Reader zur Tagung - Deutsches Polen Institut
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durch persönliche Kontakte eine Neuverhandlung<br />
der Identität der Region statt. Der<br />
Versuch, die touristische Geschichte der Region<br />
vorurteilsfrei in eine neue Narration zu integrieren,<br />
z. B. durch die Wiederbelebung<br />
der St. Laurentiusfeiern auf dem Gipfel der<br />
Schneekoppe 1981, stellt einen fassbaren<br />
Ausdruck dieser veränderten Herangehens-<br />
<br />
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weise dar. Die seit dem Umbruch 1989 anhaltenden<br />
Diskussionen über das historische Erbe<br />
der Region und seinem praktischen Nutzen<br />
belegen die enge Verbindung zwischen Traditionen,<br />
Tourismus und Transfers im Riesengebirge,<br />
und, übertragen, in ganz Niederschlesien.<br />
Dr. des. Paulina Gulińska-Jurgiel (Potsdam)<br />
Diskursives Europa in der kulturpolitischen Presse der VRP (1965-1975)<br />
Paulina Gulińska-Jurgiel (geb. 1979), Kulturwissenschaftlerin und Osteuropahistorikerin, Doktorandin<br />
am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam und an der Europa-Universität Viadrina in<br />
Frankfurt (Oder); Dissertationsthema: ›Für ein Europa in Sicherheit und Frieden‹. Europadiskurse im<br />
Ostblock. Fallstudie am Beispiel der VRP, der ČSSR und der DDR (1965-1975). Publikationen (Auswahl):<br />
(Zusammen mit José M. Faraldo/Christian Domnitz): Europas Platz im sozialistischen <strong>Polen</strong>,<br />
in: Claudia Kraft/Katrin Steffen (Hrsg.), Europas Platz in <strong>Polen</strong>. Polnische Europa-Konzeptionen vom<br />
Mittelalter bis zum EU-Beitritt, Osnabrück 2007, 197–223; José M. Faraldo, Paulina Gulińska-Jurgiel,<br />
Christian Domnitz (Hrsg.) Europa im Ostblock. Vorstellungen und Diskursen (1941-1991), Köln u.a.<br />
2008.<br />
Die politische Teilung des europäischen Kontinents<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg führte<br />
auch zu einer Spaltung des europäischen<br />
Kommunikationsraums. Die Abschottung<br />
nach Westen im Ostblock hieß aber nicht,<br />
dass über Europa nicht gesprochen und<br />
nachgedacht wurde. Gerade in der Volksrepublik<br />
<strong>Polen</strong> schien die Nicht-Teilnahme am<br />
westeuropäischen Integrationsprozess die<br />
kommunistischen Machthaber und demzufolge<br />
auch die von ihnen kontrollierte Öffentlichkeit<br />
zu einer verstärkten Beschäftigung<br />
und Auseinandersetzung mit diesem Thema<br />
zu motivieren. Anhand der Auseinandersetzung<br />
mit der kulturpolitischen Publizistik – die<br />
zwar dem ideologischen Ansatz nach nur als<br />
Transmissionsriemen zwischen der Partei und<br />
dem Volk fungieren sollte, oft aber diese Rolle<br />
verlassen hat – wird im vorliegenden Vortrag<br />
die mehrdimensionale Europa-<br />
Wahrnehmung in <strong>Polen</strong> in den Jahren 1965-<br />
1975 aufgezeigt.<br />
Die Zustimmung des Beratenden Politischen<br />
Ausschusses des Warschauer Paktes <strong>zur</strong><br />
Durchführung einer gesamteuropäischen<br />
Konferenz (19./20. Januar 1965) und die<br />
Unterzeichnung der Schlussakte der KSZE (1.<br />
<br />
August 1975) umrahmen eine Dekade, die<br />
sich besonders gut <strong>zur</strong> Veranschaulichung<br />
von Determinierung und Intensität der<br />
staatsozialistischen Vereinnahmung des<br />
›Europa-Begriffs‹ im Systemkonflikt eignet.<br />
Vor diesem ideologischen und zeitlichen<br />
Hintergrund werden im vorliegenden Vortrag<br />
zwei kulturpolitischen Wochenzeitschriften,<br />
die Polityka und der Tygodnik Powszechny<br />
analysiert. Der der Polityka gewidmete Teil<br />
konzentriert sich auf die Frage, inwiefern die<br />
offiziell herausgegebenen Zeitschriften den<br />
politischen Auftrag ihrer Parteien erfüllten<br />
und an welchen Punkten sie eigene<br />
Europanarrationen zu entwickeln<br />
vermochten.<br />
Die Analyse des Tygodnik Powszechny wendet<br />
sich weniger dem zeitgenössischen politischen<br />
Geschehen zu als vielmehr dem Verständnis<br />
von Europa als Kultur- und Wertegemeinschaft.<br />
Um einen möglichst kompakten<br />
und übersichtlichen Zugang zu dieser<br />
Form von Europadiskursen zu verschaffen,<br />
wurden von der Referentin als Fallbeispiel die<br />
im Zusammenhang mit dem polnischen<br />
Millennium 1966 im Tygodnik Powszechny erschienenen<br />
Texte ausgewählt.