Nr. 9 / September 2010 - Grossraumbüro (PDF, 2645 kb - KV Schweiz
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Fehlende Freiheit<br />
Kioskverkäufer/innen sollen ihre Verkaufsstellen<br />
künftig selbstständig betreiben.<br />
Sie gehen damit gewisse Risiken ein.<br />
Das Kioskunternehmen Valora möchte<br />
einen Drittel seiner Verkaufsstellen in<br />
Agenturen umwandeln. Die Kioskverkäufer/innen<br />
sollen dabei zu selbstständigen<br />
Unternehmer/innen werden. Mit Einschränkungen:<br />
Sämtliche Ware muss bei<br />
Valora bezogen werden.<br />
Einerseits erhalten Arbeitnehmende<br />
so die Möglichkeit, ohne viel Eigenkapital<br />
– zum Start genügen 20 000 Franken –<br />
ein Geschäft zu eröffnen. Die Infrastruktur<br />
und die Ware werden zur Verfügung<br />
gestellt. Gewirtschaftet wird dann auf eigene<br />
Rechnung. Das heisst konkret: Valora<br />
zahlt den neuen Kios<strong>kb</strong>esitzer/innen<br />
eine am Umsatz ausgerichtete Provision.<br />
Andererseits wirft das Projekt Fragen<br />
auf. In den letzten Jahren musste Valora<br />
bei den Kiosken Umsatzrückgänge verzeichnen.<br />
Werden die neuen Besitzer/innen<br />
das Steuer herumreissen können? Sie<br />
lassen sich auf unsichere Verdienste ein.<br />
Wie hoch die Provision ist, ist nicht bekannt.<br />
Valora-Chef Kaspar Niklaus sagte<br />
am <strong>Schweiz</strong>er Fernsehen, das Risiko für<br />
die Besitzer/innen sei kalkulierbar.<br />
Zu denken gibt Barbara Gisi, Leiterin<br />
Angestelltenpolitik beim <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>, zudem<br />
die fehlende unternehmerische Freiheit,<br />
die eigentlich die Selbstständigkeit<br />
auszeichnet. «Wie steht es mit Aktionen,<br />
Sonderrabatten, für Stammkunden oder<br />
zur Werbung für neue Kunden? Wie mit<br />
Für den <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> steht mit den Entscheiden<br />
des nationalrates fest, dass nun<br />
auch die zweite Auflage der 11. AHV-Revision<br />
zu einer politisch unhaltbaren Abbauvorlage<br />
verkommen ist.<br />
Der Kaufmännische Verband <strong>Schweiz</strong><br />
ist von den Entscheiden des Nationalrates<br />
bei der 11. AHV-Revision enttäuscht.<br />
Bei der Flexibilisierung des vorzeitigen<br />
Altersrücktritts ist die Erwartung, dass<br />
dieser Schritt für untere und mittlere Einkommen<br />
abgefedert wird, nur minimal<br />
erfüllt. Höchst unbefriedigend ist zudem,<br />
dass nur eine zeitlich befristete Übergangsregelung<br />
beschlossen wurde. «Ein<br />
altes Versprechen ist damit nicht eingelöst<br />
worden, nämlich dass die Erhöhung<br />
des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65<br />
context 9 – <strong>2010</strong><br />
Nischenprodukten und gebietstypischen<br />
Sortimentsergänzungen? Das was kleine<br />
Läden auszeichnet und abhebt, wird den<br />
Kios<strong>kb</strong>esitzerinnen verwehrt.»<br />
Gisi stellt fest, dass Franchising eine<br />
Modebewegung geworden ist. Sie verweist<br />
u.a. auf die Coop-Pronto- und Migrolino-Geschäfte.<br />
«Die Arbeitnehmenden<br />
geben in Franchising-Unternehmen<br />
viel Schutz her für Profit, der sich eventuell<br />
nicht als das erweist, was man erhofft,<br />
und der erst noch nur dem/r Geschäftsführer/in<br />
zu Gute kommt.» Das Arbeitsgesetz<br />
werde bei solchen Firmen häufig<br />
gerade knapp eingehalten. Oft würden<br />
sehr tiefe Löhne bezahlt und die Ferien<br />
sowie etwa Lohnfortzahlungen bei<br />
Krankheit bewegen sich auf dem absoluten<br />
Minimum.<br />
Die Gewerkschaft Syna hat eine Umfrage<br />
unter Kioskangestellten gemacht.<br />
Diese äussern sich mehrheitlich negativ<br />
über die Idee. Seitens Valora heisst es,<br />
man akzeptiere Entscheidungen gegen<br />
das neue Modell. Neue Agenturleiter/innen<br />
sagen aber, es sei ein Anreiz, an den<br />
Umsatzsteigerungen mitzuverdienen.<br />
Mit Valora ist ein guter Gesamtarbeitsvertrag<br />
ausgearbeitet worden. Für die<br />
Agenturen gilt er aber nur ein Jahr, danach<br />
können die Besitzer/innen ihren Angestellten<br />
Mindestlöhne bezahlen. Und an<br />
die 43-Stunden-Woche müssen sie sich<br />
auch nicht mehr halten. Barbara Gisi fragt<br />
sich deshalb, ob mit der neuen Idee schlicht<br />
der GAV unterwandert werden soll. ajm<br />
Zur Abbauvorlage verkommen<br />
mit einer ausreichenden sozialen Abfederung<br />
gekoppelt würde», sagt Hansueli<br />
Schütz, volkswirtschaftlicher Mitarbeiter<br />
des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
Noch gravierender ist aus seiner Sicht<br />
die ebenfalls beschlossene Abschwächung<br />
des Rentenanpassungsmechanismus.<br />
Der Weg, Lücken in der AHV-Finanzierung<br />
auf die Rentner abzuwälzen, ist<br />
sozialpolitisch nicht akzeptabel. Denn<br />
bis heute sind die AHV/IV-Renten trotz<br />
des nach wie vor bestehenden Verfassungsauftrags<br />
nicht existenzsichernd. Hansueli<br />
Schütz: «Die 11. AHV-Revision läuft<br />
durch die heutigen Beschlüsse mittelfristig<br />
auf eine klare Schwächung der Alterssicherung<br />
hinaus. Das nächste Referendum<br />
steht somit vor der Tür.» ibo<br />
KoLUMnE<br />
Bundesrat komplett<br />
Von Mario Fehr<br />
Seit einer Woche ist der Bundesrat wieder<br />
komplett. Endlich, werden nicht wenige<br />
sagen. Bundesratswahlen sind immer<br />
etwas Besonderes. Es gibt weltweit kein<br />
anderes Land, in dem die Neubesetzung<br />
eines Ministerpostens eine solche breite<br />
öffentliche Diskussion auslöst. Die Wahlen<br />
selbst sind dann aber ohne jede Überraschung<br />
verlaufen. Das allerdings war<br />
zu erwarten. Alle Parteien wissen, dass<br />
die nächsten Bundesratswahlen bereits<br />
im Dezember 2011 stattfinden. Zudem<br />
gibt es im Parlament ein ausgeprägtes<br />
Bedürfnis nach mehr Ruhe rund um unsere<br />
Landesregierung. Wir wollen einen<br />
Bundesrat, der besser zusammenarbeitet<br />
und sich kollegialer verhält.<br />
Obwohl die Debatte der letzten Monate<br />
geprägt war von diesen Wahlen, ging die<br />
Arbeit im Parlament fast unbeeinflusst<br />
weiter. In der vergangenen Session haben<br />
wir uns auch mit Geschäften wie dem<br />
Hunde- und dem Sportförderungsgesetz<br />
beschäftigt. Im Bundeshaus wurden zudem<br />
mit den Revisionen von AHV und<br />
CO2-Gesetz wichtige sozialpolitische und<br />
ökologische Weichenstellungen debattiert.<br />
Das spricht für die Qualität des<br />
schweizerischen Parlamentes.<br />
Ich bin trotzdem froh, dass der Wahlzauber<br />
vorbei ist. Jetzt kann sich das Parlament<br />
noch besser auf die Erledigung<br />
seiner wichtigen inhaltlichen Arbeit konzentrieren.<br />
Aus Sicht des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> sind<br />
dies unter anderem die Reform der Sozialwerke,<br />
die Verstärkung der Aus- und<br />
Weiterbildung und die Bekämpfung der<br />
Jugendarbeitslosigkeit. Wir haben in den<br />
letzten Jahren ein Netz mit den uns verbundenen<br />
Par lamentariern geknüpft.<br />
Gemeinsam werden wir auch in Zukunft<br />
dafür einstehen, dass die Anliegen des<br />
<strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> im Parlament Gehör finden.<br />
Mario Fehr ist Nationalrat und<br />
Präsident des <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
mario.fehr@kvschweiz.ch<br />
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