Friedrich Ani Tatort München - Boersenblatt.net
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Schwerpunkt Krimi & Thriller<br />
Tabor Süden ist zurück: <strong>Friedrich</strong> <strong>Ani</strong> lässt den charismatischen Fahnder als<br />
Privatdetektiv wiederauferstehen. Der Autor über seine späte Entdeckung des<br />
Krimigenres, über Schreibdisziplin und seine Vorliebe für Gasthäuser und Hotels.<br />
„Ich habe<br />
ihn vermisst“<br />
TEXT: ECKART BAIER • FOTOS: HELMUT HENKENSIEFKEN<br />
münchen, Westin Grand Hotel,<br />
23. Etage. Regenwolken liegen schwer über<br />
der Stadt, verhängen die Sicht auf Olympiaturm<br />
und Frauenkirche. <strong>München</strong> trägt<br />
Grau – genau der richtige Tag, um mit<br />
<strong>Friedrich</strong> <strong>Ani</strong> über seine Krimis zu reden,<br />
die in der Isarmetropole spielen, sich aber<br />
wenig um ihre glitzernde Fassade scheren.<br />
„<strong>München</strong> ist eine schöne Stadt, die mir<br />
manchmal vorkommt wie eine Schauspielerin,<br />
die so tut, als wäre alles in bester<br />
Ordnung“, sagt <strong>Ani</strong> und blickt hinunter<br />
auf die Lichter der Großstadt. „Ich interessiere<br />
mich eher für die weniger ausgeleuchteten<br />
Gegenden. Wissen Sie übrigens,<br />
dass es in <strong>München</strong> besonders<br />
viele Obdachlose gibt?“<br />
<strong>Ani</strong>s Reviere sind die dunklen<br />
Ecken, die Arbeiterbezirke, das<br />
<strong>München</strong> der kleinen Leute.<br />
Zum Beispiel Giesing. Der „Arbeiterklub“<br />
TSV 1860 <strong>München</strong><br />
ist hier zu Hause, hier<br />
steht die Haftanstalt Stadelheim,<br />
und in Giesing wurde<br />
1919 die Münchner Räterepublik<br />
niedergeknüppelt. In<br />
diesem Stadtteil wohnen<br />
<strong>Friedrich</strong> <strong>Ani</strong> – übrigens erklärter<br />
Fan des FC Bayern<br />
<strong>München</strong> – und sein Krimiheld<br />
Tabor Süden. Nach 14<br />
Büchern beendete <strong>Ani</strong> 2005<br />
die Karriere des Kommissars. Doch der charismatische<br />
Süden ließ ihm keine Ruhe.<br />
Nun feiert die Figur im Kriminalroman „Süden“<br />
(erscheint am 14. März) ihr Comeback.<br />
Und natürlich quartiert ihn <strong>Ani</strong> erst einmal<br />
in einem Hotel in Giesing ein. Die billige<br />
Absteige steht für Anonymität und Flüchtigkeit<br />
und ist damit die ideale Verbindung<br />
zum Kernthema der großartigen Serie: dem<br />
Verschwinden von Menschen.<br />
„Wesensverwandt“ fühle er sich mit dem<br />
Kommissar, keine Frage. „Süden ist mir<br />
sympathisch“, sagt <strong>Ani</strong> mit bayerischem<br />
Zungenschlag und lächelt. Und auch die<br />
Vorliebe für Hotels teilt er mit ihm. „Wenn<br />
ich es mir leisten könnte, würde ich mich<br />
auf Dauer hier einquartieren.“ <strong>Ani</strong>, ein<br />
schlanker, hochgewachsener Mann mit<br />
Dreitagebart, der mit Vorliebe Schwarz<br />
trägt, denkt gern einen Moment nach,<br />
bevor er spricht. „Du hast einen<br />
Koffer mit deinen Sachen dabei<br />
und musst dich ansonsten um<br />
nichts kümmern.“ Ihn fasziniert<br />
das Kommen und Gehen im Hotel<br />
ebenso wie das Gefühl, Reisender<br />
und Sesshafter zugleich zu<br />
sein. „Man könnte ewig bleiben, aber<br />
auch den Koffer packen und in fünf<br />
Minuten weg sein.“<br />
Als „Writer in Residence“ war der<br />
52-Jährige schon mehrfach Gast im<br />
Westin Grand Hotel, einer Nobelherberge<br />
im Stadtteil Bogenhausen.<br />
Sein bevorzugter Platz – neben der Edel-Lounge<br />
hoch oben – ist die Lobby, wo er Gäste<br />
beobachten und ihren Gesprächen lauschen<br />
kann. Auch sonst verbringt <strong>Ani</strong> seine Zeit<br />
gern in Kneipen. „Ich bin Gasthausbewohner.“<br />
Nachmittags beim Kaffee und abends<br />
bei einem Bier oder Weißwein trifft er<br />
Freunde und holt sich in der angeregten Atmosphäre<br />
Einfälle für seine Bücher.<br />
Geboren und aufgewachsen ist <strong>Ani</strong> in Kochel<br />
am See, doch schon immer fühlte er<br />
sich in <strong>München</strong> zu Hause. „Ich brauche die<br />
Großstadt, das Landleben wäre unerträglich<br />
für mich.“ Nur nach Sylt würde <strong>Ani</strong> sofort<br />
umziehen. Er schaut hinaus in den Regen.<br />
„Für ein Häuschen auf Sylt reicht mein Geld<br />
leider nicht.“ Millionenauflagen erreichen<br />
seine Bücher zwar nicht, doch <strong>Ani</strong> ist gut im<br />
Geschäft und als Autor ausgesprochen produktiv<br />
– Schreib blockaden oder die Angst<br />
vor dem leeren Blatt kennt er nicht. Im 0<br />
»Am liebsten<br />
würde ich im<br />
Hotel wohnen«<br />
14<br />
buchjournal 1/2011