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Der 11. September 2001 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...

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Einige Gedanken<br />

Philipp Reber M.A., Ethnologe <strong>und</strong> Historiker, arbeitet seit 15 Jahren<br />

in der humanitären Hilfe <strong>und</strong> Entwicklungszusammenarbeit. Er arbeitet<br />

zurzeit u.a. als Sicherheitsberater bei Caritas Schweiz.<br />

Hilfsorganisationen sehen sich heute zunehmend mit vielfältigen <strong>und</strong> oft<br />

schwer wiegenden Sicherheitsrisiken konfrontiert. Die Gewalt gegen Helfer,<br />

nationale wie internationale, hat vielerorts erschreckende Ausmaße<br />

angenommen. Es lohnt sich deshalb, die Sicherheitsrisiken <strong>für</strong> die Helfer<br />

im Einsatz <strong>und</strong> deren Hintergründe zu verorten sowie den Begriff ‚Risiko’<br />

im Hinblick auf die Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen des Handelns zugunsten<br />

der Sicherheit der Mitarbeitenden zu untersuchen.<br />

Die zunehmenden Sicherheitsprobleme<br />

haben verschiedene Ursachen.<br />

Diese liegen oft in Phänomenen<br />

der so genannten Neuen Kriege<br />

<strong>und</strong> dem seit Ende <strong>2001</strong> laufenden<br />

‚Krieg gegen den Terror’ begründet.<br />

Zu verzeichnen ist eine deutliche Erosion<br />

des internationalen humanitären<br />

Völkerrechts, eine zunehmende Instrumentalisierung<br />

<strong>und</strong> missbräuchliche<br />

Verwendung von Hilfsgütern<br />

<strong>und</strong> Hilfsleistungen, sowie auch, besonders<br />

im Rahmen des ‚Kriegs gegen<br />

den Terror’, ein durch politischreligiösen<br />

Extremismus immer enger<br />

werdender Verhandlungsspielraum<br />

zwischen den Akteuren. Oft geht es<br />

nur noch um die Vertreibung oder<br />

physische Vernichtung der mit dem<br />

Feind assoziierten (fremden) Helfer.<br />

Dies setzt insgesamt ein Fragezeichen<br />

hinter die Nachhaltigkeit <strong>und</strong> insbesondere<br />

auch den Sinn der Hilfe.<br />

Die internationale Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> die humanitäre Hilfe befinden<br />

sich in den letzten Jahren in einem<br />

Wandlungsprozess, dies vielerorts<br />

als Antwort auf die sich verändernden<br />

politischen, religiösen<br />

usw. Begebenheiten. Die Welt nimmt<br />

sehr selektiv großen Anteil an den<br />

Krisen <strong>und</strong> Katastrophen unserer Zeit.<br />

Eine enorme Mediatisierung findet<br />

statt, die im Rahmen eines internationalen<br />

Solidaritätsgefühls üppige<br />

Spenden generiert. Die Konkurrenz<br />

unter den Akteuren um die Hilfsgelder<br />

hat stark zugenommen, was eine<br />

Koordination der Hilfsaktivitäten vor<br />

Ort <strong>und</strong> eine Abstimmung der Poli-<br />

cy-Entscheide nicht erleichtert. Zudem<br />

erfolgt im Rahmen des so genannten<br />

‚New Humanitarism’ eine<br />

Konditionalisierung, d.h. eine Verknüpfung<br />

der Hilfeleistungen mit dem<br />

Einhalten von Menschenrechtsvorgaben<br />

– <strong>und</strong> somit auch eine Instrumentalisierung<br />

<strong>und</strong> „Verpolitisierung“ der<br />

Hilfe.<br />

All dies ist nicht ganz neu <strong>und</strong> Gegenstand<br />

zahlreicher Betrachtungen.<br />

Sicherheitsprobleme <strong>und</strong> vor allem<br />

der Umgang mit solchen haben jedoch<br />

nicht nur kontextuelle <strong>und</strong> interinstitutionelle<br />

Hintergründe, wie<br />

die oben skizzierten, sondern auch<br />

solche, die in der jeweiligen Organisation<br />

<strong>und</strong> deren Mitarbeitenden begründet<br />

liegen.<br />

Während sich der Artikel von Dirk<br />

Freudenberg vorwiegend mit kontextuellen<br />

Aspekten beschäftigt, versucht<br />

der vorliegende Artikel vor allem<br />

den Bereich ‚Organisation <strong>und</strong><br />

Individuum’ durch die verstärkende<br />

Optik des Begriffs Risiko näher zu<br />

betrachten.<br />

Zum Begriff „Risiko“<br />

zum Sicherheits<br />

<strong>Der</strong> Begriff „Risiko“ beinhaltet zwei<br />

verschiedene Teilaspekte:<br />

1) <strong>Der</strong>jenige der Bedrohungslage<br />

im humanitären Raum bzw. derjenige<br />

der im humanitären Raum auf die<br />

Hilfswerke lauernden Gefahren mit<br />

den Komponenten Wahrscheinlichkeit<br />

des Eintreffens eines Vorfalls <strong>und</strong><br />

dessen Auswirkungen auf die Organisation<br />

<strong>und</strong> deren Mitarbeitende<br />

2) derjenige der eigenen Verw<strong>und</strong>barkeit,<br />

d. h. der Anfälligkeit einer Organisation<br />

auf eine vorherrschende<br />

Gefahr nicht adäquat reagieren zu<br />

können. Dies aufgr<strong>und</strong> eines fehlenden<br />

oder unangepassten Sicherheitsmanagements.<br />

Um einen klareren Blick auf mögliche<br />

Handlungsfelder <strong>und</strong> ein besseres<br />

Verständnis der Wechselwirkungen<br />

zwischen den beiden Teilaspekten<br />

zu erhalten, lohnt sich bei der<br />

Risikoanalyse eine getrennte Betrachtung<br />

derselben. Beiden Ebenen sind<br />

bei der Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen<br />

unterschiedliche Grenzen<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten eigen <strong>und</strong> folgen<br />

einer zum Teil anderen Logik.<br />

Nicht immer können humanitäre<br />

Akteure – auch nicht im Verb<strong>und</strong> mit<br />

staatlichen oder militärischen Akteuren<br />

– auf die Bedrohungslage direkt<br />

Einfluss nehmen <strong>und</strong> Gefahrenmomente<br />

vermindern oder ganz ausschalten.<br />

Die Verbesserung der Sicherheit<br />

der Mitarbeitenden muss in<br />

der Regel über eine Reduktion der<br />

eigenen Verw<strong>und</strong>barkeit erfolgen.<br />

Dem sind jedoch Grenzen gesetzt, da<br />

wirkungsvolle <strong>und</strong> nachhaltige humanitäre<br />

Arbeit in der Regel auf die Akzeptanz<br />

der Organisation bei lokalen<br />

Akteuren sowie den Begünstigten<br />

selbst baut. Schutz- oder gar Abschreckungsmaßnahmen<br />

stellen oft<br />

eine heikle Gradwanderung dar, die<br />

den humanitären (<strong>und</strong> philanthropischen)<br />

Geist der Sache <strong>und</strong> das<br />

Selbstverständnis der Hilfsorganisation<br />

verletzen <strong>und</strong> die Effektivität <strong>und</strong><br />

die Nachhaltigkeit der Arbeit in Frage<br />

stellen. Es gibt Bedrohungslagen,<br />

in denen kein Verhandlungsspielraum<br />

(mehr) besteht zwischen humanitären<br />

Helfern <strong>und</strong> Akteuren, von<br />

denen die Bedrohung ausgeht, <strong>und</strong><br />

somit auch kaum mehr Handlungsspielraum<br />

<strong>für</strong> die Helfer selbst. In solchen<br />

Situationen ist eine weitere Reduktion<br />

der eigenen Verw<strong>und</strong>barkeit<br />

<strong>und</strong> somit ein sicheres Verbleiben vor<br />

Ort nicht mehr möglich <strong>und</strong> erscheint<br />

20 www.walhalla.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 4/2005

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