KUNST
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„spin(n)et noch lange den Faden<br />
des lebens“<br />
Parzen, Gesundheit und die<br />
Bitte um ein langes leben<br />
von Thomas Blisniewski<br />
die antiken Schicksalsgöttinnen, die Parzen,<br />
sind in der nachantiken Kunst oft beim<br />
Spinnen der lebensfäden für die Menschen<br />
dargestellt worden. Soll ein Mensch sterben,<br />
dann wird der Faden, den Klotho und lachesis<br />
erhalten haben, von atropos durchtrennt.<br />
dies ist ein euphemistischeres todesbild als<br />
das bis ins 18. Jahrhundert übliche Skelett.<br />
Mit der darstellung der Parzen wird seit der<br />
Mitte des 18. Jahrhunderts auch der Wunsch<br />
verbunden, dass sie den Faden noch möglichst<br />
lange spinnen mögen, der Mensch ein<br />
langes leben haben möge. in den Sammlungen<br />
der Kölner Museen haben sich drei<br />
bemerkenswerte, aber wenig beachtete<br />
darstellungen der Parzen auf Werken des 16.<br />
und 19. Jahrhunderts erhalten. Sie sollen in<br />
dieser abhandlung kunsthistorisch und kulturhistorisch<br />
in die Geschichte der Parzendarstellungen<br />
seit dem späten Mittelalter<br />
eingeordnet werden.<br />
Kölner MuseuM s - Bulletin 2|2008<br />
WiSSenSChaF tliC he BeriC hte<br />
die Parzen – Schicksalsgöttinnen im Wandel<br />
In den Sammlungen der Kölner Museen haben sich<br />
drei interessante Darstellungen der Parzen erhalten.<br />
Die Graphische Sammlung des Wallraf-Richartz-Museums<br />
– Fondation Corboud besitzt eine lavierte Zeichnung<br />
(Abb. 1), die um 1587 entstanden sein dürfte. 1 Im<br />
Museum für Angewandte Kunst wird ein Böhmischer<br />
Becher aufbewahrt, der, um 1830/ 40 angefertigt, die<br />
drei Göttinnen zeigt (Abb. 2) und zudem die Inschrift:<br />
„Spin(n)et noch lange den Faden des Lebens“ aufweist. 2<br />
Schließlich findet sich im Kölnischen Stadtmuseum,<br />
Graphische Sammlung, eine gezeichnete und gemalte<br />
Urkunde (Abb. 3), die im Jahre 1863 dem Kölner Arzt<br />
Dr. Johann Benedikt Daniel Nückel zum 50. Doktorjubiläum<br />
überreicht wurde. 3<br />
Wer oder was sind aber die Parzen? Die römischen Parzen<br />
sind Schicksalsgottheiten, die in der griechischen Mythologie<br />
Moirai heißen. Klotho (die ‚Spinnerin‘), Lachesis (die<br />
‚Aus-Loserin‘) und Atropos (die ‚Unabwendbare‘) sind ihre<br />
Namen, die meist auch in der lateinischen Dichtung aus<br />
dem Griechischen übernommen werden, die lateinischen<br />
Namen Nona, Dicima oder Decuma und Morta sind – vor<br />
allem in der nachantiken Dichtung – kaum anzutreffen.<br />
Die Schwestern, je nach Überlieferung, Töchter der Nacht<br />
(Nyx) oder der Themis, sind Geschwister von Schlaf (Hypnos)<br />
und Tod (Thanatos), die meist als spinnende Frauen<br />
dargestellt werden. 4 Der Faden, den Klotho aus Rocken<br />
oder Kunkel zieht, wird von Lachesis weitergesponnen<br />
und schließlich von Atropos mit der Hand, den Zähnen<br />
oder einer Schere durchtrennt. Das Zertrennen des Fadens<br />
ist der Moment des Todes eines Menschen.