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Arkel – ein historischer Ort - Evangelisch-altreformierte Kirche in ...

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2<br />

<strong>in</strong> Veld hausen und Haftenkamp s<strong>e<strong>in</strong></strong>e Kundschaft<br />

mit Pferd und Wagen aufgesucht. 1939<br />

zog er mit Frau und drei K<strong>in</strong>dern nach Kalle,<br />

wo er im bescheidenen Haus s<strong>e<strong>in</strong></strong> Geschäft<br />

hatte. Es gab nicht viel zu kaufen: Imi, Soda<br />

im Stück (zum Wäsche <strong>e<strong>in</strong></strong>weichen), Kandis,<br />

Zucker, Hefe (im Stück), Erbsen, vielleicht<br />

etwas Kaffee und Buismann zum Bräunen des<br />

Kaffees(!), Petroleum – das Fass durfte noch im<br />

Laden stehen (aber nur für die ersten Jahre).<br />

Das Geschäft lief schlecht, die Bauern waren<br />

Selbstversorger. E<strong>in</strong>gekauft wurde meistens mit<br />

Eiern, die <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Korb mit Häcksel gebracht<br />

wurden. Öfters blieb etwas Eiergeld über, dieses<br />

wurde dann ausgehändigt.<br />

Dann kamen 1940/41 die Lebensmittelmarken.<br />

Jeder bekam <strong>e<strong>in</strong></strong>e bestimmte Zuteilung an<br />

Lebensmitteln. Ich er<strong>in</strong>nere mich noch, dass<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>em Raucher 50 g. Tabak im Monat zugeteilt<br />

wurde! So kam es, dass viele Raucher Tabak<br />

angepflanzt haben. Es war zwar verboten<br />

Tabak zu züchten, doch er wurde versteckt im<br />

Kornfeld aufgezogen, bis er geerntet wurde.<br />

Dann wurden die unteren Blätter, die schon<br />

gelb waren, auf <strong>e<strong>in</strong></strong> Band aufgereiht und getrocknet<br />

und dann ganz f<strong>e<strong>in</strong></strong> geschnitten. Ob<br />

der geschmeckt hat?<br />

Samstagabends mussten die Lebensmittelmarken<br />

sortiert und auf Papier geklebt werden.<br />

Da wir k<strong>e<strong>in</strong></strong> Papier, aber wohl alte Zeitungen<br />

hatten, wurden die Marken mit angerührtem<br />

Mehl auf Zeitungen aufgepappt. (Woher den<br />

Kleber nehmen?). Dann wurde dieses nach Emlichheim<br />

zur Kontrolle gebracht. Oft waren die<br />

Marken abgefallen. Es war <strong>e<strong>in</strong></strong>e Tortour!!<br />

Inzwischen war das vierte K<strong>in</strong>d geboren.<br />

Damit wir alle satt wurden, hat Papa öfters <strong>e<strong>in</strong></strong><br />

paar Fische gefangen, die wurden gebraten und<br />

waren lecker!<br />

Papas Hobby waren die Bienen. Diese Bienenkörbe<br />

wurden im Sommer (bei Nacht) zur<br />

Heideblüte nach Wilsum gebracht. Im Herbst<br />

war dann die Ernte, Scheibenhonig erster<br />

Klasse und Vaters ganzer Stolz. Vor allen D<strong>in</strong>gen<br />

brachte der Honig etwas „Bares“ (Geld)!<br />

1954 wurde <strong>e<strong>in</strong></strong>e kl<strong>e<strong>in</strong></strong>e Kneipe aufgemacht.<br />

Bier wurde nur <strong>in</strong> Flaschen verkauft und wenig<br />

getrunken. Dafür schmeckte der Pannenborg<br />

sche Fusel um so besser. „Dat kaule Söpie“ war<br />

70<br />

GESCHICHTE DER ORTSTEILE<br />

für die Kunden <strong>e<strong>in</strong></strong> Hochgenuss! Auch diese<br />

Zeit hatte etwas Schönes!<br />

Unsere Flucht 1944/45<br />

quer durch Deutschland<br />

Von Hedwig Schepers geb. Liedtke<br />

Der 22. März 1945 war <strong>e<strong>in</strong></strong> wohltuender, angenehm<br />

friedlicher Vorfrühl<strong>in</strong>gstag <strong>in</strong> Kalle.<br />

Für uns, m<strong>e<strong>in</strong></strong>em Großvater (79 Jahre), m<strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />

Mutter (52 Jahre), m<strong>e<strong>in</strong></strong>er Schwester (22<br />

Jahre) und m<strong>e<strong>in</strong></strong>em kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en Bruder (8 Jahre)<br />

und mir (18 Jahre) bedeutete er das Ende der<br />

Flucht vom östlichsten Zipfel des untergehenden<br />

Dritten Reiches <strong>in</strong> den äußersten westlichen<br />

Zipfel, die Grafschaft Bentheim.<br />

Für uns alle bedeutete die Ankunft <strong>in</strong> Kalle<br />

die Ankunft <strong>in</strong> unserer zukünftigen Heimat<br />

und <strong>e<strong>in</strong></strong> neues Leben fern der Heimat Ostpreußen,<br />

die wir am 20. Oktober 1944 verlassen<br />

mussten.<br />

Wir waren k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Gutsbesitzer, sondern<br />

wohnten als Familie <strong>e<strong>in</strong></strong>es Postschaffners <strong>in</strong> der<br />

Kreisstadt Gumb<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Meelbeckstraße<br />

20 zur Miete. Gumb<strong>in</strong>nen (heute Gusew), <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />

Garnisonsstadt, war bis dah<strong>in</strong> weitestgehend<br />

von den Kriegsereignissen verschont geblieben.<br />

Mit dem Heranrücken der f<strong>e<strong>in</strong></strong>dlichen Armee<br />

wurde auch Gumb<strong>in</strong>nen Ziel von Angriffen.<br />

Familienfoto Liedtke vor 1934. Hedwig Schepers geb.<br />

Liedtke, Mutter Auguste, Bruder Bruno (gef. 30. Juni 42<br />

<strong>in</strong> Russland), Vater Karl und Schwester Lieselotte<br />

(Hedwig Schepers)

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