Ausgabe 07-08/2011 (PDF, 8364 kByte) - Landesärztekammer ...
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Ich will anfangen bei der Eröffnungsveranstaltung<br />
im Kieler Schloss, auf der<br />
unser neuer Gesundheitsminister unter<br />
anderem eine bessere Vergütung der<br />
ärztlichen Leistungen und seine Unterstützung<br />
für eine neue GOÄ versprach.<br />
Wie das Erstere bezahlt werden soll,<br />
darüber sprach er leider nicht. Hinsichtlich<br />
der GOÄ können wir nur hoffen,<br />
dass sie auf Grundlage des Vorschlags<br />
der Bundesärztekammer so schnell wie<br />
möglich eingeführt wird.<br />
Für die anschließende Tagung in der<br />
Sparkassenarena Kiel standen eindrucksvolle,<br />
wichtige Themen auf der<br />
Tagungsordnung. Die PID wurde anhand<br />
zahlreicher Beispiele aus der täglichen<br />
Praxis diskutiert. Den Entschluss<br />
des Ärztetages empfinde ich als sehr<br />
positiv.<br />
Ganz spannend fand ich die Diskussion<br />
zur palliativmedizinschen Versorgung.<br />
Gerade vor dem Hintergrund<br />
des demographischen Wandels kommt<br />
der Betreuung von Menschen in ihrer<br />
letzten Lebensphase eine wachsende<br />
Bedeutung zu. Bisher ist es gerade in<br />
Flächenländern kaum möglich, palliativmedizinische<br />
Maßnahmen durchzuführen.<br />
Auch die dazu erforderlichen<br />
Fortbildungen müssen verstärkt angeboten<br />
werden. Ganz eng damit verknüpft<br />
war die Novellierung einzelner<br />
Bestimmungen der Berufsordnung, besonders<br />
des § 16 zum Thema Sterbebegleitung.<br />
Die sehr leidenschaftlichen, praxisnahen<br />
Diskussionen ergaben, dass wir<br />
Ärzte keine Hilfe zur Selbsttötung geben,<br />
kein Töten auf Verlangen durchführen<br />
dürfen. Von uns wird Beistand<br />
unter Wahrung der Würde und Achtung<br />
des Patientenwillens erwartet.<br />
Eine ganz wichtige Botschaft war auch<br />
immer wieder zu hören: Wir Ärzte sind<br />
keine Beauftragten der Krankenkassen<br />
und wollen es auch nicht werden!<br />
Der Höhepunkt dieses Ärztetages<br />
waren die Präsidenten- und Vorstandswahlen.<br />
Erwartungsgemäß erhielt Herr<br />
Dr. Montgomery die meisten Stimmen.<br />
Ein sehr emotionaler Moment war für<br />
mich außerdem die Ernennung von<br />
Prof. Dr. Hoppe zum Ehrenpräsidenten.<br />
Für zukünftige Ärztetage wünsche<br />
ich mir, dass die Tagesordnungspunkte<br />
mit einem Zeitrahmen versehen werden,<br />
um allen Referenten und Rednern<br />
die gleichen Chancen zu geben. Auch<br />
sollten sich Diskussionsredner zu den<br />
verschiedenen Themen strukturiert<br />
KammerInformatIonen/GesundheItspolItIK<br />
vorbereiten, sodass weniger Wortmeldungen<br />
notwendig sind.<br />
Dr. Dietmar Groß, Facharzt für<br />
Arbeitsmedizin in Cottbus, zum 4.<br />
Mal Delegierter:<br />
Dieser Ärztetag war aufgrund der<br />
großen humanitären und ethischen<br />
Entscheidungen, die hier gefällt wurden,<br />
mein persönliches berufspolitisches<br />
Highlight. Obwohl die Politik in<br />
diesen Fragen die letzten Entscheidungen<br />
trifft, müssen sie vorher unbedingt<br />
vom höchsten deutschen Ärztegremium<br />
beraten werden. So ging es gleich<br />
am ersten Tag um die PID. Mehr als 50<br />
Kolleginnen und Kollegen diskutierten<br />
das Thema sehr kontrovers und empfahlen<br />
dann, der PID unter definierten<br />
Umständen zuzustimmen. Auch bei<br />
der novellierten Berufsordnung und<br />
insbesondere der Sterbebegleitung,<br />
zu der unser Präsident Dr. Udo Wolter<br />
sehr überzeugend vortrug, war die Diskussion<br />
ebenfalls sehr inhaltsreich und<br />
kontrovers. Zum Schluss wurde dem<br />
Vorschlag des Vorstandes zugestimmt.<br />
Bei der in Deutschland sehr unbefriedigend<br />
gelösten Organspende wurde<br />
das Modell „Selbstbestimmung mit Information<br />
und Erklärung“ mehrheitlich<br />
favorisiert.<br />
Nach nur 19 Tagen im Amt konnte<br />
man natürlich von der Rede des Gesundheitsministers<br />
Bahr noch keine<br />
weltbewegenden Aussagen erwarten.<br />
Immerhin wurde er sehr freundlich aufgenommen<br />
und nicht ausgebuht, wie<br />
vor Jahren noch Ulla Schmidt. Immer<br />
wieder spielte das Thema der zunehmenden<br />
Unzufriedenheit junger Ärztinnen<br />
und Ärzte, die dann Deutschland<br />
verlassen, eine Rolle. Der gastgebende<br />
Ärztekammer-Präsident Dr.<br />
Bartmann brachte es auf den Punkt:<br />
Ideal ist es, Arzt in Dänemark und Patient<br />
in Deutschland zu sein. Dem ist<br />
nichts hinzuzufügen.<br />
Für das von mir vertretene Fachgebiet<br />
Arbeitsmedizin habe ich auch einen<br />
Antrag zum Thema „Delegation<br />
vs. Substitution in der betriebsärztlichen<br />
Betreuung“ zusammen mit Dr.<br />
Wolter eingereicht. Damit sollte den<br />
gefährlichen Anfängen ein Riegel vorgeschoben<br />
werden, den derzeitigen<br />
Arbeitsmedizinermangel auszunutzen<br />
und ihre Aufgaben kostengünstig auf<br />
Schwestern bzw. Sicherheitsfachkräfte<br />
zu übertragen. Leider spielen die Berufsgenossenschaften<br />
hier keine gute<br />
Rolle.<br />
Prof. Dr. Eckart Frantz, Facharzt<br />
für Innere Medizin in Potsdam,<br />
zum 2. Mal Delegierter:<br />
Wie schon auf dem letzten Ärztetag<br />
hat mich auch dieses Mal wieder<br />
die hervorragende Organisation beeindruckt.<br />
Dadurch können auch sehr<br />
komplexe Sachverhalte, wie das Thema<br />
Sterbehilfe, zügig und trotzdem auf<br />
hohem Niveau diskutiert werden. Das<br />
führt letztendlich auch zu den kurzen<br />
und klaren Beschlüssen, die inzwischen<br />
schon das Markenzeichen der Ärztetage<br />
sind. Ein wichtiges Signal, das für<br />
mich von dem Treffen ausgeht, ist das<br />
klare Bekenntnis zur Unabhängigkeit<br />
der Ärzteschaft.<br />
Bei den vielen in Kiel gefassten Beschlüssen<br />
ist einer dabei, mit dem ich<br />
nicht zufrieden bin. Ich hätte mir beim<br />
Thema Organspende eine Mehrheit für<br />
die Widerspruchslösung gewünscht.<br />
Man kann jenseits der Steuererklärung<br />
niemanden dazu zwingen, sich freiwillig<br />
zu erklären. Aber ich gebe die<br />
Hoffnung nicht auf, dass sich die Widerspruchslösung<br />
aufgrund der guten<br />
Erfahrungen in anderen europäischen<br />
Ländern irgendwann auch bei uns<br />
durchsetzen wird.<br />
n Interviews und Fotos: Mark Berger, LÄKB<br />
Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 •<strong>2011</strong> | 11