PDF - Handbuch Arbeitsrecht
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Große Koalition ab 2005<br />
seither im Gewande eines »Umbaus des Sozialstaats« der Abbau von Leistungen bzw. eine<br />
höhere Belastung der Versicherten in der Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung<br />
sowie eine Reduzierung des Kündigungsschutzes. In der Arbeitslosenversicherung stützte<br />
sie sich vor allem auf Empfehlungen einer Sachverständigenkommission unter Vorsitz des<br />
VW-Arbeitsdirektors Peter Hartz. Als zusammengefasste Programmatik dieser neuen Politik<br />
verkündete Bundeskanzler Gerhard Schröder im Frühjahr 2003 die sog. Agenda 2010. In<br />
der Arbeitsmarktpolitik mündete die neue Politik im »Gesetz über Reformen am Arbeitsmarkt«<br />
und in vier »Gesetzen über moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt« jeweils<br />
Ende 2003.<br />
Das »Gesetz über Reformen am Arbeitsmarkt« vom 24.12. 2003 (BGBl. I S. 2003) enthielt<br />
zwei Schwerpunkte:<br />
Bestandsschutz: Es wurden die wichtigsten Bestandteile des zunächst selbst rückgängig gemachten<br />
(Rn. 121) »Beschäftigungsförderungsgesetzes 1996« wieder zum Gesetz, vor allem:<br />
– Begrenzung der Sozialauswahl,<br />
– Verstärkung der »betrieblichen Interessen« und<br />
– »Namensliste« (<strong>Handbuch</strong>, § 73 Rn. 31ff.).<br />
Dazu wurden die Möglichkeit eines Abfindungsangebots gem. § 1 a und eine einheitliche<br />
Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts gegen die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geschaffen.<br />
Neueingestellte werden bis 10 AN nicht mehr auf die Betriebsgröße angerechnet<br />
(<strong>Handbuch</strong>, § 72 Rn. 18ff.).<br />
Arbeitnehmerüberlassung: Die Konzeption wurde vollständig verändert: Die Arbeitnehmerüberlassung<br />
ist zeitlich ungegrenzt möglich. Dafür ist der AG, falls ein Tarifvertrag<br />
nichts anderes vorsieht, zur Zahlung des gleichen Entgelts wie für ständig beschäftigte AN<br />
des entleihenden Betriebs verpflichtet (<strong>Handbuch</strong>, § 112 Rn. 40ff.).<br />
Die vier »Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitmarkt« enthalten im Wesentlichen<br />
Folgendes:<br />
(1) Gesetz vom 23. 12.2002 (BGBl. I S. 4607): vor allem Verschärfung der Anforderungen für<br />
Arbeitslose zur Arbeitsaufnahme und Umbau der Arbeitsverwaltung (<strong>Handbuch</strong>, § 16<br />
Rn. 37ff.).<br />
(2) Gesetz vom 23. 12.2002 (BGBl. I S. 4621): Förderung von Existenzgründungen (»Ich-AG«,<br />
§ 26 Rn. 51) und Ausweitung geringfügiger Beschäftigung i. S. des SGB IV (<strong>Handbuch</strong>,<br />
§ 121 Rn. 85ff.).<br />
(3) Gesetz vom 23.12. 2003 (BGBl. I S. 2848): Reform der Organisation (»Agentur für Arbeit«<br />
statt »Arbeitsamt«) und Neuordnung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Transferleistungen<br />
(<strong>Handbuch</strong>, § 16).<br />
(4) Gesetz vom 24. 12. 2003 (BGBl. I S. 2954): Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und<br />
Sozialhilfe für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger auf Sozialhilfeniveau mit Zumutbarkeit<br />
jeder Arbeit (<strong>Handbuch</strong>, § 16 Rn. 59ff.). Dieses Gesetz wird umgangssprachlich nur<br />
»Hartz IV« genannt (nach dem früheren VW-Arbeitsdirektor als Vorsitzenden einer Regierungskommission<br />
auf die vor allem die vier Gesetze für moderne Dienstleistungen am<br />
Arbeitsmarkt zurückgehen.<br />
IX. Große Koalition ab 2005<br />
Mit der Bundestagswahl 2005 wurde die rot-grüne Regierung abgewählt und es kam mangels<br />
rechnerischer und politischer Alternativen zur zweiten Großen Koalition zwischen<br />
CDU/CSU und SPD unter der Bundeskanzlerin Merkel (nach 1969, vgl. Rn. 82ff.). Im Hinblick<br />
auf die nahezu unüberbrückbaren Gegensätze zu Fragen des <strong>Arbeitsrecht</strong>s zwischen den Koalitionspartnern<br />
ist es in diesem Bereich nur zu wenigen Neuerungen gekommen. Die wichtigste,<br />
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist vom EU-Recht erzwungen worden<br />
(vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 92 Rn. 41). Die wechselseitige Blockade der Koalitionsparteien hat sich<br />
auch im Bereich der Mindestlohngesetzgebung gezeigt, wo es nur zu punktuellen Kompromissen<br />
statt einer Gesetzgebung aus einem Guss gekommen ist (vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 9). Zum<br />
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