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PDF - Handbuch Arbeitsrecht

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Nachkriegszeit 1945 bis 1949<br />

meiden. 160 Lediglich das Amt des Reichstreuhänders der Arbeit wurde sofort beim Einmarsch<br />

der Besatzungstruppen mit Gesetz Nr. 77 der Militärregierung aufgehoben. Seine<br />

Funktion wurde auf die Präsidenten der Landesarbeitsämter übertragen. 161 Der 1939 verhängte<br />

Lohnstopp wurde allerdings durch Kontrollratsdirektive Nr. 14 vom 12. 10.1945<br />

(ABl.KR 1947 S. 40) ausdrücklich bestätigt und verlängert (zur Aufhebung im Jahr 1948 vgl.<br />

Rn. 65). 162 Mit Kontrollratsdirektive Nr. 26 vom 26.1. 1946 (ABl.KR 1946 S. 115) wurde die wöchentliche<br />

Arbeitszeit auf 48 Stunden festgesetzt. 163 Im Übrigen reglementierten alle Besatzungsmächte<br />

das Arbeitsleben in den ersten zwei Jahren ausgesprochen autoritär. 164<br />

Die arbeitsrechtliche Situation in Deutschland in den ersten Nachkriegsjahren 165 lässt sich –<br />

grob gesagt – in folgende drei Etappen gliedern:<br />

(1) Weitergeltung fast des gesamten nationalsozialistischen <strong>Arbeitsrecht</strong>s bis Ende 1946 in<br />

allen Zonen;<br />

(2) Ablösung der kollektivrechtlichen Elemente des nationalsozialistischen <strong>Arbeitsrecht</strong>s<br />

und Neuordnung der Arbeitsgerichtsbarkeit durch zentrale Kontrollratsgesetze im Laufe<br />

des Jahres 1946 bei gleichzeitiger Fortgeltung des früheren Individualarbeitsrechts und<br />

Arbeitsschutzrechts (vgl. Rn. 45); 166<br />

(3) Verselbstständigung der Entwicklung in den einzelnen Besatzungszonen im Laufe des<br />

Jahres 1946; die Besatzungsmächte nahmen fortan für sich in Anspruch, in ihren eigenen<br />

Besatzungszonen Abweichungen von zentralen Kontrollratsgesetzen zu genehmigen.<br />

Die Struktur wurde weiterhin kompliziert durch die Errichtung der Länder. <strong>Arbeitsrecht</strong>liche<br />

Gesetze wurden teils für jedes Land separat geschaffen, teils wenigstens in den verschiedenen<br />

Zonen vereinheitlicht. 167 Die Folge war eine vollständige Rechtszersplitterung,<br />

die noch die ersten Jahre der Bundesrepublik Deutschland prägte. 168<br />

Mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 21 vom 30. 4.1946 Deutsches Arbeitsgerichtsgesetz (ABl.KR<br />

1946 S. 124) wurden Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte mit AG- und Arbeitnehmerbeisitzern<br />

eingerichtet. 169 Da eine gemeinsame Oberinstanz bis zur Errichtung des BAG im<br />

Jahre 1954 fehlte, kam es zu vielen divergierenden Entscheidungen, ein besonderer Ausdruck<br />

der Rechtszersplitterung jener Zeit. Die Gewerkschaften legten hierzu bereits 1947<br />

einen Gesetzentwurf für ein »Oberstes Arbeitsgericht« des Vereinigten Wirtschaftsgebiets<br />

vor. 170<br />

Das Kontrollratsgesetz Nr. 22 vom 10. 4.1946 Betriebsrätegesetz (ABl.KR 1946 S. 133) schuf<br />

eine neue Rechtsgrundlage zur Errichtung von Betriebsräten. 171 Zugleich wurden die Bestimmungen<br />

über den Vertrauensrat im AOG aufgehoben (vgl. Rn. 44). Die Rechtsstellung<br />

der Betriebsräte nach diesem Gesetz war formal bescheiden und nur konsultativ. Das entsprach<br />

aber nicht ihrer verbreiteten faktischen Stellung; teilweise leiteten sie regelrecht die<br />

Betriebe anstelle politisch diskreditierter Betriebsleitungen. Die mangelnde Ausformung des<br />

160 Zur Fortgeltung des AOG vgl. Radke, AuR<br />

1965, 302.<br />

161 Vgl. BB 1946, Heft 1/2, S. 15.<br />

162 Abdruck BB 1946, Heft 10, S. 12.<br />

163 Vgl. BB 1946, Heft 8, S. 39.<br />

164 Zur Strafbarkeit von »Arbeitsbummelei« vgl.<br />

§ 4 der Duchführungsbestimmung zur VO<br />

Nr. 54 der brit. Militärregierung (ArbBl. der<br />

brit. Zone 1947/9, S. 302; BB 1947, 306).<br />

165 Zur Arbeitsverfassung nach 1945 vgl. Ramm,<br />

JZ 1998, 473; aus zeitgenössischer Sicht Reuscher,<br />

RdA 1948, 161; vgl. Vogel/Weisz, Akten<br />

zur Vorgeschichte der Bundesrepublik<br />

Deutschland 1945–1949, Bd. 1, 1976; BMA/<br />

Bundesarchiv, (Hrsg.), Geschichte der Sozialpolitik<br />

in Deutschland seit 1945, Bd. I, 2001;<br />

vgl. auch Ramm, Pluralismus ohne Kodifikation<br />

– Die <strong>Arbeitsrecht</strong>swissenschaft nach<br />

1945, in Simon, Hrsg., Rechtswissenschaft in<br />

der Bonner Republik, 1994, S. 449ff.<br />

166 Zur Fortgeltung alten Rechts in der sowjetischen<br />

Besatzungszone vgl. BB 1946, Heft 9,<br />

S. 10.<br />

167 Vgl. das am 30. März 1946 verabschiedete<br />

Gesetz des »Länderrats« der US-Zone zur<br />

Arbeitsgerichtsbarkeit (BB 1946, Heft 17,<br />

S. 13f.).<br />

168 Vgl. die laufenden Gesetzgebungsübersichten<br />

»<strong>Arbeitsrecht</strong>liche Rundschau« seit RdA 1948,<br />

24; »Die Rechtseinheit im deutschen <strong>Arbeitsrecht</strong>«,<br />

Protokoll der 1. Verbandsversammlung<br />

des deutschen Arbeitsgerichtsverbandes am 7.<br />

und 8. 5. 1951(Referate Hueck, Galperin, Herschel);<br />

Hueck, RdA 1948, 81.<br />

169 Abdruck BB 1946, Heft 6, S. 8; vgl. BB 1946,<br />

Heft 1/2, S. 18.<br />

170 Vgl. Monjau, RdA 1949, 5.<br />

171 Abdruck BB 1946, Heft 6, S. 9; vgl. BB 1946,<br />

Heft 1/2, S. 17; BB 1947, 150 [219].<br />

Kittner 23<br />

54<br />

55<br />

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