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Der 11. September 2001 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...

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Aspekte des<br />

Führungsvorgangs<br />

Traditionell definiert man als Führungsvorgang<br />

einen geschlossenen,<br />

immer wiederkehrenden Denk- <strong>und</strong><br />

Handlungsablauf. Im Nebeneinander<br />

von Denken <strong>und</strong> Handeln besteht ein<br />

erstes Defizit. <strong>Der</strong> Führungsvorgang<br />

aus Lagefeststellung, Planung, Befehlsgebung<br />

<strong>und</strong> Kontrolle enthält<br />

keinen Handlungsaspekt. <strong>Der</strong> Wesensgehalt<br />

von Führen als Entscheiden<br />

bleibt im Nebel.<br />

Im Gegensatz zur kollegialen Entscheidungsfindung<br />

in einer Behörde<br />

muss man im Einsatz ins Ungewisse<br />

handeln. Dies rechtfertigt die Anwendung<br />

eines kybernetischen Regelkreis-Modells<br />

als Art Prediktor-Korrektor-Funktion<br />

9 mit Vorhersage <strong>und</strong><br />

Korrektur, die die Aktion in eine bestimmte<br />

Richtung lenkt <strong>und</strong> dann beobachtet,<br />

ob die Richtung stimmt,<br />

ggf. ändert <strong>und</strong> nachsteuert. Dies ist<br />

notwendig, weil einerseits die Lage<br />

nicht vollständig bekannt, andererseits<br />

ihre Entwicklung nicht determiniert<br />

ist. Gerechtfertigt erscheint dies<br />

aber nur unter dem Druck des Handelns.<br />

Ist doch die Katastrophe eine<br />

Situation des Mangels. Es stehen<br />

nicht mehr genügend Kräfte <strong>und</strong> Mittel<br />

zur Verfügung, um die Standards<br />

zu erfüllen, wie sie z.B. in der notfallmedizinischen<br />

Individualversorgung<br />

eines Patienten im Rettungsdienst<br />

gelten. Die Triage als ethische Grenzsituation<br />

im Katastrophenschutz ist<br />

da<strong>für</strong> Beispiel.<br />

Mit dem Handlungsdruck geht die<br />

Notwendigkeit einher, die Hilfeleistung<br />

nicht durch zu langes Nachdenken<br />

hinauszuzögern. Dabei steht die<br />

Komplexität der Situation schnellem<br />

Entscheiden im Weg. Bleibt der Weg,<br />

die notwendige Anzahl der Entscheidungen<br />

zu minimieren. Dies ist eine<br />

wichtige Forderung, die das Führungssystem<br />

erfüllen muss. Damit<br />

kann zügige Hilfe initiiert werden.<br />

<strong>Der</strong> Begriff Vorbefehl drückt dieses<br />

„schon einmal in die Richtung loslaufen<br />

...” auf der Bühne Situation 10<br />

mit unvollständig bekannter Lage<br />

aus. Demgegenüber müssen Behördenentscheidungen<br />

auf einer vollständigen<br />

Problemanalyse beruhen 11 .<br />

Dazu gehört im Gegensatz zur Entscheidungsfindung<br />

der Gefahrenab-<br />

wehr im Regelkreismodell ein Kriterium,<br />

das das Ende der Problembeschreibung<br />

– also der Lagefeststellung<br />

– <strong>und</strong> i. S. der Dv 100 den Übergang<br />

zur Entscheidung festlegt.<br />

Bezogen auf den Führungsvorgang<br />

bestehen somit gr<strong>und</strong>legende Unterschiede<br />

zwischen der Entscheidungsfindung<br />

im Organisationsgefüge einer<br />

Behörde <strong>und</strong> dem Führungssystem<br />

der Katastrophenabwehr. 12 Die<br />

gedankliche Trennung der beiden<br />

Bereiche à la vorbeugender <strong>und</strong> abwehrender<br />

Brandschutz könnte dies<br />

zum Ausdruck bringen.<br />

Unvollständigkeit <strong>und</strong> Ungewissheit<br />

sind Einflussfaktoren, die in großem<br />

Umfang Selbststeuerungsprozesse<br />

erfordern. Diese systemtheoretische<br />

Erkenntnis wird mit dem<br />

Prinzip des Führens mit Auftrag zum<br />

organisationstheoretischen Element.<br />

Es bewirkt, dass das gemeinsame Ziel<br />

trotz denkbarer unzutreffender Lagebilder<br />

erreicht werden kann. Ziele<br />

werden zentral festgelegt <strong>und</strong> dezentral<br />

ausgeführt. Dazu erhalten die<br />

nachgeordneten Organisationselemente<br />

(OrgElemente) die Handlungsoder<br />

Entscheidungsfreiheit, ein Ziel<br />

zu verfolgen statt dezidierter Handlungsanweisungen<br />

13 . Schließlich besteht<br />

nur am Brandherd selbst der<br />

Blick ins Feuer.<br />

Wenn man nicht im Voraus weiß,<br />

welche Einzelaufgaben auf die Hilfskräfte<br />

exakt zukommen, dann kann<br />

man auch nicht alle denkbaren Spezialwerkzeuge<br />

mitbringen, um das<br />

beste „Werkzeug” vornehmen zu können.<br />

Erlaubt doch der Handlungsdruck<br />

nicht, auf die Nachforderung<br />

von Spezialgerät zu warten. Deshalb<br />

bedarf es universell einsetzbarer<br />

Werkzeuge, die <strong>für</strong> viele Situationen<br />

ein angemessenes Handeln ermöglichen.<br />

Gleichzeitig erhöhen einfache<br />

Mittel die Handlungssicherheit der<br />

Helfer unter Stressbelastung. Bildlich<br />

gesprochen ist dem Franzosen <strong>für</strong><br />

den Katastropheneinsatz der Vorzug<br />

zu geben vor einem Gabelschlüsselsatz.<br />

Diese Metapher ist auf die Entscheidungswerkzeuge<br />

zu übertragen.<br />

Universelle Methoden müssen die<br />

Denkprozesse leiten.<br />

Hermann Schröder 14 gibt den Feuerwehrangehörigen<br />

die Merkregel an<br />

die Hand, <strong>für</strong> den Einsatzerfolg viel zu<br />

tun, indem sie durch Einhalten von<br />

Ordnungsprinzipien mögliche, im Einsatz<br />

auftretende Fehler vermeiden. Er<br />

sagt, dass dies bereits beim Bereitlegen<br />

der benötigten Gegenstände <strong>und</strong><br />

Kleidungsstücke – also einem Alarmstuhl,<br />

wie man ihn aus der Gr<strong>und</strong>ausbildung<br />

beim Militär kennt – beginnt.<br />

Dabei unterlässt er allerdings, seine<br />

Merkregel bis zur Einheitlichkeit der<br />

Aufbauorganisation <strong>für</strong> die Führungskräfte<br />

weiter zu spinnen.<br />

Aspekte der<br />

Führungsorganisation<br />

Die Führungsorganisation beschreibt<br />

die Lage der Elemente der<br />

‚Gefahrenabwehr’ aus Über- <strong>und</strong> Unterordnung,<br />

Abhängigkeit <strong>und</strong> Nebeneinander.<br />

Als Folge der Arbeitsteilung<br />

sind Koordinierungsfunktionen<br />

in eigenständigen Stellen institutionalisiert<br />

– dies drückt der Begriff<br />

„Leitung” im Titel der 100er-Dienstvorschriften<br />

aus. Mit Stelle bezeichnet<br />

man die Zusammenfassung der<br />

Tätigkeiten, die von einer Person zu<br />

erledigen sind. Dies wird als Aufbauorganisation<br />

erfasst. Ablauforganisatorisch<br />

treten mit der Arbeitsteilung<br />

neben die wertschöpfenden Handlungen,<br />

die konkrete Hilfe als Feuerlöschen,Herz-Lungen-Wiederbelebung<br />

oder Trümmerbeseitigung, koordinierende<br />

Aufgaben wie Abschnittgrenzen<br />

oder Anfahrtswege<br />

festlegen <strong>und</strong> Verpflegung oder Ablösungen<br />

bestimmen. Mit diesen<br />

Steuerungsaufgaben verknüpft ist der<br />

Begriff Instanz, der aus der Stellung<br />

in der Organisation die Entscheidungsbefugnis<br />

beschreibt. Er korrespondiert<br />

mit dem Verständnis von<br />

Führung als Entscheiden.<br />

Augenscheinlich liefern diese koordinierenden<br />

Tätigkeiten keinen<br />

greifbaren Beitrag zum Helfen selbst.<br />

Das bedeutet unter Berücksichtigung<br />

des Handlungsdrucks, dass eine Aufbauorganisation<br />

zu wählen ist, die<br />

Aktivitäten – also Helfen – schnell initiiert<br />

<strong>und</strong> zügig zur Ausführung<br />

bringt. Schlagkraft steht dabei im<br />

Vordergr<strong>und</strong>, notfalls um den Preis<br />

der Gründlichkeit.<br />

Gr<strong>und</strong>elemente der Organisationslehre<br />

sind Objekte, beispielsweise<br />

Motoren oder Reifen beim Blick auf<br />

die Automobilindustrie (auch Divisionalorganisation<br />

genannt), <strong>und</strong> Ver-<br />

Notfallvorsorge 4/2005 www.walhalla.de/notfallvorsorge 29

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