EQUIB - und Marketingstrategie Demographischer Wandel
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5 Neue Herausforderungen für Politik, Unternehmen <strong>und</strong> Arbeitnehmervertretungen<br />
fügbar gemacht werden. 19<br />
Drittens schließlich sollte die betriebsinterne Organisation<br />
von Arbeitsplatz <strong>und</strong> Arbeitsablauf dem unterschiedlichen<br />
Leistungsprofil von Älteren <strong>und</strong> Jüngeren<br />
gerecht werden. Physisch mag der gealterte Mitarbeiter<br />
in mancher Hinsicht weniger belastbar sein als Jüngere,<br />
obwohl auch hier die biologische Entwicklung von<br />
privaten Lebensstilen überlagert wird. Aber einmal erworbene<br />
Erfahrung sowie das gewachsene Verantwortungsbewusstsein<br />
stellen eine soziale Kompetenz dar,<br />
die für andere betriebliche Arbeitsbereiche qualifiziert.<br />
Solchen Unterschieden im Leistungsprofil sollte die Arbeitsorganisation<br />
Rechnung tragen.<br />
Viertens sollte das Prinzip der Prävention / ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Prophylaxe die Personalpolitik anleiten. Die demographische<br />
Entwicklung macht im Großen <strong>und</strong> Ganzen<br />
aus der vorhandenen Belegschaft das Potenzial,<br />
dessen Zukunftsfähigkeit der Betrieb durch einen effektiven<br />
Umgang erhalten <strong>und</strong> ausbauen muss. Und dazu<br />
gehört unabdingbar, durch ergonomische Arbeitsplatzgestaltung<br />
<strong>und</strong> eine Humanisierung von Arbeitsabläufen<br />
die Ressource Ges<strong>und</strong>heit zu pflegen, um die Arbeitsfähigkeit<br />
dauerhaft zu erhalten.<br />
5.3 Hemmnisse für Beschäftigung <strong>und</strong><br />
Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer<br />
Die allgemeine „Marschrichtung“ ist damit abgesteckt<br />
– eine rasche betriebliche Umsetzung der Prinzipien einer<br />
generationenübergreifenden Personalpolitik scheint<br />
damit jedoch nicht automatisch angestoßen zu sein.<br />
Die Diskrepanz zwischen dem politisch gewollten <strong>und</strong><br />
von den Verbänden unterstützten Paradigmenwechsel<br />
<strong>und</strong> dessen nur zögernd erfolgender betriebspraktischer<br />
Umsetzung ist nicht zu übersehen. Nicht zuletzt die aus<br />
Sicht der fördernden Instanzen unzureichende Annahme<br />
der in Kapitel 6 kurz vorgestellten Programme zur<br />
Förderung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer lässt<br />
auf die Existenz von ernstzunehmenden Umsetzungshemmnissen<br />
in den Betrieben schließen.<br />
Die zentralen Hemmfaktoren sind dabei recht gut bekannt.<br />
Zum einen handelt es sich um betriebswirtschaft-<br />
liche Rechnungsweisen, die im Zusammenwirken mit<br />
sozialrechtlichen Rahmenbedingungen einer Beschäftigung<br />
Älterer entgegenstehen:<br />
⊲ Missverhältnis von Investitionskosten <strong>und</strong> Amortisationszeit:<br />
die Aufwändungen für die Qualifizierung<br />
Älterer sind erheblich angesichts einer vergleichsweise<br />
kurzen Nutzungsdauer der Ressource.<br />
⊲ Prinzip der Senioritätsentlohnung: in einigen Branchen<br />
wächst, auch auf Gr<strong>und</strong>lage von Tarifverträgen,<br />
mit der Beschäftigungsdauer die Entgeltstufe<br />
leistungsunabhängig, so dass die Beschäftigung<br />
gleich qualifizierter Jüngerer betriebliche Kostenvorteile<br />
mit sich bringt.<br />
⊲ Spezifische sozialrechtliche Regelungen für Ältere<br />
gelten als Beschäftigungshindernis: darunter fällt<br />
beispielsweise der besondere Kündigungsschutz,<br />
der in manchen Fällen als Einschränkung der betrieblichen<br />
Handlungsfreiheit gewertet wird.<br />
Aber auch persistierende Defizitmodelle des Alterns<br />
spielen eine Rolle: von der Wirksamkeit gängiger Vorbehalte<br />
gegen Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Qualifizierungsfähigkeit<br />
älterer Arbeitnehmer in den Betrieben ist auszugehen.<br />
Es griffe jedoch zu kurz, lediglich „altes Denken“<br />
verantwortlich zu machen, das mit Hinweis auf<br />
die wissenschaftliche Widerlegung der Defizitmodelle<br />
mit Information <strong>und</strong> Aufklärung zurückgedrängt werden<br />
könnte. Allein mit einer Einstellungsänderung von<br />
Personalverantwortlichen ist dem Problem nicht beizukommen,<br />
weil sich durch Fehlsteuerungen der Vergangenheit<br />
Strukturen herausgebildet haben, die den Defizitmodellen<br />
Recht zu geben scheinen <strong>und</strong> eine entsprechende<br />
betriebliche Praxis prolongieren:<br />
⊲ Ältere Arbeitnehmer gelten als eingeschränkt leistungsfähig<br />
<strong>und</strong> belastbar.<br />
Seitens der Arbeitswissenschaft gilt diese Defizittheorie<br />
als widerlegt 20 , <strong>und</strong> zahlreiche Studien zeigen<br />
ein wesentlich differenzierteres Bild. Danach<br />
nehmen zwar insbesondere die rein körperlichen Kapazitäten<br />
mit dem biologischen Alter ab. Andere dagegen<br />
wie etwa die kognitiven Fähigkeiten der Intelligenz,<br />
Vorstellungskraft <strong>und</strong> Kreativität bleiben<br />
gleich. Und ein drittes Spektrum verzeichnet sogar<br />
19 „Humankapital ist schon jetzt der bestimmende Faktor für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft <strong>und</strong> wird in Zukunft noch wichtiger<br />
werden. Neben dem reinen Bestand oder auch Zuwachs an Humankapital kommt jedoch der ‚Logistik‘ immer größere Bedeutung<br />
zu. Wissen kann nur dann Nutzen bringen, wenn es zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht <strong>und</strong> an der richtigen Stelle eingesetzt<br />
wird.“ (BLK 2001, Anhang S. 5)<br />
20 „Das Ergebnis aller einschlägigen Untersuchungen ist eindeutig: Im Laufe der 30 bis 40 Jahre einer Erwerbsbiografie, die zudem bei<br />
vielen <strong>und</strong> insbesondere bei Frauen noch durch Nichterwerbsphasen unterbrochen ist, ändern sich Qualifikationsprofil <strong>und</strong> Einsatzfähigkeit<br />
der Arbeitskräfte, nicht aber die Arbeits- <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit. Empirische Untersuchungen zeigen bei der Altersgruppe der über<br />
45-Jährigen eine ansteigende Streuung der Leistungsfähigkeit, keineswegs aber einen generellen Rückgang; bei vielen Arbeitskräften<br />
nimmt die individuelle Leistungsfähigkeit im Gegenteil nach dem 45. Lebensjahr weiter zu.“ (Wolff/Spieß/Mohr 2001:21)<br />
<strong>EQUIB</strong> Beschäftigung <strong>und</strong> Qualifizierung älterer Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmerinnen 11