EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
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7 Stand der Forschung: Ergebnisse, offene Fragen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
⊲ Für das an Älteren geschätzte Leistungsprofil (höhere<br />
Qualifikation, Verantwortungsbewusstsein, soziale<br />
Kompetenz), das insbesondere für leitende Tätigkeiten<br />
qualifiziert, sind nicht in hinreichendem Maße<br />
Stellen in den Betrieben verfügbar.<br />
⊲ Viele Betriebe orientieren sich noch an der Vorstellung<br />
einer „normalen“ Personalpolitik, die eine<br />
„normale“ Altersstruktur erhalten soll: ein Älterer<br />
scheidet aus, dafür „rückt“ ein Jüngerer „nach“. Eine<br />
Umstellung, die auf den demographischen <strong>Wandel</strong><br />
Bezug nimmt, hat hier noch nicht eingesetzt. 36<br />
⊲ Die Amortisation der Einarbeitungskosten (Qualifizierungskosten,<br />
anfangs noch keine volle Leistung)<br />
erfordert aus betrieblicher Sicht eine Mindestbeschäftigungsdauer.<br />
⊲ Auch Gehaltsstufe <strong>und</strong> Sozialklauseln werden z.T.<br />
als Hemmnis <strong>und</strong> Einschränkung der betrieblichen<br />
Handlungsfreiheit eingestuft.<br />
Kündigungsschutz <strong>und</strong> ältere Arbeitnehmer<br />
„Beim Kündigungsschutz ist zu unterscheiden zwischen tarifvertraglichen<br />
<strong>und</strong> gesetzlichen Regelungen (die zudem<br />
den Gerichten einen großen Auslegungsspielraum eröffnen).<br />
Nach dem Kündigungsschutzgesetz haben neueingestellte<br />
Ältere gegenüber Jüngeren kaum einen vorrangigen<br />
Kündigungsschutz. Als Kriterien dafür, dass eine Kündigung<br />
nicht als rechtswirksam, weil sozial ungerechtfertigt<br />
(§ 1 Kündigungsschutzgesetz) eingestuft wird, werden<br />
in der Rechtsprechung Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten<br />
<strong>und</strong> Alter herangezogen (...). Lediglich in Ausnahmefällen<br />
könnte das Alter bereits bei kurzer Betriebszugehörigkeit<br />
den Ausschlag bei der Sozialauswahl geben. Weiterhin<br />
ist zu bedenken, dass Betriebe (seit 1996) bei Kündigungen<br />
unverzichtbare (jüngere) Mitarbeiter von vornherein<br />
aus der Sozialauswahl herausnehmen können. Schließlich<br />
sei noch angemerkt, dass die Kündigungsschutzbestimmungen<br />
für Betriebe bis zu 10 Beschäftigten gar nicht zur<br />
Anwendung kommen. Der gesetzliche Kündigungsschutz<br />
betrifft also in erster Linie ältere langjährig Beschäftigte <strong>und</strong><br />
nicht Neueingestellte. Es gibt jedoch im Geltungsbereich einiger<br />
Tarifverträge Regelungen, durch die Ältere (in der Regel<br />
ab 50 Jahren) bereits bei relativ kurzer Beschäftigungszeit<br />
vor Kündigung geschützt sind.“<br />
Quelle: Koller/Gruber 2001:498<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> ergeben sich interessante Hinweise<br />
auf die Chancen der Wirksamkeit von Förderprogrammen,<br />
die eindimensional auf eine Entgeltsubventionierung<br />
bei Neueinstellung Älterer ausgerichtet sind.<br />
Die genannten Faktoren lassen sich – insbesondere, wo<br />
vermutete Defizite Älterer doch eine Rolle spielen – mit<br />
niedrigeren Beschäftigungskosten nicht kompensieren.<br />
Geringere Lohnkosten für den Betriebe bedeuten daher<br />
nicht automatisch höhere Einstellungschancen für Ältere.<br />
Zu Einstellungszuschüssen nehmen die Betriebe daher<br />
in der Regel eine indifferente Haltung ein: vielleicht<br />
als Anreiz für andere Betriebe denkbar, aber für den eigenen<br />
Betrieb nicht interessant; hier käme es primär auf<br />
die Qualifikation des Bewerbers an (501).<br />
Die Autorinnen der IAB-Untersuchung kommen daher<br />
zu einer eher pessimistischen Einschätzung entsprechender<br />
Förderprogramme: „Eine gr<strong>und</strong>sätzliche Wende<br />
in den Eingliederungschancen von Älteren ist durch<br />
verstärkte Förderung (sofern sie finanzierbar ist) allerdings<br />
nicht zu erwarten: Vermutete Defizite von Älteren,<br />
die durch Lohnkostenzuschüsse ausgeglichen werden<br />
könnten, spielen in der Argumentation der Personalverantwortlichen<br />
keine vorherrschende Rolle.“ (503)<br />
Resümierend lässt sich also festhalten, dass die Betriebe<br />
in ihrer Mehrzahl durchaus für die Beschäftigung älterer<br />
Arbeitnehmer gute Gründe wissen <strong>und</strong> im Regelfall<br />
auch von gängigen Vorurteilen nach dem Muster von<br />
Defizithypothesen frei sind. Gleichwohl zeigt sich in jedem<br />
betrieblichen Einzelfall, dass spezielle Hemmnisse<br />
für die Beschäftigung Älterer im Spiel sind, die so gewichtig<br />
scheinen, dass selbst staatliche Fördermaßnahmen<br />
in ihrer heutigen Ausrichtung nur bedingt zu ihrer<br />
Überwindung beitragen.<br />
7.2 Ziele <strong>und</strong> Funktion einer regionalen<br />
qualitativen Untersuchung<br />
Es liegt in der Natur quantitativer Befragungen, dass<br />
sie einen sehr globalen Ansatz verfolgen <strong>und</strong> die Fragestellungen<br />
deshalb sehr allgemein ausfallen. Auf dieser<br />
Gr<strong>und</strong>lage liefern sie oft wichtige Strukturdaten.<br />
Ein weiteres Einsatzfeld quantitativer Untersuchungen<br />
ist die statistische Verifizierung von Hypothesen, wie<br />
sie sich beispielsweise als Resultat qualitativer Studien<br />
ergeben können. Umgekehrt können sich als Ergebnis<br />
quantitativer Untersuchungen Problemfelder abzeichnen,<br />
denen in vertiefenden qualitativen Studien nachzugehen<br />
ist.<br />
Geht es daher darum, betriebliche Entwicklungen<br />
<strong>und</strong> Standpunkte als Material für handlungsleitende<br />
Schlussfolgerungen für die Personal- <strong>und</strong> Qualifizierungsstrategie<br />
zu analysieren, kommt man an qualitativen<br />
Untersuchungsansätzen nicht vorbei. 37 Bei einer<br />
36<br />
Zur Problematik betrieblicher Altersstrukturen vor dem Hintergr<strong>und</strong> des demographischen <strong>Wandel</strong>s siehe auch Buck/Kistler/Mendius<br />
2002:49–58, sowie Köchling 2000:35f.<br />
Vergleichende Daten zum Altersaufbau in verschiedenen Branchen finden sich in George/Struck 2000:31–34.<br />
37<br />
Zur Verdeutlichung der Problematik ein Beispiel: Ob Ältere im Urteil der Personalverantwortlichen brauchbar sind, ist die eine Seite, ob<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 21