BfN -Skripten 146 - Bundesamt für Naturschutz
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teilen (MÖLLER 2000). Somit liefert ein alter Baum nicht nur Pilzen einem Lebensraum, sondern<br />
auch Tieren, die sich direkt von Pilzen (MÖLLER 1994) bzw. von pilzdurchsetztem Holz ernähren.<br />
Flechten sind wegen ihres langsamen Wachstums auf störungsarme Altbestände essenziell angewiesen<br />
(TÜRK & PFEFFERKORN-DELLALI 1998, MÖLLER 2000 u.a.). Viele Arten zählen zu den Spezialisten<br />
der Baumveteranen, die nur noch ein geringes Dickenwachstum zeigen und eine raue Borke<br />
aufweisen. Zu ihnen gehört zum Beispiel die sehr seltene Krustenflechte (Bactrospora dryina), die<br />
zur Besiedlung alte Eichen benötigt (LIEBENDÖRFER et al. 1991). Zahlreiche holzbewohnende Pilzarten<br />
sind an das Holz sehr alter oder noch stehender natürlich sterbender Bäume gebunden (RÜCKER<br />
1998).<br />
In Bezug auf die Avifauna stellte zum Beispiel HÖLZINGER (1997) in Baden-Württemberg einen<br />
durchschnittlichen Rückgang der in Baumhöhlen brütenden Dohlen (Corvus monedula) von 77% im<br />
Vergleich zu den sechziger Jahren fest. Neben der Bedeutung <strong>für</strong> Höhlenbrüter sind es Arten wie<br />
Rotmilan (Milvus milvus), Habicht (Accipiter gentilis) oder Schwarzstorch (Ciconia nigra), die solche<br />
Altbäume <strong>für</strong> den Horstbau benötigen. Untersuchungen von SPERBER (2002) bestätigen, dass<br />
sich viele weitere Vogelarten, die man u.a. <strong>für</strong> typische Arten (Leitarten) lichter Eichenbestände gehalten<br />
hat (z.B. Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus), Mittelspecht (Dendrocopos medius)<br />
oder Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis)), auch in Buchenbeständen finden, wenn diese nur alt<br />
genug sind und über die entsprechenden Habitatrequisiten und Strukturen verfügen. Erhebungen im<br />
Steigerwald ergaben, dass die Brutvogelzahl von 40 Arten im bis zu 140-jährigen bewirtschafteten<br />
Buchenaltersklassenwald bei der Überführung in einen alt- und totholzreichen Dauerwald 19 auf insgesamt<br />
51 Arten bereits deutlich angestiegen ist (vgl. Abb. 4).<br />
Artenzahl<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Alterklassenforst<br />
mit Verjüngung im Großschirmschlag<br />
Höhlenbrüter<br />
Kronenbrüter<br />
Dauerwald<br />
Boden- und Buschbrüter<br />
Abb. 4: Die Brutvogel-Dynamik in einem Buchenaltersklassenwald bei Überführung in einen Dauerwald<br />
(aus: SPERBER 2002).<br />
Das Baumalter im Bestand scheint also wesentliche Strukturmerkmale hinzuzufügen, die sonst bei<br />
der Buche nicht gefunden werden. Neben Bruch- und Faulstellen oder dürren Ästen sind dies vor<br />
allem raurissige Borke, Blitzrinnen oder Krebsbildung, wodurch beispielsweise auch der Mittelspecht<br />
(Dendrocopos medius) zu einem potenziellen Besiedler alter Buchenwälder wird (FLADE 1994). Dies<br />
belegen ebenfalls Untersuchungen von WINTER et al. (2002) und HERTEL (2001 zit. nach WINTER et<br />
al. 2002), wonach „die positive Beziehung zwischen den typischen Altersstrukturen der Buchen und<br />
der Siedlungsdichte des Mittelspechtes“ bestätigt wird. Wie die nachfolgende Grafik (Abb. ) zeigt,<br />
sind die <strong>für</strong> die Ausprägung solcher Strukturmerkmale vorauszusetzenden alten Waldbestände von<br />
19 Naturwaldreservat „Waldhaus“: Urwaldähnlicher Buchenwald mit 250- bis 300-jährigen Überhältern.<br />
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