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PDF - Handbuch Arbeitsrecht

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Nachkriegszeit 1945 bis 1949<br />

Das Kündigungsschutzrecht gehörte deshalb – neben der Betriebsverfassung (vgl. Rn. 56) –<br />

zu den Materien, hinsichtlich derer man sich allseits über die Notwendigkeit baldiger Vereinheitlichung<br />

einig war. 186<br />

Die in den Jahren 1946 und 1947 entstandenen Länderverfassungen lehnten sich im Hinblick<br />

auf die Arbeitsverfassung weitgehend an Art. 159, 165 WRV an (vgl. Rn. 28). 187 Sie enthielten<br />

ganz überwiegend eine Garantie der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts (Baden, Bayern,<br />

Berlin [nur Streikrecht und allgemeine Vereinigungsfreiheit], Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz,<br />

Saarland, Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern). 188 Einzig in Hessen<br />

verbot Art. 29 Abs. 5 der Verfassung die Aussperrung. Diese Grundrechte gelten gemäß<br />

Art. 142 GG nach Inkrafttreten des GG fort, sind freilich durch Art. 9 Abs. 3 GG funktionslos<br />

geworden (vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 1 Rn. 19ff.; zum Schicksal des hessischen Aussperrungsverbots<br />

vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 136 Rn. 10).<br />

Von grundlegender Bedeutung für die spätere Montanmitbestimmung (vgl. Rn. 68) wurde<br />

die Behandlung des Kohlebergbaus und der Eisen- und Stahlindustrie in der britischen<br />

Zone. Diese Wirtschaftszweige wurden wegen der politischen Diskreditierung ihrer führenden<br />

Personen 1947 den bisherigen Eigentümern entzogen und unter Treuhänderschaft<br />

gestellt. 189 In deren Rahmen wurden die Grundlagen der paritätischen Mitbestimmung<br />

im Aufsichtsrat und die Institution des Arbeitsdirektors eingeführt (vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 1<br />

Rn. 29). 190<br />

Noch unter der gemeinsamen Kontrollratsverantwortung entwickelten sich die tatsächlichen<br />

und institutionellen Bedingungen in den Westzonen und der sowjetischen Besatzungszone<br />

rasch auseinander. 191 Während im Westen die Richtung auf einen sozial gebundenen<br />

Privatkapitalismus eingeschlagen wurde (die spätere »soziale Marktwirtschaft«),<br />

baute die Sowjetunion ihre Zone mit ihren Statthaltern (»Gruppe Ulbricht«) rasch zu einer von<br />

der kommunistischen Partei beherrschten Planwirtschaft nach eigenem Vorbild aus. 192 Zentrales<br />

wirtschaftliches Ziel war die Steigerung der Arbeitsproduktivität, insbesondere um<br />

die Reparationsleistungen bewältigen zu können. 193 Dem diente auch die mit einem Abbau<br />

des bisherigen Frauenarbeitsschutzes verbundene Einführung der Lohngleichheit von<br />

Frauen und Jugendlichen. 194 Die Gründung von Gewerkschaften wurde bereits mit Befehl<br />

der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) vom 10.6. 1945 erlaubt. Von Anfang an<br />

durfte jedoch nur der unter kommunistischer Vorherrschaft stehende »Freie Deutsche Gewerkschaftsbund«<br />

tätig werden. Arbeitgeberverbände wurden dagegen nicht zugelassen,<br />

so dass Tarifverträge entweder nur mit einzelnen AG oder öffentlichen Körperschaften abgeschlossen<br />

werden konnten. 195 Außerdem wurden Befugnisse der noch demokratisch gewählten<br />

Betriebsräte nach und nach auf die politisch gelenkten Betriebsgewerkschaftsleitun-<br />

186 Vgl. Gröninger, RdA 1949, 213; Hueck,<br />

BlStSoz»ArbR 1949, 118 [131].<br />

187 Vgl. den von Nipperdey für den Bundesvorstand<br />

des DGB verfaßten Entwurf »Zur Verfassungsfrage.<br />

Grundsätzliche Forderungen der<br />

Gewerkschaften zum Abschnitt »Arbeit und<br />

Wirtschaft« in den neuen Landesverfassungen«,<br />

in Weber/Mielke, Quellen zur Geschichte<br />

der deutschen Gewerkschaftsbewegung im<br />

20. Jahrhundert, Bd. 7, 1991, S. 851ff.<br />

188 Vgl. eingehend Däubler, Der Streik im öffentlichen<br />

Dienst, 1970, S. 13ff.; Dittmar, BB 1948,<br />

515.<br />

189 Förmliche gesetzliche Bestätigung durch Gesetz<br />

Nr. 75 der Militärregierung vom<br />

11.12.1948 »Umgestaltung des deutschen<br />

Kohlebergbaus und der deutschen Eisen- und<br />

Stahlindustrie« (VOBl. Brit. Zone S. 367).<br />

190 Vgl. Judith u. a., 25 Jahre Montanmitbestimmung,<br />

Schriftenreihe der IG Metall Nr. 68,<br />

S. 172ff.; Köstler/Kittner/Zachert, Aufsichtsrats-<br />

praxis, 6. Aufl. 1999, Rn. 32; Peters, Montanindustrie<br />

– Dokumente ihrer Entstehung,<br />

1980; Potthoff, Zur Geschichte der Mitbestimmung,<br />

in Potthoff/Blume/Duvernell, Zwischenbilanz<br />

der Mitbestimmung, 1962,<br />

S. 1ff.<br />

191 Vgl. Ramm, JZ 1998, 473.<br />

192 Vgl. eingehend Kittner, Arbeitskampf, S. 569ff.<br />

193 Vgl. SMAD-Befehl Nr. 234 vom 9.10. 1947<br />

»über Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität<br />

und zur weiteren Verbesserung<br />

der materiellen Lage der Arbeiter und<br />

Angestellten in der Industrie und im Verkehrswesen«;<br />

hierauf gestützt erließ der Präsident<br />

der Deutschen Verwaltung für Arbeit und<br />

Sozialfürsorge mit Genehmigung der SMAD<br />

am 13.10. 1947 eine Arbeitsordnung (Ramm,<br />

JZ 1998, 476 Fn. 23).<br />

194 SMAD-Befehl Nr. 253 vom 17. 8. 1946 (Ramm,<br />

JZ 1998, 476).<br />

195 Vgl. BB 1946, Heft 11, S. 10; 1947, 217.<br />

Kittner 25<br />

60<br />

61<br />

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