Reader zur Tagung - Deutsches Polen Institut
Reader zur Tagung - Deutsches Polen Institut
Reader zur Tagung - Deutsches Polen Institut
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
on. Der Beitrag versucht die Umrisse dieser<br />
Transferkonstellation nachzuvollziehen, Akteure<br />
und transferiertes Wissen mit der spezifi-<br />
50<br />
schen sprachlich-kulturellen Situation der<br />
Epoche in Beziehung zu setzen.<br />
Katrin Schulze (Berlin)<br />
Fürstin Izabela Czartoryska – Wegbereiterin des Landschaftsgartens in <strong>Polen</strong><br />
Katrin Schulze studierte Komparatistik, Französisch und Kunstgeschichte an der Ludwig-<br />
Maximilians-Universität München sowie Landschaftsarchitektur an der TU München / Weihenstephan.<br />
Ihre Diplomarbeit schrieb sie über Der Landschaftsgarten Luisium im Dessau-Wörlitzer Gartenreich.<br />
Außerdem absolvierte sie ein berufsbegleitendes Aufbaustudium an der Europa-<br />
Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, das sie 2004 abschloss mit einer Masterarbeit: ›Verschiedene<br />
Gedanken über die Art und Weise, Gärten anzulegen‹ (1805) – ein Gartenbuch der polnischen<br />
Fürstin Izabela Czartoryska. Seit 1996 als Landschaftsarchitektin in Berlin tätig, seit 1999 freiberuflich,<br />
u.a. für die Stiftung Fürst-Pückler-Park Bad Muskau sowie in anderen deutsch-polnischen Projekten.<br />
Schwerpunkt Gartengeschichte und Gartendenkmalpflege, diverse Veröffentlichungen <strong>zur</strong> polnischen<br />
Gartenkunst, zu historischen Gärten in Schlesien u.a.<br />
Wie in vielen anderen europäischen Ländern<br />
breitete sich auch in <strong>Polen</strong> zwischen 1770<br />
und 1820 der Landschaftsgarten als dominanter<br />
gartenkünstlerischer Stil aus. Ausgedehnte<br />
Reisen des polnischen Adels nach<br />
England, Frankreich und Deutschland, das<br />
Studium der aktuellen europäischen Gartenliteratur<br />
sowie Korrespondenzen mit Gartenschöpfern<br />
und der »Import« westeuropäischer<br />
Künstler bildeten eine Basis dafür.<br />
Zugleich spiegelte sich um 1800 jedoch auch<br />
die politische Situation der polnischen Teilungen<br />
mit enttäuschten Hoffnungen, aber<br />
auch wachsendem Nationalbewusstsein in<br />
dieser künstlerischen Entwicklung wider.<br />
Eine wegbereitende Rolle für die Entwicklung<br />
des Landschaftsgartens in <strong>Polen</strong> spielte Fürstin<br />
Izabela Czartoryska (1746-1835). Bereits<br />
1771 ließ sie auf ihrem Besitz Powązki bei Warschau<br />
einen empfindsam geprägten Landschaftsgarten<br />
anlegen. Nach der Rückkehr<br />
von einer zweijährigen Englandreise entstand<br />
ab 1791 mit dem Landschaftspark in Puławy<br />
ihr Hauptwerk. Wegweisend für Theorie und<br />
Verbreitung des »neuen« Gartenstils in <strong>Polen</strong><br />
war vor allem Cartoryskas Buch Myśli różne o<br />
sposobie zakładania ogrodów (Einige Gedanken<br />
über die Art und Weise, Gärten anzulegen),<br />
das 1805 als erstes umfangreicheres<br />
Traktat <strong>zur</strong> Kunst des Landschaftsgartens in<br />
polnischer Sprache erschien. Nie in andere<br />
Sprachen übersetzt, blieb das Buch in anderen<br />
Ländern so gut wie unbekannt, war aber<br />
in <strong>Polen</strong> vor allem in Hinblick auf die Entwick-<br />
<br />
lung der polnischen Gartenliteratur des 19.<br />
Jahrhunderts von großer Wirkung.<br />
In elf von Jan Zachariasz Frey illustrierten Kapiteln<br />
behandelt das Buch alle wesentlichen<br />
Elemente der Gartengestaltung. Aus Czartoryskas<br />
Buch spricht ein durchaus literarischer<br />
Anspruch. Gleichermaßen enthält es aber<br />
auch praktisch umsetzbare, anschaulich<br />
dargestellte Ratschläge. Im expliziten Anliegen<br />
der Fürstin, nämlich der Verschönerung<br />
<strong>Polen</strong>s, spiegelt sich das Streben nach Landesverschönerung<br />
wider, das sich auf dem<br />
europäischen Kontinent im letzten Drittel des<br />
18. Jahrhunderts unter dem Einfluss der Aufklärung<br />
verstärkt entwickelte. Dem Verbundensein<br />
mit der Heimat <strong>Polen</strong> und seiner<br />
Landschaft kommt für Czartoryska eine umso<br />
größere Bedeutung in einer Zeit zu, in der <strong>Polen</strong><br />
als Staat nicht existiert. Die Gärten sind für<br />
sie dabei Symbol für eine glücklichere Vergangenheit,<br />
aber zugleich auch für die Hoffnung<br />
auf eine bessere Zukunft.<br />
Die im 18. Jahrhundert von England ausgehende<br />
Verbreitung des Landschaftsgartens<br />
ist für Deutschland und viele andere Länder<br />
ausgiebig erforscht, während die Geschichte<br />
des polnischen Landschaftsgartens in der<br />
deutschsprachigen Fachliteratur kaum miteinbezogen<br />
wird. Auch in <strong>Polen</strong> wurde Czartoryskas<br />
gartentheoretisches Werk bisher<br />
nicht vertieft in Hinblick auf die verarbeiteten<br />
Einflüsse und seine Wirkung vor dem Hintergrund<br />
der europäischen Gartenkunstgeschichte<br />
untersucht.