PDF - Handbuch Arbeitsrecht

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139 140 Geschichte und Entwicklung des Arbeitsrechts vorhandenen arbeitsrechtlichen Schutzinstrumente zerbrochen werden, ist »geschützte Flexibiltät« vonnöten (»Flexicurity«). 363 Das bedeutet: Den Anforderungen an flexiblere, individuellere Arbeitsformen muss Rechnung getragen werden, ohne den – auch verfassungsrechtlich gebotenen – Schutz der AN aufzugeben. 364 Verlangt ist Umbau statt Abbau. Eine zentrale Gestaltungsaufgabe im Verhältnis der verschiedenen Rechtsquellen zueinander (vgl. Handbuch, §6) wird es dabei sein, die jeweils zentralere Rechtsquelle mehr als Rahmenvorschrift zu begreifen, die für dezentrale Rechtsquellen Handlungsspielraum im Sinne »geregelter Optionen« belässt. Das gilt sowohl im Verhältnis zwischen Gesetz und Tarifvertrag (vgl. Handbuch, §8) als auch zwischen Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung (vgl. Handbuch, § 10 Rn. 83ff.). Flexible Arbeitsformen wie Teilzeitarbeit (vgl. Handbuch, § 121) oder auch Leiharbeit (vgl. Handbuch, § 112) müssen von möglicherweise anderem, jedoch adäquatem Schutz begleitet werden. Wichtig ist es auch, jedenfalls die Chance zur Errichtung von Betriebsräten auch bei zunehmender »Virtualisierung« der betrieblichen Zusammenarbeit zu erhöhen. Die Rechnung wird freilich nicht ohne das Engagement der Menschen für ihre eigenen Angelegenheiten aufgehen. Denn dass die AN allen rechtstechnischen Erleichterungen zum Trotz immer noch selbst Betriebsräte wählen und sich in diese wählen lassen müssen, kann ihnen niemand abnehmen, ebenso wenig wie das Engagement in Gewerkschaften als Fundament einer auch künftig breiten Tarifbindung. Wenn sich diesbezüglich an den sichtbaren Trends nichts Entscheidendes ändert, muss mit der verstärkten Herausbildung einer Praxis richterlicher Vertragskorrekturen gerechnet werden. Das wird aber jedenfalls die Notwendigkeit einer Homogenisierung der Korrekturmaßstäbe im Verhältnis zum allgemeinen Zivilrecht verstärken (vgl. Handbuch, § 6 Rn. 6). Interessanterweise ist eines der hierfür zunehmend bedeutenderen Instrumente auch die Berufung auf Gleichheitsgesichtspunkte – eine dem Trend zur Individualisierung eigentlich gegenläufige Entwicklung (vgl. Handbuch, § 92 Rn. 1ff.). Der Internationalisierung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt muss und wird eine Internationalisierung der Schutzmechanismen folgen. Das gilt vorrangig innerhalb Europas (vgl. Handbuch, § 138 Rn. 1ff.). Anhang Entstehungsjahr neuer arbeitsrechtlicher Gesetze in der Bundesrepublik Deutschland* Jahr Gesetze Jahr Gesetze 1949 TVG 1977 – 1950 – 1978 – 1951 KSchG, MontanMbG, HAG, FeiertagsLFZG 1979 – 1952 BetrVG 1952, MuSchG, MindestarbeitsbedG 1980 611a BGB 1953 ArbGG, SchwBeschG 1981 – 1954 – 1982 – 1955 – 1983 – 1956 MitbestErgG 1984 VorruhestandsG 1957 ArbKrankG, ArbNErfG, ArbPlSchG, AVAVG 1985 BeschFG 85, BErzGG * Kursiv gedruckte Gesetze knüpfen zwar an ein Vorläufergesetz an, sind aber konzeptionell als neu anzusehen. Fett gedruckte Gesetze: Umsetzung von EG-Vorgaben und Vorgaben des BVerfG. 363 Zum folgenden eingehend Zachert, FS Dieterich, S. 699 [711ff.]; zum Konzept der »Flexicurity« vgl. Keller/Seifert, MittAB 2002, 90; Pfarr, WSI-Mitt. 2000, 279; Zachert, WSI-Mitt. 2000, 283. 364 Vgl. 63. Deutscher Juristentag, 2000, »Welche arbeits- und ergänzenden sozialrechtlichen Regelungen empfehlen sich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit?« (Gutachten: Hanau, Kleinhenz; Referate: Däubler, Heinze). 50 Kittner
Anhang Jahr Gesetze Jahr Gesetze 1958 – 1986 – 1959 – 1987 – 1960 JArbSchG 1988 SprAuG 1961 1. VermbG 1989 – 1962 – 1990 – 1963 BUrlG 1991 – 1964 – 1992 – 1965 – 1993 KündFristG 1966 – 1994 ArbZG, InsO, UmwG, EFZG 1967 – 1995 NachweisG 1968 GeräteSichG 1996 ATZG, ArbSchG, EBRG, ANEntsG, 1969 BBiG, LFZG, AFG, 1. ArbBerG ArbRBeschFG 1996 1970 3. VermbG 1997 – 1971 – 1998 SicherungANRechteG 1972 AÜG, BetrVG 72, 613a BGB 1999 – 1973 ASiG 2000 623 BGB, TzBfG 1974 BetrAVG, SchwbG, 141a AFG 2002 1. Gesetz über moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt 1975 – 2003 Reformen-am-ArbeitsmarktG 1976 BDSG, MitbestG 2006 AGG Regierungsmehrheiten: CDU/CSU, FDP u. a. (Adenauer, Erhard) 1949–1966 CDU/CSU, SPD (Kiesinger) 1966–1969 SPD, FDP (Brandt, Schmidt) 1969–1982 CDU/CSU, FDP (Kohl) 1982–1998 SPD, Grüne (Schröder) 1998–2005 CDU/CSU, SPD (Merkel) 2005– Kittner 51
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