Der 11. September 2001 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
Der 11. September 2001 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
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Veränderte Rahmenbe<br />
Dr. Dirk Freudenberg M.A., Leiter des Akademiestabes <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe, Akademie <strong>für</strong> Krisenmanagement,<br />
Notfallplanung <strong>und</strong> Zivilschutz<br />
Humanitäre Organisationen <strong>und</strong> ihre Angehörigen, die als Helfer in Regionen<br />
gehen, die oftmals ein unfriedliches Umfeld bereiten, haben sich immer<br />
schon mit den Risiken eines Einsatzes auseinandersetzen müssen. Allerdings<br />
standen in der Vergangenheit – von Ausnahmen abgesehen – eher Risiken<br />
<strong>und</strong> Gefährdungen aus dem Bereich der Arbeitssicherheit, der Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />
oder des Umgangs mit Kraftfahrzeugen in schwierigem Gelände<br />
im Vordergr<strong>und</strong> (Safety). Zunehmend sehen sie sich direkt bedroht<br />
oder gar als Opfer von (bewaffneten) Angriffen, Entführungen <strong>und</strong> Erpressungen.<br />
Verantwortungsbewusste Organisationen <strong>und</strong> vor allem Personen<br />
mit Personal- <strong>und</strong> Führungsverantwortung werden sich dieser Tatsache<br />
stellen müssen, um ihre erforderlichen personellen, materiellen <strong>und</strong> organisatorischen<br />
Voraussetzungen <strong>für</strong> ihren Verantwortungsbereich <strong>und</strong> ihr<br />
Krisenmanagement in der Vorbereitung, Durchführung <strong>und</strong> Nachbereitung<br />
zu treffen.<br />
Im Überblick werden die entscheidenden<br />
Veränderungen des sicherheitspolitischen<br />
Umfeldes gegeben,<br />
um <strong>für</strong> die Problematik zu sensibilisieren<br />
<strong>und</strong> die wesentlichen neuen Herausforderungen<br />
zu erkennen. Dies<br />
muss die Voraussetzung sein <strong>für</strong> die<br />
Implementierung eines organisationseigenen<br />
Krisen- <strong>und</strong> Sicherheitsmanagements<br />
<strong>und</strong> die organisationsübergreifende<br />
Zusammenarbeit mit<br />
anderen Akteuren.<br />
<strong>Der</strong> Begriff „Globalisierung“ charakterisiert<br />
seit Mitte der 1990er Jahre<br />
die zunehmende weltweite Verflechtung<br />
der Ökonomien sowie der<br />
Finanzmärkte <strong>und</strong> die davon ausgehenden<br />
Prozesse fortschreitender<br />
<strong>und</strong> beschleunigter Modernisierung<br />
von Kommunikation, Produktion von<br />
Wissen <strong>und</strong> Gütern, Transport, aber<br />
auch die Problemfelder von Internationaler<br />
Sicherheit, Organisierter Kriminalität,<br />
Drogen-, Waffen- <strong>und</strong> Menschenhandel,<br />
Krieg <strong>und</strong> Migration. 1<br />
Bei der Betrachtung möglicher Akteure<br />
ist zu beachten, dass nicht nur<br />
bei innerstaatlichen, sondern auch bei<br />
den globalen Konflikten Konflikt- <strong>und</strong><br />
Krisenursachen zunächst häufig nicht<br />
mehr auf klar identifizierbare Verursacher,<br />
sehr oft auch nicht mehr in<br />
Gestalt von Verursacherstaaten zurückzuführen<br />
sind. 2 Im Zuge dieser<br />
Entwicklung sind zunehmend Konflikte<br />
zu beobachten, die nicht als Krieg<br />
zwischen Staaten <strong>und</strong> ihren Armeen<br />
ausgetragen werden, sondern in denen<br />
sozial, ethisch, religiös definierte<br />
Bevölkerungsteile einander bekriegen<br />
<strong>und</strong> Partisanen, Banden, regionale<br />
Kriegsherren sowie internationale<br />
Söldnerfirmen die entscheidende<br />
Rolle spielen. 3 Feindselige Aktivitäten<br />
werden nun von Gruppen angeführt,<br />
die sich von Armeen sehr wesentlich<br />
unterscheiden 4 <strong>und</strong> nicht-staatliche<br />
Akteure beginnen mit militärischen<br />
Mitteln zu handeln. 5 Das gesamte<br />
Spektrum subversiver, verbrecherischer,<br />
nichtstaatlicher Kräfte, Banden,<br />
Partisanen <strong>und</strong> Terroristen gehört<br />
dazu. 6 Es sind unter den Akteuren<br />
solche, die in ihrer Symbiose der<br />
Kulturen das Mittelalter predigen <strong>und</strong><br />
dennoch die Kalaschnikow, wie auch<br />
den Computer benutzen. 7<br />
Insofern fehlt es weitgehend an<br />
klaren <strong>und</strong> konkreten Täter- <strong>und</strong> Fähigkeitsprofilen,<br />
deren Potentiale <strong>und</strong><br />
der Inter<br />
Einführung in die Sicherheitssituation<br />
Einsatzgr<strong>und</strong>sätze bekannt sind <strong>und</strong><br />
auf die sich die Stellen staatlicher<br />
Gefahrenabwehr personell, materiell<br />
<strong>und</strong> von den Abläufen des eigenen<br />
Krisenmanagements her verbindlich<br />
– checklistenartig – einstellen können.<br />
8 Somit ist heute längst erkannt,<br />
dass die neuen Bedrohungen nicht<br />
mehr (nur) von Staaten ausgehen,<br />
deren Bedrohungspotential bekannt<br />
ist <strong>und</strong> auf die man sich durch nationale<br />
Vorsorge – eingeb<strong>und</strong>en in supra-<br />
<strong>und</strong> internationale Strukturen –<br />
einstellen kann, sondern zunehmend<br />
von transnationalen nichtstaatlichen<br />
Akteuren, welche die Vorteile der<br />
Globalisierung nutzen <strong>und</strong> entsprechend<br />
an Staaten vorbei bzw. gegen<br />
Staaten aktiv sind. 9<br />
Dementsprechend ist auch eine<br />
Entwicklung zu beobachten, die es<br />
notwendig erscheinen lässt, die Tätigkeit<br />
von Hilfsorganisationen dahingehend<br />
zu hinterfragen, inwieweit sie<br />
durch ihr Tätigwerden diese Konflikte<br />
beeinflussen, hemmen oder gar<br />
fördern. Gleichzeitig stellt sich die<br />
Frage, ob <strong>und</strong> inwieweit die Hilfe<br />
nicht sogar ein Eingriff in das „humanitäre<br />
Biotop“ darstellt, welcher in der<br />
Lage ist, Gewalt zu katalysieren. Das<br />
umso mehr, wenn die Machthaber –<br />
örtliche oder regionale – die Arbeit<br />
der Hilfsorganisationen zu eigenen<br />
Zwecken nutzen, indem sie die Hilfe<br />
zulassen, steuern oder unterbinden.<br />
An die Stelle klassischer militärischer<br />
Konflikte treten in zunehmendem<br />
Maße kleine <strong>und</strong> asymmetrische<br />
Kriege, in denen das Handeln der<br />
nicht-staatlichen Akteure meist nicht<br />
gegen militärische Ziele gerichtet ist,<br />
sondern auf die Erzielung eines<br />
größtmöglichen – insbesondere psychologischen<br />
– Effektes in der Gesellschaft.<br />
10 Dabei werden alle Akteure<br />
zunehmend zum Ziel gewalttätiger<br />
Aktionen, die dazu beitragen, einen<br />
Raum zu stabilisieren, in dem sie der<br />
10 www.walhalla.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 4/2005