NZB 02/2013
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Hausärzte sollen Fachärzte ersetzen, z. B. Augenärzte,<br />
Hautärzte und HNO-Ärzte. Von Katalonien wird berichtet, dass<br />
es für Operationen Wartezeiten von rund acht Monaten<br />
gibt.<br />
Die Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln wurde erhöht. So<br />
müssen z. B. Arbeitnehmer mit einem Jahreseinkommen<br />
von 18.000 Euro statt bisher 40 Prozent 50 Prozent der<br />
Arzneimittelkosten zuzahlen.<br />
Die Wartezeiten für eine ärztliche Behandlung haben sich<br />
von durchschnittlich fünf auf acht Monate erhöht. Besonders<br />
lang sind Wartelisten bei Fachärzten. Die Zahl von<br />
Praxisschließungen nimmt zu. Die Regierung plant, bis<br />
2015 Facharztbesuche um 30 Prozent zu senken.<br />
Frankreich<br />
Die Régime général d’assurance maladie,<br />
die Krankenversicherung von ca. 80 Prozent<br />
der Bevölkerung, hat ein Defizit von 10 Milliarden Euro.<br />
2012 sollen 700 Millionen Euro eingespart werden. Insgesamt<br />
wird 2012 die Ausgabensteigerung auf 2,8 Prozent<br />
gedeckelt mit dem Ziel, das Defizit auf maximal 6 Milliarden<br />
Euro zu senken. Bis 2015 sollen die Altlasten abgebaut<br />
sein. Hierzu soll eine Steuer beim Verkauf von Arzneimitteln<br />
erhoben werden. Arzthonorare für Labor und Radiologie<br />
sollen sinken. Das Primärarztmodell soll ausgebaut werden.<br />
Erhöht werden die Zuzahlungen im ambulanten und<br />
stationären Bereich. Die Ärzte erwarten eine weitere Verschärfung<br />
von Sparmaßnahmen mit einer Einkommensstagnation<br />
in den nächsten fünf bis sieben Jahren.<br />
Die Proteste von Ärzten nehmen zu. So protestieren z. B.<br />
niedergelassene Chirurgen gegen Honorarkürzungen. Sie<br />
befürchten die Schließung von Privatkliniken. Die EU geht<br />
über den Maßnahmenkatalog der französischen Regierung<br />
hinaus und fordert bis Ende 2012 weitere Einsparungen in<br />
Höhe von 12 Milliarden Euro.<br />
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Régime<br />
général d’assurance maladie nur 70 Prozent der Kosten in<br />
der ambulanten ärztlichen Versorgung und 15 bis 65 Prozent<br />
der Kosten für Arzneimittel übernimmt. Die Zuzahlung<br />
bei einem Krankenhausaufenthalt beträgt 18 Euro pro Tag.<br />
Großbritannien<br />
In Großbritannien hatte die Labour-Regierung<br />
den Etat des Nationalen Gesundheitsdienstes<br />
(National Health Service) insbesondere zum Abbau von<br />
Wartezeiten erheblich aufgestockt. Seit 2008, dem Beginn<br />
der Finanzkrise, wurden dann allerdings die Zuwendungen<br />
an den Nationalen Gesundheitsdienst gekürzt. Die jetzige<br />
Koalitionsregierung aus Konservativen und Liberalen steht<br />
vor der Aufgabe, die erhebliche Staatsverschuldung weiter<br />
abzubauen. Gekürzt werden auch die Ausgaben für den<br />
Nationalen Gesundheitsdienst, die zurzeit rund 110 Milliarden<br />
Pfund und damit 137 Milliarden Euro betragen. Eben-<br />
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falls umgerechnet auf Euro wird dieser Betrag um jährlich<br />
20 Milliarden Euro gekürzt. Betroffen ist in erster Linie die<br />
Krankenhausversorgung. In der Onkologie z. B. sind die<br />
Wartezeiten für Vorsorgeuntersuchungen, aber auch auf<br />
eine Krebsbehandlung länger geworden. Insgesamt hat<br />
sich die Krankenhausversorgung verschlechtert. Einige<br />
Krankenhäuser bessern ihre Finanzsituation dadurch auf,<br />
dass Privatpatienten, die einen besseren Erlös bringen, bevorzugt<br />
behandelt werden. Die Unzufriedenheit bei Ärzten<br />
und Patienten steigt. Die British Medical Association (BMA),<br />
der britische Ärztebund, hat bereits mehrfach gegen die<br />
Sparpolitik der Regierung im Gesundheitswesen protestiert.<br />
Allein durch Entbürokratisierung soll in den nächsten 10<br />
Jahren ein Betrag von 10 Milliarden Pfund eingespart<br />
werden. Geplant ist der Abbau von 24.000 Arbeitsplätzen.<br />
Durch Leistungseinschränkungen soll bis 2015 ein Betrag<br />
von rund 20 Milliarden Pfund eingespart werden.<br />
An Einschränkungen von Einzelleistungen werden genannt:<br />
Hüft- und Kniegelenk-Endoprothesen nur noch bei<br />
großen Schmerzen. Übergewichtige müssen vor einer<br />
endoprothetischen Operation ihr Gewicht reduzieren.<br />
Katarakt-Operation nur bei Problemen bei der Arbeit,<br />
bedingt durch den Sehkraftverlust.<br />
Krampfaderoperation nur bei starken Schmerzen,<br />
bei Geschwüren oder Blutungen<br />
Mandelentfernung bei Kindern nur nach sieben<br />
Entzündungen im letzten Jahr.<br />
Es wird beobachtet, dass die Sparmaßnahmen dazu führen,<br />
dass mehr Leistungen privat bezahlt werden. Aufgrund<br />
langer Wartezeiten haben zehn Prozent der Einwohner<br />
von Großbritannien eine private Krankenversicherung<br />
abgeschlossen.<br />
Die pharmazeutische Industrie klagt über Einbußen, weil<br />
Ärzte im nationalen Gesundheitsdienst nicht mehr den<br />
gleichen Umfang von Arzneimitteln verschreiben.<br />
Geplant ist eine Kürzung der Pensionsansprüche von Ärzten<br />
um 15 bis 20 Prozent. 42.000 Allgemeinärzte haben<br />
gegen die Sparmaßnahmen der Regierung gestreikt.<br />
Die OECD beanstandet, dass in Großbritannien 20 Prozent<br />
der Krankenhäuser gegen Mindest-Standards einer Krankenhausversorgung<br />
verstoßen.<br />
Niederlande<br />
In den Niederlanden ist nach der letzten<br />
Wahl eine neue Koalitionsregierung aus der<br />
rechtsliberalen Partei und den Sozialdemokraten gebildet<br />
worden. Das Regierungsprogramm enthält ein hartes<br />
Sparkonzept auch im Sozialbereich und dabei auch im<br />
Gesundheitswesen.<br />
Insgesamt sollen in der kommenden Legislaturperiode im<br />
Gesundheitswesen fünf Milliarden Euro eingespart werden.