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ProSa<br />
dino Buzatti (Übersetzung: Cordula Scheel)<br />
Erinnerst du dich noch, - fragte im Paradies<br />
der Tiere die Seele des kleinen Esels<br />
die Seele des Ochsen - erinnerst du dich zufällig<br />
noch an jene Nacht vor so vielen Jahren,<br />
als wir uns in einer Art Stall befanden<br />
und dort, ausgerech<strong>net</strong> in der Krippe ...<br />
- Lass mich nachdenken - Aber ja, -<br />
bestätigte der Ochse, - in der Krippe war<br />
ein neugeborenes Kind. Wie konnte ich das<br />
vergessen? Es war ein so schönes Kind.<br />
- Seither, wenn ich mich nicht irre, - sagte<br />
der Ochse - weißt du wie viele Jahre seither<br />
vergangen sind?<br />
- Was denkst du, ich mit meinem<br />
Ochsengedächtnis!<br />
- Fast zweitausend.<br />
- Du liebe Zeit.<br />
- Und, à propos, weißt du, wer dieses Kind<br />
war?<br />
- Woher soll ich das wissen? Es waren reisende<br />
Leute. Allerdings, es war ein wunderbares<br />
Kind. Es ist mir niemals aus dem Sinn<br />
gegangen, warum auch immer. Und ja, die<br />
Eltern schienen sehr einfache Leute zu sein.<br />
Sag mir, wer war es?<br />
Der Esel flüsterte etwas in das Ohr des<br />
Ochsen.<br />
- Aber nein! - sagte dieser verwirrt. - Wirklich?<br />
Du machst dich bestimmt über mich lustig.<br />
- Das ist die reine Wahrheit. Ich schwöre es ...<br />
Übrigens, ich hatte das sofort begriffen.<br />
- Ich nicht, das muss ich schon zugeben<br />
- sagte der Ochse. - Man sieht, dass du<br />
intelligenter bist. Mir ist nicht einmal der<br />
Verdacht gekommen. Obwohl, wenn ich es<br />
recht betrachte, das Kind war schon etwas<br />
Besonderes.<br />
Zu viel Weihnachten<br />
IGDA aktuell, <strong>Heft</strong> 4 (<strong>2009</strong>) Seite 21<br />
- Siehst du, seit damals feiern die Menschen<br />
jedes Jahr ein großes Fest zu Ehren seines<br />
Geburtstages. Es gibt für sie keine schöneren<br />
Tage. Wenn du sie sehen könntest. Es ist<br />
die Zeit der Fröhlichkeit, des Ausruhens, der<br />
Muße für die Seele, des Friedens, der Familienfreuden,<br />
man ist einander gut. Selbst die<br />
Mörder werden lammfromm. Sie nennen<br />
das Fest Weihnachten. Ach, lieber Freund,<br />
mir kommt da eine Idee. Soll ich dich nicht<br />
hinbringen, damit du sie sehen kannst?<br />
- Wen?<br />
- Die Menschen, die Weihnachten feiern.<br />
- Wo?<br />
- Unten auf der Erde natürlich.<br />
- Bist du schon dort gewesen?<br />
- Ich schaue jedes Jahr einmal schnell vorbei.<br />
Sie haben mir eine Spezialerlaubnis dafür<br />
gegeben. Aber ich denke, ich kann dir auch<br />
eine beschaffen. Immerhin haben wir beide<br />
uns damals auch einen kleinen Verdienst<br />
erworben.<br />
- Weil wir das Kind mit unserem Atem<br />
gewärmt haben?<br />
- Also los, komm, wenn du nicht das<br />
Beste verpassen willst. Genau heute ist<br />
Heiligabend.<br />
- Und wie soll das gehen?<br />
- Das ist schnell gemacht. Ich habe einen<br />
Vetter auf der Pass-Stelle.<br />
Sie bekamen einen Ausweis und reisten<br />
ab. Ganz sanft schwebten sie vom Himmel<br />
auf die Erde. Sie erblickten ein Licht. Sie<br />
schwebten darauf zu, und das Licht wurde<br />
zu einer Myriade von Lichtern, es war eine<br />
große Stadt. Und ecco der kleine Esel und der<br />
Ochse, wie sie sich unsichtbar auf den Straßen<br />
inmitten der Stadt bewegten. Da sie Geister