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PDF - Handbuch Arbeitsrecht

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Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1998<br />

Aus dieser erwuchs die heutige EG bzw. EU (vgl. <strong>Handbuch</strong>, § 138). Die dort erzeugten<br />

Rechtsquellen prägen in zunehmendem Maße die nationalen Arbeitsverfassungen ihrer Mitgliedstaaten<br />

(für die spätere Entwicklung in Deutschland vgl. Rn. 90).<br />

2. Reformen<br />

a. Große Koalition<br />

Die von weiten Kreisen mit Misstrauen betrachtete »Große Koalition« aus CDU/CSU und<br />

SPD dauerte lediglich drei Jahre (1966–1969). In dieser kurzen Zeit hat sie jedoch arbeits- und<br />

sozialrechtlich Beachtliches geleistet. Herausragend sind die Beendigung des Dauerkonflikts<br />

um die Gleichstellung der Arbeiter mit den Angestellten durch das Lohnfortzahlungsgesetz<br />

vom 27. 7.1969 (BGBl. I, S. 946) 266 und die erstmalige Regelung der beruflichen Bildung durch<br />

das Berufsbildungsgesetz267 vom 10. 8.1969 (BGBl. I, S. 1112).<br />

Unter der Großen Koalition wurde auch – ausgehend vom Arbeitsgesetzbuchauftrag von<br />

1959 (vgl. Rn. 72) – die arbeitsrechtliche Rechtsvereinheitlichung weiter betrieben. 268 Es<br />

reichte freilich nur zum »Ersten <strong>Arbeitsrecht</strong>sbereinigungsgesetz« vom 14. 8.1969 (BGBl. I,<br />

S. 1106), mit dem vor allem kündigungsrechtliche Vorschriften außerhalb des KSchG vereinheitlicht<br />

wurden. 269 Für ein Zweites <strong>Arbeitsrecht</strong>sbereinigungsgesetz, das eine Regelung<br />

zum Arbeitsentgelt und zu § 616BGB, zur Vertragsstrafe und Wettbewerbsabrede vorsah, lag<br />

bereits ein Referentenentwurf vor. Er wurde jedoch nach dem Regierungswechsel zur sozial-liberalen<br />

Koalition im Hinblick auf deren Pläne für ein Arbeitsgesetzbuch nicht weiter<br />

verfolgt. 270<br />

Die Große Koalition nahm sich auch der Mitbestimmung an. Hinsichtlich der Betriebsverfassung<br />

legten die Koalitionspartner Ende 1967 bzw. Ende 1968 jeweils eigene Gesetzentwürfe<br />

vor (und danach auch die FDP). 271 Zur Unternehmensmitbestimmung brachte allerdings<br />

nur die SPD einen Gesetzentwurf ein. 272 Zur Vorbereitung einer entsprechenden<br />

Gesetzgebung setzte die Bundesregierung dafür die sog. Mitbestimmungskommission unter<br />

Vorsitz von Kurt Biedenkopf ein. 273 Betriebsverfassung und Unternehmensmitbestimmung<br />

wurden anschließend von der sozial-liberalen Koalition wieder aufgegriffen (vgl. Rn. 88ff.).<br />

Neue Wege beschritt die Große Koalition hinsichtlich des Arbeitsschutzes: Mit dem »Gesetz<br />

über technische Arbeitsmittel« (damals auch »Maschinenschutzgesetz« genannt) vom<br />

24.6. 1968 (BGBl. I, S. 717) wurde erstmals ein vorgelagerter produktbezogener Arbeitsschutz<br />

eingeführt, indem bereits das In-den-Verkehr-Bringen von Arbeitsmitteln an sicherheitsbezogene<br />

Mindeststandards gebunden wurde. Das eröffnete die später mit dem ASiG und dem<br />

ArbSchG vollends durchgesetzte präventive Dimension des Arbeitsschutzes (vgl. § 112). 274<br />

Das Gesetz erhielt daher 1979 seinen heutigen Namen »Gerätesicherheitsgesetz«. 275<br />

Die wichtigsten Vorhaben der Großen Koalition, die schon wegen der erforderlichen verfassungsändernden<br />

Mehrheit einer solchen Konstellation bedurften, betrafen die Notstandsverfassung<br />

und die Etablierung der Instrumente zur wirtschaftlichen Globalsteuerung.<br />

Beide hatten auch zentrale Bedeutung für die Arbeitsverfassung. Die insbesondere von<br />

den Gewerkschaften zunächst nachhaltig bekämpfte Notstandsgesetzgebung wurde von<br />

ihnen schließlich akzeptiert, nachdem Arbeitskämpfe durch Einfügung von Satz 3 in Art. 9<br />

266 Vgl. Trieschmann, AuR 1969, 354 [355ff.].<br />

267 Vgl. Fredebeul, BB 1969, 1145; Haase, BArbBl.<br />

1969, 564; Sahmer, BArbBl. 1969, 568.<br />

268 Vgl. Fitting, DB 1969, 1459; Herbst, BArbBl.<br />

1969, 491.<br />

269 Vgl. Trieschmann, AuR 1969, 354 [361ff.].<br />

270 Vgl. Dieterich, RdA 1978, 329 [333]; Wlotzke,<br />

AuR 1974, 1 [2 Fn. 4].<br />

271 CDU/CSU: BT-Drs. V/2234 = RdA 1967, 460;<br />

SPD: BT-Drs. V/3658 (dazu Entwurf zur Personalvertretung,<br />

BT-Drs. V/3643) = RdA 1969,<br />

35; FDP: BT-Drs. V/4011 = RdA 1969, 176.<br />

272 Entwurf eines Gesetzes über die Unternehmensverfassung<br />

in Großunternehmen und<br />

Konzernen, BT-Drs. V/3657.<br />

273 Vgl. RdA 1968, 21; der den Mitbestimmungsgedanken<br />

als solchen bejahende Bericht<br />

wurde 1970 vorgelegt (vgl. BT-Drs. IV/334).<br />

274 Vgl. Lukes, RdA 1969, 230 mit Hinweis auf<br />

vergleichbare Überlegungen im Entwurf<br />

eines Arbeitsschutzgesetzes von 1929 (vgl.<br />

Rn. 30).<br />

275 Gesetz vom 13. 8. 1979 (BGBl. I, S. 1432).<br />

Kittner 33<br />

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