BfN -Skripten 146 - Bundesamt für Naturschutz
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Bei der Quantität der Totholzvorräte lassen sich deutliche Unterschiede zwischen dem durchschnittlichen<br />
Wirtschaftswald und dem unbewirtschafteten Wald feststellen. So hat etwa der (bewirtschaftete)<br />
Staatswald Bayerns einen durchschnittlichen Anteil von 3,3 Festmeter (fm) Totholz je Hektar (ha)<br />
(KÜHNEL 1999). Dagegen weist eine 50 Jahre unbewirtschaftete Vergleichsfläche bereits durchschnittlich<br />
16,12 fm/ha (FVA 1993) auf. In Urwäldern Mittel- und Osteuropas beträgt die Totholzmenge<br />
nach ALBRECHT (1991) durchschnittlich 50 bis 200 fm/ha, in kleinflächigen Zerfallsphasen<br />
gar über 300 fm/ha.<br />
Dieser Umstand hat zwangsläufig zum Rückgang von spezialisierten Arten geführt. So sind beispielsweise<br />
über die Hälfte der ca. 1.200 in Deutschland vorkommenden xylobionten Käferarten als<br />
gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft. Auch <strong>für</strong> das Vorkommen und die Vielfalt der<br />
arboricolen Avifauna, der Fledermäuse oder der Arthropoden spielen Angebot und Qualität von Totholz<br />
eine entscheidende Rolle. Insgesamt ist Totholz Lebensraum und überlebenswichtiges Strukturmerkmal<br />
<strong>für</strong> 25% aller Waldtierarten (ZAHNER 1999). Darüber hinaus sind es insbesondere die<br />
höheren Pilze (Makromyceten), die Totholz in großer Zahl besiedeln. In Deutschland sind dies rund<br />
1.500 Arten. Von den vorkommenden totholzbesiedelnden Pilzen in Bayern sind etwa 25% in ihrem<br />
Bestand gefährdet (SCHMID 1990). Aufgrund dieser Bedeutung <strong>für</strong> die heimische Artenvielfalt haben<br />
sich viele Autoren intensiver mit dem Thema „Totholz als Lebensraum“ beschäftigt (z.B. ALBRECHT<br />
1991, UTSCHICK 1991, KÖHLER 1996, SCHERZINGER 1996, GEISER 1994, MÖLLER 2000, BUSSLER<br />
1995, ELMER 2002).<br />
Inzwischen haben die meisten Landesforstverwaltungen dieses Problem erkannt. So ziehen die<br />
Staatsforstverwaltungen in ihren Konzepten zur naturnahen Waldwirtschaft ihre Konsequenzen und<br />
formulieren entsprechende Strategien. Ziel ist dabei durchweg die Erhöhung der Totholzanteile, wobei<br />
Altersstruktur und Artenzusammensetzung des liegenden und stehenden Totholzes repräsentativ<br />
<strong>für</strong> den jeweiligen Wald sein sollen. Deshalb sollen kleinflächige Starkholzwürfe und abgängige<br />
Bäume in der Regel solange nicht genutzt werden, bis der angestrebte Totholzvorrat erreicht ist, welcher<br />
einen dauerhaften Schutz der natürlichen Vielfalt (insbesondere der totholzabhängigen Arten)<br />
gewährleistet. Offen bleibt dabei die quantitative Frage, d.h. wie viel Totholz die verschiedenen Arten<br />
zur Sicherung stabiler Populationen benötigen (vgl. ALBRECHT 1991, SCHERZINGER 1996). Wie<br />
schwierig sich die Frage pauschal beantworten lässt, spiegelt sich in zahlreichen Publikationen und<br />
Waldbauprogrammen wider, in den sich zum Teil recht unterschiedliche Angaben zu geforderten<br />
Totholzmengen (vgl. Tab. 5) finden.<br />
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