Der 11. September 2001 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
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Die Schieflage der Friedenskon<br />
in Afghanistan<br />
– eine Herausforderung <strong>für</strong> die „Große<br />
Klaus Liebetanz, Fachberater <strong>für</strong> Katastrophenmanagement, Verden<br />
Anlässlich einer Ergebnisprüfung von Projekten der humanitären Hilfe in<br />
Afghanistan sprach unser Autor <strong>und</strong> Fachberater <strong>für</strong> Katastrophenmanagement,<br />
Klaus Liebetanz, mit zahlreichen Akteuren der Friedenskonsolidierung<br />
in Afghanistan. Darunter befanden sich Vertreter der deutschen <strong>und</strong><br />
internationalen Streitkräfte, der Polizei, der deutschen <strong>und</strong> internationalen<br />
Entwicklungshilfe <strong>und</strong> der Friedensfachkräfte. Als Ergebnis dieser Gespräche<br />
kommt er zu dem Fazit, dass sich die deutsche Friedenskonsolidierung<br />
in Afghanistan in einer Schieflage befindet, weil die finanzielle Ausstattung<br />
der militärischen Absicherung dreimal so hoch ist wie der Beitrag der<br />
zivilen Konfliktbearbeitung (Polizeieinsatz, Entwicklungs- <strong>und</strong> Demokratisierungshilfe).<br />
<strong>Der</strong> zivile Beitrag ist jedoch entscheidend <strong>für</strong> die Friedensgestaltung<br />
<strong>und</strong> die Tragfähigkeit des Friedensprozesses in Afghanistan.<br />
Deutsches Interesse<br />
Warum soll sich die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland an der Entwicklung<br />
eines sich selbst tragenden Friedensprozesses<br />
in Afghanistan beteiligen?<br />
1. Weil die terroristischen Aktivitäten,<br />
die von Afghanistan ausgingen<br />
(Lager zur Ausbildung von Terroristen)<br />
<strong>und</strong> welche die USA angriffen<br />
(Zerstörung der Twin Towers), in der<br />
Konsequenz auch Deutschland als<br />
Teil der westlichen Welt bedrohten.<br />
2. Weil Deutschland an einer verstärkten<br />
Migration aus dem traditionell<br />
befre<strong>und</strong>eten <strong>und</strong> durch 25 Jahre<br />
Krieg verarmten Afghanistan nicht<br />
interessiert ist.<br />
3. Weil ein befre<strong>und</strong>etes <strong>und</strong> entwickeltes<br />
Afghanistan bessere Handelsbeziehungen<br />
zu Deutschland als<br />
exportorientierter Nation verspricht.<br />
4. Weil die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland in Jahren größter Not<br />
1949 in der Präambel des Gr<strong>und</strong>gesetzes<br />
eine feierliche Selbstverpflichtung<br />
zur weltweiten Friedensgestaltung<br />
„vor Gott <strong>und</strong> den Menschen”<br />
abgegeben hat <strong>und</strong> diese auch <strong>und</strong><br />
gerade in Zeiten des Wohlstands einhalten<br />
sollte.<br />
Fakten der Schieflage in<br />
der Friedenskonsolidierung<br />
Nach Aussagen von Fachleuten<br />
gibt es in Afghanistan noch 150-<br />
200.000 ehemalige Kämpfer, die ihre<br />
Waffen weiterhin besitzen. Ein Teil<br />
dieser „Ehemaligen” verdient sein<br />
Geld mit Raub <strong>und</strong> Erpressung <strong>und</strong><br />
bildet die Basis des organisierten<br />
Verbrechens. Ministerialdirigent<br />
Hans-H. Dube (Regionaldirektor der<br />
GTZ) hält diese Gruppierung <strong>für</strong> wesentlich<br />
gefährlicher als die terroristischen<br />
Taliban. Dadurch kommt dem<br />
Polizeieinsatz in Afghanistan eine<br />
ebenso große Bedeutung zu wie dem<br />
militärischen Engagement. Dem werde<br />
die deutsche Unterstützungsleistung<br />
in Afghanistan nicht gerecht.<br />
Während <strong>für</strong> das deutsche Militär<br />
jährlich 319 Mio. Euro bereitgestellt<br />
werden, sind es lediglich 13 Mio.<br />
Euro, die <strong>für</strong> den deutschen Polizeieinsatz<br />
zur Verfügung stehen. Dabei<br />
kommt es nicht so sehr darauf an,<br />
die Zahl der deutschen Polizeiausbilder<br />
zu erhöhen, sondern vielmehr die<br />
Leistungen <strong>für</strong> Infrastrukturmaßnahmen<br />
der afghanischen Polizei, um<br />
erfolgreich Korruption <strong>und</strong> organisiertes<br />
Verbrechen zu bekämpfen, die<br />
das Gr<strong>und</strong>übel in allen „zerfallenden<br />
Staaten” darstellen.<br />
Außerdem wird es anfangs notwendig<br />
sein, <strong>für</strong> einen Teil der afghanischen<br />
Polizeispezialisten zusätzliche<br />
Zahlungen vorzunehmen, damit<br />
sie nicht vom organisierten Verbrechen<br />
abgeworben werden.<br />
Forderung nach einem<br />
neuen Gesamtkonzept<br />
<strong>für</strong> einen internationalen<br />
Polizeieinsatz<br />
Nach der Fußballweltmeisterschaft<br />
in Deutschland mit ihrem hohen Bedarf<br />
an Polizisten sollte B<strong>und</strong>esinnenminister<br />
Wolfgang Schäuble über ein<br />
Gesamtkonzept <strong>für</strong> den deutschen<br />
internationalen Polizeieinsatz nachdenken<br />
lassen, das auch genügend<br />
Anreize <strong>für</strong> geeignete Polizisten zum<br />
weltweiten Auslandseinsatz schafft<br />
(u.a. Verbesserung der Karrierechancen).<br />
In „zerfallenden Staaten” kommt<br />
dem effektiven, rechtsstaatlichen Polizeieinsatz<br />
generell eine ebenso große<br />
Bedeutung wie den Streitkräften<br />
zu, weil die noch bewaffneten ehemaligen<br />
Kämpfer den zu bildenden<br />
Staat systematisch durch organisierte<br />
Kriminalität unterminieren <strong>und</strong> terrorisieren.<br />
Für solche Maßnahmen<br />
sollte im Etat des B<strong>und</strong>esinnenministers<br />
ein angemessen ausgestatteter<br />
Titel eingerichtet werden. Im Gegensatz<br />
zur b<strong>und</strong>esdeutschen Regierung<br />
setzen die US-Amerikaner erheblich<br />
mehr Polizisten in der Ausbildung der<br />
afghanischen Polizisten ein. Dabei<br />
sind die Amerikaner nach Aussagen<br />
von Polizeifachleuten wenig wählerisch<br />
in der Auswahl ihrer Ausbilder,<br />
teilweise seien es Pensionäre, die in<br />
38 www.walhalla.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 4/2005