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1,9 MB - Shanti Partnerschaft Bangladesch eV

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edürftig, der ging mit leeren Händen<br />

aus. Die Händler in den kleinen Läden<br />

gegenüber wiesen die Bettler auf<br />

sehr rüde Weise ab. Auf der anderen<br />

Straßenseite ging ein Mann von<br />

ungefähr dreißig Jahren vorüber, der<br />

sich bei jedem Schritt mit einem Stock<br />

abstützte, weil er mit seinem linken Fuß<br />

nur auf dem vorderen Teil auftreten<br />

konnte. Ich habe solche verwachsenen<br />

Menschen häufi g gesehen.<br />

Mein Blick suchte unwillkürlich<br />

den jungen Rikschawalla. Ich wollte<br />

aussteigen - halt rufen, zu allem<br />

nein sagen. Doch ich wusste, dass<br />

die Menschen mich nur anstarren<br />

würden, weit davon zu verstehen; und<br />

so blieb mein Mund verschlossen, nur<br />

im Herzen keimte zum ersten Mal<br />

die Frage: warum? Wir können es<br />

nicht ertragen, unser Mitleid. Warum<br />

sitzt der Kriegsversehrte im März bei<br />

Karstadt vor der Tür? Mitleidzeit ist<br />

vor Weihnachten oder am Buß- und<br />

Bettag, Totensonntag. Unterwegs bei<br />

den Flussübergängen, auf den Fähren<br />

– wir müssen jedes Mal aussteigen<br />

– sind sie wieder da, Greise, Frauen,<br />

Kinder, und es sind nicht nur die<br />

Hände, es sind die Augen, die bitten.<br />

Sie streicheln deine Hand, und es ist<br />

mehr als die paar Münzen, um die sie<br />

fl ehen, wenn sie ihre dünnen Arme um<br />

deine Beine schlingen.<br />

<strong>Shanti</strong><br />

Ein Junge, vielleicht sieben Jahre alt,<br />

rutscht auf den Stümpfen seiner Beine<br />

um mich herum. Ich bin am Ende, kann<br />

nicht mehr zum Portemonnaie greifen.<br />

Geld – es geht um mehr, um viel mehr.<br />

Dem alten Mann kann meine Gabe<br />

das Leben erhalten, bis seine Zeit<br />

abgelaufen ist. Ihm ist es Broterwerb<br />

des Alters, die Kinder aber zeigen eine<br />

schreckliche Hoffnungslosigkeit auf.<br />

Einige werden nie arbeiten können, tun<br />

jetzt was sie in Jahren auch tun werden,<br />

und wieder möchte ich aufschreien.<br />

Ich bin den Tränen nahe ob meiner<br />

Ohnmacht und frage warum, frage die<br />

sinnloseste aller Fragen. Obwohl ich<br />

weiß, dass es auf warum keine Antwort<br />

gibt, will ich Gott diese Frage stellen,<br />

aber ich schweige. Schweige, weil ich<br />

Zusammenhänge ahne und sehe, dass<br />

Gott nicht schweigt. Auch mein Herz<br />

schweigt nicht, und so muss auch ich<br />

einen Preis zahlen, wer weiß wofür. Im<br />

Kopf ist nur diese grässliche Leere, und<br />

selbst jetzt, wo ich dies niederschreibe,<br />

habe ich nur Tränen.<br />

Das Fernsehen sendet wieder einen<br />

solchen Bericht, diesmal sind es<br />

hungernde Kinder in Afrika; vielleicht<br />

werde ich morgen etwas auf das<br />

Spendenkonto überweisen. Morgen<br />

ist Sonntag, na dann eben Montag. In<br />

<strong>Bangladesch</strong> ist immer Montag, da gibt<br />

es keine Mitleidzeit und keine Heime,<br />

keine Isolierstation.<br />

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