Pilotprojekt Eilsum - Amtliche Materialprüfungsanstalt
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Das mikrobiologische Gefahrenpotential, das speziell von den Pilzen ausgeht,<br />
blieb jedoch erhalten durch Bildung von Überdauerungsformen bzw. Sporen in<br />
und auf der Malerei und Neuputzen.<br />
Künstlich hervorgerufene Klimaänderungen wie z.B. Veränderungen oder Unterbindung<br />
der Luftströmungen innerhalb des Raumes können auch zu einer<br />
Aktivierung des Gefahrenpotentials, das in dem Fall von <strong>Eilsum</strong> von den Pilzsporen<br />
ausgeht, führen.<br />
Um einer Verstaubung der Wandmalerei vorzubeugen, die durch die baulichen<br />
Maßnahmen im 1. Chorjoch hervorgerufen worden wären, wurde die Apsis mit<br />
einer staubdichten Wand vom 1. Chorjoch abgetrennt. Die Folge war eine Störung<br />
der Luftzirkulation im Innenraum, die für die Abführung derFeuchtigkeit<br />
von der Wandoberfläche notwendig gewesen wäre. Die Oberflächenfeuchte<br />
nahm stetig zu. Innerhalb von 3 Wochen breiteten sich Pilze über große Flächen<br />
des Neuputzes aber auch der Wandmalerei aus. Das Ergebnis wird Beispielhaft<br />
an den Testflächen in der O-Fensternische vor (Abb. 9) und nach der<br />
Abdichtung der Apsis mit einer staubundurchlässigen Wand (Abb. 10) gezeigt.<br />
Es sind deutliche "Stockfläcken" auf der Oberfläche des Putzes zu erkennen.<br />
3.2.4 Gegenmaßnahmen (5,7)<br />
Die räumliche Verteilung der Mikroorganismen auf der Wandmalerei vor allem<br />
in den mit Kalkkasein hinterfüllten Hohlstellen machen es notwendig, Gegenmaßnahmen<br />
zu ergreifen, da sich das Klima und somit für die Mikroorganismen<br />
günstige Wachstumssituation in den nächsten Jahren nur schleppend<br />
verändern wird. Eine drastische Absenkung der Feuchtigkeit ruft wiederum erneute<br />
Salzkristallisatonsschübe hervor, die eine noch katastrophalere Auswirkung<br />
auf die Wandmalerei hätten: Selbst bei erneuten Beschichtung mit einer<br />
reversiblen Opferschlämme würde das mikrobiologische Gefahrenpotential bestehen<br />
bleiben (s. Kap. 3.2.3).<br />
Durch Einsatz von gasförmigen oder flüssigen Bioziden, wie Formaldehydgas,<br />
quatiere Amine (Quats) und Organozinnpräparaten könnte das biologische<br />
Gefahrenpotential temporär bekämpft und minimiert werden. Vorversuche im<br />
Labor und an original Wandmalereiproben weisen darauf hin, daß Formaldehyd<br />
und Organozinnpräparate eine ausreichend biozide Wirkung auf die in Ei lsum<br />
isolierten Mikroorganismen haben.<br />
Bei den Organozinnpräparaten handelt es sich um ein langzeitwirkendes Biozid<br />
(ca. 20 Jahre), das in flüssiger Form eingesetzt wird. Die Giftigkeit zinnorganischer<br />
Verbindungen hängt stark von der Art der organischen Substituenten<br />
(organische Verbindungen) und deren Anzahl, die am Zinnmolekül gebunden<br />
sind, ab. Sein Wirkungsoptimum liegt bei einem pH-Wert von 4,6 bis<br />
7,8. Die Stabilität der Verbindung wird durch UV-Strahlung vermindert. Durch<br />
die Langzeitwirkung des Biozid (ca. 20 Jahre) ist es auch für den Menschen für<br />
diesen Zeitraum toxisch.<br />
Die Biozidlösung kann auf verschiedene Art und Weise appliziert werden. Vo rgeschlagen<br />
wurde eine Applikation vor der Restaurierung der Wandmalerei<br />
über den alten Injektionslöchern der in den 70iger Jahren durchgeführten Restaurierung.<br />
Der Nachteil dieser Vorgehensweise liegt darin, daß der Restaurator<br />
aber auch Wissenschaftler unter erhöhten gesundheitlichen Risiken<br />
arbeiten müßte.<br />
Untersuchungsbericht 1995, <strong>Pilotprojekt</strong> <strong>Eilsum</strong> W-2947 Seite<br />
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