EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
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Für Weiterbildungsträger stellt sich vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
die Frage, ob ein Angebot speziell auf ältere Arbeitnehmer<br />
ausgerichteter Kurse, in deren Gestaltung<br />
die aktuellen Ergebnisse der berufspädagogischen Forschung<br />
aufzugreifen wären, auf einen wachsenden betrieblichen<br />
Bedarf treffen.<br />
11.1 Das Alter als Kriterium der Qualifizierung<br />
Die große Mehrzahl der Befragten betont, dass besondere<br />
Inhalte für eine Weiterbildung nicht aus dem Kriterium<br />
Alter, sondern ausschließlich aus den spezifischen<br />
Anforderungen des Arbeitsplatzes abgeleitet werden<br />
können. Insofern wird auch keine besondere Qualifizierung<br />
für Ältere favorisiert. 59 In den Interviews wurden<br />
jedoch Gründe thematisiert, die dazu führen, dass<br />
die Praxis der Qualifizierung von älteren Mitarbeitern<br />
in etlichen Betrieben nicht immer so reibungslos erfolgt,<br />
wie es im Rahmen der von den Betrieben favorisierten<br />
altersunabhängigen Qualifizierungsplanung<br />
wünschenswert wäre.<br />
Lernentwöhnung <strong>und</strong> Motivationsdefizite können<br />
die kontinuierliche Qualifizierung Älterer<br />
erschweren<br />
Wie schon in der Diskussion des ersten Themenfelds<br />
legten die Experten in aller Regel Wert auf das Primat<br />
der Beurteilung des Einzelfalls <strong>und</strong> wollten ihre Aussagen<br />
nicht als generalisierende Urteile über Ältere verstanden<br />
wissen.<br />
Nicht wenige Betriebe berichten jedoch, dass die betriebliche<br />
Innovationsentwicklung an den älteren Beschäftigten<br />
vorbeigegangen sei. Motivation, aber auch<br />
die Lernfähigkeit sei im Alter geringer. In Einzelfällen<br />
war diese Einschätzung mit einer gr<strong>und</strong>sätzlichen Skepsis<br />
gegenüber der Qualifizierbarkeit Älterer verb<strong>und</strong>en:<br />
im Alter lasse die Lernfähigkeit quasi natürlicherweise<br />
<strong>und</strong> unabwendbar nach. Die wissenschaftliche Widerlegung<br />
dieser „Defizittheorie“ 60 ist somit noch nicht in<br />
allen Betrieben zum Allgemeingut geworden.<br />
Auf der anderen Seite überwiegen aber die Betriebe,<br />
für die es selbstverständlich ist, dass alle Beschäftigten,<br />
die von Innovationen betroffen sind, im Prinzip hierfür<br />
qualifiziert werden müssen. „Wenn ich SAP einführe,<br />
müssen alle, die damit arbeiten sollen, dafür qualifiziert<br />
werden. Das kann ich doch nicht vom Alter abhän-<br />
11 Qualifizierung älterer Arbeitnehmer im Betrieb<br />
gig machen.“ Dabei wird im Prinzip davon ausgegangen,<br />
dass gr<strong>und</strong>sätzlich keine Qualifizierungshemmnisse<br />
oder eine verminderte Lernfähigkeit am Alter festgemacht<br />
werden können. Eventuelle Ausnahmen („lernunfähige<br />
oder -unwillige Beschäftigte“) werden an der<br />
Einzelperson, nicht am Alter festgemacht.<br />
In diesen Betrieben kennt man auch den Teufelskreis<br />
von Lernentwöhnung, Lernproblemen <strong>und</strong> mangelnder<br />
Lernmotivation, <strong>und</strong> geht davon aus, dass dieser Zusammenhang<br />
im Rahmen einer generationsübergreifenden<br />
Qualifizierungspolitik überw<strong>und</strong>en werden kann.<br />
Eventuelle Motivationsprobleme geht man in Einzelgesprächen<br />
an. So berichtete ein Gesprächspartner, dass<br />
beim Aufbau einer betrieblichen Weiterbildungsdatenbank,<br />
in die die Beschäftigten selber ihre Bedarfe einpflegen<br />
können, die Zurückhaltung der älteren Beschäftigten<br />
hinsichtlich EDV- <strong>und</strong> Internetschulungen aufgefallen<br />
sei. In Gesprächen mit diesen Mitarbeitern stellte<br />
sich dann heraus, dass diese zwar einen Schulungsbedarf<br />
für sich sehen <strong>und</strong> Interesse an einem Kurs haben,<br />
aber davon ausgegangen waren, ihnen würde man auf<br />
Gr<strong>und</strong> ihres Alters einen solchen Kurs ohnehin nicht<br />
mehr zubilligen.<br />
Als interessanter Aspekt ergab sich aus den Diskussionen,<br />
dass die Etablierung selbstbestimmten Lernens<br />
in den Betrieben oft auf das Problem trifft, dass die<br />
Selbsteinschätzung des Qualifizierungsbedarfs selbst<br />
eine Qualifikation ist, über die erst sehr wenig Beschäftigte<br />
verfügen.<br />
Spezifische Qualifizierungsbedarfe älterer Beschäftigter<br />
Da die große Mehrzahl der Befragten betont, dass<br />
besondere Inhalte für eine betriebliche Qualifizierung<br />
nicht aus dem Kriterium Alter, sondern ausschließlich<br />
aus den im Zuge von Innovationen sich ändernden Anforderungen<br />
abgeleitet werden können, wurden kaum<br />
Qualifizierungsinhalte genannt, die in besonderem Maß<br />
älteren Arbeitnehmern zu vermitteln sind. Ausnahmen<br />
bestehen auf folgenden Gebieten:<br />
• EDV <strong>und</strong> IT-Technik:<br />
Hervorzuheben ist hier der Verweis auf mangelnde<br />
Vertrautheit mit Kenntnissen im EDV-Bereich.<br />
Die Handhabung des PC, die Beherrschung gängiger<br />
Software im Bereich Internet <strong>und</strong> E-Mail<br />
kann vorrangig bei Älteren nicht als sicher unterstellt<br />
werden.<br />
59 Branchenspezifische Unterschiede spielten in der Diskussion des gesamten thematischen Felds kaum eine Rolle. Zwar wurden von den<br />
Gesprächspartnern branchen- oder betriebsspezifische Qualifizierungsinhalte angeführt, meist aber um daran die Altersunabhängigkeit<br />
der betrieblichen Bedarfe aufzuzeigen.<br />
60 Vgl. zusammenfassend u.a. Hübner/Wachtveitl 2000:36–38; Axhausen/Röhrig 1999:12f.<br />
34 Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen <strong>EQUIB</strong>