PDF - Handbuch Arbeitsrecht
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Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1998<br />
sung von Gewerkschaften 210 und deren auf die jeweilige Zone beschränkten »zwischengewerkschaftlichen«<br />
Zusammenschluss. 211 Besorgt um ihre Kontrolle über die weitere Entwicklung,<br />
stimmten die Westmächte dem Wiederaufbau der Gewerkschaften auch danach<br />
nur zögerlich zu. 212 Immerhin betrug die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder Ende 1948 bereits<br />
2,8 Mio. in der britischen, 1,48 Mio. in der amerikanischen und 335000 in der französischen<br />
Zone. In bewusster Abkehr von der Zersplitterung in der Weimarer Republik wurden<br />
die Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaften nach dem Industrieverbands-Prinzip gegründet<br />
(»Ein Betrieb, eine Gewerkschaft«). 213 Der Deutsche Gewerkschaftsbund als gemeinsamer<br />
Dachverband (unter Ausschluss lediglich der DAG und von Resten der christlichen<br />
Gewerkschaften) wurde erst im Oktober 1949 gegründet (erster Vorsitzender Hans Böckler).<br />
Die Arbeitgeberverbände 214 wurden noch später zugelassen, teils aus politischem Misstrauen<br />
der Besatzungsmächte, teils, weil ihre Organisationsprinzipien in den eigenen Reihen<br />
noch unklar waren. 215 Dafür lagen sie mit ihrer Dachverbandsgründung vor den Gewerkschaften.<br />
Aus der am 28. 1.1949 gegründeten »Sozialpolitischen Arbeitsgemeinschaft der AG<br />
des Vereinigten Wirtschaftsgebietes« ging im Mai 1949 die »Bundesvereinigung der Deutschen<br />
Arbeitgeberverbände« hervor. 216 Jedenfalls fehlte es lange Zeit an handlungsfähigen<br />
Tarifvertragsparteien. 217 Außerdem wurde der in der Kriegszeit verhängte »Lohnstopp« erst<br />
am 3. 11.1948 aufgehoben, 218 bis zu welchem Zeitpunkt es praktisch nichts tariflich zu regeln<br />
gab. 219 Eine wirklich funktionierende Tarifautonomie setzte praktisch erst mit Beginn der<br />
Bundesrepublik Deutschland ein.<br />
Die Sozialversicherung stand organisatorisch wegen der in dieser Hinsicht offenkundigen<br />
Teilung Deutschlands (vgl. Rn. 110) und finanziell vor schwierigen Wiederaufbau- und<br />
Umbauproblemen. Ein Vorstoß der süddeutschen Länder zur Zusammenfassung der Materie<br />
in einer neuen »Sozialversicherungsordnung« versandete im Kontrollrat zum einen<br />
wegen der dort nicht mehr herzustellenden Einigkeit. Zum anderen bestand insbesondere<br />
auch bei den Gewerkschaften Uneinigkeit über den weiteren diesbezüglich einzuschlagenden<br />
Weg. 220<br />
VI. Bundesrepublik Deutschland 1949 bis 1998<br />
1. Gründung und Konsolidierung<br />
Die Grundlagen für eine staatliche Zentralinstanz in den Westzonen wurden durch das<br />
»Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland« vom 23. 5.1949 (BGBl. S. 1) gelegt (zur<br />
Entwicklung im Osten vgl. Rn. 108ff.). Seiner Verabschiedung gingen nach entsprechender<br />
Aufforderung durch die Londoner Sechs-Mächte-Konferenz von 1948 Vorarbeiten im »Verfassungskonvent«<br />
(Herrenchiemsee) und danach in dem von den Landtagen der Länder be-<br />
210 Vgl. Bernecker, Die Neugründung der Gewerkschaften<br />
in den Westzonen 1945–1949, in Becker/Stammen/Waldmann,<br />
Hrsg., Vorgeschichte<br />
der Bundesrepublik Deutschland,<br />
1979, S. 261ff.; Huster u. a., Determinanten der<br />
westdeutschen Restauration 1945–1949, 1972;<br />
Schmidt, Die verhinderte Neuordnung<br />
1949–1952, 2. Aufl., 1971.<br />
211 Zum so genannten Drei-Phasen-Plan für die<br />
britische Zone vgl. Blanke/Erd/Mückenberger/<br />
Stascheit, Hrsg., Kollektives <strong>Arbeitsrecht</strong>,<br />
Quellentexte zur Geschichte des <strong>Arbeitsrecht</strong>s<br />
in Deutschland, Bd. 2, 1975, S. 164f.<br />
212 Vgl. Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des <strong>Arbeitsrecht</strong>s,<br />
Bd. II 1, 7. Aufl. 1967, S. 121.<br />
213 Zum Aufbau der Gewerkschaften vgl. den Sekretär<br />
des Gewerkschaftsrates und späteren<br />
DGB-Vorsitzenden Rosenberg, RdA 1948, 123.<br />
214 Vgl. Erdmann, Die deutschen Arbeitgeberverbände<br />
im sozialgeschichtlichen Wandel der<br />
Zeit, 1966.<br />
215 Vgl. BB 1947, 245.<br />
216 Vgl. Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des <strong>Arbeitsrecht</strong>s,<br />
Bd. II 1, 7. Aufl. 1967, S. 122.<br />
217 Vgl. BB 1947, 321; zur Nachkriegsgeschichte<br />
vgl. Himmelreich, AG 12–1999, 22.<br />
218 »Gesetz zur Aufhebung des Lohnstopps« vom<br />
3.11.1948 (WiGBl. S. 117); vgl. Herschel, RdA<br />
1948, 121.<br />
219 Zur Lohnpolitik der Nachkriegszeit vgl. Pentzlin,<br />
RdA 1948, 166; Stenzel, RdA 1949, 1.<br />
220 Vgl. Weber/Mielke, Quellen zur Geschichte der<br />
deutschen Gewerkschaftsbewegung im<br />
20. Jahrhundert, Bd. 7, 1991, S. 69ff.; Schiekel,<br />
RdA 1949, 129.<br />
Kittner 27<br />
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