BfN -Skripten 146 - Bundesamt für Naturschutz
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Bezieht man das mögliche physische Alter der Bäume mit ein, wird der Mangel an alten Bäumen in<br />
unseren Wäldern noch deutlicher. Beispielsweise wird die Buche natürlicherweise 300-400 (500)<br />
Jahre 21 alt, die Fichte erreicht immerhin 600 Jahre (SCHÜTT et al. 2002). Im Wirtschaftswald dagegen<br />
wird die Buche in der Regel im Alter 120 bis 160 und die Fichte im Alter 100 bis 120 (140) geerntet.<br />
Eine Anreicherung der Wälder mit solch alten, stark dimensionierten Bäumen (Altholz) oder ganzen<br />
Beständen (Altholzinseln) durch Erhöhung der „Zielstärkenbereiche“ würde die Ausgangslage <strong>für</strong> die<br />
Entwicklung Starkholz gebundener Mikrostrukturmerkmale und Lebensräume erheblich verbessern.<br />
Handlungsempfehlungen:<br />
Da der Waldbesitzer mit dem Belassen von vitalen Bäumen <strong>für</strong> den natürlichen Zerfall je nach Qualität<br />
und Quantität einen entsprechend hohen Einnahmeverlust zu erwarten hat, erscheint ein Ausgleich<br />
durch ein Vertragsnaturschutzprogramm Wald angebracht. Dadurch wäre voraussichtlich eine deutliche<br />
Erhöhung und Sicherung einer flächendeckenden Menge an stehend zerfallenden Bäumen und<br />
daraus resultierend stehendem Totholz zu erzielen. Um die gesamte Palette an Totholz-<br />
Strukturvielfalt zu gewährleisten, sollte diese Maßnahme unbedingt eine große Ausprägungsvariabilität<br />
innerhalb der Totholz-Qualitäten (vgl. Tab. 6) fördern. Eine flankierende (zwangsweise) Kopplung<br />
der Förderung an die Voraussetzung, weitere lebensraumtypische, natürlich anfallende, wirtschaftlich<br />
minderwertige Holzqualitäten und bereits abgestorbene stehende Bäume im Bestand belassen<br />
zu müssen (z.B. Brennholzsammelverbot), kann den Nutzen <strong>für</strong> den <strong>Naturschutz</strong> ohne zusätzliche<br />
Kosten – abgedeckt durch bereits geleistete Ausgleichszahlungen – erhöhen.<br />
In diesem Zusammenhang gibt es Berührungspunkte mit anderen <strong>Naturschutz</strong>zielen, wie zum Beispiel<br />
Förderung der kurzlebigen Weichholzarten. Diese stellen vergleichsweise schnell Totholz bereit<br />
und können zudem als Wirtspflanze <strong>für</strong> weitere spezialisierte Arten dienen. Enge Wechselbeziehungen<br />
ergeben sich auch mit der Förderung von Mittelwäldern, die vor allem das bedeutsame sonnständige<br />
Totholz bereitstellen.<br />
Für eine Förderung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes empfiehlt sich aus formalen Gründen als<br />
Bemessungsgrundlage die Anzahl der stehenden Bäume, die dem natürlichen Zerfall überlassen werden<br />
sollen. Diese Angaben erleichtern die administrative Abwicklung (Erfassung, Entschädigung und<br />
Monitoring) voraussichtlich erheblich (vgl. Kap. 3.7.3). Für die Förderung der Ausprägungsvielfalt<br />
des Totholzes muss ein geeignetes System entwickelt werden, das <strong>für</strong> spezielle Problemstellungen<br />
offen ist. Eine Auswahl der dabei zu berücksichtigenden Qualitätsmerkmale gibt Tab. 6.<br />
Tab. 6: Wichtige Faktoren, die die Nutzbarkeit des Totholzes <strong>für</strong> xylobionte Tierarten beeinflussen.<br />
Faktor Begründung und Auftrennung<br />
Baumarten Die Baumart ist z.T. auch beim Totholz entscheidend da<strong>für</strong>, ob bestimmte Arten das Holz<br />
als Nahrungsgrundlage nutzen können (Wirtsspezifität)<br />
Mikroklima v.a. Unterscheidung nach Besonnung und Feuchtegrad (besonnt <strong>für</strong> thermophile Arten und<br />
beschattet <strong>für</strong> Arten mit Bindung an kühle Bedingungen; auch hygrothermophile Arten<br />
beachten)<br />
Typ Unterscheidung in Zweig, Ast, Stamm, Wurzel und Stockholz; einige Arten nutzen nur<br />
Wurzel- oder nur Stammholz etc.<br />
Stärke einige Arten nutzen nur Altholz mit einem gewissen Mindest-BHD; Höhlen entstehen erst,<br />
wenn die Bäume alt bzw. dick genug sind (Alter ca. 150-200 Jahre, BHD mind. 50-100<br />
cm)<br />
Lage Unterscheidung nach stehendem und liegendem Holz<br />
Stand der Abbausukzession<br />
Unterscheidung nach Zersetzungsstufen des Holzes, Art der Pilzbesiedlung und die Höhlenentwicklung<br />
Verschiedene Möglichkeiten, wie Alt- und Totholz prinzipiell im Bestand gemehrt werden kann,<br />
ohne dass dem Waldbesitzer größere finanzielle Einbußen entstehen, sind in Tab. 7 aufgeführt.<br />
21 Die hier angegebenen Werte sind Durchschnittswerte, die auf Grund von Klima und Standort erheblichen<br />
Abweichungen unterliegen.<br />
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