an den Ausgangspunkt<br />
stellt, um daraus theoretische Kenntnisse<br />
abzuleiten, gilt als besonders förderlich. Auch liegen<br />
heute Erfahrungen aus der modellhaften Umsetzung<br />
neuer Lehr-Lern-Formen in die betriebliche Qualifizierungspraxis<br />
vor. 61<br />
In den Stellungnahmen der betrieblichen Experten wurden<br />
zwar durchaus spezifische Lernformen favorisiert,<br />
auch wenn sie nicht ausdrücklich im berufspädagogischen<br />
Kontext genannt wurden. Fast ausnahmslos wurde<br />
das Lernen in „altersgemischten Teams“ als die gewünschte<br />
Normalform des Lernprozesses genannt. Dies<br />
gilt im besonderen Maße für den innerbetrieblichen<br />
Wissenstransfer zwischen älteren <strong>und</strong> jüngeren Mitarbeitern,<br />
aber auch für externe Weiterbildungsmaßnahmen.<br />
Eine „wechselseitige Befruchtung im Lernprozess“,<br />
in den beispielsweise die Jüngeren aktuelle technologische<br />
Kenntnisse, die Älteren Erfahrungswissen<br />
einbringen, gilt als Idealfall.<br />
Das Interesse an einer altersspezifischen Didaktik muss<br />
jedoch als eher zurückhaltend eingeschätzt werden,<br />
auch wenn die Spanne der Meinungen hier erneut<br />
sehr weit streut. Während einige Gesprächspartner die<br />
Notwendigkeit einer altersspezifischen Gestaltung des<br />
Lehr-Lern-Prozesses gr<strong>und</strong>sätzlich in Abrede stellten<br />
<strong>und</strong> aus ihrer Erfahrung heraus keine Besonderheit in<br />
Lernfähigkeit <strong>und</strong> -prozessen Älterer im Vergleich zu<br />
Jüngeren bestätigen können, meldeten andere Betriebe<br />
ein Interesse an altersspezifischer Qualifikation an.<br />
Generell erbrachte die Diskussion Hinweise, dass die<br />
Betriebe gerade bei der Qualifizierung Älterer im EDV-<br />
Bereich mit dem Standard der bestehenden Maßnahmendurchführung<br />
nicht zufrieden sind. Oft werden hier<br />
Probleme geschildert, die sich bei „Standardkursen“<br />
mit altersgemischter Durchführung für den Teilnahmeerfolg<br />
Älterer ergaben.<br />
• Ältere bevorzugen andere Lernformen, Jüngere<br />
ein „trial and error“-Verfahren in der PC-<br />
Ausbildung. Die intuitive Nutzung von Icons, der<br />
Mausklick <strong>und</strong> die Beobachtung von Wirkungen,<br />
die sich einstellen oder auch ausbleiben, kennzeichnet<br />
einen Lernmodus, der als spielerischer<br />
Umgang mit der Materie erscheint, der nicht der<br />
Lernbiographie Älterer entspricht. Richtet sich<br />
die methodisch-didaktische Durchführung an den<br />
Jüngeren aus, fühlen sich die Älteren mit ihren<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> Fragen übergangen.<br />
• Die geringere Vertrautheit der älteren Teilnehmer<br />
mit EDV – die jüngeren sind bereits mit<br />
dem PC aufgewachsen – erfordert mehr Möglichkeiten,<br />
sich mit der Technik vertraut zu machen,<br />
was im Lerntempo berücksichtigt werden<br />
muss. Richtet sich die Kursleitung an den Jüngeren<br />
aus, stellt sich oft Frustration bei den Teilnehmern<br />
ein: das Gefühl, „nicht mitzukommen“, untergräbt<br />
die Motivation <strong>und</strong> damit den angestrebten<br />
Qualifizierungserfolg.<br />
61 Die bereits genannte Dokumentation des BIBB (Gravalas 1999, 387–418) führt unter dem Titel „Qualifizierung älterer Arbeitnehmer“<br />
über 40 aktuelle Arbeiten zum Thema auf. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Projekte <strong>und</strong> Modellversuche (z.B. SELA,<br />
TECA) verwiesen, die von oder unter Beteiligung der Forschungsgruppe LOS der Universität Bremen (Lernen, Organisiert <strong>und</strong> Selbstgesteuert,<br />
Prof. Straka, Teil der Abteilung Lernen, Lehren + Organisation (LLO) des Instituts Technik <strong>und</strong> Bildung (ITB)) durchgeführt<br />
wurden. Das arbeitsplatzbezogene selbstorganisierte Lernen älterer Erwachsener bildet hier einen wichtigen Forschungsschwerpunkt.<br />
Informationen im Internet: www.los-forschung.de. Zur Didaktik der Berufsbildung älterer Arbeitnehmer s. auch Röhrig 1998.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 35
Schlechte Erfahrungen der genannten Art haben sich<br />
jedenfalls, darin stimmen zahlreiche Gesprächspartner<br />
überein, bei vielen älteren Mitarbeitern zu einer Motivationsbarriere<br />
verfestigt. Viele fühlen sich „überfordert“,<br />
weil sie in vermutlich ungeeigneten Kursen wenig verstanden<br />
haben <strong>und</strong> münzen die negative Erfahrung in<br />
ein persönliches Defizit um.<br />
Nur im Einzelfall folgt jedoch hieraus, dass Bedarf nach<br />
„altengerechten“ EDV-Kursen angemeldet wird. Eher<br />
dienen die beschriebenen Szenarien dazu, eine inhaltliche<br />
<strong>und</strong> methodisch-didaktische Gestaltung der Kurse<br />
zu empfehlen, die in der Lage ist, auf die z.T. mit<br />
dem Alter verknüpften unterschiedlichen Lernvoraussetzungen<br />
der Teilnehmer einzugehen <strong>und</strong> die Stärken<br />
der älteren Teilnehmer für die erfolgreiche Durchführung<br />
der Maßnahme zu erschließen. Einzelne Betriebe<br />
führten Erfahrungen aus ihrer innerbetrieblichen Weiterbildungspraxis<br />
an, um zu belegen, dass dies bei entsprechender<br />
Zielsetzung <strong>und</strong> Qualifikation der Ausbilder<br />
bzw. Kursleiter durchaus funktionieren kann.<br />
Lernfördernde Arbeitsorganisation erst am Anfang<br />
Insgesamt haben durchweg alle Gesprächspartner die<br />
Bedeutung des life long learning hervorgehoben. Der<br />
sich in immer rascheren Schüben vollziehende technologische<br />
<strong>Wandel</strong> bringt es mit sich, dass eine einmal<br />
erworbene Qualifikation <strong>und</strong> Berufsausbildung nicht<br />
durch das ganze Arbeitsleben trägt <strong>und</strong> eine kontinuierliche<br />
Weiterbildung verlangt.<br />
Als Resultat der Gespräche muss jedoch davon ausgegangen<br />
werden, dass die Umsetzung dieser Erkenntnis<br />
in eine lernfördernde Betriebs- <strong>und</strong> Arbeitsorganisation<br />
in den Betrieben erst am Anfang steht. Lebenslanges<br />
Lernen wird zu oft nur als Anforderung an die Arbeitnehmer<br />
definiert, die in erster Linie eine verstärkte Bereitschaft<br />
zur Weiterbildung in der Freizeit erfordere.<br />
Ansätze zu einer Qualifizierungsplanung, die die Beschäftigten<br />
aktiv einbezieht, Selbstlernprozesse durch<br />
entsprechende Angebote (z.B. e-learning-Programme)<br />
im Betrieb unterstützt, den kontinuierlichen Qualifikationserwerb<br />
dokumentierbar macht (Qualifizierungspass<br />
o.ä.) gibt es erst in wenigen Vorreiterbetrieben. Auch<br />
hier sieht man sich zwar auf das Engagement der Beschäftigten<br />
angewiesen, weiß aber, dass man dazu Seitens<br />
des Betriebs entsprechende Bedingungen schaffen<br />
muss. Die Einrichtung einer lernfördernden Arbeitsorganisation<br />
ist im Urteil der Experten ein langfristiger<br />
Prozess, der von Management <strong>und</strong> Beschäftigten<br />
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
Einstellungs- <strong>und</strong> Verhaltensänderungen verlangt.<br />
Viele Betriebe scheinen Aufwand <strong>und</strong> Zeit eines solchen<br />
Prozesses zu unterschätzen, <strong>und</strong> sehen daher nicht<br />
den dringenden Bedarf, heute bereits auf diesem Feld<br />
aktiv zu werden.<br />
Wissensmanagement kann Ältere im Betrieb<br />
einbinden<br />
Im Zuge der Diskussion der Frage, ob die Qualifizierung<br />
Älterer im Betrieb spezifische Probleme aufwirft,<br />
wurde nicht selten angesprochen, dass man „eher umgekehrt“<br />
ein Problem der Qualifizierung jüngerer Arbeitnehmer<br />
habe, <strong>und</strong> zwar in Bezug auf den Wissenstransfer<br />
von Erfahrung bzw. Know-how der Älteren zu<br />
den Jüngeren. 62<br />
Zwar findet in der Regel in altersgemischten Teams ein<br />
Austausch statt. Nicht immer lässt sich jedoch eine solche<br />
den Wissenstransfer fördernde Arbeitsorganisation<br />
einrichten, oder der Wissenstransfer bleibt aus anderen<br />
Gründen suboptimal: erstens bleibt sein Stattfinden in<br />
vielen Fällen ohne organisatorische Absicherung <strong>und</strong><br />
findet somit „naturwüchsig“ <strong>und</strong> zufallsbestimmt statt;<br />
darüber hinaus wird oft berichtet, dass ältere Arbeitnehmer<br />
beginnen, bei ihrem Wissen zu „mauern“, zumindest<br />
aber von sich aus keine Anstrengungen unternehmen,<br />
ihr Wissen weiterzugeben. Dabei scheint die<br />
Angst vor der Betroffenheit von Kündigung eine zentrale<br />
Rolle zu spielen. Sein exklusives Know-how ist<br />
bis dato das Pf<strong>und</strong>, mit dem der Ältere in der Konkurrenz<br />
mit Jüngeren seinen Arbeitsplatz „verteidigen“<br />
kann. Hinter dem Verlangen, der Ältere habe sein Wissen<br />
an die Jüngeren weiterzugeben, wird oft der Versuch<br />
befürchtet, dem Älteren die Stellung <strong>und</strong> Stelle im<br />
Betrieb streitig zu machen.<br />
Ansätze zum Aufbau eines systematischen Wissensmanagements,<br />
das als Antwort hierauf die Älteren in institutionalisierter<br />
Form einbezieht <strong>und</strong> ihre Ängste darin<br />
berücksichtigt, um den Transfer ihres Erfahrungsschatzes<br />
– <strong>und</strong> damit auch dessen Erhaltung für den Betrieb<br />
nach ihrem Ausscheiden – als kontinuierlichen Prozess<br />
zu sichern, finden sich jedoch wiederum nur in wenigen<br />
Fällen. Vereinzelt suchen allerdings kleinere Betriebe<br />
nach Möglichkeiten, erfahrene ältere Mitarbeiter noch<br />
stärker als bisher in die Ausbildung einzubeziehen, um<br />
ihr Wissen <strong>und</strong> ihre Vorbildfunktion auch jenseits einer<br />
vorliegenden Ausbildereignung für die Auszubildenden<br />
zu mobilisieren.<br />
62 Zu den Elementen eines intergenerativen Wissenstransfers s. Köchling 2000:38; zusammenfassende Grafik S. 12.<br />
36 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
11.3 Unterstützungsbedarfe<br />
Zu diesem Themenkomplex waren nur sehr vereinzelt<br />
dezidierte Stellungnahmen zu hören. Da ein spezifischer<br />
Bedarf für altenspezifische Kurse nur vereinzelt<br />
angemeldet wurde, gibt es kaum Material für diesbezügliche<br />
betriebliche Überlegungen.<br />
In den Gesprächen ergaben sich Hinweise, dass den Betrieben<br />
in der Regel die neuen Fördermöglichkeiten 63<br />
der Qualifizierung älterer Arbeitnehmer über das Job-<br />
Aqtiv-Gesetz noch kaum bekannt sind. Vereinzelt wurde<br />
über mangelhafte Information hierzu geklagt; in diesem<br />
Fall konnten die Interviews zur Information <strong>und</strong> für<br />
Hinweise auf weiterführende Informationsquellen genutzt<br />
werden.<br />
11.4 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Im Urteil der Betriebe ist das Alter kein eigenständiges<br />
Kriterium der Personalplanung (Kapitel 10). Insofern<br />
ist es konsequent, dass auch kein eigenständiger Qualifizierungsbedarf<br />
umrissen wird, der speziell den älteren<br />
Beschäftigten vorbehalten wäre.<br />
Gleichwohl zeigt die betriebliche Praxis Unterschiede<br />
zwischen jüngeren <strong>und</strong> älteren Arbeitnehmern auf, die<br />
erst selten unter dem Gesichtspunkt der Bewältigung<br />
des demographischen <strong>Wandel</strong>s betrachtet werden. Auch<br />
hier ist daher festzuhalten, dass sich die Betriebe zwar<br />
von jugendzentrierten Sichtweisen abgewendet haben<br />
<strong>und</strong> daher dem Alter keine Bedeutung für betriebliche<br />
Qualifizierungsprozesse beimessen wollen, aber im allgemeinen<br />
noch nicht dazu übergegangen sind, das Altern<br />
der Belegschaften systematisch in ihrer Qualifizierungsplanung<br />
zu berücksichtigen. Es besteht daher<br />
Handlungsbedarf mit Optionen auf folgenden Feldern:<br />
• EDV bzw. moderne IT-Technik sind weiterhin<br />
Felder eines Qualifizierungsdefizits älterer Arbeitnehmer;<br />
ein Aufholen dieses Defizits ist kurzfristig<br />
erforderlich, um die Innovations- <strong>und</strong> Beschäftigungsfähigkeit<br />
älterer Arbeitnehmer abzusichern.<br />
• Die Information der Betriebe über das Job-Aqtiv-<br />
Gesetz, auch in Verbindung mit dem arbeitsmarktpolitischen<br />
Instrument JobRotation, sollte<br />
dessen Möglichkeiten der Qualifikationsförderung<br />
älterer Beschäftigter im Betrieb mehr in den<br />
Vordergr<strong>und</strong> stellen.<br />
63 S. Seite 14.<br />
• Die Weiterbildungsträger müssen sich darauf einstellen,<br />
dass die Betriebe im Zuge des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s vermehrt das Kursangebot daran<br />
messen, ob es ein Lernen in altersgemischten<br />
Gruppen ermöglicht <strong>und</strong> optimal unterstützt.<br />
Der erwachsenenpädagogischen Kompetenz der<br />
Qualifikateure kommt damit ein deutlich höherer<br />
Stellenwert zu.<br />
Insofern ist – soweit nicht bereits in Angriff<br />
genommen – eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse<br />
der erwachsenenpädagogischen Forschungsergebnisse<br />
im Angebot der Weiterbildungsträger<br />
erforderlich. Dass die Betriebe diese<br />
Notwendigkeit oft nicht sehen, deren Praxisrelevanz<br />
bestreiten oder sogar die Forschungsresultate<br />
insgesamt als Produkte des „Elfenbeinturms“<br />
Wissenschaft abtun, verweist darauf, dass entsprechende<br />
Forschungsprojekte nach Wegen suchen<br />
sollten, wie sich die Ergebnisse <strong>und</strong> ihre Bedeutung<br />
für die Praxis besser <strong>und</strong> betriebsorientiert<br />
verbreiten lassen.<br />
• Wissensmanagement könnte in Zukunft verstärkt<br />
eine Funktion für eine Absicherung der Beschäftigung<br />
Älterer im Betrieb erhalten. Durch eine<br />
institutionalisierte Form der Einbindung der<br />
Älteren in das betriebliche Wissensmanagement<br />
könnte eine Vertrauensbasis geschaffen werden,<br />
die dem „Mauern“ Älterer beim Know-how-<br />
Transfer entgegenwirkt, <strong>und</strong> im allgemeinen der<br />
Prozess des Wissenstransfers optimiert werden,<br />
der bislang eher zufällig <strong>und</strong> unkontrolliert stattfindet.<br />
Wissensmanagement sollte daher – unter diesem<br />
Gesichtspunkt betrachtet – Bestandteil von Projekten<br />
sein, die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />
bei der Implementierung einer neuen alternsgerechten<br />
Personalpolitik unterstützen.<br />
• Vereinzelt finden sich noch Betriebe, in denen<br />
im Sinne von wissenschaftlich überholten Defizitmodellen<br />
von einer gr<strong>und</strong>sätzlich, quasi natürlich<br />
abnehmenden Lernfähigkeit älterer Arbeitnehmer<br />
ausgegangen wird. Es wäre Aufgabe insbesondere<br />
der Kammern, diesem betrieblichen<br />
Informationsdefizit entgegen zu wirken.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 37
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />
bei Neueinstellungen<br />
Ein wichtiges Anliegen der Befragung bestand wie eingangs<br />
erwähnt darin, Gründe für die aus Sicht der fördernden<br />
Instanzen hinter den Erwartungen zurückbleibende<br />
Nutzung der Förderprogramme zur Neueinstellung<br />
älterer Arbeitnehmer durch die regionalen Unternehmen<br />
zu ermitteln. Die Gesprächsführung konzentrierte<br />
sich daher in diesem Punkt auf die Frage nach<br />
der Stellung der befragten Betriebe zur Neueinstellung<br />
älterer Arbeitnehmer, nach möglichen Vorbehalten sowie<br />
nach Qualifizierungsdefiziten bei arbeitslosen Bewerbern.<br />
In diesem Zusammenhang wurden Bekanntheit,<br />
Nutzung <strong>und</strong> Optimierungsmöglichkeiten der Förderprogramme<br />
erörtert.<br />
12.1 Ältere Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
nicht im Blick<br />
Auf die Neueinstellung von älteren Arbeitslosen angesprochen,<br />
verweisen viele Betriebe zunächst darauf,<br />
dass Neueinstellungen derzeit nicht oder nur in geringem<br />
Umfang geplant sind. Die Gründe dafür liegen<br />
hauptsächlich in der immer noch nicht vollständig überw<strong>und</strong>enen<br />
Konjunkturschwäche. Dieser Sachverhalt ist<br />
bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Programme<br />
zur Förderung der Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />
als Hintergr<strong>und</strong> mit zu berücksichtigen.<br />
In Bezug auf die Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />
bei tatsächlich oder möglicherweise in Zukunft geplanten<br />
Neueinstellungen schälten sich in den Interviews<br />
vier generalisierbare Richtungen der Argumentation<br />
heraus:<br />
1. Vorbehalte gegen (Langzeit-)Arbeitslose:<br />
Generelle Vorbehalte gegen (Langzeit-)Arbeitslose<br />
wurden zwar nur in einzelnen Betrieben angetroffen.<br />
Von diesen Vorbehalten sind aber ältere Arbeitslose<br />
besonders betroffen, die einen überproportionalen<br />
Anteil der Langzeitarbeitslosen stellen. 64 Von<br />
den betrieblichen Ansprechpartnern wird hier auf<br />
schlechte Erfahrungen verwiesen, die sie im Umgang<br />
mit Arbeitslosen im Betrieb gemacht haben.<br />
Auch gr<strong>und</strong>sätzliche Einwände werden vorgetragen.<br />
Arbeitslosigkeit gilt dann als Indiz einer Negativselektion<br />
am Arbeitsmarkt. Wer entlassen wurde, gilt<br />
als „Spreu“, die vom „Weizen“ getrennt wurde. Echte<br />
Leistungsträger, so ist in diesem Zusammenhang<br />
zu hören, würden eben zuletzt entlassen.<br />
64 S. Seite 7.<br />
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
Aufgr<strong>und</strong> der spezifischen Zusammensetzung des<br />
befragten Betriebspanels, das überproportional technologische<br />
<strong>und</strong> arbeitsorganisatorische Trendsetter-<br />
Betriebe berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass<br />
dieser Standpunkt in der Gesamtheit der regionalen<br />
Betriebe eine größere Wirksamkeit hat als im befragten<br />
Expertenkreis. Daher sollten die genannten<br />
Vorbehalte bei der inhaltlichen Gestaltung von Informationskampagnen<br />
zur Nutzung der Programme<br />
zur Unterstützung der Einstellung älterer Arbeitnehmer<br />
verstärkt berücksichtigt werden.<br />
2. Betriebsspezifische Anforderungen:<br />
Die Wahrscheinlichkeit für die Neueinstellung Älterer<br />
gilt als sehr gering. Nach Einschätzung der Befragten<br />
sind ältere Bewerber mit der passenden Qualifikation<br />
auf dem Arbeitsmarkt nicht zu finden. Die<br />
stark betriebsspezifisch definierten Anforderungen<br />
an die Mitarbeiter bringen es mit sich, dass die erforderlichen<br />
Spezialisten im Betrieb selbst „produziert“<br />
werden müssen.<br />
3. Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten:<br />
Eine Neueinstellung Älterer erscheint prinzipiell<br />
möglich, gilt aber als wenig wahrscheinlich. Der<br />
Vorteil älterer Arbeitnehmer im Betrieb, ihr großes<br />
betriebsspezifisches Know-how, kehrt sich hier quasi<br />
gegen ältere Bewerber; darüber hinaus entwertet<br />
sich die fachliche Qualifikation je nach ihrer<br />
„Halbwertszeit“ mehr oder weniger schnell. Einarbeitung,<br />
Aktualisierung der fachlichen Qualifikation<br />
<strong>und</strong> betriebsspezifische Qualifizierung erfordern daher<br />
einen finanziellen <strong>und</strong> zeitlichen Aufwand, der<br />
in Bezug auf die „Nutzungszeit“ der auf diese Weise<br />
herzustellenden nutzbaren Qualifikation gesetzt<br />
wird. Daher geben nicht wenige Betriebe ein (offenbar<br />
betriebsspezifisch <strong>und</strong> nach gesuchter Qualifikation<br />
stark streuendes) Alterslimit an, ab dem eine<br />
Einstellung unter betriebswirtschaftlichen Aspekten<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich als problematisch gilt.<br />
Betriebe, die eine potenzielle Neueinstellung von älteren<br />
Arbeitnehmern nach diesem Muster beschreiben,<br />
stellen einen großen Anteil an den befragten<br />
Unternehmen. In diesen Betrieben könnten Förderprogramme,<br />
die den Betrieben die Einarbeitungs<strong>und</strong><br />
Qualifizierungskosten senken, zu einer veränderten<br />
betrieblichen Kalkulation führen <strong>und</strong> daher<br />
zur vermehrten Neueinstellung von älteren Arbeitnehmern<br />
beitragen. Eine relativ große Basis für die<br />
Nutzung der Förderprogramme sollte somit in der<br />
Region vorhanden sein.<br />
38 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
4. Systematische Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik:<br />
Im Rahmen einer systematischen Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik sind Neueinstellungen dem<br />
Gesichtspunkt der systematischen Nachwuchsrekrutierung<br />
untergeordnet. Insbesondere Betriebe, die in<br />
Bezug auf eine generationsübergreifende, alternsgerechte<br />
Personalplanungs- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
als Vorreiter gelten müssen, also Betriebe, in denen<br />
Qualifizierung systematisch geplant wird <strong>und</strong><br />
unter Beteiligung der Mitarbeiter in Richtung einer<br />
lebensbegleitenden Qualifizierungsplanung fortgeschritten<br />
wird, ist die Neueinstellung im Wesentlichen<br />
auf die Ausbildung der benötigten Fachkräfte<br />
für den konkreten Bedarf des Betriebs <strong>und</strong> die sich<br />
anschließende kontinuierliche Qualifikationsanpassung<br />
ausgerichtet. In der Entwicklung <strong>und</strong> nachhaltigen<br />
„Pflege“ einer solchen altersgemischten Stammbelegschaft<br />
spielt eine Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />
als Strategie zur Deckung des Fachkräftebedarfs<br />
so gut wie keine Rolle. Diese Betriebe sind<br />
wichtige Vorbilder für die langfristige Lösung der<br />
Probleme des demographischen <strong>Wandel</strong>s; für das<br />
Kurzfristziel der Verminderung der Arbeitslosigkeit<br />
Älterer ergeben sich hier jedoch nur wenig Ansatzpunkte.<br />
Als Zwischenfazit kann hier festgehalten werden, dass<br />
die Rekrutierungspolitik der meisten Betriebe den älteren<br />
Arbeitnehmer nicht im Blick hat. Obwohl im allgemeinen<br />
kein Vorbehalt gegen die Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer geltend gemacht wird <strong>und</strong> die älteren<br />
Mitarbeiter im Betrieb sehr geschätzt werden, wird<br />
bei Neueinstellungen weiterhin fast ausschließlich jugendzentriert<br />
gedacht. Als Hintergr<strong>und</strong> der betrieblichen<br />
Skepsis hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, dass<br />
es zu Neueinstellungen älterer Arbeitnehmer kommt,<br />
ist zum einen die aktuell allgemein geringe Arbeitskräftenachfrage<br />
der befragten Betriebe, zum anderen<br />
der heute noch nicht gespürte Problemdruck zu nennen:<br />
noch kann die betriebliche Nachfrage mit jüngeren Bewerbern<br />
gedeckt werden.<br />
12.2 Branchenbesonderheiten<br />
Im allgemeinen kommt der Branchenzugehörigkeit keine<br />
ausschlaggebende Rolle für die allgemeine Stellung<br />
der Betriebe zur Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />
zu. Bei der Beurteilung der Beschäftigungschancen arbeitsloser<br />
Bewerber scheint der Unterscheidung zwischen<br />
„kaufmännischen“ <strong>und</strong> „gewerblichen“ Funktionen<br />
im Unternehmen eine weitaus größere Bedeutung<br />
zuzukommen, wobei in der Regel im gewerblichen Be-<br />
reich die Chancen der Neueinstellung älterer Bewerber<br />
als noch geringer gelten. Dies findet sich insbesondere<br />
dort, wo die körperliche Leistungsfähigkeit weiterhin<br />
als wichtiges Einstellungskriterium gilt.<br />
In Medienbetrieben erscheint vor dem Hintergr<strong>und</strong> der<br />
Ausführungen in Kapitel 10 die Möglichkeit der Neueinstellung<br />
Älterer äußerst gering. Zwar hielt es ein Teil<br />
der Gesprächspartner für im Prinzip möglich, dass sich<br />
auch ältere Arbeitslose (Qualifikation: Programmierer,<br />
IT-Fachleute) mit einer auf den Bedarf des Betriebs<br />
abgestimmten Qualifizierung einen Wiedereinstieg verschaffen<br />
könnten. Gr<strong>und</strong>lage: die informationstechnischen<br />
Basistechnologien <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen der Anwendungen<br />
ändern sich zum Teil nur langsam; beispielsweise<br />
sollte daher die Kenntnis von Datenbanksystemen/SQL<br />
ermöglichen, sich flexibel <strong>und</strong> schnell in eine<br />
bestimmte Umgebung <strong>und</strong> SQL-Variante einzuarbeiten.<br />
Auf der anderen Seite sind jedoch auch Stellungnahmen<br />
zur Kenntnis zu nehmen, die sich recht kategorisch eine<br />
Beschäftigung Älterer in diesen Funktionsbereichen<br />
nicht vorstellen konnten.<br />
Es bestehen somit, wenn auch nur in beschränktem<br />
Umfang, Möglichkeiten, mit gezielter Qualifizierung<br />
älteren IT-Fachleuten einen Wiedereinstieg bei Mediendienstleistern<br />
zu ermöglichen. Eine konkrete Abstimmung<br />
mit dem zukünftigen Arbeitgeber ist dabei<br />
jedoch unerlässlich: Branchenfremde Qualifikationen<br />
sind nicht nützlich, <strong>und</strong> in einem Fall wurde deutliche<br />
Kritik an den Anbietern von Qualifizierungsmaßnahmen<br />
für arbeitslose IT-Fachleute geübt: „Ältere Bewerber<br />
kommen oft mit tollen Zertifikaten, die sie mit<br />
viel Aufwand erworben haben, die aber an unserem<br />
Bedarf vorbeigehen.“ Demzufolge produziert die eindimensionale<br />
Ausrichtung von Weiterbildungsträgern auf<br />
Microsoft-Produkte bezogen auf den Bedarf der Medienbetriebe<br />
einen Qualifikations-Mismatch, der sich<br />
aus Sicht des Gesprächspartners zukünftig zu verallgemeinern<br />
droht, wofür die zunehmende Verdrängung von<br />
Microsoft-Produkten durch andere (z.T. Open-Source-)<br />
Systeme in den Verwaltungen als Beleg diente.<br />
Im Logistikbereich (insb. Spedition) wird besonders<br />
oft auf das allgemein eher knappe Angebot von Speditionskaufleuten<br />
mit Speditionserfahrung auf dem Arbeitsmarkt<br />
hingewiesen. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> erscheint<br />
es den Interviewpartnern als eher unwahrscheinlich,<br />
dass eine qualifizierte Fachkraft länger arbeitslos<br />
bleiben könne. Hieraus speist sich der Vorbehalt<br />
gegen längerfristig arbeitslose Bewerber, die man<br />
jedoch ohnehin nicht auf dem Arbeitsmarkt vorhanden<br />
sieht. Als Hintergr<strong>und</strong> ist hier auf die oben angeführte<br />
Einschätzung zu verweisen, dass aufgr<strong>und</strong> von Be-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 39
sonderheiten des Speditionsgewerbes <strong>und</strong> der Konkurrenz<br />
der Speditionen mit der Industrie um Logistik-<br />
Fachkräfte deren kaufmännische Abteilungen in der<br />
Regel von „jungen Teams“ dominiert werden. 65<br />
Auch im Handel setzen einige Sparten ganz auf jüngere<br />
Mitarbeiter. Jugendliches Alter <strong>und</strong> modernes Outfit<br />
rechnet man hier zum Betriebskapital von Young Generation<br />
Shops.<br />
12.3 Bekanntheit, Nutzung <strong>und</strong> Optimierungsmöglichkeiten<br />
der Förderprogramme<br />
zur Einstellung von älteren<br />
Arbeitslosen<br />
Zentrales Anliegen der Untersuchung war es, Möglichkeiten<br />
zu ermitteln, wie die Akzeptanz der Förderprogramme,<br />
insb. des Landesprogramms verbessert werden<br />
kann. 66<br />
Die Frage nach der Bekanntheit der Förderprogramme<br />
bringt zu Tage, dass diese Programme in einem erheblichen<br />
Teil der Betriebe weitgehend unbekannt sind, <strong>und</strong><br />
zwar in dem Sinn, dass die befragten Experten zwar<br />
meist von der Existenz der Programme wissen, aber<br />
über die Inhalte, Bedingung <strong>und</strong> Umfang der Fördermöglichkeiten<br />
nur sehr rudimentär informiert sind. 67<br />
In den Gesprächen wurde deutlich, dass der Gr<strong>und</strong> nur<br />
sehr teilweise in einer eventuell suboptimal durchgeführten<br />
Informationspolitik der fördernden Stellen <strong>und</strong><br />
Kammern zu suchen sein dürfte. Denn bei realistischem<br />
Blick erscheint ein anderer Faktor ausschlaggebend dafür,<br />
dass sich der Bedarf an Informationen über die einschlägigen<br />
Förderprogramme <strong>und</strong> damit die Informiertheit<br />
der Betriebe in Grenzen hält. Die dargestellte geringe<br />
Bedeutung, die die Betriebe der Neueinstellung<br />
älterer Arbeitnehmer zumessen, bzw. das geringe Interesse<br />
an der Berücksichtigung Älterer im Rahmen der<br />
Rekrutierungsstrategien lassen auch das Interesse an Informiertheit<br />
über die einschlägigen Förderprogramme<br />
eher gering ausfallen.<br />
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
Lohnkostenzuschüsse sind nicht der primäre<br />
Hebel für eine verstärkte Neueinstellung älterer<br />
Arbeitnehmer, aber eine wichtige Bedingung<br />
Nicht wenige, insb. kleinere Betriebe sehen zwar die<br />
Subventionierung von Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten<br />
in der Rolle eines „Züngleins an der Waage“,<br />
die bei vergleichbarer Gr<strong>und</strong>qualifikation die Entscheidung<br />
zugunsten des älteren Stellenbewerbers beeinflussen<br />
kann. Wenn die befragten Experten unabhängig<br />
von ihrem Personalbedarf über die politische<br />
Bedeutung der Förderprogramme urteilen, werden diese<br />
als unverzichtbare Bedingung dafür wahrgenommen,<br />
die Chancen der Einstellung älterer Arbeitsloser zu steigern.<br />
Jede auf Basis dieser Programme vorgenommene<br />
Reintegration eines älteren Arbeitnehmers in ein Beschäftigungsverhältnis<br />
unterstreicht dies auch aus Sicht<br />
der Gesprächspartner. Mitnahmeeffekte, die nicht auszuschließen<br />
sind, sollten daher das Instrument insgesamt<br />
nicht in Frage stellen.<br />
Es darf dabei jedoch nicht übersehen werden, dass in<br />
aller Regel die Förderung nicht den Ausschlag für eine<br />
vorgenommene oder für möglich gehaltene Neueinstellung<br />
eines älteren Arbeitslosen gab, sondern dessen<br />
Qualifikation. So berichten Betriebe über Neueinstellungen<br />
älterer Arbeitnehmer auf Basis dessen, dass<br />
ihnen der Bewerber <strong>und</strong> seine Qualifikation detailliert<br />
bekannt war (im Beispiel: vorheriger Arbeitgeber ist<br />
Geschäftspartner, der Personal reduzieren musste). Seine<br />
Qualifikation machte ihn trotz relativ hohen Lohnniveaus<br />
interessant für den Betrieb. Es zeigt sich auch<br />
in diesem Beispiel, dass die Lohnkosten eben nur ein<br />
Bilanzposten sind; Leistung durch Qualifikation, Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Belastbarkeit stehen auf der anderen<br />
Seite. Und erst das Verhältnis über Kosten <strong>und</strong> Ertrag<br />
pro Mitarbeiter entscheidet über den betriebswirtschaftlichen<br />
Nutzen der Beschäftigung.<br />
65 Vgl. Kapitel 10.<br />
66 Kurze Vorstellung der Förderprogramme in Teil A, ab S. 13.<br />
67 Bei der Auswertung der Expertenantworten ist zu berücksichtigen, dass bei der Auswahl der betrieblichen Experten für das Monitoring-<br />
System, das in erster Linie auf die Ermittlung neuer Qualifikationsanforderungen ausgerichtet ist, Qualifizierungsverantwortliche präferiert<br />
wurden, so dass sich vereinzelt (Großbetriebe) der befragte Experte nicht als der ideale Ansprechpartner für die hier diskutierte<br />
Fragestellung herausstellte. Es kann daher nicht ausgeschossen werden, dass eine ausdrückliche Befragung der Personalverantwortlichen<br />
zu diesem Punkt unter Umständen ein in der Tendenz etwas „besseres“ Ergebnis erbracht hätte. In der Mehrzahl gerade der<br />
kleineren Betriebe fallen die Antwortkompetenzen jedoch in der befragten Person zusammen.<br />
40 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
Wie lassen sich die Förderprogramme aus<br />
Sicht der Betriebe optimieren?<br />
Wenn die reine Lohnsubvention somit nicht als hinreichend<br />
gelten kann, um die Neueinstellung älterer Arbeitnehmer<br />
zu fördern, stellt sich die Frage, wie die<br />
oft als Einstellungshindernis genannten Qualifikationslücken<br />
älterer Bewerber im Rahmen einer Förderstrategie<br />
angegangen werden könnten. Das Gespräch mit<br />
den betrieblichen Experten konzentrierte sich daher hier<br />
meist schnell auf die Frage, ob <strong>und</strong> welche Qualifizierungsmaßnahmen<br />
möglich sind, um älteren Arbeitnehmern<br />
dennoch den Weg in ein Beschäftigungsverhältnis<br />
zu öffnen.<br />
Von den betrieblichen Experten wurden Strategien angeregt,<br />
die in folgende Richtung zielen:<br />
1. Stärkere Einzelfallausrichtung der Vermittlung<br />
<strong>und</strong> Qualifizierung, wie sie mit „Job-Aqtiv“ bereits<br />
auf den Weg gebracht ist.<br />
Je besser das „Profiling“, um so besser können<br />
die Betriebe vorhandene <strong>und</strong> evtl. noch herzustellende<br />
Qualifikationen <strong>und</strong> damit die Einarbeitungskosten<br />
einschätzen. Dies schafft eine verbesserte<br />
Basis zur Kalkulation mit den gebotenen<br />
Lohnzuschüssen.<br />
2. Individuelle betriebsspezifische Anpassung der<br />
Qualifikation.<br />
Beispiel: In einem kleinen Metallbetrieb werden<br />
Präzisionsteile in Einzelfertigung (Prototypen)<br />
<strong>und</strong> Kleinserien hergestellt. Hierbei kommt es sowohl<br />
auf die „handwerkliche“ Basisqualifikation<br />
<strong>und</strong> Erfahrung an wie auf die Beherrschung der<br />
aktuellen CNC-Maschinengeneration. Ältere Bewerber<br />
verfügen zwar über „Metall-Erfahrung“,<br />
oft aber nicht über die Qualifikation in den aktuell<br />
modernen Fertigungstechniken, die eine relativ<br />
kurze Halbwertszeit aufweisen. Eine entsprechende<br />
Nachqualifikation arbeitsloser älterer<br />
Metallfacharbeiter bezeichnete ein Gesprächspartner<br />
als „Tüpfelchen auf dem I“, das den Bewerber<br />
für den Betrieb trotz der hier als Problem<br />
gesehenen Gehaltsvorstellungen älterer Bewerber<br />
wieder interessant machen könnte.<br />
Eine solche Qualifizierung wird jedoch meist mit<br />
der Vorstellung verb<strong>und</strong>en, dass sie in konkreter<br />
Abstimmung mit dem Betrieb erfolgen sollte.<br />
68 S. hierzu auch S. 15.<br />
3. Zeitarbeit als Gr<strong>und</strong>lage für eine mögliche folgende<br />
Festeinstellung.<br />
Zeitarbeit, die in dieser Funktion besonders oft in<br />
Logistikbetrieben ins Spiel gebracht wurde, erlaubt,<br />
potenzielle Mitarbeiter kennen zu lernen<br />
<strong>und</strong> mögliche Qualifizierungsdefizite zu bestimmen.<br />
Eine Förderung dieser spezifischen Qualifizierung<br />
könne daher die Chancen für eine Übernahme<br />
in ein festes Beschäftigungsverhältnis im<br />
Betrieb verbessern.<br />
4. Einige Betriebe schlugen aus ihrer praktischen<br />
Erfahrung heraus vor, sich bei der Organisation<br />
von Qualifizierungsmaßnahmen älterer<br />
Arbeitnehmer an erfolgreichen Modellen von<br />
Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsgesellschaften<br />
zu orientieren. 68<br />
12.4 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Auch wenn es längerfristig darauf ankommt, dass sich<br />
die Betriebe mit einer neuen alternsgerechten Personalpolitik<br />
auf den demographischen <strong>Wandel</strong> einstellen,<br />
bleibt kurzfristig die Reintegration Älterer in den ersten<br />
Arbeitsmarkt ein wichtiges, zugleich aber schwieriges<br />
Unterfangen.<br />
Programme wie „50+ – die können es“ sind daher –<br />
auch im Urteil der Betriebe – eine unverzichtbare Basis<br />
zur Verbesserung der Neueinstellungschancen älterer<br />
Arbeitnehmer <strong>und</strong> haben auch weiterhin ihre Berechtigung.<br />
Erforderlich ist daher zunächst eine Verbesserung des<br />
Informationsangebots, denn der Informationsstand in<br />
den Betrieben über diese Förderprogramme muss als<br />
defizitär bezeichnet werden. Insbesondere das genaue<br />
Angebot des Landesprogramms ist vielen Betrieben unbekannt.<br />
Ein Interesse an mehr Informationen kann vorausgesetzt<br />
werden: In den Interviews, die auch zur Information<br />
der Betriebe über die Förderangebote genutzt<br />
wurden, zeigten sich die Gesprächspartner oft interessiert<br />
an den Details der Programme, an weiteren Informationsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Ansprechpartnern. Die dargestellten<br />
Gründe des Informationsdefizits machen jedoch<br />
deutlich, dass ein bloßes Mehr an Information allein<br />
nicht ausreichen wird, um die Kenntnis <strong>und</strong> Nutzung<br />
der Programme in den Betrieben zu verbessern.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 41
Passgenaue Qualifizierung<br />
Überlegungen in Richtung einer Änderung der Bedingungen<br />
der Förderung (etwa zur Weiterbeschäftigungsverpflichtung)<br />
können im Einzelfall zu einer Einstellung<br />
beitragen; ein Durchbruch kann hiervon jedoch<br />
nicht erwartet werden. Ebenso scheint auch eine Ausweitung<br />
des Umfangs der Förderung – etwa im Sinne<br />
einer Erhöhung des prozentualen Anteils, in dem<br />
Lohnkosten übernommen werden – nur begrenzt Erfolg<br />
versprechend. Unsere Untersuchung kommt hier zu einer<br />
ähnlich skeptischen Einschätzung wie die in Teil A<br />
vorgestellte IAB-Untersuchung (Koller/Gruber 2001, s.<br />
Seite 21).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollten sich Überlegungen zur<br />
Optimierung der Förderprogramme vor allem auf die<br />
betriebsspezifische Qualifizierung konzentrieren <strong>und</strong><br />
die Möglichkeit einer Modifikation des Bremer Landesprogramms<br />
in diesem Sinn diskutiert werden. Eine<br />
stärkere Ausrichtung der regionalen Förderung auf eine<br />
mit den Betrieben abgestimmte Qualifizierung dürfte<br />
ein größeres Potenzial zur Verbesserung der Beschäftigungschancen<br />
älterer Arbeitnehmer haben als ein ergänzender<br />
„nackter“ Lohnkostenzuschuss.<br />
Einige Module des Berichts der Hartz-Kommission 69 ,<br />
12 Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer bei Neueinstellungen<br />
die zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht vorlagen,<br />
daher nicht mit den Betrieben erörtert werden konnten,<br />
aber hier trotz ihrer aktuellen Umstrittenheit Erwähnung<br />
finden müssen, könnten mit betrieblicher Akzeptanz<br />
rechnen.<br />
Insbesondere Überlegungen, in die Arbeitsverwaltung<br />
neue Formen von Zeitarbeitsgesellschaften („Personal<br />
Service Agenturen“, Kurzfassung S. 29) zu integrieren,<br />
die zugleich eine betriebsnahe Qualifizierung ermöglichen,<br />
kommen den Betrieben entgegen <strong>und</strong> könnten ein<br />
Ansatz sein, in dessen Rahmen die spezifische finanzielle<br />
Förderung der Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />
eine optimale Wirksamkeit mit hohen Chancen auf eine<br />
Integration in Beschäftigungsverhältnisse entfalten<br />
könnte.<br />
Die Vorschläge zur Einrichtung eines „Bridge-<br />
Systems“ (S. 26 der Kurzfassung des Hartz-Berichts),<br />
das es über 55-Jährigen ermöglichen soll, vorzeitig aus<br />
der Betreuung durch das Job-Center auszusteigen, reflektieren<br />
allerdings die realistische Skepsis bezüglich<br />
der Chancen, durch Förderung <strong>und</strong> Qualifizierung einen<br />
gr<strong>und</strong>legenden Abbau der Arbeitslosigkeit Älterer erreichen<br />
zu können.<br />
69 Download der Kurzfassung: bmairacer.workbox.de/Hartz-Kommission/download/Bericht-Kurzfassung.pdf<br />
42 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
Resümee<br />
Teil C: Resümee<br />
1. Betriebliche Vorurteile gegenüber älteren Arbeitnehmern<br />
sind nicht die Ursache für eine<br />
mangelnde Inanspruchnahme öffentlicher Fördermaßnahmen.<br />
Nahezu ausnahmslos haben sich die befragten Personalverantwortlichen<br />
sachlich <strong>und</strong> frei von immer noch gängigen<br />
Vorurteilen dem Problem der Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer gestellt. Defizithypothesen, die dem<br />
Alter pauschal eine geminderte Leistungsfähigkeit oder<br />
Qualifikation nachsagen, wurden teilweise sogar vehement<br />
zurückgewiesen. Stattdessen haben die Befragten<br />
betont, dass die Qualifikation <strong>und</strong> Eignung, nicht das<br />
Alter maßgebliches Kriterium ihrer Personalentscheidungen<br />
sei.<br />
Dieses erste Resümee verdient deshalb festgehalten zu<br />
werden, weil in der Diskussion über die Akzeptanz öffentlicher<br />
Fördermaßnahmen für ältere Arbeitnehmer<br />
häufig die Hypothese zu hören ist, dass Vorurteile seitens<br />
der Betriebe über die Eignung Älterer das erste <strong>und</strong><br />
größte Hindernis auf dem Weg zu ihrer Beschäftigung<br />
darstellen. Diese Untersuchung kommt zu dem Schluss,<br />
dass die befragten Unternehmungen für die Problematik<br />
älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> ihrer Beschäftigung sensibilisiert<br />
sind <strong>und</strong> Stereotypen nur noch am Rande eine<br />
Rolle spielen.<br />
2. Eine alternsgerechte betriebliche Personal<strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik erfordert innovative<br />
Arbeitsorganisation sowie präventiven<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz.<br />
In den meisten Betrieben ist ein Umdenkprozess in<br />
Gang gekommen. Es kann festgehalten werden, dass<br />
die Betriebe in ihren Einstellungen bereits deutlich auf<br />
Distanz zur bisherigen jugendzentrierten Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik gehen. Die Arbeit in altersgemischten<br />
Teams gilt als Idealfall. „Nicht das Alter, die<br />
individuelle Eignung <strong>und</strong> Qualifikation entscheidet.“ –<br />
so der Tenor der betrieblichen Stellungnahmen.<br />
Allerdings muss diese Einstellung zum größten Teil erst<br />
noch die betriebliche Praxis ergreifen <strong>und</strong> entsprechend<br />
die Arbeitsbedingungen verändern.<br />
Eine Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik, die das Altern<br />
der Belegschaft zu einem zentralen Ansatzpunkt<br />
für betriebliche Entscheidungen macht, geht über die<br />
bloße Abkehr vom Alter als (negativem) Kriterium hinaus,<br />
<strong>und</strong> erfordert eine Neuorientierung insbesondere<br />
auf den folgenden betrieblichen Handlungsfeldern:<br />
⊲ Innovative Arbeitsorganisation<br />
Die von den Betrieben geschätzten Vorteile der Arbeit<br />
in altersgemischten Teams stellen sich nicht<br />
automatisch ein, sondern erfordern eine neue Gestaltung<br />
der Arbeitsprozesse. Jung <strong>und</strong> Alt weisen<br />
verschiedene Leistungsprofile auf: während jüngere<br />
Mitarbeiter in der Regel bei körperlich schweren<br />
Arbeiten oder in Stresssituationen die höhere Belastbarkeit<br />
aufweisen, dominieren Ältere in Funktionen,<br />
bei denen Erfahrung, Routine <strong>und</strong> soziale Kompetenz<br />
den Ausschlag geben. Es ist also eine Frage<br />
innovativer Arbeitsorganisation, die richtige Qualifikation<br />
an die passende Stelle des Betriebes zu platzieren,<br />
um durch die Allokation auch die optimale<br />
Nutzung der Humanressource zu gewährleisten.<br />
⊲ Präventiver Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />
Die dauerhafte <strong>und</strong> nachhaltige Nutzung der Humanressource<br />
verlangt einen betriebswirtschaftlich<br />
vertretbaren <strong>und</strong> schonenden Umgang mit der<br />
Ges<strong>und</strong>heit. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung,<br />
kraftsparende Technik, flexible Arbeitsorganisation,<br />
die Stress <strong>und</strong> Monotonie meidet – das sind Eckpfeiler<br />
moderner Personalpolitik. Je mehr sie Berücksichtigung<br />
finden, desto weniger schlägt der Unterschied<br />
im Leistungsprofil zwischen Jüngeren <strong>und</strong><br />
Älteren überhaupt zu Buche. Und der Erhaltung einer<br />
insgesamt betriebsnützlichen Belegschaft ist so<br />
optimal gedient.<br />
Eine wesentlich von diesen Momenten getragene betriebliche<br />
Managementleitlinie, die nicht das Alter,<br />
wohl aber das Altern der Belegschaft zum Ausgangspunkt<br />
für eine generationsübergreifende Gestaltung der<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsentscheidungen macht, ist<br />
jedoch noch nicht allgemein als Zielvorstellung in den<br />
Betrieben verankert. Bei heute noch geringem Problemdruck<br />
werden die Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
noch zu sehr als „zukünftiges“ Problem gesehen.<br />
Eine systematische Auseinandersetzung mit den Folgen<br />
der demographischen Veränderungen findet erst in wenigen<br />
Vorreiterbetrieben statt.<br />
Die Förderung einer alternsgerechten Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik in den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
der Region sollte daher ein Förderschwerpunkt<br />
bei der Flankierung des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
werden. Handlungsoptionen bestehen auf folgenden<br />
Feldern:<br />
⊲ Information: Der Kenntnisstand über die weitreichenden<br />
Folgen des demographischen <strong>Wandel</strong>s, auf<br />
die heute bereits in der betrieblichen Organisationsentwicklung<br />
zu reagieren ist, muss als noch zu ge-<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 43
ing angesehen werden. Berücksichtigt man, dass<br />
in unserem Panel Trendsetterbetriebe überdurchschnittlich<br />
vertreten sind, dürfte der Informations<strong>und</strong><br />
Unterstützungsbedarf für das Gros der kleinen<br />
<strong>und</strong> mittleren Unternehmen erheblich sein, damit<br />
diese rechtzeitig die erforderlichen Veränderungen<br />
erkennen <strong>und</strong> gestalten können.<br />
⊲ Entwicklung von regionalen Modellprojekten, die<br />
kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen beim Aufbau einer<br />
alternsgerechten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />
unterstützen. Die Integration eines generationsübergreifenden<br />
vorbeugenden Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />
sollte dabei ein zentraler Gesichtspunkt<br />
sein. Vorhandene Beispiele <strong>und</strong> Projekte aus anderen<br />
Regionen könnten hier Impulse geben.<br />
⊲ Vorstellung von „best practice“-Beispielen einer alternsgerechten<br />
Personalpolitik, die Möglichkeiten<br />
für die Umsetzung eines betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsschutzes<br />
unter der Perspektive einer „nachhaltigen<br />
Nutzung“ des Humankapitals insbesondere für kleine<br />
<strong>und</strong> mittlere Betriebe aufzeigen können. Die Organisation<br />
eines Betriebsbesuchsprogramms könnte<br />
hierfür eine ansprechende Form darstellen.<br />
3. Qualifizierung in altersheterogenen Teams<br />
stellt Betriebe <strong>und</strong> Weiterbildungsträger vor<br />
neue Aufgaben.<br />
Die Betriebe formulieren als ihr Ziel die Integration<br />
der älteren Mitarbeiter in die Qualifizierungsplanung:<br />
„Nicht das Alter entscheidet über die Teilnahme an<br />
Qualifizierung, sondern der Bedarf.“ Es ist somit festzuhalten,<br />
dass sich die Betriebe auch in Fragen der<br />
Qualifizierung von jugendzentrierten Sichtweisen deutlich<br />
distanzieren. Sie sind jedoch im Allgemeinen noch<br />
nicht dazu übergegangen, das Altern der Belegschaften,<br />
feststellbare altersspezifische Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />
sowie Fragen des Lernens in altersgemischten<br />
Teams systematisch in ihrer Qualifizierungsplanung zu<br />
berücksichtigen. Zugleich formulieren sie jedoch bereits<br />
entsprechende Kritik an herkömmlichen Formen<br />
der Wissensvermittlung. Es besteht Handlungsbedarf<br />
mit Optionen auf folgenden Feldern:<br />
⊲ EDV bzw. moderne IT-Technik sind weiterhin Felder<br />
eines Qualifizierungsdefizits älterer Arbeitnehmer;<br />
ein Aufholen dieses Defizits ist kurzfristig erforderlich,<br />
um die Innovations- <strong>und</strong> Beschäftigungsfähigkeit<br />
älterer Arbeitnehmer abzusichern.<br />
⊲ Die Information der Betriebe über das Job-Aqtiv-<br />
Gesetz, auch in Verbindung mit dem arbeitsmarktpolitischen<br />
Instrument JobRotation, sollte dessen Möglichkeiten<br />
der Qualifikationsförderung älterer Be-<br />
Resümee<br />
schäftigter im Betrieb mehr in den Vordergr<strong>und</strong> stellen.<br />
⊲ Die Weiterbildungsträger müssen sich darauf einstellen,<br />
dass die Betriebe im Zuge des demographischen<br />
<strong>Wandel</strong>s vermehrt das Kursangebot daran<br />
messen, ob es ein Lernen in altersgemischten<br />
Gruppen ermöglicht <strong>und</strong> optimal unterstützt. Der erwachsenenpädagogischen<br />
Kompetenz der Qualifikateure<br />
kommt damit ein deutlich höherer Stellenwert<br />
zu. Insofern ist – soweit nicht bereits in Angriff<br />
genommen – eine schnelle Umsetzung der Ergebnisse<br />
der erwachsenenpädagogischen Forschungsergebnisse<br />
im Angebot der Weiterbildungsträger erforderlich.<br />
⊲ Wissensmanagement könnte in Zukunft verstärkt eine<br />
Funktion für eine Absicherung der Beschäftigung<br />
Älterer im Betrieb erhalten. Durch eine institutionalisierte<br />
Form der Einbindung der Älteren in das betriebliche<br />
Wissensmanagement könnte eine Vertrauensbasis<br />
geschaffen werden, die dem „Mauern“ Älterer<br />
beim Know-how-Transfer entgegenwirkt; dies<br />
wäre zugleich ein Beitrag zur Optimierung des Wissenstransfers,<br />
der bislang eher zufällig <strong>und</strong> unkontrolliert<br />
stattfindet.<br />
Wissensmanagement sollte daher – unter diesem Gesichtspunkt<br />
betrachtet – Bestandteil von Projekten<br />
sein, die kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen bei der<br />
Implementierung einer neuen alternsgerechten Personalpolitik<br />
unterstützen.<br />
⊲ Vereinzelt finden sich noch Betriebe, in denen im<br />
Sinne von wissenschaftlich überholten Defizitmodellen<br />
von einer gr<strong>und</strong>sätzlich, quasi natürlich abnehmenden<br />
Lernfähigkeit älterer Arbeitnehmer ausgegangen<br />
wird. Es wäre Aufgabe insbesondere der<br />
Kammern, diesem betrieblichen Informationsdefizit<br />
entgegen zu wirken.<br />
4. Förderung der Neueinstellung von Älteren<br />
sollte stärker auf individuelle Qualifizierung<br />
ausgerichtet werden.<br />
Unter gesamtgesellschaftlichen <strong>und</strong> volkswirtschaftlichen<br />
Gesichtspunkten stellt die Arbeitslosigkeit anerkanntermaßen<br />
ein großes Problem dar, für die Betroffenen,<br />
aber auch für die sozialen Sicherungssysteme, die<br />
bei sinkenden Einnahmen <strong>und</strong> steigenden Ausgaben an<br />
die Grenzen ihrer Funktionsfähigkeit stoßen. Überproportional<br />
sind dabei ältere Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit<br />
betroffen.<br />
Die Förderung der Berücksichtigung älterer Arbeitnehmer<br />
bei Neueinstellungen bleibt damit ein wichtiges<br />
Ziel. Die vorliegende Untersuchung kommt jedoch zu<br />
44 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
Resümee<br />
dem Resultat, dass die Rekrutierungspolitik der meisten<br />
Betriebe den älteren Arbeitnehmer nicht im Blick<br />
hat. Obwohl im allgemeinen kein Vorbehalt gegen die<br />
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer geltend gemacht<br />
wird <strong>und</strong> die älteren Mitarbeiter im Betrieb sehr geschätzt<br />
werden, wird bei Neueinstellungen weiterhin<br />
fast ausschließlich jugendzentriert gedacht. Als Hintergr<strong>und</strong><br />
der betrieblichen Skepsis hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit,<br />
dass es zu Neueinstellungen älterer Arbeitnehmer<br />
kommt, ist zum einen die aktuell allgemein<br />
geringe Arbeitskräftenachfrage der befragten Betriebe,<br />
zum anderen der heute noch nicht gespürte Problemdruck<br />
zu nennen: noch kann die betriebliche Nachfrage<br />
mit jüngeren Bewerbern gedeckt werden. Auf dieser<br />
Basis bleiben die vorhandenen <strong>und</strong> allgemein bekannten<br />
Beschäftigungshemmnisse für ältere Arbeitnehmer<br />
weiter wirksam.<br />
Da Einarbeitungs- <strong>und</strong> Qualifizierungskosten in vielen<br />
Betrieben eine zentrale Rolle als Hemmnis für die Einstellung<br />
Älterer spielen, sind Programme, die die Betriebe<br />
im Sinne einer Lohnsubventionierung unterstützen,<br />
eine unverzichtbare Basis zur Verbesserung der<br />
Neueinstellungschancen älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> haben<br />
auch weiterhin ihre Berechtigung. Die Lohnsubventionierung<br />
wird als „Zünglein an der Waage“ gewertet,<br />
das dann die Entscheidung beeinflusst, wenn alle<br />
anderen Kriterien erfüllt sind, darunter vorrangig Qualifikation<br />
<strong>und</strong> Eignung.<br />
Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass in aller Regel<br />
die Förderung nicht den Ausschlag für eine vorgenommene<br />
oder für möglich gehaltene Neueinstellung<br />
eines älteren Arbeitslosen gab, sondern dessen Qualifikation.<br />
Eine reine Lohnsubvention kann somit nicht<br />
als hinreichend gelten, um die Neueinstellung älterer<br />
Arbeitnehmer zu fördern. Aus den Betrieben wurden<br />
in diesem Zusammenhang folgende Anregungen eingebracht:<br />
⊲ Stärkere Einzelfallausrichtung der Vermittlung <strong>und</strong><br />
Qualifizierung: Das „Profiling“ erlaubt es den Betrieben,<br />
vorhandene <strong>und</strong> evtl. noch herzustellende<br />
Qualifikationen <strong>und</strong> damit die Einarbeitungskosten<br />
besser einzuschätzen. Dies schafft eine verbesserte<br />
Basis zur Kalkulation mit den gebotenen Lohnzuschüssen.<br />
⊲ Individuelle betriebsspezifische Anpassung der Qualifikation:<br />
Durch eine mit dem Betrieb abgestimmte<br />
Nachqualifikation arbeitsloser älterer Bewerber als<br />
„Tüpfelchen auf dem I“ kann dieser für den Betrieb<br />
interessant gemacht werden.<br />
⊲ Zeitarbeit als Gr<strong>und</strong>lage für eine mögliche folgende<br />
Festeinstellung: Zeitarbeit erlaubt den Betrieben,<br />
potenzielle Mitarbeiter kennen zu lernen <strong>und</strong> mögliche<br />
Qualifizierungsdefizite zu bestimmen. Auf dieser<br />
Basis kann die Förderung dieser spezifischen<br />
Qualifizierung die Chancen für eine Übernahme in<br />
ein festes Beschäftigungsverhältnis im Betrieb verbessern.<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> lassen sich die folgenden Optionen<br />
zur Verbesserung der Akzeptanz der Förderprogramme<br />
angeben:<br />
⊲ Information<br />
Erforderlich ist daher zunächst eine Verbesserung<br />
des Informationsangebots, denn der Informationsstand<br />
in den Betrieben über diese Förderprogramme<br />
muss als defizitär bezeichnet werden. Insbesondere<br />
das genaue Angebot des Landesprogramms ist vielen<br />
Betrieben unbekannt. Ein Interesse an mehr Informationen<br />
kann vorausgesetzt werden: In den Interviews,<br />
die auch zur Information der Betriebe über<br />
die Förderangebote genutzt wurden, zeigten sich die<br />
Gesprächspartner oft interessiert an den Details der<br />
Programme, an weiteren Informationsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Ansprechpartnern. Ein bloßes Mehr an Information<br />
wird allerdings allein nicht ausreichen, um die<br />
Akzeptanz der Programme in den Betrieben zu verbessern.<br />
⊲ Passgenaue Qualifizierung<br />
Überlegungen zur Optimierung der Förderprogramme<br />
sollten sich vor allem auf die betriebsspezifische<br />
Qualifizierung konzentrieren, <strong>und</strong> die Möglichkeit<br />
einer Modifikation des Bremer Landesprogramms<br />
sollte in diesem Sinn diskutiert werden. Eine stärkere<br />
Ausrichtung der regionalen Förderung auf eine<br />
mit den Betrieben abgestimmte Qualifizierung dürfte<br />
ein größeres Potenzial zur Verbesserung der Beschäftigungschancen<br />
älterer Arbeitnehmer haben als<br />
ein ergänzender „nackter“ Lohnkostenzuschuss.<br />
Einige Module des Berichts der Hartz-Kommission<br />
könnten hier auf betriebliche Akzeptanz rechnen.<br />
Insbesondere Überlegungen, in die Arbeitsverwaltung<br />
neue Formen von Zeitarbeitsgesellschaften<br />
(„Personal Service Agenturen“) zu integrieren, die<br />
zugleich eine betriebsnahe Qualifizierung ermöglichen,<br />
kommen den Betrieben entgegen <strong>und</strong> könnten<br />
ein Ansatz sein, in dessen Rahmen die spezifische<br />
finanzielle Förderung der Qualifizierung älterer<br />
Arbeitnehmer eine optimale Wirksamkeit mit hohen<br />
Chancen auf eine Integration in Beschäftigungsverhältnisse<br />
entfalten könnte.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 45
Auch wenn diese Optionen genutzt werden können <strong>und</strong><br />
sollten, um die Vermittlungschancen älterer Arbeitsloser<br />
auf Basis der bestehenden bzw. eventuell zu modifizierenden<br />
Förderprogramme zu verbessern, kommt<br />
auch die vorliegende Untersuchung nicht umhin, sich<br />
skeptisch bezüglich der Chancen zu äußern, durch Förderung<br />
<strong>und</strong> Qualifizierung einen gr<strong>und</strong>legenden Abbau<br />
der heutigen Arbeitslosigkeit Älterer erreichen zu können.<br />
Die Vorschläge der Hartz-Kommission zur Einrichtung<br />
eines „Bridge-Systems“, das es über 55-Jährigen ermöglichen<br />
soll, vorzeitig aus der Betreuung durch das<br />
Job-Center auszusteigen, belegen, dass auch andernorts<br />
davon ausgegangen wird, dass die Aufnahme einer Beschäftigung<br />
nicht für alle älteren Arbeitslosen realisierbar<br />
sein wird, <strong>und</strong> dass daher auch andere Wege gef<strong>und</strong>en<br />
werden müssen, um mit dem Problem der Arbeitslosigkeit<br />
Älterer sozialverträglich umzugehen.<br />
5. Eine projektorientierte Kooperation zwischen<br />
Kammern, Verbänden, Gewerkschaften<br />
<strong>und</strong> Ämtern kann zusätzliche erfolgversprechende<br />
Initiativen für die Beschäftigung Älterer<br />
auf den Weg bringen <strong>und</strong> alternsgerechte<br />
Personalpolitik fördern.<br />
Diese Untersuchung fühlt sich zu dieser Schlussfolgerung<br />
ermutigt, weil zahlreiche Personalverantwortliche<br />
in den Expertengesprächen für eine neue Kreativität votiert<br />
haben.<br />
So schlugen einige Betriebe aus ihrer praktischen Erfahrung<br />
heraus vor, sich bei der Organisation von Qualifizierungsmaßnahmen<br />
für ältere Arbeitnehmer an erfolgreichen<br />
Modellen von Beschäftigungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsgesellschaften<br />
zu orientieren.<br />
In Kapitel 6 wurde auf einige innovative Projekte verwiesen,<br />
in denen Handels- <strong>und</strong> Handwerkskammern,<br />
Arbeitsämter, Weiterbildungsträger <strong>und</strong> Verbände kooperieren,<br />
um neue Wege zur Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer zu gehen. Die genannten Praxisbeispiele<br />
– erneut sei insbesondere auf das Internetportal<br />
www.demotrans.de verwiesen – können den regionalen<br />
Akteuren Anregungen für neue Initiativen im Lande<br />
Bremen geben.<br />
Nicht jede neue Idee muss notwendig erfolgreich sein<br />
– aber die auch andernorts erzielten Erfolge sind Gr<strong>und</strong><br />
genug, darüber nachzudenken.<br />
Resümee<br />
46 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
Literatur<br />
Literatur<br />
[Arbeit & Ökologie-Briefe 5/2002] Arbeit & Ökologie-Briefe, Fachzeitschrift für Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits-, Umweltschutz<br />
<strong>und</strong> Nachhaltigkeit, Heft 5/2002.<br />
[Arbeit & Ökologie-Briefe 8/2002] Arbeit & Ökologie-Briefe, Fachzeitschrift für Arbeits-, Ges<strong>und</strong>heits-, Umweltschutz<br />
<strong>und</strong> Nachhaltigkeit, Heft 8/2002, Internet: www.oekobriefe.de.<br />
[Arbeitsmarkt 2001] Arbeitsmarkt 2001, Amtliche Nachrichten der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Sondernummer vom<br />
17. Juni 2002.<br />
[Axhausen/Röhrig 1999] Axhausen, Silke; Rolf Röhrig: Bericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Projekt<br />
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Förderung der beruflichen Handlungskompetenz in den Bereichen CNC <strong>und</strong> Steuerungstechnik“. Unveröff.<br />
Zwischenbericht, Veröffentlichung (Hg. B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB)) für 2002 geplant.<br />
[Barkholdt 2001] Barkholdt, Corinna: Qualifizierung älterer Arbeitnehmerinnen <strong>und</strong> Arbeitnehmer. (Gesprächskreis<br />
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Ländern der Europäischen Union. Empirische Situation <strong>und</strong> sozialrechtliche Regelungen beim Übergang in<br />
den Ruhestand. Beiträge zur Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung (BetrAB) 218. Hg. Institut für Arbeitsmarkt<strong>und</strong><br />
Berufsforschung (IAB) der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Nürnberg, 1999.<br />
[Bellmann/Lahner 2002] Bellmann, Lutz; Manfred Lahner: Wider den populären Unsinn. In: IAB Materialien Nr.<br />
1, 2002.<br />
[BLK 2001] Zukunft von Arbeit <strong>und</strong> Bildung. Perspektiven von Arbeitskräftebedarf <strong>und</strong> -angebot bis 2015. Bericht<br />
der B<strong>und</strong>-Länder-Kommission für Bildungsplanung <strong>und</strong> Forschungsförderung (BLK) an die Regierungschefs<br />
von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern, 29. Oktober 2001.<br />
[Buck 2001] Buck, Hartmut: Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong> demographischer <strong>Wandel</strong> – Ziele <strong>und</strong> Herausforderungen.<br />
In: Bullinger, Hans-Jörg [Hg.]: Zukunft der Arbeit in einer alternden Gesellschaft. (Broschürenreihe:<br />
Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit.) Stuttgart, 2001.<br />
[Buck/Kistler/Mendius 2002] Buck, Hartmut; Ernst Kistler; Hans Gerhard Mendius: <strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> in<br />
der Arbeitswelt. (Broschürenreihe: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium für<br />
Bildung <strong>und</strong> Forschung.) Stuttgart, 2002. (Download: www.demotrans.de)<br />
[Bündnis für Arbeit 2002] Bündnis für Arbeit: 7. Bündnisgespräch, 2002.<br />
(Download: www.dgb.de/themen/buendnisArb/buen_04-03-01-aeltan.htm)<br />
[Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit 2002] Projektverb<strong>und</strong> Öffentlichkeits- <strong>und</strong> <strong>Marketingstrategie</strong> demographischer<br />
<strong>Wandel</strong> [Hg.]: Handlungsanleitungen für eine alternsgerechte Arbeits- <strong>und</strong> Personalpolitik – Ergebnisse<br />
aus dem Transferprojekt. (Broschürenreihe: Demographie <strong>und</strong> Erwerbsarbeit, gefördert vom B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Bildung <strong>und</strong> Forschung.) Stuttgart, 2002. (Download: www.demotrans.de)<br />
[Enquete 2002] Schlussbericht der Enquete-Kommission „<strong>Demographischer</strong> <strong>Wandel</strong> – Herausforderungen unserer<br />
älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen <strong>und</strong> die Politik“. Deutscher B<strong>und</strong>estag, 14. Wahlperiode,<br />
Drucksache 14/8800. Berlin, 2002.<br />
[Frölich 2002] Frölich, Melanie; Monique Wölk; Ingrid Schmidt; Marie-Christine Stemann: Ältere Arbeitskräfte<br />
– ein unterschätztes Potenzial. In: WSI-Mitteilungen, Heft 4, 2002, S. 227–231.<br />
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<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 47
Literatur<br />
[Gravalas 1999] Gravalas, Brigitte: Ältere Arbeitnehmer. Eine Dokumentation. Hg.: B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />
(BIBB). Berlin, 1999.<br />
[Hartz-Kommission 2002] Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt. Bericht der Kommission. Kurzfassung:<br />
bmairacer.workbox.de/Hartz-Kommission/download/Bericht-Kurzfassung.pdf<br />
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<strong>und</strong> Beschäftigung – eine Herausforderung für Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern <strong>und</strong> Handwerkskammern.<br />
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[Heimer/Mohr/Wolff 2001b] Heimer, Andreas; Henrike Mohr; Heimfried Wolff: Handlungsmöglichkeiten der<br />
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Arbeitspapiere).<br />
[Hübner/Wachtveitl 2000] Hübner, Christoph; Angelika Wachtveitl: Quatro-Studie: Modulares Qualifizierungsprogramm<br />
betriebliche Modernisierung mit Schwerpunkt-Zielgruppe „ältere Arbeitnehmer“. Hg. Büro für<br />
Arbeitswissenschaft <strong>und</strong> Weiterbildung. Dortm<strong>und</strong>, 2000.<br />
[ibv 44/2001] Älterer Arbeitnehmer. Kompetent, leistungsstark <strong>und</strong> flexibel. Informationen für die Beratungs- <strong>und</strong><br />
Vermittlungsdienste (ibv). Hg.: B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit. Heft 44, Oktober 2001.<br />
[Ilmarinen/Tempel 2002] Ilmarinen, Juhani; Jürgen Tempel: Arbeitsfähigkeit 2010. Was können wir tun, damit<br />
Sie ges<strong>und</strong> bleiben? Hg. Marianne Giesert im Auftrag des DGB-Bildungswerks e.V. Hamburg, 2002.<br />
[iwd 28/2000] Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd). Heft 28, Jahrgang 26, 13. Juli<br />
2000.<br />
[Jürgenhake/Schumacher 2000] Jürgenhake, Uwe; Dieter Schumacher [Hg.]: Qualifizierung alternder Belegschaften.<br />
Gröditz/Dortm<strong>und</strong>, 2000.<br />
[Koller/Gruber 2001] Koller, Barbara; Hannelore Gruber: Ältere Arbeitnehmer im Betrieb <strong>und</strong> als Stellenbewerber<br />
aus der Sicht der Personalverantwortlichen. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung<br />
(MittAB), 34. Jg./2001, Hg. Allmendinger,Buttler u.a. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz, 2001.<br />
[Köchling 2000] Köchling, Annegret: Betriebliche Altersstrukturen als Gestaltungsfeld der Zukunft. In: Jürgenhake,<br />
Uwe; Dieter Schumacher [Hg.]: Qualifizierung alternder Belegschaften. Gröditz/Dortm<strong>und</strong> 2000, S.<br />
35–46.<br />
[Leber 2001] Leber, Ute: Ältere – ein Schatz muss gehoben werden. In: IAB Materialien Nr. 2/2001.<br />
[Miller 2002] Miller, Franz: Die Zukunft der Arbeit – die Arbeit der Zukunft. In: Fraunhofer Magazin, Zeitschrift<br />
für Forschung, Technik <strong>und</strong> Innovation. Hg.: Fraunhofer-Gesellschaft, München, Heft 2/2002, S. 28–30.<br />
[Politische Studien 2/2001] Politische Studien. Zweimonatszeitschrift für Politik <strong>und</strong> Zeitgeschehen. Hg.: Hans-<br />
Seidel-Stiftung e.V., Sonderheft 2/2001.<br />
[RBS 14/1999] B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB) [Hg.]: Referenz-Betriebs-System RBS, Information Nr.<br />
14. Ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen. Bonn, August 1999.<br />
[RBS 14/1999] B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung (BIBB) [Hg.]: Referenz-Betriebs-System RBS,<br />
Information Nr. 14, Ältere Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen, 5. Jahrgang, August 1999.<br />
www.bibb.de/forum/projekte/rbs/info14.pdf<br />
[Röhrig 1998] Röhrig, Rolf: Didaktik der Berufsbildung älterer Arbeitnehmer. Prinzipien, Methoden, Instrumente.<br />
Bericht der wissenschaftlichen Begleitung zum Projekt „Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen<br />
in den neuen B<strong>und</strong>esländern aus der Metall- <strong>und</strong> Elektroindustrie: Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung<br />
von Unterrichtskonzepten, Methoden <strong>und</strong> Materialien zur Förderung der beruflichen Handlungskompetenz<br />
48 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
Abbildungsverzeichnis<br />
in den Bereichen CNC <strong>und</strong> Steuerungstechnik“. Unveröff. Zwischenbericht, Veröffentlichung (Hg. B<strong>und</strong>esinstitut<br />
für Berufsbildung (BIBB)) für 2002 geplant.<br />
[Wagner 2000] Wagner, Petra [Bearbeitung]: Informationsmappe Ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen.<br />
Dokumentation 1990–2000. Hg. Institut für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong> Berufsforschung der B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit<br />
(IAB). Nürnberg, Juni 2000.<br />
[Wehling 2001] Wehling, Walter: IAB-Betriebspanel Bremen 2000. Auswertung im Auftrag des Senators für Arbeit,<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Frauen, Jugend <strong>und</strong> Soziales sowie des Senators für Wirtschaft <strong>und</strong> Häfen der Freien Hansestadt<br />
Bremen mit finanzieller Unterstützung durch den Europäischen Sozialfonds (ESF). Hg. BAW Institut<br />
für Wirtschaftsforschung. Bremen, 2001.<br />
[Wolff/Spieß/Mohr 2001] Wolff, Heimfried; Katharina Spieß; Henrike Mohr: Arbeit, Altern, Innovation. Wiesbaden,<br />
2001.<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Zusammensetzung des Panels (durchgeführte Interviews) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Integrativer Wissens- <strong>und</strong> Erfahrungstransfer (Köchling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Bedeutung Älterer für den Betrieb (BIBB/RBS 1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Zukünftiger Anteil älterer Arbeitnehmer an den Beschäftigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Ältere Arbeitnehmer als Potenzial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
Qualifikationsniveau älterer Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
Tabellenverzeichnis<br />
Entwicklung des Betriebspanels des RMQ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
Arbeitslosenquoten nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Langzeitarbeitslose nach Altersgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer auf dem regionalen Arbeitsmarkt (Juli 2002) . . . . . . . . . . . 8<br />
Personalstrategien der Gegenwart <strong>und</strong> der Zukunft (Köchling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Arbeitsmarktpolitische Instrumente für die Älteren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
Nutzung des Programms „50 plus“ in Bremen <strong>und</strong> Bremerhaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
Nutzung des Bremer Landesprogramms „Ältere in Arbeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
Einschätzung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer (IAB-Betriebspanel) . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />
Beschäftigung älterer Arbeitnehmer in den Panelbetrieben (Anteile) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 49
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
Ältere in Arbeit – Neue Beschäftigungschancen<br />
für ältere Arbeitnehmer<br />
Infoblatt: Bremer Landesprogramm „Ältere in Arbeit“<br />
wir möchten Sie auf das Landesprogramm „Ältere in Arbeit – Neue<br />
Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer“ aufmerksam machen.<br />
Dieses Förderprogramm bietet Ihnen die Möglichkeit zum Eingliederungszuschuss des<br />
Arbeitsamtes eine Ergänzung über Landesmittel in Anspruch zu nehmen.<br />
Vorraussetzung ist, dass Ihre neue Mitarbeiterin oder Ihr neuer Mitarbeiter über 50 Jahre alt,<br />
bei den Arbeitsämtern Bremen oder Bremerhaven arbeitslos gemeldet <strong>und</strong> Einwohner des<br />
Landes Bremen ist.<br />
Ihre Finanzierung der Personalkosten könnte für zwei Jahre folgendermaßen aussehen:<br />
Zum Verfahren:<br />
B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit: 50%<br />
ergänzende Landesmittel:20%<br />
Anteil Arbeitgeber: 30%<br />
Anträge auf Eingliederungszuschüsse für ältere Arbeitnehmer können beim Arbeitsamt<br />
Bremerhaven gestellt werden.<br />
Anträge auf Landesmittel können bei der<br />
gestellt werden.<br />
Bremerhavener Arbeit GmbH<br />
Friedrich-Ebert-Straße 6<br />
27570 Bremerhaven<br />
Bitte verwenden Sie hierfür die von der Bremerhavener Arbeit GmbH bereitgestellten<br />
Antragsformulare, die wir Ihnen gerne zusenden.<br />
Bitte beachten Sie bei Ihrer Planung, dass Maßnahmen nur dann bezuschusst werden<br />
können, wenn mit der Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Wenn Sie also einen Antrag<br />
auf Eingliederungszuschuss beim Arbeitsamt stellen, wenden Sie sich bitte gleichzeitig an<br />
uns, damit Ihr Antrag auf ergänzende Landesmittel rechtzeitig bei uns eingeht.<br />
Ihre Ansprechpartner<br />
Bremerhavener Arbeit GmbH Geschäftsführung Sachbearbeitung<br />
Friedrich – Ebert- Straße 6 Frau Kaap Tel. -70 Frau Bühmann Tel. - 75<br />
27570 Bremerhaven m.kaap@brag-bremerhaven.de b.buehmann@brag-bremerhaven.de<br />
Tel.: 0471 / 92636-6<br />
Frau Laue Tel. -74<br />
c.laue@brag-bremerhaven.de<br />
Nähere Informationen entnehmen Sie bitte den beiliegenden Förderrichtlinien oder setzen Sie sich mit uns in<br />
Verbindung.<br />
50 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong><br />
1
Befragungsleitfaden<br />
<strong>EQUIB</strong><br />
Betriebsbefragung 2. Quartal 2002<br />
Leitfaden für Expertengespräche zum Schwerpunktthema:<br />
Qualifizierung <strong>und</strong> Beschäftigung älterer Arbeitnehmer-/innen<br />
Der <strong>Wandel</strong> der Altersstruktur der Gesellschaft droht zukünftig den Fachkräftemangel zu verschärfen. Allgemein<br />
besteht daher Einigkeit darüber, dass ältere Arbeitnehmer/-innen zunehmend ein wichtiges qualifikatorisches<br />
Potential darstellen. Ein Umdenken bei ihrer Integration in die betriebliche Personalplanungs<strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik erscheint notwendig, stößt in der Praxis jedoch offenbar auf Hemmnisse, über<br />
deren konkrete betriebliche Hintergründe bislang wenig bekannt ist.<br />
Hier soll unser Gespräch ansetzen. Mit Ihrer Hilfe möchten wir herausfinden, wie sich das Thema in Ihrem<br />
Betrieb bzw. Ihrer Branche darstellt, <strong>und</strong> welche betrieblichen Problemlagen <strong>und</strong> Unterstützungsbedarfe<br />
aus Ihrer Sicht bestehen. Die Ergebnisse unserer Untersuchung sollen die regionale Qualifizierungs- <strong>und</strong><br />
Arbeitsmarktpolitik, aber auch die Anbieter von Weiterbildung in Ihren Planungen unterstützen.<br />
Welche Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen (AN) als „ältere AN“ gelten sollen, ist eine Definitionsfrage.<br />
Wir wollen im Folgenden Arbeitnehmer über 50 Jahre als „ältere AN“ verstehen.<br />
Wir bitten Sie zunächst um folgende Angaben:<br />
• Altersstruktur im Betrieb (ungefähre Angaben):<br />
Beschäftigte insgesamt Beschäftigte über 50 Jahre<br />
• Tendenz der Altersstruktur: Anteil der Beschäftigten über 50 Jahre zukünftig<br />
0 höher 1 gleichbleibend 2 geringer<br />
Wir bitten Sie um eine Einschätzung bezogen auf Ihren Betrieb:<br />
unwichtig wenig wichtig wichtig sehr wichtig<br />
Die Bedeutung älterer AN als Potential ist. . . 0 1 2 3<br />
Die Leistungsfähigkeit/Belastbarkeit älterer AN<br />
(im Vergleich zur übrigen Belegschaft) ist. . .<br />
Das Qualifikationsniveau älterer AN<br />
(im Vergleich zur übrigen Belegschaft) ist. . .<br />
geringer gleich höher<br />
0 1 2<br />
geringer gleich höher<br />
0 1 2<br />
Wir möchten mit Ihnen über folgende offene Themen sprechen:<br />
• Die Bedeutung der Frage für Ihren Betrieb / Ihre Branche:<br />
„Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik“ bezogen auf ältere AN<br />
• Spezifische Qualifizierungsbedarfe <strong>und</strong> Formen der Qualifizierung für ältere AN<br />
• Möglichkeiten <strong>und</strong> Bedingungen der Neueinstellung von älteren AN<br />
Kontakt: Projekt <strong>EQUIB</strong>, Postfach 330440, 28334 Bremen, Fax: 0421/218-4560.<br />
Mitarbeiter: Ulf Benedix (ubenedix@uni-bremen.de Tel.: 0421/218-9519); Jutta Knuth (jknuth@uni-bremen.de, Tel.: 0421/218-<br />
9516); Iskra Heja Kostov (ihkostov@uni-bremen.de, Tel.: 0421/218-9521); Projektleitung: Gerlinde Hammer (ghammer@unibremen.de,<br />
Tel.: 0421/218-9514).<br />
Das Projekt <strong>EQUIB</strong> – Entwicklungsplanung Qualifikation im Land Bremen – wird im Auftrag des Senators für Arbeit, Frauen,<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Jugend <strong>und</strong> Soziales durchgeführt <strong>und</strong> aus Landesmitteln sowie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert.<br />
Das Projekt wird am Institut Arbeit <strong>und</strong> Wirtschaft (IAW) der Universität / Arbeitnehmerkammer Bremen durchgeführt.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 51
Unterstützung/Förderung<br />
- sind die entsprechenden Förderprogramme bekannt?<br />
- werden sie genutzt, in welchem Umfang, mit welcher<br />
Perspektive für den Betrieb <strong>und</strong> den neu eingestellten älteren<br />
AN?<br />
- Reichen die bestehenden Programme, oder gibt es<br />
Vorschäge/Ideen für neue Ansätze?<br />
Allgemein ein Faktor in der Personal- <strong>und</strong><br />
Qualifizierungspolitik?<br />
- ist das ein Thema?<br />
- gibt es Ansätze für eine besondere Berücksichtigung von<br />
älteren AN in der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsplanung<br />
Spezifika des Einsatzes der älteren AN im Betrieb?<br />
- Abteilungen / Funktionen / Aufgaben<br />
- Geschlechtsspezifische Unterschiede<br />
- Qualifizierungs-Niveaus<br />
- Arbeitszeit-/Entlohnungsmodelle<br />
- Einsatz in "gemischten Teams"<br />
Frage 3: Neueinstellung von älteren AN<br />
Frage 1: Ältere AN in der betrieblichen<br />
Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik:<br />
Qualifizierung?<br />
- spezielle Qualifizierung erforderlich?<br />
Welche?<br />
- Qualifizierung im Rahmen bestehender<br />
Lösungen (z.B. JobRotation) oder andere<br />
Formen erforderlich?<br />
- Einstellung über Zeitarbeit?<br />
Qualifizierungsinhalte?<br />
- Konkrete Qualifizierungsbedarfe für ältere AN?<br />
- Spezifische Umsetzungsprobleme?<br />
Faktoren, die Einsatz/Qualifizierung/Beschäftigung von<br />
älteren AN beeinflussen?<br />
- Leitgedanke des Unternehmens / "Unternehmensphilosophie"<br />
- Altersstruktur (Belegschaft / Leitungsebene)<br />
- Arbeits- <strong>und</strong> sozialrechtliche Faktoren<br />
- Regionale Faktoren (Arbeitsmarktstruktur)<br />
- Betriebswirtschaftliche Faktoren<br />
- Branchen-Besonderheiten?<br />
- Betriebliche Besonderheiten?<br />
- Qualifikationen:<br />
-- fachliche Qualifikationen<br />
-- Schlüssel-Qualifikationen: soziale Qualifikationen,<br />
Lernfähigkeit...<br />
- Leistungsfähigkeit<br />
Qualifizierungsformen<br />
- Weitergabe von Wissen/Erfahrung von älteren AN an<br />
jüngere AN<br />
- Anforderungen an die Durchführung<br />
-- getrennte oder gemeinsame Schulung mit jüngeren<br />
AN: sind speziell für ältere<br />
AN zugeschnittene Kurse sinnvoll, wenn ja, für<br />
welche Inhalte? Warum?<br />
-- spezielle methodisch-didaktische Anforderungen an<br />
die Qualifikatoren?<br />
Frage 2: Spezifische<br />
Qualifizierungsbedarfe für ältere AN<br />
Befragungsleitfaden<br />
Unterstützungsbedarfe?<br />
- durch WB-Anbieter?<br />
- durch spezielle Förderprogramme?<br />
Befragung "Ältere Arbeitnehmer"<br />
"Mindmaps" zur Strukturierung des<br />
Interviewverlaufs / <strong>EQUIB</strong> 2002<br />
52 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>
Veröffentlichungen des Projekts <strong>EQUIB</strong><br />
Veröffentlichungen des Projekts <strong>EQUIB</strong><br />
⊲ Neue Technologien <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen im distributiven<br />
Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 1<br />
(1995)<br />
Informations- <strong>und</strong> kommunikationstechnische Innovationen<br />
<strong>und</strong> logistische Integration<br />
⊲ Neue Technologien <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen im distributiven<br />
Dienstleistungssektor der Wirtschaftsregion Bremen 2<br />
(1996)<br />
Repräsentativuntersuchung in Verkehrs- <strong>und</strong> Handelsbetrieben<br />
⊲ Das Druck- <strong>und</strong> Verlagswesen auf dem Weg zum Mediendienstleister:<br />
Neue Technologien <strong>und</strong> Produkte: Folgen für<br />
Arbeitsorganisation <strong>und</strong> Qualifikation (1996)<br />
Empirische Untersuchung in Institutionen <strong>und</strong> Betrieben der<br />
Wirtschaftsregion Bremen<br />
⊲ Technologieentwicklung <strong>und</strong> Qualifikationsfolgen in Metallindustrie<br />
<strong>und</strong> Metallhandwerk (1997)<br />
Repräsentativuntersuchung in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Betrieben<br />
⊲ IuK-Technik <strong>und</strong> Neue Technologien im Metallhandwerk:<br />
Einsatz, Beratung, Verb<strong>und</strong>ausbildung (1997)<br />
Ausgewählte Ergebnisse einer empirischen Untersuchung in<br />
Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Metallbetrieben<br />
⊲ Städtetourismus, Messe- <strong>und</strong> Kongreßwesen: Dienstleistungsperspektiven<br />
<strong>und</strong> Qualifikationsfolgen (1997)<br />
Empirische Studie in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Unternehmen<br />
<strong>und</strong> Institutionen<br />
⊲ Qualifikationsentwicklung im Nahrungs -<strong>und</strong> Genußmittelgewerbe:<br />
Technologieeinsatz, Organisationsstruktur <strong>und</strong><br />
Qualifikationsfolgen (1999)<br />
Repräsentativuntersuchung in Bremer <strong>und</strong> Bremerhavener Betrieben<br />
⊲ Qualifizierung für die Wissensgesellschaft (2000)<br />
Erstausbildung, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Trends der Qualifikationsentwicklung<br />
in der Informationstechnik-Branche des Landes<br />
Bremen<br />
⊲ Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialpflegedienste auf dem Weg zu modernen<br />
Dienstleistern (2000)<br />
Beschäftigungsentwicklung <strong>und</strong> Qualifikationsbedarf, Anforderungen<br />
an die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
⊲ Berufs- <strong>und</strong> Qualifikationsentwicklungen im Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />
Sozialpflegesektor (2001)<br />
Tagungsdokumentation zur Veranstaltung am 22. November<br />
2000 in Bremen<br />
⊲ E-Commerce in deutschen Unternehmen – mit einer empirischen<br />
Erhebung in kleinen <strong>und</strong> mittleren Handelsunternehmen<br />
des Landes Bremen (2001)<br />
Anwendung – Status Quo – Perspektiven – Qualifikationen<br />
(Schutzgebühr 7,67 EUR (15.- DM))<br />
Reihe: Betriebliche Innovationen <strong>und</strong> Qualifizierung<br />
Beiträge zur Umsetzung in die Praxis<br />
⊲ Band 1: Oberflächentechnologie (1998)<br />
Untersuchung über verwandte Verfahren, Informations- <strong>und</strong><br />
Qualifikationsbedarfe in Betrieben der Industrieregion Bremen<br />
⊲ Band 2: IuK-Technikeinsatz <strong>und</strong> Qualifikationsbedarf in den<br />
Speditionsbetrieben der Wirtschaftsregion Bremen (1998)<br />
Untersuchung über die Folgen des Strukturwandels <strong>und</strong> der<br />
technologischen Innovation für die Mitarbeiterqualifizierung<br />
Veröffentlichungen im Rahmen des Regionalen Monitoring-Systems Qualifikationsentwicklung:<br />
⊲ Monitoring-Bericht 2001/1<br />
Metall- <strong>und</strong> Elektrobranche, Nahrungs- <strong>und</strong> Genussmittelbranche,Transport–Umschlag–Lagerei/Logistik,<br />
Handel<br />
⊲ Monitoring-Bericht 2001/2<br />
Internet- <strong>und</strong> Multimedia-Dienstleister, Call-Center,<br />
Expertise: Digital Economy<br />
⊲ Dienstleistungsorientierung im produzierenden<br />
Handwerk (2001)<br />
⊲ Monitoring-Bericht 2002/1<br />
Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer<br />
<strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
des demographischen <strong>Wandel</strong>s<br />
Diese <strong>und</strong> weitere Veröffentlichungen (vor 1995) können über die genannten Kontaktadressen angefordert werden<br />
oder unter www.equib.de online bestellt werden.<br />
Dort stehen auch neben den oben genannten Veröffentlichungen die Monitoring-Berichte (Gesamtberichte <strong>und</strong><br />
ausgekoppelte Kapitel) zum Download bereit.<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 53