Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schreibseminare - ja oder nein? Geht man<br />
von einem überkommenen, latent elitären<br />
Autorenverständnis aus (wer möchte<br />
nicht gerne zu den. Auserwählten, den<br />
Begnadeten gehören!), so wird man die Frage<br />
ohne zu zögern mit „nein“ beantworten.<br />
Ist man aber bereit einzugestehen, dass<br />
auch die Schriftstellerei ein Moment des<br />
Handwerklichen und damit des Lernbaren<br />
hat, dass sich beispielsweise eine ganze Reihe<br />
von Schreibtechniken rational aneignen<br />
irmengard M. Hörning<br />
Warum widme ich mich diesem Thema?<br />
Die Frage ist so wichtig für das Leben,<br />
das Überleben des Kunstschaffenden.<br />
Gibt es eine Möglichkeit, die Spreu vom Weizen<br />
zu trennen?<br />
In dieser Schrift möchte ich es versuchen, zumindest<br />
annähernd.<br />
Die Grenzen zwischen Kitsch und Kunst sind<br />
fließend:<br />
Es gibt keine eindeutige Festlegung; doch<br />
vom Sprachgebrauch her wird Kitsch von<br />
seiner Wirkung her bestimmt.<br />
Kitschige Darstellungen sind süßlich, niedlich,<br />
sentimental, seicht und oberflächlich,<br />
unecht und substanzlos.<br />
Viel schwieriger ist die Bestimmung von der<br />
Stilweise, von der Gestaltung her zu beurteilen.<br />
Kitsch ist ohne Eigenprägung, imitatorisch,<br />
nachahmend. Das Stoffliche herrscht vor. Er<br />
übernimmt unterschiedliche fremde Elemente<br />
und äußert sich in einer quantitativen Einstellung<br />
und täuscht Gehalte vor.<br />
Die Ursachen des Entstehens unechter, kitschiger<br />
Kunst können folgende Elemente<br />
sein:<br />
essay<br />
Kitsch und Kunst<br />
der Versuch eines Essays<br />
IGDA aktuell, <strong>Heft</strong> 4 (<strong>2009</strong>) Seite 37<br />
lassen, dann wird man gerade heute, inmitten<br />
einer Welt des Wandels und spezialisierter<br />
Berufe, den Schreibseminaren eine gewisse<br />
Berechtigung kaum absprechen können.<br />
Mario Andreotti, prof. Dr., ist Dozent für literarisches<br />
Schreiben an der Zürcher Fachhochschule für angewandte<br />
linguistik und Verfasser des Standardwerks die Struktur<br />
der modernen literatur (utB Band 1127, haupt Verlag<br />
Bern, Stuttgart, Wien), das eben in vierter, vollständig neu<br />
bearbeiteter und aktualisierter auflage erschienen ist.<br />
Ein falsches Verhältnis zur Kunst, lediglich<br />
ein Bedürfnis nach Geltung oder extremes<br />
Interesse am Geldverdienen. Auch kann die<br />
Verwirklichung bestimmter Tendenzen das<br />
Ziel sein: Kitsch soll der Ideologie dienen,<br />
soll volksnah sein, soll genussreich sein, soll<br />
schön sein; wobei Schönheit ein undefinierbarer<br />
Begriff zu sein scheint.<br />
Im Manierismus, Barock und Jugendstil finden<br />
sich genügend Beispiele, die nahe am<br />
Kitsch sind.<br />
Wie aber soll Kunst bezeich<strong>net</strong> werden?<br />
Es gibt von namhaften Künstlern genügend<br />
Hinweise zu echtem künstlerischen Schaffen;<br />
denn jeder ernsthafte Künstler wird vor<br />
der Frage stehen „Schaffe ich Kunst oder<br />
Kitsch?“<br />
Kunst zu erfassen, insoweit als fremde, störende<br />
Elemente auszuschießen sind. Es soll<br />
ein eigenständiges Thema gefunden werden,<br />
vergangenheitsbezogen oder zukunftsweisend<br />
mit erlebnismäßigem Aufnehmen<br />
der gegenwärtigen Dinge.<br />
Die Dichtung beispielsweise wird nicht<br />
mehr allein das Tun rhythmisieren, sie wird<br />
voraus sein! (Zitat Rimbaud bereits 1871)<br />
Ein Kunstwerk soll nicht nur geistvolle Ansichten,<br />
sondern auch Sinngehalte vermit