BfN -Skripten 146 - Bundesamt für Naturschutz
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und Offenlandarten wäre somit fließend. Die Rekonstruktion der früheren Naturwälder und ihrer<br />
Artenausstattung muss somit, zumindest zum momentanen Wissensstand, hypothetisch bleiben.<br />
Es lassen sich aber neben der ursprünglichen natürlichen Artenvielfalt in diesem Zusammenhang<br />
auch noch weitere wichtige Argumente anführen, die bei der Festlegung von <strong>Naturschutz</strong>zielen im<br />
Wald berücksichtigt werden sollten, so dass die sehr umstrittene „Megaherbivorentheorie“ <strong>für</strong> die<br />
Zielformulierung des <strong>Naturschutz</strong>es nicht benötigt wird:<br />
- Die weltweite Verantwortung <strong>für</strong> eine Art gibt entscheidende Bedeutung <strong>für</strong> die „Schutzwürdigkeit“.<br />
Dabei kann eine Art bei nationaler Betrachtungsweise hochgradig gefährdet (Rote-Liste-<br />
Art), im globalen Maßstab gesehen aber durchaus häufig sein (z.B. Ziegenmelker (Caprimulgus<br />
europaeus), Haselhuhn (Bonasa bonasia)). Ein wichtiger Schwerpunkt <strong>für</strong> den <strong>Naturschutz</strong> sind<br />
somit (seltene) Arten, die ihren Verbreitungsschwerpunkt ausschließlich in Deutschland haben<br />
(z.B. Rotmilan (Milvus milvus)). Andererseits können jedoch auch bedrohte Randvorkommen<br />
von Arten evolutionär bedeutsam sein, die global gesehen völlig ungefährdet sind (vgl. auch<br />
ESU-Ansatz in Kap. 3.1.5);<br />
- Schaffen, Erhalt und Pflege von Ersatzlebensräumen <strong>für</strong> Primärlebensräume, die sich unter den<br />
derzeit gegebenen Bedingungen nicht mehr ausreichend auf natürliche Weise entwickeln können<br />
(z.B. Brennen aufgrund fehlender Auwalddynamik; vgl. Kap. 3.1.9.6);<br />
- Anthropogen bedingte Stoffeinträge (insbesondere von Stickstoff) als Ursache <strong>für</strong> die Gefährdung<br />
von Arten;<br />
- Anthropogen bedingte Lebensraumveränderungen (z.B. Baumartenwahl, Waldnutzung) als Ursache<br />
<strong>für</strong> die Gefährdung von Arten;<br />
- Vorsorgeprinzip - Ökosystemarer Ansatz: Artenreiche Reservoire vorsorglich halten, um auf<br />
weitere anthropogen bedingte Änderungen (z.B. Klima) reagieren zu können (vgl. HÄUSLER &<br />
SCHERER-LORENZEN 2001);<br />
- Legitimation des Erhalts veralteter, unökonomischer Nutzungsformen aus pädagogischen und<br />
ästhetischen Gründen.<br />
3.1.2 Naturnahe Waldbewirtschaftung<br />
Die folgenden Ziele können unter dem Schlagwort der naturnahen Waldbewirtschaftung zusammengefasst<br />
werden.<br />
3.1.2.1 Strukturreiche Mischwälder<br />
Beschreibung und Diskussion:<br />
Es ist durch zahlreiche Autoren dargelegt (SCHERZINGER 1996, JEDICKE 1999 u. a.), dass neben der<br />
Vielfalt an heimischen Baumarten vor allem die Strukturvielfalt der Wälder ein bedeutender Faktor<br />
insbesondere <strong>für</strong> die faunistische Diversität ist. Die Struktur von Wäldern sollte idealer Weise sowohl<br />
horizontal (Mosaik-Zyklus-Konzept, natürliche Störungen usw.) als auch vertikal (mehrschichtige<br />
Wälder mit Bodenvegetation, Strauch-, Zwischen- und Oberschicht) vielseitig ausgeprägt sein.<br />
Zusätzlich erhöht sich die Strukturvielfalt durch die Wechselbeziehung von horizontaler und vertikaler<br />
Vielfalt: Die vertikale Strukturabfolge muss und kann nicht auf der gesamten Fläche (d.h. in der<br />
horizontalen Verbreitung) gleich sein.<br />
Eine Bereicherung der Strukturgegebenheiten liefern verschiedene in die eigentliche Waldfläche<br />
eingestreuten Habitatstrukturen (Tab. 2) wie blütenreiche Waldränder, kleine Lichtungen mit Krautsäumen<br />
und Kleingewässer (vgl. Kap. 3.1.9). Makrostrukturen im Bestand wie etwa aufgeklappte<br />
Wurzelteller oder stark dimensioniertes Totholz (vgl. Kap. 3.1.3) kristallisieren sich ebenfalls als<br />
Schlüsselfaktoren <strong>für</strong> die biologische Vielfalt heraus (SCHERZINGER 1996, SCHULZ 1999). In ihrer<br />
Bedeutung nicht zu vernachlässigen ist die Mikrostruktur, die insbesondere bei stark dimensionierten<br />
Bäumen, beispielsweise in Form von rauer Rinde, Rissen, Bruchstellen, Totholzästen und -zweigen,<br />
Höhlen, Astgabeln oder auch Mulmhöhlen besonders vielfältig ausgeprägt sein kann.<br />
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