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PDF - Handbuch Arbeitsrecht

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DDR und Deutsche Einheit<br />

gesetzes: »Gesetz der Arbeit zur Förderung und Pflege der Arbeitskräfte, zur Steigerung der<br />

Arbeitsproduktivität und zur weiteren Verbesserung der materiellen und kulturellen Lage<br />

der Arbeiter und Angestellten« vom 9.4. 1950 (GBl. S. 377). 321 Zu diesem Zeitpunkt gab es<br />

allerdings noch ein Verständnis des in der ersten Verfassung der DDR verankerten »Rechts<br />

auf Arbeit«, dass ein Bürger vom Staat verlangen könne, dass ihm ein seinen Kenntnissen<br />

und Fähigkeiten entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird. 322 Diese Position<br />

wurde mit dem Gesetzbuch der Arbeit vom 12. 4.1961 (GBl. I, S. 349) verlassen: Arbeit<br />

wurde zur »moralischen Pflicht« jedes arbeitsfähigen Bürgers erklärt und sowohl Zwangsversetzungen<br />

als auch Arbeitseinweisungen ermöglicht. 323 Auf der selben Linie lag schließlich<br />

das Arbeitsgesetzbuch vom 16.6. 1977 (GBl. S. 185). 324 Es war »auf die Entwicklung und<br />

rationelle Nutzung des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens, auf die Entfaltung von Schöpfertum<br />

und Initiative sowie solche Arbeitsbedingungen gerichtet, die die Arbeitsfreude und<br />

Einsatzbereitschaft der Werktätigen fördern und ihnen hohe Leistungen ermöglichen«. 325<br />

Die Gewerkschaften waren im System der DDR nicht Interessenvertretungen der AN. Ihnen<br />

fiel die Rolle als produktivitätssteigernde »Transmissionsriemen« der kommunistischen Partei<br />

zu. 326 Außerdem waren sie Träger von Sozial- und Freizeiteinrichtungen. Art. 14 der ersten<br />

Verfassung der DDR vom 7.10. 1949 garantierte zwar noch das Streikrecht, und es wurde<br />

auch noch in der Satzung des FDGB von 1947 als »stärkste Waffe der Gewerkschaftsbewegung«<br />

erwähnt. Jedoch wurde der Streik alsbald als nicht systemkonform wegdefiniert: »Wir<br />

brauchen in unserem Arbeitsgesetzbuch keinen Passus über Streik, weil die Arbeiterklasse<br />

keinen Gegner hat, gegen den sie den Streik in Anwendung bringen müsste«. 327 Konsequenterweise<br />

enthielt die Verfassung vom 6. 4. 1968 (GBl. I, S. 199) das Streikrecht nicht mehr. 328<br />

Die soziale Sicherung in der DDR war zum einen von der früh installierten staatlichen und<br />

gewerkschaftlichen Einheitsversicherung geprägt (ohne Arbeitslosenversicherung, da es offiziell<br />

keine Arbeitslosigkeit gab). 329 Ihre Leistungen waren weitgehend von Beiträgen abgekoppelt<br />

und stattdessen in hohem Maße staatlich subventioniert. Zum anderen übernahmen<br />

die Betriebe selbst eine Reihe sozialer Leistungen (z.B. Kindergarten). Letztere förderten<br />

zum einen den hohen Stand der Frauenerwerbsarbeit, sicherten jedoch gleichzeitig von frühester<br />

Kindheit eine familienferne, ideologisch geprägte Erziehung.<br />

2. Deutsche Einheit<br />

Nach dem Erfolg der friedlichen Revolution und dem Zusammenbruch des SED-Regimes im<br />

Jahre 1989 schlossen die DDR – nunmehr nach freien Wahlen demokratisch regiert – und die<br />

Bundesrepublik Deutschland den Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts-<br />

und Sozialunion vom 18. 5.1990 (BGBl. II, S. 518). 330 Hinsichtlich der Arbeitsverfassung<br />

in beiden Staaten bestimmte Art. 1 Abs. 4:<br />

»Die Sozialunion bildet mit der Währungs- und Wirtschaftsunion eine Einheit. Sie wird insbesondere<br />

bestimmt durch eine der Sozialen Marktwirtschaft entsprechende <strong>Arbeitsrecht</strong>sordnung und ein auf<br />

den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs beruhendes umfassendes System<br />

der sozialen Sicherung.«<br />

Als unmittelbare Konsequenz hieraus für die notwendige Umgestaltung der DDR-Rechtsordnung<br />

bestimmte Art. 17:<br />

»In der Deutschen Demokratischen Republik gelten Koalitionsfreiheit, Tarifautonomie, Arbeitskampfrecht,<br />

Betriebsverfassung und Unternehmensmitbestimmung und Kündigungsschutz entsprechend<br />

dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.«<br />

321 Vgl. Böhm, RdA 1961, 102.<br />

322 Vgl. Kunz, Das Recht auf Arbeit, 1955.<br />

323 Vgl. Böhm, RdA 1961, 102 [104].<br />

324 Vgl. Lohmann, RdA 1978, 365; Mampel, NJW<br />

1978, 520; Pleyer, RdA 1978, 351.<br />

325 Kunz, Des Menschen Recht auf Arbeit, 1989,<br />

S. 92.<br />

326 Zum Folgenden vgl. Kittner, Arbeitskampf,<br />

S. 572ff.<br />

327 FDGB, Tribüne 28.11. 1960.<br />

328 Vgl. Hacker, SBZ-Archiv 1968, 54; Kunz, in<br />

FDGB, Hrsg., Die Arbeit 1968 Nr. 2 S. 7.<br />

329 Vgl. v. Leszczynski, SozFort 1999, 293.<br />

330 Vgl. Lorenz, DB 1990, 3037; Wank, RdA 1991, 1;<br />

Wlotzke/Lorenz, BB 1990, Beil. 25.<br />

Kittner 41<br />

109<br />

110<br />

111<br />

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