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BfN -Skripten 146 - Bundesamt für Naturschutz

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Unabhängig von den vorstellbaren Einwirkungen der Megaherbivoren existieren heute tausende Kilometer<br />

44 anthropogen bedingter Waldränder, deren potenzieller Wert <strong>für</strong> den <strong>Naturschutz</strong> (z.B. auch<br />

als Lebensader im Biotopverbund und oft als letzte Rückzugsmöglichkeit <strong>für</strong> Pflanzen und Tiere in<br />

der Kulturlandschaft) unbestritten ist, so dass die Frage der ursprünglichen Natürlichkeit in den Hintergrund<br />

tritt. Diese Waldränder bilden jedoch mehrheitlich scharfe Nutzungsgrenzen und keine breiten<br />

Übergänge im Sinne des oben beschriebenen Ökotons.<br />

Sowohl Arten- und Individuenzahl als auch Anzahl gefährdeter Arten hängen von der eigentlichen<br />

Waldrandstruktur und insbesondere von der Exposition des Waldrandes und der Ausprägung der<br />

angrenzenden Flächen ab (vgl. HONDONG et al. 1993). So wirken sich beispielsweise südliche Exposition,<br />

Trockenheit, Verzahnung mit magerem Offenland oder Streuobstwiesen und die Beteiligung<br />

alter, standorttypischer Laubbäume positiv auf die genannten Faktoren aus (Tab. 12). Negativ wirken<br />

sich dagegen kühl-luftfeuchte Standorte, die Bestockungsdichte oder die Beteiligung von Nadelschattbaumarten<br />

aus.<br />

Eine wesentliche Bedeutung <strong>für</strong> den Artenreichtum der Waldränder besitzen die blütenreichen Krautsäume.<br />

Sie haben eine hohe Wichtigkeit <strong>für</strong> die Überwinterung von Arthropoden (LIMAT & DUELLI<br />

2000), ernähren durch ihr Nektarangebot Insekten und sind Nahrungsgrundlage <strong>für</strong> viele Arten, die<br />

krautige Pflanzen als Nahrungsgrundlage benötigen. Die Artenvielfalt der Flora ist an Waldrändern<br />

zumeist überdurchschnittlich hoch. Standort, Wärme und Trockenheit sind neben der Beweidung<br />

dabei die Faktoren, die Breite, Ausprägung und Sukzessionsgeschwindigkeit eines Saumes im Wesentlichen<br />

prägen können.<br />

Tab. 12: Aspekte zum Erhalt strukturreicher Waldränder<br />

(in Anlehnung an HONDONG et al.1993)<br />

Besondere Wärmebegünstigung (Südliche Exposition, Lage im collinen Bereich, hohe potenzielle Sonnenscheindauer,<br />

hohe mittlere Maximum-Temperaturen im Saum)<br />

Langes Bestehen des Wald-Offenland-Übergangs im jeweiligen Bereich<br />

Breite, blütenreiche Säume (> 2m), möglichst nicht geradlinig, sondern mit Ausbuchtungen<br />

Breite, dornstrauchreiche Vormäntel und Gebüsche<br />

Nährstoffarmer Saum (niedrige Stickstoff-Zeigerwerte)<br />

Hoher Anteil an vegetationsfreien oder -armen, besonnten Bodenstellen (z.B. auch vertikale Erdanrisse im<br />

Bereich waldrandbegleitender, nicht oder schlecht befestigter Wege)<br />

Bis weit in den Bestand hineinreichende Aushagerungs- und Versaumungserscheinungen aufgrund stellenweise<br />

fehlender bzw. spärlich entwickelter Mäntel<br />

Schwache Beweidung und dadurch Ausbildung eines Vegetationsmosaiks aus kurzrasigen, schütteren Magerweiden,<br />

heidereichen Teilen, bodensauren Säumen, Hochstaudenfluren und Weißdorngebüschen<br />

Hohe Anteile an Asteraceen (Körbchenblütlern) und Fabaceen (Schmetterlingsblütlern) im<br />

Saum oder auch Elemente der Zwergstrauchheiden und Magerweiden<br />

Vorgelagerte Gebüsche, Hecken- und Streuobstbestände, Magerweiden oder Zwergstrauchheiden<br />

Hoher Anteil alter, stärker dimensionierter Buchen und Eichen an der Bestockung, Tot- und Faulholz<br />

Beteiligung von Weichlaubhölzern am Bestandsrand<br />

Der Erhalt strukturreicher Waldränder auf potenziell waldfähigen Standorten und zum Teil selbst auf<br />

den wenigen natürlich bedingten Waldgrenzen in Mitteleuropa setzt entsprechende Maßnahmen voraus.<br />

Dabei haben Modellversuche in der Schweiz gezeigt, dass sich bei schlecht ausgeprägten Waldrändern<br />

praktisch jeder Eingriff zunächst positiv auf die botanische Vielfalt auswirkt. So hatte beispielsweise<br />

bereits das Auflichten (22 fm Derbholzmasse 45 /1000m²) eines ca. 35-jährigen Fichtenstangenholzes<br />

einen deutlichen Anstieg des mittleren Deckungsgrades zur Folge und die mittlere<br />

Anzahl der Pflanzenarten in der Krautschicht hatte sich nach drei Jahren mehr als verdoppelt (nach<br />

MARET 1995 zit. aus KRÜSI et al. 1996). Untersuchungen von BERNHARD (1996 zit. aus KRÜSI et al.<br />

1996) zeigten, dass von 21 untersuchten ökologisch besonders guten Waldrändern praktisch alle periodisch<br />

dynamischen Prozessen unterworfen waren. So waren 14 in den letzten zehn Jahren zuvor<br />

gepflegt worden und sechs grenzten an eine extensiv genutzte Weide oder wurden als Waldweide<br />

genutzt.<br />

44 z.B. allein in Hessen 25.000 km Waldaußenränder zur Feldflur (ZUNDEL 1992)<br />

45 Derbholz ist alles oberirdische Holz ab einem Durchmesser von 7 cm.<br />

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