EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
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sen. 53<br />
Die befragten Experten gehen zum Teil jedoch davon<br />
aus, dass sich die betriebliche Alterszusammensetzung<br />
zukünftig „normalisieren“, der in der IT-Branche<br />
üblichen anpassen wird: „Die Branche wird erwachsen.“<br />
Bei sich normalisierenden Wachstumserwartungen<br />
wird K<strong>und</strong>enorientierung zur unverzichtbaren Bedingung<br />
des Geschäftserfolgs. Seitens der Folgen dieser<br />
Entwicklung wird jedoch differenziert zwischen dem<br />
„Entwickler“ (Programmierer/Grafiker) <strong>und</strong> den Mitarbeitern,<br />
die in Akquisition, Projektmanagement <strong>und</strong><br />
Vermarktung, also in den kaufmännischen Funktionen,<br />
tätig sind.<br />
• Entwickler: diese Tätigkeitsfelder sind Domäne<br />
junger Beschäftigter <strong>und</strong> werden es nach übereinstimmender<br />
Einschätzung auch zukünftig bleiben.<br />
Gegen ältere Arbeitnehmer sprechen hier<br />
Qualifikationsdefizite: die Beherrschung aktueller<br />
Software-Werkzeuge <strong>und</strong> -Systeme ist unverzichtbar.<br />
Auf der anderen Seite wird das Phänomen<br />
beobachtet, dass die Beschäftigten selber<br />
nach einer gewissen Zeit eine Änderung ihrer<br />
Aufgaben anstreben. Insbesondere Programmiertätigkeit<br />
wird zunehmend als eintönig <strong>und</strong> wenig<br />
befriedigend empf<strong>und</strong>en.<br />
Der Umgang mit diesem Bef<strong>und</strong> ist in den befragten<br />
Betrieben unterschiedlich. Offenbar werden<br />
nur im Einzelfall im Betrieb Lösungen gesucht,<br />
die gemeinsam mit den Beschäftigten den<br />
Übergang in die Wahrnehmung anderer Aufgaben,<br />
flankiert durch entsprechende Qualifizierung,<br />
vorbereitet <strong>und</strong> absichert, indem die Entwickler<br />
z.B. stärker in das Projektmanagement<br />
einbezogen <strong>und</strong> ihnen die hierfür erforderlichen<br />
Qualifikationen vermittelt werden.<br />
• Kaufmännische Funktionen: Zunehmend wichtig<br />
wird Konzeptstärke, Managementerfahrung <strong>und</strong><br />
Erfahrung im K<strong>und</strong>enumgang <strong>und</strong> damit Qualifikationen,<br />
die zu den Stärken älterer Arbeitnehmer<br />
zählen. Als Hemmnis für eine Beschäftigung<br />
älterer Arbeitnehmer wird hier auf die geringen<br />
Lohnspielräume in der kleinbetrieblich strukturierten<br />
Medienbranche hingewiesen, die es nicht<br />
10 Ansätze zu einer altersübergreifenden Personal- <strong>und</strong> Qualifikationsplanung<br />
möglich macht, geeigneten Bewerbern bei den<br />
Gehaltsvorstellungen entgegen zu kommen. Die<br />
Bewerber ihrerseits sind aufgr<strong>und</strong> ihrer vorherigen<br />
Vergütung <strong>und</strong> sozialen Situation z.T. nicht<br />
zu Abstrichen bereit.<br />
10.5 Schlussfolgerungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
Das nahezu einmütige Bemühen der befragten betrieblichen<br />
Experten, den Verdacht, Vorurteile gegenüber Älteren<br />
könnten die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
prägen, zurückzuweisen <strong>und</strong> zu entkräften, darf nicht<br />
als oberflächliches „politisch korrektes“, dem Zeitgeist<br />
angepasstes Antwortverhalten abgetan werden. Die Ergebnisse<br />
der Expertengespräche belegen vielmehr, dass<br />
in der Mehrzahl der Unternehmen unseres Betriebspanels<br />
bereits ein Umdenkprozess in Gang gekommen ist,<br />
als dessen Resultat die Betriebe deutlich auf Distanz zur<br />
bisherigen jugendzentrierten Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik<br />
gehen. Von Ausnahmen abgesehen, stellen<br />
sich die Unternehmen darauf ein, dass in Zukunft eine<br />
Neuausrichtung erforderlich sein wird, um auf die im<br />
Zuge des demographischen <strong>Wandel</strong>s geänderten sozioökonomischen<br />
Rahmenbedingungen zu reagieren.<br />
Die Zurückweisung einer Ausrichtung ihrer Personal<strong>und</strong><br />
Qualifizierungsplanung nach dem Kriterium des<br />
Alters als inadäquat bzw. in die Irre führend ordnet<br />
sich in dieses Bild ein. Ein neues Leitbild, das nicht<br />
das Alter, wohl aber das Altern der Belegschaft zum<br />
Ausgangspunkt für eine generationsübergreifende Gestaltung<br />
der Rekrutierungs- <strong>und</strong> Qualifizierungsprozesse<br />
macht, ist jedoch noch nicht allgemein als Zielvorstellung<br />
in den Betrieben verankert. Dem entsprechend<br />
gibt es erst sehr wenige Anzeichen <strong>und</strong> Beispiele für die<br />
aktive Umsetzung des erforderlichen Paradigmenwechsels.<br />
54<br />
Die meisten Betriebe haben insofern die zweite Hälfte<br />
des zu gehenden Weges noch vor sich. Denn insgesamt<br />
wird der demographische <strong>Wandel</strong> noch zu sehr<br />
als „zukünftiges“ Problem gesehen. Und nur gemessen<br />
an heute üblichen Altersstrukturen erscheint deren<br />
<strong>Wandel</strong> als eine in der Zukunft dem Betrieb „drohende“<br />
53 Siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Panelzusammensetzung auf S. 6.<br />
54 Einige der befragten betrieblichen Entscheidungsträger haben gegen den Begriff „Paradigmenwechsel“ Bedenken vorgetragen. Man<br />
befürchtet unter diesem Titel nach der heute als verfehlt beurteilten politischen Unterstützung für eine jugendzentrierte Rekrutierungspolitik<br />
<strong>und</strong> der Frühverrentung der Vergangenheit einen Umschlag in das andere Extrem, das ebenso an den Bedürfnissen der Betriebe<br />
<strong>und</strong> Beschäftigten vorbei gehe. Um hier Missverständnisse zu vermeiden, sollte in der Information der Betriebe deutlicher gemacht<br />
werden, dass der erforderliche Wechsel der Leitlinien der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik tatsächlich nicht auf das Alter abzielt,<br />
das lediglich als (negatives) Kriterium außer Kraft gesetzt oder zum „positiven“ Kriterium umgewertet werden soll. Stattdessen bedeutet<br />
der Paradigmenwechsel, das Altern der Belegschaft als Kriterium der Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungspolitik zu etablieren.<br />
32 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>